Das Politik-Teil, der wöchentliche Politik-Podcast von Zeit und Zeit Online. Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von Das Politik-Teil. Mein Name ist Iliana Gabitz. Und ich bin Peter Dausend. Beginnen müssen wir heute mit einer kleinen Entschuldigung. Wir sind nämlich mit der aktuellen Ausgabe von Das Politik-Teil ein bisschen später dran als sonst. Wir nehmen heute am Freitagvormittag auf. Normalerweise tun wir das ja immer am Donnerstag.
Und wobei das, was wir in den kommenden 60 Minuten besprechen wollen, eigentlich schon am vergangenen Dienstagnachmittag hätte Thema sein sollen. Und zwar live in Farbe und vor Publikum. Wir waren mit dem Politikteil beim ZIA-Kongress in Berlin-Moorbid eingeladen, mussten aber wenige Stunden vor der Veranstaltung dann leider absagen. Und woran lag das denn wohl? Ja, schuld daran ist natürlich kein geringer als der Kanzler, der neue Kanzler Friedrich Merz. Oder vielmehr schuld daran sind jene 18 Abweichler und Neinsager aus CDU, CSU.
Und SPD, die im März bei der Kanzlerwahl die Stimme verweigert haben. Und das politische Berlin schwankte dann so über mehrere Stunden zwischen Schockstache und Hyperventilation und Schockstache.
Das hatte zur Folge, dass Eliana und ich in die aktuelle Berichterstattung voll einsteigen mussten und leider, leider, leider nicht bei diesem Kongress erscheinen konnten. Aber beides ist ja nochmal gut gegangen. Wir haben einen neuen Kanzler gefunden und wir haben heute eine neue Ausgabe von Das Politikteil. Genau und wir machen einen ordentlichen Switch von März zu einem ganz anderen Thema, was aber nicht minder wichtig ist. Und um Sie auf unser Thema einzustimmen, hören wir jetzt erstmal eine kleine Collage.
I'm gonna do it whether the women like it or not. I'm gonna protect them. Attacks against women have surged on social media in the days following Donald Trump's election win. It's your body, my choice.
Schon im Wahlkampf machte Milley seine Absichten deutlich. Ministerium für Frauen und Geschlechtervielfalt, weg damit. Inzwischen hat Milley das Frauenministerium tatsächlich abgeschafft. Ja, wir haben hier unter anderem einige der Männer gehört, die meinen, sie hätten nun wieder das Sagen hier in dieser Welt. Einerseits war da Donald Trump dabei und dann der argentinische Präsident Javier Milley.
Ganz bewusst setzen sie ihren Chauvinismus, ihre toxische Männlichkeit ein, um politische Mehrheiten hinter sich zu versammeln. Sie versprechen den Männern zurückzugeben, was ihnen nie gehört habe, die Dominanz. Die Dominanz in der Politik und die über die Frauen.
Selbst in westlichen Demokratien besteht die Gefahr, dass die gewachsene Sichtbarkeit von Frauen in Politik, in der Wirtschaft und auch in der Gesellschaft zurückgedrängt wird und mit ihr der Feminismus insgesamt. Was viele für selbstverständlich gehalten haben, ist es leider nicht. Das zeigt sich nun. Und vieles von dem, was in Sachen Gleichberechtigung in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurde, ist in Gefahr und muss verteidigt werden.
Genau das ist das Thema unseres heutigen Gastes oder Gästin. Sie hat sich beschäftigt mit dem Backlash gegen die Emanzipation, mit der nach wie vor erschreckend präsenten Gewalt gegen Frauen und mit der Renaissance traditioneller und patriarchaler Rollenvorstellungen, die sich auch in der Weltpolitik, wie wir eben gehört haben, aller Orten bemerkbar machten.
Unser Gast oder unsere Gästin ist Buchautorin und Journalistin und hat schon vor fünf Jahren ein Buch verfasst, das, wie ich dann dachte, als ich es in die Hände bekam, aus heutiger Sicht fast prophetisch sich liest. Das heißt nämlich politische Männlichkeit wie Insels Fundamentalisten und Autoritäre für das Patriarchat mobil machen. Herzlich willkommen Susanne Kaiser. Toll, dass du hier bei uns bist. Hallo, ja, ich freue mich auch. Ja, sehr schön.
Susanne, du hast Romanistik studiert und über das postkoloniale Afrika dann promoviert. Als Journalistin hast du auch viel über den Nahen Osten, über Nordafrika und den Islam in Europa geschrieben. Und gleichzeitig war aber für dich seit jeher die Renaissance männerdominierter Gesellschaften ein zentrales Thema.
Und du hast es zuletzt auch in einem Grimmi verarbeitet, dieses Thema, der gerade erschienen ist mit dem schönen Titel Riot Girl. Also eine Frage vorweg, bevor es gleich politisch wird. Wie kamst du darauf, dich mit diesem Thema mal in einer ganz anderen Form auseinanderzusetzen? Also nicht in Form eines Sachbuches, sondern in Form von Fiction?
Also danke für diese Frage. Das ist eine sehr schöne Einstiegsfrage. Ich finde diese Themen unglaublich wichtig und die sind noch viel wichtiger geworden in der letzten Zeit. Das merken wir, glaube ich, inzwischen auch alle.
Ich hatte mit dem politischen Sachbuch immer das Gefühl oder immer mehr auch das Gefühl, dass so eine gewisse Frustration vielleicht vorherrscht, weil wir so überfordert sind von diesen ganzen politischen Themen und diesen Dauerkrisen. Und dass das vor allem Menschen lesen, die eigentlich ohnehin schon Bescheid wissen über Feminismus und dann aber noch vielleicht Detailwissen oder so brauchen. Und das ist ein sehr empowerndes Gefühl, wenn diese Menschen dann auch zu meinen Lesungen oder Vorträgen oder so kommen.
Aber ich wollte so ein bisschen weg von diesem Preaching to Believers. Und eigentlich will ich ja ganz andere Menschen damit erreichen. Denn diejenigen, die diesen Backlash vorantreiben und die ...
vom Feminismus überhaupt nichts halten und damit gar nichts anfangen können und mit Frauenrechten vielleicht auch nicht so unbedingt. Das sind ja ganz andere Leute und ich wollte auf eine bisschen sanftere Art und Weise und eben mehr über den Kultursektor auch Menschen erreichen. Das funktioniert über Krimi ein bisschen wie mit einem trojanischen Pferd. Ich weiß natürlich, dass es das meist gelesene Genre ist und das ja, das einfach eine sehr, sehr breite Schicht an Menschen ist, die sowas liest und gerne konsumiert und ich
finde es einfach eine schöne Art und Weise, eine kreative Art und Weise, diese Themen Menschen näher zu bringen, die vielleicht überhaupt gar nichts damit anfangen können und die vielleicht aber dann doch was damit anfangen können. Und das war so ein bisschen meine Idee dabei. Und mal was anderes zu machen und kreativ zu schreiben, ist auch unglaublich schön. Sehr cool. Dann wollen wir hoffen, dass das auch klappt. Das liegt auf meinem Nachttisch.
Vielleicht bin ich auch ein Believer, aber ich bin mal gespannt, wie sich das Ganze dann liest. Das habe ich nicht mehr geschafft vor dieser Sendung. Aber Susanne, du hast ein Geräusch mitgebracht wie all unsere Gäste. Jetzt hören wir uns das mal an.
Ja Susanne, warum hast du dich für dieses Geräusch entschieden, einen Song, so viel kann man sagen. Was ist das genau und warum? Das ist ein Ausschnitt aus einem von ganz vielen Songs, mit denen die AfD und ihr rechtsextremes Umfeld TikTok geflutet hat vor der Bundestagswahl letztes Jahr. Das richtet sich also vor allem an junge Leute, bei TikTok sind die UserInnen zwischen 13 und 19 Jahre alt.
Und das gehört zum Teil des wieder Populärmachens von Rechtsextremismus, dass man das über die Kulturschiene versucht. Und dass man mit Metapolitik oder einer Kulturrevolution von rechts quasi gerade die jungen Leute überzeugen will und deren Stimmen gewinnen will. Und also das Lied ist ja auch total martialisch, blaue Faust und so, Blut, Boden, Vaterland, Heimat, Treue, sowas alles Ehre. Das heißt, es verfängt vor allem bei jungen Männern.
Und da haben wir eben auch gesehen, gerade bei der letzten Bundestagswahl, aber auch schon davor und in sämtlichen Landtagswahlen, es gibt eine riesige Kluft zwischen den Geschlechtern, gerade bei den unter 25-Jährigen. Also da haben sehr, sehr viele junge Männer der AfD ihre Stimme gegeben. Die war auf Platz 1 in der Gen Z. Und sehr viele junge Frauen der Linken, die war auf Platz 1 in der Gen Z. Und das heißt ja, dass...
Wir haben so lange irgendwie über, also despektierlich über alte weiße Männer gesprochen, wie Trump zum Beispiel, die sich, also wo irgendwann die Natur das Problem regelt, weil die einfach aussterben. Und was wir jetzt sehen ist, das stirbt nicht einfach aus, sondern diese jungen Männer, die da über soziale Medien erreicht werden, das ist ja unsere Zukunft. Und die denken so und die haben wieder eine neue Lust an autoritärer Führerschaft. Und das ist ein großes Problem für unsere Demokratie.
Ja, dein Geräusch hat es ja gerade illustriert, du hast es gut erklärt. Wir leben in einer Zeit, in der längst überkommene Männerbilder sich plötzlich wieder einer wachsenden Popularität erfreuen und das auch bei jungen Menschen. Das hast du gerade gesagt, darüber werden wir später nochmal sprechen. Jetzt wurde ja gestern Abend auch ein Papst gewählt, der zwar nach allem, was man so hört, offenbar in der Lage ist, einige Brücken zu schlagen.
zwischen den Geschlechtern, aber vielleicht nicht unbedingt. Man muss das alles abwarten. Aber der hat ja vor nicht allzu langer Zeit gesagt, dass die Kirche nicht unbedingt ein Spiegelbild der Gesellschaft sei, wo Frauen bestimmte Führungsaufgaben übernehmen und dass zum Beispiel die Priesterweihe von Frauen nicht unbedingt ein Problem löse, sondern gegebenenfalls ein neues schaffe. Also da steht all das dafür, dass es natürlich in einer gewissen Art und Weise einen Backlash gibt. Und nichtsdestotrotz muss man ja sagen, im Vergleich zu vielen Jahrhunderten, Jahrzehnten vorher, sind die Frauen tatsächlich
Zumindest in unseren westlichen Gesellschaften so emanzipiert wie nie zuvor. Würdest du auch bei uns, auch in Deutschland von einem Rückschlag des Feminismus sprechen, von einer Rückkehr des Patriarchats und wenn ja, woran machst du das fest?
