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Iran und Israel: "Dieser Moment ist so gefährlich."

2025/6/20
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Das Politikteil

AI Deep Dive AI Chapters Transcript
People
L
Lea Frese
Topics
Jan Ross: 我在耶路撒冷报道这场战争,这里的生活在书桌、导弹袭击和掩体之间切换。我认为内塔尼亚胡的目标是多方面的,既包括削弱伊朗的核计划,也包括应对伊朗的弹道导弹计划,以及可能存在的政权更迭的希望。虽然以色列的军事实力强大,但我对他们是否真正理解伊朗社会以及这次袭击对伊朗社会的影响表示怀疑。这场战争与加沙战争不同,因为对伊朗的行动可以中止,并宣布目标已经达成。内塔尼亚胡对伊朗的对抗是他毕生的主题,虽然可能存在机会主义动机,但这确实是他的核心信念。许多以色列人认为,现在发生的事情是绝对必要的,他们长期以来一直持有这种观点。加沙的情况并没有好转,世界正在遗忘加沙,人们担心内塔尼亚胡会通过做一些西方人认可的事情来洗清自己。很难确定暴力来自何方,但情况并没有好转。 Lea Frese: 我最近在伊朗,那里的人们对以色列的袭击感到非常惊讶。德黑兰和其他城市的居民没有掩体,他们最初试图躲避袭击,但随着战争的升级,以色列开始攻击民用目标,包括能源基础设施,德黑兰被要求疏散。人们正在逃离德黑兰,但这座城市有1500万人口,交通拥堵,很难离开。这也在一定程度上加剧了恐慌。人们对伊朗政权的软弱感到惊讶,但镇压国内叛乱并不需要导弹,简单的枪支就足够了。内塔尼亚胡直接向伊朗人民发表讲话,说现在是他们摆脱政权并获得自由的机会,但这种说法并没有得到广泛的回应。伊朗拥有多层次的防御体系,其中最重要的是该地区的民兵组织,这些组织逐渐被削弱,这是伊朗最重要的防御和军事力量,现在以色列正在攻击伊朗本身。以色列采取双管齐下的战略,削弱对手的同时,通过沟通来鼓励伊朗人民反抗,但以色列人并不真正了解他们所面对的人。 Holger Stark: 加沙地带的军事目标已经不复存在,这场战争很可能出于政治算计而持续进行。内塔尼亚胡认为,伊朗虚弱、哈马斯被摧毁、真主党虚弱、叙利亚政权更迭以及伊朗政府虚弱,这是一个历史性的机会。以色列不顾与美国的争议,抓住机会摧毁伊朗的核计划。华盛顿正在就美国是否应介入冲突进行激烈的讨论,存在鹰派和孤立主义者两种观点。特朗普面临着进退两难的境地,一方面他不想介入战争,另一方面内塔尼亚胡让他难堪。特朗普要求伊朗无条件投降,并威胁要杀死伊朗精神领袖,这可能是为了向伊朗施压。如果伊朗投降,特朗普就能实现他的目标,即和平解决这场战争,并摧毁伊朗的核计划。如果使用掩体炸弹,可能会摧毁伊朗在福尔道的地下核设施,这将对伊朗的核计划造成重大打击。如果美国介入战争并提供炸弹,这将对国际社会和以色列来说是一个巨大的政治成功,但也可能导致特朗普被视为战争总统。如果政权垮台,以色列和美国都没有后续计划,这可能导致像伊拉克那样的内战和恐怖主义浪潮。我们正在见证一个崩溃的过程,哈马斯在以色列南部崩溃,真主党在以色列北部崩溃,阿萨德政权作为伊朗的忠实盟友崩溃,伊朗也出现了部分崩溃。伊朗政权对以色列的威胁、恐怖和消灭愿望已经结束,这对以色列来说是个好消息。当一个政权崩溃时,通常会进入一种虚弱状态,这种状态会通过相应的方法来弥补,在这种情况下,就是用恐怖主义代替国家威胁。在虚弱的状态下,这些网络可能会被激活,我们可能会进入恐怖主义作为虚弱的表达的阶段。

Deep Dive

Chapters
Die aktuelle Eskalation zwischen Iran und Israel stellt einen neuen Höhepunkt der Gewalt dar. Israels Ziele sind vielschichtig und umfassen sowohl die Schwächung des iranischen Atomprogramms als auch die Hoffnung auf einen Regimewechsel. Die Situation in Jerusalem ist angespannt, mit Luftalarmen und Schutzraumaufenthalten.
  • Israelischer Großangriff auf den Iran mit vielen Toten unter Atomforschern und Kommandeuren
  • Wellen von Raketen- und Drohnenangriffen beider Seiten
  • Israels Kriegsziele: Schwächung des iranischen Atomprogramms und ballistischen Raketenprogramms, möglicher Regimewechsel
  • Unsicherheit über Netanjahus wahre Motive: Ablenkung von innenpolitischen Problemen oder tiefe Überzeugung von der iranischen Bedrohung?

Shownotes Transcript

Das Politik-Teil, der wöchentliche Politik-Podcast von Zeit und Zeit Online. Israel hat einen Großangriff auf den Iran gestartet. Mindestens sechs iranische Atomforscher und viele hochrangige Kommandeure sind tot. Luftalarme in Tel Aviv.

In der Nacht kamen die iranischen Angriffe auf Israel in mehreren Wellen. Die meisten Geschosse konnten nach Angaben des Militärs abgefangen werden, doch nicht alle. Das israelische Militär setzte ebenfalls seine Angriffe auf Ziele im Iran fort und hat nach eigenen Angaben die Lufthoheit über die Hauptstadt Teheran errungen. Rauch über Teheran. Viele Menschen fühlen sich in der Hauptstadt nicht mehr sicher und sind geflohen. Teile der Metropole gleichen einer Geisterstadt.

Hier ist wieder das Politik-Teil, der politische Podcast der Zeit. Mein Name ist Tina Hildebrandt. Und ich bin Heinrich Wehfing. Seit einer Woche befinden sich Iran und Israel im Krieg.

Nach einer Serie von vernichtenden Luftangriffen der israelischen Luftwaffe überziehen sich die beiden lange verfeindeten Staaten mit Wellen von Raketen und Drohnenangriffen. Israel behauptet, es habe mittlerweile die Lufthoheit mindestens über Teilen von Iran und attackiert weiter iranische Militärführer, Stützpunkte, Atomanlagen und Ölraffinerien.

Iran feuert derweil Raketen auf Israel. Auf beiden Seiten gibt es Tote und Verletzte im Iran, nach allem was wir wissen allerdings weit mehr als in Israel. Wir werden auch darüber sprechen, warum das so ist. Worauf zielt Israel? Wie sehr ist der Iran geschwächt?

Wird US-Präsident Donald Trump an der Seite Israels mit in den Krieg einsteigen? Und wie verändert der Konflikt zwischen Iran und Israel die Machtverhältnisse in der gesamten Region? Darüber sprechen wir heute mit gleich drei unserer Kollegen. Zwei davon beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit der Region. Der eine hat immer ein Ohr an den Geheimdiensten, war selbst mal Korrespondent in Washington und hat exzellente Kontakte in die USA.

Und alle drei sind regelmäßig zu Gast hier bei uns in das Politik-Teil. Aus Jerusalem zugeschaltet ist der Israel-Korrespondent der ZEIT, Jan Ross. In Hamburg sitzt Lea Frese, die lange für uns das Büro in Beirut geleitet hat und auch kürzlich erst im Iran war. Und aus Berlin werden wir zwischendurch einmal Holger Stark hereinschalten. Er ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Investigativ-Ressorts der ZEIT. Herzlich willkommen, ihr drei.

Herzlich willkommen, ihr drei. Hey, hallo. Hallo. Hallo. Wir müssen einmal vorweg wieder mal deutlich sagen, wann wir aufnehmen, nämlich am Mittwochfrühnachmittag. Und die Lage ist extrem unübersichtlich und wir wissen nicht, was die nächsten Stunden und Tage bringen. Da könnte sich also noch einiges ändern. Zwei unserer Gäste haben ein Geräusch mitgebracht und in das erste hören wir jetzt mal rein.

Das ist unangenehm. Das ist von Ihnen, Jan, oder? Ja, das ist unangenehm. Es steht auch für was Unangenehmes. Das ist das Geräusch, das das Heimatkommando der israelischen Armee auf alle unsere Kommunikationsgeräte in dem Augenblick legt, in dem wir uns in die Nähe eines Bunkers begeben sollten, weil Angriffe bevorstehen. Und dann das zweite Geräusch.

