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"Es konzentriert den Geist, wenn man den Tod vor Augen hat."

2025/3/14
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Das Politikteil

AI Deep Dive AI Chapters Transcript
People
F
Franz-Stefan Gady
P
Peter Dausend
Topics
Franz-Stefan Gady: 欧洲需要加强自身的军事威慑力,以应对美国可能的撤退。他认为,欧洲不仅需要提升装备水平,还需要解决人员短缺问题。欧洲的军事战略必须从和平思维转向战争思维,以增强威慑力。Gady强调,欧洲的军事威慑力需要解决人员短缺问题,可能需要重新引入某种形式的兵役制度。他还指出,欧洲的军事威慑力不仅依赖于装备,还需要解决人员短缺问题。欧洲必须通过外交和军事力量的结合来制定可持续的安全政策。

Deep Dive

Chapters
Die zunehmende Unberechenbarkeit der US-Administration unter Donald Trump wirft die Frage nach der europäischen Verteidigungsfähigkeit auf. Der Podcast diskutiert die möglichen Konsequenzen eines US-Rückzugs aus der NATO und die Herausforderungen für die europäische Sicherheit.
  • Zweifel an der Beistandsverpflichtung der NATO durch Trump
  • Trumps erratisches Verhalten in Handels- und Außenpolitik
  • Szenario eines US-Truppenabzugs aus Europa und des Zusammenfaltens des atomaren Schutzschirms

Shownotes Transcript

Das Politik-Teil, der wöchentliche Politik-Podcast von Zeit und Zeit Online.

Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Zelensky in Washington ist mit einem lautstarken Streit vor laufenden Kameras zu Ende gegangen. US-Präsident Donald Trump hat abermals die Beistandsverpflichtungen innerhalb der NATO in Frage gestellt. Quasi täglich kündigt Trump Zölle an, nimmt sie wieder zurück, erhöht sie und senkt sie. Ökonomen rechnen mit einer schwächeren Konjunktur in der größten Volkswirtschaft der Welt und Trump selbst schießt eine Rezession nicht mehr aus.

In seinem Netzwerk Truth Social wiederholte er, Kanada werde vielleicht schon bald der 51. Bundesstaat der USA werden. Er sagte außerdem, er könne Dänemark dazu zwingen, Grönland zu verkaufen. Neben Grönland will Donald Trump auch den Panama-Kanal unter amerikanische Kontrolle bringen. Dafür schließt er den Einsatz militärischer Gewalt nicht aus.

Ja, willkommen in der schönen neuen Welt. Hallo, liebe Hörerinnen und Hörer. Es ist Donnerstagmittag, kurz nach zwölf, kurz nach high noon, wenn das mal kein böses Omen ist. Und wir nehmen nun die neue Aufgabe von Das Politikteil auf.

Da wir allerdings in der vergangenen Viertelstunde keine Zeit mehr hatten, in die Nachrichtenagenturen reinzuschauen, wir mussten uns der Technik widmen und die aufbauen, wissen wir gerade nicht, ob Donald Trump nun Zölle gegen Kanada, Mexiko und die EU erhoben, sie erhöht oder bereits wieder abgeschafft hat. Ja, stimmt Peter. Und wir wissen eigentlich auch nicht, ob der US-Präsident die Ukraine in diesem Moment in ihrem Abwehrkampf gegen russische Truppen beschimpft, sie unterstützt oder seine Unterstützung schon wieder zurückgezogen hat.

Oder ob er Grönland und den Panama-Kanal in den vergangenen 15 Minuten bereits sich einverleibt hat, wissen wir auch nicht. Und da wir all das gar nicht wissen, können wir eigentlich auch nicht sagen, ob der Westen als Wertegemeinschaft in dieser Sekunde noch existiert oder ob er schon abgewickelt ist. So ist es doch ein bisschen, oder? Genau so ist es. Die Geschichte rast ja in diesen Tagen und der Irrsinn rast mit ihr. Und weil das in einer rasenden Geschwindigkeit alles passiert, erfolgt das alles im Zickzack-Kurs.

Sicher scheint in diesen unsicheren Zeiten nur eins, nämlich dass nichts mehr sicher ist. Außer vielleicht, vielleicht...

dass ich mir ziemlich sicher bin, Peter Dausen zu sein und hier als Hauptstadtkorrespondent der Zeit arbeite und nun am Mikrofon hier sitze. Bist du dir da wirklich sicher, Peter? Ich habe so ein bisschen den Eindruck, du hörst dich nach Heinrich an. Aber gut, also zurück zum Ernst der Lage. Ich bin ganz sicher, Iliana Grabitz, Leiterin des Politikressorts und Wirtschaft bei Zeit Online und sitze hier mit dem Peter hinter dem Mikrofon und

Und in dieser unsicheren Zeit, jetzt mal zurück zum Ernst der Lage, stellen sich tatsächlich sehr große und sehr beunruhigende Fragen. Ein paar davon sind die folgenden. Ordnet sich die Welt gerade neu? Gilt noch der Artikel 5 des NATO-Vertrages, der die Mitgliedstaaten im Angriffsfall zu Beistand verpflichtet? Oder hat Donald Trump die Seiten gewechselt und teilt nun gemeinsam mit Wladimir Putin und Xi Jinping die Welt neu auf?

In der kommenden Stunde wollen wir uns mit einem Szenario beschäftigen, über das nun immer mehr Politiker in ganz Europa immer häufiger sehr offen sprechen. Nämlich, was passiert eigentlich, wenn die USA die NATO verlassen sollten, wie das ja J.D. Vance schon angedeutet hat und bei Elon Musk auf X, seinem sozialen Netzwerk, war das ja öfters schon mal zu lesen.

Was passiert also, wenn Trump die US-Truppen und damit auch ihre Fähigkeiten aus Europa abzieht und den atomaren Schutzschirm mal eben zusammenfaltet? Kann sich Europa in diesem Fall dann selbst verteidigen oder ist es einem Angriff russischer Truppen mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt? Genau, Peter. Und besprechen wollen wir dieses Szenario mit einem Militäranalysten, Politikberater und gelernten Journalisten, der hier schon mal zu Gast war. Und zwar ist es relativ genau auf den Tag vorgegangen,

vor drei Jahren bei uns zu Gast war. In seinem ersten Leben als Journalist hat er unter anderem für die New York Times, die Financial Times, Foreign Affairs und die FAZ geschrieben. Und als Militäranalyst hat er mehrfach Feldforschung in Afghanistan und dem Irak durchgeführt. Und er hat ein Buch veröffentlicht, jüngstens die Rückkehr des Krieges, warum wir wieder lernen müssen, mit Krieg umzugehen. Aktuell

Aktuell arbeitet er als Associate Fellow am International Institute for Strategic Studies in London und berät Regierungen sowie Streitkräfte zu Strukturreformen und zur Zukunft der Kriegsführung. Herzlich willkommen in das Politik-Teil, Franz-Stefan Gardi. Toll, dass Sie da sind. Danke für die Einladung. Werbung

Herfried Münkler ist einer der scharfsinnigsten und gefragtesten Zeitdiagnostiker und zeigt in seinem neuen Buch, vor welchen Umbrüchen und politischen Herausforderungen Deutschland steht. Welche Rolle sollte die Bundesrepublik spielen, um die Krisen Europas zu meistern? Und warum muss die deutsche Politik die nationalen Interessen neu formulieren? Antworten dazu gibt es in Herfried Münklers »Macht im Umbruch«, erschienen beim Rowold Berlin Verlag und überall erhältlich, wo es Bücher gibt.

Ja, Herr Gadi, wie jeder Gast haben Sie uns auch ein Geräusch mitgebracht und das wollen wir uns mal kurz anhören. Das war sehr kurz. Es klingt irgendwie so ein bisschen militärisch, aber was war das? Was haben wir da gehört und warum haben Sie das Geräusch ausgesucht? Nun, das sollte das Geräusch einer explodierenden 152 mm Artilleriegranate sowjetischer Bauart sein. Und warum ich dieses Geräusch ausgesucht habe...

ist, weil es sehr stark unterstreicht die Arbeit, die ich in den letzten drei Jahren seit Ausbruch dieses Krieges gemacht habe, vor allem die Feldforschungen in der Ukraine, um zu eruieren, wie sich die tatsächliche militärische Situation entlang der Front, aber auch der gesamten Ukraine darstellt. Und das ist natürlich auch immer mit persönlichen Risiken verbunden worden.

Die in diesem speziellen Fall waren ich und ein Team von anderen Analysten in der Nähe der Front im Sommer 2023, wo noch die ukrainische Gegenoffensive in der Region Saboryscha stattgefunden hat.

Die Arbeit, die wir in der Ukraine meistens tun, basiert meistens auf Interviews, Gespräche. Wir schauen uns natürlich auch viele Dinge an, aber das Schlüsselelement in unserer Arbeit ist meistens das Interview mit Offizieren, Unteroffizieren, einfachen Soldaten.

politischen Entscheidungsträgern, anderen militärischen Entscheidungsträgern. Wir waren in einer Ortschaft damals, die gerade von ukrainischen Truppen befreit wurde, entlang der Hauptangriffsachse der ukrainischen Streitkräfte damals. Und wir waren da bei dem Begriff aus dem Auto auszusteigen und steigen aus. Und links von uns hörten wir plötzlich ein lautes Boomern.

Da schoss eine verdeckte ukrainische Batterie, also Artilleriegeschütze, Panzerhaubitzen auf russische Stellungen. Wir hatten unsere Schutzhausrüstung an, unsere Helme auf natürlich. Und ich kann mich noch sehr genau erinnern, dass mein Freund und Kollege Mike Hoffman zu mir sagte auf Englisch, that's outgoing, also hier wird quasi auf den Gegner geschossen. Und ich habe dann nur genickt und habe ihm dann nur gesagt,

du, alles gut, ja, aber gib mir noch einmal das erste Hilfe-Päckchen und fixiere das bitte auf meiner Schutzweste. Und plötzlich gab es eine große Explosion, ungefähr 200 Meter von uns entfernt.