Ja, auf jeden Fall. Und mich erinnert das, was der Papst gesagt hat oder was generell auch Päpste ja sagen und die katholische Kirche vertritt, der Vatikan vertritt ein bisschen an das, was Merz gesagt hat vor der Wahl. Ich glaube, da war er schon designiert oder schon in den Koalitionsverhandlungen, aber es ist auf jeden Fall schon eine Weile her, dass er wahrscheinlich eher keine Ministerin benennen wird, weil man Frauen auch ein bisschen vor dem eigenen Scheitern schützen muss.
Es ist jetzt zum Glück anders gekommen, aber diese ganzen markigen Sprüche, dieses Ganze, er hat über den Paragraf 218 Schwangerschaftsabbrüche gesprochen, dass er das nicht entkriminalisieren wird und sowas alles. Also ich glaube, es gibt Gründe, warum er dann auch
gewählt wurde und warum die AfD so einen starken Zulauf hat. Und wir dachten lange, dass diese antifeministischen Sprüche und Misogynensprüche, also dass Menschen trotzdem gewählt werden, aber tatsächlich hat sich rausgestellt, sie werden deshalb gewählt und das muss man verstehen. Also auch Trump ist deshalb gewählt worden.
Und ich sehe diesen Backlash in Deutschland auch. Also wir haben einen sehr niedrigen Frauenanteil im Bundestag. In den Ministerien ist es jetzt zum Glück ein bisschen anders gekommen und in den Landtagen auch, weil ist der Frauenanteil einfach historisch niedrig.
Und natürlich auch in allen anderen Bereichen. Also Gewalt gegen Frauen nimmt seit Jahren zu. Das BKA hat letztes Jahr ein Lagebild dazu veröffentlicht, weil die Lage so dramatisch ist. Wir haben einen hohen Stand an Femiziden. Wir haben bestimmte Formen auch der Gewalt, sexualisierte Gewalt zum Beispiel, die zunehmen, die feministische Errungenschaften zurückdrehen sollen. Frauen wieder zurück auf den Körper, auf die Reproduktion verweisen, heißt ja sexualisierte Gewalt.
Und wir im Netz sehen wir es, dass Politikerinnen so sehr gemobbt werden, so sehr gehatet werden, dass sie ihr Mandat niederlegen müssen. Journalistinnen, jemand wie Claudia Neumann, die Fußball kommentiert, ist immer wieder mit diesem sexualisierten Hass konfrontiert. Merkst du das selber auch ganz persönlich in deiner Erlebniswelt?
Ja, natürlich. Also ich glaube, keine Frau, die zu diesen Themen arbeitet, bleibt davon verschont. Schlimmer war es tatsächlich noch, als ich mich noch mit Islam beschäftigt habe. Also wenn das zusammenkommt und das sehen wir eben auch, dass gerade Frauen, die vielleicht noch eine Migrationsbiografie aus einem bestimmten Land mitbringen, Dunja Hayali zum Beispiel, dass die besonders gehatet werden, also wenn da noch so eine Islamverbindung irgendwie da ist.
bin ich auch, weiß ich nicht, als Islam-Schwanzlutscherin und so weiter bezeichnet worden. Also damit muss man irgendwie umgehen können, wenn man es denn kann. Der Vormarsch der Maskulinisten sozusagen ist das eine und der Backlash für die Emanzipation. Aber gleichzeitig, um mal
Die Fahne der Männer ein bisschen hochzuhalten. Hier gibt es ja auch sowas wie eine Gegenbewegung. Also es gibt ja auch ein neues Rollenverständnis für viele Männer. Heutzutage kümmern sich deutlich mehr Männer um die Erziehung ihrer Kinder, in dem auch Auszeiten aus ihrem Berufsleben, was früher nicht der Fall war.
Und auch in anderen Bereichen, also ich kenne diverse Paare, wo der Mann der Koch ist, beispielsweise bei uns zu Hause ist das so. Also es gibt doch ein Aufbrechen auch auf der einen Seite. Wir haben ja also beides gleichzeitig. Wir haben, wenn man so will, eine Modernisierung auf der einen Seite und ein Backlash auf der anderen Seite. Genau, wir haben auf jeden Fall beides gleichzeitig. Ich nenne es ja auch das feministische Paradoxe.
Das kann ich gleich nochmal ein bisschen ausführen, das ist ein bisschen ein sperriger Begriff. Und natürlich ist auch eine Generation, wenn ich jetzt sage, die Gen Z ist total polarisiert, das sind ja nur Tendenzen, heißt das natürlich nicht, dass da alle gleich denken oder genau die gleiche Weltanschauung haben oder so, sondern natürlich gibt es da auch junge Männer, die eben auch die Linke zum Beispiel gewählt haben, nämlich zu 15 oder 16 Prozent, 15 glaube ich.
Und eben aber eben 35 Prozent der jungen Frauen und da ist auch eine Generation oder so ist ja nie so homogen. Allerdings muss man da sagen, dass gerade mit der Care-Arbeit, man sieht schon, dass Männer sich also da auch bessere Beziehungen zu ihren Kindern haben. Aber ich habe eine neue Zahl im Familienministerium gelernt, 46 Prozent aller Männer machen Care-Arbeit und nehmen die Elternzeit zwei Monate ab.
Und das wäre, selbst wenn es 100 Prozent wären, einfach wirklich dramatisch zu wenig. Das heißt, so richtig sind wir da auf jeden Fall noch lange nicht bei einer Gleichstellung oder bei einer gleichen Aufteilung von Care-Arbeit angelangt. Aber du hast natürlich total recht, Peter, wir sehen feministische Errungenschaften und auch das ist etwas, was ja unheimlich schnell ging.
Wenn wir also sehen, wie davor quasi der Feminismus so Frauenrechte langsam gebracht hat, dann muss man einfach sagen, dass das Internet so ein Gamechanger war, auch für die feministische Bewegung und dass es doch sehr schnell dann ging mit 16 Jahren Kanzlerschaft von einer Frau zum Beispiel mit Angela Merkel und wir dann auch eine Außenministerin hatten und Frauen einfach in sehr vielen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen Positionen in Führungsrollen sichtbar geworden sind.
Also die MeToo-Bewegung beispielsweise. Es ist so etwas, das ist in Deutschland vielleicht nicht so richtig angekommen. Aber ich glaube, dass sie trotzdem auch hier unheimlich viel im kollektiven Bewusstsein verändert hat. Also wo man vorher als Frau dachte, ja, das sind alles Einzelfälle, diese gewalttätigen Übergriffe oder so oder auch Vergewaltigungen, nicht nur im Filmbusiness, sondern generell am Arbeitsplatz und vielleicht wirklich grundsätzlich.
Ist man dann mehr oder hat man dann vielleicht mehr verstanden? Nein, das sind Strukturen und wir haben da alle ein bisschen eine ähnliche Erfahrungswelt. Und das ändert so nachhaltig was, wenn eine ganze Gruppe von Menschen das erstmal verstanden hat oder mit Giselle Pilico jetzt, die einfach gesagt hat, die Scham muss die Seite wechseln. Das ist eigentlich so eine simple Idee. Aber wenn das mal durchgedrungen ist, da kommen wir ja gar nicht mehr hinter zurück quasi.
Und gleichzeitig sehen wir aber eben auch, dass es eine absolut autoritäre Bewegung gibt, die schon seit wirklich Jahren, deshalb ist mein Buch Politische Männlichkeit auch eigentlich gar nicht prophetisch, sondern man konnte das schon sehen, wenn man hingeguckt hat und an bestimmte Orte geschaut hat. Also diese Manusphäre zum Beispiel im Netz.
Diese ganze Insel-Szene, wo Männer so Gewaltfantasien und ihre misogynen, sexistischen Ideen austauschen, das ist ja alt, das ist jetzt gar nicht so neu.
Interessant ist ja, dass wir beide Entwicklungen gleichzeitig haben. Auf der einen Seite haben wir den Fortschritt des Feminismus. Vielleicht waren viele Gesellschaften niemals so emanzipiert wie heute im Vergleich zu den vergangenen Jahrhunderten. Und auf der anderen Seite eben diese Rückkehr der toxischen Männlichkeitsideale und das Wachsen der männlichen Gewalt.
In Becklisch bezeichnest du das als das feministische Paradox. Also früher habe es eher so eine Pendelbewegung gegeben, nämlich auf Fortschritt folgte Rückschlag, aus Rückschlag wieder Fortschritt und so weiter, wie man sich das eigentlich auch vorstellen könnte.
Und jetzt haben wir ja so eine Gleichzeitigkeit. Wie erklärst du dir diese Entwicklung? Ja, eben auch mit dem Internet. Also das ist einfach der Game Changer. Dadurch, dass wir auch in so einer eben nicht mehr irgendwie konsekutiven Welt leben, wo es so Reaktionen oder Aktionen und Reaktionen gibt, sondern mehr in einer Welt, wo wir alles gleichzeitig auch wahrnehmen können, so eine Unmittelbarkeit auch herrscht.
Und eine Vermischung auch der Bereiche vielleicht, also dass wir auch Politik und Privates gar nicht mehr so trennen können, weil wir durch das Internet so eine Vermittlungsinstanz haben. Jemand wie Trump, der Politik per Dekret bei damals noch Twitter gemacht hat oder so. Und das ganze persönliche Private, was man einfach jeden Tag in den sozialen Medien sehen kann.
Also Frauen haben das Netz genutzt, um sich Räume und Rechte zu erkämpfen, die sie vorher einfach nicht hatten in schneller Zeit. Es gibt diese gläsernen Decken nicht. Es gab die Gatekeeper nicht, die in der materiellen Welt einfach so fest verankert in den Strukturen da waren. Und das gilt aber natürlich genauso für die andere Seite der Bewegung oder der Schere dann eben in dem Fall, dass sich eben auch alle möglichen Rechtsextremen mit Incels, mit anderen Maskulinisten, mit religiösen Hardlinern zusammentun konnten.
sich über diese, oder den kleinsten gemeinsamen Nenner einfach gefunden haben, nämlich Frauen wieder zurückzuverweisen auf ihren untergeordneten Platz in der Gesellschaft und darüber unheimlich auch politisch mobilisieren konnten, indem sie diese Themen, diese männlichen
Auch diese Missstände, die manche Männer vielleicht empfinden oder dieses Betrauern, dass Männlichkeit so problematisch geworden ist, die konnten sie einfach sehr, sehr gut erreichen, indem sie da so ein paar Themen aneinander binden. Lass uns doch mal unsere neue Bundesregierung ein bisschen angucken und welche politische Botschaft dahinter steckt. Die SPD hat ja drei Männer und vier Frauen entsandt. Hinzu kommen noch zwei Staatsministerinnen.
