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Hörspiel: Der Untergang der Titanic von Hans Magnus Enzensberger

2025/5/17
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Ö1 Hörspiel und Radiokunst

AI Deep Dive AI Chapters Transcript
People
A
Amrito Geiser
E
Elias Eisold
F
Fabian Matuszek
F
Fabian Zaback
H
Harald Grever
H
Harald Gräber
L
Letizia Tosakisian
M
Minou Bakbani
P
Paula Carbonell-Spörck
S
Samira Kossebau
U
Urs Klebe
Topics
Kurt Reisenecker和Mailat Prokhorny: 我们共同策划了这次Ö1与MUK的合作,旨在庆祝MUK成立80周年和奥地利广播成立100周年。这次合作对我们双方都意义重大,希望能够为听众带来高质量的广播剧。 Harald Kräwer: 我认为《泰坦尼克号的沉没》这个题材非常适合学生们,它篇幅适中,而且与当前的政治和社会环境紧密相关。在与学生合作的过程中,我力求在尊重原著的基础上,融入自己的理解和创意,希望能给听众带来全新的体验。 Urs Klebe: 我认为最大的挑战是在短时间内适应新的形式,带着好奇心进入工作室,并在不熟悉的环境中依靠自己的能力,主要用声音进行表演。在广播剧中,清晰的画面和精确的思考比视觉表演更重要,因为声音是唯一能让文本生动并传递信息的工具。我很高兴看到我们的学生有能力将信息传递给听众,并在他们的脑海中唤起画面。

Deep Dive

Chapters
Das Hörspiel entstand aus einer Kooperation zwischen Ö1 und der MUK zum 80. Geburtstag der MUK und 100 Jahre Österreichisches Radio. Es erzählt die Geschichte des Untergangs der Titanic von Hans Magnus Enzensberger. Herausforderungen lagen in der Organisation der Studierenden und deren unterschiedlichen Erfahrungen mit Audioproduktionen.
  • Zusammenarbeit von Ö1 und MUK
  • Hörspiel basierend auf Enzensbergers Gedicht
  • Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit Studierenden

Shownotes Transcript

Translations:
中文

Das war eine gemeinsame Idee von Ö1, von Kurt Reisenecker und von Mailat Prokhorny, dass sozusagen eine Zusammenarbeit der MUK mit Ö1 stattfinden sollte zum 80-jährigen Gestehen der MUK und 100 Jahre Österreichisches Radio.

Der Kurt Reißenegger kam auf mich zu und hat gesagt, ich würde gern was mit den Studierenden machen. Und dann war Harald Kräwer als Regisseur sehr schnell klar. Dann haben wir gemeinsam einen Stoff gesucht, auch Urs Kleber hat mitgesucht.

Harald kam dann auf Untergang der Titanic, was ich einen ganz tollen Stoff finde, auch in dem Rahmen für die Studierenden und in dem Zeitumfang genau richtig und auch, was die derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Umstände angeht, auch ein wirklich tolles Stück.

So der Schauspieler Markus Mayer, der auch Ensemble-Mitglied des Wiener Burgtheaters ist und von Höhe 1 als Hörspiel-Schauspieler des Jahres 2015 ausgezeichnet wurde.

Gemeinsam mit dem Sprecher, Schauspieler und Sprecherzieher Urs Klebe hat Markus Meyer die Projektleitung an der Musik- und Kunstprivatiniversität der Stadt Wien, der MUK, für das gemeinsame Hörspielprojekt Der Untergang der Titanic des deutschen intellektuellen Autors und Herausgebers Hans Magnus Enzensberger.

In der Untergang der Titanic nähert sich Hans Magnus Enzensberger, der im Alter von 93 Jahren 2022 in München verstarb, in 33 Gesängen dem am 14. April 1912 gesunkenen Luxusdampfer Titanic an.

Spekulationen über den Grund des Untergangs und Erzählungen über die Schönheit der Eisberge werden mit historischen Fakten sowie mit Zeit- und Temperaturangaben sowie Geräuschen vermischt. Musik? Zur letzten Nummer erhebt der Kapellmeister seinen Stock. Wir sinken lautlos.

Still steht, wie in der Badewanne, das Wasser in den strahlend erleuchteten Palmensälen, Tennishallen, Foyers und spiegelt sich in den Spiegeln. Tintenschwarze Minuten, erstarrt wie in Gelatine. Kein Streit, kein Wortwechsel, halblaute Dialoge. Bitte nach ihnen, grüß die Kinder, erkälte dich nicht.

Der Hörspielregisseur und Leiter des deutschen Audioverlags Speak Low, Harald Grever, erzählt über die Herausforderungen bei dem gemeinsamen Hörspielprojekt. Das Projekt »Der Untergang der Titanic« haben wir mit Schauspielstudierenden mit dem Abschlussjahrgang der Studierenden von der MUK produziert.

Und die Herausforderung liegt, wenn man mit dem Abschlussjahrgang zusammenarbeitet, in der Organisation und in der Disposition, weil viele von den Studierenden natürlich schon Vorsprechen, zum Teil schon Engagements an Theatern haben. Und das hat aber bei diesem Projekt sehr, sehr, sehr gut funktioniert, weil seitens von der MUC als auch von Ö1 das sehr, sehr gut funktioniert.

und organisiert wurde. Letzte Woche wurde die Hörspielfassung an der Kunstprivatuniversität MUK gemeinsam mit den Schauspielstudierenden angehört. Im Zuge dessen hat Stefanie Zussner, die Ö1-Hörspielproduktionsleiterin, Statements zur Projektarbeit unter anderem von Urs Klebe und Markus Mayer eingeholt. Mein Name ist Urs Klebe und ich unterrichte Sprechen hier am Institut.

Ich glaube, die größte Herausforderung war in sehr kurzer Zeit, sich auf dieses neue Format einzulassen und einzustellen und mit Neugier ins Studio zu gehen und in all dem, was sie eben noch nicht kennen, trotzdem sich dann wieder auf ihre Fähigkeiten zu verlassen und vor dem Mikro mit der Stimme ausschließlich, nicht ganz ausschließlich, aber...

