Im Kern wird damit die Verpflichtung zum Grundwehrdienst ausgesetzt.
Hier ist wieder das Politik-Teil, der politische Podcast von Zeit und Zeit Online. Mein Name ist Tina Hildebrandt.
Und ich bin Heinrich Wehfing. Und das, was Sie gehört haben ganz am Anfang, das war ein Zitat aus dem Jahr 2011, gesprochen von einem damals sehr wichtigen Politiker, Karl Theodor zu Guttenberg. Seinerzeit war er Verteidigungsminister. Viele haben ihm sogar zugetraut, dass er Kanzler werden könnte. Und die Wehrpflicht wurde dann zum März 2011 ausgesetzt, nicht abgeschafft. Das hat er auch gerade nochmal betont. Und das wird noch wichtig werden im Laufe unseres Gesprächs.
Damals, 2011, als die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, hatte das wenig bis gar nichts mit Sicherheit zu tun. Guttenberg musste einfach einen Sparbeitrag zum Haushalt bringen und es wurde damit gerechnet, dass die Wehrpflicht aus juristischen Gründen eh nicht mehr haltbar sei. Stichwort Wehrgerechtigkeit, auch darauf werden wir noch kommen. Aber die Abschaffung schien auch deshalb damals verschmerzbar, weil es keine Bedrohung mehr in Europa zu geben schien.
Das hat sich spätestens seit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 dramatisch, mörderisch geändert. Und so ist das Thema wieder da. Die Wehrpflicht. Soll sie wieder eingeführt werden? Und wenn ja, für wen? Welche juristischen Probleme gäbe es dabei und welche praktischen? Was würde das kosten?
Aber mehr noch als über diese Fragen wird über andere gestritten, über sehr fundamentale. Kann man junge Menschen zwingen, in die Bundeswehr zu gehen? Kann man sie verpflichten, zu kämpfen und notfalls zu sterben? Wäre das gerecht? Wäre es sinnvoll?
Und wer wäre dazu überhaupt bereit? Darüber wird an WG-Tischen gestritten, bei Osterspaziergängen, an Stammtischen und bei Familienfeiern. Und wir wollen darüber im Politikteil mit einer Frau sprechen, die wie wenige andere in diesen Debatten engagiert ist.
Sie beschäftigt sich vor allem mit Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Sie ist Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations und leitet dessen Büro seit Januar 2020. Herzlich willkommen in das Politik-Tal Jana Puljerin. Vielen Dank. Sie haben wie alle Gäste uns ein Geräusch mitgebracht. Und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.
Uff, war das jetzt schon Werbung für die Wehrpflicht? Warum haben Sie dieses Geräusch mitgebracht? Das ist ein Ausschnitt aus dem feierlichen Gelöbnis und das wurde aufgenommen beim 69. Geburtstag der Bundeswehr in Hannover im November 2024. Und mit diesem feierlichen Gelöbnis unterstreichen Soldaten und Soldatinnen ihre Verpflichtungen gegenüber dem Grundgesetz und gegenüber dem deutschen Volk, also der deutschen Soldaten,
Bevölkerung und sie bekennen sich zur demokratischen Grundordnung. Das passiert gegen Ende der dreimonatigen Grundausbildung und ich dachte mir einfach, es ist ein guter Einstieg ins Thema, weil in dem kurzen Ausschnitt schon klar wurde, worum es geht, nämlich Recht und Freiheit zu verteidigen. Und sogar über diese Gelöbnisse gab es ja in der Vergangenheit immer wieder auch Riesenauseinandersetzungen, wo die stattfinden sollen, ob die öffentlich stattfinden sollen. Werbung
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Frau Polerin, über die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht wird vor allem deswegen diskutiert, weil, so heißt es, die Bundeswehr zu wenig Soldaten hat und weil wir uns verteidigen müssen. Das ist im Kern das Argument.
Stimmt das denn eigentlich? Oder hat die Bundeswehr eher ein Ausrüstungsproblem? Ich würde sagen, die Bundeswehr hat beides. Vielleicht kommen wir zu dem Ausrüstungsproblem später noch. Aber vielleicht erst mal zu den Soldaten. Und ich möchte so ein bisschen Kontext geben, auch für die Hörerinnen und Hörer.
Die Annexion der Krim 2014 wurde ja schon genannt und seitdem setzt die Bundeswehr verstärkt wieder den Fokus auf die Landes- und Bündnisverteidigung. Vorher hatten wir ja vor allen Dingen so die Wende hin zu einer schnellen Einsatzarmee, Vorbild-
Afghanistan. Und spätestens seit der russischen Vollinvasion 2022 ist eben der Fokus wieder voll da auf die Landes- und Bündnisverteidigung. Die Zeiten sind vorbei, wo wir uns in Europa gedacht haben, dass niemand mehr auf die Idee kommt, Außengrenzen mit Gewalt durch Angriffskriege zu verschieben. Und deswegen hat in Reaktion, insbesondere seit 2022 auf Russlands Angriffskrieg, die NATO sich strategisch ziemlich neu aufgestellt.
In diesem Prozess wurden sogenannte Regionalpläne erarbeitet. Und das Ziel dieser Regionalpläne ist eben, das NATO-Bündnisgebiet, die NATO so aufzustellen, dass man Russland von einem Angriff auf das Bündnisgebiet abschrecken kann, idealerweise. Oder eben einen russischen Angriff notfalls, wenn man ihn vorher nicht abschrecken konnte, dass man ihn abwehren kann. Und diese Verteidigungspläne, die sind sehr detailliert. Da wird genau definiert,
welche militärischen Fähigkeiten dafür notwendig sind. Da geht es um Land-, Luft- und Seestreitkräfte, da geht es um Cyber-, Weltraumfähigkeiten usw.
Und die Mitgliedstaaten der NATO, weil die sind ja die NATO, die müssen die dazu notwendigen Fähigkeiten und die dazu notwendigen Streitkräfte bereitstellen. Jedes Land leistet seinen Beitrag, jedes Land vereinbart seine individuellen Beiträge mit der NATO. Wir haben uns jetzt zu sehr viel im Rahmen der NATO bekannt. Die letzte Bundesregierung, ich denke die nächste, wird das auch wieder machen. Es gibt einen NATO-Gipfel im Juni, der ansteht.
Und dann muss man sich einfach halt die Zahlen angucken, also die neue Lage. Und wir haben seit 2018 eigentlich eine Größe festgelegt für die Bundeswehr von 203.000 Soldaten. Die sollten wir eigentlich längst erreicht haben, diese Größe. Das ist in den letzten Jahren nie gelungen. Wir haben es jetzt auf 2031 vertagt. Das ist das offizielle Ziel.
Aber dieses Ziel, also 203.000 Soldaten, wurde festgelegt noch vor der russischen Vollinvasion. Und wenn man sich jetzt eben anschaut, wie sich die Lage sicherheitspolitisch verändert hat und wenn man vor allen Dingen noch dazu nimmt, dass wir in den nächsten Jahren wahrscheinlich vermehrt amerikanische Streitkräfte in Europa ersetzen müssen, weil wir unter Trump annehmen können,
dass das Verständnis nicht mehr so da ist, dass die Amerikaner eine europäische Macht sind und Europa in dem Maße verteidigen wollen, dann reichen diese Zahlen nicht. Und das ist erstmal ein Fakt. Also wir brauchen, die Bundeswehr braucht, um ihren Auftrag zukünftig wahrnehmen zu können, mehr Personal.
Darf ich noch einmal da nachfragen, wenn man aus der NATO die Amerikaner rausrechnet, also jetzt rein die Mannstärke, nicht die Geräte, nicht die Waffen, dann hat die NATO immer noch wesentlich mehr Soldaten als Russland. Können Sie vielleicht einmal erklären, warum wir dann trotzdem mehr Soldaten brauchen? Kann ich, kommt auch nachher. Ich mag ja Ihren Podcast sehr und habe mich auf die Flop 5 vorbereitet. Das mache ich nachher noch, aber ich kann es jetzt auch vorziehen.
Also es wird immer wieder gesagt, wenn wir als Europäer alles zusammenschmeißen und das mit Russland vergleichen, dann geben wir mehr aus. Aber das reine Aufaddieren auch der Panzer, auch der sonstigen Ausrüstung ist alleine so nicht aussagekräftig.