Zwei Frauen, die eine ist zuständig für Ostdeutschland und die andere für Migration. Und die CDU hat vier Frauen und sechs Männer. Hinzu kommt nochmal eine Staatsministerin und eine Staatsministerin. Zusammen kann man also sagen, es ist relativ, nicht ganz paritätisch, aber sehr nah an der Parität.
Was sagt das aus über den Status von Frauen in der Politik, dass auch eine CDU-geführte, von einem CDU-Kanzler geführte Regierung sich nicht mehr erlauben kann, eine männerdominierte Regierung vorzustellen? Das sagt aus, dass es ohne Frauen nicht mehr geht. Und das haben ja auch rechtsextreme Parteien zum Beispiel schon lange erkannt. Also angefangen mit dem, was mal der Front National war, jetzt Rassemblement National ist.
Ohne Marine Le Pen als Gesicht dieser Bewegung wären die niemals so erfolgreich geworden. Und mit der AfD ist es ganz genau das Gleiche. Es hat ja einen Grund, warum Alice Weidel da das Gesicht der Bewegung ist und es ansonsten aber fast keine Frauen gibt.
Genauso gilt es auch für die CDU und generell für konservative Parteien, dass sie ohne Frauen, Frauen sind diejenigen, die sie wählen müssen. Man ist keine Volkspartei heutzutage mehr, wenn man nicht auch Frauen repräsentieren lässt und Frauen politische Ämter gibt. Und das haben inzwischen alle verstanden. Es ist unseriös, es ist gestrig, es wirkt wie so ein Männerbündnis oder so.
Wenn man da rein männlich auftritt und eben nicht auch diese Vielfalt irgendwie anzubieten hat. Auch inzwischen nicht mehr demokratisch. Also auch da unser Demokratieverständnis hat sich ja auch geändert. Da gehört Vielfalt und eben Frauen einfach dazu. Ganz selbstverständlich.
Wobei es ja ganz interessant ist, dass gerade so Frauen wie Alice Weidel den eigentlichen Idealen der klassisch männlichen Partei wie der AfD total entgegensprechen, weil das ist eine Karrierefrau, die im Grunde genommen das macht, was ja allen traditionellen weiblichen Rollenvorbildern widerspricht.
Also das nimmt man dann so mit oder fällt denen das nicht auf?
in irgendeiner Form weder was für die queere Community noch für Frauenrechte oder sonst irgendwen da wirklich zu erreichen, sondern das ist ein reines Nutzverhältnis. Und ich glaube, sie glaubt auch an diese Themen, wenn es jetzt um Migration oder sowas geht, da wird sie schon auch zum guten Teil dran glauben und alles andere ist ihr egal, weil sie persönlich, da muss man auch wieder persönlich und strukturell finde ich unterscheiden, sie persönlich profitiert ja und ist ja in einer safe Position. Wenn dann strukturell das für andere Frauen nicht möglich ist, ist ihr das halt egal.
Du hast ja vorhin schon mal dieses Zitat von Friedrich Merz angesprochen. Das wollen wir jetzt mal hören im Wortlaut.
Es wird eine Rolle spielen, dass wir vor allen Dingen versuchen, Frauen auch in Verantwortung zu bringen. Das tue ich jetzt schon in der Partei und in der Bundestagsfraktion. Und das wird natürlich auch für eine zukünftige Regierung gelten. 50-50? Ich halte wenig von diesen Vorschlägen. Sehen Sie, das ist so schief gegangen in der letzten Bundesregierung mit der Verteidigungsministerin. Das war eine so krasse Fehlbesetzung. Und das sollten wir nicht wiederholen. Wir tun damit auch den Frauen keinen Gefallen.
Tja, das war der gute Herr Merz. Man tut also Frauen keinen Gefallen, wenn man zu viele von ihnen in die Ministerämter steckt. Hat er gesagt, jetzt ist es ein bisschen anders gekommen. Aber ich möchte noch an was anderes erinnern. 1997 gab es eine Abstimmung im Bundestag über die Vergewaltigung in der Ehe. Und da gab es 138 Gegenstimmen von Abgeordneten. Der Großteil kam von der Union und Friedrich Merz. Das war eine namentliche Abstimmung. Friedrich Merz und auch Horst Seehofer damals haben dagegen gestimmt, dass das unter Strafe gestellt wird.
Hast du die Befürchtung, dass unter diesem Kanzler, dieser von dir ja schon festgestellte Backlash, nochmal weiter forciert wird? Du sagst eben, Frauen geht es nicht mehr, aber es ist ja doch eine Situation da, wo so etwas Männerbündlerisches aus der Union in die Regierung doch hineingetragen wird, würde ich mal denken.
Ja, natürlich mache ich mir darum Sorgen. Also ich finde, man muss das jetzt erstmal abwarten und ihm natürlich auch irgendwie und der ganzen Koalition eine faire Chance geben, dass die sich bewähren können und zeigen können, wie ernst ihnen denn manche Sachen sind. Also im Koalitionsvertrag wird ja sowas wie Gleichstellung auch genannt, dann irgendwann an späterer Stelle, aber immerhin.
Deshalb wäre ich da jetzt erstmal vorsichtig mit Prognosen, aber meine Befürchtung ist natürlich schon, dass mit diesen männlichen Energien, um mal Mark Zuckerberg zu zitieren, am Arbeitsplatz, es natürlich, also da natürlich auch einen weiteren Backlash geben wird. Schauen wir, wie es sich mit dem Schwangerschaftsabbruch und mit diesen ganzen Themen beschäftigt.
weiterentwickelt. Aber ich meine, die feministische Außenpolitik ist ja zum Beispiel einkassiert worden jetzt. Und das war so ein wichtiger Ansatz, da nicht mehr so zu denken, das ist halt alles Gedöns, sondern das ernst zu nehmen. Die Probleme, die wir haben, sowas wie Gewalt gegen Frauen als politische Form der Gewalt zu begreifen und als politisches, also wenn Frauen nicht partizipieren können an unserer Gesellschaft,
weil sie durch Gewalt andere Dinge zu tun haben, dann haben wir ein Demokratieproblem. Und das haben wir doch gemerkt alle in den letzten, also mindestens Jahren oder auch schon Jahrzehnten, dass da was erodiert. Und dass wir wieder hinkommen zu einer autoritären, immer autoritäreren politischen Führung. Und also wollen wir das?
Also Merz und sein Außenminister Wadephul haben ja schon vor Amtsantritt klar gemacht, dass eben jetzt Schluss ist mit der feministischen Außenpolitik, wie du es ja gerade gesagt hast. Also auch die entsprechend damit Beauftragte, das Amt wurde einkassiert und das ist natürlich auch ein Rückschlag für Annalena Baerbock, also die Vorgängerin, die das ja zu einem großen Thema ihrer Amtszeit machen wollte.
Ich glaube, wir könnten dieser Frage jetzt eine ganze Sendung widmen und trotzdem würde mich vielleicht in aller Kürze einmal dein Urteil interessieren. Also diese feministische Außenpolitik, nach meiner Beobachtung ist sie damit eigentlich gar nicht wirklich durchgedrungen, was auch wiederum nach meiner Beobachtung einfach mit diesen wahnsinnig großen geopolitischen Großkrisen zusammenhing. Und da muss man sich ja schon die Frage stellen, hilft das Konzept der feministischen Außenpolitik in solchen Großlagen weiter?
Also vielleicht wenn du eine kurze Einschätzung dazu hast, dass das prinzipiell ein gutes Projekt ist, verstehe ich und trotzdem habe ich auch verstanden, dass das eben in dieser Amtszeit, wie sie war, einfach stark in den Hintergrund getreten ist, das ganze Thema. Also ich bin mir nicht so sicher, ob das wirklich jetzt an außenpolitischen Konstellationen gescheitert ist oder nicht eher an innenpolitischen. Also sie hatte einfach auch große Widerstände innerhalb der Ampel, muss man ja auch sagen. Und ich
Und ich glaube, hätte man sich in der feministischen Außenpolitik konzentrieren können auf beispielsweise Iran und die Kurdinnen, die ja eine ganz starke Revolution da vorantreiben wollten, das wäre sowas gewesen, was, glaube ich, sehr erfolgreich hätte sein können, wenn man das unterstützt hätte oder sich da mehr drauf irgendwie fokussiert hätte. Insofern...
Es ist grundsätzlich ein guter Ansatz, es ist kein Gedöns, es ist nicht irgendwas Nebensächliches, sondern es ist absolut zentral. Also auch sowas, die feministische Bewegung, die hat ja sehr viel erreicht mit absolut friedlichen Mitteln. Also jemand wie Giselle Pilikot oder so, die hat ja keine Waffe in die Hand genommen und ist damit ins Gericht gestürmt.
Das heißt, Kriege werden ja in der Regel von Männern geführt, von diesen starken Männern, die jetzt gerade zurück sind überall und eben nicht von Frauen. Ich will jetzt nicht sagen, dass es aufgrund der Biologie Frauen einfach nicht gewalttätig sind, sondern natürlich aufgrund der Sozialisation. Aber wenn man sich auf Frauen konzentriert und auf ihre Belange und Bedürfnisse konzentriert und sie zum Beispiel in Friedensverhandlungen mit einbezieht,
oder in alle möglichen Verhandlungen, ist der Output, den man da erzielen kann, ein viel, viel gesellschaftlich verträglicher. Es gibt einen nachhaltigeren Frieden. Und das, finde ich, könnte man jetzt mal so langsam auch ins Gewicht nehmen. Werbung
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Ich würde gerne nochmal auf einen Mann-Frau-Konfliktfall hier ansprechen, der in politischem Berlin in den letzten Wochen für große Schlagzeilen gesorgt hat und für große Debatten gesorgt hat.