überwiegend zu spielen. Manche sind da sehr Audio- und Technik-affin und haben auch schon für Szenenstudien Sachen aufgenommen, andere gar nicht. Manche haben auch schon mal in Radiosendern gearbeitet, andere wie gesagt überhaupt nicht. Und insofern ist eine ganz unterschiedliche Zusammensetzung an Erfahrungen da.

und auch eine unterschiedliche Vorgeschichte, wie nah man sich der Technik und solchen Apparaturen fühlt. Jetzt haben sie natürlich viel Erfahrung durch die Produktion im Studio und weil wir auch dann direkt noch einen Mikrofon-Workshop angeschlossen haben. Da ging es dann im Gegensatz zu den literarischen Texten bei euch eben mehr um

Formate wie Werbung und solche Sachen. Beim Sprechen im Hörspiel ist natürlich, finde ich, noch mal wichtiger als bei dem visuellen Spiel, was beim Theater und Fernsehen, dass man ganz klare Bilder hat, dass man exakt denkt. Und weil man ja in Anführungsstrichen nur das Mittel Stimme hat, um einen Text lebendig zu machen beziehungsweise Informationen weiterzugeben, erreicht man die Zuhörerschaft deutlich.

evoziert man Bilder, in deren Köpfen kommen die Nachrichten, Informationen an. Und das finde ich, habe ich aus den paar Stunden, die ich dabei sein durfte bei den Aufnahmen,

bei unseren Studierenden sehr schön empfunden, dass sie sehr wohl in der Lage sind und sehr gut in der Lage sind, das umzusetzen. Das hat mich sehr gefreut. Urs Klebe und Markus Mayer unterrichten am Institutsschauspiel der MUK und haben zusammen mit Regisseur Harald Gräber mit den Schauspielstudierenden gearbeitet und sie für die Aufnahmen im ORF Hörspielstudio vorbereitet.

In der Hörspielfassung, die Auszüge aus der Untergang der Titanic bringt, kommt unterschiedliche Musik, zum Beispiel von Peter Immig und von Salonorchestern vor, wie Harald Gräber erzählt. Ich wollte ursprünglich nur mit abstrakten Sounds arbeiten, mit elektronischer Musik, sehr zurückgenommen, sehr reduziert. Und wir haben dann im Laufe der Produktion gemerkt, der Untergang der Titanic, Enzensberger hat ja geschrieben, eine Komödie.

Und obwohl wir es jetzt nicht als Komödie inszeniert haben, schwingt das aber natürlich in diesen Texten immer wieder mit, diese Leichtigkeit, die der Enzensberger einfach hat in seinen Texten. Und wir haben dann während der Arbeit gemerkt, dass diese abstrakten, kühlen Sounds eigentlich diesem Text überhaupt nicht gerecht werden und dass das auch gar nicht funktioniert.

Und wir haben dann eigentlich erst in der Montage ganz konkrete Musik auch verwendet. Also Musik, die auf der Titanic gespielt wurde. Also es gibt ja so Tanzorchester und es gibt so Musik, die eben auf der Titanic auch gespielt wurde. Also es ist jetzt nicht die Original-Titanic-Band, das geht natürlich nicht, aber es ist jetzt sozusagen Musik, die auch in diesem Salonorchester gespielt wurde.

Und dann war natürlich auch irgendwann die Frage, es gibt diesen Film Titanic, können wir uns erlauben, diese Musik zu verwenden oder nicht? Und ich habe mich überzeugen lassen, dass das eigentlich mit dieser kitschigen Hollywood-Musik wahnsinnig gut funktioniert. Und das ist letztendlich auch, ich glaube, dass das dem Stück auch wahnsinnig gerecht wird.

Und jetzt haben wir so eine Mischung zwischen einerseits abstrakten Sounds, reduzierte Sounds und das aber immer wieder in Verbindung mit diesen durchkomponierten Salonstücken. Und am Schluss, ich will jetzt nicht zu viel verraten, aber am Schluss eben auch mit Auszügen aus dieser ganz berühmten Filmmusik. Einer horcht, er wartet, er hält den Atem an, ganz in der Nähe hier. Musik

Er sagt: "Der da spricht, das bin ich." "Nie wieder", sagt er, "wird es so ruhig sein, so trocken und warm wie jetzt." Weißes Rauschen im Kopfhörer meiner Zeitmaschine. Stummer kosmischer Lärm. Kein Klopfzeichen, kein Hilfeschrei, Funkstille. Entweder ist es aus, sage ich mir, oder es hat noch nicht angefangen. Jetzt aber. Jetzt. Ein Knirschen, ein Scharren, ein Riss. Das ist es.

Ein eisiger Fingernagel, der in der Tür kratzt und stockt. Etwas reißt. Eine endlose Segeltuchbahn, ein schneeweißer Leinwandstreifen, der erst langsam, dann rascher und immer rascher und fauchend entzwei reißt. Das ist der Anfang. Hört ihr? Hört ihr es nicht? Haltet euch fest! Dann wird es wieder still. Nur in der Wand klirrt etwas dünngeschliffenes nach. Ein kristallenes Zittern, das schwächer wird und vergeht.

Das war's. War's das? Ja, das muss es gewesen sein. Das war der Anfang. Der Anfang vom Ende ist immer diskret. Es ist 11:40 Uhr an Bord. Die stählerne Haut unter der Wasserlinie klafft, 200 Meter lang, aufgeschlitzt von einem unvorstellbaren Messer. Das Wasser schießt in die Schotten, an einem leuchtenden Rumpf gleitet 30 Meter hoch über dem Meeresspiegel, schwarz und lautlos, der Eisberg vorbei und bleibt zurück in der Dunkelheit.

Der Untergang der Titanic von Hans Magnus Enzensberger. Der Aufprall war federleicht. Der erste Funkspruch? 0 Uhr 15. Mayday an alle. Position 41 Grad, 46 Minuten Nord, 50 Grad, 14 Minuten West. Ein Ticken im Kopf, in der Muschel. Drahtlos und fern. So fern. Fern als ein halbes Jahrhundert. Keine Sirenen, keine Alarmglocken.

Nur ein diskretes Klopfen an der Kabinentür, ein Hüstel im Rauchsalon.

Während unten das Wasser steigt, bindet der Steward einem ächzenden alten Herrn, Werkzeugmaschinen und Metallurgie, auf dem D-Deck die Schnürsenkel zu. Nur Mut, nur keine Müdigkeit, meine Damen. Galopp, ruft der Gymnastiklehrer Mr. McCauley, tipptopp wie immer in seinem bayerischen Flanellanzug durch die getäffelte Turnhalle. Lautlos schaukeln die mechanischen Drohmedare auf und ab.

Niemand ahnt, dass der Unermüdliche magenkrank ist, dass er nicht schwimmen kann, dass er sich fürchtet. John Jacob Esther hingegen schlitzt mit der Nagelfeile einen Rettungsring auf und zeigt seiner Frau, einer geborenen Connard, was drin ist. Vermutlich Kork. Während in den Laderaum vorn armdick das Wasser strömt, eisig unter den Postsäcken gurgelt, in die Kombüsen sickert.