Lea, was war das? Das ist der Ton, den man kriegt, wenn man eine WhatsApp-Nachricht kriegt. Und im Moment bekomme ich eben ganz viele aus der ganzen Region, bin mit Leuten im Iran in Kontakt, in Israel, in Gaza, im Libanon, weil sich dieser Konflikt, ich kenne das Sirenengeräusch, lieber Jan, auch noch sehr gut aus der Anfangszeit, als ich selber da war. Und inzwischen hat sich dieser Krieg so ausgeweitet, der ja in Gaza eigentlich begann. Jan, lass uns mal mit dir starten.

Du bist in Jerusalem. Wo bist du da genau und wie ist die Lage im Moment? Ich bin zu Hause an meinem Schreibtisch. Also wenn ich jetzt im Schutzraum wäre, dann könnten wir das nicht machen wegen der Verbindungen.

Ich lebe ja im Stadtzentrum von Jerusalem. Hier ist es ruhig. Es ist so ein bisschen wie so ein halber Schabbat. Also es ist jetzt nicht so, dass alle Läden zu wären. Ich würde mal schätzen, die Hälfte ist offen. Die Cafés haben so eine Art reduzierten Minimalbetrieb. Also man kriegt seinen Kaffee, aber man kriegt ihn to go. Man kann sich dann zwar an die Tische setzen, die trotzdem draußen stehen, aber es ist eben nicht so ruhig.

Die Normalsituation. Und von Zeit zu Zeit kommt eben erst das Geräusch, das ich hatte und dann die Sirene. Und dann tags oder nachts verkriecht man sich mit vielen anderen in den Schutzraum, was eben dazu führt, dass wir im Augenblick alle so ein bisschen übernächtigt sind. Wo ist denn dieser Schutzraum? Meiner ist auf dem Innenhof des Apartmentblocks, in dem ich wohne. Das ist auch ein richtiger in die Erde gegrabener tiefer Bunker.

Es gibt natürlich alle Arten von Schutzräumen. Manche Leute gehen einfach in den Keller. Für manche ist es der sogenannte Mamat, der verstärkte Raum innerhalb ihrer Wohnung mit einer verstärkten Wandstruktur.

Die richtig eingegrabenen Tiefen gelten als die sichersten. Insofern fühle ich mich hier ganz gut aufgehoben. Und vielleicht kannst du uns das nochmal erzählen. Das ist ja eine sehr fremde Situation für uns. Zu wie vielen sitzt man da drin und woher weißt du, welcher dein Bunker in Anführungszeichen ist? Man erkundigt sich. In vielen Fällen ist er ja direkt im Haus. Ansonsten, wenn er in der Nachbarschaft ist, das kriegt man gleich als erstes gesagt.

Vom Vermieter, von den Nachbarn, von dem Besitzer des kleinen Ladens gegenüber oder was auch immer. Sie sind auch ausgeschildert übrigens. Es wird schon manchmal richtig voll. Es stehen da ein paar Couch, ein paar Stühle für die Älteren, die sich da draufsetzen. Ein paar Matten sind auf dem Fußboden ausgelegt, damit die kleinen Kinder...

ein bisschen weiter schlafen können, wenn sie nachts da plötzlich hingeschafft werden müssen. Manchmal ist es so, dass man wirklich so wie die Sardinen in der Büchse, ja die liegen ja, also dass man steht wie eine aufgestellte Sardinenbüchse so ein bisschen. Ich setze mich normalerweise so im Yoga-Sitz mäßig auf den Boden, achte darauf, das habe ich am Anfang nicht getan. Jetzt achte ich darauf, dass ich immer ein Buch dabei habe, denn es kann auch mal natürlich ein bisschen langweilig werden.

Und man kennt die Leute natürlich inzwischen und verabschiedet sich dann gewissermaßen bis zum nächsten Mal in diesem Theater. Von außen betrachtet Jan, von Deutschland aus sieht es so aus, als erreichten dieses Mal mehr iranische, ja wahrscheinlich vor allen Dingen Raketen, israelische Ziele als bei den vergangenen Angriffswellen. Ist das so? Und wenn ja, warum ist das so?

Das ist ganz bestimmt so. Vor allem ist es eben ein großer Unterschied zu der gelegentlich eintrudelnden Houthi-Rakete, an die man sich schon gewöhnt hatte, oder dem sehr, sehr reduzierten Feuer aus Gaza. Es hat natürlich viele Hisbollah-Raketen in den frühen Monaten des Krieges gegeben, die allerdings eben vorzugsweise oder fast ausschließlich den Norden Israels getroffen haben. Was jetzt charakteristisch zu sein scheint, ist,

Vielleicht nicht mal unbedingt die Zahl der Raketen, sondern die Tatsache, dass sie doch zum Teil mit sehr, sehr großen Sprengköpfen ausgestattet sind und die Zerstörungswirkung groß ist. Daher, wenn sie innerhalb der Innenstädte einschlagen, ist das, was sie anrichten, erheblich.

Und es ist nach wie vor so, dass die Mehrzahl abgefangen wird, aber auch wenn sie abgefangen werden, kann es eben sein, dass die herunterfallenden Trümmer Schäden anrichten. Die Situation fühlt sich schon deutlich anders an als in allen früheren Phasen dieses Krieges hier im Innern des Landes.

Begonnen hat das alles mit einem Angriff Israels auf den Iran. Darüber sprechen wir gleich mit Lea noch ausführlich. Aber Jan, was ist eigentlich Israels Kriegsziel? Kann man das sagen? Geht es nur in Anführungszeichen um die Vernichtung des iranischen Atomprogramms, von dem Israel sich bedroht fühlt? Oder will die Regierung von Benjamin Netanyahu einen Regimewechsel?

Ich glaube, das kann man nicht so einfach mit entweder oder beantworten. Es gibt sich überlagernde Ziele. Es ist ja auch, was das Atomprogramm angeht, keineswegs sicher, dass die Israelis alleine imstande sind, es nicht nur komplett auszuschalten, davon könnte sowieso keine Rede sein, sondern es belangvoll zurückzuwerfen.

Schon das ist nicht ganz einfach. Beispielsweise gibt es ja bisher keine Anzeichen davon, dass im nennenswerten Umfang angereichertes Uran bei den Schlägen wirklich getroffen sein kann, die Bevorratung des Urans getroffen sein könnte.

Also schon die Frage nach dem Atomprogramm und wie weit kann man es zurückwerfen, ist eine nicht ganz einfache Frage. Eine sehr große Rolle auf israelischer Seite spielt, und das merkt man jetzt eben auch an den Raketen, die hier einschlagen, das iranische ballistische Raketenprogramm. Darüber wird im Westen wenig gesprochen, aber das ist eine sehr große Bedrohung, wenn man sich vorstellt, dass...

die Iraner, sagen wir mal, den zehnfachen Vorrat an Raketen hätten, den sie jetzt haben, dann könnten sie natürlich ein solches Feuer viel, viel länger aufrechterhalten, als sie es mutmaßlich aufrechterhalten können. Oder sie könnten auf einmal so viele Raketen losschicken, dass die Saturierung, wie es so schön bürokratisch heißt, der Luftabwehr schnell erreicht werden könnte und viel mehr durchkommen würde. Das heißt die Überwältigung der Luftabwehr. Dass einfach zu viele Geschosse reinfliegen, als dass sie abfliegen.

abgeschossen werden können. Was Regime Change angeht, glaube ich, das ist gewiss bei vielen hier eine Hoffnung. Ich bin immer so ein bisschen unsicher, darüber kann Lea vielleicht aber nachher auch mehr sagen, ob man hier wirklich, also die israelische Expertise auf vielen Gebieten ist eindrucksvoll, ob es ein wirkliches Verständnis der iranischen Gesellschaft gibt. Da bin ich so ein bisschen zweifelhaft.

Also ob irgendwer sagen kann, was dieser Angriff innerhalb der iranischen Gesellschaft bewirkt und ob das einen Sturz des Regimes tatsächlich wahrscheinlicher macht, beziehungsweise was an dessen Stelle treten würde, da bin ich mir nicht so sicher, ob die IDF oder die politischen Planer hier wirklich eine klare Vorstellung haben. Kann ich da nochmal nachfragen und Dinas Frage sozusagen aufnehmen?

Tina hat gefragt, was ist das Kriegsziel? Weder das eine noch das andere. Kann es vielleicht auch sein, dass es gar kein klares Kriegsziel von Netanyahu und seinen Generälen gibt? Es gibt ja den Vorwurf, dass sie auch in Gaza in Wirklichkeit kein klares Kriegsziel hätten. Es gibt einen klaren Unterschied zwischen Gaza und dem Iran-Krieg. Das Problem in Gaza ist ja, dass man drin ist.

