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Katastrophen im Mittelalter - Seuchen und Naturphänomene (alte Folge)

2025/2/1
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Geschichtsfenster

AI Chapters Transcript
Chapters
Das Mittelalter war von zahlreichen Naturkatastrophen geprägt, darunter klimatische Anomalien, Hungersnöte und Tsunamis. Diese Ereignisse beeinflussten nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesellschaft und Politik der Zeit.
  • Ab 536 verschlechterte sich das Klima im Mittelmeerraum und Europa, möglicherweise durch zwei Vulkanausbrüche.
  • Es folgte eine kurze Eiszeit, die Ernteausfälle und Hungersnöte verursachte.
  • Die Justizianische Pest begann 541 in Ägypten und breitete sich über Europa aus.
  • Hungersnöte waren oft lokal begrenzt, traten aber in vielen Teilen Europas wiederholt auf.
  • Tsunamis und Flutwellen führten zu erheblichen Zerstörungen, wie das Beispiel der Flut in den französischen Alpen zeigt.

Shownotes Transcript

Herzlich willkommen bei Geschichtsfenster. Mein Name ist André und heute geht es um Katastrophen im Mittelalter. Ich werde versuchen, das gesamte Mittelalter abzudecken, aber das Problem ist ein bisschen, dass die Quellen natürlich besser sind, je später wir uns das Ganze anschauen. Es gibt sogar Katastrophen, von denen wir wissen, dass sie stattgefunden haben, aber die Quellenlage ist erstaunlich dünn.

Katastrophe im Mittelalter klingt so wie der Standard einer normalen Mittelalter-Doku, da sehen wir gar nichts anderes. Und deswegen war die Frage so ein bisschen, wie viele Katastrophen haben wir wirklich, wie viele große Katastrophen haben wir und was macht das mit den Menschen, wie wurden die wahrgenommen? Darum wird es heute gehen.

Noch kurz: Das Buch zu diesem Video hätte gar nicht besser sein können. Die BBG, mein Partner, hat ja ein großartiges Programm an Büchern und gerade momentan gibt es eine Aktion. Wer sich über meine Seite, die findet ihr unten in der Videobeschreibung, anmeldet, kann sich eine von drei großartigen Prämien aussuchen. Und darüber hinaus gibt es heute auch natürlich wieder eine Verlosung und das Buch heute ist "Katastrophen im Spätmittelalter".

Gerhard Fouquet ist ein wirklich bekannter Historiker und vor allem auch einer, den man sehr gut lesen kann. Er schreibt sehr amüsant, sehr interessant. Also das Buch kann ich wirklich nur ans Herz legen. Und ihr seht, ist auch gar nicht teuer. Da lohnt sich fast nicht mal der WBG-Rabatt, obwohl es einen gibt. Und das Schöne ist, ich kann davon ganze sechs Stück verlosen. Also wenn ihr eins haben wollt, in die Kommentare schreiben. Ihr kennt das Spiel, schreibt was Nettes dazu. Erhöht die Gewinnchancen nicht, aber mich freut's.

Und damit legen wir los mit den Katastrophen des Mittelalters. Man kann sagen, das Mittelalter wird schon durch eine Katastrophe eingeleitet. Wer jetzt an die justizianische Pest denkt, nah dran, aber es gibt schon eine Klimaanomalie in der Zeit. Ab 536 wird das Wetter im gesamten Mittelmeerraum und auch in Europa schlechter. Ähm,

Es wird sich gestritten, warum. Also da gibt es tatsächlich keine Einigkeit in der Forschung. Die gängigste Annahme sind zwei Vulkanausbrüche und zwar erst einer in Nordamerika oder Irland.

Und dann ein zweiter in den Tropen, da gibt es einen in Papua New Guinea und einen in Mittelamerika, die in Frage kommen und diese Kombination aus diesen beiden Vulkan ausbrechen soll. Man kennt dieses Spiel, Staub in der Atmosphäre, die Sonneneinstrahlung wird reduziert, es wird kälter und es gibt Berichte, zum Beispiel aus Konstantinopel, dass die Sonne ähnlich wie bei einer Sonnenfinsternis geschieden hat, also fahl gewesen sei und so.

Es kommt zu einer kleinen Eiszeit, eine wirklich kurze Eiszeit, so eine Periode von etwa 15 Jahren wird deutlich kühler. Es kommt zu Ernteausfällen, es gibt so Thesen, dass die Teil der Völkerwanderung, was ja auch so ein Begriff ist, der heutzutage heftig diskutiert wird, aber diese Bewegungen, diese Migrationen sollen auch dadurch in Gang kommen.

Hungersnöte interessanterweise tauchen da auf, wo es Kriegszüge gibt. Also es gibt nicht generell eine große Hungersnot, aber überall da, wo Kriege sind, wo mehr versorgt werden muss, da gibt es auch entsprechende Hungerprobleme. Selbst die Belagerung Roms durch die Goten, glaube ich, muss aufgegeben werden.

Und in das Ganze hinein kommt dann eben noch der zweite Schlag, die Justizianische Pest. 541 in Ägypten taucht sie zum ersten Mal auf. Inzwischen weiß man ziemlich sicher, es ist tatsächlich Yasinia Pestis, also derselbe Erreger, den wir später in Europa noch einmal haben werden. Ähm...

Gerade im Mittelmeerraum wird stark betroffen. Auch Perser, beziehungsweise das Sassanidenreich wird betroffen. Byzanz wird betroffen, aber eben auch Italien und bis nach Bayern und in den Rhein weiht sich die justizianische Pest aus. Die Opferzahlen ist sehr, sehr schwer zu sagen. Ist bei diesen Sachen überhaupt oft schwierig. Denn die Quellen übertreiben maßlos. Also es soll in die Millionen gehen.

Wahrscheinlich ist das zwischen einem Viertel und maximal der Hälfte der europäischen Bevölkerung davon betroffen ist. Also tatsächlich die Todesopferzahlen ähnlich hoch wie bei der zweiten Pest im 14. Jahrhundert nochmal. Und beides zusammen ist natürlich etwas, was die, ich sag mal, Krise der Spätantike noch befeuert. Ich würde jetzt zu weit führen, das Ganze bis ins Detail zu machen, aber das ist letztlich die Geburtsstunde dessen, was wir heute als Mittelalter sehen, beziehungsweise es ist so ein Geburtshelfer.

Und diese beiden Ereignisse, sowohl die Klimaanomalie als auch die Pest, bleiben auch im Gedächtnis. Also die Klimaanomalie ist eventuell eine Vorlage für den Fimbulwinter aus der Ragnarok-Sage. Also schwer zu sagen, aber es klingt beides sehr, sehr ähnlich. Und auch die Pest bleibt so im Gedächtnis und der Name Pest taucht dann eben auch immer wieder auf.

Was wir auch im Mittelalter regelmäßig haben, sind Hungersnöte. Viele davon sind sehr, sehr lokal. Ein paar davon sind überregional und fast schon europaweit. Es gibt zum Beispiel in Frankreich 1975 eine Hungersnot, die bis zu einem Drittel der Bevölkerung dahin gerafft haben soll. In Dänemark 1090, 1235 auf den britischen Inseln und 1302 in Spanien, die da auch sehr heftig gewütet haben sollen.

Ich komme gleich noch aufs 14. Jahrhundert zu sprechen, da kommen so ein paar Sachen nochmal, aber ich werde alles bis zum 14. Jahrhundert zuerst abhandeln, denn das 14. Jahrhundert ist so eine bunte Menagerie an Katastrophen, die alle mehr oder minder wie eine Perlenkette hintereinander weg passieren und deswegen habe ich das 14. Jahrhundert mal zusammengenommen.

Wir haben in Europa auch Tsunamis und einer dieser Tsunamis, oder zumindest eine starke Flutwelle, hat sich in den Alpen abgespielt. 1191 gab es in den französischen Alpen einen Bergrutsch. Der hat einen Fluss aufgestaut zu einem natürlichen oder nicht gewollten Stausee, der bis zu 20 Meter Länge erreicht haben soll und der den Namen Lac de Saint-Laurent bekommen hat.

28 Jahre später, 1219, brach diese Barriere durch den Erdrutsch in einem Sturm.

Und die Welle ist an Grenoble, das damals den Fluss noch nicht erreicht hatte, vorbeigeschwappt, wurde dann allerdings aufgestaut und quasi eine Rückwelle hat Grenoble getroffen. Und die Bewohner konnten sich nicht in Sicherheit bringen. Die Fluchtwege waren versperrt durch den angeschwollenen Fluss und bis zu der Hälfte der Bürger Grenobels nach den Quellen ist dabei umgekommen.