Es geht eigentlich darum, wie viele einsatzbereite Streitkräfte habe ich, die gut ausgerüstet sind, die über genug Munition verfügen und die ich schnell durch ganz Europa verlegen kann. Und da ist es eben so, dass wir in der Vergangenheit gesehen haben, dass die europäischen Staaten zwar alle ihre Armeen haben, aber dass das eher einem Flickenteppich gleicht. Das heißt, 1 plus 1 plus 1 plus 1 ist in dem Fall eben...
nicht drei, sondern es gibt unheimlich viel Duplizierung und Doppelung. Dann ist es so, dass das, was auf dem Papier da ist, was eigentlich da sein sollte, oft in der Praxis nicht einsatzfähig ist. Ich erinnere nur an die Diskussion
die wir hatten im Zuge der Sendung von Leopard 2 Kampfpanzern in die Ukraine. Das war im Frühjahr 2023. Da gab es Probleme in Europa, allein nur die Zahl von 62 Kampfpanzern aufzutreiben in ganz Europa, weil die reinen Zahlen auf dem Papier eben uns in die Irre führen, sondern Qualität der Ausrüstung und das Alter wichtig ist. Und vielleicht letzter Punkt, Russland hat halt in den letzten drei Jahren auf Kriegswirtschaft umgestellt.
hat sehr viel daran investiert, die Verluste, die sie haben, an Fähigkeiten und an Personal schnell zu ersetzen. Haben dazu ja auch die Unterstützung von China, dem Iran, Nordkorea bekommen. Und Russland ist in der Produktion jetzt ziemlich vorne mit dabei, produziert mehr, als es für den Krieg gegen die Ukraine braucht. Und vielleicht allerletzter Punkt noch, Russland ist,
bekommt mit weniger Geld auch wesentlich mehr Leistung von seiner Rüstungsindustrie als wir Europäer. Unsere Rüstungsindustrie ist fragmentiert.
Wir stellen Rüstungsgüter immer noch im Manufakturbetrieb her. Und aus all diesen Gründen, finde ich, kann man diese reine Aufrechnerei nicht machen. Ja, vielleicht belasse ich es erstmal dabei. Dankeschön. Wir waren ja eben aber ausgegangen, gar nicht vom Material, sondern von den Menschen in der Bundeswehr, vor allen Dingen von Männern. Und deswegen noch einmal nachgefragt,
Okay, wir sagen, wir brauchen mehr, aber warum brauchen wir die Wehrpflicht, um mehr Soldaten zu bekommen? Wir haben ja auch viele Armeen, große Armeen, die amerikanische Armee, die kommt ohne Wehrpflicht aus und hat trotzdem riesig viele Leute, offensichtlich auch gar nicht schlechte. Nee, total. Aber ich fange vielleicht erstmal nochmal an mit, wie viel brauchen wir denn eigentlich oder was geistert so an Zahlen aus?
herum. Also Militärs und Experten rechnen eigentlich mit so einer Größe zwischen 230.000 und 270.000 Soldaten. Vielleicht erwähnen wir auch einmal den Ist-Zustand, also das wäre jetzt der quasi ideale Soll-Zustand unter neuen. 270.000, soll es irgendwann mal werden. Genau, also zwischen 230.000 und 270.000, damit wird immer so gerechnet angesichts jetzt der neuen Lage und angesichts
eben der Tatsache, dass der Anteil der US-Streitkräfte an der NATO-Verteidigung signifikant ist. Insgesamt stellt die NATO 40 Prozent des NATO-Verteidigungsdispositivs. Und das heißt, diese Ausfälle werden auch wirklich enorm, wenn die denn kämen. Wir sind momentan im Ist-Zustand bei so zwischen 181.000 und 182.000 Soldaten in den letzten Jahren. Das heißt, da gibt es eine große Lücke. Jetzt ist die Frage, würde eine Wehrpflicht da nutzen oder nicht?
Momentan schon, um auf diese 203.000 zu kommen, fehlen der Bundeswehr 20.000 Soldaten. Und die fehlen eigentlich auch nicht nur momentan, sondern die fehlen eigentlich schon jetzt wirklich auch seit einer ganzen Weile. Dazu kommt, dass im
jedes Jahr ja auch Soldaten aus der Bundeswehr wieder ausscheiden. Und der Regenerationsbedarf, der liegt so bei 27.000 Soldaten im Jahr. Jetzt ist es so, dass die Bundeswehr es in den letzten Jahren nicht geschafft hat, diese Zahlen nach oben zu bringen, trotz verstärkter Werbekampagnen, trotz Attraktivitätsoffensiven. Es ist immer noch so, dass dieser freiwillige Wehrdienst nicht wirklich attraktiv ist. Vor allen Dingen ist es so, dass
Es gibt auch eine hohe Abbrecherquote. Vielleicht für Hörerinnen und Hörer, die das mehr interessiert, der Wehrbericht der Wehrbeauftragten ist ja gerade veröffentlicht worden. Da steht auch einiges an Mängeln drin, warum die Leute abbrechen. Aber die Abbrecherquote liegt so bei 25 bis 27 Prozent.
Das heißt, wenn ich diese Herausforderung habe, das heißt, ich habe die Verpflichtung, die die Politik in der NATO eingegangen ist, in der neuen Bedrohungslage, die perspektivisch vielleicht noch größer werden müssen mit Blick auf, wie gesagt, die Amerikaner. Und ich habe dann die Berufs- und Zeitsoldaten, ich habe die freiwillig Wehrdienstleistenden und ich habe die Reserve. Dann kann man davon ausgehen oder gehen, glaube ich, zumindest alle Offiziere, mit denen ich in den letzten Wochen gesprochen habe, davon aus,
Dass man die Zahlen über eine Freiwilligkeit nicht nach oben bringen kann.
Allerdings, das ist eine Annahme natürlich, dass man durch die Wehrpflicht diese Zahlen nach oben bringt. Da wird immer wieder gesagt, in Anlehnung an den Kalten Krieg, auch im Rahmen von persönlichen Anekdoten, dass viele damals überhaupt erst sich länger verpflichtet haben, weil sie quasi gezogen wurden, weil sie sich dann haben mustern lassen, weil sie sich dann für den Wehrdienst entschieden haben und dass sie über den Wehrdienst danach dabei geblieben sind. Die Zahlen aus dem Kalten Krieg, die geben das auch her.
Dass man eben dadurch die Attraktivität der Bundeswehr steigert, dass man die Bundeswehr überhaupt erstmal näher an die Leute bringt. Die Idee bei der Wehrpflicht ist also auch, Leute erstmal für die Bundeswehr zu interessieren, sie an die Bundeswehr heranzuführen, damit sie sich dann auf längere Frist verpflichten. Genau.
Genau, also eigentlich zwei Ziele. Es ist einmal die Aufwuchsfähigkeit, also generell zu verbessern und dann eben, vielleicht erwähne ich das auch nochmal kurz, die Reserve zu erhöhen. Also, dass Leute, die dann gedient haben, danach auch in der Reserve zur Verfügung stehen und man die Reserve auch ausbaut.
Sie haben ja erwähnt, das eine ist ja sozusagen die Bundeswehr, die dann hoffentlich einsatzfähig wäre, das andere ist diese Bedrohungslage. Können Sie nochmal ein bisschen genauer beschreiben, wie plausibel die ist und wie konkret und was die Rolle der Bundeswehr eigentlich im Fall eines russischen Angriffs wäre? Wie würde das ablaufen?
Fangen wir vielleicht mit der Rolle Deutschlands an, weil die sich im Vergleich zum Kalten Krieg ziemlich verändert hat. Im Kalten Krieg waren wir ja Frontstaat, das wären jetzt eher so die Länder des Baltikums oder Finnland zum Beispiel. Wir sind einmal Truppensteller, das heißt also einmal wird von uns erwartet, dass wir eben Truppen stellen.
Zur Abschreckung an der Ostflanke, aber im Verteidigungsfall eben auch zur Verteidigung, denken Sie an die Brigade Litauen zum Beispiel, die wir ja jetzt schicken. Dann sind wir aber auch, und das ist neu, das heißt immer logistische Drehscheibe. Sie müssen sich das so vorstellen, dass Deutschland quasi dann ein Transitland wird, ein Aufmarschgebiet, dass man idealerweise, wenn die Amerikaner noch kommen, wenn sie anlanden, dass sie dann über die Niederlande,
durch Deutschland Richtung Ostflanke ziehen. Das heißt, eine logistische Drehscheibe mit den Herausforderungen, dass man viel Transport bewältigen muss, dass man die Leute temporär unterbringen muss. Und diese Drehscheibenfunktion ist eben eine Herausforderung, die in Deutschland dann stattfindet. Und dann...
Auch noch in Deutschland sind wir eine sogenannte Host Nation. Das heißt, wir sind Gastgeberland und bei uns sind dann Truppenteile zwischenstationiert aus anderen Streitkräften. Also das wäre unsere Aufgabe. Man kann nur vielleicht generell noch sagen, dass die Erwartungshaltung an Deutschland im Rahmen der NATO sehr hoch ist, in den letzten Jahren gewachsen ist.