Und er sagte dann nur zu mir, that's incoming. Und dann habe ich nur gedacht, incoming, ja. In dem Moment gab es eine zweite Explosion. Wir gingen zu Boden und waren mitten in einem russischen Artillerieüberfall, der eben das Ziel hatte, diese verdeckte Batterie quasi zu zerschlagen. Und dann kam das klassische Zeitlupenbild eben, wie man das wahrscheinlich schon immer gehört hat oder oft gehört hat, von Leuten, denen so etwas passiert ist.

Und wir sind über die Straße und in den erstbesten Keller hineingelaufen. Und ich kann mich erinnern, dass mein Verbandsbäckchen, wie wir die Straße querten, einem runtergefallen ist und ich wollte mich bücken. Und in dem Moment habe ich auch dann, was ich schon in Afghanistan mal erlebt habe, eben wirklich diesen Windschatten gespürt oder diesen Windhauch gespürt von Schrapnell, das über mir drüber geflogen ist. Und habe auch das Metall gehört, wie es auf Metallgegenstände eben eingeschlagen hat.

Für mich war das eines der eindrucksvolleren Ereignisse in meiner fast dreijährigen Arbeit in der Ukraine. Und letztendlich konnten wir aber, und das war das Wichtigste für uns, die Personen, die wir da interviewen wollten, mit denen wir sprechen wollten, dennoch interviewen. Aber im Nachhinein stellt man sich natürlich dann schon immer die Frage, was ist die Kosten-Nutzen-Rechnung letztendlich? Was setzt man persönlich ein?

Und nach all diesen Kriegsjahren, aber möchte ich immer wieder unterstreichen, dass vor Ort sein und mit den Leuten direkt zu sprechen,

wirklich das wichtigste Element ist in der guten militärischen Analyse und das wird sich auch nicht ändern in einem Zeitalter der sozialen Medien. Mit dieser wirklich eindrucksvollen Geschichte, Herr Gadi, haben Sie eigentlich jetzt die erste Frage beantwortet, die wir glaube ich auch mitgebracht hätten, dass man sich natürlich fragt, wie arbeitet so ein Militäranalyst eigentlich? Also Analyst hört ja, wenn man das von der Wirtschaft überträgt, nach jemand anderem.

am Computer sitzt und irgendwelche Entwicklungen beobachtet und dann aggregiert und Schlussfolgerungen oder Voraussagungen tätigt über die Zukunft. Und jetzt haben Sie ja gerade sehr eindrücklich dargestellt, dass eben gerade diese Feldforschung vor Ort zu sein, mit den Leuten zu sprechen, offenbar ja auch einen großen Anteil hat an Ihrer Arbeit. Das ist sehr interessant und vielen Dank für diese Geschichte, die Sie uns erzählt haben.

Jetzt würde mich interessieren, das auch was Sie jetzt gerade berichtet haben, ist ja schon ein paar Tage her, gehe ich von aus, das war wahrscheinlich möglicherweise in dem ersten Kriegsjahr. Wie hat sich denn Ihre Arbeit verändert? Also wir haben ja in unserer Anmoderation gesprochen über diese Unberechenbarkeit der Welt im Moment, vor allen Dingen nachdem Donald Trump eben erneut ins Weiße Haus eingezogen ist. Zwischenzeitlich hatten wir auch natürlich noch diesen oder haben wir ja immer noch die Konfliktsituation, den Krieg in Gaza.

Erzählen Sie mal, wie wirkt sich diese veränderte und extrem geopolitische angespannte Lage, die ja an gleich verschiedenen Schauplätzen spielt, auf Ihre Arbeit aus? Also sie wirkt sich nur bedingt auf meine eigentliche Arbeit auf. Was die Ukraine zum Beispiel betrifft, ist es so, dass wir nun vielleicht mehr Zeit in Kiew selbst verbringen können.

Am Anfang unserer Reisen oder auch zu Ende, um politische Entscheidungsträger, Trägerinnen, militärische Entscheidungsträger, Trägerinnen eben zu treffen, die wir sonst an der Front nicht antreffen könnten. Ich glaube eben, dass die strategische Ebene in der Hinsicht für uns relevanter geworden ist, weil viele es letztendlich nicht an der Front entschieden sein konnten.

sondern vielmehr eben auf der strategisch-politischen Ebene für die Ukraine entschieden werden wird. Und das ist natürlich eine kleine Änderung. Das heißt also, anstelle von zehn Tagen, zwölf Tagen Wartezeiten,

14 Tage an der Front geht man halt dann vielleicht nur die Hälfte davon an die Front oder in der Nähe der Front als unmittelbare Konsequenzen. Das andere, grundsätzlich möchte ich sagen, gibt es nicht so einen großen Unterschied. Es ist auch wirklich unabhängig davon, wer letztendlich im Amt ist oder wie die politischen Einflüsse auf die einzelnen Streitkräfte sind oder auch militärischen Konflikte. Und das heißt also zum Beispiel die doktrinäre Weiterentwicklung, was für Lektionen

Was für Lektionen lernen kann man aus dem Ukraine-Krieg ziehen, was für Lektionen lernen kann man aus dem Gaza-Krieg ziehen, obwohl ich sagen muss, mein Schwerpunkt ist deutlich im Moment die Ukraine. Ich habe einfach nicht die Zeit, mich auf andere Konfliktherde zu konzentrieren und ich bin auch mehr, was man wahrscheinlich einen Generalisten nennen würde in meinem Feld, also es hängt nicht so sehr davon ab.

welches Land wo Krieg führt oder dass ich ein spezieller Experte bin, was die russischen Streitkräfte betrifft oder die chinesischen. Für mich ist es einfach allgemein relevante Thesen, Hypothesen beziehungsweise auch Lektionen und Lehren, die man herausfiltern könnte aus existierenden Konflikten, die relevant sind für NATO-Streitkräfte im Allgemeinen. Also nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern auch die deutsche Bundeswehr, die britische Armee und andere militärische Kräfte.

Ja, also Politiker, man würde im Österreichischen sagen, fremdeln mit diesem Thema nach wie vor, vor allem in Deutschland sehr stark. Und da wird dann oft eben meine Expertise mehr gefragt, eben was diverse Einschätzungen betrifft über den Zustand der Bundeswehr, die Verteidigungsfähigkeit.

oder auch eben was für tatsächliche Lehren und Lektionen man aus den Kriegen in der Ukraine ziehen kann. Und das geht eben nur, wenn man tatsächlich vor Ort ist. Lehren, Lektionen von der Ferne funktionieren nicht meiner Ansicht nach. Beziehungsweise lernen wir da die falschen Dinge. Bevor wir zu diesem Militärischen kommen,

würde ich gerne mal eine Frage zur Methodik, Ihre Methodik stellen. Es gibt diesen Spruch, das erste Opfer im Krieg ist immer die Wahrheit. Und Sie führen ja sehr viele Interviews, sagen Sie ja gerade, mit Militärs, auch mit Politikern, schauen sich die Sache vor Ort an. Wie kann man denn sicher sein, dass man nicht auch einer gewissen Form von Propaganda aufsetzt? Gerade in Gesprächen mit Militären. Es kann ja sein, dass Sie als Multiplikator natürlich von Seiten der Militärs, aber auch von den Politikern,

versuchen sie zu instrumentalisieren, bestimmte Botschaften rüberzubringen. Wie kann man sich dagegen wappnen? Indem man mit so vielen Menschen, wie es nur geht, spricht, Soldaten, Soldatinnen, dann einfach auch ein kulturelles Verständnis hat für Kriegsführung, für die Streitkräfte. Das heißt also zum Beispiel, es gibt im Englischen den Spruch, the only time you have to start worrying about a soldier is when he stops bitching.

Das kommt aus einem Roman aus den 1950er Jahren über den Pazifikkrieg während des Zweiten Weltkrieges oder als Teil des Zweiten Weltkrieges. Deshalb die Faustregel, wenn man mit einfachen Soldaten spricht, ist es so, dass sie meistens nur negative Kommentare haben werden über ihre Unteroffiziere, über ihre Offiziere, über die politische Führung oder Widerstand.

dass quasi fast alles falsch gemacht wird von der Militärbürokratie, wie man es sich nur vorstellen kann. Als Ungeübter würde man denken, okay, diese Streitkraft ist gerade vor dem totalen Kollaps. Als jemand, der das schon einige Jahre macht, kann das besser beurteilen, was der einfache Soldat sagt. Die Blickweite eines Unteroffiziers differenziert sich immer stark als die eines Offiziers. Es hängt davon ab, welche Teilstreitkraft man interviewt, ja.

Wie stark sind die sowjetischen Einflüsse noch, als Beispiel jetzt in der Ukraine? Handelt es sich hier um eine Kampftruppe? Also sind das hier jetzt der Infanterieverbände, mit denen man spricht? Ist es ein Kampfunterstützungsverband, wie zum Beispiel Drohneneinheiten? Ist es eine Führungsunterstützungseinheit? Das heißt also im Bereich IKT, also im Bereich der Kommunikation oder der Gefechtsfeldkommunikation,

beziehungsweise in der Logistik und so weiter. Also hier braucht man eben ein gewisses Wissen, um das alles gut einordnen zu können. Gleichzeitig muss man sagen, wenn man dieses Wissen hat, ist das eine Komponente. Die andere Komponente ist dann auch, dass man den Zugang hat, dass man eine breite Bandbreite an Soldaten, Soldatinnen, anderen wichtigen Personen im militärischen Komplex oder im sicherheitspolitischen, verteidigungspolitischen Komplex interviewt.

Und dann natürlich auch mit eigenen Augen schaut. Das heißt, wenn dir jemand sagt, okay, meine Artillerie-Batterie besteht aus vier Geschützen, wir verfeuern 200 Schuss pro Tag,

Wir haben eine Trefferquote von 30 Prozent. Dann schaut man eben, okay, dürfen wir dabei sein jetzt oder können wir uns das ansehen, wenn ihr das nächste Mal jetzt im Einsatz seid? Was sind eure Prozesse genau? Wo habt ihr die Artillerie? Welche Art von Munition verschießt ihr? Wie schauen die Geschütze selbst aus? Sind die gut in Stand gehalten? Wie schaut die Stellung aus? Schaut die Stellung militärisch unter Anführungszeichen aus? Ist sie gut gedeckt?