Also in den Alpen, so eine starke Flutwelle durch so ein Ereignis ist schon eine Besonderheit. Es gab später nochmal, ich glaube auch im 14. Jahrhundert, eine Flutwelle im Golf von Genua. Da ist am Stromboli, dem Vulkan, ein Bergrutsch ins Meer abgerutscht und hat ein Tsunami ausgelöst im Mittelmeer.

Was wir ebenfalls vom Früh- bis ins Hochmittelalter immer wieder haben an Katastrophen, die sehr gut zu datieren sind, über die wir viel wissen, sind Flutkatastrophen. An der Nordsee, Niederlande, Friesland bis hoch Dänemark, da haben wir immer wieder Ereignisse. Oft ist auch England betroffen. So haben wir 1164 die Julianenflut.

Die kennen wir nur aus Schriftquellen. Die erste Marcellus-Flut, die haben wir dann auch mit einem Augenzeugen. Ein späterer Abt hat das Ganze persönlich beobachtet und später aufgeschrieben. Die Situation in der Nordsee muss man dabei ein bisschen erklären. Die heutige Situation mit dem Wattenmeer gab es im Prinzip noch nicht. Wir hatten eine Marschlandschaft, die quasi der eigentlichen Küste vorgelagert war. Diese Marschlandschaft musste ständig bewirtschaftet werden.

Sonst wäre sie im Prinzip zu Sumpfland geworden und sie wurde entwässert. Man hat dort das Ganze eingedeicht, nur mit Sommerdeichen. Das heißt, im Winter wurde das Ganze durchaus auch wieder überflutet. Wenn es irgendeinen Schutz vor der Flut gab, dann waren es eben Waffe, dass man, ähnlich wie auf heutigen Halligen, die Häuser erhöht baut, damit sie vor Flut geschützt sind. Viel mehr Schutz gab es da nicht. Und die erste Marcellusflut ist da direkt reingerauscht. Geschätzt 50.000 Tote.

In Ostfriesland alleine sollen 30 Dörfer, beziehungsweise Kirschspiele untergegangen sein. Und in Holland gibt es die These, dass der Binnensee Almere zur heutigen Bucht oder

inzwischen ja nicht mehr, aber bis vor ein paar Jahrzehnten zur Bucht Südersee geworden sei, indem die Landzunge, die beides getrennt hat, Nordsee und den See, überflutet wurde und eine Verbindung geschaffen wurde. Das lesen wir aber bei der Lucia Flut 1287 ganz genauso nochmal.

Da wissen wir den Tag sehr gut und die Namen übrigens sind immer von den heiligen Tagen. Also bei der Lucia-Flut ist es die Nacht vom 13. auf den 14. Dezember, der Tag der heiligen Lucia von Syrakus und danach sind diese Fluten immer benannt.

Und wir hören bei der Sudasee-Erflucht quasi genau dasselbe wieder. Wir hören dieselbe Opferzahl, 50.000 Tote, auch wieder eine ähnliche Anzahl von unterengenommenen Dörfern. Und wir lesen auch da wieder, dass die Sudasee entstanden sein soll. Das heißt nicht, dass ein Ereignis nicht stattgefunden hätte. Es zeigt nur, dass sich solche Beschreibungen wiederholen. Das müssen wir auch bei der Opferzahl immer im Kopf halten, dass eben eine Katastrophe auch gerne an einer älteren Katastrophe gemessen wird.

um die ungefähr auf dem selben Level zu stellen. Da muss man einfach sehen, solche Sachen passieren, werden manchmal mehrfach genannt. Man kann beide Ereignisse auch nachvollziehen. Es gab beide Ereignisse ziemlich sicher, aber in den Quellen finden wir eben sehr, sehr ähnliche. Und damit sind wir jetzt eben im 14. Jahrhundert angekommen.

Das ist so katastrophenmäßig die finstere Zeit des Mittelalters. Gar nicht, was die Bevölkerung angeht, was technischen Fortschritt angeht, was soziale Entwicklung angeht. Lustigerweise ist das im 14. Jahrhundert durchaus, da passiert eine ganze Menge. Also wir sehen...

Fortschritte, die wir vorher auf der Bildquelle zum Beispiel nicht gesehen haben. Ein Beispiel ist die Rüstungsentwicklung. Wir haben den 100-jährigen Krieg, man eigentlich auch als Katastrophe zählen konnte, der eine starke Entwicklung in der Wehrtechnik vorzubringt. Also die Rüstung innerhalb dieser 100 Jahre entwickelt sich fantastisch schnell. Gleichzeitig haben wir eben eine ganze Reihe wirklich großer Ereignisse. Das Ganze fängt an mit der Hungersnot 1315 bis 1317.

Es gibt sinnflutartige Regenfälle, einen langen Winter und einen feuchten Sommer und das Ganze führt zu einer klimatisch sehr schlechten Lage. Das Getreide soll schon am Halm verderben. Wir haben dann auch, wie bei vielen anderen Sachen, auch Mutterkorn als Problematik. Und immer wenn wir so eine schlechte Versorgungslage haben, dann kommt eben dazu, dass so etwas auch ungereinigt gegessen wird, was Probleme nach sich zieht, die wir gleich noch anschauen werden.

Zudem befand sich um 1315 die mittelalterliche Agrarproduktion absolut aus dem Höhepunkt. Die Bevölkerung Mitteleuropas war von 900 bis etwa 1200, hatte sich vervierfacht. Die zu versorgen war schon eine Herausforderung. Dementsprechend waren selbst gute Böden teilweise ausgelaugt. Es wurden auch eher schlechte Böden unter den Pflug genommen.

Und dann kommt es eben zu dieser langfristigen schlechten Wetterlage, die eben dazu führt, dass eine fast europaweite Hungersnot ausbricht. Die Getreidepreise sind sehr hoch, Gegner können nicht versorgt werden. Das ist schon so der erste große Schlag. Also wirklich viele, viele Menschen sterben in dieser Zeit an Hunger.

Und 1342 kommt es dann zum nächsten Schlag, das Magdalenenhochwasser. Und das ist bis heute vermutlich das stärkste Hochwasser in geschichtlichen Zeiten. Also man kann nicht für vorgeschichtliche Zeiten natürlich sprechen, aber solange wir Aufzeichnungen haben, dürfte das Magdalenenhochwasser in unserer Region das stärkste Hochwasser gewesen sein. Und an ganz, ganz vielen Orten findet man heute den Wasserhöchststand eben im Jahr 1342 im Magdalenenhochwasser.

Auch da haben wir wieder eine unglückliche Kombination an Witterungsverhältnissen. Wir haben schneereiche Winter, ein feuchtes Frühjahr, eine kurze Dürreperiode, die die Boden austrocknen lässt und auf diesen ausgetrockneten Boden kommt dann Starkregen. Und zwar wochenlanger Starkregen. Der Boden kann es erstmal nicht aufnehmen. Es kommt zu einer starken Überflutung und am Magdalenentag

am 22. Juli 1342 kommt es zum Hochwasser in den, man kann fast sagen, fast allen mitteleuropäischen Flüssen. Also in Frankreich haben wir das, im deutschsprachigen Raum, das heutige Polen ebenfalls. Wir haben überall diese Höchstmarken und eben so stark, da gibt es eben eine

Schriftgeller aus Frankfurt, am dritten Tag vor Maria Magdalena, bis auf ihren Tag, ist der Main so groß gewesen, dass das Wasser ganz um Sachsenhausen ist gegangen und zu Frankfurt in alle Kirchen und Gassen. Und Frankfurt, also zumindest der Dom, liegt auf so einer kleinen Anhöhe, das ist schon etwas höher als der Main, wenn es da hoch geht, ist schon ein ziemlich extremer Wasserstand und da ist eben bis heute die Höchstmarke, soweit ich weiß, das Magdalenenhochwasser.

Gleichzeitig haben wir durch diesen Starkregen dann einen enormen Verlust an Ackerböden. Es gibt Schätzungen, die sagen, dass 13 Milliarden Tonnen Ackerland sollen da zerstört worden sein durch Erosion. Also wirklich im Taunus gibt es da Beispiele, dass ganze Hänge in Tälern abgegangen sind durch dieses Aufweichen und dadurch eben Ackerland zerstört wurde.