Und Deutschland unter den europäischen Ländern wirklich auch immer von sich sagt, dass wir jetzt eine besondere Verantwortung übernommen haben. Wenn ich Sie richtig verstehe, dann wäre eine künftige, auch gewachsene, großgewordene, aufgewachsene Bundeswehr nicht in erster Linie eine Kampftruppe, sondern ein Logistikmanagement-Unternehmen.
Na, beides. Also ich glaube schon auch natürlich eine Kampftruppe. Wir würden Kräfte bereitstellen zur Verteidigung des Bündnisgebietes. Das wäre dann wahrscheinlich zunächst erstmal im Osten. Aber wir wären tatsächlich auch, ja, Sie haben das eigentlich ganz schön gesagt, sowas wie ein großes Logistikunternehmen. Deswegen finde ja ich auch, wenn wir jetzt diese ganzen Fragen diskutieren, es ist vielfältig.
viel zu kurz gesprungen, nur über Wehrpflicht zu diskutieren oder auch nur über Ausrüstung. Wir müssen eigentlich tatsächlich über Gesamtverteidigung diskutieren und
Und eben auch über die Rolle, die die Bundeswehr dann im Inneren spielt. Deswegen gibt es ja jetzt auch diese Heimatschutzverbände, wenn ich den Namen mal kurz sagen darf. Also quasi deren Aufgabe es dann auch wäre, zum Beispiel kritische Infrastruktur in Deutschland zu schützen und die Bundeswehr zu unterstützen. Aber es gäbe auch große Aufgaben, die auf uns zukommen, die logistisch sind. Angefangen vom Transport über Verpflegung, solche Sachen. Auch nochmal eine Nachfrage, wenn diese ganzen...
Andere Truppen, die wir unterbringen müssten, ist die Idee, dass die untergebracht würden auf Liegenschaften der Bundeswehr, also auf militärischen Einrichtungen oder ist die Idee, dass die Bundeswehr das organisieren würde, die im ganzen Land unterzubringen? Da werden gerade ja die Pläne gemacht.
Ich glaube, dass man da jetzt auch im Rahmen des Operationsplans Deutschland, den die Bundeswehr gerade erarbeitet, ins Gespräch kommt, wie man das organisieren kann. Aber ich glaube, in dem Fall ist es eben so, also das wäre dann ja ein Verteidigungsfall, ein Spannungsfall, der eingetreten wäre, dass dann auch...
Das wäre Krieg, um es mal so zu sagen. Ja, aber wenn wir jetzt im Juristischen bleiben, dann wäre das quasi Spannungs- oder Verteidigungsfall. Oder ein Zeitpunkt vor einem Krieg. Also der Spannungsfall ist quasi eine ganz ernste außenpolitische Lage, wo der Angriff unmittelbar bevorsteht. Aber dann wäre das so, dass auch zivile Organisationen dabei eine Rolle spielen. Die Deutsche Bahn würde dabei zum Beispiel eine Rolle spielen beim Transportverfahren.
Und natürlich würde das dann auch quasi über die Bundeswehrliegenschaften hinausgehen. Aber Tina hatte ja eben auch nach der Bedrohungsanalyse gefragt und wie plausibel die ist. Das hören wir immer so aus NATO-Kreisen und von Expertinnen wie Ihnen.
Worauf stützt sich denn diese Bedrohungsanalyse? Die stützt sich tatsächlich auf Erkenntnisse von Diensten, nicht nur deutschen Diensten. Und die Berichte sind tatsächlich auch relativ transparent. Es gibt Analysen aus Norwegen, aus Dänemark, aus Schweden, aus Polen, aus Großbritannien. Und die sind in ihrem Zeitrahmen unterschiedlich. 2029 ist immer so ein Jahr, was rumgeistert, aber die sind tatsächlich nicht alle gleich. Aber was dahinter steckt, ist eben die Idee, dass...
wenn Russland den Krieg gegen die Ukraine gewinnt und das heißt nicht, dass es alles Territorium der Ukraine einnimmt, sondern vom Platz geht mit dem Gefühl, einen Sieg erzielt zu haben, das heißt die politischen Ziele militärisch erreicht zu haben und dann sich ganz konzentrieren kann auf den Wiederaufwuchs der russischen Streitkräfte, dass Russland dann relativ schnell die Fähigkeit erlangen würde, eben einen nächsten Angriff zu planen. Das ist
Das, was dahinter steht. Und dann wird dazu immer noch genommen, das Szenario eben in der NATO, dass nicht mehr klar ist, welche Rolle die Amerikaner spielen, wie verlässlich die amerikanische Sicherheitsgarantie ist. Für mich sind, und ich möchte das ganz kurz nur sagen, zwei Szenarien eigentlich die entscheidenden. Das eine, in dem sind wir schon, das sind die hybriden Bedrohungen. Das heißt, wenn Sie in letzter Zeit die Berichte gesehen haben, zum Beispiel das Durchschneiden von Seekabeln unter Wasser, wenn Sie Berichte gesehen haben über Cyberangriffe,
Über Angriffe auf kritische Infrastruktur, zum Beispiel Stromversorgung, wäre denkbar. Diese hybriden Angriffe und auch das Testen der NATO, das passiert schon. Und das ist etwas, wo wir uns besser aufstellen müssen. Also was passiert, wenn hier durch einen Cyberangriff die komplette Stromversorgung lahmgelegt wird oder das Internet ausfällt in ganz Deutschland?
Und ein zweites Szenario ist eben, das wird auch immer wieder diskutiert, dass es nicht quasi den Vollangriff auf die NATO gibt, also dass russische Truppen demnächst vor dem Brandenburger Tor zum Beispiel stehen, sondern dass es darum geht, ob Russland vielleicht am NATO-Rand steht,
die Entschlossenheit der NATO testet, NATO-Bündnisgebiet gemeinsam zu verteidigen. Zum Beispiel im Baltikum. Es könnte auch erstmal so sein, dass man nicht klar erkennen kann, ist das ein Angriff tatsächlich oder sind das kleine grüne Männchen, so ähnlich wie wir das auf der Krim gesehen haben. Aber sagen wir, es käme also zu einem Angriff und NATO-Staaten würden
würden sagen, hier Artikel 5. Andere NATO-Staaten würden sagen, das ist nicht Artikel 5 oder wir sind nicht bereit, in einen Krieg zu ziehen für Tallinn oder für Narva. Und das wäre dann nicht nur das Ende der NATO, sondern auch das Ende der Europäischen Union. Wenn man so einen Testfall hätte, ein russisches Testen würde und wir würden nackt dastehen, weil die EU ist eine Solidargemeinschaft und wenn wir in so einem Fall nicht gemeinsam agieren würden, nicht zusammenstehen würden, dann ist, glaube ich, die Grundlage entzogen. Also eine politische Grundlage.
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Wir haben angefangen mit der Wehrpflicht und der Tatsache, dass sie nur ausgesetzt wurde, nicht abgeschafft. Es hieß aber zwischendurch immer, ja faktisch ist die abgeschafft. Was heißt denn dann ausgesetzt? Also wie könnte man sie wieder einsetzen, reaktivieren, wieder anknipsen?
Also man könnte sie durch ein einfaches Gesetz wieder einsetzen und sie würde wieder aktiviert werden in dem besagten Spannungs- oder Verteidigungsfall. Dann würde sie unmittelbar wieder in Kraft treten. Dann wäre es aber eigentlich zu spät, oder? Ja, naja, das würde ich auch argumentieren, dann wäre es zu spät. Aber sie würde dann sofort wieder gelten für alle Männer ab 18. Die könnten dann zum Dienst in der Bundeswehr eingezogen werden bis 18.
Tatsächlich im Krieg bis 60 Jahre, da würde man mit den Reservisten anfangen. Das sind auch auf dem Papier 900.000 in Deutschland. Aber ja, das würde quasi dann unmittelbar gelten. Gut, aber das ist nicht der Fall, über den wir reden, sondern der Fall ist, dass wir politisch beschließen, wir wollen die Wehrpflicht wieder aufleben lassen. Dazu sagen Sie, reicht ein einfaches Gesetz, aber wenn ich das richtig verstehe, also auch eine einfache Mehrheit im Bundestag.
Damit kann man nur reaktivieren, was vorher da war, nämlich eine allgemeine Wehrpflicht für junge Männer. Nicht einen Dienst, an dem auch Frauen beteiligt wären oder so ein allgemeines Pflichtjahr, was auch durch die Diskussionen geistert. Wären Sie generell dafür, die Wehrpflicht auch auf Frauen auszudehnen? Also vielleicht sage ich erstmal, für was ich eigentlich wäre. Ich wäre nämlich eigentlich tatsächlich für so ein allgemeines Dienstjahr für Männer und Frauen beteiligt.