Ist Tarnung vorhanden? Sind die Schützencreme in der entsprechenden Tiefe ausgehoben? Wie schauen die Soldaten selbst aus? Gehen sie in Pantoffeln herum? Haben sie Kampfstiefel an? All diese Punkte, die man sich durch jahrelange Feldforschung einfach aneignet, die schon in Afghanistan...

im Irak mir angeeignet habe, ich bin selbst Reserveoffizier, das ist natürlich extrem wichtig. All das zusammen sind Datenpunkte. Und glauben Sie mir, an der Front kann man nicht lügen. Wo wir oft eine riesige Diskrepanz sehen, ist zum Beispiel zwischen dem, wie gewisse militärische Entscheidungsträger und Trägerinnen in Kiew die Lage porträtieren und wie sie sich dann uns gegenüber wirklich an der Front darstellt. Und dann gibt es noch einmal eine größere Kluft zwischen politischen Entscheidungsträgern und Trägerinnen in Kiew und den Rest der Front.

Und dann gibt es natürlich noch einmal die große Kluft zwischen westlicher, also unter Anführungszeichen westlicher Experten, Expertinnen, Politiker, Politikerinnen, die nur nach Kiew fahren.

Und nur dann eben von jenen Leuten, die dort sitzen, informiert werden über die Lage. Die bekommen dann wieder ein anderes Bild oder eben jene Personen, die überhaupt noch nie in der Ukraine waren seit Ausbruch des Krieges oder nur einmal punktuell dort waren. Und dann vieles halt über soziale Medien beziehen, beziehungsweise das Schlimmste meines Erachtens nach ist eben die anekdotenhafte Evidenz, wo dann jemand eine Nachricht auf den sozialen Medien von einem Soldaten veröffentlicht

Oder einem Kontakt oder möglicherweise drei Kontakten und daraus probieren sie eben größere Ableitungen herzustellen. Das sind die Probleme. Wir haben eine sehr genaue Methodik, wie wir vorgehen in meinem Team. Ich arbeite normalerweise mit zwei amerikanischen Analysten zusammen, einem polnischen Analysten.

Wir streiten auch oft, aber wir schauen natürlich nach außen, wenn wir sogenannte Öffentlichkeitsarbeit machen, also den Medien gegenüber treten, doch eine einheitliche Linie zu vertreten. Bei den großen Zügen sehen wir ja das Ähnliche. Und natürlich sagen wir nicht alles, was wir sehen, beziehungsweise auch Details, die auch für die breite Öffentlichkeit nicht relevant sind und die dann auch einzelnen ukrainischen Einheiten gefährlich werden.

teilen wir auch nicht mit. Wir haben in großen Zügen dann immer ein Gesamtlagebild, das glaube ich akkurat ist, aber ein Lagebild, das nur einige Wochen auch akkurat ist. Deshalb müssen wir auch alle zwei, drei Monate hinfahren wieder. Herr Gadi, bei aller Unsicherheit darüber, was kommt jetzt geopolitisch in der Welt, wie sich die Weltordnung verändert, kann man ja eines mit Sicherheit glaube ich jetzt schon sagen, dass nämlich die USA kein verlässlicher Partner für Europa mehr sind. Und das betrifft ja auch ihr Berichtsgebiet.

die sie vor allen Dingen mit der Ukraine befasst sind, wie sie uns erzählt haben. Jetzt sind Sie als Militärexperte ganz bestimmt einiges gewohnt und es gibt da wenig, was Sie aus der Fassung bringen könnte. Ich habe mich trotzdem gefragt, wie geht es Ihnen angesichts dieser neuen geopolitischen Lage? Also ja, über Jahrzehnte hinweg wussten wir, die Amerikaner als unseren, wir im Westen, die Amerikaner als unseren sicheren Partner.

Zumindest wissen wir, dass das nicht mehr so gesichert ist. Macht Ihnen das auch Angst persönlich oder haben Sie da so einen professionellen Umgang damit und das bringt Sie nicht weiter aus der Ruhe? Ich sehe es vielmehr als eine Chance, dass wir in Europa tatsächlich autonomer, unabhängiger werden und mehr und mehr für unsere eigene Sicherheit und vor allem für unseren eigenen Reichtum und Wohlstand und auch für unsere Werte verantwortlich sind.

sein werden in Zukunft. Und ich möchte auch unterstreichen, und das lege ich auch sehr genau in meinem Buch dar, dass dieser Trend absehbar war. Ich habe mein Buch vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl 2024 geschrieben. Und dieser Trend, dass die Amerikaner sich nach und nach von Europa abwenden werden, das kommt ja nicht von heute auf morgen oder erst seit 2016, seit dem ersten Wahlsieg Donald Trumps. Das war ein langer Prozess,

der sich klar abgezeichnet hatte, wir haben einfach nur die Scheuklappen aufgehabt, beziehungsweise haben uns einfach der Realität verweigert. Vor allem in Deutschland habe ich das gesehen, vor allem in Berlin unter der politischen Klasse, unter Transatlantikern, Transatlantikerinnen. Das war einfach etwas, mit dem wir nichts zu tun haben wollten. Und wir haben einfach das strategische Denken und die militärische Verteidigungsfähigkeit verweigert.

im Gesamten an die USA ausgelagert über mehrere Jahrzehnte. Wir konnten unter den nuklearen und konventionellen militärischen Schutzschirmen der USA griechen und es darunter sehr gemütlich zu machen, unter Anführungszeichen dieses Friedensprojekt Europa herauszubilden.

auf internationales Recht zu setzen, Normen, Regulierungen und so weiter. Und dann haben wir komplett versäumt zu sehen, dass die Welt nach wie vor anarchisch ist, dass militärische Gewalt oder die Androhung von militärischer Gewalt ein Grundprinzip internationaler Beziehungen darstellt und dass wir das eben tun müssen. Also ich würde jetzt wirklich tunlichst vermeiden zu sagen, okay, das kommt von heute auf morgen.

Wir müssen einfach diese Pläne jetzt da, die wir ja schon teilweise durchdacht haben innerhalb unserer Streitkräfte, auch umsetzen. Und ich möchte dann schon sagen, also die richtige Zeitenwende für die Bundeswehr zum Beispiel fing 2014 an. Das hat keinen auf der politischen Ebene interessiert. Auch die anderen Streitkräfte Europas haben 2014 schon mal einen sogenannten Weckruf, obwohl ich dieses Wort überhaupt nicht leiden kann, erörtert.

Es wurde nur auf der politischen Ebene einfach nicht gehört. Und ich glaube schon, dass die beiden Regierungen einen großen Fehler gemacht haben 2020. Wie sie gesagt haben, we are back. Und dieses Gefühl haben, na, wir gehen jetzt zurück zu business as usual. Und das habe ich auch damals 2020 kritisiert, wo es sehr absehbar war, dass Joe Biden der letzte sogenannte transatlantische Präsident sein wird. Und das ist natürlich etwas, was wir ja nicht übersehen hätten damals.

beziehungsweise sollte es jetzt niemanden überraschend treffen. Das tut es doch, wie man das sieht. In der Hinsicht, nein, Furcht ist, glaube ich, die schlechteste Antwort oder Angst auf diese Sache. Es sind, und da möchte ich wirklich eine positive Note der ganzen Diskussion verleihen, alles lösbare Probleme. Militärische Probleme an sich sind nie schwierig.

Militärische Taktik ist nicht kompliziert. Militärische Strategie ist nicht kompliziert. Es gibt dieses alte Prinzip für das Militärkiss. Keep it simple, stupid. Oder, wie wir das in Österreich gelernt haben, im österreichischen Bundesheer, man muss den Krieg einfach soldatensicher machen. Ganz kurze Widerrede an einem Punkt. Wenn man sich die deutschen Verteidigungsetats anschaut über die letzten Jahre, dann war ja 2014 eigentlich schon so ein kleiner Wendepunkt. Der war vielleicht nicht groß genug, aber

Also man hat ja bis 2014 den W-Etat immer wieder eingespart und es wurden weniger und weniger Jahr für Jahr. Ab 2014, damals noch unter Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin, das Jahr in dem die Krim besetzt wurde von den Russen, gab es ja schon eine Wende. Wurde diese Wende dann nicht konsequent genug durchgezogen oder warum haben wir dann so schnell wieder auf eine Normalität eingelassen, die eigentlich gar keine Normalität war?

Um das vielleicht noch einmal zu unterstreichen, diese Wende, die ich ansprach, hat vor allem eben auf der höheren militärischen Ebene innerhalb einzelner Teile der Bundeswehr stattgefunden. Die hat sich nie übersetzt jetzt auf das gesamte politische Spektrum oder die Verteidigungsministerin, Verteidigungsminister und so weiter. Da stand nach wie vor Afghanistan oder diese Idee, dass Deutschland quasi am Hindukusch auch verteidigt wird, beziehungsweise dass das Russland-Problem eigentlich jetzt nicht so großartig

ist, wie es dargestellt wird, ja doch noch im Vordergrund, würde ich mal sagen, auf der politischen Ebene. Das möchte ich jetzt da nicht kleinreden. Und in der Hinsicht ist ganz klar, warum es da keine zusätzliche Erhöhung des Wertes gibt. Beziehungsweise muss ich dazu sagen, in meinem Feld war das quasi die Hochphase nach 2014 der sogenannten hybriden Kriegsführung. Und dieses Konzept der hybriden Kriegsführung, ich benutze diesen Begriff auch, aber ich mag ihn überhaupt nicht, weil er nichtssagend ist.

Tatsächlich, keiner kann sich wirklich was unter hybrider Kriegsführung vorstellen, dass man hier Cyberangriffe meint, Sabotageaktionen möglichen, Einsatz von Spezialeinsatzkräften, terroristische Verbände, die für einen staatlichen Akteur eingesetzt werden können.