Die Folgen sind auch entsprechend, dass einige Regionen komplett aufgegeben werden. Wir haben im 14. Jahrhundert sowieso eine Aufgabe von etwa einem Drittel aller Orte. Da sage ich gleich noch was dazu, da gibt es mehrere Quellen oder mehrere Gründe, aber das Magdalenenhochwasser ist da sicherlich ein Punkt.

der berücksichtigt werden muss. Es gibt Thesen, wie stark dann das Magdalena-Hochwasser die nächsten Ereignisse beeinflusst hätte. Da bin ich nicht ganz konform, sage ich aber auch gleich nochmal was dazu. Dann kommt eben 1343 der Tsunami im Golf von Neapel und 1348 vielleicht die größte Katastrophe, die wir hier nennen, nämlich der Schwarze Tod, die zweite Pestwelle.

Es gibt eben die Vorstellung, die ab und zu gesagt wird, dass durch das Magdalenenhochwasser, durch die Überflutung, durch die Zerstörung die Rattenpopulation enorm ansteigt und damit auch die Rattenflöhe als Überträger der Pest die Pest begünstigen. Da habe ich ein bisschen meine Probleme. Ich werde gleich einem Bild zeigen, warum ich das habe, weil man sich die Ausprägung der Pest eben mal genauer anschauen muss. Die Pest taucht im Urlaub.

Auf dem europäischen Kontinent, nach heutiger Sicht im Jahr 1347 zum ersten Mal auf, nämlich bei der Belagerung von Kaffa. Die Truppen der Goldenen Horde, eines Teilstatus der Mongolen, belagert den genuesischen Handelsposten Kaffa auf der Krim. Und da gibt es auch tolle Geschichten, dass sie angeblich mit verseuchten Leichen, also Pestopfern, da reingeschossen haben. Das ist alles...

Kann man nicht verifizieren und ist auch nicht wirklich nachvollziehbar. Tatsächlich hat diese Blockade durch die Mongolen die Pest erstmal an der Ausbreitung gehindert. Als dann der Handel wieder anfängt, die Genuesen hatten ein sehr, sehr dichtes und weit verzweigtes Handelsnetz und das war das Einfallstor der Pest nach Europa. Sie kommt in Italien zuerst dann in den Häfen, 1348, das ist so das Jahr, von dem immer ausgegangen wird. Und die Pest breitet sich weiter.

Wellenmäßig über Europa aus. Hier habe ich meine Karte Europas. Hier kann man das ganz gut sehen.

1347, die braunen Teile sind eben das erste Auftreten, dann die erste Welle 1348 und man sieht hier schon, es gibt Bereiche, die kaum betroffen werden. Mailand zum Beispiel hat mit einer relativ strikten Politik der Quarantäne, das ist ein Begriff, der damals auftaucht, dass man zum Beispiel Schiffe, Venedig hat das zum Beispiel gemacht, 40 Tage lang vor Anker gehen mussten, bevor man die Stadt betreten durfte, von diesen 40 Tagen kommt Quarantäne und

In Mailand wurde es relativ strikt durchgesetzt und man sieht ja tatsächlich, es gibt große Gebiete, auch Polen hat da eine relativ strikte Politik betrieben oder auch Flandern, die fast gar nicht betroffen werden. Andere werden eben ganz gut betroffen. Man sieht ja wirklich jahresweise diese Bewegung. Also das ist nichts, was man, wir sind heute anders gewohnt. In der vergangenen Pandemie hatten wir innerhalb von wenigen Wochen teilweise die Übergänge. Im Mittelalter selbst eine Krankheit wie die Pest braucht eben mehrere Jahre und einmal durch Europa zu schwappen.

bis sie eben oben im inneren Teil Skandinaviens angekommen sind. Da reden wir von fünf Jahren, bis sie da einmal durch ist. Und das ist eben etwas, was man bei der Ausbreitung berücksichtigen muss. Das ist nichts, was so wahnsinnig schnell passiert ist. Und inzwischen, neben dem Rattenfloh, wird vor allen Dingen die Kleiderlaus-

dafür verantwortlich gemacht. Denn der Mensch als Träger von Kleidung mit eben entsprechenden Läusen ist dann einer der Hauptüberträger, nämlich der, der die Strecken überwindet, was eben auch dazu passt, dass vor allem die Städte betroffen waren.

Das Land, da gibt es auch neuere Diskussionen, wie stark war das Land überhaupt betroffen. Es gibt Stimmen, die sagen, es war sehr, sehr wenig betroffen. Andere sagen, die Anzahl der Tote kommt überhaupt nicht zustande. Wir haben auch Berichte davon, dass Landstriche entvölkert gewesen sein sollen. Das müsste man einfach wirklich jeweils lokal betrachten. Da kann man nicht sagen, europaweit war der Prozentsatz so und so hoch. Die Opferzahlen sind überhaupt so ein alter Streitpunkt. Es gibt immer wieder auch im Netz Seiten, die berichten, dass irgendwie 60 Prozent oder teilweise noch mehr der Menschen gestorben sind.

seriöse Schätzungen sagen irgendwas um ein Drittel. Manchmal geht es auch bis zur Hälfte hoch, aber das ist so der Bereich, in dem man sich seriös bewegt. Der deutschsprachige Raum war interessanterweise relativ wenig betroffen. Wir haben hier gerade mal 10 bis 20 Prozent. Was nicht heißen soll, dass es nicht Orte gab, wo es ganz heftig zugeschlagen hat. Gerade in den Metropolen waren die Opferzahlen durchweg höher. Aber tatsächlich ist der deutschsprachige Raum dabei besser weggekommen als manche andere Region.

Innerhalb des deutschsprachigen Raums waren vor allem die Hansestädte im Norden erstaunlicherweise sehr, sehr stark betroffen. Da hat die Pest enorm gewütet. Im Süden, Bayern, Baden-Württemberg, da ging es halbwegs. Also auch da gibt es Pestausbrüche. Und die Pest bleibt auch eigentlich ab dann in Europa bestehen. Wir haben immer wieder kleine Ausbrüche. Ganz am Ende werde ich was dazu sagen, wie viele Katastrophen so der Mensch überhaupt erlebt hat. Und da finden wir immer wieder kleine lokale Ausbrüche. Aber

Aber wir haben auch noch große Pestwellen im Mittelalter. Wir haben um 1400 nochmal eine Pestwelle, da sterben vor allen Dingen Kinder und Jugendliche. Und bis zum Ende des Mittelalters alleine acht Pestwellen, also inklusive der erste, 1348 bis 1500 haben wir acht größere Pestwellen.

Aber auch nach dem Mittelalter geht das munter weiter. Wir haben 1665 in London eine Pestwelle, 1708 bis 1718 in Nordosteuropa, da sterben eine Million Menschen. 1720 nochmal in Marseille, da kommt dieses berühmte Bild mit der Pestmaske her.

Und Ende des 19. Jahrhunderts kommt die sogenannte dritte Pandemie, dritte Pest-Pandemie nach der justizianischen Pest und dem schwarzen Tod ist das die dritte große, fordert bis zu 15 Millionen Todesopfer. Und im arabischen Raum, es gibt so oft die Vorstellung, in Europa hat sich die Pest so stark verbreitet, weil wir haben uns ja alle nicht gewaschen, wir kleinen Schmutzfinke. Und die Juden sind auch noch weniger verschont worden, das kann man gar nicht nachweisen. Und der arabische Raum,

Den hat es nicht so stark getroffen und das Gegenteil ist der Fall. Der ist sogar ganz ganz heftig getroffen worden, gerade der Orient immer wieder. Und Zahlen habe ich da zwischen 1500 und 1850, da gibt es fast kein Jahr, in dem es nicht irgendwo einen Pestausbruch gegeben hat. Also wird wirklich da zur andauernden Gefahr, zur andauernden Krankheit. Europa auch. Ab dem 1600 wird es ein bisschen schwächer, kommen auch andere Krankheiten, die das dann ausgleichen.

Aber es ist nicht so, dass die Pest bei uns besonders stark zugeschlagen hat. Die ist im gesamten Bereich, wo sie aufgetreten ist, war sie sehr, sehr heftig und deswegen die Vorstellung, dass Pest allzu viel mit Hygiene zu tun hat. Natürlich gibt es da Verbindungen, aber die Vorstellung, ja, die haben sich nicht gewaschen, deswegen haben sie die Pest bekommen, die ist einfach nicht haltbar. Denn gerade bei so einem Überträger, bei so einem Bakterium, das durch Flöhe und ähnliches übertragen wird, da ist die persönliche Hygiene nicht so irrsinnig wichtig. Klar, um Ratten anzulocken, logisch, aber wenn so ein Floh da ist, ist er halt da. Ähm...