Die SPD hat ihr das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte zu verantworten mit 16, Haumisch-Trot-Prozent bei diesen letzten Bundestagswahlen. Zwei Parteichefs sind dafür verantwortlich. Der eine ist jetzt aufgestiegen zum Vizekanzler und Finanzminister und ist der starke Mann nun in der SPD. Und von der Frau möchte man eigentlich nur noch, dass sie verschwindet. Saskia Esken ist das und Lars Klingbeil ist der neue Vizekanzler. Was sagt dir das?
Ja, auch da sehen wir den Backlash. Also ich meine, Lars Klingbeil ist ja Seeheimer, also konservativer Flügel. Der hat nicht nur durch die Personalien, sondern generell in der letzten Zeit ist er ein bisschen durchmarschiert. Ich glaube, das war auch die Quittung jetzt mit den Abweichlern. Ich kann mir gut vorstellen, dass die alle aus der SPD kamen und damit eben nicht einverstanden sind. Ich nicht, aber egal. Okay, ja, vielleicht weißt du es sogar, ich nicht. Nein, ich weiß es auch nicht. Okay.
Aber auf jeden Fall kamen welche aus der SPD, das glaube ich auf jeden Fall auch. Und es wundert mich nicht, so wie da Sachen durchgedrückt wurden und Menschen verdrängt worden sind, die einfach dachten, dass sie vielleicht auch einen Anspruch jetzt auf ein Amt haben. Ist doch kein Wunder.
Aber man muss natürlich trotzdem auch sagen, das ist Kritik und Peter wird mir vielleicht zustimmen oder sonst kannst du gerne widersprechen, auch berechtigte Kritik an Saskia Esken gab. Jana Hensel hatte zuletzt in einem Kommentar bei Zeit Online das Ganze kommentiert und sagte, wenn der Feminismus als letztes Mittel eingesetzt wird, vielleicht hast du es auch gesehen, um berechtigte Kritik abzuwehren, dann hilft das weder den betreffenden Frauen noch dem Feminismus weiter.
Ist da was dran?
Und wenn wir das nicht mehr können, also Stichwort Cancel Culture, ich nehme das jetzt aber in alle Richtungen, nicht nur von links, sondern generell. Wenn wir das nicht mehr machen, über Dinge sprechen und die kritisieren können, also in der Migrationspolitik zum Beispiel, wir hätten längst mal ein bisschen kritischer damit umgehen können, dann wäre das jetzt, glaube ich, politisch nicht so in diese Richtung gegangen und die AfD hätte vielleicht gar nicht diesen Zulauf bekommen, wenn wir einfach Dinge benennen könnten.
Ein ganz zentraler Triggerpunkt in der ganzen Feminismusdebatte ist ja immer wieder das Gendern. Das ist ein Thema, das die Gesellschaft spaltet. Auf der einen Seite zwischen alt und jung oder zwischen liberal und konservativ. Auch ist es eigentlich ein Fehler aus deiner Sicht, so sehr an dieser sprachlichen Gleichstellung festzuhalten, darauf zu beharren von der Pro-Seite sozusagen, weil es ja Abwehrreflexe auslöst, die letztendlich kontraproduktiv sind. Ja, sogar hat ja Robert Habeck in seinem Buch geschrieben,
dass er bewusst sehr aufs Gendern in diesem Buch verzichtet, weil er nicht so schreibe und spreche, wie er sagt. Also ist es kontraproduktiv, letztendlich darauf zu beharren? Das ist die Kernfrage. Ja, ich weiß gar nicht, ob von der Pro-Seite so sehr darauf beharrt wurde. Denn die ganzen letzten Gender-Debatten, die wir haben, kann man schön sehen in den sozialen Medien, sind immer von rechts ausgelöst worden.
Also es hat ja Gründe, warum Rechte sich auch auf diesen Kulturkampf so eingeschossen haben und das hat gut funktioniert. Sie haben die anderen Parteien auch davon überzeugen können, also bis hin zur Linken, die sich daraufhin ja gespalten hat.
dass diese Kulturkampfthemen die wichtigen Themen quasi seien. Und dass auch Gleichstellungspolitik eigentlich nichts anderes ist als gendergerechte Sprache. Und das ist aber eine ziemliche Blendgranate. Natürlich ist gendergerechte Sprache wichtig, aber natürlich gibt es auch andere Bereiche, die genauso wichtig sind. Oder vielleicht sogar wichtiger, wenn es um sowas wie Gewalt gegen Frauen beispielsweise geht. Also damit schafft man es einfach, Menschen zu spalten und sie davon zu überzeugen, dass es eben nur Gedöns gibt.
quasi ist. Und diese, ich meine, in Bayern und in Hessen gibt es jetzt ein Genderverbot. Das muss man sich mal vorstellen, ja, von Menschen, die oder Regierenden, die vorher immer gesagt haben, wir lassen uns nichts verbieten, wir lassen uns nicht verbieten, wie man spricht und so weiter. Aber das Verbot kam ja jetzt genau von denen. So und das ist ja auch, also damit schreiben die ja auch jetzt Behörden und so weiter vor, wie sie zu sprechen haben. Und warum können nicht einfach alle das so machen, wie sie es gerne möchten?
Aber das finde ich interessant, weil diese Toleranz müsste ja eigentlich von beiden Seiten da sein. Also man sagt, okay, man wirbt dafür, Sprache formt natürlich auch die Realität und natürlich macht das was aus, ob man Frauen und Männer mit einbezieht.
Aber wenn jetzt Menschen wie Robert Habeck eben darauf verzichten, ganz bewusst in ihrem Buch, also kannst du damit leben oder willst du sagen, große Enttäuschung? Nein, natürlich kann ich damit leben. Ich finde es mit der gendergerechten Sprache auf Deutsch auch ehrlich gesagt gar nicht so einfach, weil man ja immer markieren muss, mit wem man spricht und um wen es geht und so weiter. Und dieses Geschlecht immer hervorzuheben, das reproduziert ja auch, dass wir diese Polarisierung oder die Binarität der Geschlechter überhaupt haben.
Und immer, ne, also eine Frau einfach immer eine Frau bleibt und ein Mann immer ein Mann und das auch wenig dazwischen dann gibt, also diesen Doppelpunkt oder das Sternchen oder so, ich weiß gar nicht, wie sehr das bewirkt, dass man dann wirklich immer non-binäre Menschen und somit im Hinterkopf hat.
Und da finde ich es, wie es in den USA gemacht wird, beispielsweise viel besser eigentlich, dass man alle benennt, es ist immer alles gleich und nur bei dem Pronomen, da muss man dann halt sehen, wie man es irgendwie löst. Und tatsächlich wäre ich für ein bisschen mehr Toleranz ganz grundsätzlich. Soll doch einfach jede sprechen, wie sie möchte.
Es gibt ja eine ganze Reihe von Staats- und Regierungschefs, die auf toxische Männlichkeit sozusagen ganz bewusst setzen und damit erfolgreich sind. Donald Trump, Milley, wir haben die beiden schon gehört, Wladimir Putin und Viktor Orban natürlich auch.
Das scheint auf der einen Seite sehr aus der Zeit gefallen, auf der anderen Seite ist es aber auch tatsächlich erfolgreich. Was genau, das sind ja keine Männer, die Sexsymbole sind oder eine besonders starke physische männliche Attraktivität in irgendeiner von eurer Stärke ausstrahlen, würde ich jetzt mal behaupten. Also was ist das, was so reizvoll ist an Ihnen? Und wenn man noch einmal spezialisiert, ein bisschen nach der generellen Einschätzung,
Was macht das gerade für Frauen auch reizvoll? Weil es gibt ja eine Reihe von Frauen, das zeigt ja die USA-Wahl, die auch Donald Trump gewählt haben. Also es ist ja nicht nur so, dass es auf Männer wirkt. Also Milley, Trump, Elon Musk und so weiter sind keine Sexsymbole, ganz sicher nicht. Was sie aber schaffen...
ist, dass sie paradoxerweise sich als Underdogs inszenieren können. Ja, sie sind, das muss man sich mal vorstellen, es sind alte weiße Männer, hetero und so weiter, mit Milliarden im Hintergrund. Das heißt, sie sind total privilegiert, in jeder Hinsicht privilegiert. Und trotzdem schaffen sie es, wie ein Underdog, ja, subversiv irgendwie daherzukommen. Und das liegt daran, dass sich sehr, sehr viele Männer sowieso irgendwie in so einer Art, also wie abgehängt quasi fühlen.
Da merken wir auch, dass es eine Kluft gibt zwischen dem, wir sehen überall vielleicht Frauen in Führungspositionen und so. Es ist aber, wenn man mal genau hinschaut, ja eigentlich nur symbolisch oder auf der diskursiven Ebene. Klar haben wir die Übereinstimmung,
Das ist inzwischen Mainstream geworden, dass Frauen natürlich genauso viel können und müssen und dürfen und so weiter wie Männer auch. Aber wenn wir dann mal auf das Faktische schauen, bestehen ja alle Gaps einfach weiter. Wir haben den Care-Gap, der ist riesig. Das heißt, männliche Karrieren werden ja immer noch auf dem Rücken von unbezahlter Care-Arbeit von Frauen gemacht.
Wir haben den Pension Gap, den Pay Gap und so weiter. Die ärmsten Menschen in Deutschland, und das gilt glaube ich für die USA genauso, sind Alleinerziehende mit ihren Kindern oder alte Frauen oder so. Und das besteht ja einfach fort. Was wir aber sehen, ist quasi, der Feminismus war total erfolgreich und was unsichtbar bleibt ist, nein, wir sind erst in 300 Jahren, diese Berechnungen gibt es gleichgestellt, wenn es so weitergeht.
Und ich glaube, sehr viele Männer empfinden genau das als Kontrollverlust. Es gibt ja dieses Sprichwort, ich glaube, es kommt aus der zweiten Welle des Feminismus, when you're accustomed to privilege, equality feels like oppression. Das heißt, wenn man diese Privilegien gewöhnt ist, fühlt es sich in dem Moment, wo ein bisschen Gleichberechtigung erreicht ist, an, als wäre man eigentlich unterdrückt.
Und das merken wir ja auch, diese ganzen Parolen, take back control und so. Das ist ja genau dieser Privilegienverlust, den Männer eben so stark empfinden. Und auch da, glaube ich, geht es durcheinander zwischen strukturell und persönlich. Das heißt, auf der persönlichen Ebene denkt ein junger Mann zum Beispiel, ich habe doch gar keine Macht und merkt gar nicht, dass er strukturell aber total privilegiert ist und seinen Job zum Beispiel nur hat, weil er eben ein Mann ist. Oder
Und seine Karriere nur machen kann, weil seine Frau eben zu Hause bleibt. Und da kommt es her, dass dann jemand, dann kommt jemand wie Trump oder Elon Musk oder auch jetzt Mark Zuckerberg, der haut ja jetzt da auch in dieselbe Kerbe und sagt, ich bringe euch all das zurück und jetzt machen wir die Welt mal wieder ein bisschen gerechter und make America great again.