Für alle zwischen 18 und sagen wir 60 Jahre. Und wer das eben in jungen Jahren nicht geleistet hat, weil er in diese Zwischenphase gefallen ist, der kann das in seinem späteren Leben noch leisten. Am Stück oder gestückelt, das müsste man dann gucken. Also ich wäre tatsächlich eigentlich für eine allgemeine Dienstpflicht und dann auch für alle. Und zwar aus einem Grund. Ich glaube, dass eben diese Bedrohungslage, die ich geschildert habe,
nicht nur militärisch ist, sondern dass wir gerade bei diesen hybriden Bedrohungen noch nicht richtig aufgestellt sind, auch noch nicht richtig im Kopf das verstanden haben, wie fragil eigentlich unser System hier in Deutschland ist. Und ich glaube, dass...
sich viele Menschen eher damit anfreunden könnten, sich aussuchen zu können, ob sie es eben bei der Bundeswehr machen oder eben in der zivilen Verteidigung. Und da brauchen wir auch Leute und da brauchen wir auch vor allem Leute, die sich auskennen, also beim Technischen Hilfswerk, bei der Feuerwehr, beim Deutschen Roten Kreuz.
Ich weiß aber, dass dieses Dienstjahr, das ist ja jetzt in der Debatte auch schon lange, Annegret Kramp-Harrenbauer hat das mal vorgebracht, der Bundespräsident hat das vorgebracht, das würde eine Verfassungsänderung bedeuten. Die Mehrheiten haben wir nicht in der jetzigen Legislaturperiode, deswegen ist das ein bisschen vergossene Milch, darüber zu sprechen. Ich wollte es aber einmal nur erwähnt haben. Das heißt, wir alle müssten ran. Sie, Tina. Ja, ich weiß ja nicht, ob Sie schon ran waren.
Ich war schon dran, ja. Ich war schon dran, ja. Ich habe gedient. Aber ja, also das scheint mir eigentlich das angemessenste Modell zu sein. Nochmal nachgefragt, bei dem, was, also Sie haben gesagt, diese Mehrheit ist nicht da, das ist unwahrscheinlich. Also Sie meinen damit die Mehrheit sowohl für ein allgemeines Dienstjahr als auch für eine Beteiligung der Frauen?
Genau, also für eine Beteiligung der Frauen ist die Mehrheit auch momentan im Bundestag nicht da. Die AfD ist zwar für eine Wehrpflicht, aber nur für Männer und die Linke ist generell gegen jegliche Form der Wehrpflicht und bei den Grünen ist es so ein gemischtes Bild. Also wir hätten diese zwei Drittel Mehrheit nicht. Aber auf der anderen Seite...
ist halt, wenn man die Wehrpflicht so wieder einsetzt, wie sie zuletzt war, dann kann man sich halt auch über die Sinnhaftigkeit streiten und auch darüber, ob es nicht dann auch Klagen geben würde. Das war ja auch einer der Gründe, warum sie abgeschafft wurde. Also es war natürlich in erster Linie das Geld, der Sparzwang, die Verteidigungspolitik nach Kassenlage. Aber es lag ja auch daran,
dass die Wehrgerechtigkeit zunehmend umstritten war. Wehrgerechtigkeit ist bei uns ein Prinzip, was sich eben aus dem Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz ergibt. Das heißt, alle zumindest männlichen Staatsbürger haben den Anspruch, dass die Last der Verteidigung gleichermaßen auf alle verteilt wird. Und am Ende 2011 sind halt eben nur noch aus diesem Pool nur noch ganz wenig Leute überhaupt gezogen worden. Und da gab es schon Klagen, da hat sich das Bundesverfassungsgericht immer geäußert,
quasi für die Wehrpflicht noch ausgesprochen. Aber diese Frage würde sich auf jeden Fall stellen, Wehrgerechtigkeit. Und ich könnte mir auch vorstellen, dass diese Frage der Frauen jetzt heute noch mal anders diskutiert werden würde. Und das ist auch da vielleicht, also es gab da auch schon Klagen, muss man auch sagen, in der Vergangenheit. Die sind immer für nichtig erklärt worden.
Aber ich kann mir auch vorstellen, dass es da eine Neubewertung geben könnte, gerade weil Länder wie Dänemark zum Beispiel gerade die Wehrpflicht für Frauen einführen, weil Schweden sie für Frauen und Männer eingeführt hat, weil sie in Norwegen für Frauen und Männer gilt. Und unter dem Gesichtspunkt, ja, könnte ich mir auch vorstellen, dass sich da bei uns einiges bewegen würde, in der Debatte zumindest und dann vielleicht auch in der Rechtsprechung.
Tina, du hast dazu auch eine sehr entwickelte Meinung.
Und dass zum großen Teil auch Thun objektiv in ihrer Biografie benachteiligt sind. Das ist ja keiner Schuld, das kann man auch keinem vorwerfen, aber es ist eine Tatsache. Deswegen fände ich es sozusagen ein Akt der solidarischen Gerechtigkeit, ein Wehrrecht für Frauen einzuführen. Und ich finde, der Feminismus ist ja so ein bisschen schief gewickelt, wenn er einfach nur sagt, alles was die Männer durchsetzen,
dürfen, müssen wir auch dürfen und müssen, sonst ist es keine Gleichberechtigung. Mir fehlt da diese eine Umdrehung. Aber wie gesagt, es ist, glaube ich, eine Minderheitenmeinung. Was steht denn dazu, dem ganzen Thema im Koalitionsvertrag? Ich teile Ihre Meinung nicht so ganz. Ich kann das aber nachvollziehen. Ich würde dann eher so an Gender Pay Gap, Gender Pension Gap und so weiter arbeiten wollen und nicht sagen, weil wir da nicht gleichberechtigt sind, müssen wir jetzt auch
das mit der Wehrpflicht auf die Männer reduzieren. Wobei diese Frage im Grundgesetz eigentlich ja auch geregelt ist. Also es ist gar nicht sicher, ob das verändert würde durch Klagen, weil es tatsächlich ja so ist, dass eine Zwangsverpflichtung von Frauen verboten ist.
Und dass dagegen geklagt wurde bislang und dass sich in der Literatur immer auch unter anderem zum Beispiel mit ihren Begründungen, Frau Hildebrandt genau, dafür entschieden wurde, diese Ungleichbehandlung aufrecht zu erhalten. Im Koalitionsvertrag steht eigentlich dazu das drin, was...
der jetzige Verteidigungsminister Pistorius, der ja vielleicht auch der nächste Verteidigungsminister sein könnte, wollte und was er vorgeschlagen hat. Und das ist ganz toll, das können wir uns nämlich jetzt einmal anhören. Ja. Es geht genau darum, wir wollen die Besten und die Motiviertesten und bieten denen gleichzeitig etwas dafür an.
Das ist im Grunde genommen angelehnt an das, was die Schweden machen. Die Schweden drücken das etwas euphemistisch aus, das passt für Deutschland wahrscheinlich nicht. Sie sagen, wir versprechen dir das beste Jahr deines bisherigen Lebens. So weit würde ich nicht gehen, aber attraktiv soll es sein, sinnstiftend sein und am Ende auch den jungen Männern und idealerweise auch den jungen Frauen dann etwas mit auf den Weg geben.
Wovon redet der Mann? Also was ist das Modell von Herrn Pistorius? Also das Modell ist eben nicht eins zu eins das schwedische Modell, da komme ich gleich zu. Die Idee wäre, dass man jedem Jahrgang, der eben 18 wird, einen Fragebogen zuschickt, einen Musterungsbogen, den man ausfüllen muss. Also die Frauen können sich das aussuchen, da ist es nicht verpflichtend, die Männer müssen das verpflichtend ausfüllen.
Und dass quasi danach dann diejenigen, die das ausgefüllt haben, die in Frage kommen, die auch Interesse haben, dass die gemustert werden und dass man sich da sozusagen bei den Freiwilligen dann diejenigen aussucht, die man dann für die Bundeswehr gewinnen möchte. Das heißt, es ist ein Modell, was auf wirklich sehr weitgehende Freiwilligkeit setzt. Das Einzige, was da verpflichtend ist, ist für Männer das Ausfüllen dieses Fragebogens. Im schwedischen Modell ist das ein bisschen anders.
Deswegen kann man das nicht eins zu eins einfach schwedisches Modell nennen. In Schweden sind es Männer und Frauen, die da betroffen sind und auch verpflichtend. Und in Schweden gibt es wirklich eine Wehrpflicht. Das heißt, in Schweden ist es auch so, dass sie natürlich erstmal versuchen, ihre Kontingente durch Freiwillige zu füllen. Aber in Schweden kann man eben auch gezogen werden, wenn man angekreuzt hat, dass man eigentlich gar nicht zu den Streitkräften will. Ja.