Das heißt, man hat eine viel größere reale Verantwortung für das Geschehen auf sich genommen, die diese Frage, wisst ihr eigentlich, was ihr danach tut, besonders dringlich macht. Eine Operation wie gegen den Iran kann man auch abbrechen und erklären, man habe seine Ziele erreicht. Und selbst wenn die dann nicht perfekt sind, wird man teilweise an der iranischen Rüstung vertreten,

teilweise am iranischen Militärsystem, also an den Befehlstruktur, was Relevantes zerstört haben und man wird auch einen Abschreckungseffekt erzielt haben. Und insofern ist selbst ein nicht vollkommen ans Ziel kommender Krieg in einer Welt hier, in der es sowieso meistens um Zeitgewinn geht,

ein nicht zu vernachlässigender Gewinn. Also ich glaube, dass man, ich verstehe diese Frage, insbesondere in Anbetracht des Gaza-Krieges, aber ich glaube, dass selbst wenn vieles nicht erreicht wird, was man sich vorstellen könnte,

Israel trotzdem mit einem Gewinn aus dieser Auseinandersetzung herausgehen kann. Eine Frage, die schon länger gestellt wird, ist, ob der Krieg eigentlich selbst das Ziel ist. Es wird viel darüber spekuliert jetzt, ob Benjamin Netanyahu möglicherweise ablenken wolle von Gaza. Und es ist schon vorher darüber gesprochen worden, ob er mit dem Krieg in Gaza ablenken will von seinen eigenen großen innenpolitischen Schwierigkeiten. Seine Koalition, die steht kurz vor dem Scheitern. Er selber ist in strafrechtliche Vorwürfe verstrickt.

Und natürlich das Versagen der israelischen Sicherheitskräfte am 7. Oktober selbst. Ist da was dran? Da kann durchaus was dran sein. Ich glaube nicht, dass es das zentrale Motiv ist. Die Auseinandersetzung mit dem Iran ist ein so dominierendes Lebensthema von Netanyahu. Er redet seit Jahrzehnten davon, zu einem Zeitpunkt, als er weder im Gaza-Krieg zu führen hatte,

noch wegen Korruption vor Gericht stand, noch diese Koalition zu managen hatte, die er jetzt managen muss. Das ist sein großes politisches Lebensthema. Dass es auch opportunistische Motive gibt, halte ich für sehr gut möglich, wäre keineswegs überraschend. Natürlich, politisch profitiert er von einem Konfliktzustand, aber dies ist eine fundamentale Überzeugung von ihm. Und das Zweite ist,

Es ist eine fundamentale Überzeugung, die von sehr, sehr vielen Israelis geteilt wird, die überhaupt nichts mit Netanyahu im Sinn haben. Mein Bekanntenkreis besteht zu großen Teilen aus Leuten, die keine Netanyahu-Wähler sind, aber unter denen finden sich viele, die das für absolut überfällig halten, was jetzt geschieht, die teilweise seit Monaten darauf warten,

Ich erinnere mich an ein Gespräch im vergangenen Jahr, als Biden noch Präsident war, in einer Abendgesellschaft, wo die Leute, lauter Liberale, sich ernsthaft fragten, ob denn jetzt Bidens Amerika endlich, endlich diesen Schlag gegen den Iran führen würde und eigentlich entsetzt waren, als ich ihnen sagte, dass das außer Frage sei. Und ganz bestimmt die beiden Administrationen, und man sieht es jetzt auch von der Trump-Administration,

direkt auf eigene Faust so etwas nicht unternehmen werden. Also es ist ein ganz starkes Gefühl, dass das notwendig ist, was in diesem Falle Netanyahu, was immer sonst seine Motive sein mögen, trägt.

Da würde ich gerne nochmal nachfragen. Jan, Sie haben es jetzt gerade erwähnt. Das ist ein Lebensthema. Sie haben auch gerade in der aktuellen Zeit einen großen Text dazu geschrieben, in dem Sie anzudeuten versuchen, was Netanjahu wirklich antreibt oder in erster Linie antreibt neben solchen opportunistischen Nebenzwecken. In Kurzfassung, was will er? Was treibt ihn an? Er hat eine tiefe Überzeugung davon, dass der Staat Israel und das jüdische Volk gefährdet sind.

dass sie eine Neigung haben, große Gefahren, die sich abzeichnen, nicht zu erkennen, nicht rechtzeitig zu erkennen. Er ist stark beeinflusst von den Forschungen und vom Weltbild seines Vaters, der ein Historiker des Judentums war und der an verschiedenen Etappen diese Sorglosigkeit versucht hat zu beschreiben und zu identifizieren. Und

Netanyahu ist der Überzeugung, dass die Gestalt, in der diese große Gefahr in seiner Generation auftritt, der Iran ist. Und das ist, glaube ich, eine echte Überzeugung, weil er sie so konstant und gegen viele Widerstände immer wieder vertreten hat. Es ist Teil eines großen, letztlich pessimistischen Geschichtsbildes. Er ist in ungeheuer starkem Maße von historischen Vergleichen

Das geht hin bis zu einem manchmal etwas unheimlichen persönlichen Sendungsbewusstsein. Ich glaube schon, dass er sich für so eine Art Churchill hält, der jetzt der nationalsozialistischen Bedrohung unserer Tage entgegentreten muss. Es ist ganz offenkundig, dass das etwas zugleich Großartiges und etwas Beängstigendes hat, wenn jemand in diesen Dimensionen denkt. Es trägt übrigens auch, glaube ich, dazu bei,

warum er so blind ist für die Fragen des Palästinenser-Problems, weil die in eine solche Art Weltbild nicht hineinpassen. Und sicher ist es auch sehr gut, ein solches Weltbild zu haben, wenn man sich um die Palästinenser nicht kümmern will. Das sind ja auch so Dinge, die sich wechselseitig verstärken.

Ich habe gerade schon gedacht, es ist eigentlich umso erstaunlicher, dass er dann auch blind war für die Gefahr, die sich unmittelbar vor dem 7. Oktober abgespielt hat. Wir hatten ja selber zum Beispiel ein großes Gaza-Dossier, wo drin beschrieben war, wie Leute das von der israelischen Seite gesehen haben und gesagt haben, sag mal, was geht denn da vor? Und die Antwort war immer, braucht euch keine Sorgen machen, das ist alles im üblichen Rahmen. Aber es erklärt vielleicht mit deiner letzten Erklärung,

macht es dann aus seiner Sicht plausibel. Vor einer Woche haben wir alle noch vor allem nach Gaza geschaut, wenn wir in die Region geschaut haben, auf die katastrophale humanitäre Lage der Menschen dort. Und jetzt ist alle Aufmerksamkeit wieder anderswo. Da wollen wir wenigstens kurz einmal daran erinnern. Die Belagerung des Gazastreifens geht weiter. Die Menschen dort hungern weiter. Es fehlt weiter an Medikamenten, an ärztlicher Versorgung, eigentlich an allem.

Und deswegen wollen wir einmal in die Runde fragen, was hören Sie, was hört ihr beide, was hörst du, Holger, gerade aus Gaza? Vielleicht bringen wir an der Stelle jetzt mal Lea mit rein, die nachher noch einen großen Part bespreiten wird. Was hörst du aus dem Gaza-Streifen, Lea? Ja, Jan, vielleicht ganz kurz an Sie. Sie sind ja am nächsten dran. Was hören Sie gerade?

Also ich habe gestern eine Nachricht eines Mitarbeiters oder eines Mannes bekommen, der mit der Lebensmittelverteilung zu tun hat, den wir für ein früheres Stück über die humanitäre Krise in Gaza ausführlich gesprochen hatten, der auch Bilder schickte. Und da war ganz klar diese Sorge, dass die Welt vergisst, dass es Gaza überhaupt noch gibt.

Und ein Hinweis darauf, dass die Situation eben keineswegs besser geworden sei. Ich habe bisher mit ihm noch nicht sprechen können. Ich habe nur gelesen, was er mir gewhatsappt hat. Wir haben uns verabredet, in diesen Tagen mal zu reden. Also diese Befürchtung,

Es ist, glaube ich, eine doppelte Befürchtung. Die Befürchtung einmal, dass die Aufmerksamkeit schlichtweg geht und zum anderen die, dass Netanjahu sich gewissermaßen reinwaschen kann, indem er etwas tut, was Menschen im Westen einleuchtend finden. Diese Sorge ist sehr groß und die Not ist nach wie vor nach allem, was man hört, sehr groß und die Gewalt ist auch nach wie vor sehr groß. Es ist sehr schwer, genau zu durchdringen,

In allen Fällen, von wem sie ausgeht. Beispielsweise gab es kürzlich einen Bericht, es sei einer der Ausgabestellen dieser von Israelis und Amerikanern jetzt gepushten neuen Güterverteilung. Das ist eine Schießerei gewesen. Da hat dann hinterher diese Organisation, die das macht, gesagt, nein, nein, das sei nicht bei denen gewesen, sondern bei einer Stelle, wo das World Food Program seine Hilfsgüter ausgibt.