Und wie gesagt, die Pest bleibt. Man hat schon als Reaktion auf die Pest sehr schnell gemerkt, dass sogar die Ansteckung existiert. Und das ist etwas, was in der medizinischen Grundlehre, also nach Galenen, der

eigentlich nicht vorkommt. Da gibt es sowas wie Ansteckung eigentlich nicht, denn die Krankheit kommt ja aus dem Inneren. Und das ist auch einer der Punkte, wo diese Leere langsam bröckelt, wo neue Ideen kommen. Und eine der Forschungen ist eben das Miasma dafür verantwortlich. Das ist eben schlechte Gerüche, die Pest verbreiten. Es gibt sogar die Idee von Winden, die das Ganze hertragen und so. Also das war eher die Erklärung, als man nach irgendwelchen kleinen Insekten gesucht hätte. Wobei man anfängt zu forschen. Selbst der Papst

ist dafür, Leichen zu sezieren, um der Krankheit auf die Spur zu kommen. Also auch da ist diese Vorstellung, dass die alle nichts durften und weil die Ärzte so ungebildet werden, nichts tun konnten. Die Reaktionen der Ärzte sind gar nicht falsch. Sie machen nämlich etwas ähnliches wie wir heute. Sie isolieren Menschen.

Entweder die Leute dürfen ihr Haus nicht verlassen, wenn es einen Fall gab. In Mailand wurde es zum Beispiel durchgeführt. Oder im Decameron von Boccaccio zieht sich eine Gesellschaft, also ist die Rahmenhandlung dieser Geschichtensammlung, zieht sich eine Gesellschaft Florentiner während eines Pestausbruchs in ein Haus zurück und wartet da im Prinzip ab. Also letztlich die Reaktion, die wir auch jetzt hatten bei Corona-Pandemie,

Distanzierung, Quarantäne, Selbstquarantäne, das sehen wir in der Pest ganz genauso. Und letztlich war das eine wirksame Möglichkeit.

Der Erreger, wie gesagt, die Astina pestis, das ist mittlerweile auch klar. Man hat mittlerweile auch so den Urstamm gefunden. Also man kann tatsächlich sagen, wenn man diesen Urstamm hat, alle Pestvarianten, die Europa gewütet haben, sind auf einen Stammbaum zurückzuführen. Also die Justizianische Pest war komplett ausgestorben. Den Stamm gibt es nicht mehr. Und ein neuer Stamm ist in Europa angekommen und hat eben gewütet.

Interessant sind die Auswirkungen. Also wenn man sowas hat wie Beulenpest, Lungenpest, Blutpest, ist alles derselbe Erreger, nur unterschiedliche Ausprägungen. Also es ist tatsächlich keine unterschiedlichen Krankheiten, sondern letztlich das Gleiche. Und sie waren auch in Europa vorher in der Form nicht bekannt. Also die Aufzeichnung zur sozialen Pest gab es nicht.

Und dementsprechend waren die Ärzte natürlich leidlich überfordert. Wir haben auch andere Krankheiten in Europa, die immer wieder aufgetaucht sind, aber Pest war eben so ein großes Ereignis. Und natürlich, wenn man jetzt überlegt, wir hatten gerade eine Hungersnot, dann haben wir das Magdalenenhochwasser, jetzt haben wir die Pest, da kommt schon Weltuntergangsstimmung auf und das sind derzeit eben auch sowas wie die...

wie die apokalyptischen Reiter, die ja schon in der Bibel erwähnt sind, als Figuren auftauchen, darf einen nicht allzu sehr verwundern. Also wir leben da schon in einer Zeit, in der mit einem baldigen Weltenende gerechnet wurde. Dann haben wir noch ein

Erdbeben, und zwar das heftigste Erdbeben, das wir in historischen Zeiten in Nordeuropa hatten, das Erdbeben in Basel 1356. Am Lukastag, dem 18. Oktober 1356, gibt es gegen 4 Uhr eine starke Erschütterung. Häuser in Basel stürzen ein, das Dach des Münsters stürzt ein und man beginnt natürlich mit Rettungsmaßnahmen aufzuarbeiten und dann um 22 Uhr gibt es weitere Erdstöße.

Den fallen viele zum Opfer, die gerade noch in der Stadt sind. Und ein Feuer bricht aus, das acht Tage lang wütet. Basel wird fast komplett zerstört. Helfer werden zwar getroffen, aber ein Großteil der allgemeinen Bevölkerung ist bereits geflohen. Und es gibt da riesige Diskrepanzen in den Opferzahlen. Gerade die Zeichnung der Quellen schreibt davon sehr hohe Opferzahlen. Was heute gedeutet wird, als versucht der Basler das noch schlimmer darzustellen, als es ist. Wir reden etwa von 300 Todesopfern.

Viel, aber in den Quellen geht es bis zu 6000, was so ungefähr die Bevölkerung von Basel gewesen wäre. Aber auch im Umland, 40 Burgen alleine werden genannt, die Schäden davon getragen haben. Und erst 1370 ist der Wiederaufbau beendet. Ansonsten haben wir natürlich in Nordeuropa nicht so wahnsinnig viele Erdbeben. Italien wird ja häufiger mal getroffen, der Orient sowieso. Da gibt es viel mehr Erdbebenherde, aber bei uns in Nordeuropa haben wir nicht so wahnsinnig viele, deswegen war das mal eine Ausnahme.

Und als weitere große Katastrophe im 14. Jahrhundert kommt die Grote-Mann-Tränke, die zweite Marcellus-Flut 1362. Tatsächlich, wir wissen nicht einmal genau, also wir wissen aus späteren Forschungen, 1362 ist anzunehmen, aber aus den Quellen können wir nicht einmal das Jahr genau heraussehen. Da wird von 1300 bis 1362 alles Mögliche genannt. Die Quellen sind tatsächlich relativ unzuverlässig, das ist unerlässlich.

Was wir aber sehr sicher sagen können, wir haben einen großen Verlust an...

Und zwar den größten bisher. Wenn ich hier mal eine Karte von Nordfriesland habe, das Grüne ist die heutige Küstenlinie und das Farblose ist die Küstenlinie vor der zweiten Marcellusflut. Das geht tatsächlich verloren. Das ist genau dieses Marschland, von dem ich gesprochen habe, das geht unter und es geht sogar eine ganze Stadt unter, nämlich Rungholdt.

Hungold ist später dann sehr verklärt worden, also mittlerweile gibt es da Ausgrabungen, man hat so eine ungefähre Vorstellung. Hungold dürfte etwa 1000 Einwohner gehabt haben und gilt als bäuerlicher Handelshafen.

Das wichtigste Wirtschaftszweig war die Salztorfverarbeitung. Also tatsächlich sowohl Brennmaterial Torf als auch Salzgewinnung. Man kann aus Salztorf Salz gewinnen, man verbrennt es zu Asche und die wird dann eben gereinigt. Dann hat man ein gutes Salz. Das ist die Art, wie tatsächlich am Meer Salz gewonnen wurde. Das ist ganz erstaunlich. Die wird später nicht mehr so rentabel, nachdem im Binnenland wie zum Beispiel in Lüneburg größere Salzquellen erschlossen werden. Aber das war ganz lange eine Möglichkeit, Salz zu produzieren.

gewinnen und da war Rungold relativ groß. Und obwohl es ein gar nicht so großer Hafen war, finden sich dort sogar orientalische Waren. Also es gab Ausgrabungen, zum einen 30 Prozent der Zöpferwaren waren insgesamt schon importiertes Steinzeug, das zeigt schon, ein gewisser Wohlstand war da und es wurden eben auch orientalische Zöpferwaren gefunden, was schon tatsächlich darauf schließen lässt, dass der Ort nicht ganz so unwichtig war. Der ist im Prinzip komplett von der Karte ausgelöscht worden.

Ab dem 19. Jahrhundert wird es dann so eine Art nordisches Atlantis und gibt irgendwie sogar die Aussage, es sei der größte Handelsort Nordeuropas gewesen. Wahrscheinlich eher nicht. All diese Katastrophen im 14. Jahrhundert führen dann eben zu einer Bevölkerungsentwicklung dazu. Die Bevölkerung bis 1315 war stetig am steigen und zwar vergleichsweise schnell. Hatte ich vorhin ja gesagt. Jetzt geht sie zurück und zwar vergleichsweise stark.