Wiggle Woggle Wag spielt die Band in schneeweißer Uniform. My Monkey, ein Potpourri aus der Dollarprinzessin. Auf ins Metropol! Berlin, wie es leibt und lacht! Nur ganz unten, wo man wie immer zuerst kapiert, werden Bündel, Babys, weinrote Inlets hastig zusammengerafft. Das Zwischendeck versteht kein Englisch, kein Deutsch. Nur eines braucht ihm kein Mensch zu erklären:

dass die erste Klasse zuerst drankommt, dass es nie genug Milch und nie genug Schuhe und nie genug Rettungsboote für alle gibt. Der Eisberg kommt auf uns zu, unwiderruflich. Siehe, er löst sich ab von der Gletscher Stirn, von den Gletscher Füßen. Ja, er ist weiß, er bewegt sich. Ja, er ist größer als alles, was sich bewegt auf dem Meer, in der Luft oder auf der Erde. Sterbliche Träume, durch die eine Karawane von Eisbergen zieht.

Mehr als 250 Fuß über den Wasserspiegel erhoben, werfen die frischen Brüche derselben Farben zurück. Farben, die wunderbar und ganz durchsichtig sind. Man glaubt, das Sonnenfeuer sich in den Fenstern von 100 Palästen spiegeln zu sehen. Es ist nicht gut, an das Gewicht des Eisbergs zu denken. Wem er einmal begegnet ist, der wird seinen Anblick schwerlich vergessen, auch wenn er lange lebt. Dieses Schauspiel hebt die Einbildungskraft.

Er füllt aber auch das Herz mit einem Gefühle unwillkürlichen Schauders. Der Eisberg hat keine Zukunft. Er lässt sich treiben. Wir können den Eisberg nicht brauchen. Er ist ohne Zweifel. Er ist nichts wert. Die Gemütlichkeit ist nicht seine starke Seite. Er ist größer als wir. Wir sehen immer nur seine Spitze. Er ist vergänglich. Er denkt nicht daran. Fortschritte macht er keine.

Doch wenn er gleich einer ungeheuren Weißen mit blauen Schattierungen durchäderten Marmortafel stürzt und kippt, dann erbebt das Meer. Er geht uns nichts an, treibt einsilbig weiter, braucht nichts, pflanzt sich nicht fort, schmilzt. Er hinterlässt nichts. Er verschwindet. Vollkommen. Ja, so muss es heißen. Vollkommen. Salzwasser in der Tennishalle. Haha.

Ja, das ist ärgerlich. Aber nasse Füße sind noch lang nicht das Ende der Welt. Die Leute freuen sich immer zu früh auf den Untergang. Na, wie Selbstmörder, die ein Alibi suchen. Und dabei verlieren sie dann die Übersicht und die Nerven. Wer ertrinkt schon gern? Noch dazu bei minus zwei Grad? Dass das Urteil der Passagiere im Augenblick der Gefahr nicht so maßvoll ausfällt, wie das wünschenswert wäre? Na, schließlich sitze ich selber hier. Schlotternd. Auf diesem gottverdammten Dampfer.

Wenn auch First Class und bei einem Vintage-Port, der allerdings denkwürdig ist. Aber gesetzt den Fall, die Titanic ginge tatsächlich unter. Was ich persönlich für ausgeschlossen halte. Ich bin Ingenieur und meine Fantasie ist nicht allzu reich entwickelt. Na und? Was folgt daraus? Rein statistisch gesehen befinden sich jederzeit ein paar Dutzend Schiffe in Seenot und kein Hahn kräht danach. Weil sie nämlich Rosalinde 2 oder Schöne Aussicht heißen und nicht Titanic. Umgekehrt.

Denken Sie mal an die zigtausend Fahrzeuge unterwegs auf allen Weltmeeren, die ihre Bestimmungs helfen, auch wenn wir ersaufen, erreichen werden. Pünktlich und ungerührt. Im Übrigen geht jede Innovation auf eine Katastrophe zurück. Neue Werkzeuge, Theorien und Gefühle, man nennt das Evolution. Deshalb sage ich, selbst einmal angenommen, Spaß ist halber, sämtliche Schiffe versenken an ein und demselben Tag. So müssten wir uns eben etwas anderes einfallen lassen.

enorme Himmelssegler, dressierte Wale, eiserne Wolken oder stationär leben. Die Bäume tun das seit längerer Zeit, offenbar mit Erfolg. Und falls uns nichts einfallen sollte, ganz andere Lebensformen sind schließlich schon ausgestorben, ich möchte sagen, zu unserem Vorteil. Wo wären wir heute, wenn die Flugechsen und die Saurier nicht irgendwann auf gewisse Probleme gestoßen wären, die ihre Gehirne nicht ohne weiteres lösen konnten? Sehen Sie, hieraus schließe ich,

Dass es zwecklos ist, jeden Zwischenfall, der einen zufällig selber betrifft, wie zum Beispiel den eigenen Tod, aus einem allzu engen Gesichtswinkel zu betrachten. Damit sage ich Ihnen als Portweintrinker und Ingenieur natürlich nichts Neues. Und deshalb gehe ich unter. Ich versuche den Deckel zu heben. Logischerweise den Deckel, der meine Kiste verschließt.

Es ist ja kein Sarg. Das nicht. Es ist nur eine Packung. Eine Kabine. Mit einem Wort: eine Kiste. Ihr wisst doch genau, was ich meine, wenn ich Kiste sage. Stellt euch nicht dumm. Ich meine ja nur eine ganz gewöhnliche Kiste. Auch nicht dunkler als eure. Also, ich möchte raus. Ich klopfe. Ich hämmere. Gegen den Deckel. Ich rufe: Mehr Licht! Ich ringe nach Atem. Logischerweise. Ich donnere gegen die Luke. Gut.

Aber sicherheitshalber ist sie zu, meine Kiste. Sie geht nicht auf. Mein Schuhkarton hat einen Deckel. Der Deckel aber ist ziemlich schwer. Aus Sicherheitsgründen. Denn es handelt sich hier um einen Behälter. Um eine Bundeslade. Um einen Safe. Ich schaffe es nicht. Die Befreiung kann logischerweise nur mit vereinter Kraft gelingen. Aber sicherheitshalber bin ich in meiner Kiste mit mir alleine. In meiner eigenen Kiste. Jedem das Seine.

Um mit vereinter Kraft zu entweichen aus der eigenen Kiste, müsste ich logischerweise bereits aus der eigenen Kiste entwichen sein. Und das gilt logischerweise für alle. Also stemme ich mich gegen den Deckel mit meinem eigenen Genick. Jetzt. Ein Spaltbreit. Draußen. Herrlich. Die weite Landschaft. Bedeckt mit Büchsen, Kanistern, kurzum mit Kisten. Dahinter...

Die eifrig rollenden grünen Fluten, durchpflügt von seetüchtigen Koffern, die unerhört hohen Wolken darüber und überall, überall Luft. »Lasst mich raus!« rufe ich also. Erlahmend, wieder besseres Wissen, mit belegter Zunge von Schweiß bedeckt. Ein Kreuzschlagen kommt nicht in Frage. Winken? Geht nicht. Keine Hand frei. Die Faustballen? Ausgeschlossen.