Alle möglichen anderen Dinge bis zu Mordanschlägen, politische Entscheidungsträger, Trägerinnen oder eben Industrielle in der Verteidigungs- oder Rüstungsindustrie und so weiter. Das wurde im Großen und Ganzen in Europa als Entschuldigung benutzt, konventionelle militärische Fähigkeiten zuzulassen.

klein zu sparen. Das heißt, es hat geheißen, nein, die Zukunft des Krieges oder das Kriegsbild der Zukunft ist der hybride Krieg. Es wird nicht mehr diesen großen konventionellen Krieg geben. Es wird nicht diesen Panzerangriff geben. Es wird nicht dieses Massenartilleriefeuer geben, welches wir im Moment in Donbass täglich als

Zeugen quasi miterleben dürfen über die sozialen Medien. Das gibt es alles nicht. Wir brauchen keine Panzerdivisionen mehr. Wir brauchen keine Panzergrenadiere mehr. Wir brauchen nicht mehr diese großen Übungen eben wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Wir müssen nicht mehr fähig sein, eine gesamte Division in das Gefecht schicken zu können oder die Rotationsfähigkeit herzustellen von einer starken mechanisierten Brigade außerhalb Deutschlands und so weiter. Also für mich war das

In meinem Feld das Hauptthema, wo ich eben versucht hatte, gegen diese Idee der hybriden Kriegsführung anzukämpfen, weil es eben als Entschuldigung vor allem von der politischen Cluster im deutschsprachigen Europa benutzt wurde, die konventionellen Fähigkeiten komplett runterzufahren.

Die Heeresflugabwehr abzuschaffen zum Beispiel, alle diese Schlüsselfähigkeiten, die wir jetzt da wieder mühsam uns erarbeiten müssen und wo wir jetzt wieder neues Material einkaufen müssten, die Expertise, die wir da hatten, das verschwand alles und das war natürlich nicht durchdacht.

Obwohl unter Offizieren, mit denen ich sprach in der deutschen Bundeswehr zu der Zeit, sehr klar war, wo die Richtung hingeht und was die Gefahr sein könnte. Jetzt haben Sie ja eben für unsere häufig düsteren Themen hier beim Politikteil relativ viel Optimismus mitgebracht, weil Sie ehrlich gesagt haben, Sie begreifen das Ganze als Chance und ehrlich gesagt, es ist auch nicht so schwierig, wir werden das schon schaffen. Ja?

Sie schreiben ja in Ihrem Buch, Krieg sei kein Naturphänomen, sondern ein gewollter politischer Akt, soweit so nachvollziehbar. Ein dritter Weltkrieg, sagen Sie weiter, oder ein möglicherweise begrenzter Konflikt mit Russland würde also weder einfach so noch unausweichlich passieren. Jetzt haben Sie ja richtig gesagt, wir haben jetzt zu spät reagiert, wir haben nicht früh genug die Konsequenzen gezogen aus dem, was vielleicht schon seit 2014 passiert.

absehbar war. Was muss denn, das ist eine große Frage, also bitte um eine kurze Antwort, weil da werden wir natürlich jetzt auch in die Tiefe gehen, aber was muss denn die EU leisten, um das jetzt noch zu verhindern? Also wenn Sie das vielleicht nochmal so in so zwei, drei Thesen ausfüllen können und dann können wir ja sozusagen in die Details gehen. Knapp gesagt in einem Satz, die EU muss ihr militärisches Abschreckungspotenzial stärken. Was meine ich damit?

Eine kluge, durchdachte, fundierte, nachhaltige Sicherheitspolitik für Europa, für Deutschland.

baut auf zwei Säulen auf. Das ist einerseits eine Außenpolitik, hier geht es um den Dialog, die Diplomatie, vor allem auch mit potenziellen Aggressoren wie Russland. Ich bin kein Fan aus Gründen der moralischen Entrüstung, nicht mit jemandem wie Wladimir Putin, dem Kreml, eben zu sprechen, vor allem wenn dieses Land Nuklearwaffen hat, auch wenn es einen brutalen Angriffskrieg in der Ukraine gerade führt. Man braucht den Dialog, man braucht den Austausch, aber das ist nicht genug für eine fundierte Sicherheitspolitik.

Was wir auch brauchen, ist eine gut durchdachte, strategisch ausgeklügelte Verteidigungspolitik. Und die baut sich vor allem auf eine wirklich wichtige Komponente auf und das ist militärische Stärke, konventionelle militärische Stärke. Das heißt, wir müssen nachrüsten.

Wir müssen unsere Einsatzfähigkeit steigern. Das heißt vor allem für die Bundeswehr das eklatante Personalproblem lösen. Die Bundeswehr muss mehr Soldaten haben, um das Abschreckungspotenzial stärken zu können. Und dann natürlich die Fähigkeitsentwicklung, also zusätzliche Waffensysteme,

zusätzliche Fähigkeiten, die man braucht, um im Krieg im 21. Jahrhundert auf der konventionellen Ebene effektiv führen zu können. Konventionell heißt also abseits der nuklearen Dimension, aber es bedeutet auch, dass man wirklich einen Drittstaat effektiv militärisch gegenübertreten kann. Nicht nur eben nichtstaatliche Akteure oder sogenannte kleine grüne Männchen, wie wir sie auf der Krim gesehen haben 2014,

also kleinere Verbände, Infanterieverbände eben zu bekämpfen. Das brauchen wir und wir brauchen die Balance zwischen den beiden, zwischen militärischer Stärke, Diplomatie sozusagen. Das ist eine fundierte Sicherheitspolitik und diese Politik braucht Europa. Das heißt, die erste Prämisse ist einmal die Wiederherstellung des Abschreckungspotenzials. Das funktioniert aber nicht nur rein auf der materiellen Ebene, was viel wichtiger ist und daher nenne ich ja

Mein Buch »Die Rückkehr des Krieges« muss vor allem in den Köpfen politischer Entscheidungsträger und Trägerinnen stattfinden. Wir müssen unsere Streitkräfte nicht durch den Frieden mehr denken, sondern vor allem durch den Krieg, um dieses Abschreckungspotenzial zu stärken. Weil nur wenn wir den Willen haben, in den Krieg zu ziehen, können wir auch einen potenziellen Aggressor abschrecken.

Und das sind alles frevelhafte Ausdrücke, die ich hier benutze für einen deutschen Politiker, eine deutsche Politikerin. Da geht es gleich in die Kriegstrieberei und das alles. Da möchte ich nur sagen, die Leute, die das behaupten, sind wirklich Opfer eines sogenannten parasitären Pazifismus. Die verstehen einfach nicht, dass wir diese Komponente kennenlernen.

bis dato an die Vereinigten Staaten ausgelagert hatten und uns nicht darum selbst kümmern haben müssen. Ein anderer hat quasi die schmutzige Arbeit unter Anführungszeichen für uns gemacht. Und ich glaube, diesen Paradigmenwechsel in unseren Köpfen, das müsste mal jetzt stattfinden. Und ich möchte auch sagen, diese Balance ist eben wichtig, weil man nicht eben jetzt will, dass man zu sehr auf rein militärische Stärke setzt.

Da löst man eine Rüstungsspirale aus oder zu sehr auf die Diplomatie, internationale Normen, internationales Recht, das natürlich alles eingehalten werden muss, weil man dadurch eben sein Abschreckungspotenzial schwächt. Und diese Balance ist eben das, was wir gerade schaffen müssen in Europa. Und wie gesagt, das können wir auch machen.

Der Paradigmenwechsel in den Köpfen, wenn ich mir anschaue, wie die Reaktion war auf Boris Pistorius, als der gesagt hat, wir müssen wieder kriegstüchtig werden, in dem Sinne, dass die Bundeswehr einen Krieg führen kann, damit sie ihn nicht führen muss. Da wurde er ja schon niederkartescht und er sagt das in der Öffentlichkeit, also auch weniger als er es vorher gesagt hat.

Nehmen Sie denn wahr, dass das in Deutschland passiert, also dass Akteure dabei sind, diesen Mentalitätswechsel herbeizuführen? Oder ist das nicht, das wäre eher meine Wahrnehmung, so ein wahnsinnig großer Verdrängungsprozess? Und dann angehängt an die Antwort dieser Frage noch eine zweite Antwort. Wenn Sie priorisieren sollten, welche Lücken müssten denn am schnellsten und am dringendsten verschwinden,

Welche Fähigkeitslücken der Bundeswehr? Was würden Sie denn da nennen? Was sind die drei wichtigsten Sachen, die so schnell wie möglich geschlossen werden können? Die drei größten Lücken? Nun, ich glaube, was jetzt die Beziehung Deutschland zu militärischer Gewalt betrifft, weil um das geht es ja, glaube ich, liegt noch ein sehr weiter und langer Weg vor uns. Es gibt aber diesen Ausspruch eben, und verzeihen Sie, dass ich immer wieder englische Zitate bringe, von Dr. Johnson aus dem 18. Jahrhundert,

der mal gemeinte, wenn man eben einem Mann seinen Gargant zeigt, an dem er gehängt wird, im Englischen hat er den Ausdruck reingeschrieben im Buch, it concentrates the mind, also es konzentriert quasi den Geist, wenn man seine eigene Zerstörung eben vor Augen hat. Und in dieser Hinsicht glaube ich schon, dass wir langsam...

die Realisierung im Ham, im deutschsprachigen Europa, wenn ich da andere Länder auch mit einbeziehen kann, dass Russland tatsächlich ein gewisses aggressives Potenzial gegenüber der Europäischen Union und der NATO natürlich hat und dass die russische Politik eben sehr stark eben sich daran orientiert, die NATO zu zerschlagen, die Europäische Union zu schwächen und

eigene Interessen eben in Europa durchzusetzen, die konträr sind zum jetzigen Wohlstand in Deutschland und in anderen europäischen Ländern. Und das eben vor allem dieser, wo wir gedacht haben, verlässliche Partner USA, wenn der jetzt langsam abhanden kommt, und da möchte ich auch immer sagen, die USA waren nie ein verlässlicher Partner in dieser Hinsicht, wir haben uns da einfach in falscher Sicherheit gewogen, auch seit mehreren Jahrzehnten, wenn das wegbricht,

dann hat man vielleicht einen Effekt, wie ein Dr. Johnson eben darstellt in diesem Zitat. Es konzentriert den Geist einfach, weil ich sage immer, es gibt nichts Nachhaltigeres als Sicherheit. Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts. Und Sicherheit kann nur im internationalen Feld durch militärische Stärke erreicht werden. Nicht nur durch militärische Stärke, aber militärische Stärke ist unabkömmlich. Was nun die Fähigkeitslücken betrifft, würde ich sagen,

Die Fähigkeitslücken, das schaffen wir auch. Sei es jetzt im Bereich Flug- und Raketenabwehr auf lange Distanzen,

Präzisionswaffensysteme für den Boden-Bodeneinsatz. Also ich könnte eine ganze Liste hier runterbeten. Das ist aber belanglos, glaube ich, auch für die Zuhörerinnen. Was viel wichtiger ist und das größte Problem, das ich in Zukunft sehe, ist das Personalproblem. Also ein Kapazitätenproblem und nicht ein Fähigkeitenproblem innerhalb der Streitkräfte. Und hier muss man sich sehr ungemütlich diskutieren.