Die Identitäre Bewegung würde sagen, make Europe great again, mega. Und eigentlich ist es ein einziges make Männlichkeit great again. Und das verfängt bei jungen Männern. Und um noch auf deine Frage nach den Frauen zu antworten. Es haben ja weiße Frauen Donald Trump ihre Stimme gegeben. Und da muss man sagen, dass einfach dieses Migrationsthema verfängt. Und das ist in Deutschland auch so.
Dass die Angst davor, also das hat einfach funktioniert, einen Sündenbock quasi zu nehmen, das auszulagern, diese männliche Gewalt auszulagern auf bestimmte Gruppierungen quasi. Und diese Idee, die ist unheimlich stark. Es gibt ja auch diese Verschwörungsideologie vom großen Austausch.
Dass wir, dass unsere Gesellschaft in, weiß ich nicht, ein paar Jahren, Jahrzehnten oder so muslimisiert sei oder in den USA hat man unglaubliche Angst vor Mexikanern und die Gesellschaft quasi ausgetauscht wird. So und das sind Ideen, die zirkulieren eben in sozialen Medien und da glauben Menschen dran.
Gehst du eigentlich davon aus, dass mit der Rückkehr dieser Maskulinisten an der Spitze von diversen Staaten, wir hatten ja eben von ein paar gesprochen, dass damit auch eine Rückkehr des starken Mannes im Alltag sich ankündigt? Also wir haben ja eben darüber gesprochen, dass wir eigentlich auf der anderen Seite, vor allem hier in Deutschland, aber sicherlich auch in anderen Ländern,
Es sehr viel mit Männern zu tun haben, die sich sehr viel bewusster mit um die Kinder kümmern. Also müssen wir damit rechnen, dass es jetzt weg geht mit dem weichen Frauenversteher und dass wir da doch wieder auch einen Backlash bei den privaten Rollenverteilungen erleben werden? Das muss ich gar nicht mehr befürchten, weil es schon eingetreten ist. Wir sehen einfach, es gibt ein Kontinuum zwischen dem, was politisch passiert, dem, was im Netz passiert und dem, was auf der persönlichen Ebene passiert.
Und also seit Trump gewählt worden ist, ist in den USA auch die Gewalt gegen Frauen nochmal enorm gestiegen und in Deutschland sehen wir das eben auch, dass die schon so lange zunimmt und wir als vulnerable Gruppen nicht nur arme Frauen haben, sondern unter anderem auch Akademikerinnen zum Beispiel.
Und das schon so ist, dass Männer, also vielleicht sich sogar als Feministen oder sowas bezeichnen würden, aber bei ihnen zu Hause ist eine rote Linie erreicht. Also gerade wenn es um sowas wie Kindererziehung, Karrieren und so weiter geht. Und auch da gibt es Studien zu, die ja sagen, die größten misogynen Ressentiments haben Ingenieure, BWLer und Mediziner, die sagen halt unter anderem, dass wenn das Essen nicht rechtzeitig auf dem Tisch ist, einem auch schon mal die Hand ausrutschen kann.
Und dazu muss man auch sehen, dass wir in sozialen Medien, also ständig mit Gewalt gegen Frauen oder Hetze oder was auch immer, konfrontiert sind sexualisierter Gewalt. Auch die Pornoindustrie zum Beispiel, das ist ja ein riesiger Sektor, wo ganz junge Menschen schon mit in Berührung kommen. Und das normalisiert ja, wie wir Frauen sehen, was für eine Rolle sie haben, was für einen Wert, was für Aufgaben auch. Und wenn es immer wieder zurückgeworfen wird auf den reproduktiven Bereich,
ins Ehebett, zu den Kindern und in die Küche, dann natürlich denken wir dann, das muss so sein. Und das ist irgendwie was, das ist ganz normal, dass Frauen dahin gehören. Ja, das wirkt sich ja nicht nur sozusagen ins Private aus, sondern ja auch auf die Wirtschaft, wenn wir da mal hinschauen wollen. Trump attackiert ja ganz massiv die Gleichstellungspolitik. Und in Europa gibt es ja auch einige Regierungschefs, Orbán und Fizzo in der Slowakei, die massiv Front machen gegen die LGBTQ-Bewegung.
Und jetzt gibt es die ersten Konzerne, die ja ihre Gleichstellungspolitik zurückgeschraubt haben oder aufgegeben haben, wie beispielsweise Amazon und auch McDonalds. Gibt es denn dagegen eigentlich eine Art von Gegenbewegung schon? Siehst du da irgendetwas, was gegen diese ganze Tendenz, dass diese Gleichstellung der Frauen in vielen Bereichen irgendwie unter Druck gerät oder zurückgenommen wurde? Formiert sich da etwas, was wirkmächtig ist?
Also ich sehe schon, dass Frauen sich organisieren und auch versuchen, dem was entgegenzusetzen. Auch NGOs und die zivilgesellschaftliche Organisation.
Viele Gruppierungen versuchen sich da stark zu machen, aber der Einfluss ist natürlich ein relativ geringer. Also man kann versuchen, über soziale Medien Reichweiten zu erlangen oder auch auf der Straße durch Demos oder sowas. Aber da haben wir auch gesehen, in den USA sind die Frauen ja sehr oder generell die Menschen ja sehr spät jetzt auch erst wieder auf die Straße gegangen gegen Donald Trump und gegen dieses Zurücknehmen der Diversity-Richtlinien soll ja auch passieren.
Im Rahmen der Zollpolitik wurde es ja auch für Europa und europäische Unternehmen dann gleich mit durchgeboxt, dass die Zusammenarbeit dann halt schwieriger ist oder eingestellt wird oder da gab es ja auch Bedrohungen einfach aus den USA, wo sich Unternehmen aus Deutschland und Europa jetzt auch zu verhalten müssen.
Und wenn jemand wie Mark Zuckerberg, der so einflussreich ist, einfach mit diesem Mieterkonzern, sowas sagt, wie wir brauchen mehr männliche Energien und wir nehmen die Diversity zurück, dann natürlich wird das einen Einfluss haben, natürlich wird das einen Impact haben. Es ist ja jetzt schon so, dass es einen riesen Gender Bias gibt in der ganzen KI- und Tech-Industrie. Das sieht man bei Übersetzungstools zum Beispiel, sowas ganz Einfaches. Aber wenn man da irgendwie Doktor oder sowas eingibt, dann hat man immer den Arzt,
Und bei sowas wie Nurse oder so immer die Schwester oder die Pflegerin oder so. Das heißt, es ist total oder Professor, ist immer männlich-weiß mit Krawatte. Und solche, natürlich wird das im Silicon Valley programmiert. Und natürlich spielt es eine Riesenrolle, ob wir da Diversity-Richtlinien haben oder nicht. Das prägt einfach unser Verständnis von der Welt und unsere Lebensentwürfe letztlich. Feministinnen sind alle hässlich und grässlich.
Ja Susanne, da haben wir Maximilian Krah gehört, den AfD-Politiker. Du hast es selber schon gesagt, dass die AfD mit ihrem Bekenntnis zur wahren Männlichkeit punktet, erschreckend punktet und was ich besonders erschreckend finde, dass das gerade bei jungen Männern der Fall ist. Das hattest du eingangs, Beginn der Folge hier auch gesagt.
Was weiß man über diese jungen Männer? Also gibt es da einen Stadt-Land-Unterschied? Gibt es, kann man sagen, die sind eher bildungsfern oder zieht sich eigentlich diese Bewunderung für diese toxischen Männlichkeitsideale quer durch alle Gesellschaftsbereiche? Also erstmal weiß man, dass die
Diese toxischen Alpha-Männlichkeitsideale sehr stark von so Darknet, irgendwelchen kuriosen Foren übergekippt sind in die Mainstream-Medien. Und da ist Maximilian Krah einer von denen, die unglaublich erfolgreich waren bei TikTok mit seinem Echte Männer sind männlich, Echte Männer sind rechts und so weiter, sei kein Softie.
Das heißt, diese Radikalisierung, die wir da sehen, das ist erst mal vor allem auch ein soziales Medienphänomen. Und junge Leute sind einfach, beziehen auch ihre News zum Beispiel zu über 90 Prozent einfach aus den sozialen Medien und eben nicht bei Zeit Online oder so. Und das verfängt deshalb auch jemand wie Andrew Tate. Der ist ja plötzlich aufgetaucht und inzwischen kennen ihn alle, dieser misogyne Online-Guru. Der sagt, Frauen müssen zu Hause bleiben und sind selber schuld, wenn sie vergewaltigt werden. Und das verfängt bei jungen Männern, weil...
Also die müssen ja mit total ambivalenten gesellschaftlichen Erwartungen letztlich klarkommen. Auf der einen Seite vermittelt die Gesellschaft ihnen, also Männlichkeit ist problematisch und toxisch und du musst Grenzen wahren. Ja heißt ja, nein heißt nein. Du hast dafür aber auch Vorteile. Du kannst zum Beispiel...
in der Öffentlichkeit, du kannst Balletttänzer werden, du kannst dich als schwul outen. Und wenn wir dann aber mal genauer hinschauen, wie unsere Kultur funktioniert, dann stimmt das ja nicht. Die werden ja sofort bestraft, wenn sie dann mal öffentlich weinen. Es gibt im Fußball, im Profifußball, also da, wo auch das Geld verdient wird, keinen einzigen in den Top-Ligen, keinen einzigen geouteten schwulen Fußballer. Ich glaube, in Großbritannien gibt es noch einen, in der vielleicht zweiten Liga oder so und in Australien.
Das heißt, es wird sofort sanktioniert. Und unsere ganzen kulturellen Vorbilder, die wir haben, oder viele von denen, sind ja Alpha-Männer. Ja, das sind Macher, die über Grenzen gehen, die wahnsinnig viel Geld verdienen, auch so einen Wert im neoliberalen Kapitalismus. Und dann kommt jemand wie Andrew Tate und sagt...