Das hat mehrere Nebeneffekte. Einer davon ist die sogenannte spätmittelalterliche Agrarkrise. Die ist auch eine Katastrophe des Mittelalters. Auch wenn sie nicht so ist, wie man sich das vorstellt. Mit der hatte ich im Studium tatsächlich relativ viel zu tun. Der Bevölkerungsrückgang und dass die schlechtesten Böden aufgegeben werden. Man muss sich vorstellen, ein Drittel der Bevölkerung zum Beispiel ist weg. Dann wird auch ein Drittel der Böden aufgegeben und zwar die schlechtesten zuerst. Sprich die beiden Böden.

Und das führt eben dazu, dass die Nahrungsmittelpreise verfallen. Die Nachfrage wird geringer, aber das Angebot sinkt nicht in derselben Menge wie die Nachfrage und dann haben wir das Problem, die Landwirtschaft sich teilweise nicht mehr lohnt.

Das ist genau die Phase, in der ganze Regionen vom Ackerbau abweichen. Also zum Beispiel nehmen wir Oberbayern, ein typisches Viehzuchtgebiet. Da wurde früher auch ganz normal Ackerbau betrieben. Das wird jetzt eingeschränkt. Oder auch die Gegend um Bamberg, die vor allem auf Gartenbau umsteigt. Jetzt ganze Gegenden steigen quasi aus der Landwirtschaft aus. Das ist eben eine Folge des Ganzen. Und besonders hart trifft es eben die Landbewohner und den niederen Adel.

Die Stadtbewohner, die profitieren davon. Für die ist es super. Die Nahrungsmittelpreise werden geringer und die Löhne steigen auch, da weniger Arbeiter da sind, steigt die Nachfrage nach Arbeitern, also steigen die Löhne.

Für Stadtbewohner paradiesig, für Landbewohner eher nicht so. Die Bauern haben Probleme, ihr Angebot abgenommen zu bekommen. Die Preise sind nicht gut und darunter leidet auch der Landadel, der nach wie vor Naturalwirtschaft betreibt. Er ist noch nicht auf Geldwirtschaft komplett umgestiegen. Er ist also von seinen Einnahmen aus der Landwirtschaft abhängig und das ist natürlich für den Niederadel ein herber Einschnitt.

Auch da gibt es ganz viele Thesen zu, dass jetzt eben dadurch auch das Fehlwesen steigt, dass man neue Einkommensquellen braucht, dass Kriegszüge auf einen Kriegszug gehen, als Zubrot quasi, also quasi Solltrittertum aufkommt, aber eben doch das Raubrittertum anfängt. Wobei Raubrittertum, da gibt es ganz viele Gründe dahin kommen, das ist ein ganz einfaches, eigentlich sehr komplexes Thema. Aber diese spinntalterliche Agrarkrise, die ist sehr ergreifbar und die wird auch damals wahrgenommen. Wie gesagt aus zwei unterschiedlichen Richtungen, die Städter

eher positiv, die Landbevölkerung eben negativ, aber es feuert auch diesen Konflikt zwischen Städten und Ritter durchaus. Im 1500 haben wir auch noch ein paar namhafte Katastrophen. Die Elisabethenflut 1421 in die Niederlanden. Dordrecht ist danach eine Stadt auf einer Insel, also die ist

Ich habe hier ein Bild, das sie darstellt und es ist insofern relativ akkurat, dass quasi ins Binnenland der Niederlande durch Deichbrüche Wasser eintrinkt und bis heute die Flüsse und die ganzen Wasserstraßen beeinflusst. Also man kann heute noch die Folgen dieser Elisabethenflut sehen. Hat bis zu 10.000 Todesopfer gefordert und es war wirklich landverändernd. Und dann haben wir auch im 15. Jahrhundert nochmal eine Wetteranomalie, nämlich in den 1430er Jahren.

Wir haben kalte Winter, wir haben feuchte Sommer. Auch da gibt es Berichte, dass Getreide quasi am Halm verdirbt wird.

Die Auswirkungen sind nicht sofort da, denn nach der letzten großen Hungersnot hat man dazugelernt. Man hat Getreidespeicher angelegt, gerade die Städte. Nürnberg hat zum Beispiel heute noch mehrere Getreidespeicher. Ich glaube, die hatten insgesamt zwölf Getreidespeicher. Und in der Belagerung von Neuss hatte ich es erwähnt, dass die nach der Belagerung gesagt haben, Getreide hätten wir noch für fünf, sechs, sieben Jahre gehabt, gar kein Thema. Die wurden angelegt und die helfen das Ganze erst einmal abzuschwächen. Aber diese Wetteranomalie, die dauert über zehn Jahre.

Ab 1437 haben wir dann Hungersnöte, die bis 1439/1440 anhalten. Und das ist eben nochmal so die große Hungersnot des 15. Jahrhunderts, die auch später in den Quellen immer wieder zitiert wird. Wieder quasi europaweit relativ stark.

Und in der Zeit haben wir auch eine starke Ausbreitung des Antoniusfeuers. Ich hatte eben schon das Mutterkorn gezeigt, also ein Pilz, der als Parasit mitwächst und den zu sich zu nehmen. Der hat ähnliche Bestandteile wie LSD, also das wird immer so gerne verglichen. Sollte man aber trotzdem nicht machen, Gliedmasse sterben ab. Also Antoniusfeuer, die Krankheit daraus entdeckt.

Kann eben zum Absterben von Gliedmaßen führen. Das typische Bild, das man in mittelalterlichen Bildquellen sieht, wenn ein entsprechender Kranker gezeigt wird, dass er eben keine Beine mehr hat oder die Beine amputiert werden mussten. Breitet sich aus. Natürlich nicht epidemisch, weil es nicht ansteckend ist, aber es gibt einen ganzen Orden, der sich nur der Pflege dieser Opfer verschreibt.

Wir haben überhaupt noch andere Krankheiten in der Zeit. Also die Pocken sind immer da, das Fleckfieber ist eigentlich immer zu finden. Lepra ist das ganze Mittelalter durch ein Thema. Die Ruhe taucht immer mal wieder auf.

Außerdem haben wir noch, werde ich gleich noch was zu sagen, wir hatten im Frühmittelalter noch das italienische Fieber. Das ist von Italien an den Rhein gekommen und hat dort mehrere Jahre gewütet. Das ist eine Krankheit, von der wir heute gar nicht mehr wissen, was das gewesen ist. Also wir können es, ist nicht erschließbar. Es gibt gleich noch eine zweite Krankheit, die so ist.

Und Krankheiten allgemein verbreiten sich und diese Wetteranomalie, die kommt jetzt auch zusammen mit dem Beginn der Hexenverfolgung. Ich hatte ja schon im Film über Hexenverfolgung gesagt, im 15. Jahrhundert haben wir da schon erste Beispiele. Das Ganze fängt so langsam an und das ist natürlich ein guter Grund, diese Wetteranomalie dahinter böse Zauberei zu vermuten. Es gab immer wahnsinnig viel Diskussion, wo kommt diese Anomalie her und tatsächlich war es wahrscheinlich nur eine Verkettung unglücklicher meteorologischer Ereignisse.

Kein Großereignis, kein Vulkanausbruch, den man damit in Verbindung bringen kann oder sowas. Wir haben einfach eine schlechte Folge von klimatischen Bedingungen. Diese Wetteranomalie bringt aber auch nochmal weitere Maßnahmen. Getreidespeicher werden zusätzlich angelegt. Es werden sehr, sehr viele Stiftungen erlassen, also gerade für die Armenstiftung. Und es gibt Getreideimporte aus Südeuropa. Selten sind die wirklich von der Obrigkeit angelegt.

angeregt, aber es gibt viele Beispiele dafür, das aus Südeuropa, wo diese Wetterlage eben nicht so stark zuschlägt und selbst aus der Ukraine, also Krim und Ukraine, von dort wird Getreide importiert. Man versucht also auch darauf zu reagieren. Es gibt deutlich erkennbare Zeichen hier, wo die Quellenlage gut genug ist, dass man versucht auf so eine Katastrophe zu reagieren. Zuletzt haben wir dann noch eine Krankheit in England. 1485 gibt es noch den englischen Schweiß.