Es ist sehr schwer von außen, das im Detail zu sagen, aber dass die Lage nicht besser geworden ist, dessen kann man sich, glaube ich, sicher sein. Also ich habe einige Tage gar nichts gehört. Ich war letzte Woche praktisch unerwartet,

In den Tagen, in denen auch der Iran-Krieg begann, gerade mit einer Geschichte über Gaza betraut, war viel in Kontakt mit Leuten vor Ort und bumm, schlagartig, ab Donnerstagabend hörte man gar nichts mehr. Und der Grund war, dass das Internet abgestellt wurde. Insgesamt erstmal für drei Tage, inzwischen wieder, jetzt ist ab und an, gibt es ein kleines bisschen Verbindung, dann nicht mehr.

Und ich glaube, es ist auch recht deutlich, dass es eben Zusammenhang gibt zwischen diesen beiden, sowieso zwischen den beiden Schauplätzen, aber auch zwischen dem, wie das israelische Militär auf der einen und auf der anderen Seite vorgeht. Was man hört jetzt nicht nur anekdotisch, sondern was praktisch durch Recherchen belegt ist, ist, dass die Angriffe in Gaza, die Luftangriffe des israelischen Militärs und auch andere seit Beginn des Iran-Kriegs nochmal deutlich hochgegangen sind. Und dass es eben massive Gewalt gibt an diesen sogenannten Hilfsausgabestellen, die ja inzwischen

und das ist wirklich einmalig, glaube ich, auch weltweit und markiert auch so ein bisschen so einen Einschnitt in der größeren globalen Entwicklung, erst mal so ausgelagert sind, also praktisch privatisiert sind aktuell. So ein bisschen jetzt, wie man an einigen Konfliktherden seltener sieht, die statt Soldaten ins Feld geschickt werden, werden jetzt gerade so eine Art

Wie sagt man das? Subcontractor damit beauftragt und auch bewaffnete Subcontractor damit beauftragt, Hilfsgüter auszugeben. Und an diesen Orten kommt es zu massiver Gewalt. Ich glaube,

Allein Samstag wurden, und das sind dann nur die bestätigten Zahlen, 45 Menschen getötet, auch durch israelisches Militärfeuer, genau um diese Zonen herum. Und es gibt ja Bilder und Videos, das ist schon ein sehr entwürdigendes Prozedere. Und ich glaube, es geht gerade nicht nur darum, dass irgendwas vergessen wird oder in den Hintergrund tritt, sondern dass die Lage sich wirklich nochmal deutlich verschärft hat auch.

Was heißt der, sagst du vielleicht nochmal ein bisschen genauer, es kommt zu Gewalt. Also du hast gerade gesagt, Menschen werden von der IDF dann beschossen. Ist das das, was damit gemeint ist? Es gab ja auch Berichte, dass auch Hamas zwischendurch Hilfslieferungen behindert hat oder Leute, die da anstanden, angegriffen hat. Gibt es auch untereinander Angriffe? Vielleicht kannst du das nochmal ein bisschen beschreiben, was das genau heißt.

Genau, es ist gerade sehr schwer, praktisch eine genaue Beschreibung zu bekommen und ein genaues Lagebild, was auch daran liegt, dass eben die Kommunikation immer wieder unterbrochen ist, zum Beispiel auch für die Hilfsorganisationen, die ihre eigenen Leute nicht mehr erreichen können. Der Arzt ohne Grenzen hat keinen Kontakt zu seinen Ärzten tagelang.

Was wir wissen, ist, dass es eben ein massives Problem gibt, offensichtlich damit, dass erstens es einen großen Ansturm gibt auf diese viel zu wenigen Hilfszentren, die Lebensmittel ausgeben, die extrem knapp geworden sind. Also alle, mit denen ich spreche, haben seit Monaten kein Brot gegessen, sondern es gibt nur noch, es gibt das, was einfacher zu verteilen ist, Linsen und sowas. Und

Was nicht so klar ist, aber glaube ich sehr interessant, ist, dass es praktisch dadurch, dass es einerseits die israelische Armee aktiv ist und einen Krieg führt und die jetzt aber de facto irgendwie indirekt auch diese Hilfen mit kontrollieren möchte und drumherum ist, da gibt es einfach einen großen Konflikt. Es sind nicht mehr zum Beispiel Ausgabestellen der Vereinten Nationen, die dann ganz klar demilitarisiert sind, sondern es sind jetzt

die zum Teil mit Söldnern, zum Teil mit Soldaten umstellt sind. Und wenn es da zu Chaos kommt, dazu muss es ja de facto kommen, einfach wenn man sich die Lage on the ground anschaut, dann ist das ja auch ein Problem.

Dann wird eben geschossen und es gibt, also auch von Seiten der israelischen Armee ist, glaube ich, das Problem inzwischen erkannt. Und man versucht zum Beispiel gerade irgendwie bestimmte Pufferzonen auszuweiten, in denen dann keine Waffen sein sollen und so weiter. Weil wenn es einen Ansturm gibt und Soldaten zum Beispiel sagen, sie haben zuerst in die Luft geschossen und dann aber auf die Menschen, in so einer Lage sehr schwierig nachzuvollziehen. Aber es ist ein Fakt, dass gerade Menschen sterben, die wirklich sterben.

während sie um Hilfe anstehen, weil eine Bedingung geschaffen wurde, die man nicht gut kontrollieren kann. Die Lage ist auch deshalb so zum Verzweifeln, weil es... Holger Stark spricht, muss man vielleicht einmal kurz sagen. Holger hat sich eingeklingt, sehr gut. Du wärst sowieso gleich drangekommen, Holger. Ja, vielen Dank, Tina. Die Lage ist auch deshalb so zum Verzweifeln, weil seit vielen Monaten wirklich nicht mehr zu erkennen ist, was das militärische Ziel im Gazastreifen noch sein sollte. Die Hamas-Militärinfrastruktur ist zerschlagen worden.

Die Führung ist tot, spätestens seit Yachias Senua, der Hamas-Chef, der mutmaßlich auch das Massaker vom 7. Oktober in Auftrag gegeben hat, im letzten Herbst von den Israelis getötet worden ist.

Ich selber war im Gazastreifen nach dem 7. Oktober. Die Infrastruktur ist in einem Maße dort zerstört, wie man sich das kaum ausmalen kann. Das heißt also militärisch haben die Israelis dort praktisch kein Ziel mehr, was sie erreichen könnten. Das heißt, dieser Krieg köchelt da die ganze Zeit vor sich hin, höchstwahrscheinlich aus politischem Kalkül. Und trotzdem hat Jan meines Erachtens recht. Dieser Schlag gegen den Iran, der ist jetzt nicht vornehmlich innenpolitisch israelisch motiviert, sondern da gab es dieses Widersehen.

Aus Sicht von Netanyahu historische Zeitfenster eines schwachen Irans mit einer zerschlagenen Hamas, mit einer sehr schwachen Hezbollah, mit einem Regimewechsel in Syrien zwischendrin und mit einer geschwächten iranischen Regierung, die kaum noch eine vernünftige Luftabwehr zur Verfügung hatte. Das heißt also dieses Tor für die Israelis war einfach so weit offen, das Atomprogramm kaputt zu machen, dass sie sich nicht mehr so weit offen machen konnten.

dass sie diese Gelegenheit beim Schopfer ergreifen wollten und sie in jedem Fall nicht ungenutzt lassen wollten. Und deswegen haben sie eben auch in Kauf genommen, dass es darüber Streit mit Washington, mit den USA gab.

Ja, Holger, dem würde ich mich anschließen. Ich glaube, eine Sache, die auch für uns Journalisten ja gerade die Betrachtung dieser Kriege hinaus so schwierig macht, ist, dass sich so viele Schauplätze und auch Motive irgendwie überlagern. Und ich glaube, wir machen es uns deutlich zu einfach, wenn wir nur auf eins gucken und sagen, zum Beispiel, wir fokussieren uns ganz auf Gaza und Iran ist jetzt nur eine Ableitung davon. Das hängt schon alles miteinander zusammen. Holger?

Lass uns einmal auf die, du hast die USA schon angesprochen und da kennst du dich besonders gut aus. Du kennst dich auch besonders gut mit dem aus, was die Geheimdienste da im Geheimen treiben und berichtest da immer wieder sehr viel. Jetzt wird seit Tagen spekuliert, Donald Trump beziehungsweise die USA könnten sich in den Konflikt einschalten. Was hörst du dazu? Ich höre, dass es da seit Montagabend intensivste Diskussionen in Washington im Weißen Haus dazu gibt.

Da gibt es zwei Fraktionen. Die eine Fraktion unter den Republikanern ist eine klassische Falkenposition, sozusagen ein Schurkenstaat wie der Iran darf niemals die Atommombe erlangen, zur Not müssen wir auch militärisch intervenieren. Und dann gibt es die sogenannten Isolationisten, zu denen unter anderem J.D. Vance, der Vizepräsident zählt, die sagen, hört auf mit diesen Kriegen am anderen Ende der Welt, das ist nicht unsere Baustelle, nicht unsere Auseinandersetzung.