Ich zeige dir, wie man erfolgreich sein kann. Geld, schöne Frauen, schnelle Autos. Das ist Erfolg in unserer Gesellschaft. Ich gebe dir jetzt zehn Regeln, sei ein Alphamann, es funktioniert so oder so. Natürlich ist es dann für manche attraktiv. Da sind Privilegien mit verbunden. Da sind bestimmte Ideen mit verbunden. Es ist ein total klares Bild auch. Nicht dieses Ungewissene. Was ist denn jetzt diese Alternative? Nicht toxische Männlichkeit. Worin rückt sich die aus? Wie soll ich mich denn jetzt verhalten? Und das ist ein sehr, sehr wichtiges Bild.
Und deshalb sage ich eben, Männlichkeit hat sich politisiert. Das ist ein Teil von Identitätspolitik geworden. Geschlechter werden ja auch ganz stark von den Algorithmen beispielsweise so angesprochen. Wir können ja nicht mehr einfach dieses rot-weiße Überraschungsei kaufen, sondern wir müssen uns ja zwischen blau und rosa entscheiden. Und letztlich ist das natürlich, macht es was mit Identitäten, wenn sie so reduziert werden quasi aufs Geschlecht?
Wir wollen mal versuchen, jetzt von der Problembeschreibung stärker hin zur Lösungsmöglichkeit zu kommen. Ich bin da nach allem, was ich jetzt so gehört habe und was wir erfahren in der ganzen Zeit, nicht nur, was ich jetzt in den letzten 45 Minuten gehört habe, sondern was ja gesellschaftliche Wirklichkeit ist, bin ich eher so skeptisch, ob das irgendwie lösbar ist. Der Feminismus scheint mir doch massiv unter Druck, wie seit vielen, vielen, vielen Jahren nicht mehr. Siehst du denn, immer ganz breit gefragt, Möglichkeiten einer Trendwende nochmal und woher kommen die dann?
Ja, ich sehe das tatsächlich gar nicht so pessimistisch, auch wenn das jetzt anders klang und es ja eher ein düsteres Bild gerade ist, weil wir eben wirklich einen harten Backlash erleben. Aber gleichzeitig muss man sehen, wie erfolgreich der Feminismus war, mit absolut friedlichen Mitteln einfach nur über den Diskurs quasi Einfluss zu nehmen. Deshalb gibt es ja diese radikale Gegenbewegung, weil der Feminismus so erfolgreich war. Das ist ja eine Reaktion. Das muss man sich, glaube ich, immer wieder klarmachen.
Und ich sehe, wenn ich auf andere Bereiche in der Kultur schaue, also es kann so etwas Banales sein wie Netflix.
Und sämtliche Serienproduktionen da, vor allem das, was immer so dann so top gesehen wird oder sehr viele zumindest davon, die sind ja total schon gleichberechtigt oder zumindest ein richtiger Schritt in diese Richtung mit weiblichen Protagonistinnen, die da ja die Hauptfiguren sind und so mit total viel Diversity und eben auch von der Ästhetik her ganz anders aufgestellt.
Und ich glaube, dass das ein wichtiger Bereich ist und ein großer Einfluss einfach da ist. Ich sehe jemanden wie Giselle Pilico, die so vielen, nicht nur Frauen, sondern ich glaube Menschen insgesamt, einfach Mut gibt, da weiterzumachen und ja mit ganz kleinen Dingen. Es ist wirklich so ein einfacher Satz.
daran zu bleiben. Und ich glaube, wir kommen hinter diese Selbstverständlichkeit, dass Frauen natürlich an der Gesellschaft partizipieren, an der Politik partizipieren und Macherinnen genauso sind wie Männer auch. Wir kommen dahinter nicht wieder zurück, nicht in der Demokratie. Das heißt, die Frage ist ja jetzt, wollen wir Frauen wieder unterdrücken, aber dann eben im Rahmen einer Diktatur? Und ich glaube nicht, dass das
alle Menschen in beispielsweise Deutschland das mit Ja beantworten wollen. Das glaube ich einfach nicht.
Und gleichzeitig hast du ja das Internet als den großen Katalysator beschrieben, der halt eben diesen Backlash in irgendeiner Art und Weise auch bei den jungen Menschen wieder angezettelt hat, wenn man das so ausdrücken möchte. Und wir sind ja, die drei, die wir jetzt hier zusammensitzen, sind ja auch alle Eltern. Also Peter und ich haben nur Töchter. Ich weiß nicht, wie das bei dir ist, aber ich finde, man stellt sich diese Frage ja ganz persönlich, weil du hast recht, Netflix und so weiter, da sieht man halt einfach stärkere Geschichten.
Rollen vor Bilder, die vielleicht nicht mehr so traditionell sind, da tut sich was, aber dieses Internet ist für uns alle ja überhaupt nicht kontrollierbar. Jetzt also einfach mal ein Tipp für die Erziehenden, die uns jetzt vielleicht auch zuhören. Also was kann man denn tun, egal ob Sohn oder Tochter, dafür zu sensibilisieren, dass vielleicht das, was der Maximilian Krah da an Männlichkeitsidealen propagiert im Netz, vielleicht nicht so eine ganz gute Idee ist?
Also ich glaube, dass Eltern da relativ wenig Einfluss haben, außer sie regulieren selbst sozusagen die sozialen Medien und erlauben ihren Kindern das erst ab einem Alter, wo sie die Reife haben, wirklich selber dann Entscheidungen zu treffen und genug anderes gesehen haben, um entscheiden zu können. Also die Willensbildung quasi schon ein bisschen gereift ist.
Ich glaube, es ist eine politische Aufgabe. Also die Politik muss die sozialen Medien regulieren. Als Eltern hat man einen gewissen Einfluss, aber der ist eben nicht riesig. Wir leben halt in einer Gesellschaft, wo es viele Einflussfaktoren gibt. Also so ein typisches neoliberales ins Private verlagern, die Probleme. Den Fußabdruck und so, CO2-Fußabdruck muss ich auch selber lösen, indem ich nicht mehr reise und so. Aber ich glaube tatsächlich, wir brauchen eine starke Politik,
die das regelt. Und es scheint ja auch möglich zu sein. Als es um Zölle ging, hieß es plötzlich, wir können doch Dienstleistungen aus den USA beschneiden. Das war ja dann diese Keule quasi, die herausgeholt wurde. Wieso geht es denn da plötzlich und vorher nicht? Und wir sehen einfach, dass diese Inhalte wirklich unsere Gesellschaften radikalisieren, muss man ja sagen, gerade was rechtsextremes Gedankengut angeht. Und die gesellschaftlichen Kosten sind enorm. Da geht es um unsere Demokratie.
Und deshalb wäre das auf jeden Fall, glaube ich, der richtige Ansatz. Eine radikalisierende, ganz andere Art würde ich gerne mal ansprechen. Wir wollen mal kurz ins Ausland schauen, nach Südkorea, um genau zu sein. Dort versucht man ja mit einer sehr interessanten Bewegung dem Backlash der Frauen und des Feminismus entgegenzuwirken. Das ist die sogenannte 4B-Bewegung. Wenn man das übersetzt, kommen keine 4Bs raus, aber das ist...
Das ist wohl der südkoreanischen Sprache geschuldet. Also die vier Punkte sind keine Ehe, keine Kinder, keine Dates mit Männern und kein Sex mit Männern. Also eine Verweigerungshaltung, eine totale Verweigerungshaltung gegenüber Männern. Ist das eine Lösung, die auch hier bei uns vorstellbar ist oder ist überhaupt eine Lösung? Was hältst du von dieser Bewegung?
Also erstmal finde ich die natürlich total interessant und man hat nach der zweiten Wahl jetzt von Donald Trump gesehen, dass in den USA ganz viele Frauen regelrecht in diese Bewegung rein konvertiert sind.
Das heißt, es scheint ja schon für viele interessant zu sein. Ich finde es deshalb interessant, weil es ja etwas aufzeigt, eine Problemlage aufzeigt und auch Möglichkeiten aufzeigt. Wenn Frauen keine Lust mehr haben, es ist ein bisschen wie der Geburtenstreik, sich aufs Reproduktive einzulassen quasi, dann haben Männer schon ein Problem und Gesellschaften haben dann auch ein Problem.
Und tatsächlich gibt es da auch Studien zu, die zeigen, junge Frauen haben gar keine Lust mehr, toxische Beziehungen zu führen, dann führen sie lieber keine. Für junge Männer ist es natürlich anders, weil sie ja eigentlich nur Vorteile von Beziehungen haben. Sie werden ja sowieso mit einem Anspruch auf Frauenkörper sozialisiert. Das heißt, sie haben dann Sex sozusagen, apropos 97 und März und Vergewaltigung in der Ehe und so. Sie haben jemanden, der ihre Kinder erzieht, sie können Karrieren machen und so weiter. Frauen brauchen das alles ja nicht, aber
Auch nicht, um jetzt Kinder großzuziehen oder so. Und das ist, glaube ich, die Idee hinter dieser Bewegung, dass man das über den, genau darauf, worauf man zurückverwiesen wird, das Reproduktive, darüber eben dann auch regelt. Aber natürlich ist es total radikal letztlich. Und ich glaube auch nicht, dass das wirklich eine Lösung ist, sondern nur, was das Sichtbarmachen angeht. Weil, also wollen wir denn wirklich eine Gesellschaft ohne, also wollen wir so ein Matriarchat, wo es keine Männer gibt, so wie Amazonen,
quasi leben. Also ich würde das nicht wollen und ich sehe ja auch, ich mache ja genau deshalb auch den Unterschied zwischen strukturell und individuell, einfach weil es natürlich total viele Männer gibt, die da ganz anders denken und genauso aber auch sehr viele Frauen, die mega misogyn sind und sexistisch und so weiter. Also da ist ja niemand irgendwie vor
jetzt bewahrt aufgrund seines Geschlechts. Gerade weil es nicht, weil die Biologie da eben so wenig nur eine Rolle spielt, sondern die Sozialisation so wichtig ist. Insofern wäre es mir auf jeden Fall viel zu radikal.
Wir haben jetzt ja viel darüber gesprochen über die Rechte, also das Mehr an Rechten, was Frauen zusteht und was sie haben müssten und dass das natürlich auch eine politische Aufgabe ist. Weniger haben wir darüber gesprochen, dass das natürlich auch mit Pflichten einhergehen könnte und da haben wir im Moment in Deutschland eine recht interessante Debatte, nämlich die über die Rückkehr zur Wehrpflicht, die bisher ja nur für Männer besteht.
Wie ist denn dein Blick darauf? Wenn man es ernst meint mit der Emanzipation, dann müsste man ja eigentlich sagen, okay, also wenn die werblich wieder eingeführt wird, dann aber für Männer und Frauen gleichermaßen. Wie guckst du da drauf?