Diskussionen stellen in Deutschland. Muss es eine Wiedereinführung einer Art von Wehrpflicht geben? Deutschland, und das schreibe ich auch in meinem Buch, laut meinen Berechnungen, die ich da drinnen habe, braucht ein Reserveherr von 200.000 bis 300.000 Mann. Das muss einfach

stattfinden. Sonst würden wir eine Verteidigung des Baltikums nicht schaffen. Wo stehen wir jetzt bei den Truppen? Bei welcher Mannsstärke? Also ich glaube ungefähr, circa zusammengerechnet, ungefähr 10 Prozent von dem, was eine tatsächliche Reserve benötigen würde. Laut meinen Berechnungen. Andere Militäranalysten oder das Verteidigungsministerium

Hätte da vielleicht andere Zahlen, das sind jetzt meine persönlichen Kalkulationen, die ich auch in meinem Buch gegeben habe. Also wir können vielleicht nur 10%, möglicherweise 12, 13% des Reservebedarfs abdecken und das ist ein riesiges, riesiges Problem, weil wir hier fundamentale Zahlen,

Fragen stellen müssen innerhalb der deutschen Gesellschaft oder allen europäischen Gesellschaften, was ist unser Verhältnis eben zu diesem Konzept DINEN, das man als Bürger, Bürgerin Rechte hat, aber auch sehr viele Pflichten einerseits und auf der anderen Seite eben, was ist unser genaues Verhältnis zu militärischer Gewalt und das sind größere gesellschaftliche Themen und auf die müssen wir uns konzentrieren und ich glaube, wie gesagt, die Fähigkeiten-Debatte, ja, das schaffen wir.

Die Kapazitäten-Debatte, die beginnt erst jetzt und hier müssen wir konkret dieses Jahr noch Entscheidungen treffen, vor allem in Deutschland. Deutschland wird das wichtigste Element in der Stärkung der europäischen Abschreckung sein, auf konventioneller Ebene zumindest, gegenüber potenziellen Aggressoren im nächsten Jahrzehnt.

Wir kommen bestimmt gleich auch nochmal zu den Fähigkeiten, weil mich da so ein bisschen Ihr Optimismus so wundert, weil wir ja gleichzeitig auch immer über die notwendigen Reformen reden, zum Beispiel hier im deutschen Beschaffungswesen und so weiter, damit das Geld, das viele Geld, was womöglich jetzt frei wird, auch tatsächlich ausgegeben werden kann. Aber ich würde trotzdem gerne nochmal einmal bei der

Wehrdienstdebatte bleiben. Es gibt ja dieses schwedische Wehrdienstmodell, was in Vorbereitung ist, was Historius vorgeschlagen hat und mutmaßlich auch das Modell sein wird, über das die nächste Regierung da wieder befindet. Reicht das denn aus? Das basiert ja auf Freiwilligkeit.

Meines Erachtens haben wir die natürlichen Grenzen der Freiwilligkeit erreicht, was unsere Streitkräfte betrifft. Also die knappe Antwort ist nein. Und was Sie gesagt haben in Bezug auf meinen Optimismus, ich habe keine andere Wahl und ich weigere mich, in dem Pessimismus her abzudriften, wenn ich an einer Besprechung teilnehme bei der Bundeswehr oder eben in sicherheitspolitischen Kreisen in Deutschland.

hinter verschlossenen Türen mache ich die Tür auf und es weht mir mal ein Pessimismus ins Gesicht, wo ich fast umfalle jedes Mal, was wir alles nicht machen können und woran es scheitern wird und

welche bürokratischen Hürden da immer wieder zu überwinden sind. Und das Schreckliche daran ist, dass jeder hat eigentlich sehr gute Absichten und das scheitert dann immer an einzelnen Kleinigkeiten. Und das ist nicht meine Rolle als externer Beobachter, hier jetzt auch den Pessimismus eben zu frönen. Ich will nur immer wieder unterstreichen, wenn man es runterbricht, sind das alles keine schwierigen Dinge, die man hier machen muss.

Das haben wir in der Vergangenheit geschafft, das können wir schaffen. Ist möglich, will ich damit sagen. Wir brauchen einfach mehr im deutschsprachigen Europa, was Verteidigungspolitik betrifft, eine Let's-do-it-Attitüde. Machen wir es einfach, machen wir Fehler, aber irgendwie schaffen wir es. Wir brauchen 70% Lösungen, 60% Lösungen, keine 120% Lösungen. Es gibt einen Unterschied zwischen militärischer Effektivität und wirtschaftlicher Effizienz oder Effizienz im Allgemeinen.

Wie gesagt, man muss lernen, Streitkräfte durch den Krieg zu denken, nicht rein durch den bürokratischen Frieden. Ich glaube, dass unser Verteidigungsminister Pistorius sehr ähnlich denkt wie Sie und dass er dieses schwedische Modell sozusagen als eine Treppe benutzt hat, um halt dahin zu kommen, wo er eigentlich hin will, nämlich zur Wehrpflicht. Wir werden wahrscheinlich mit dieser neuen Regierung, die sich jetzt konstituiert, hoffentlich relativ schnell konstituiert, wird das ein dringendes Thema werden und wir werden wahrscheinlich über diesen

Ein verpflichtendes soziales Jahr, wo die Wehrpflicht oder der Wehrdienst, muss man dann ja sagen, eine Option ist, die Zahl versuchen zu erhöhen. Und wenn das nicht klappt, wird man wahrscheinlich eine Wehrpflicht einführen müssen. Sonst kommt man nicht zu den von Ihnen genannten Zahlen, die übrigens auch im Verteidigungsministerium ähnlich hoch sind im Deutschen. Aber ich würde gerne noch was anderes fragen, weil das viele Leute verstehen nicht so ganz. Und das bringt ja der Linken-Chef Jan van Aken immer wieder hier in Deutschland in den Debatten,

dass eigentlich Europa deutlich mehr Geld jetzt schon ausgibt, deutlich mehr Geld als die Russen für die Verteidigung. Er spricht immer, und da gibt es auch andere Zahlen oder andere Quellen, die das belegen, er spricht immer von rund 300 Milliarden Euro, die die Russen ausgeben für die Verteidigung. Und 430 Milliarden Euro geben jetzt schon die Europäer, nur die Europäer, ohne die USA für die Verteidigung aus. Warum ist es dann so, dass wir so Riesenlücken haben und eigentlich einem Angriff Russlands momentan wenig entgegenzusetzen haben? Wie ist dieser Widerspruch von Russland

großen finanziellen Mitteln, die eingesetzt werden und mangelnder Verteidigungsfähigkeit eigentlich zu erklären. Also dieser Vergleich ist meines Erachtens nach völlig sinnlos. Ich sehe das immer wieder. Es sagt im Grunde genommen gar nichts aus, aus dem einfachen Grund, weil die Russen

99,9 Prozent ihrer militärischen Ausrüstung in Russland kaufen. Es gibt hier keinen Wechselkurs quasi. Das heißt also jetzt in Euro oder in Dollar das russische Verteidigungsbudget hier aufzulisten, ist komplett sinnlos, weil einfach die Preise so stark reduziert sind. Wenn man sieht, wie viel ein Panzer quasi zusammengerechnet in Russland kostet, vis-à-vis er in Deutschland kosten würde, völlig belanglos hier Verteidigungsetats anzuschauen.

Das Institut, mit dem ich affiliert bin, das International Institute for Strategic Studies, macht hier quasi einen sehr fundierten Vergleich, wo es versucht eben diese Wechselkurse, diese sogenannte Purchasing Power Parity hier einzuberechnen und man kommt dann auf ein deutlich, deutlich höheres russisches Verteidigungsbudget. Also diese Vergleiche halte ich nicht für sinnhaft, wo man natürlich sagen muss, dass wir eine Herausforderung haben in Europa, dass wir zu viele Systeme haben,

von einzelnen Plattformen beziehungsweise Waffensysteme, zu viele Kampfpanzer, zu viele Kampfflugzeuge möglicherweise, zu viele andere Dinge, wobei auch hier ich immer sehr vorsichtig bin. Hier denken wir auch zu sehr oft rein durch den Frieden, wo wir zu sehr auf die Effizienz schauen und nicht zu sehr auf die Effektivität.