Und in Schweden ist es aber so, und das ist bei uns halt auch ein bisschen anders mit diesem Prinzip der Wehrgerechtigkeit. In Schweden ist das kein verfassungsmäßiges Problem, wenn man aus einem Jahrgang dann eben nur einige zieht bei einer Wehrpflicht. Bei uns ist das mit der Wehrgerechtigkeit dann aber auch so eine Sache. Es ist ja in Deutschland nicht nur die Wehrpflicht ausgesetzt worden, sondern vieles an Infrastruktur, was damit verbunden war, ist verschwunden. Also die berühmten Kreiswehrersatz-
Es sind auch Kasernen umgewidmet worden. Es gibt nicht mehr so viele Ausbilder bei der Bundeswehr. Unser Kollege Erwin Hitzler hat das in einer der letzten Ausgaben der Zeitung mal aufgeschrieben. Jetzt, wenn man sich so anguckt, wie in Deutschland so manche Dinge vorangehen, dann fragt man sich, ob das überhaupt möglich ist in der nötigen Zeit. Sie haben ja die Bedrohungslage geschildert.
das hinzubekommen, das alles wieder aufzubauen? Also das finde ich einen extrem wichtigen Punkt, weil in der Debatte ja manchmal so getan wird, ach, wir führen die Wehrpflicht wieder ein und dann klappt das alles schon. Und dann sind die Probleme der Bundeswehr gelöst. Und das ist überhaupt nicht so. Also die Wehrpflicht ist überhaupt kein Pflaster, was man schnell auf eine Wunde klebt und dann hört es auf zu bluten oder so ein Quick Fix, wie man im Englischen sagen würde. Eben weil wir tatsächlich diese ganze Infrastruktur abgebaut haben, weil es keine Kreiswehrersatzämter gibt, keine Kasernen gibt,
Weil die Wehrdienstleistenden auch im Zweifelsfall gar keine persönliche Ausrüstung hätten, keine Waffen, kein anderes Material, mit dem sie üben können und vor allen Dingen auch keine Ausbilder, die sie überhaupt ausbilden können. Und deswegen ist das...
Etwas, was man erst wieder aufbauen muss. Wir haben ja einen Freiwilligen Wehrdienst, auf dem kann man aufbauen. Man kann das natürlich hochschrauben, aber das geht nicht schnell. Das heißt, die Wehrpflicht ist etwas, was man eben vielleicht sukzessive einführen kann. Deswegen finde ich persönlich ja den jetzt gewählten Weg gar nicht falsch.
mit dem Pistorius-Modell anzufangen und erst mal zu gucken, wie weit man da kommt. Weil also die Wehrpflicht in dem Maße wieder zu beleben, wie wir sie hatten. Und vielleicht zum Vergleich nochmal Zahlen aus den 80er Jahren. Da hatten wir mal eine Bundeswehr, die war fast 500.000 Mann stark aktiv und wir hatten 1,3 Millionen Reservisten. Also das waren die Zahlen, die wir mal hatten und die wir auch bewältigen konnten. Da sind wir sowas von himmelweit von entfernt.
Das dauert Zeit und das kostet vor allen Dingen natürlich auch Geld, das zu machen. Ich habe jetzt mal gelesen, in großer deutscher Gründlichkeit ist das auch alles abrasiert worden. Die Bundeswehr weiß auch nicht mehr, wer diese früheren Reservisten sind, also die alle schon mal Grundwehrdienst hatten, die 1,5 Millionen, von denen Sie, glaube ich, gerade gesprochen haben. Es wurde alles gelöscht, alle Daten sind weg und niemand weiß mehr, wer schon mal gedient hat.
Das war sehr gründlich, aber jetzt auch ein Problem, oder? Genau, also man müsste da sehr viel Wissen erstmal wiedererlangen. Und wie gesagt, das dauert seine Zeit. Ich glaube dennoch, dass es, wenn wir das Personalproblem nicht anders in den Griff kriegen, ich glaube, man muss jetzt erstmal gucken, was denn passiert, wenn jetzt dieser Fragebogen verschickt wird, wie sich die nächsten Jahrgänge da dann zu positionieren, vielleicht auch wie sich die Bedrohungslage verändert wird.
Dann, wenn wir die Zahlen über Freiwilligkeit nicht bekommen, dann ist Wehrpflicht ein Weg, zumindest die Zahl natürlich der Reservisten zu erhöhen, eventuell auch die Zahl der Zeit- und Berufssoldaten. Wobei wir da gerade in Schweden eine interessante Erfahrung machen, wenn man sich da nämlich die Zahlen anguckt. Die haben ja vorher auch ein freiwilliges Modell gehabt, jetzt haben sie so ein Pflichtmodell.
was immer noch sehr viel Freiwilligkeit hat, aber die Zahlen derjenigen, die sich danach als Zeit- oder Berufssoldaten verpflichten, ist rapide runtergegangen im Vergleich zum rein freiwilligen Modell, was sie vorher ein paar Jahre hatten. Und das finde ich dann doch ganz spannend. Also ich glaube, nochmal zurück zu den Problemen der Bundeswehr und was kann die Wehrpflicht eigentlich ändern? Also sowas wie Attraktivität des Dienstes, dass es nicht mehr so große Abbrecherzahlen gibt, dass die Leute das irgendwie auch als sinnstiftend empfinden, das alles.
Da müsste man eben investieren. Und gleichzeitig hat man ein Riesenausrüstungsproblem der Bundeswehr. Man hat viele Sachen nicht ersetzt, die man an die Ukraine abgegeben hat, immer noch nicht. Das heißt, die Herausforderungen, glaube ich, für die Bundeswehr gehen also weit über auch diese Wehrpflichtfrage hinaus. Mhm.
Wir haben hier mal rausgesucht, es gibt eine Studie des Bundesfinanzministeriums aus dem vergangenen Jahr und da werden die volkswirtschaftlichen Kosten der Wiedereinführung der Wehrpflicht auf zwischen 3 und 70 Milliarden, ja gut, das ist jetzt eine große Spanne, geschätzt, je nachdem wie viel Prozent, an wie großer Anteil eines Jahrgangs eingezogen würde. Da sind hauptsächlich die Kosten drin, die entstehen, weil die jungen Menschen dem Arbeitsmarkt später beitreten würden.
Wenn man sich das anguckt, wäre es dann nicht günstiger, doch eine Freiwilligenarmee aufzubauen und einfach die Gehälter zu, weiß ich nicht, verdoppeln? Also ich glaube, man kann natürlich absolut überlegen, wie man die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver macht.
Mit den Gehältern ist das so eine Sache. Ich würde sagen, das spielt zumindest eine ganz große Rolle im Bereich IT-Nerds. Also wenn wir nochmal ganz zurück an den Anfang unseres Gesprächs gehen, welche Bundeswehr brauchen wir und was muss die alles leisten? Die Bundeswehr von heute, die braucht eben auch zum Beispiel Leute, die Cybersecurity und Cyberwar beherrschen. Das sind IT-Spezialisten, die in der freien Wirtschaft enorm viel mehr verdienen. Und da kann man zum Beispiel sehr wohl auch überlegen, was man für Anreize setzen kann,
Also die Attraktivität der Bundeswehr kann man erhöhen, aber wenn man auf die Zahlen nicht kommt, dann ist es eben dennoch so, dass man ja irgendwie die quasi Wehrfähigkeit des Landes und auch die Wehrfähigkeit unter unserem Beitrag in der NATO sicherstellen muss. Und wenn man sich mal unser europäisches Umfeld anguckt, also Schweden, habe ich ja schon erwähnt, hat die Wehrpflicht schon länger wieder eingeführt. 2018, Norwegen hat sie seit 2015 für Männer und Frauenbewegungen.
und Frauen. Finnland hat sie überhaupt nie ausgesetzt. Dänemark hat sie eingesetzt und führt sie jetzt für Frauen ein. Island hat sie nie ausgesetzt. Litauen hatte sie aufgehoben, hat sie jetzt wieder eingesetzt. Und Lettland hat die Wehrpflicht auch gerade wieder eingeführt. Also
Das scheint ja so zu sein, dass es eine Debatte ist, die jetzt nicht nur wir in Deutschland isoliert fühlen, wo wir auf irgendeinem Planeten sind und auf irgendeine schräge Idee gekommen sind, sondern das scheint ja etwas zu sein, was sich irgendwie aus der Bedrohungslage auch in unserem europäischen Ausland niederschlägt, eben gerade bei den Ländern, die sich gerade besonders bedroht sehen. Der Trend geht zur Wehrpflicht. Ja, das kann man so sagen. Herr Heinrich, du hast das ja am Anfang gesagt. Im Moment wird diese Frage teilweise sehr leidenschaftlich, emotional und auch aufgeregt diskutiert.