Ja, auch das finde ich gar nicht leicht zu beantworten. Das ist ja wie mit Bezahlen im Restaurant oder so. Na klar kann man jetzt sagen, Frauen müssen dann immer Männer einladen oder so, dann würde man das quasi umdrehen und dann hätte man die Gleichberechtigung. Aber solange Frauen so viel weniger verdienen, ist es natürlich dann wieder nicht gerecht. Und mit der Wehrpflicht ist es ein bisschen das Gleiche. Solange Frauen die Kinder bekommen und sie dann auch zum allergrößten Teil betreuen, ist es halt nicht gerecht, wenn sie dann noch ein Jahr verlieren.
wo sie sich nicht ausbilden lassen können oder was auch immer oder nicht studieren können, weil sie eben zur Wehr, also irgendwie eingezogen werden in der Zeit. Aber grundsätzlich finde ich natürlich schon, dass Frauen genauso Soldatinnen sein sollen wie Männer auch. Also am besten sollte das natürlich niemand tun, aber wir leben in anderen Zeiten. Und ich finde aber, also das nur auf die Wehrpflicht zu reduzieren, wir sollten vielleicht grundsätzlich mal nachdenken, ob wir nicht diese
politische Aufladung von Geschlecht sein lassen und unseren gesamten Arbeitsmarkt mal ein bisschen umkrempeln und zum Beispiel auch mehr Erzieher, also männliche Erzieher für Kitas und Lehrer für Grundschulen und so weiter ausbilden, Bauarbeiterinnen auf Baustellen, damit wir eben nicht diese festen Rollenvorstellungen haben. Und bei, also
Klar, finde ich, muss das irgendwie gerecht sein, aber wie das sozusagen erzielt wird, wie das Stereotype reproduziert und wo es aber einen Ausgleich geben sollte, das ist so eine Abwägung, vielleicht so ein bisschen Schritt für Schritt quasi. Frauen machen ein bisschen Wehrpflicht und Männer erziehen dafür ein bisschen mehr und dann können wir es vielleicht, irgendwann ist es vielleicht dann wirklich genau gleich.
Ja, aber was du eben sagtest, dass wir eigentlich lieber gerne mehr männliche Erzieher haben würden oder vielleicht auch weibliche Bauarbeiterinnen. Ist ja nicht so, dass das von irgendeiner Seite verboten wird, sondern dass die Interessenten da gar nicht für da sind. Und das geht nochmal wieder vielleicht zurück. Wie lässt sich sowas ändern? Also ist das sozusagen ein Problem, was wir zu Hause in der Erziehung richten müssen oder wie…
kommt man eigentlich an diese Wurzel des Problems. Nee, ich glaube, auch das ist eine politische Aufgabe. Das heißt, diese Märkte oder diese Arbeitsumfelder, die müssten halt viel interessanter werden. Also das weiß man ja von Universitäten, warum Frauen so ungerne diese MINT-Fächer studieren. Es liegt ja nicht daran, dass sie nicht die Kapazitäten hätten oder das nicht könnten,
sondern das ist so ein wahnsinnig machomäßiges Arbeitsumfeld einfach. Da sind dann irgendwelche Pick-up-Girls, Pin-up-Girls meine ich, auf den Rechnern und es ist alles, die ganzen Professoren sind alle männlich und so. Das heißt, da muss man, also da finde ich, müsste man schon mal Initiativen starten, dass es ein attraktives Berufsumfeld wird und in Kitas und so weiter ganz genauso, andersrum für Männer, dass man irgendwie versucht, dieses Geschlecht daraus zu bekommen.
Ja, da bin ich eigentlich ganz positiv. Also so jetzt ist natürlich nur meine persönliche Erfahrung mit meinen Töchtern. Also in deren Schule ist in den klassischen MINT-Fächern, es ist so geregelt, dass halt mindestens 50 Prozent da Mädchen oder junge Frauen sind. Das hat sich schon sehr verändert. Ich würde aber gerne nochmal was anderes, also von unten wächst da was auf, was natürlich auch später diesen Berufszweig wahrscheinlich mal verändern könnte, was hier positiv ist. Aber ich möchte noch was anderes zu sprechen kommen.
Nämlich eine Parallele zu den 70er Jahren oder der Frage nachgehen, ob das eine Parallele sein könnte. Nämlich damals gab es eine separatistische Bewegung unter den Feministinnen, die sich für Männer freie Zusammenschlüsse der Frauen ausgesprochen hatte. Nach dem Motto, Frauen bekommen Freiheit nur von anderen Frauen oder sie bekommen sie gar nicht.
Also das ist ja auf heutige Verhältnisse übertragen, würde man sagen, es bedarf unbedingt Frauennetzwerke, dass Frauen sich stärker zusammenschließen, in Netzwerken stärker kooperieren, als das früher der Fall war. Ist das etwas, was du siehst? Gibt es das schon oder müssen da Frauen noch deutlich nachlegen, damit sie ähnlich wirksam werden wie die Männernetzwerke, die es ja natürlich gibt?
Nein, also diese Frauennetzwerke, die gibt es schon und ich glaube, es ist auch klar, dass die wichtig sind und dass die gerade beruflich auch das ist, was Frauen voranträgt in der Karriereleiter- und in Führungspositionen überhaupt erst bringt.
Und ich glaube, die sind in allen Bereichen absolut wichtig. Also nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch im Privaten und ganz grundsätzlich, weil es eben nicht selbstverständlich ist, dass Männer dann auch Frauen einstellen oder Frauen genauso fördern oder so. Da muss man sich, glaube ich, erst mal selbst helfen. Und die sind schon sehr, die sind etabliert und die sind schon relativ erfolgreich, aber scheitern natürlich auch trotzdem immer mal wieder an Strukturen.
Wir kommen ja jetzt so langsam zum Ende der Sendung und ich realisiere, dass dieses Feld des Feminismus so breit ist, dass wir eigentlich glaube ich sehr, sehr viele Stunden brauchen würden. Und ein Thema haben wir bisher immer mal wieder so angeschnitten, aber nicht wirklich einmal mit einer Frage thematisiert. Ich glaube, das sollten wir noch tun, nämlich da geht es um die Femizide und die männliche Gewalt gegen Frauen und sexuellen Missbrauch. Und dazu würden wir mal einmal ganz kurz Giselle Pellico hören.
Ich habe jetzt die Vertrauen in unsere Fähigkeit, kollektiv ein Zukunft zu erzielen, in dem jeder, Frau und Mann, in Harmonie leben kann, in dem Respekt und Mutuale Verständnis. Ich danke Ihnen.
Wir haben hier Giselle Pellico gehört nach der Urteilsverkündung. Sie sagt, ich habe jetzt Vertrauen in unsere Fähigkeit, gemeinsam eine Zukunft zu gestalten, in der jeder, ob Frau oder Mann, in Harmonie, Respekt und gegenseitigem Verständnis leben kann. Das sind ganz schön eindrucksvolle Worte. Ich habe es eben gesagt, Gewalt gegen Frauen ist bei uns weit verbreitet. Nach wie vor, fast jeden Tag wird eine Frau umgebracht und das auch bei uns in Deutschland und das oft im familiären Kontext auch.
Und das Schicksal der Französin, die wir gerade gehört haben, die von ihrem Mann über Jahre hinweg sediert und von ganzen Männerhorden vergewaltigt wurde, spricht dann natürlich eine ganz eigene Sprache. Wie zuversichtlich bist du, Susanne, dass zumindest bei uns hier in Deutschland ein Weg gefunden werden kann, dieses Unrecht abzustellen? Das ist wahrscheinlich ein hehres Ziel, aber auf dem Weg wirklich einen großen Schritt voranzukommen.
Ja, auch das bleibt leider abzuwarten. Also eine Gewaltschutz und das Gewaltschutzgesetz wird ja genannt, jetzt auch im Koalitionsvertrag. Aber wir wissen einfach, es gibt viel zu wenig Frauenhausplätze. Und eigentlich wäre es auch nicht an den Frauen, die Familie zu verlassen, wenn sie Gewalt erleben, sondern an den Männern. Denn Frauen sind ja gar nicht gewalttätig in der Regel. Und diese Zunahme an Gewalt gegen Frauen, Partnerschaftsgewalt, die ist schon ziemlich dramatisch. Und wir sehen eben, dass es Formen sind,
die feministische Errungenschaften zurückschrauben. Auch ökonomische Gewalt, sexualisierte Gewalt im Netz, Kontrolle, Stalking. Dass Frauen bedroht werden, wenn sie sich trennen wollen, dass dann irgendwas veröffentlicht wird von ihnen, irgendwelche kompromittierenden Bilder oder so. Also ich glaube, da muss die Politik wirklich, wirklich handeln und liefern, weil sonst wird sich das von alleine ja nicht ändern. Also wie sollte das anders gehen, als das zuzumachen?
Man kann sich ein gutes Beispiel an Spanien nehmen. Die haben nicht nur ein feministisches Ministerium eingerichtet schon vor über 20 Jahren, sondern die haben so viele einzelne Schritte mit Hochrisikoanalysen und dass man das wirklich ernst nimmt, diese Femizide. Die passieren ja nicht im luftleeren Raum, sondern da geht was voran. Und wir wissen, dass es bestimmte Strukturen sind, die dahin führen. Wenn man sich das mal genau anschauen würde und beobachtet,
Gewalt gegen Frauen eben als Form der politischen Gewalt verstehen würde. Also ich finde, es hat auch im Familien- und Gesellschafts- und alte Jugendsport und so weiter Ministerium, das ist ja ein bisschen so, was übrig geblieben ist, nichts verloren, sondern es müsste ja ins Innenministerium. Also es ist eine Forderung, die Christina Klemm, Strafrechtsanwältin, schon lange auch stellt, mit einem viel höheren Budget. Da müssen wir wahrscheinlich die nächste Bundesregierung abwarten. Vielleicht kommt die dann auf den Berichter, wir werden es sehen. Die Flop5
Wir sind jetzt an dem Punkt, wo wir auf unsere sehr beliebte Rubrik Flop5 zurückgreifen. Flop5 bedeutet fünf Begriffe, fünf Formeln, Phrasen, die dich an der Feminismusdebatte nerven. Starten wir doch mal mit Flop Nummer eins.