Mitunter ist es auch so, dass man es durchaus begrüßen könnte, dass es eben verschiedene Plattformen gibt, weil der Gegner sich dann auf verschiedene Plattformen einstellen muss, dass man halt drei Kampfpanzer hat statt zwei. Der Gegner muss dann eben mit drei verschiedenen Modellen quasi rechnen und muss drei verschiedene Taktiken möglicherweise entwickeln, um solch einen Panzer eben zu bekämpfen. Also hier gibt es

eine gewisse Stärke auch in der Diversität. Das geht mir auch manchmal in der Debatte unter. Aber grundsätzlich ist es so, natürlich, wir müssen konsolidieren, was das betrifft. Und wir brauchen eine einheitlichere europäische Rüstungs-

Und Verteidigungsindustrie, das ist ja etwas auch, was wir seit Jahrzehnten probieren. Sehen Sie das im Werden? Sehen Sie das im Werden? Weil das hört man ja jetzt die ganze Zeit immer wieder und nicht erst seit jetzt. Das gab es ja auch schon länger, diese Debatte. Sehen Sie denn da eine Veränderung momentan? Passiert das schon oder ist das nur eine Forderung, die wieder mal im Raum steht? Nein, wie gesagt, ich muss Ihnen sagen, ich sehe in vielen kleinen Details, dass sich hier wirklich was bewegt im Moment.

auf vielen Ebenen, sei es im Bereich Defense Startups, also auch kleinen Unternehmen oder innovativen Unternehmen, auch in Deutschland eben,

die gute Nischenprodukte jetzt herstellen, wo man wirklich auch überlegt, was brauchen wir wirklich für das Kriegsbild der Zukunft? Müssen wir jetzt auf unbewandte Systeme setzen? Wie schaut es mit autonomen, halbautonomen Systemen aus? Wie können wir billig produzieren, in der Masse wieder produzieren? Können wir Autofabriken stillgelegt übernehmen, um Produktionen zu skalieren? Hier gibt es viele, viele Möglichkeiten, viele, viele Initiativen und ich komme auch wieder auf viele Einzelinitiativen drauf im

Von irgendwelchen Investoren, die in jenem oder diesen Bereich investieren wollen. Also langsam fällt auch diese Scheu, die Rüstungsindustrie wirklich als ein nachhaltiges Produkt anzusehen. Ich kann das nicht genug unterstreichen. Es gibt nichts Nachhaltigeres als die Sicherheit. Ich bin kein Lobbyist der Rüstungsindustrie. Ich besitze auch keine Shares von irgendwelchen Rüstungsunternehmern. Ich arbeite auch nicht für ein Rüstungsunternehmen, möchte ich hier sagen. Ja.

Aber ich möchte sagen, es ist einfach wichtig, dass wir diese Scheu auch uns nehmen auf allen Ebenen, weil es etwas Positives unterm Strich sein kann, weil es ja einen Konflikt abschreckt. Und das ist, glaube ich, die große Debatte, die Sie angesprochen haben. Diese Idee, dass Kriege wie Naturkatastrophen über uns hereinbrechen, dass die quasi so sind, dass sie nicht kontrollierbar sind und

dass gleichzeitig eben sie befeuert werden von Rüstungsspiralen und so weiter. Das stimmt ja alles nicht in dieser Hinsicht. Kriege können abgeschreckt werden durch kluge Politik, wie ich es gerade dargelegt habe. Und wir brauchen eben diese militärische Stärke als Komponente. Aber ja, ich glaube, es sind große Herausforderungen. Und konkret würde ich mir jetzt wünschen, zum Beispiel im Bereich der Finanzierung, dass wir wirklich einsteigen,

einzelne Finanzierungshindernisse angehen, wie die sogenannten ESG-Kriterien, eben die Nachhaltigkeitskriterien auf europäischer Unionsebene, wo die Rüstungsindustrie noch immer nicht gut genug eingestellt ist und wo es wirklich schwierig ist, für Rüstungsprojekte langfristige Finanzierungen zu bekommen. Und hier muss ich auch sagen, was mich doch teilweise stört, ist oft diese überbordende Rhetorik politischer Entscheidungsträgerinnen und Trägerinnen. Was ich mir wünsche, sind konkrete

zum Beispiel auch von der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass sie wirklich diese Thematik, die wirklich sich sehr negativ für die europäische Rüstungsindustrie auswirkt, angeht in der jetzigen Legislaturperiode. Bleiben wir nochmal bei dem Szenario, dass die Amerikaner, die USA sich weiter abwenden wollen,

Und möglicherweise, das ist ja ein Worst-Case-Szenario, aus der NATO austreten. Können Sie gleich auch nochmal was dazu sagen, was Sie von diesem Szenario halten? Aber bleiben wir kurz dabei. Dann stellt sich hier ganz schnell die Frage, fällt dann auch der, oder in dem Fall würde ja der nukleare Schutzschirm auch wegfallen.

Und damit verbunden die Frage an Sie, können denn die britischen und französischen Atomwaffen den ersetzen? Und gleichzeitig stellt man sich ja hier in Deutschland dann immer mal wieder die Frage, ob nicht Deutschland auch eigene Atomwaffen brauchen würde. Was ist denn Ihr Blick da drauf? Also ich bin kein Nuklearstratege, möchte ich jetzt zuallererst sagen. Mein Forschungsgebiet konzentriert sich sehr stark auf konventionelle militärische Stärke und militärische Operationen.

Ich möchte es mal so sagen: Das Grundprinzip der nuklearen Abschreckung ist die Glaubwürdigkeit. Das heißt also, die Glaubwürdigkeit, das sollte der Fall eintreten, wir gewillt sind, Nuklearwaffen gegen einen potenziellen Aggressor einzusetzen. Das heißt, es bringt überhaupt nichts, wenn wir 1000, 2000 Atomwaffen plötzlich haben und wir diese Waffen aber nicht einsetzen würden. Das heißt, die Glaubwürdigkeit findet eigentlich nur im Kopf des Aggressors statt. Das müssen wir klar signalisieren.

Das, glaube ich, haben wir bis dato auf europäischer Ebene nicht geschafft. Weder auf französischer Seite noch auf britischer Seite. Der eine Punkt. Der zweite Punkt ist, dass die Debatte über eine deutsche Nuklearwaffe geführt werden muss. Hier gibt es verschiedene Szenarien, wie das geschehen könnte. Man könnte auch sagen, dass wir eine sogenannte Hedging-Strategie wählen. Das heißt also, wir haben eben die Fähigkeiten, eine Nuklearwaffe in Deutschland relativ schnell, innerhalb weniger Wochen oder Monate zu bauen, aber wir machen es nicht.

anstelle eben eine eigentliche Nuklearwaffe anzuschaffen. Ich glaube nicht, dass es wirklich etwas tun würde, um die Glaubwürdigkeit zu stärken, aber es wäre vielleicht ein wichtiges politisches Signal und ich glaube, das wäre auch in Wirklichkeit nur eine Übergangslösung. Also wir müssen diese Debatte auf jeden Fall durchführen.

Und ich glaube, dass Deutschland sich hier seiner Verantwortung nicht entrücken kann. Was das aber dann wirklich für das internationale System bedeutet. Also das macht mir dann schon ein bisschen Angst, wenn es dann eine Profilierung von Nuklearwaffen gibt, wenn Polen plötzlich Nuklearwaffen auch anschaffen wird, Saudi-Arabien, andere Länder der Welt, Südkorea.

Taiwan, wer weiß, das könnte schon eine sehr gefährliche Zeit werden. Ich möchte aber sagen, wir sind jetzt zu Beginn eines neuen Zeitalters, was oft übersehen wird. Ich sage, wir sind in einer Art Zeitenwende, die vergleichbar ist mit dem Mauerfall 1989, nur vielleicht nicht in dieser Schnelle. Langsam, aber stetig dreht sich hier etwas. Und diese Debatte der nuklearen Bewaffnung muss ehrlich, offen, konstruktiv stattfinden.

geführt werden, unabhängig davon, was wir von Nuklearwaffen halten. Also ich finde es ja eine schreckliche Sache, dass diese Waffensysteme überhaupt existieren und dass wir überhaupt damit rechnen müssen, dass diese Waffen eingesetzt werden. Aber wir haben nun mal diese Fähigkeiten und wir müssen hier wirklich klug und durchdacht nichts übers Knie brechen, möchte ich auch sagen, aber dennoch die Debatte führen. Ich würde gerne nochmal zurückkommen von den Nuklearwaffen zu ihrem eigentlichen Fachgebiet, wie Sie sagen, den konventionellen Waffen und da würde ich gerne mal

Zunächst einmal André Wüstner hören, den Chef des Bundeswehrverbandes. Wir waren zu langsam und haben zu wenig getan, insbesondere Deutschland, wenn es darum geht, nachzubestellen und Druck zu machen, Kapazitäten in der Rüstung aufzubauen. Und das holt uns gerade jetzt ein. Aktuell sind wir blanker als blank. Blanker als blank, sagt der Chef des Bundeswehrverbandes. Das ist ja so eine Art Gewerkschaft der Soldaten, wenn man so will.

Am 24.02.2022 war der Überfall der Russen auf die Ukraine. Drei Tage später hat der Bundeskanzler ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro freigegeben für die Ausrüstung der Bundeswehr. Und drei Jahre später sagt der Chef des Bundeswehrverbandes, wir stehen blanker als blank da. Was ist da wahnsinnig schiefgelaufen? Ich bin grundsätzlich kein Fan von Sondervermögen. Ich möchte eine stabile...

Finanzierung für Streitkräfte, einen klar ausgelegten Wehretat, das erschafft Planbarkeit und eine sukzessive Erhöhung des Wehretats. Diese Sondervermögen werden relativ schnell verpulvert oder auch verwendet für Dinge, für die sie eigentlich nicht verwendet werden sollten.

Es sind Schnelllösungen, die aber letztlich nicht nachhaltig sind. Daher kann man die schlimmsten Fähigkeitslücken vielleicht mit Sondervermögen eben schließen. Aber eine langfristige Nachrüstung kann nur mit einem gut dotierten regulären Budget stattfinden. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt ist, glaube ich, was die sogenannte Zeitenwende-Rede oder eben

das Sondervermögen 2022 betrifft. Man darf nicht vergessen, das war noch auch unter einer Regierung Biden. Ich glaube, das Bauchgefühl der meisten politischen Entscheidungsträger und Trägerinnen damals war, okay, das ist schlimm, das sollte nicht passieren, aber unterm Strich verlassen wir uns da wirklich auf die Amerikaner. Also wenn es hart auf hart kommt, kommen die mit ihren 300.000 Mann

Und kommen über den Atlantik und geben uns quasi die Stoßrichtung vor. Und ich glaube jetzt, wo es tatsächlich so ist, dass wir nicht mehr damit rechnen können, ich glaube auch damals hätten wir nicht damit rechnen können. Wie gesagt, ich lege das in meinem Buch dar. Ist es so, dass es auch auf der politischen Ebene hier ein Umdenken gibt?