Also ich drücke, rufe ich, mein Bedauern aus, wehe mir, mein eigenes Bedauern, während mit dumpfem Pflup der Deckel sich wieder aus Sicherheitsgründen über mir schließt. Das also ist der Tisch, an dem sie saßen. Du siehst von außen durchs Bullauge B im Rauchsalon.

einen russischen Emigranten wie er gestikulierend, eingehüllt in blaues Gewölk aus guten Zigarren, kubanischen, Marke Partagas, Handarbeit, vollkommen glücklich, selbst vergessen am grünen Tisch, ganz ohne Rücksicht auf Eisberge, Schiffbrüche, Sintfluten, einer kleinen Schar von Friseuren, Glücksspielern, Telegraphisten, den Umsturz predigt. Du siehst es?

Nun aber bemerkst du am Nebentisch einen anderen Herrn, der sich voll Zorn erhebt.

Ein Textilfabrikant ist es aus Manchester, der sich beherrschen muss, wenn er diesen Unsinn hört. Schneidend erklärt er die Vorzüge strikter Disziplin, die Notwendigkeit der Autorität. Unbedingt, sagt er, müsse sie sein mit zitterndem Schnurrbart und eisern besonders an Bord eines Schiffes. Du natürlich kannst seinen Gründen nicht folgen, weil du sie nicht hörst.

Aber sieh nur, wie sie die Hälse wenden, die Glücksspieler und Telegraphisten, als würde hier Tennis gespielt. Am liebsten möchten alle gerettet werden, auch du. Aber ist das nicht allzu viel verlangt von einer Idee? Die Partie bleibt unentschieden. Kein Mensch hat die beiden Herren erblickt in einem der Rettungsboote. Kein Mensch hat je wieder von ihnen gehört. Nur der Tisch, der leere Tisch treibt immer noch auf dem Atlantik.

Lasst uns raus! Lasst uns raus! Lasst uns raus! Wir ersticken hier! Der Viehwagen schlingert. Der Schrank schwankt. Der Sarg gurgelt. Wir kämpfen auf den Treppen. Wir trommeln gegen das Holz. Wir drücken die Türen ein. Lasst uns raus! Wir sind zu viele! Wir sind zu viele! Wir werden immer mehr, je länger wir kämpfen.

um einen Fußbreit Boden, um eine Planke, ein Brett. Wir sind einander zu nah, um einander zu lausen, zu stillen, zu prügeln. Dem Taschendieb sinkt die gequetschte Hand, dem Mörder das Messer.

Wir ersticken einander. Die eingezwängte Wut zerfetzt sich die Haut und wird ohnmächtig. Entsetzlich viele sind wir auf einmal. Wir zertreten die Zertretenen massenhaft weich. Ein panischer Pudding, der nach Angst riecht. Scharf und rattenhaft quellen wir und versinken, sackig und sanft. Von diesem Augenblick an verläuft alles planmäßig.

Der stählerne Rumpf vibriert nicht mehr. Still liegen die Maschinen. Längst sind die Feuer gelöscht. Was ist los? Warum machen wir keine Fahrt? Man lauscht. Draußen im Korridor werden Rosenkränze gemurmelt. Die See ist glatt, schwarz, glasig, mondlos die Nacht. Ach, es ist nichts. Es ist nicht zerbrochen an Bord. Keine Vase und kein Champagnerglas. Man wartet in kleinen Gruppen. Wortlos geht auf und ab.

Im Pelz, im Schlafrock, im Overall man gehorcht. Jetzt werden Tower aufgerollt, Planen fortgezogen, von den Booten Davids ausgeschwenkt. Es ist, als hätten die Passagiere Tabletten geschluckt. Dieser Mann zum Beispiel, der sein Cello hinter sich herzieht über das endlose Deck. Man hört, wie der Sporn an den Planken kratzt, immerzu kratzt, kratzt und man fragt sich, wie ist das nur möglich? Schau, eine Notrakete!

Aber es ist nur ein schwaches Sischen. Schon verpufft am Himmel, im Widerschein die Gesichter bläulich und leer. Still stehen Liftboys, Masseurinnen und Bäcker Spalier. Auf der California, einem alten Kahn zwölf Meilen weiter, dreht sich in seinem Bett der Funker um und schläft ein. Achtung! Achtung! Frauen und Kinder zuerst! Wieso eigentlich? Antwort? We are prepared to go down like gentlemen. Auch gut. Sechzehnhundert bleiben zurück.

Die Ruhe an Bord ist unvorstellbar. Nur sie? Zur letzten Nummer erhebt der Kapellmeister seinen Stock. Bespricht der Kapitän. Es ist genau zwei Uhr und ich befehle, rette es nicht mehr kann. Wir sinken lautlos. Still steht, wie in der Badewanne, das Wasser in den strahlend erleuchteten Palmensälen, Tennishallen, Foyers und spiegelt sich in den Spiegeln. Tinten schwarze Minuten, erstarrt wie ein Gelatine.

Kein Streit, kein Wortwechsel, halblaute Dialoge. Bitte nach ihnen, grüß die Kinder, erkälte dich nicht. In den Booten kann man sogar das Knirschen der Taue hören. Und phosphoreszierende Tropfen sieht man vom Ruderblatt, das in Zeitlupe aus dem Meer taucht, ins Meer zurückspringen.

Erst ganz am Ende. Der dunkle Bug hat sich lotrecht empor aus dem Bodenlosen gehoben wie ein absurder Turm. Die Lichter im Rumpf sind erloschen, niemand sieht auf die Uhr. Zertrümmert ein unerhörtes Geräusch die glasige Ruhe. Ein Ächzen war es. Nein, ein Rasseln.

Ein Dröhnen, eine rollende Folge von Schlägen, als würden in einem Gewölbe Gegenstände tonnenschwer in die Tiefe geworfen und diese undenkbar schweren Dinge zerschmetterten fallend alles. Es war ein Geräusch, wie es nie zuvor ein Mensch vernommen hat und wie es keiner von uns, solange er lebt, je wieder zu hören hofft. Von diesem Augenblick an war kein Schiff mehr vorhanden. Was dann kam, waren die Schreie.

Der Untergang der Titanic ist aktenkundig. Er ist etwas für Dichter. Er garantiert eine hohe steuerliche Verlustzuweisung. Er ist ein weiterer Beweis für die Richtigkeit der Thesen Wladimir Ilyich Lenins. Er läuft im Fernsehen gleich nach der Sportschau. Er ist unbezahlbar. Er ist unvermeidlich. Er ist besser als gar nichts. Er hat am Montag Ruhetag. Er ist umweltfreundlich. Er schafft Arbeitsplätze. Er geht uns allmählich auf die Nerven. Er ist gesetzlich geschützt. Er ist in den Massen verankert. Er kommt wie gerufen. Er kreist.