Das geht so weit, dass Elbridge Colby, der Politberater im Pentagon von Verteidigungsminister Hexeth gesagt hat, wir könnten sogar mit einer iranischen Bombe leben. Ein sehr harter Satz, der aber zeigt, wie weit das Spektrum mittlerweile reicht. Und Donald Trump wiederum hat ja seinen Wahlkampf unter anderem damit bestritten, dass er gesagt hat, unter ihm wäre dieser Krieg im Mittleren Osten nach dem 7. Oktober niemals passiert, er wäre nicht ausgebrochen.

Und er hat damit die Stimmungslage seiner Basis, seiner MAGA, Make America Great Again Basis, geschickt aufgenommen, indem er gesagt hat, so wir hören endlich auf mit diesen ganzen Kriegen. Das ist ein tief verbreitetes Gefühl der Amerikaner. So und jetzt steht er da.

In einem Dilemma. Auf der einen Seite ist ihm zuwider und es würde auch gegen sein Kampagnenversprechen gehen, in diesen Krieg jetzt mit einzusteigen. Und auf der anderen Seite hat ihn Bibi Netanyahu natürlich auch einigermaßen bloßgestellt. Trump ist der mächtigste Mann der Welt. Sein Anspruch ist, dass ohne ihn nichts in dieser Welt passiert von Relevanz. Und Netanyahu hat einfach für sich beschlossen, er nutzt diese historische Chance, über die wir schon gesprochen haben. Und wenn es nicht mit den Amerikanern geht, dann geht es im Zweifelsfall auch ohne die Amerikaner. Und nachher

Und nach allem, was ich aus Washington höre, ist dieser Schlag mit den Amerikanern nicht abgestimmt gewesen. Netanyahu war am 7. April in Washington, da gab es richtig Streit mit Trump, teilweise sichtbar vor den laufenden Kameras, aber auch teilweise hinter verschlossenen Türen. Trump wollte nicht, dass es diesen Schlag gibt, er hat auf die Verhandlungslösung gesetzt.

Netanyahu ist abgeflogen aus Washington und hat seinen Leuten gesagt, wir machen weiter damit. Und so ist es auch gekommen. Und für Trump ist eben diese Frage jetzt, auf welcher Seite steht er? Er hat auf beiden Seiten was zu verlieren. Jetzt hat er kurz bevor wir aufgenommen haben oder in den Medien,

in den Tagen und Stunden davor zuletzt geschrieben auf seinem sozialen Kanal, er fordere die bedingungslose Kapitulation der iranischen Seite und hat auch damit gedroht, man könne auch den geistlichen Führer des Iran töten und wisse, wo der sei, habe bislang nur darauf verzichtet. Das wurde zum Teil gedeutet als Hinweis darauf, dass er sich entschieden habe, tatsächlich in den Krieg einzusteigen. Liest du das auch so?

Oder ist das immer noch ein Optionen offen halten? Ich denke, dass das im ersten Sinne vor allem die Erhöhung des Drucks auf den Iran ist. Würde der Iran jetzt kapitulieren, dann hätte Trump alles erreicht, was er will. Er hätte diesen aufbrechenden Krieg, den er nicht begonnen hat, sondern die Israelis, hätte er befriedet. Und er hätte das politische Ziel erreicht, das iranische Atomprogramm,

Denn das wäre ja mit einer bedingungslosen Kapitulation mit umfasst, dass der Iran sein angereichertes Uran abgeben müsste, seine Zentrifugen abschrauben und einmodden würde.

Das wäre also für Trump der Königsweg und zugleich ist es andersrum auch so, dass wenn der Iran sich jetzt nicht beugt, dann hat er zumindest eine solche Drohkulisse aufgebaut, dass er gegenüber seinen eigenen Leuten irgendwann auch erklären kann und rechtfertigen kann, warum es dann doch notwendig gewesen ist, diese bunkerbrechenden Waffen, um die es da vor allem geht, den Israelis zu liefern. Dieser Begriff Unconditional Surrender stammt übrigens aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, bezeichnet zwar die Kapitulation, aber er würde nicht zwingend auch Regime Change umfassen. Deshalb

Das heißt, es wäre also aus der Sicht des Weißen Hauses auch eine gesichtswahrende Variante für die Iraner. Insofern ist das dann schon nicht mehr ganz so super hart, wie es vielleicht dann auf X oder auf Social Truth Social geklungen hat. Mhm.

Holger, letzte Frage an dich, bevor wir wirklich in den Iran schauen wollen. Du hast das Wort bunkerbrechende Waffe verwendet. Die Frage ist, was könnte denn ein solcher Einsatz, wenn es dazu käme, bewirken? Da ist eben die Rede von einer Waffe, die die Mutter aller Bomben genannt wird. Und es geht ja darum, die unterirdischen Atomanlagen in Fordow auszuschalten, zu zerstören oder erheblich zu beschädigen. Das wäre die Idee dieser Bombe. Und was würde das politisch ändern?

Zu den technischen Details vielleicht noch einmal kurz. Das iranische Atomprogramm ist auf verschiedene Orte verteilt. Die meisten davon haben die Israelis zerstört. In Natanz beispielsweise stehen einige Zentrifugen. Parchin, Isfahan und andere Orte, die oberirdisch sind, die sind weitgehend kaputt oder jedenfalls beschädigt worden. Aber es gibt eben diesen einen Zentrifug,

tief in einen Berg bei der heiligen Stadt Gomgehau in einen tiefer Schacht, der Fordo genannt wird und dort haben die Iraner hochentwickelte Zentrifugen, die das Uran weiter anreichern können. Das würde den letzten Schritt von einer Anreicherung auf etwa 95 Prozent bedeuten, was dann waffenfähig wäre.

Und dieser Schacht ist so tief in den Berg geschlagen, dass die Israelis selber glauben, dass sie ihn nicht zerstören können. Das heißt alles, was jetzt draußen zerstört worden ist, ist ein Zeitaufschub, aber erst die Zerstörung von Fordo würde richtig tiefgreifend das iranische Atompogrom gefühlt um eine Dekade zurückwerfen.

Dafür bräuchte man höchstwahrscheinlich diese Superbombe, diese Bunkerbrecher, die nur die Amerikaner haben, die 30.000 Pfund schwer sind, extra so designt, dass sie tief in der Erde Schaden anrichten können.

Und diese Bomben wollen die Israelis seit vielen Jahren von den Amerikanern haben. Und alle amerikanische Präsidenten, Obama, Trump und Biden, haben sich bislang geweigert, diese Bomben zu liefern. Und den Israelis ist es seit Wochen ein Anliegen, Donald Trump dazu zu kriegen, diese Bomben freizugeben. Und das wäre gewissermaßen die Kriegsbeteiligung der Amerikaner. Sie müssten die im Zweifel wahrscheinlich auch selber fliegen, weil nur die amerikanischen Bomber in der Lage sind, dieses irre Gewicht zu transportieren.

Und damit käme es einem amerikanischen Kriegseintritt gleich. Andersrum würde es wahrscheinlich vollendete Tatsachen schaffen, das iranische Programm auf viele, viele Jahre beenden. Und es wäre jedenfalls für die internationale Staatengemeinschaft und Israel unter amerikanischer Führung ein politischer großer Erfolg, der dann auch zum Ende des Krieges führen würde. Aber um den Preis, dass Donald Trump als Kriegspräsident dastehen würde, vor seinen eigenen Leuten und international. Und gerade heute kamen

Eine Fernsehansprache von Khamenei, dem Ayatollah, der das iranische Staatsoberhaupt auch ist, der wiederum die Amerikaner davor gewarnt hat und von Irrapiral Damage spricht, also einem Schaden, der nicht wieder gut zu machen ist. Das ist die unverholene Drohung mit einer Welle von Gegenschlägen, auch asymmetrisch Terrorismus, wenn es also schlecht läuft und die Amerikaner in diesen Krieg eintreten und diese Bomben liefern und auch abwerfen.

Antwortet der Iran mit einer Welle von Bombenanschlägen auf Botschaften, Hinrichtungen, Terrorkommandos und wir erleben eine Situation, wie wir sie 2003 im Irak nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein erlebt haben. Ein Bürgerkrieg und eine Welle von Terrorismus und Gewalt. Mhm.

Und man muss ja sagen, dass meistens Kriege nicht so ausgehen, wie sie geplant werden. Was eine der großen Schwächen in diesem Fall ist, weder die Israelis noch die Amerikaner haben irgendeinen Plan für den Tag danach, falls es tatsächlich zu einem Fall dieses Regimes kommen sollte. Danke dir Holger. Jetzt schalten wir sozusagen weiter zu Lea, die nicht im Iran ist, sondern gerade in Hamburg.