Und dass man vielleicht ein bisschen mehr zumindest denkt, okay, wie können wir gewisse bürokratische Hürden umschiffen? Wie können wir hier jetzt wirklich ein gut dotiertes Wehrbudget für die Bundeswehr garantieren über die nächsten Jahre, die eben diese wirklich wichtige Planbarkeit gut absichert, zumindest über die nächsten vier bis fünf Jahre? Darf ich an einer konkreten Stelle nochmal nachfragen? Es wurden ja unter anderem von diesen 100 Milliarden zunächst mal 35 sogenannte F-35 Jagdflugzeuge

Jagdflugzeuge gekauft, die unter anderem auch die nukleare Teilhabe Deutschlands sichern sollen. Die wurden gekauft von den Amerikanern. Wenn die Amerikaner jetzt nicht mehr als verlässlicher Partner gelten und man diese Jagdflugzeuge, wie man lesen kann, von der Ferne her abschalten kann, macht das dann sinnvoll, diese Dinger wirklich irgendwie zu bekommen? Oder muss man diesen Auftrag dann nicht canceln und

dass man irgendwie in Europa solche Flugzeuge dann bestellen kann oder so schnell wie möglich die europäische Rüstungsindustrie befähigt, solche was herzustellen. Weil was nutzt es, 10 Milliarden auszugeben für diese Kampfflugzeuge, wenn die Amerikaner die einfach abschalten können, wenn ihnen danach ist, also abzuhalten.

Macht das Sinn oder macht das keinen Sinn? Muss man da nochmal ran? Nun jetzt, ohne in technische Details zu gehen, abschalten, so von heute auf morgen können Sie diese Systeme nicht. Ich glaube, die größere Frage ist, werden die Vereinigten Staaten in Zukunft tatsächlich ein Gegner irgendwann einmal sein?

Und ich glaube, in dieser Hinsicht müssen wir wirklich die Kirche auch im Dorf lassen. Ich glaube, es geht nicht so sehr darum, dass die Vereinigten Staaten irgendwann einmal ein potenzieller Gegner eines vereinten Europas sein könnten. Nein, ich glaube, die Vereinigten Staaten werden immer ein sehr enger Sicherheitspartner bleiben. Ich glaube, wir werden auch in gewisser Weise verbündet bleiben. Ich glaube nur, dass wir nicht mehr mit diesem Automatismus zu rechnen haben, dass die Amerikaner uns immer eben zur Seite stehen werden, wie es auch Winston Churchill nie gesagt hat, you can always trust the Americans to do the right thing after they have exhausted all other options.

Und in dieser Hinsicht, glaube ich, müssen wir diese Debatte führen. Ich glaube, langfristig ist es natürlich klug, auf europäische Systeme zu setzen. Aber jetzt zu sagen, okay, die Amerikaner sind jetzt auch unsere Gegner, daher müssen wir uns komplett autark machen, halte ich zu verfrüht, würde wahrscheinlich zu übermäßigen Zusatzkosten im Moment führen. Halte ich auch nicht für dringend notwendig, muss ich jetzt ehrlich sagen. Aber ich glaube, es ist auch in gewisser Weise notwendig,

Ein Weckruf, obwohl ich diesen Ausdruck nicht mag, dass wir uns sehr genau diese Abhängigkeiten anschauen von den Vereinigten Staaten und im Bereich zum Beispiel der sogenannten Strategic Enablers, strategische Unterstützer, also eben die Dinge, die die Vereinigten Staaten aus militärischer Perspektive für Europa liefert. Hier müssen wir auf jeden Fall unabhängiger werden. Und ich möchte auch eines sagen, wir haben ein sehr lineares Verständnis von Geschichte.

Und wenn uns eines zeigt, dann sind in solchen Umbruchzeiten wir jetzt da lineare Verständnisse der Geschichte nicht vielleicht fördernd. Mit linear meine ich, dass wir einfach glauben, es geht so weiter sukzessive mit kleinen Veränderungen, wie es in der Vergangenheit, in den letzten Jahrzehnten weitergegangen ist und dass es nicht diese großen Brüche gibt.

Nun, ich sitze gerade in Wien. Wenn wir dieses Gespräch geführt hätten im August 1914 und wir hätten hier über die Zukunft Europas gesprochen, die geopolitische Lage und ich hätte Ihnen gesagt, ja, alles schön und gut jetzt, aber in vier Jahren wird alles komplett anders sein. Wissen Sie was? Österreich, Ungarn, dieses Land, wo ich jetzt ein Staatsbürger sein würde.

existiert nicht mehr. Die Monarchie, die 800 Jahre lang existiert hat, gibt es nicht mehr. Es gibt keinen Hohenzollern-Kaiser mehr in Deutschland. Die Ostgebiete sind verschwunden. Das Zahnreich ist quasi weg. Das Osmanische Reich ist zerbrochen. Das Britische Reich ist nahezu bankrott. Und jetzt sind die USA die stärkste Finanzmacht der Welt. Hätten Sie mich wahrscheinlich für verrückt erklärt. Genauso wie Sie mich für verrückt erklärt hätten, wenn ich Ihnen gesagt hätte, dass eine ukrainische konventionelle Gegenoffensive 2023 in der Ukraine stattfindet,

durch deutsche Kampfpanzer unterstützt wird und deutsche Flugabwehr oder Flakpanzer und dass Deutschland Munition eben für diesen Sturmeingriff auf russische Stellung anliefert, hätten Sie mich wahrscheinlich im Jahr 2021 viel verrückter erklärt. Ich möchte also sagen, wir müssen weg von diesem linearen Denken hin vielleicht zu einem nicht linearen Denken, wo möglicherweise vielleicht die NATO tatsächlich nicht mehr in ein paar Jahren existieren wird beziehungsweise wo sie so geschwächt sein wird oder wo es natürlich hingeht zu einem europäischem

Verteidigungsbündnis oder wo eben wegen Kräften am ganz linken oder ganz rechten politischen Spektrum eben die EU so geschwächt sein wird, dass wir zurückgehen auf Nationalstaaten. Das sind alles Optionen, auf die wir militärisch vorbereitet sein müssen. Dabei kann man ja zumindest sagen, hilft uns Donald Trump, dass wir irgendwie zu der Einsicht gelangen, dass wir

von diesem linearen Geschichtsverständnis so ein bisschen wegkommen und etwas anderes antizipieren. Ich wollte noch einmal eine Nachfrage stellen zu dem Sondervermögen, wo Sie ja eben gesagt haben, dass Sie das ablehnen. Jetzt besteht ja Hoffnung, wir wissen es nicht, heute wird erstmals das Ganze debattiert bei uns im Bundestag, dass möglicherweise eine andere Form der Finanzierung für das Militärbudget gefunden wird, die zum Teil darauf beruht, eben die Schuldenbremse für den Bereich Militär auszuhebeln oder auch zu reformieren.

Wie gesagt, wir wissen nicht, was dabei herauskommt. Zur Debatte steht erstmal ein Budget von 400 Milliarden Euro. Würde das denn ausreichen, denken Sie, um eben Deutschland wieder kriegstüchtig zu machen und quasi auf den modernen Stand der Verteidigung oder Abschreckung zu bringen, der in dieser geopolitischen Lage sinnvoll und notwendig ist? Ich glaube, es wäre zumindest ein guter Start.

Sagen wir es so. Und es würde ja auch nur die Fähigkeitslücken teilweise glätten. Wie gesagt, ich glaube, das ist wichtig, das muss passieren. Ohne dem wird es nicht funktionieren. Aber es ist nicht genug. Das größere Problem nach wie vor sehe ich auf der Personalebene. Das muss adressiert werden und das wird länger dauern möglicherweise als möglich.

Der Fähigkeitsausgleich oder der Ausgleich von Fähigkeitslücken, das ist das große Thema, das untergeht ein bisschen. Und um da eine Frage gleich nachzustellen, also das eine ist ja der Mentalitäts- oder Gesinnungswandel bei den Politikern, bei den Verantwortungsträgern, das andere ist ja die Gesellschaft, die eben auch verstehen muss, dass es einen Beitrag erfordert.

Jetzt gab es eine Umfrage von Forsa im Frühjahr 2024, wo nur 38 Prozent der Befragten bereit waren, Deutschland im Ernstfall mit der Waffe zu verteidigen. Wie kriegt man das denn hin? Also man kann vielleicht davon ausgehen, dass jetzt, wo alle diese Situation mit der neuen US-Administration vor Augen haben, es vielleicht so ein bisschen so ein Umdenken gibt.

Aber trotzdem sind wir ja noch weit davon entfernt von dem, was Sie, wenn ich Sie richtig verstanden habe, als sinnvoll und wichtig erachten, dass es eben eine allgemeine Bereitschaft gibt, tatsächlich eben auch das Land zu verteidigen. Wie schafft man das denn, also diesen Militärwandel? Ich bin immer sehr skeptisch, was diese Umfragen betrifft, weil die werden ja teilweise in einem Vakuum gestellt. Sollte es tatsächlich so sein, dass die USA sich komplett abwenden, zum Beispiel von Europa und Russland uns militärisch bedroht, würde wahrscheinlich eine ganz andere Zahl sein.

Ich glaube, es geht hier vor allem um Kommunikation auf der politischen Ebene. Es muss klar kommuniziert werden, wer der potenzielle Gegner ist, was passiert, sollte dieser Gegner seine Interessen durchsetzen gegenüber Deutschland, was die Konsequenzen sind, dass das mit einem massiven Wohlstandsverlust einhergehen wird und dass wir uns halt nicht verstecken können mehr unter dem amerikanischen Schutzschirm. Also hier geht es vor allem um politische Kommunikation meines Erachtens nach. Hier geht es auch um einen Bildungsauftrag in den Schulen.