Er ist ein Schauspiel von atemberaubender Schönheit. Er sollte den Verantwortlichen zu denken geben. Ist auch nicht mehr das, was er einmal war. Daraufhin ruderten sie, sagte die weiße Stimme, so schnell sie nur rudern konnten. Fort von der undurchsichtigen, blanken Stelle, an der die Titanic untergetaucht war. Doch den Schreien entkamen sie nicht. Es war unter diesen Schreien ein jeder verschieden von jedem anderen. Der schrille Angstruf vom heißeren Brüllen,

Deutlich verschieden das gellende Flehen vom erstickenden Geheul, und so weiter, fuhr die Stimme gleichmäßig fort, und so fort. Und es waren nicht wenige, die da schrien, sondern tausend. Bedenkt auch, dass das Meer nicht bewegt war, kein Wind ging. Die Stimmen, sagte die Stimme, trugen sehr weit, sie waren sehr deutlich, und die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme, die Stimme

Und also hieß es im Boot, wir müssen umwenden, es ist noch Platz, sagten manche. Auf keinen Fall, sie werden sich an jede Planke klammern, das sagten andere, und uns alle schreiend ersäufen. Und also wurde weiter gekämpft und gerudert, bis endlich, nach einer sehr langen Stunde, sprach tonlos die Stimme, die Stimmen abnahmen, nur vereinzelt schwach.

noch ein Husten hie und da war ein schwer hörbares tierisches Pfeifen, das ohne weiteres in der Dunkelheit unterging. Ein Mann lag im Wasser auf einem Brett, auf einer hölzernen Tafel, auf einem Tisch, nein, es war eine Tür, an der er hing, auf- und abschaukelnd und ab und zu schlug etwas Eisiges über ihm zusammen, doch ohne ihn zu verschlingen. Er sah nichts, niemand sah seine Augen,

Er lag da, klein, das kleine Gesicht gegen das Brett gepresst, ausgestreckt, als hätte ihn eine größere Hand an die Tür genagelt. Wahrhaftig, nur Tote sehen so klein aus. Manche riefen ihm etwas zu, aus seinem Boot, das damals vorbeifuhr. Doch er gab keine Antwort. Weil er tot ist, sagten einige. Doch waren andere da, die wollten ihm helfen. Es war der alte Streit.

An ihm vorüber ruderten sie, stritten und kehrten um. Sie zogen ihn über Bord und machten die Knoten von Angeln und Klinke los, mit denen er sich selber gekreuzigt hatte. »Es ist ein Kind«, riefen manche und legten ihn auf den Rücken und rieben ihn an den Händen, aber »es war ein Japaner«.

Er schlug die Augen auf und fing an zu sprechen in seiner Sprache. Und nur wenig Minuten waren vergangen, da sprang er auf, streckte die Arme hoch, hüpfte, stampfte, wippte, ergriff die Riemen und ruderte bis zum Morgengrauen, Schlag um Schlag, ohne Unterlass, zwitschernd. Er war weder tot noch der Messias, und niemand verstand, was er sagte.

Am 8. Mai war das ein Ding, als die Titanic unterging. Es war ein Heizer, der hieß Shine. Er heizte den großen Kessel ein. Er aß gerade einen Teller Erbsen mit Speck. Da schwamm ihm auf einmal der Teller weg. Captain, sagt er, ich esse Erbsen mit Speck und auf einmal schwimmt mir der Teller weg. Der Captain sagte...

Du hast wohl Angst. Bedenke, Shine, was du mir verdankst. Shine, du setzt dich auf deinen schwarzen Arsch und ich setze meine Pumpen in Marsch. Shine geht wieder runter und sieht den Rauch und das Wasser steigt ihm bis an den Bauch. Captain, sagt er, ich sehe den Rauch und das Wasser steigt mir bis an den Bauch. Der Captain sagte, du hast wohl Angst.

Bedenke, Schein, was du mir verdankst. Schein, du setzt dich auf deinen schwarzen Arsch und ich setz meine Pumpen in Marsch. Schein geht wieder runter und legt sich hin. Doch das Wasser steht ihm schon bis zum Kinn. Captain, sagte er, ich lege mich hin, doch das Wasser steht mir schon bis zum Kinn. Der Captain sagte, du hast wohl Angst? Bedenke, Schein, was du mir verdankst. Schein, du setzt dich auf deinen schwarzen Arsch und ich setze meine Pumpen in Marsch. Captain, sagte Schein, du hast immer recht.

Aber diesmal wird mit dem Leben geblecht. Schein zieht sein Hemd aus und sagt kein Wort. Zieht sein Hemd aus und springt über Bord. Der Käpt'n ruft. Schein, lass mich nicht im Stich. Hier sind 160 Dollar für dich. Zieh dein Hemd aus, Käpt'n, sagte Schein, und springe zu den Haifischen rein. Des Käpt'ns Tochter auf dem Deck wirft ihren Büstenhalter weg. Schein, lieber Schein, ruft sie ebenfalls. Schein, lieber Schein, ruft sie ebenfalls.

Händchen auf der Schrippe, Höschen um den Hals. Schein, lieber Schein, lass mich nicht im Stich. Meine weiße Schrippe, die ist ganz für dich. Danke, bestens, habe keine Zeit. Muss leider nach Hause, nach Hause ist es weit. Schein schwimmt weiter, schwimmt wie ein Aal, trifft unterwegs einen riesigen Wal. Der Wal sagt, Schein, du schwimmst ja ganz munter.

Doch wenn ich dich kriege, schluck ich dich runter. Schein sagt: Meinetwegen, wenn du mich erwischt. Und im Handumdrehen war er abgezischt. Es schlug in Washington wie eine Bombe ein. Die Titanic soll abgesoffen sein? Schein saß an der Ecke, hörte den Radau, schmiss noch eine Runde, war schon ziemlich blau. Hinterher natürlich hatten alle es kommen sehen, nur wir nicht.

Die Toten. Hinterher wimmelte es von Fingerzeigen, Verfilmungen und Gerüchten. Hunderennen hieß es nun auf einmal, wären gegen jegliche Sitte veranstaltet worden auf dem Zehdeck. Eiserne Hasen, bunt bemalt und durch eine sinnreiche Vorrichtung fortbewegt, hätten dort schwarz-weiß gescheckte Windhunde verbotenerweise auf Trab gebracht. Auch hätte mancher minderbemittelte Fahrgast bei diesem öden Sport seine letzten Guineen verspielt. Ganz zu schweigen von der geborstenen Schiffsglocke.

Von dem Bordeaux beim Stapellauf. Chateau La Rose, 88. Er war in der Flasche verfault. Von dem rätselhaften Gebaren der Ratten in Queenstown, dem letzten Hafen und dem vertuschten Amoklauf in der Schiffskapelle. Jeder Zufall ist ominös. Jedes Laster ist unaussprechlich. Nur, was konnten wir dafür? Was wussten wir davon?