In der Zeitzentrale Lea. Die aber kürzlich erst im Iran war. Die erst vor kurzem im Iran war. Genau, auch darüber werden wir zu sprechen kommen, wie da deine Eindrücke waren. Aber Lea, über einen Angriff Israels auf den Iran ist ja lange spekuliert worden. Der direkte Schlagabtausch ist aber dennoch in dieser Intensität ein Novum. Hat man im Iran damit gerechnet? Zum Beispiel, als du mit deinen

vor einer Weile gesprochen hast. Haben die damit gerechnet? Hast du damit gerechnet? Ja, das ist paradox, oder? Wir reden irgendwie seit Monaten, seit mehr als einem Jahr darüber, dass dieser Krieg kommen könnte und alle möglichen Szenarien werden durchgespielt. Und doch sind wir, glaube ich, alle am Freitag aufgewacht und waren ein bisschen überrascht oder schockiert über die Nachricht.

Ja, ich war vor einem Monat in Teheran und das war ganz interessant, weil es war irgendwie eine ziemlich gärige Stimmung. Wir hatten danach ja auch ein bisschen darüber gesprochen. Es gab zum Beispiel mehrmals, während ich dort war, Explosionen, die sich niemand so richtig erklären konnte. Dann gab es irgendwie Überflüge von Kampfflugzeugen, die nicht näher erklärt wurden. Die Medien im Iran sind ja auch stark zensiert, also die Information wurde kontrolliert.

Das heißt, es deutete sich irgendwie an, dass was kommen könnte und trotzdem, alle, mit denen ich jetzt gesprochen habe, waren total überrascht und das gilt sowohl für Amtsträger und Offizielle als auch für die normalen Leute in Teheran.

Einer der großen Unterschiede zwischen Iran und Israel ist, dass die Menschen in Teheran und in anderen Städten keine Bunker haben. Jan hat ja am Anfang berichtet, wie das in Israel ist. Wo suchen die Menschen im Iran Zuflucht? Wie versuchen sie sich zu schützen?

Also in den ersten Tagen, das haben Leute beschrieben, mit denen ich jetzt in Kontakt war, die ersten Schläge waren ja noch relativ gezielt. Es sind auch Zivilisten dabei umgekommen und es wurde durchaus auch in Wohnungen bombardiert. Aber es war noch relativ gezielt auf praktisch militärische Einrichtungen beziehungsweise ranghohe Regime-Repräsentanten, also Militärs, aber auch zum Beispiel einer der führenden Verhandler wurde gleich am ersten Tag getötet.

Aber diese Lage, also da haben die Leute beschrieben, erstmal sie waren total überrascht. Einige haben dann irgendwie versucht so in den Keller zu gehen oder ins Treppenhaus oder so, aber es sind dann auch Leute einfach auf die Dächer gegangen oder irgendwie auf die Berge über Teheran und haben sich das angeguckt. Es klingt bizarr, aber da gibt es ja auch viele Videos von.

Und die Lage hat sich aber ganz stark geändert, weil sich die Kriegsführung auch geändert hat. Also ab Tag zwei begann Israel eben auch zivile Ziele anzugreifen. Erstmal vor allem die Energieinfrastruktur, also Treibstofftanks, Elektrizitätswerke und sowas. Und inzwischen gab es eben den Aufruf am Montag, wenn ich mich recht erinnere, oder Sonntagabend, dass Teheran ganz evakuiert werden soll, also alle Zivilisten raus müssen.

Und das haben jetzt nochmal Bekannte da als etwas ganz, einer sagt, das ist so paradox irgendwie, man kann so zugucken, man wird auch vorgewarnt, aber dann soll man so eine riesige Metropole verlassen? Teheran ist eine Stadt von 15 Millionen und da ist schon im normalen Berufsverkehr stundenlang Stau, also da rauszukommen ist einfach gar nicht einfach.

Aber wir sehen jetzt gerade, jedenfalls in den Bildern, die uns erreichen, uns erreichen ja auch nicht so viele Informationen aus dem Iran. Wir sehen Bilder von langen Autoschlangen, von Menschen an Tankstellen, Menschen, die versuchen, die Stadt zu verlassen. Ich habe irgendwo gelesen, man versucht sogar per Taxi rauszukommen. An den Grenzübergängen gibt es den Versuch, das Land zu verlassen. Geht das überhaupt im Moment?

Wie es gerade an den Außengrenzen aussieht, da bin ich mir nicht sicher. Soweit ich weiß, kommt man noch raus, aber es ist natürlich einfach eine geringe Kapazität. Aus Teheran kommt man ja zum Teil raus, es dauert einfach sehr lange, aber es wurde inzwischen auch mehrfach bombardiert direkt neben den Ausfallstraßen und das hat natürlich nochmal ganz krass die Panik geschürt und mich auch sehr stark erinnert.

Ich war ja im Libanon, auch als dort der israelische Angriff begann vor einigen Monaten. Und dort haben wir ja ähnliche Szenen gesehen. Und ich denke, das ist natürlich auch Teil der Kriegsführung. Also praktisch nicht unbedingt Zivilisten direkt zu treffen, aber eben auch Angst zu schüren, eine Panik zu schüren und auch die Leute spüren zu lassen, wie schwach die eigene Führung ist. Und das ist etwas, was die Leute natürlich ganz stark auch umtreibt.

Also ich war kürzlich da und es war schon faszinierend. Selbst in Stadtvierteln und in Milieus, die wirklich lange sehr regimetreu waren und sehr konservativ. Selbst da habe ich eigentlich niemanden mehr. Nach einer Woche habe ich Leute gefragt, wo kann ich noch jemanden treffen, der was Gutes sagt über das Regime. Aber selbst unter Leuten, die das Regime zum Beispiel selbst sehr verachten,

Und der Glaube oder ja schon die Vermutung, dass es zumindest militärisch deutlich stärker wäre, als es sich jetzt zeigt, die war schon da. Und einer sagte mir, also die haben einfach geblufft.

Und ich glaube, genau das ist gerade ein sehr starker Eindruck. Einer sagt, man ist ein bisschen, ich glaube auf Deutsch würde man sagen, so ein bisschen wie zwischen Regen und Traufe. Man wird angegriffen von einem Staat aus dem Ausland, der ist einfach eine enorme Gewalt und es ist in feindlicher Absicht. Und gleichzeitig hat man eine eigene Führung, der man sich auch nicht zugehörig fühlt. Das ist für die Zivilisten schon einfach eine ganz schwierige Lage.

Ja, Lea, das klingt so, als ob du auch ein bisschen überrascht wärst über die Schwäche. Und wir haben ja immer wieder darüber gesprochen, wie dieses Regime ist ja trotzdem sehr gefürchtet gewesen die ganze Zeit. Und Benjamin Netanyahu hat ja etwas gemacht, was sehr spektakulär und ungewöhnlich war. Er hat sich nämlich direkt an das iranische Volk gewendet, auch in einer Ansprache und hat gesagt, das ist jetzt eure Chance. Er hat das auch so gesagt, ich wende mich an das iranische Volk.

dieses Regime abzuschütteln und sich zu befreien.

Wie ist das angekommen? Weiß man das? Ist das verfangen? Ist das auch als Bluff, als Trick abgetan worden oder löst das was aus? Ich muss sagen, ich persönlich war jetzt gar nicht so überrascht davon zu sehen, dass eben zum Beispiel die Luftverteidigung des Iran nicht mehr so effektiv ist.

Ich glaube, wichtig zu verstehen ist, dass der Iran selbst, und so hat es aber auch Israel immer wahrgenommen, praktisch eine Verteidigung hatte, die mehrere Schichten hat. Wie so Ringe um sich herum eigentlich. Und ein wichtiger Teil dieser Ringe, vielleicht der stärkste, der wichtigste, waren immer die Milizen, die es in der Region hat. Zu denen zählten eben auch Hamas, Hezbollah im Libanon, auch die Houthis im Jemen. Das sind alles sehr unterschiedliche Gruppen und sehr unterschiedliche Verbindungen. Aber aus iranischer Sicht...

war die Logik immer, wenn es praktisch zu einer Konfrontation kommt und gerade zu der mit Israel, dann einfach nicht auf unserem Boden. Also wir halten den Gegner Israel schwach, indem wir ihn immer woanders beschäftigt halten. Und was passiert ist ja im Laufe dieses Krieges, ist, dass diese Gruppen nach und nach total geschwächt wurden. Und das war der wichtigste Teil der iranischen Verteidigung oder auch der militärischen Stärke, die er hatte.

Der war schon weg und alles, was jetzt kommt, das hört sich jetzt ein bisschen zünchern, aber das ist natürlich Hardware, da sind die definitiv weit unterlegen, den Israelis. Und ja, aus israelischer Sicht hat man immer gesprochen von einem Oktopus, also man hat einen Kopf in der Mitte und mehrere Tentakel, das waren die Milizen, die waren schon alle abgeschnitten. Jetzt sagte Netanyahu, jetzt gehen wir auf den Kopf und der Kopf ist eben der Iran selbst und das Regime.