Und es wird immer gegossen in die Formel, wärst du bereit für Deutschland in den Krieg zu ziehen oder wärst du bereit für Deutschland zu sterben oder wäre man bereit, seine Kinder in den Krieg ziehen zu lassen. Und es gibt viele jüngere Menschen, die sagen, das ist ungerecht, dass jetzt die Älteren, die Boomer uns hier zum Wehrdienst verpflichten wollen. Und da hast du eine dezidierte Meinung zu Heinrich, ne?
Ich verstehe das Argument, aber das Argument geht ja noch weiter. Die sagen ja, ihr habt selber nicht gedient, jetzt schickt ihr uns an die Front. Das bezieht sich vor allen Dingen auf diese Jahre dazwischen oder nur sehr kurz. Da würde ich dann immer sagen, ja, aus der Argumentation bin ich raus, ich ziehe mir das nicht an. Ich war bei der Bundeswehr, ich habe da 15 Monate gedient, wie das heißt, waren eigentlich eher langweilige, war eine langweilige Zeit.
War auch eine andere Zeit, war mitten im Kalten Krieg. Ich bin in Hamburg aufgewachsen und 70 Kilometer entfernt war die innerdeutsche Grenze und standen rovertische Panzer. Also dieses Argument, dass wir nichts gemacht haben und jetzt die anderen verpflichten wollen, ich bin da jedenfalls nicht dabei. Ich finde, jetzt können die auch was tun. Aber das, was ich dazu sage, ist ja nur am Rande interessant. Was sagen Sie dazu?
Also ich verstehe das Argument von jungen Leuten, dass sie sagen, wir müssen sowieso schon sehr viel ausbaden, was ihr verbockt habt. Stichwort Klima, aber auch jetzt Stichwort Schulden. Da kann man vielleicht auch nochmal neu drüber nachdenken. Also die ganzen Schulden, die wir jetzt aufnehmen, muss ja irgendjemand auch mal irgendwann in der Zukunft zurückzahlen. Deswegen komme ich nochmal zurück auf mein Petitum. Allgemeines Dienstjahr für alle verpflichtend, was auch mich zum Beispiel noch betreffen würde.
Ja, also ich verstehe das. Ich glaube, das ist letztendlich, wenn es aber jetzt darum gehen würde, das tatsächlich wieder einzuführen. Also in dieser Legislaturperiode wird das ja erstmal zunächst nicht so sein. Also es hat Friedrich Merz ja bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages gesagt, man setzt zunächst auf das Pistorius-Modell. Deswegen glaube ich schon, dass es letztendlich eine Frage dann wäre, die sich für die junge Generation der jetzt 18-Jährigen und bis 24 erst mal stellen würde.
Können wir noch einmal sortieren. Die Wehrpflichtigen wurden zumindest ja früher nicht gegen ihren Willen in Einsätze geschickt. Wir haben jetzt öfter über den Kriegsfall gesprochen. Wir wissen nicht, ob der eintritt.
Wie wäre das? Also wir hätten jetzt wieder eine Wehrpflicht, das würde Wehrpflichtige geben, die würden aber weiterhin nicht in einen Einsatz geschickt oder wie wäre das in dem von Ihnen beschriebenen Spannungsfall, also einer Situation, wo vielleicht noch kein Krieg da ist, aber wo es eine angespannte Sicherheitslage gibt?
Also vielleicht gehen wir erstmal nochmal einen Schritt zurück, weil ich glaube, dass wir das in dem Podcast noch nicht genug besprochen haben, warum wir das auch überhaupt machen, neue Bedrohungslage. Es geht ja in allererster Linie darum, dass wir einen Krieg abschrecken. Das heißt, es geht nicht darum, dass wir jetzt einen Krieg führen wollen, sondern dass wir uns damit auseinandersetzen, dass wir vielleicht, wenn
Wenn es ganz schlimm kommt, einen Krieg führen müssen, dass wir gezwungen werden, uns zu verteidigen und dass wir uns jetzt überlegen, wie wir das am besten machen. Aber in der Bundeswehr galt im Kalten Krieg, Krieg führen können, um nicht Krieg führen zu müssen. Also das oberste Ziel und ich glaube, das würde ich jetzt auch mal allen in der Bundeswehr unterstellen oder allen, die für eine Einführung der Wehrpflicht plädieren, ist nicht, dass wir jetzt kriegslustig geworden sind.
Bei der Wehrpflicht ist es so, ich glaube, was Sie meinen mit den Auslandseinsätzen sind die Auslandseinsätze der Bundeswehr der Vergangenheit, zum Beispiel Afghanistan oder auch Mali. Die Idee ist ja auch mit der Reserve und das muss man jetzt vielleicht auch mal so beobachten.
hart sagen, in einem Kriegsfall. Also wir würden angegriffen, sagen wir, das Baltikum würde angegriffen, die NATO würde sich in einem Krieg mit Russland befinden, dann würde natürlich zunächst, würden quasi die Leute, die da schon vorne stehen und die dann nachrücken, also die Zeit- und Berufssoldaten würden diese Aufgabe erstmal wahrnehmen, der Verteidigung, aber
Dann ist die Frage, was passiert, wenn die sterben, wenn die verletzt sind. Und dann ist es natürlich so, dass die Reserve da eine Rolle spielen würde, dass die in dem Fall gezogen würde. Und dass, wenn man mal Wehrpflicht geleistet hat, heutzutage man nicht mehr ausschließen kann, dass man in einem Verteidigungsfall eben dann auch zur Verteidigung Deutschlands herangezogen wird. Oder zur Verteidigung Litauens. Oder zur Verteidigung des NATO-Bündnisgebietes. Richtig.
Es ist so, dass man jetzt die Reserve, die man aufbaut, erstmal vermehrt für den Heimatschutz aufbaut. Da gibt es auch besondere attraktive Modelle, dass man sich da melden kann und dass es eben auch eine Aufgabe gäbe natürlich in Deutschland, das haben wir ja schon besprochen.
Was aber wir noch gar nicht besprochen haben, ist natürlich, dass niemand in Deutschland zum Dienst an der Waffe gezwungen wird. Das ist mir jetzt hier auch nochmal ganz wichtig in dieser ganzen Debatte, kommt nachher auch bei meinem Flop5, aber wir haben im Grundgesetz verankert und zwar insbesondere für den Kriegsfall das Recht, jeder Wehrpflichtige, der hätte das Recht, den Dienst an der Waffe zu verweigern. Das müssen wir vielleicht auch nochmal festhalten.
Und zwar auch erst in dem Moment, wenn es losgeht? Also ich habe das tatsächlich nochmal genau nachgelesen, weil es da gerade ein etwas kurioses Urteil gab jüngst. Es ist so, dass sie in Deutschland, das ist für den Kriegsfall gemacht, dieses Recht auf quasi den Dienst an der Waffe aus gewissen Gründen zu verweigern, ist von 1948 sogar älter als die Bundeswehr, ist die Lehre aus zwei Weltkriegen. Und ja, natürlich würde in Deutschland...
niemand dazu gezwungen werden können. Es gibt dieses im Grundgesetz verankerte Recht. Und das heißt, man müsste mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht auch den Ersatzdienst? Ja, das natürlich. Absolut. Wenn man die Wehrpflicht wieder einführte, müsste man auf jeden Fall auch einen Wehrersatzdienst wieder einführen. Andere Frage passt jetzt, glaube ich, ganz gut. Es gibt auch viele Leute, die sagen, nicht nur dieses Boomer-Argument Ungerechtigkeit, sondern die sagen,
wenn es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommt, dann haue ich lieber ab aus Deutschland oder lerne jetzt schon mal Russisch und lasse mich lieber besetzen, als das Land zu verteidigen und mein Leben aufs Spiel zu setzen. Was sagen Sie solchen Leuten? Ich glaube, wir leben in einer Demokratie. Ich finde das wichtig, dass wir diese Debatte führen. Das ist nicht meine Meinung, aber wenn man sich die Erzählungen von
vielen Menschen anhört, jetzt noch in der Debatte, die den Zweiten Weltkrieg mitgemacht haben. Also diese Einstellung, lieber Rot als Tod, ist ja jetzt auch nicht etwas Neues.
Ja, wie gesagt, das ist nicht meine Einstellung. Ich glaube, dass wir genug haben, was wir oder was ich verteidigungswert finde. Wenn es aber Leute gibt, die sagen, diesen Staat, mit dem kann ich nichts anfangen, den würde ich nicht verteidigen oder ich lasse mir das nicht aufzwingen, dann wäre meine Frage zurück vielleicht, wie viel man von dem Staat denn schon in Anspruch genommen hat, weil ich finde, das ist ja...