Also mein erster Flop ist auf jeden Fall, dass bisher in Europa die sozialen Medien nicht reguliert wurden. Es wird immer gesagt, das ist der letzte Ort für Meinungsfreiheit, aber es stimmt natürlich überhaupt nicht, abgesehen davon, dass die USA, wo ja die allermeisten...
Die allermeisten sozialen Medien programmiert werden, ja, eins noch bei ByteDance in China, dass die einen ganz anderen Begriff von Meinungsfreiheit haben, ja, Freedom of Speech. Das heißt, man kann auch hetzen, man kann haten, sonst was. Den Begriff haben wir hier gar nicht. Und es wird mega Propaganda natürlich auch darüber gemacht. Das heißt, die sozialen Medien müssen reguliert werden, sonst wird diese...
Diese Radikalisierung von jungen Menschen und generell von der Gesellschaft einfach weitergehen. Und Europa hätte ja die Möglichkeiten. Warum gibt es kein europäisches soziales Medium zum Beispiel? Twitter wäre als Name wieder zu haben. Warum entwickeln wir nicht was Eigenes? Und warum interessiert die Politik das nicht? Also da ist einfach die Digitalisierung auch in diesem Bereich komplett verschlafen worden. Anders kann man das nicht sagen.
Taken. Was ist dein zweiter Flop? Also mein zweiter Flop ist dieser Schwerpunkt auf Migration und dass eben männliche Gewalt so komplett ausgelagert wird als Problem der anderen. Das ist sehr bequem, weil dann muss man nicht selber schauen, was sind hier die Probleme, die wir haben quasi, diese ganzen Messerattacken ständig.
Also ich meine, natürlich sind die schlimm und dramatisch und da muss man auch drüber sprechen. Ich finde das ein wichtiges Thema, aber dass wir eben fast jeden Tag ein Femizid haben, das ist ja genauso männliche Gewalt und das Wichtige wäre, dass man dieses Verbindende sieht und das sind Männer. Da geht es ums Patriarchat und das Patriarchat haben wir hier schon auch und diese Gewalt gegen Frauen haben wir hier schon auch.
Oder generell Gewalt. Und Gewalt und Männlichkeit sind eben aneinander sozialisiert. Das ist leider immer noch so. Und da müssen wir hinschauen und das müssen wir ändern. Und die Folge daraus ist ja, wenn man so einen starken Migrationsschwerpunkt macht, dass man dann eben nichts mehr zum Gewaltschutz beitragen muss von politischer Seite. Man hat es bequem ausgelagert. Okay, wir kommen voran. Flop Nummer drei.
Mein dritter Flop ist ein persönlicher und der ist, dass sehr viele Männer, so ist mein Gefühl und das kriege ich auch immer wieder bestätigt, ganz offensichtlich diesen antifeministischen Backlash und auch sowas wie Gewalt gegen Frauen nicht als ihr Problem begreifen, sondern denken, das ist irgendwie ein Frauenproblem.
Und das ist aber kein Frauenproblem. Also abgesehen davon, dass das Patriarchat Männer natürlich ganz genauso schadet. Männer sind die ersten Opfer von männlicher Gewalt. Frauen kommen erst danach, außer bei Morden.
Also hängt da so vieles dran, finde ich. Also auch Männer können ja vom Feminismus profitieren. Sie hätten bessere Beziehungen zu ihren Kindern. Sie könnten auch in Elternzeit gehen. Das ist ja auch was total Bereicherndes natürlich. Sie hätten einen besseren Zugang zu ihren Gefühlen. Das ist ja auch was, das wird Jungs einfach so früh abtrainiert, dass sie irgendwie auch...
auch mental gesund aufwachsen und sich entfalten können. Ja, sie müssen da irgendwelche Alpha-Männlichkeitsideale performen. Das ist ja wie so ein Zwangskorsett. Das ist ja auch furchtbar und nicht sehr frei. Und auch so was, dass Männer öfter depressiv werden ab einem bestimmten Alter, Suizid begehen, sich risikovoll verhalten, einfach früher sterben. Auch das liegt natürlich am Patriarchat. Das heißt, ich finde, Männer sollten sich ganz dringend für Gleichberechtigung und den Feminismus oder mindestens für Gleichberechtigung begeistern.
Da kann ich nur zustimmen. Dann nehmen wir den vierten Flop. Der vierte Flop ist Paragraf 218, Schwangerschaftsabbrüche, dass die nach wie vor kriminalisiert sind.
Und das immer mit dem Argument der Schutz des ungeborenen Lebens. Und wenn man dann mal schaut, was mit den Kindern passiert, sobald sie auf der Welt sind, dann sieht man, es geht da rein um die reproduktive Kontrolle über Frauenkörper. Ja, auch noch von politischer Seite. Denn danach, ja, es gibt nicht genug Betreuungsplätze. Die Rahmenpläne wurden nicht mal langsam angepasst. Die Ausbildung ist immer noch schlecht für Kinder. Kinder gehören zu den ärmsten Menschen in unserem Land.
Ja, und so weiter. Und die Schulgebäude sind marode, genauso eben wie das, was Kinder dann noch lernen können. Das heißt, es geht gar nicht um die Kinder. In der Corona-Zeit hatten sie überhaupt keine Stimme. Sie haben politisch generell sehr, sehr wenig Gewicht, sehr wenig Lobby. Und daran, finde ich, sieht man, wie scheinheilig dieses Argument des Schutzes des Lebens ist. Dann fehlt noch einer und der letzte fünfte Flop.
Also mein letzter Flop ist, dass Frauen zahlenmäßig in politische Antworten wieder zurückgedrängt werden. Das ist eben im Bundestag so, da sind wir auf dem Stand von 2002 und am dramatischsten sehen wir es aber in den Landtagen und da eben besonders in Ostdeutschland, was sehr traurig ist, weil...
Nach der Wende ist der Schnitt ganz plötzlich angestiegen von Frauen in politischer Verantwortung. Und das lag an den ostdeutschen Ländern, an den Bundesländern. Weil da das so selbstverständlich ist, dass Parlamente, Landtage mehr oder weniger fast paritätisch besetzt sind. Und jetzt sind die diejenigen, die den ganzen Schnitt wieder runterziehen. Und da sind wir in den 90ern wieder zurück in den Landtagen. Und das ist ein Riesenflop.
Jetzt hast du mit den Flops, wie es natürlich auch der Name der Kategorie verrät, natürlich nochmal fünf düstere Fakten hier zusammengetragen, also die nicht so wahnsinnig viel Hoffnung machen.
Und weil das häufiger bei uns im Politikteil der Fall ist, dass wir so ein bisschen wenig optimistisch rausgehen, haben wir uns ja irgendwann überlegt, dass wir die Gäste zum Schluss immer fragen, was ihnen denn eigentlich Hoffnung macht angesichts all der unguten Rahmenbedingungen, über die wir jetzt gerade gesprochen haben und so auch die Frage an dich, was macht dir denn Hoffnung, dass diese Renaissance der Männer in der dominierten Gesellschaft endet?
Und der Rückkehr des Patriarchats, dass da doch was zu machen ist und dass wir einfach weiter vorankommen und vielleicht auch in größeren Schritten, als dass wir 300 Jahre brauchen, bis wir wirklich gleichberechtigt sind. Also was mir Hoffnung macht, ist, dass ich ganz, ganz viel Rebellion sehe unter jungen Frauen und aber auch ganz grundsätzlich unter jungen Menschen, die sagen,
solidarisch miteinander sind und die so in Verbundenheit miteinander sind und die sich genau dagegen abgrenzen, sich vereinzeln zu lassen und sich instrumentalisieren zu lassen. Und diese Verbundenheit, dieses extra solidarische, auch ein bisschen antikapitalistische, solidarische, das ist etwas, was mir unheimlich viel Hoffnung gibt. Also auch wenn die Gen-Z vielleicht polarisiert sein mag, ich glaube, da gibt es auch ganz viele
starke, neue Ideen, die kommen erst so langsam und eben auf sehr friedliche Art und Weise, sehr sanfte Art und Weise an die Oberfläche, aber das macht mir sehr viel Hoffnung.
Ich glaube, das kann sich richtig als Trend durchsetzen. Das ist doch wunderschön, dass wir nicht nur mit Hoffnung, sondern mit sehr viel Hoffnung aus dieser Stunde jetzt aussteigen. Eine Stunde und ein paar Minuten sind es ja dann geworden. Und ich fand das so spannend, dass ich jetzt als Allernächstes mir Riot Girl durchlesen werde. Weil ich finde es wirklich interessant, dieses Thema mal in einem Roman behandelt zu sehen. Und bin sehr neugierig, wie genau du das gemacht hast, liebe Susanne. Also vielen herzlichen Dank.
Danke euch auch. Ja, was bleibt noch zu sagen? Der große Dank kommt am Schluss noch. Moment, ich musste erst noch einen Hinweis machen, also für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer. Wenn Sie Kritik und Anregungen haben, wenn Ihnen das gefallen hat oder nicht so gefallen hat, können Sie natürlich auch gern uns schreiben. Und wenn Sie uns Themen vermitteln wollen, die Sie ganz gerne mal behandelt hätten hier bei uns im Politikteil, dann können Sie das sehr gerne tun. Uns eine Mail schicken unter daspolitikteil at zeit.de.
Genau und in der nächsten Woche gibt es natürlich wieder eine neue Folge von Das Politikteil. An dieser Stelle auch ein Hinweis an unseren Routetable, der diese Woche stattgefunden hat. Den können Sie auch abrufen. Nächste Woche sind wir aber auf jeden Fall mit einem klassischen Politikteil wieder dabei. Den werden Tina und Heinrich moderieren und jetzt bleibt uns noch der Dank an die Poolartists, an Katja Pier und Ole von Zeit Online und an Dün Kort, die uns mit den O-Tönen versorgt hat.
Und ganz besonders natürlich an dich, Susanne. Und zwar gleich zweimal, weil was wir am Anfang nicht verraten haben, ist, dass du schon am Dienstag die Stellung gehalten hast bei dem ZIA-Kongress und dann mit zwei Kolleginnen gesprochen hast über das Thema, was auch wir heute beackert haben. Und ich fand es super, wir fanden es super, dass du bereit warst, auch
trotzdem nochmal zu uns ins Politikteil zu kommen. Ganz toll, dass du unser Gast warst. War eine spannende Stunde. Ja, das finde ich auch. Und mir haben beide Gespräche mega gut gefallen. Also schöne Fragen und ich glaube, das sind genau die wichtigen Fragen, die wir uns jetzt stellen müssen. Vielen Dank. Danke. Danke auch.