Sehr hinterhältig deswegen, weil zwischen ersten Symptomen und dem Tod, also die ersten Symptome unter anderem Schweiß, starker Schweiß, und dem Tod oft nur wenige Stunden vergangen sein sollen. Auch da haben wir keine Ahnung, welche Krankheit das jetzt wirklich gewesen ist. Es gibt von da nochmal zwei Ausbrüche im 16. Jahrhundert. Und natürlich quasi am Ende des Mittelalters kommt dann noch eine neue Krankheit, die Europa in den nächsten Jahrhunderten ordentlich beschäftigen wird, die Syphilis.

Die wird quasi bis ins 19. Jahrhundert endemisch sein, die wird überall zu finden sein. Und die nächste große Krankheit ist dann erst die Cholera, wird gerne mal fürs Mittelalter genannt, ganz viele Quellen, Pest und Cholera im Mittelalter, hat nur ein Problem, die taucht überhaupt erst im 19. Jahrhundert in Indien zum ersten Mal auf und kommt dann nach Europa.

Nicht über Cholera, hat nichts zu tun. Auch sowas wie Typhus zum Beispiel ist in der Antike schon beschrieben worden, ist im Mittelalter gar nicht so sehr verbreitet. Die Ruhe findet man häufiger mal, wenn es irgendwo tatsächlich miserable hygienische Bedingungen gibt, zum Beispiel auf mehreren Kriegszügen, da haben wir häufiger mal die Ruhe.

Eine Katastrophe, vor der die Menschen tatsächlich viel Angst hatten, zumindest in den Städten, sind Stadtbrände. Und da habe ich mal ein paar Zahlen gesammelt, wie viele Stadtbrände haben wir. Natürlich kann ich jetzt nur die größten nennen. Was in den Quellen erwähnt wird, sind wirklich die ganz, ganz großen. Und da haben wir im 13., 14. und 15. Jahrhundert, also im gesamten Spätengleiter, 20 große Stadtbrände im Heiligen Römischen Reich.

Allein Wien brennt fünfmal, 1258, 1262, 1276, also schon sehr gestaucht. Und dann vor allen Dingen 1326 und 1327, zwei Jahre in Folge. Da werden wirklich größere Teile der Stadt vernichtet, großer Stadtbrand. Lübeck wird dreimal Opfer, einmal 1157, kurz nach der Gründung, dann 1251 und 1276 und 1277.

Diesen beiden Bränden kann man auch eine schöne Reaktion darauf sehen. Beim ersten Brand 1251 werden Steinhäuser üblich, da wird versucht auf Steinhäuser umzusteigen und nach 1276 werden richtig komplexe Brandmaßnahmen eingeführt.

Zum Pflichten eines Bürgers gehört es auch, neben Waffen, das kennen wir schon, auch Brandbekämpfungswerkzeuge im Haus zu haben. Also Lappen, Stangen, Haken, um Dinge herunterzureißen, Ledereimer. Und es gibt sogar in Städten, also Frankfurt am Main weiß ich, da gab es zwei Handspritzen, die angeschafft wurden. Also wirklich vergleichsweise modernes Gerät.

Das sind jetzt aber natürlich nur die großen Beispiele. Für Basel zwischen 1445 und 1549, also etwas mehr als 100 Jahre, sagt die Brandchronik, dass es 63 Brandereignisse gegeben hätte. Also im Durchschnitt etwa alle 20 Monate gab es einen Brand in der Stadt, der allerdings offenbar bekämpft werden konnte. Es gab keinen Stadtbrand.

Und die baulichen Maßnahmen, die wir insgesamt haben, ich habe es schon erwähnt, Steinhäuser in Lübeck, aber es wird auch immer mehr auf Kamine Wert gelegt. Also die früheren Häuser waren ja Rauchhäuser, hoch genug gebaut, der Rauch zieht oben in den Dachstuhl, das wollte man vermeiden. Denn sowas dörrt natürlich aus, das Haus ist besonders schnell brennbar. Man hat steinerne Kamine, steinerne Feuerstellen gehabt, die Feuerstellen wurden auch kontrolliert.

Es gab im Prinzip, auch da war sie wieder für Frankfurt, da gab es einen städtischen Beauftragten, der dafür zuständig war. Heute würden wir sagen, quasi ein Bezirksschornsteinpflegermeister oder so etwas. Oder ein Brandinspektor, der die Häuser abnehmen musste. Die Dachdeckung wurde verändert. Es wurde immer mehr von Stroh und Ähnlichem auf Schindeln, wie gesagt, Schiefer umgestellt. Das ist eine Entwicklung, die im 15. Jahrhundert ganz, ganz heftig vorangetrieben wurde. Aber da hat man ungefähr ein Gefühl, wie häufig solche Brände waren.

Dann haben wir als Katastrophe selbstverständlich noch die Kriege. Und bei Kriegen ist die Wahrnehmung immer so eine interessante Sache, denn da hängt es wahnsinnig davon ab, ist es ein lokaler Krieg oder ist es quasi eine Invasion. Und tatsächlich, wenn wir mal schauen, die Kriege, die wirklich als starkes Ereignis angesehen werden, mal abgesehen vom 100-jährigen Krieg, der ist so eine Besonderheit, weil der tatsächlich teilweise heftig war und als langfristiger Krieg gesehen wurde, ähm,

Wenn wir solche Berichte haben, dann sind es eben die Einfälle. Da haben wir ab 630 die arabische Expansion, die übrigens auch tatsächlich durch die Klimaanomalie Anfang des Mittelalters ausgelöst worden sein soll, denn der arabische Raum wurde davon eher noch positiv betroffen. Starke Regenfälle haben die Gegend fruchtbarer gemacht und durch die justizianische Pest wurde die arabische Halbinsel quasi nicht in Mitleidenschaft gezogen.

Während die beiden großen Nachbarreiche, das Sassanidenreich und das Oströmische Reich, zum einen in einem verlustreichen Krieg miteinander verstrickt waren und zum anderen sowohl von den Ernteausfällen als auch von der Pest betroffen waren. Und dadurch hat die arabische Expansion es halt vergleichsweise leicht gehabt, sich gegen die zu behaupten.

Bis 750 ist der gesamte nordafrikanische Raum erobert, große Teile Persien sind erobert, der arabische Raum eben, die Levante und selbst nach Spanien sind sie gekommen. Und das wird natürlich sowohl von den Oströmischen als auch von den iberischen Chronisten als Strafe Gottes gesehen. Das ist natürlich ein Trauma, dass da die Araber einfallen. Ab 739 haben wir das Ganze in Nordeuropa auch, die Wikinger.

Also Lindisfarne ist da immer so der Anfangspunkt, der Überfall auf das Kloster. Es gab schon vorher Überfälle, aber auch die Wikinger werden immer wieder als Geißel gesehen. Auch das ist ja quasi etwas Fremdes, auch nicht mal Christen in der Anfangsphase. Also auch das ist natürlich etwas, was als Katastrophe wahrgenommen wird. 899 bis 955 kommen dann die Ungarn-Einfälle.

Auch die, also letztlich die ersten Ungarn sind als Söldner nach Mitteleuropa gekommen, dann kommt er auch durch Verdrängung, die selbst werden aus ihrem ursprünglichen Lebensraum verdrängt und kommen eben in größerer Zahl nach Europa, machen Raubzüge im Süden und letztlich ist das Reich gar nicht in der Lage, sich dagegen größer zu wehren. Die Überfälle kommen einfach zu schnell, wenn es gelingt, also gerade Bayern ist da der Schauplatz und der Herzog von Bayern, der große Gegner der Mongolen,

Entschuldigung, der große Gegner der Ungarn. Und wenn er sie schlagen kann, dann erwischt er sie auf dem Rückweg. Wenn die mit Beute beladen zurückziehen, dann ist ihre Bewegung vorhersehbar, dann können sie geschlagen werden. Und dann ist eben Otto der Erste, oder Otto der Große, der die Region befriedigt, indem er dort Niederadelige oder Panzerreiter ansiedelt, die sie selbst versorgen. Und das ist so eine der Geburtsstunden des Rittertums. Da haben wir den klassischen Ritter, der mit Eigenwirtschaft sich

versorgt und dann zur Verfügung steht. Und mit diesen Panzerreitern werden dann die Ungarn endgültig geschlagen und die Überfälle kommen zum Erliegen. Das wiederholt sich dann nochmal. 1206 kommen die Mongolen, überrennen so den halben Orient. Auch der gesamte russische Raum wird einmal komplett überrannt. Und die Mongolen stehen schon in Teilen des heutigen Österreichs und im heutigen Ostdeutschland. Also sie erreichen schon Regionen, die...