Das ist ja Rechte und Pflichten. Aber diese grundsätzliche Meinung, finde ich, in der Debatte, die müssen wir aushalten. Die muss auch ich aushalten. Weiß man eigentlich, wie viele diese Meinung vertreten? Also die wird ja im Moment teilweise prominent vertreten, auch in Talkshows und kriegt natürlich sehr viel Aufmerksamkeit.
Das sind aber eigentlich ja letztlich nur sehr wenige, die da sprechen. Gibt es darüber Erkenntnisse, wie verbreitet das ist? Also es gab jetzt eine, im März war das eine Umfrage, ich glaube, das war der Deutschlandtrend. Das müsste ich aber nochmal nachschauen. Da wurde gefragt, sind Sie quasi dafür, die Wehrpflicht in jetziger Form wieder einzuführen oder man konnte auch angeben, sind Sie dafür, Wehr- oder Zivildienst für Frauen und Männer einzuführen oder
In dieser Umfrage gibt es eine Mehrheit der Bevölkerung, auch noch eine sehr signifikante Mehrheit der Bevölkerung, für die Einführung der Wehrpflicht. Der größte Anteil war dafür, Wehr- und Zivildienst für Männer und Frauen einzuführen. Das heißt, ich glaube, das ist tatsächlich da ein...
eine Mehrheit in Deutschland gibt. Aber auch da, kommen wir noch mal zu den Boomern und der Generationengerechtigkeit, ist es so, dass die Zahlen, also dass quasi die Unterstützung für entweder die Wiedereinführung oder einen neuen Wehrdienst zunehmend, je älter man wird, also je weniger man davon betroffen ist. Das finde ich dann auch ein bisschen wohlfeil. Aber selbst in den jüngeren Jahren ist es nicht so, dass sich das keiner vorstellen kann, zur Bundeswehr zu gehen, in Umfragen, die ich kenne. Mhm.
Vielleicht kann man diese Umfrage ja in die Shownotes oder so verlinken. Die war im März 2025. Machen wir. Guter Punkt. Ich frage mich die ganze Zeit, ob es vor allen Dingen so etwas wie Solidarität oder genauer gesagt ein gemeinsames Verständnis davon geben muss, was man eigentlich gemeinsam verteidigen will und dass wir das vielleicht noch gar nicht haben.
Das ist mir ganz wichtig. Es gibt ja die Rahmenrichtlinie Gesamtverteidigung, hat vielleicht der ein oder andere schon mal gehört. Die alte war von 1989, die ist aber jetzt gerade im letzten Jahr überarbeitet worden und neu veröffentlicht worden. Und da steht eben drin, dass
Sicherheitsvorsorge, Verteidigung keine gesamtstaatliche Aufgabe ist, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das heißt, das wäre mir eigentlich ein Anliegen oder das ist was, wofür ich oft werbe, wenn ich öffentlich spreche, dass wir ein neues Verständnis entwickeln, einmal was die Fragilität unserer Gesellschaft
freiheitlich-demokratischen Grundordnung betrifft, unseres Systems hier auch tatsächlich einfach so banale Dinge wie unsere kritische Infrastruktur, also die Tatsache, dass wir hier Strom-, Wasserversorgung, Energieversorgung, dass das alles garantiert ist und dass wir das für so selbstverständlich nehmen, dass wir das vielleicht nochmal überdenken sollten und dass eben diese
ein anderes Bewusstsein, vielleicht das Ende der Vollkasko-Mentalität. Wir sind in einer bedrohten Umgebung und jeder Einzelne ist davon betroffen. Für mich ist dieser Staat schützenswert und jeder kann einen Beitrag leisten und das muss nicht mit dem Dienst an der Waffe sein. Deswegen immer auch mein Petitum, wir müssen viel mehr über zivile Verteidigung reden, wir müssen viel mehr über die Blaulichtorganisationen reden. Schon allein, weil in Zukunft auch sowas wie
Klima- und Naturkatastrophen ja tendenziell zunehmen werden und wir beim Ahrtal ja auch gemerkt haben, wie dünn oder wie blank, wenn wir jetzt mit dem Inspekteur des Heeres sprechen würden, wir auch da in einigen Bereichen sind. Das heißt, was ich mir wünschen würde, wäre eigentlich tatsächlich eine neue gesamtgesellschaftliche Diskussion über Sicherheit und Gesamtverteidigung und was das für die Gesellschaft bedeutet.
Wenn Sie die Wahl hätten, angenommen, es wäre jetzt in Ihrem Sinne, das wäre eingeführt, die Dienstpflicht, ja genau, welche Art von Dienst würden Sie selbst wählen? Ich würde glaube ich tatsächlich zu den Streitkräften gehen, aber die brauchen ja eben nicht nur Leute, die vorne kämpfen, da geht es ja dann auch um körperliche Fitness und Alter, aber ich würde da glaube ich eine Rolle für mich sehen.
Ich frage mich in dieser ganzen Debatte auch immer, Tina hat es vorhin gesagt, sind Menschen bereit dafür, Deutschland zu verteidigen, am Ende für Deutschland zu sterben? Ist das möglicherweise schon eine falsch gestellte Frage? Verteidigt man eher die eigene Familie, die eigenen Kinder, die Freiheit, aber nicht Deutschland?
Das ist eigentlich einer meiner Top Five auch wieder. Also weiß ich nicht, ob wir das jetzt machen. Sagen Sie mal, Ken. Also ich habe ein Zitat mitgebracht von Ole Niemann, der in der Zeit tatsächlich in diesem großen Aufsatz, der eigentlich, glaube ich, die Vorlage für sein Buch war, geschrieben hat, wenn ich mir die Frage stelle, wofür ich zu kämpfen bereit wäre, dann muss ich ehrlich sagen, für fast gar nichts und schon gar nicht für mein Land, nicht für diesen Staat und auch nicht für Europa kämpfen.
Und ich weiß noch, dass ich den Aufsatz gelesen habe und direkt an die Ukraine gedacht habe und gedacht habe, das ist ja eigentlich gar keine Wahl, die die Leute da hatten. Also viele Leute da hatten zumindest nicht die Wahl und
Die Soldaten dort, ich habe mit einigen dort gesprochen, als ich in der Ukraine war oder auch mit ukrainischen Soldaten in Deutschland, die sagen ganz überwiegend, wir kämpfen für unsere Zukunft und wir kämpfen vor allen Dingen für die Zukunft unserer Kinder. Wir kämpfen dafür, dass unsere Kinder einmal leben.
besser aufwachsen und nicht immer befürchten müssen, dass der nächste Krieg wieder ausbricht. Und dieser Krieg wurde den Ukrainern ja nun aufgezwungen. Sie haben den nicht selber gewählt und die, die da kämpfen, kämpfen ja vor allen Dingen auch für jene, die nicht abhauen können. Das heißt, die kämpfen für die, die zu alt sind und nicht rechtzeitig rauskommen, die krank sind, die das Geld nicht haben, die sich vielleicht das Leben in einem anderen Land nicht vorstellen können. Das heißt, sie kämpfen für die, die
die nicht kämpfen können oder die eben nicht weglaufen können und die andernfalls unter einer Besatzung leben müssten, die eine Schreckensherrschaft ist. Und auch da hilft, glaube ich, der Blick in die besetzten Gebiete der Ukraine. Deswegen finde ich, ja, also man kämpft für, ich glaube, die Soldatinnen und Soldaten, die ich kenne, die würden sagen, sie kämpfen auch für
für unsere Art zu leben, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Wir kommen zurück zum feierlichen Gelöbnis dafür, dass wir hier alle so leben können, wie wir jetzt leben, dass das weitergeht, dass wir nicht unter einer Schreckensherrschaft oder unter einer Besatzung leben müssen. Jetzt sind wir schon mit einem Fuß in den Flop 5. Wollen wir uns da komplett reingleiten lassen? Da springen wir jetzt volle Kanne rein. Die Flop 5.
Eigentlich habe ich nur noch die Flop 3, weil eins haben wir auch schon diskutiert. Ich hatte aufgeschrieben diesen Spruch, wir haben einen viel größeren Wehretat als Russland. Darauf bin ich ja schon eingegangen, dass das Aufaddieren nicht aussagekräftig ist. Dann hätte ich noch ein Zitat von Richard David Precht, was er, ich glaube, in einem Podcast gemacht hat. Da sagt er sowas wie, wir steigern uns von Tag zu Tag in eine immer größere Bedrohungsfantasie hinein.