Und ich glaube, daran schließt sich dann die zweite Frage an. Was ist denn, was würde denn jetzt ein Regime Change bedeuten? Vielleicht erst einmal einen Schritt zurück. Die Frage war ja, gibt es eine Chance, dass das was bewirkt? Also du bist jetzt noch einen Schritt weiter. Und wie kommt diese Ansprache im Iran an? Erreicht die jemanden? Ich glaube, die Idee ist, man geht jetzt den Kopf an.

Und auch aus Israel ist meine Einschätzung, man macht sich nicht die Illusion, dass man einfach nur militärisch zum Beispiel Ziele zerstören kann und dann verändert sich alles irgendwie mirakulös, sondern man fährt immer eine zweigleisige Strategie. Man zerstört, also man schwächt ganz physisch, man schwächt ganz direkt diesen Gegner, das Regime.

Aber gleichzeitig setzt man darauf, dass man auch mit der Kommunikation, die man macht, und Netanjahu ist da ja sehr, sehr geschickt, der macht Videoansprachen direkt ans iranische Volk und sagt ja ganz klar, dieser Krieg richtet sich nicht gegen euch, sondern gegen eure Führung. Wir möchten, dass diese Führung geht. Steht auf gegen sie. Wir geben euch jetzt die Chance. Wir schwächen die eigene Führung so, dass ihr jetzt aufstehen könnt. Ihr wollt es doch schon so lange.

Und das ist dann wieder spannend gegenzuschneiden mit meinen Erfahrungen von vor Ort und auch mit den Leuten, mit denen ich jetzt spreche. Da kommt auch das rein, was Sie vorher gesagt haben, Jan. Die Frage, verstehen die Israelis eigentlich ganz gut, zu wem sie da sprechen? Und ich habe schon den Eindruck, dass es da eigentlich eine große Kluft gibt. Also die Iraner, mit denen ich spreche und wirklich...

wirklich sehr viele, die dieses Regime verabscheuen, die bei den Protesten auf der Straße waren und so, die sagen erstens, Israel greift uns gerade an. Das ist nicht der Moment, in dem man irgendwie im Land auch Kapazitäten hätte, ganz praktisch gegen irgendwas aufzustehen. Und das Zweite, und das fand ich sehr, sehr eindrücklich,

Der Iran ist jetzt militärisch in Sachen Raketen, Milizen und so weiter total geschwächt. Aber um einen Aufstand im Innern niederzuschlagen, braucht es keine Raketen. Da reichen ganz einfache Gewehre. Und das sagte eine. Wir haben gesehen, ihr habt geblafft. Nach außen könnt ihr uns nicht verteidigen, aber nach innen, das wissen wir, sind die immer noch stark genug, alles niederzuschießen. Hi, ich bin Holger Stark und in der Zeit für investigative Recherche zuständig.

Ich war als einer von ganz wenigen deutschen Journalisten im Gazastreifen und habe dort mit eigenen Augen gesehen, wo die Hamas die Leiche einer israelischen Geisel versteckt hatte. Zusammen mit Kollegen habe ich aufgedeckt, wer hinter dem Anschlag auf Nord Stream steckt. Und Kolleginnen und Kollegen aus meinem Team recherchieren seit Jahren zu Neonazis, Reichsbürgern und der AfD. Investigativer Journalismus kostet Mut, Zeit und Geld.

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Hallo, hier ist Eliana Grabitz von Das Politikteil. Bevor wir gleich weiter über unser heutiges Thema sprechen, wollten wir gerne einmal kurz erwähnen, dass wir in der Zeit und auf Zeit Online ständig ausführlich über das politische Geschehen berichten, über Hintergründe und Zusammenhänge, wie Sie es aus Das Politikteil auch kennen. Wenn Sie mögen, lernen Sie doch kostenlos unser Angebot kennen. Sichern Sie sich unter abo.zeit.de slash politikteil ein gratis Probeabo.

Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle. Wir sind von diesem Regime auch betroffen. Ja, das war unser Bundeskanzler in gewohnt klaren und diesmal sehr drastischen Worten. Vielleicht einmal an euch drei. Wie seht ihr das? Ist da was dran? Ja, absolut ist da was dran. Die Welt hat sich geeinigt durch Jahre des Nichtstuns, dass dies ein israelisches Problem ist.

Jetzt tun die Israelis was. Sie tun es im Interesse einer Menge anderer Leute auch. Und was Merz gesagt hat, ist, dass man das anerkennen sollte. Und ich glaube, da hat er recht, denn das iranische Problem ist eben in Wahrheit nicht nur ein israelisches Problem. Es ist in seinem Proliferationsaspekt, in seinem Terroraspekt, in der regionalen Destabilisierung, die vom Iran ausgeht,

Ein Problem vieler anderer, übrigens der Europäer in Wahrheit genauso sehr, mindestens wie der Amerikaner. Also er hat sich undiplomatisch ausgedrückt. Auch das, glaube ich, ist nicht schlecht. Dadurch ist es wenigstens wahrgenommen worden. Und ich glaube, er hat der Wahrhaftigkeit der Debatte einen großen Dienst erwiesen. Lea, wie siehst du das?

Ich finde das sehr falsch. Ich glaube, weil es nicht richtig ist in der politischen Analyse, weil Herr Israel da etwas tut, was noch überhaupt nicht klar abzusehen ist. Alles, was wir wissen, ist, dass erstmal sehr viel Gewalt angewendet wird, entgegen völkerrechtlicher Standards.

Und andererseits auch, weil sich darin etwas ausdrückt, was ein Verfall ist, einerseits der politischen Sitten und auch der Gangart in der internationalen Politik. Denn es ist ja nicht so, dass wir nicht gerade laufende Verhandlungen gehabt hätten und dass sich niemand mit dem Iran-Problem befasst hätte, sondern das lief.

Und was jetzt geschehen ist, ist einfach ein unilateraler Angriff. Man kann das, es hat eine lange Vorgeschichte, das hat einen Kontext, man kann das unterschiedlich bewerten. Aber ich glaube, sich vor allen Dingen mit so einem Wording dahinter zu stellen, das so undifferenziert ist und auch so verächtlich gegenüber den Opfern, die es ja auch gibt, das finde ich eigentlich eines Bundeskanzlers nicht würdig. Jetzt haben wir noch eine dritte Stimme, Holger. Ich würde auch gerne Jan widersprechen.

Nach allem, was wir wissen, ist die Entscheidung im Iran bislang nicht gefallen, tatsächlich eine Atombombe bauen zu wollen. Das ist eine politische Entscheidung, die der Supreme Leader Khamenei bislang nach allem, was man weiß, nicht getroffen hat. Krieg kann immer nur die Ultima Ratio sein. In diesem Fall liefen Verhandlungen. Die Verhandlungen waren nicht abgeschlossen. Sie haben noch eine Chance gehabt.

sich zu finden und in einem solchen Moment zuzuschlagen, da macht man dann nicht die Drecksarbeit für andere, sondern man verfolgt vor allem und ausschließlich seine eigenen Interessen. Also da ihr ja nun zwei gegen einen seid, darf ich antworten nochmal. Die Verhandlungen mit dem Iran laufen und laufen und laufen.

Dieses Regime betrügt, wir wissen das, haben das auch nochmal amtlich bekommen von der internationalen Atomenergiebehörde und besonders bei den Europäern, die oft zu Recht sagen, dass Verhandlungen mit Putin nichts bringen, frage ich mich, warum ein ähnlicher Realismus gegenüber dem iranischen Regime eigentlich nicht der Normalfall ist.

Weil es ja schon einmal eine erfolgreiche Verhandlung gab, nämlich das JCPOA, das Abkommen, das es gab mit dem Iran und aus dem Trump in seiner ersten Amtszeit einseitig rausgegangen ist, in einer Zeit, in der sich auch die deutsche Bundesregierung sehr verärgert darüber geäußert hat. Und von dem wir auch wissen, dass es die Bomben nicht aufhalten wird. Wir kommen jetzt so langsam in die Versuchung, hier einen Roundtable aufzumachen. Hätten wir auch große Lust zu. Das Setting ist ein bisschen anders.

Ich würde vorschlagen, wir müssten eigentlich nochmal in die Region gucken, wie die Dinge sich da entwickelt haben. Lea, quasi in einem Satz, wie wird dieser Krieg zwischen Iran und Israel die Region verändern? Ich weiß, es geht nicht in einem Satz, du darfst auch zwei sagen, aber eigentlich müsste man jetzt eine Stunde reden. Was sagst du? Ich habe gestern Abend mit einem sehr hochrangigen arabischen Politiker gesprochen, Diplomaten, der sagte...