Da ist ein bisschen Glück im Spiel, denn der Großkhan stirbt und die Herrführer ziehen sich zurück, um erstmal einen neuen Großkhan zu wählen. Und in Europa kommt der Mongolensturm in der Form gar nicht an. Wird aber natürlich als große Katastrophe gesehen. Auch der byzantinische Raum wird davon stark betroffen. Da hat man natürlich Kunde davon gehabt. Und hier haben wir eine interessante Reaktion, denn es beginnen Reisen in den mongolischen Raum. Jeder denkt jetzt sofort an Marco Polo, der war aber vergleichsweise spät.

1245 wird Johannes de Plano Caprini geschickt. Der kommt nach Karakorum und an den Hof des dortigen Herrschers. Dann kommt Wilhelm von Rupruck, wird ebenfalls als Unterhändler geschickt.

Ist nicht ganz klar, was da, also es gibt Aufzeichen, aber wie erfolgreich das ist, welche Briefe überhaupt übergeben werden. Also angeblich werden da Briefe nicht übergeben, weil man sich klar ist, dass das als Affront gesehen wird und das nicht so gut käme. Auch die Mongolen erfordern natürlich die Hinterwerfung des Papstes und so etwas. Und Marco Polo, 1275, ist dann fast schon ein Nachzügler, der an, das ist ja immer die Frage, war er wirklich da oder nicht? Heute sagt die Forschung allgemein eigentlich schon, er war da. Wie glaubwürdig seine Ausführungen ansonsten sind,

Weiß man nicht, aber er reist nach China in den Hof von Kublai Khan. Also da kommen im Prinzip sehr, sehr weite Reisen bis in den asiatischen Raum, um da eben Kontakte zu gründen. Das ist eine interessante Reaktion auf den Mongolensturm, die wir vorher in der Form gar nicht hatten.

Die beiden letzten Punkte sind einmal die Wahrnehmung. Wie wurde das Ganze wahrgenommen? Es gibt einen sehr guten Aufsatz über die Krise im Spätmittelalter. Das habe ich jetzt mal ausgelassen. Das ist so mittlerweile eigentlich eine überkommene Idee, im Spätmittelalter von einer gesamten Krise zu sprechen. Ich habe die Agrarkrise genannt, diesen Teil davon. Und in der Diskussion darüber, gab es diese Krise im Spätmittelalter, denn ich sehe diese Krise nicht bei der Entwicklung, ging es eben darum, was ist überhaupt eine Krise?

Und wie wird sie wahrgenommen? Das ist so eine Definitionsfrage. In seinem Aufsatz schreibt er aber sehr schön, wovon eine Krisenwarnung abhängig ist. Also was nehmen Leute als Krise wahr? Und da ist, wie gesagt, das Interessante, das hängt von zwei Faktoren ab, nämlich von der Wahrnehmung von Dysfunktionalität und von Dysperspektive.

Und im 14. Jahrhundert sehen wir Dysfunktionalität. Allein durch die Naturkatastrophen, dann eben der klassische Ritterstand, das verändert sich, der muss sich verändern, auch durch die Agrarkrise. Und genauso die Kirche. Die Kirche ist gespalten, die Kirche ist mit sich in Streit und all das ist in der Wahrnehmung eine große Krise. Die Funktion ist nicht mehr so gegeben, wie sie sein sollte. Und eine bessere Perspektive gibt es auch nicht, weil es kommt ja tatsächlich Schlag auf Schlag.

Und wenn beides zusammenkommt, dann nimmt man eine Krise wahr. Das geht uns heute nicht anders. Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten Krisenwahrnehmung ohne Ende, wo wir uns fragen können, geht es uns tatsächlich so schlecht im weltweiten Vergleich? Das ist aber egal. Wichtig ist dafür nicht, wie es uns im Vergleich geht, sondern wie wir es wahrnehmen. Wir vergleichen in der Wahrnehmung bessere Zeit davor. Die 10, 20 Jahre davor werden als besser wahrgenommen. Dafür gibt es auch handfeste Gründe, wie zum Beispiel Lohnentwicklung und ähnliche Dinge.

Wir sehen eine Dysfunktionalität. Ich will da jetzt gar nicht irgendwie lästern, denn mir geht es genauso. Ich gucke in die Politik und denke auch oft, dass unsere Politik vermutlich im Vergleich zu anderen Gegenden, wo die Korruption krasiert und so, vergleichsweise besser ist. Es ändert nichts daran, dass ich enttäuscht bin. Und die Perspektive...

Das haben wir heute genauso. Wenn wir von Klimakatastrophen und ähnlichen Dingen reden, die Perspektive, das, was in Zukunft kommt, sieht nicht so irrsinnig rosig aus. Fertig ist die Krisenwahrnehmung. Dafür ist vollkommen egal, wie es uns geht. Nur die Wahrnehmung macht es aus. Und das fand ich aus diesem Artikel oder in diesem...

sehr, sehr gut und das aufs Mittlereld übertragen. Darauf ist dieser Fachbeitrag ausgerichtet. Zeigt eben, dass die Warnungen, die wir aus den Quellen kennen, aus Chronik und ähnliches, nicht zwingend etwas mit der tatsächlichen Situation zu tun haben, sondern da müssen wir eben schauen, wie wurde es wahrgenommen. Und da haben wir Katastrophen, die werden gar nicht groß als Problem wahrgenommen. Also gerade sowas wie kurzzeitige Dinge, ein Stadtbrand zum Beispiel oder eine Überschwemmung, Magdalena hoch, das ist schon wieder was anderes, das sind kurzzeitige Dinge.

Andere Sachen werden als existenziell gefährlich eingestuft, wie zum Beispiel die Pest. Das ist etwas, wo wir ganz klar sehen, das Ende der Welt ist gekommen. Und natürlich in jedem einzelnen Fall kommt irgendwo jemand, der sagt, das war Gottes Strafe. Ja, es ist mittelalterliche Wahrnehmung, klar, da ist Gott im Spiel, aber das haben wir ja heute auch. Wenn irgendwas auf der Welt passiert, irgendein radikaler Prediger irgendwo wird sich auf die Hinterbeine stellen und sagen, das war eine Strafe für das sündige Leben.

Hat sich nichts geändert heute. Überhaupt nicht. Der zweite Punkt ist dann eben, wie sehr betrifft das den Alltag der Leute? Weil alles, was ich jetzt aufgezählt habe, waren sehr, sehr große Katastrophen. Die Monsterkatastrophen. Ich habe eine sehr schöne Quelle. Burkhard Zink aus Augsburg hat im Prinzip Chronik geschrieben. Der hat die Zeit seines Lebens aufgeschrieben. Der stammt aus relativ einfachen Welten, beziehungsweise war fast mittellos, als er in Augsburg angekommen ist.

arbeitet dann hoch, am Ende ist er ein schwerreicher Mensch und zwischen 1417 und 1467 hat er die folgenden Katastrophen genannt. Er hat mehrfach von hartem Winter gesprochen.

die zu Kornpreiserhöhungen geführt haben. Ich meine, in der Zeit, die ich gerade nenne, kommt eben auch die Wetteranomalie, also eine mehrjährige Hungersnot. Aber auch sonst beklagt er immer wieder das Steigen der Kornpreise. Das ist natürlich etwas, was ihn trifft. Steigende Kornpreise für ihn sind das, was steigende Benzinpreise für uns sind.

Er blendet mehrere Hochwasser, Pestilenzen, zum Beispiel auch in Ulm. Also das ist jetzt ein Ausruf wahrscheinlich, möglicherweise die Pest, möglicherweise eine andere Krankheit. Da sehen wir aber im 1500 ist das vor allen Dingen lokal. Wir haben zwar um 1400 eine größere Welle und auch danach noch, aber solche kleinen lokalen Ausbrüche haben wir immer wieder. Er spricht von Hausbränden und von Stadtbränden. Beim Hausbrand erwähnt er auch, dass da versucht wird zu helfen und das Ganze einstürzt und die Helfer unter sich bekräftet.

Wir haben zweimal Raupen im Kohl, also ein Parasit, der eine Teilernte vernichtet. Wir lesen von Hagel, von allgemeiner Teuerung, von Münzverschlechterung, von Tollwutausbrüchen. Er schreibt von Sturm, die Ruhe wird erwähnt und Mehltau.