Und er spricht dann von Massenwahn. Und dazu würde ich jetzt sagen, dass die Tatsache, dass wir jetzt darüber diskutieren, wie wir einem uns aufgezwungenen Verteidigungskrieg, quasi wie wir dem begegnen würden und wie der aussehen würde, wie dessen Vorstufen konkret aussehen würden und dass wir uns darauf vorbereiten, damit auseinandersetzen, das diskutieren. Das heißt ja nicht, dass wir uns in eine Bedrohungsfantasie hineinsteigern, sondern das heißt, dass wir uns bewegen,
auf etwas vorbereiten, was wir natürlich nicht wollen, dass es eintritt. Das heißt ja nicht, dass jemand diesen Krieg führen will. Aber mein Vergleich ist dann immer, oder ich erinnere mich immer an die Tage vor der russischen Vollinvasion im Januar 2022 und auch schon im Dezember 2021. Da hatte ich Kontakt mit Vertretern der US-Botschaft oder auch der britischen Botschaft, die
gesagt haben, wir haben Erkenntnisse, dass dieser Krieg kurz bevorsteht. Und ich weiß noch die Debatte in Berlin und auch die Hintergrundgespräche, die ich hatte mit Politikern, aber auch
vielen Leuten aus den Ministerien, wo wirklich die ganz überwiegende Zahl nicht damit gerechnet hat, dass dieser Krieg passiert. Und 2014 mit der Krim-Annexion hatten wir das auch schon mal. Und dann denke ich mir so, was wir doch jetzt gerade machen, ist doch eigentlich, dass wir versuchen, den Worst Case diesmal vorzudenken, mitzudenken und eben nicht überrascht zu sein, sondern ein Szenario zumindest im Kopf durchzuspielen und uns dafür vorzubereiten, was leider, leider nicht mehr unwahrscheinlich ist. Das war Ihr Flop-
Vier oder drei, je nachdem. Genau. Dann habe ich noch, auch aus Ihrer Zeitung, den habe ich nämlich auch sehr gerne gelesen, den Aufsatz oder den Artikel von Nele Polacek. Da hat sie so nur eine Passage, wo sie so insinuiert, Söhne zwingen für ihre Eltern zu sterben. Und das ist für mich Teil dieser ganzen Debatte. Ich möchte nicht gezwungen werden, eben zu kämpfen.
Oder so wie Reinhard Malmer gesagt hat, meine Söhne gebe ich nicht. Und da möchte ich nochmal, ich hatte das ja vorhin schon angesprochen, auf Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes verweisen. Da steht nämlich drin, niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Und das steht seit, ich habe mich vertan, steht seit 1949 im Grundgesetz. Und es ist eben für den Kriegsfall zugeschnitten. Und gerade in diesem gilt er. Das heißt...
Wer heutzutage nicht den Dienst an der Waffe leisten möchte, muss das nicht. Er könnte Zivildienst machen, wenn es wieder eine Pflicht gäbe. Aber auch im Kriegsfall wird niemand dazu gezwungen, die Waffe in die Hand zu nehmen und zu kämpfen. Wozu man allerdings verpflichtet werden könnte, ist, dass man eine andere Aufgabe zugewiesen bekommt. Also zum Beispiel die Mithilfe im Krankenhaus oder beim Brandschutz oder
oder sowas. Natürlich kann man auch da noch sterben, das wollte ich jetzt nicht damit insinuieren. Wir müssen ja in der Ukraine gerade wieder schrecklicher Vorfall in Sumi, das heißt, man kann auch durch die Bombardierung von Städten ziviler Infrastruktur sterben, aber dieses die Söhne zwingen für die Eltern zu sterben, finde ich ein falsches Framing. Also in so einem Staat leben wir einfach nicht. Genau. Und mein letzter Flop ist
das ist jetzt nur mittelbar mit der Wehrpflicht verbunden, wir brauchen die europäische Armee. Und damit habe ich nicht per se ein Problem. Ich bin überzeugte Europäerin. Ich finde, wir brauchen dringend mehr europäische Kooperation. Aber es wird jetzt oft so gesagt, bevor wir jetzt über Wehrpflicht oder so sprechen, müssen wir doch vielleicht das im gesamteuropäischen Kontext und
Und für mich ist das manchmal so eine Alibi-Diskussion, über die europäische Armee zu sprechen. Wir sprechen schon seit Dekaden darüber, sind da keinen Schritt weiter gekommen. Und für mich wäre es viel, viel sinnvoller zu sprechen über Konflikte,
wie können wir quasi die Zusammenarbeit zwischen europäischen Streitkräften stärken? Wie können wir sicherstellen, dass wir nicht mehr so viele verschiedene Waffensysteme haben, sondern uns auf gemeinsame Systeme einigen? Wie können wir vielleicht zusammen einkaufen? Wie können wir auch tatsächlich unsere Armeen mehr zusammenlegen? Deutschland und die Niederlande haben eine ganz enge Kooperation. Das, finde ich zum Beispiel, sollte ausgebaut werden, auch mit anderen Ländern. Aber so diese europäische Armee als Chimäre jetzt wieder in die Debatte zu bringen, ist mir jetzt öfter wieder passiert, finde ich einfach bemerkenswert.
Frau Poljerin, wir brauchen noch von Ihnen Hoffnung. Jeder von unseren Gästen, den bitten wir am Ende uns noch einen Satz oder einen Gedanken mitzugeben, der eben Hoffnung oder ihr macht. Also es ist jetzt vielleicht ein bisschen pathetisch, aber ich glaube, es gibt, ich weiß nicht, ob es der Bundespräsident war, der gesagt hat, wir leben im besten Deutschland, was wir je hatten.
Und das gibt mir tatsächlich Hoffnung, dass das viele Menschen so sehen, dass das ein Land ist, was schützenswert ist, dass sie sich auch mit diesem Staat, auch wenn viele Leute, das sehen wir auch in den Wahlergebnissen, damit Schwierigkeiten haben, trotzdem insofern identifizieren können, dass sie sagen, der Staat, das sind im Prinzip wir alle, das ist das, was wir draus machen und das ist unsere Gesamtaufgabe und so ist auch die Verteidigung unsere Gesamtaufgabe. Und ich muss sagen, klar haben wir eine hitzige Diskussion, es gibt kontroverse Stimmen,
Von allen Seiten. Aber ich finde eigentlich, wenn ich so öffentlich rede und danach auch gerade mit jungen Leuten, habe ich jetzt die Erfahrung gemacht, dass die total verstehen, worum es geht. Und dass die, auch wenn die sagen, sie können sich Wehrpflicht nicht vorstellen, dass die sagen, aber THW könnte ich mir vorstellen, Rotes Kreuz könnte ich mir vorstellen.
Und dass die Gesellschaft da eigentlich, habe ich das Gefühl, eigentlich schon wirklich verstanden hat, dass diese Vorkaskoversicherung nicht mehr greift und dass jeder gefragt ist und dass es auch eine doch große Bereitschaft gibt, sich einzubringen. Vielleicht nicht von allen, aber doch immer noch von einem echt großen Teil.
Das war es wieder, das Politik-Teil, der politische Podcast von ZEIT und ZEIT online. Wenn Sie uns schreiben wollen, liebe Hörerinnen und Hörer, mit Anregungen, mit Ihren Erfahrungen mit der Bundeswehr oder mit Vorschlägen, wen wir als Gast einladen sollen, dann schreiben Sie uns an die bekannte Mailadresse daspolitikteil.zeit.de.
Und wir sagen danke. Danke an DynCore, die uns unterstützt hat bei der Recherche. Danke an Jona von den Pool Artists und natürlich vor allem an Sie, Frau Puljerin, dass Sie bei uns waren und uns so viel erklärt haben. Ich finde, es war echt viel Neues dabei. Sie haben wirklich viele Gedanken, glaube ich, in die Debatte nochmal gebracht, die da gar nicht so eine große Rolle oft spielen im Moment. Herzlichen Dank.
Sehr gerne. Nächste Woche sind Iliana und Peter dran mit der nächsten Folge von Das Politikteil. Und wenn Sie bis hierher zugehört haben, liebe Hörerinnen und Hörer, dann haben wir jetzt noch eine Bitte an Sie. Wir wollen Sie noch besser kennenlernen, auch um unsere Podcasts dadurch noch besser zu machen. Deswegen findet gerade eine große Podcast-Studie statt und wir würden uns wahnsinnig freuen, wenn Sie daran teilnehmen. Den entsprechenden Link finden Sie in den Shownotes unten.
Machen Sie mit, erzählen Sie uns ein bisschen über sich, dann können wir unser Podcast vielleicht noch besser machen. Vielen Dank, das war's. Auf Wiedersehen. Tschüss. Das Politik-Teil ist ein Podcast von Zeit und Zeit Online, produziert von Pool Artists.