Ich verstehe es nicht, warum nicht in deutschen Schulen zum Beispiel Bundesheeroffiziere in größerem Maße tätig sein könnten als Informationsoffiziere. Wehrpolitik als Fach, solche Dinge, das würde man natürlich nie machen in Deutschland. Das ist ja, wie gesagt, wieder eine fräberhafte Aussage, die ich hier tätige. Das brauchen wir aber meines Erachtens nach. Eine gesunde wehrpolitische Bildung einfach auf allen Ebenen. Und dann letztendlich möchte ich schon sagen, dass ich glaube, die breite Bevölkerung viel weiter ist als die politische Klasse.

Und dass auch im öffentlichen Diskurs immer diese Meinungen ganz rechts, ganz links des Spektrums mehr Gehör finden, als eben die breite Masse meines Erachtens nach. Die moderaten Stimmen, die dann sagen, okay, jetzt müssen wir was tun. Und ich sage es Ihnen, ich spüre das sehr stark, sehr oft, wenn ich in Deutschland bin, dass sich da was verändert. Auch wenn ich in einzelnen Kneipen sitze in Berlin,

und mit Leuten spreche und immer wieder auch die Debatte suche mit Leuten, die sagen, nein, ich bin überzeugter Pazifist, ich schwöre diese Sache ab. Ich bin heute am Abend gerade hier auch in Wien bei uns im Viertel

Zu einem Vortrag, mein Onkel hat für mein Buch Lyrik geschrieben, ein überzeugter Pazifist zum Beispiel, und hat die Lyrik für mein Buch geschrieben, einzelne Texte, die in meinem Buch zu finden sind. Er trägt diese Lyrik heute vor und ich probiere das zu kommentieren eben. Und die Lyrik drückt eigentlich aus, dass er langsam eben sich abkehrt von dieser Idee des Pazifismus und einfach merkt, es ist hier was Zufalliges.

zu tun, so schrecklich er Krieg auch findet, so schrecklich militärische Gewalt auch ist, weil die anderen Konsequenzen möglicherweise noch schlimmer sein werden für unsere Kinder und Kindeskinder. Also ich glaube, es bewegt sich hier was in der Gesellschaft. Wir müssen nur diesen Theolog suchen. Das ist ganz wichtig. Dass sich was bewegt, wäre fast schon ein positiver Ausblick, mit dem wir ja unsere Podcasts immer beenden wollen. Aber vorher hat die Planung noch fünf Flops vorgesehen. Und zu denen müssen wir jetzt kommen.

Hallo, hier ist Eliana Grabitz von Das Politikteil. Bevor wir gleich weiter über unser heutiges Thema sprechen, wollten wir gerne einmal kurz erwähnen, dass wir in der Zeit und auf Zeit Online ständig ausführlich über das politische Geschehen berichten, über Hintergründe und Zusammenhänge, wie Sie es aus Das Politikteil auch kennen. Wenn Sie mögen, lernen Sie doch kostenlos unser Angebot kennen. Sichern Sie sich unter abo.zeit.de slash politikteil ein gratis Probeabo.

Die Flop5. Sie wissen ja, fünf Flops, also es geht immer darum, dass unser Gast Dinge, die er nicht mehr hören kann, Ausdrücke, Begriffe, Sätze, Haltungen, Einstellungen, die ihm auf die Nerven gehen, hier geißeln kann und jetzt haben Sie die Gelegenheit dazu, Herr Gadi. Das ist der erste Flop.

Nun, jetzt muss ich lachen, weil das erste Punkt habe ich hier aufgeschrieben, mir Weckruf für Europa. Dass die geopolitische Situation ein Weckruf für Europa ist. Ich kann diesen Ausdruck nicht lernen. Das erklärt sich von selbst. Und ich möchte einfach konkrete Pläne. Ich möchte auch nicht diese Rhetorik hören mehr. Wir machen alles. Mein zweiter Punkt wäre...

etwas, was noch sehr stark in der deutschen politischen Klasse präsent ist. Und das ist quasi, was sicherheitspolitische, verteidigungspolitische Fragen betrifft. Ohne Amis geht gar nichts. Und ich war vor...

Einiger Zeit in Litauen und habe dort ein Briefing abgehalten, wo es darum ging, Szenarien zu entwickeln, wie ein Einsatz europäischer Truppen in der Ukraine aussehen könnte nach einem etwaigen Waffenstillstand. Und da ist ein deutscher Diplomat plötzlich aufgestanden und gesagt, ja, alles schön und gut, was Sie hier sagen, Herr Gadi, aber ohne die Amerikaner geht hier gar nichts. Also das stört mich einfach. Diese Selbstverständlichkeit, wo wir uns abputzen und unsere Verantwortung einfach an andere Länder auslagern. Und Ihr dritter Flop.

Der dritte Flop wäre diese Kampagne, die ich überhaupt nicht mochte, Free the Leopards, wo es darum ging, deutsche Leopard 2 Panzer in die Ukraine zu schicken. Hier fand ich einfach den öffentlichen Diskurs grottenschlecht, muss ich sagen, aus militäranalytischer Perspektive, weil hier einfach der Himmel versprochen wurde, was diese Systeme wirklich erreichen könnten in der Ukraine. Und das hat gewisserweise im Jahr 2022 zu einem schlimmen Kriegsoptimismus oder Offensivoptimismus beigetragen.

Und dazu eben auch beigetragen, dass die Gegenoffensive 2023 viel zu sehr gehypt wurde und es dann eine bittere Enttäuschung gegeben hat. Also diese Freed Leopard Diskussion konnte ich überhaupt nicht leiden. Nummer vier. Als vierten Punkt eben diese Idee, wir brauchen eine EU-Armee.

Kann ich auch nicht leihen aus dem einfachen Grund, weil diese Debatte einfach so viel anderes überlagert, nicht sehr fundiert auch ist oder in der Vergangenheit auch sehr fundiert war und die eigentlichen Probleme nicht löst. Das heißt eine Vereinheitlichung der europäischen Rüstungsindustrie, dass wir gemeinsame Planungsszenarien einfach haben, auch ein gemeinsames Verständnis, was zum Beispiel bedeutet ein Land wie die Ukraine für die europäische Sicherheitsarchitektur oder nicht.

Erst davon kann man dann ableiten, eben Fähigkeiten, beziehungsweise brauchen wir dann wirklich eine EU-Armee, um diese einzelnen Szenarien eben zu bearbeiten. Und Ihr letzter Flop? Also der letzte wäre eben dieser Ausdruck immer, der von vielen politischen Entscheidungsträgerinnen und Trägern kommt. Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen. Was da nie gesagt wird ist, Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen, aber wir sind nicht gewillt, einen direkten Krieg gegen Russland anzufangen, um Russland daran zu hindern, den Krieg in der Ukraine zu gewinnen.

Also ich möchte nicht diese Rhetorik oder diese martialische Rhetorik mehr hören von politischen Entscheidungsträgerinnen und Trägern. Ich möchte eine realistische Einschätzung, was wir gewillt sind für die Ukraine zu riskieren und was nicht. Die eine Sache, die ich mitgeben kann, falls irgendjemand aus der Politik

diesen Podcast zuhört, ist das Letzte, was wir brauchen, ist ein weiterer Außenminister, eine weitere Außenministerin oder Staatschef in Kiew, der uns sagt, sie stehen uns bei und dann unterm Strich nichts tun, um die militärische Lage in irgendeiner Weise zu ändern.

Und das führt uns doch direkt zur letzten Frage, die wir an all unsere Gäste und Gästinnen richten, nämlich auf der Suche nach Optimismus fragen wir, was hier eigentlich hoffnungsfroh stimmt. Und in diesem Fall würden wir Sie gerne fragen, was Sie zuversichtlich stimmt, dass Europa rasch dazu in der Lage sein wird, einen Krieg führen zu können, damit es ihn nicht führen muss. Ich kann das jetzt nicht mit Zahlen oder irgendwelchen Fakten tatsächlich untermauern. Ich spüre nur in Gesprächen,

mit politischen Entscheidungsträgerinnen in Deutschland, in Österreich, aber auch in Großbritannien, dass hier wirklich etwas in Bewegung ist und dass es sogar eine gewisse Furcht gibt vor der Veränderung und vor allem vor dieser veränderten Lage. Und wo Furcht ist, das ist nur ein Initialgefühl. Da gibt es auch viele, viele Möglichkeiten,

hier die richtigen Schritte jetzt zu setzen, um nicht nur der politischen Klasse, aber auch der breiten Bevölkerung diese Furcht zu nehmen. Wir sind unter Zugzwang, aber ich glaube, noch einmal, alle diese Dinge gehören angepackt, wir können sie lösen, sie sind lösbar und sie werden uns unterm Strich auch nicht so viel finanziell

Ja, und damit sind wir wieder am Ende unserer Sendung und am Ende einer Stunde, die man einbetten kann in das, was unser Gast eine Zeitenwende genannt hat. Eine Zeitenwende, die viel länger dauern wird als die Zeitenwende von 89. Ein Prozess, wo Europa zu eigener militärischer Stärke führen muss. Und ja, uns bleibt noch, uns zu bedanken, nee, da muss ich erst mal noch hinweisen darauf, dass hier als Hörerinnen und Hörer natürlich

Kritik und Anregungen an uns schicken können per E-Mail an daspolitikteil.zeit.de, durchgeschrieben daspolitikteil.zeit.de. Und nächste Woche gibt es wieder eine neue Folge von Das Politikteil. Moderieren werden dann Tina und Heinrich. Genau und den nächsten Roundtable, Peter, gibt es bei Bedarf. Also jetzt nicht mehr automatisch jede Woche, aber wir werden das Format wieder rausholen.

Und zum Schluss bleibt uns noch der Dank an die Poolartists, an Katja Pia und Ole von Zeit Online, an Katja Gerland, die uns bei der Recherche unterstützt hat und die O-Töne besorgt hat und besonders natürlich ein großer Dank an Sie, Herr Gadi, unseren Gast vom International Institute for Strategic Studies. Toll, dass Sie bei uns waren. Vielen Dank. Vielen Dank. Vielen Dank. Das Politikteil ist ein Podcast von Zeit und Zeit Online, produziert von Poolartists.