Und was die Kornpreise, die Verteuerung angeht, da kann er sogar als Experte gelten, denn er wäre unter anderem in Augsburg dafür zuständig, die Kornvorräte und die Korneinkäufe zu regeln. Also er weiß, wovon er redet, er hat das direkt aus seinem Alltag. Und das ist jetzt eine Phase von 50 Jahren. Er hat in der Zeit einige Katastrophen, einige davon betreffen ihn auch indirekt selbst. Also zum Beispiel, ich glaube es war die Pest in Ulm, da sterben zwei seiner Töchter.

Also durchaus etwas, was ihn, er hat glaube ich insgesamt 20 Kinder aus mehreren Ehen, von denen die meisten, wo er die meisten selbst überlebt. Aber insgesamt sehen wir eben, wenn wir das Gesamtmittelalter anschauen, ja wir haben große, große Katastrophen, wir dürfen uns aber nicht der Illusion hingeben, dass das die Leute insgesamt geprägt hat. Wir haben Krisen im Mittelalter und wir haben auch Krisenwahrnehmung.

Aber wenn man es sich eben anschaut, das 20. Jahrhundert hatte zwei Weltkriege bei uns und trotzdem gab es viele, viele Leute, für die das nicht das Entscheidende in ihrem Leben gewesen sind. Leute, die direkt beteiligt waren, wir haben Kriegstraumata und so etwas, das haben wir im Mittelalter ziemlich sicher ganz genauso. Wir haben auch eben körperliche Beeinträchtigungen durch Hunger, das kann einen Körper durchaus beeinflussen, wenn er längere Zeit Hunger hatte und das überlebt. All solche Sachen haben wir eben.

Aber wenn wir uns jetzt den Alltag anschaut, hier Burkhard Zink war selbst von keiner dieser Katastrophen ganz direkt betroffen. Also nie existenziell und das dürfte für viele Leute gelten. Wir haben in Europa immer noch jede Menge Leute, die keine Katastrophen erlebt haben. Auch Kriege. Es gab eine gute Möglichkeit, nie einen Krieg zu sehen. Sogar relativ wahrscheinlich. Gerade so Deutschland 15. Jahrhundert, deutschsprachiger Raum, da ist so unfassbar viel nicht. Und wenn etwas passiert, dann ist es regional begrenzt. Also

An Krieg kommen wir gut rum. Sowas wie Fede dagegen, das kann man schon geradezu als Hintergrundrauschen sehen, denn irgendwo war immer eine Fede, wobei Feden oft eben nicht wie ein Krieg geführt wurden. Immer wieder Beispiele, wo absichtlich auf Waffengeweih verzichtet wurde, es wurde Vieh weggetrieben, es werden auch Häuser angezündet, aber Leute werden nicht erschlagen. Also Plünderung ist da gar kein großer Teil. Eine Fede hat gewisse Grenzen und die

wurden nicht immer eingehalten, ganz klar. Aber solche Fäden haben wir immer wieder. Größere Kriege, wirklich große Kriegszüge haben wir ganze Regionen, die das 100 Jahre lang nicht erleben.

Also da muss man immer schauen, wie ist das mit diesen Katastrophen. Und gerade wenn ich sowas wie diese kleineren Katastrophen jetzt von Burkhard Zink nehme, wenn mein Narrativ ist, das Mittelalter ist eine krisengeplagte Zeit, eine katastrophengeplagte Zeit, dann reicht die Aufzählung. Super. Wenn ich es aber einordnen und sage, das sind alles lokale Ereignisse, von denen er hört, von denen er indirekt betroffen ist oder sowas, von denen Handelspartner betroffen sind, dann ist das alles etwas, was in seinem Umfeld passiert.

Wenn wir das heute vergleichen durch unsere Medien, haben wir das wahrscheinlich in einem Jahr. Wenn wir weltweit, wir kriegen ja Katastrophen aus der ganzen Welt serviert, dann haben wir das wahrscheinlich in einem Jahr zusammen und trotzdem beeinträchtigt es unsere Wahrnehmung nicht. Also wenn ich jetzt die letzten zwölf Monate in der Zeitung lese, was auf der Welt an Katastrophen passiert ist.

Selbst wenn es uns indirekt betrifft, Hochwasser an der Ahr zum Beispiel, da waren Freunde von mir betroffen und für die, die haben alles verloren. Ganz heftig. Für mich persönlich, klar, aus reiner Empathie betrifft es mich, aber mein Leben hier hat es quasi nicht beeinflusst und das ist im Mittelalter überhaupt nicht anders. Eine Katastrophe, die knapp an einem vorbeirauscht, ist knapp an einem vorbeigerauscht, ist nichts, was einem irgendwie das Leben bestimmt.

Und so muss man eben schauen. Wir haben Katastrophen im Mittelalter, die unseren heutigen teilweise gar nicht so unähnlich sind. Aber es ist nicht so, dass für den Menschen im Mittelalter eine Katastrophe die nächste jagt.

Die Gefahr vor der Katastrophe ist wieder was anderes. Hungersnöte waren etwas, was jederzeit passieren konnte. Missernten hintereinander, eine große, mehrere kleine, kann schon dazu führen, dass Nahrung Mangelware wird, dass eben ein Hungersjahr, ein Hungerjahr beginnt. Stadtbrände, überhaupt Brände können jederzeit vorkommen. Kriege, es kann jederzeit irgendwie passieren, dass etwas einfällt. Die Leute haben tatsächlich...

die glauben ja auch an höhere Fügungen. Im Mittelalter ist der Glaube an höhere Fügungen normal und dementsprechend ist klar, dass

Grundgefahr immer vorhanden ist. Die Leute haben immer die Angst mitschwingen, dass die nächste Katastrophe einbrechen könnte. Was aber nicht daran hindert, ein Leben zu führen, das auch mit fröhlichen Dingen gefüllt ist, dass das vergleichsweise normal ist. Also die Angst war da, sie war aber oft nicht alles beherrschen. Es gibt Zeiten im

im 14. Jahrhundert oder auch teilweise im 15. Jahrhundert, wo die Angst sehr groß war. Da kommt es eben auch zu Geißlerprozessionen und ähnlichen Reaktionen. Also genauso eine Reaktion, die immer wieder kommt, natürlich sind Judenpogrome, also

Sowohl bei der Pest als auch bei anderen Katastrophen. Die Juden sind schuld, Juden sind die Brunnenvergifter, gibt es Quellen, also gerade in der Pestwelle ist die Brunnenvergifter-These weit verbreitet und es gibt auch schriftverkehrsliche Städte und teilweise bestätigen sie die Geschichte noch. Juden werden gefoltert, werden hingerichtet, weil sie angeblich dahinter stecken.

Gegen Minderheiten, Hexen hatten wir auch schon, wird immer geschlagen und im 15. Jahrhundert kommt als neue Minderheit das Fahnen dazu, vor allen Dingen sind die Roma, die nach Europa kommen, die sind natürlich eine neue Quelle oder ein neues Opfer der Verfolgung. Minderheiten sind natürlich immer in der Schusslinie.

Ja, ich hoffe, der Überblick über Katastrophen in Europa hat euch nicht zu sehr bedrückt. Ich wollte das Ganze mal zusammenfassen. Das sind alles Dinge, die immer wieder in der Diskussion auftauchen und so ein paar Daten dazu bringen. Wenn ich Katastrophen vergessen haben sollte, schreibt es mir in die Kommentare. Und auch sonst, wie sieht es mit euch aus? Habt ihr schon Katastrophen erlebt? Wie hat euch das beeinflusst? Finde ich eine ganz wichtige Frage. Ansonsten...

Wir sehen uns in einer Woche wieder. Wenn ihr es noch nicht getan habt, würde ich mich freuen, den Kanal zu abonnieren, denn ich habe letztens erst gesehen, die Hälfte der Leute, die diesen Film gucken, haben den Kanal noch gar nicht abonniert. Könnt ihr mal machen, wäre super. Und ansonsten könnt ihr auch mal bei Twitch vorbeischauen, das streame ich jede Woche. Und auf Discord, da habe ich eine sehr schöne Community, beide Links findet ihr unten in der Videobeschreibung. Ich würde mich sehr freuen, da mehr mit euch zu tun zu haben. Und ansonsten sehen wir uns in einer Woche. Bis dahin, macht's gut und bleibt gesund.