Von den ausgepeitschten Herzoginnen unter dem Kartentisch. Von den verdorbenen Schiffsjungen. Von den Hilferufen minderjähriger Mädchen aus dem Entlüftungsschacht. Und von den Hermaphroditen, die im türkischen Bad ihre Öffnungen zeigten. Ja, jetzt wo es zu spät ist. Jetzt wollen sie alle die Orgel gehört haben, die von keiner sterblichen Hand berührt, nächtelang unheilige Gassenhauer spielte, uns allen zur letzten Warnung. Leicht gesagt?

Göttliche Nemesis. Die vorletzten Worte eines beleibten Herren zum Beispiel, einem beleibten Herrn gegenüber, kurz nach dem Auslaufen ahnungslos ausgesprochen. Nicht einmal Gott Vater wäre imstande, diesen Kahn zu versenken. Wir haben sie nicht gehört. Wir sind tot. Wir wussten von nichts. Hier hast du eine große Schachtel mit der Aufschrift Schachtel.

Wenn du sie öffnest, findest du darin eine Schachtel mit der Aufschrift Schachtel. Aus einer Schachtel mit der Aufschrift Schachtel. Wenn du sie öffnest, ich meine jetzt diese Schachtel, nicht jene, findest du darin eine Schachtel mit der Aufschrift und so weiter.

Und wenn du so weitermachst, findest du nach unendlichen Mühen eine unendlich kleine Schachtel mit einer Aufschrift, so winzig, dass sie dir gleichsam vor den Augen verdunstet. Es ist eine Schachtel, die nur in deiner Einbildung existiert. Eine vollkommen leere Schachtel. 178. Außen, offenes Meer.

Szenische Nachbildung des berühmten Gemäldes von Scott aus der Londoner Akademie. Modell. Weite blaue Wasserfläche. Supertotale. Ein Halbkreis von Eisbergen in allen möglichen Farben. Dahinter strahlender Sonnenaufgang. Musik. Totale. Das Meer von einem Eisberg aus. Rückprojektion. In der Entfernung wird eine kleine Flotte von Rettungsbooten sichtbar. Modelle. Langsame Zufahrt.

Sprecher off, der 15. April 1912 war ein herrlicher Frühlingstag. Schmidt, Halbtotale, ein Rettungsboot, Kamera in Wasserhöhe, schwenkt nach oben, Sprecher off, die ersten Möwen von den Neufundlandbänken, Boten der Rettung des Lebens. Musik schwindt an, Geigen, Abblende. Auf der dunkler werdenden Leinwand erscheint das Wort Ende.

In Wirklichkeit ist nichts geschehen. Der Untergang der Titanic hat nicht stattgefunden.

Es war nur ein Film, ein Omen, eine Halluzination. In Wirklichkeit wird nach wie vor Whist gespielt und wenn nicht Whist, dann Backgammon. Im Rauchsalon die Zigarrenkisten, Handarbeit, made in Cuba, sind immer noch überstrahlt von Goldmedaillen. Über dem Eingang zum großen Foyer schweben für und für Frieden und Fortschritt, hartleibig und allegorisch in Bronze,

Die Reichen sind Reiche geblieben und Kommandantes die Kommandantes. Im türkischen Bad waltet Mrs. Mote Slocum ihres schweren Amtes. Die erste Schiffsmasseurin der Welt. Nicht tot zu kriegen. Überall Lüster, Palmen, Spiegel samt Vorhänge. Louis Kars, Louis XIV bis einem schlecht wird. Natürlich, das Personal hat heute 13. Monatsgehalt und Farbfernsehen in der Kabine. Der

Der Stuart ist Türker. Die Nurse hat ein Psychologiediplom. Aber sonst? Die Speisekarten sind auch immer viel zu lang. Neu ist höchstens auf dem F-Deck die finnische Sauna, wo das Zentralkomitee schwitzt und Süßstoff statt Zucker nimmt in den Tee. Die Glaziologen haben einen Mikrocomputer mitgebracht.

der unter Plexiglas während des großen Kolloquiums über Klimaforschung Eisberg-Simulationen ausdruckt für die nächsten 250 Jahre. Die Boutiquen machen, wie üblich, ein Bombengeschäft mit Titanic-Aschenbechern und Titanic-T-Shirts. Im Kino läuft A Night to Remember. Das Happy End ist eine Liebegewohnheit, wie die Banküberfälle, wie die Podiumsdiskussionen über die Rentenanpassung und über den Sozialismus auf einem Dampfer.

Ab und zu gibt es die pünktlich befolgten Punktstreiks. Dann lassen die Kellner den Sektkühler sinken und der Pianist hält inne, mitten in der Fantasie, als sie mollen. Dann stutzen auch die Gangster und die Verleger. Die Salonmaler ärgern sich. Die Militärattachés wollen plötzlich zahlen. Alles lacht, alles freut sich.

So, denkt die kluge Hure, so wird die Welt untergehen. Unter dem Jubel ihrer witzigsten Köpfe, die da meinen, es wäre ein Witz. Auch Dichter sind immer noch da. Im Café Astor sitzen sie, bei Selbstbedienung. Leicht zu erkennen an ihrem seekranken Blick. Aus Plastikbechern schlürfen sie ihre Cola mit Schuss und gedenken, wie es sich gehört, der Gastarbeiter im Zwischendeck. Es nickt der falsche Dichter dem Zwischendichter.

Der Zwischendichter dem wirklichen Dichter zu. Dann sucht jeder seine Kajüte auf. Ein jeder setzt sich auf seinen trockenen Stuhl und schreibt, als wäre nichts geschehen auf das trockene Blatt. In Wirklichkeit ist nichts geschehen. Sie hörten Auszüge aus Der Untergang der Titanic von Hans Magnus Enzensberger mit Menou Medisadeh Bakbani, Fabian Zabak, Paula Carbonell-Sperg, Elias Eisold.

Amrito Geiser, Samira Kossebau, Fabia Matuszek und Letizia Tursakisian. Anna Kunzio und Manuel Radinger. Marie-Luise Fürnsin. Regieassistenz: Alexandra Wimmer. Stefanie Zussner. Textauswahl und Regie: Harald Kräwer. Kurt Reisnecker.

Eine Produktion des österreichischen Rundfunks mit der Musik- und Kunstprivatiniversität der Stadt Wien 2025. Regisseur Harald Grever arbeitet immer wieder gerne mit Schauspielstudierenden im Hörspielstudio zusammen. Ich arbeite immer sehr gern mit Studierenden zusammen, weil es so ein gegenseitiger Austausch ist.