Wir fürchten, wenn das iranische Regime tatsächlich untergeht, dann will es uns alle mit reinziehen. Und ich glaube, das ist eine große Angst, die es gerade gibt. Sollte es stürzen, dass der Iran dafür sorgen wird, dass das Chaos auch auf andere Länder übergreift. Der zweite Punkt ist, und der knüpft nochmal an etwas, was Jan am Anfang gesagt hat, wenn man ohne Ziel reingeht in das Land und eine Instabilität kreiert, eine

Holger, du sagtest das auch, es ist möglich wie in Gaza. Man geht rein, man richtet große Zerstörung an, man erreicht ein militärisches Ziel, aber hat keine politische Vision. Dann entsteht eine Gemengelage, von der wir immer denken, oh Mann, Instabilität, das hält nicht lange, irgendwas wird dann kommen. Muss aber gar nicht so sein. So ein Zustand kann lange andauern. Und das ist für die arabischen Staaten eine Riesengefahr. Und wir haben ja in den letzten 10, 20 Jahren wirklich irre Auswirkungen von Instabilität gesehen. Man denke mal an den IS-Krieg.

Wer soll denn das Vakuum füllen? Und ich glaube, deshalb ist es so gefährlich, dieser Moment, weil es wird ein Vakuum kreiert an vielen Orten und es gibt keine Idee, wie das gefüllt werden soll. Jan, ich habe eben gesehen, Sie haben zu dem, was Lea gesagt hat, mit dem Kopf genickt. Eben hatten wir gehört, dass Sie an einem Punkt sehr unterschiedlicher Meinung sind. In dieser Befürchtung einer um sich greifenden Instabilität, sind Sie einer Meinung?

Ich glaube tatsächlich, dass es zu früh ist und vielleicht auch illusionär ist, jetzt eine Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens zu erwarten. Das ist ja das, was man gelegentlich hört. Ich glaube, das wird eine Konfliktlandschaft bleiben. Innerhalb dieser Konfliktlandschaft hat sich die Machtbalance verändert und es kann sein, dass sie sich durch diesen Krieg noch weiter verändert zu Israels Gunsten.

Das ist eine Entwicklung, die ich begrüßen würde, aber das ist noch keine neue Ordnung. Das ist noch nichts Stabiles, das ist noch nichts, was die Entwicklung gedeihlicher Lebensbedingungen garantiert. Insofern muss man, glaube ich, unterscheiden.

Vielleicht gibt es auch keine, auf absehbare Zeit, keine Lösung. Es wird auch zu viel, finde ich, genauso wie voreilig von neuer Ordnung gesprochen wird, genauso wird von der Lösung von Konflikten geredet, deren Lösung wir vielleicht einfach wirklich nicht erleben werden und wo nichts anderes sein kann, als dass einzelne wesentliche Gefahrenfaktoren ausgeschaltet oder deutlich reduziert werden. Und wenn das mit der iranischen Gefahr geschehen könnte,

Dann wäre ich schon sehr, sehr zufrieden. Jetzt sind wir fast schon bei der Rubrik Hoffnung. Aber nochmal unterhalb von Lösung, Holger. Was würdest du sagen, wie verändert sich die Region durch das, was gerade passiert, durch das, was seit dem 7. Oktober passiert ist? Wir sind Zeitzeugen eines Prozesses des Zerfalls. Da ist zerfallen die Hamas im Süden von Israel. Und es ist nicht absehbar, was sich im Gazastreifen da neu bildet.

Es ist weitgehend zerfallen die Hezbollah im Norden von Israel, noch funktionsfähig, aber bei weitem nicht mehr in der Wucht und mit der Macht, wie sie es früher war. Es ist zerfallen das Assad-Regime als treuer Verbündeter des Iran, auch noch unklar, was dort sich neu formen und formieren wird.

Und wir sehen einen partiellen Zerfall im Iran, wo noch nicht klar ist, ob es zu einem kompletten Wechsel des Systems kommen wird. Niemand kann sagen im Moment, was anstelle dieses Zerfalls in der nächsten Phase kommen wird. Aber was im Moment, jedenfalls für die nächsten Jahre sicher ist, ist, dass das iranische

Regime von Bedrohung, von Terror und von dem Wunsch Israel auszulöschen erstmal an ein Ende gekommen ist. Das ist für Israel als Staat eine gute Nachricht. Was häufig passiert, wenn ein Regime zerfällt, ist, dass danach ein Zustand der Schwäche einsetzt, der kompensiert wird durch entsprechende Methodiken. Das wäre in diesem Fall Terrorismus anstelle von staatlicher Bedrohung.

Also dann würden wir morgen und übermorgen nicht mehr über iranische Bomben oder über iranische Raketen reden, sondern wir würden wieder in die Vergangenheit eine Zeitreise machen. Wir erinnern uns, die Hezbollah hat mal in Argentinien an der Botschaft von den Israelis Terroranschläge verursacht mit Dutzenden von Toten. Wir wissen, dass der Iran ein Netz an Schläferzellen in Europa beispielsweise formiert hat.

Also in einem Zustand der Schwäche könnten solche Netzwerke aktiviert werden und wir könnten in eine Phase des Terrorismus als Ausdruck der Schwäche eintreten. Wir haben heute drei Gäste und deswegen haben wir heute drei Flops statt fünf. Lea, was ist dein Flop? Es kommt bei der Betrachtung von Nahost und auch in den Gesprächen darüber ja immer mal wieder so eine Art Argument vor.

sei sowas wie die Villa im Dschungel. Also praktisch die einzige Demokratie in einem verwilderten Nahen Osten. Und ich finde, das ist ein Flop, den man hier nochmal ganz gut darstellen kann. Weil ich glaube, sich darin etwas zeigt, was

gerade auch politisch total wichtig ist, nämlich so eine gewisse Verachtung gegenüber der Politik in der sonstigen Region und auch diese Idee, dass Israel zum Beispiel allein stünde und gar nichts mit seinen Nachbarn zu tun hätte. Und ich glaube, es ist nicht nur herabgelassen, sondern es ist auch sehr falsch und macht das Ganze sehr unterkomplex. Okay, keine Villen im Dschungel.

Jan, was ist dein Flop? Was hast du uns mitgebracht? Ja, ich finde, dass in der Außenpolitik, die Außenpolitik wird von Phrasen oder das Gespräch über Außenpolitik wird von Phrasen geplagt. Eine der Phrasen, die nahe liegt in diesem Augenblick, die aber glaube ich nicht hilfreich ist, ist die Rede, es muss jetzt Deeskalation her. Wir müssen wieder verhandeln.

Die Lehre der vergangenen Jahre ist, in Bezug auf den Iran, dass man sich eingeredet hat, man müsse eigentlich nichts tun. Es ist nicht gewiss, dass das, was die Israelis tun, einen echten Ausweg aus der Lage schafft. Aber es ist ganz gewiss, dass die Vorstellung, man müsse einfach nur wieder in ruhiges Fahrwasser zurückkommen und man müsse wieder reden und sich wieder zusammensetzen,

dass das nichts bringen, sondern den Schaden im Verborgenen nur weiter wachsen lassen wird. Und daher bin ich sehr skeptisch, wenn ich insbesondere von europäischen Politikern, die sowieso eine Entdeckung haben, nichts zu unternehmen, diese Forderungen nach Deeskalation im Augenblick höre. Holger, hast du auch einen Flop mitgebracht? Mein Flop ist Donald Trump. Wenn es etwas gab, was ich geteilt habe, dann sind es seine vielen Versprechungen gewesen, Kriege zu beenden.

Im Gazastreifen, in der Ukraine und im Nahen Osten, wo er immer gesagt hat, unter ihm wäre dies nie passiert. Jetzt ist er gerade mal vier Monate im Amt und sein engster und treuester Verbündeter Israel löst sich von seiner Seite und beginnt diesen neuen Krieg. Spötter sagen schon, unter Präsident Trump wäre das niemals passiert. Es ist passiert. Der mächtigste Mann der Welt sieht auf einmal ganz schön schwach aus. Das war es wieder, das Politik-Teil.

Wenn Sie uns schreiben wollen, liebe Hörerinnen und Hörer, mit Einschätzungen zu dieser Sendung, mit Wünschen nach Themen oder Gästen für künftige Aufnahmen, dann können Sie das natürlich gerne tun an die bekannte Mailadresse daspolitikteilatzeit.de. Ja, und unser Dankesband wird immer länger und größer. Wir danken Holger Stark, dass er sich reingeschaltet hat. Wir danken Jan, dass er die Zeit für uns hatte,

Und wir danken natürlich Lea, die uns über den Iran erzählt hat. Wir danken Katja, die uns bei der Tonrecherche unterstützt hat. Und natürlich dem fabelhaften Jona von den Pool Artists. Wir danken euch. Es war ein Vergnügen. Danke. Das Politikteil ist ein Podcast von Zeit und Zeit Online, produziert von Pool Artists.