Es ist immer wieder schön zu erleben, wie junge Menschen, also die am Ende ihrer Ausbildung stehen, die die Arbeit im Hörspielstudio für sich entdecken und auch begeistert sind, was das für ein tolles Medium ist und was das für Möglichkeiten letztendlich auch bietet.

Unsere Aufgabe besteht daran, das zu fördern und zu unterstützen. Und das ist wirklich auch sehr, sehr schön zu sehen, wenn dann auch vor dem Mikrofon was gelingt und es gut klingt und man das Gefühl hat, da hat eine Entwicklung stattgefunden und da kann jemand wirklich sehr schön eine Geschichte erzählen.

Und ich glaube, dass das in unserer heutigen Zeit besonders wichtig ist, weil ja viele Studierenden oder viele, die von Kunstuniversitäten oder jetzt wie beim Muck von der Schule abgehen, gar nicht mehr so die Möglichkeit haben, das Medium Radio kennenzulernen. Also es wird nicht mehr so viel Hörspiel produziert. Wenn es im kommerziellen Bereich oder im privaten Bereich produziert wird, steht eine bestimmte Ökonomie, eine bestimmte Optimierung immer im Vordergrund und der

künstlerische Prozess, was ja letztendlich die Gestaltung vom Mikrofon ist, die Interpretation eines Textes ist, dann oftmals ein bisschen zu kurz kommt. Und ich finde es sehr schön, dass wir die Möglichkeit haben, im Rahmen unserer Hörspielarbeit den Studierenden in einer gewissen Art und Weise diesen Raum zu geben, dass sie die Möglichkeit haben, das Medium für sich auch zu entdecken und

auch dabei was zu lernen. So Harald Gräber über seine Erfahrungen mit jungen Schauspielenden. Stefanie Zussner, Hörspielproduktionsleiterin bei Ö1, hat die Acht an Hans-Magnus Enzenbergers Hörspiel Der Untergang der Titanic beteiligten Studierenden gebeten, sich kurz vorzustellen. Ihre Erfahrungen im Hörspielstudio mit dem Regisseur Harald Gräber und dem Team zu beschreiben.

Einige der Studierenden haben bereits Engagements an unterschiedlichsten Theaterhäusern in Innsbruck, Köln, Salzburg und Schwedt. Hallo, ich bin Fabian Matuszek. Wir befinden uns jetzt hier an der MUG in dem Gebäude im ersten Bezirk und über uns ist die Tanzklasse. Deswegen kann vielleicht ein bisschen Gerumpe dazwischen funken.

Ich bin 26 Jahre alt, ich komme aus Oberösterreich in der Nähe von Linz, eigentlich ziemliches Land. Bin seit meiner Matura dann in Wien und studiere jetzt seit vier Jahren Schauspiel. Das war meine erste Hörspielerfahrung. Ich glaube, wenn man so an Hörspiel oder Hörbuch denkt, dann denkt man, ah, das ist Sprache und dann liest man das vor und dann ist das irgendwie im Raum und man achtet auf Aussprache oder Betonung oder so etwas. Aber es war auch so viel...

spielen dabei und dass man sich so Sachen baut.

Wir haben eine Aufnahme gemacht, die ich gelesen oder gespielt habe und ich weiß noch, Harald kam zu mir und war so: "Nein, wir bauen dir jetzt hier so was ganz Enges, dass du wirklich eingeschlossen bist." Und dann machen wir wirklich die Situation und man merkt plötzlich, es hat viel mit Spielen wirklich zu tun. Und das war total interessant und auch immer wieder reinzugehen ins Studio und es sich anzuhören und dann zu verstehen, was gewollt wird oder genau. Also es war sehr, sehr interessant.

Radio, also ich muss sagen, ich bin natürlich auch viel mit Radio aufgewachsen. Also wir haben Ö1, da habe ich angefangen in meiner Jugend sehr viel zu hören, ehrlich gesagt. Und ich habe auch sehr viele Freunde, die an der Elag studieren, an der MDW in Wien. Radio ist für mich, dass man trotzdem noch die Möglichkeit hat, eigene Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Und ich finde, das darf nicht verloren gehen.

Wenn man nur mit allen Sinnen zugeballert wird, dann wird einem etwas weggenommen, was man selbst irgendwie fantasieren kann. Und ich finde, das ist genauso wie beim Lesen und beim Hörspiel und beim Radio, hat man einfach diese Soundkulisse und du kannst dich da in eine Welt reinversetzen und das ist so wichtig. Hallo, ich bin der Elias Eisold. Ich bin 23 Jahre alt und komme aus Dresden in Sachsen. Bin jetzt zum Studium nach Wien gekommen und das ist jetzt auch bald vorbei schon, weil

Man stellt sich manchmal so leicht vor, dieses Mikrofonsprechen, aber letztendlich ist es so, man denkt, man tut und dann denkt man, es ist doch genau richtig und dann merkt man aber beim Anhören, dass es doch noch nicht ganz so stimmt. Man fragt sich dann so, woran liegt es denn? Und dann dieses Ausprobieren und

zu tüfteln, bis es dann passt, das finde ich super spannend. Wir wurden sehr gut unterstützt und auch gut behandelt. Das war natürlich unsere erste Erfahrung irgendwie von den meisten. Und da wurden wir aber sehr gut an die Hand genommen, auch gute Tipps. Der Markus Meyer war mit da. Das war toll, weil man viel gelernt hat.

Weil die ganze Konzentration des Zuhörers, der Zuhörerin auf diesem, eben nur auf dem Auditiven liegt. Und deswegen muss man alles, was man ja sonst irgendwie wettmachen kann, mit dem, was auf der Bühne ist, muss ja alles irgendwie in die Stimme rein. Und dass es so exakt sein muss, also das hat mich extrem fasziniert. Das, was sich unterscheidet, dass im Publikum nicht so viel serviert wird, sondern dass man einfach die eigenen Bilder erschaffen muss im Kopf und dass sich so jeder vielleicht auch so

seine ganz eigene Geschichte dazu baut. Das ist das Schöne, finde ich. Mein Name ist Letizia Tosakisian. Ich bin 25 Jahre alt und ich schließe jetzt mein Studium Schauspiel an der MUK ab. Ich habe davor schon mal ein Hörspiel aufgenommen, auch für Ö1. Das war im Rahmen vom Hans-Krazer-Stipendium. Und jetzt aber die Erfahrung für dieses Hörspiel, der Untergang der Titanic, war für mich ganz besonders, weil es das erste Mal war,

so groß und auch professionell mit Harald war tatsächlich. Es hat mir extrem viel Spaß gemacht, mich diesem Medium anzunähern. Ich fand in diesem Hörspiel sehr spannend, wie unterschiedlich man mit Texten vor dem Mikrofon umgehen kann, weil es ganz viele kleine unterschiedliche Texte sind, die man dann auch unterschiedlich behandelt. Und das Spiel mit der Sprache und der Stimme hat mir besonders viel Spaß gemacht.

Hallo, ich bin der Fabian Zaback. Ich bin 24 Jahre alt und komme aus Wien, bin hier geboren und studiere im vierten Jahr Schauspiel noch an der MUK. Ich fand das sehr spannend und interessant. Ich bin zwischen meinen Proben da reingeschneit und habe mich da schnell etablieren können mit den Leuten. Ich wurde da aufgefangen und es hat Spaß gemacht, diesen kurzen Teil aufzunehmen und gerne wieder in Zukunft.

Musik

Hallo, ich bin Minou Bakbani, ich bin 26 Jahre alt, komme ursprünglich aus Hannover und studiere im Abschlussjahrgang an der MUK Schauspiel. Ich habe mit 13 ein Praktikum beim Radio gemacht in Hannover im Rahmen der Schule

Ich fand die Arbeit im Studio total schön. Also ich habe mich sehr, sehr freundlich behandelt gefühlt die ganze Zeit und sehr gut an die Hand genommen gefühlt. Sowohl von der regieverführenden Person, aber auch von den TonmeisterInnen und den Leuten hinter den Kulissen, sage ich mal.

Ich finde das Schöne am Medium Radio oder auch am Hörspiel, Audio allgemein, ist, dass man nebenbei was anderes tun kann und es einfach laufen lassen kann. Also ich höre zum Beispiel wahnsinnig gerne Hörspiele, während ich koche. Hallo, ich bin Amrito Geiser, ich bin 33 Jahre alt und...

Ich habe davor eigentlich auch was ganz anderes gemacht. Also ich komme eigentlich aus der Naturwissenschaft, habe vorher molekulare Biologie studiert und dann im späten Alter hat es mich noch in die Kunst verschlagen. Und ich muss sagen, das war die beste Entscheidung meines Lebens. Und auch noch kurz: Wir sind hier in der MUK im ersten Bezirk, im zweiten Stock. Und direkt über uns im dritten Stock probt die Tanzabteilung für ein Stück und deswegen rumpelt es wahrscheinlich bei der Aufnahme immer wieder mal ein bisschen. Ich bitte, das zu entschuldigen.

Also ich habe, weil ich schon lange an einem Podcast arbeite, mir auch mal daheim ein kleines Studiomikrofon geholt und arbeite mit dem. Aber es ist natürlich was ganz anderes, in einer professionellen Ebene zu arbeiten. Eine total spannende Erfahrung, weil natürlich wir hier in der Ausbildung im Theater sehr lernen müssen.

mit der Sprache laut zu arbeiten, viel mit Intonationen zu arbeiten, also sehr technisch zu arbeiten und alles so zu vergrößern. Und dann zu sehen in so einem Studio oder wenn man ein Hörspiel aufnimmt, wie viel kleiner alles sein kann.

Und auch muss und darf und trotzdem noch diese Gedanken klar fassen zu können und mit der Modulation der Sprache, der Stimme arbeiten zu können und dadurch Geschichten und Bilder entstehen zu lassen in einem sehr minimalen, im Vergleich zum Theater, für mich sehr, sehr minimalem Ausdruck und Volumen in der Sprache.

Das Besondere am Medium Radio ist, dass die eigenen Bilder entstehen können, dass die eigenen Gedanken, wie sind die Gesichter, wie ist die Situation, wie bewegen sich die Figuren fort, das liegt alles in mir und kann ich erzählen, baut sich in mir auf und wird mir nicht von außen präsentiert, sondern ich kann mit dem, was mir mit dem Sound und der Geschichte gegeben wird, eintauchen in eine Welt, die teils auch mehr meine wird, als es jemals irgendwie ein Film oder eine Serie machen könnte.

Zum Beispiel das Radio im Sinne der Nachrichten. Auch hier habe ich wieder die freie Möglichkeit, mir die Situationen und die Vorgänge auf dieser Welt vorzustellen und muss mich diesen Bildern, die mir im Fernsehen gegeben werden, auch nicht unbedingt aussetzen, sondern bekomme das halt auch so mit. Also es ist viel die eigene Imagination, die arbeiten kann und mitarbeiten kann und die eigene Vorstellung der Dinge.

die das dann intensivieren oder auch relativieren kann. Ich bin Paula Carbonell-Spörck, ich bin 22 Jahre alt und werde auch dieses Jahr abschließen. Es war auch sehr, sehr spannend, weil es schon ein sehr neues Feld war, auch natürlich mit Schauspiel, aber es erfordert andere Sachen natürlich. Und ich habe dann aber direkt danach meine zweite Hörspielerfahrung gemacht im Auftrag von der Angewandten in Wien.

für ein Projekt in der Votivkirche und da habe ich schon gemerkt, dass ich dann eine andere Sicherheit hatte, weil ich auch Texte auf Wienerisch in unterschiedlichen Formen, unterschiedliche Textstile irgendwie aufnehmen musste und das hat mir dann schon sehr geholfen, diese Erfahrung damals für das Hörspiel. Also erstmal war natürlich ein großes Ding die Sprache, weil wir natürlich in diesen vier Jahren sehr darauf trainiert werden, gut zu artikulieren, dass alles rüberkommt in die letzte Reihe und

Und das ist natürlich auch viel sensibler mit einem Mikrofon. Und ich glaube, das war am Anfang schon die Herausforderung, dass man nicht zu artikuliert die ganzen Plussivlaute, sondern auch sehr konkrete Bilder hat. Weil dadurch, dass man nur die Stimme, die Sprache hat, muss man das umso konkreter sich vorstellen, weil man natürlich im Film oder auf der Bühne dann auch das Äußere hat. Hallo, ich bin Samira Kossebau. Ich bin 28 Jahre alt und...

Schließe jetzt mein Schauspielstudium an der MUK in Wien ab. Es war tatsächlich meine erste Erfahrung vor dem Mikrofon und ich hatte auch das Gefühl, wir haben da sehr viel gelernt und wir wurden von Tag zu Tag besser. Das hat richtig Spaß gemacht. Ja, ich fand, es war so ein bisschen wie so ein UFO. Total cool aber und...

Es ist total spannend, mit den verschiedenen Leuten zu arbeiten und zu sehen, wie das dann alles zusammenkommt und am Ende dann sich super anhört. So die Schauspielstudierenden des Abschlussjahrgangs der Musik- und Kunstprivatuniversität der Stadt Wien, MUK, über ihre Erfahrungen im Aufnahmestudio für das Hörspiel »Der Untergang der Titanic« von Hans Magnus Enzensberger.

das aus Anlass von 100 Jahre Radio und 80 Jahre Privatuniversität der Stadt Wien entstanden ist. Der Untergang der Titanic kann auf oe1.orf.at 30 Tage lang nachgehört werden.

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