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cover of episode LdN428 CumEx & Co: Wie der Staat durch Steuerbetrug Milliarden verliert - und warum er sich das gefallen lässt (Interview Anne Brorhilker, Bürgerbewegung Finanzwende)

LdN428 CumEx & Co: Wie der Staat durch Steuerbetrug Milliarden verliert - und warum er sich das gefallen lässt (Interview Anne Brorhilker, Bürgerbewegung Finanzwende)

2025/4/24
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Lage der Nation - der Politik-Podcast aus Berlin

AI Chapters Transcript
Chapters
Der Staat könnte Milliarden einnehmen, wenn er geltendes Recht durchsetzen würde. Ein Bericht des Bundesrechnungshofs attestiert dem Staat ein gewaltiges Einnahmeproblem, da der Fiskus jährlich viele Milliarden Euro liegen lässt. Anne Brorhilker, Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende, erklärt die Hintergründe.
  • Der Bundesrechnungshof bemängelt Lücken im Steuersystem, überflüssige Subventionen und lasche Kontrollen.
  • Empfehlungen umfassen die Digitalisierung der Finanzverwaltung, Stärkung des Steuervollzugs, verbesserte Zusammenarbeit der Behörden und effektive Bekämpfung von Steuerhinterziehung.
  • Anne Brorhilker deckte als Oberstaatsanwältin in Köln Steuerbetrugsfälle wie Cum-Cum und Cum-Ex auf, bei denen dem Fiskus mindestens 40 bis 50 Milliarden Euro entzogen wurden.

Shownotes Transcript

Ganz herzlich willkommen zur Lage der Nation, Ausgabe Nummer 428. Mein Name ist Philipp Banse. Und ich bin Ulf Burmeier. Herzlich willkommen auch von mir. Offizielle Lagezeit ist der 16. April 2025. Das gehört dazu gesagt, denn ihr hört ja diese Folge vermutlich einige Tage später. Das ist quasi unser Osterpäckchen für euch.

Wir reden an dieser Stelle ja ganz häufig und immer wieder und sehr ausführlich über riesige Ausgaben, die der Staat zu tätigen hat, die in aller Regel durch Schulden bezahlt werden sollen, die durch Einsparungen bezahlt werden wollen, zum Beispiel beim Bürgergeld oder bei der Versorgung von Migranten und Migrantinnen. Kaum jemand aber redet darüber, dass der Staat Milliarden einnehmen könnte.

könnte, wenn er denn geltendes Recht nur durchsetzen würde. Ja, wenn er also nur das Geld mal eintreiben würde, das ihm heute schon zusteht. Und in der letzten Woche erschien nun ein Bericht des Bundesrechnungshofs. Das ist quasi so die Behörde, die dem Staat in Deutschland beim Geld ausgeben und einnehmen auf die Finger schaut. Und das Ergebnis dieses Berichts ist

Ja, diese obersten Rechnungsprüfer, wie das immer so heißt, die attestierten im Staat in ihrer Untersuchung nämlich ein gewaltiges Einnahmeproblem. Der Fiskus lässt nach ihren Berechnungen Jahr für Jahr viele, viele Milliarden Euro liegen, weil es Lücken im Steuersystem gibt, weil es überflüssige Subventionen gibt.

weil Gesetze zu lasch kontrolliert werden. Und der Bundesrechnungshof formuliert dann sechs konkrete Empfehlungen, unter anderem die Finanzverwaltung endlich mal zu digitalisieren, das kann ich nachvollziehen, als Steuerzahler, wie nervig das ist, wenn das nicht funktioniert. Die

Den Steuervollzug stärken, also quasi die Finanzbehörden in die Lage versetzen, dass sie die Steuergesetze auch wirklich in der Praxis anwenden. Die Zusammenarbeit zwischen Behörden verbessern und ganz fett gedruckt Steuerhinterziehung effektiv bekämpfen. Das ist natürlich die Frage, das klingt ja alles wunderbar und auch überzeugend und auch durchaus sinnvoll. Aber wie lässt sich das in der Praxis umsetzen? Warum?

Zieht der Staat denn nicht alle Steuern ein, die ihm eigentlich zustehen? Wie ließe sich dieses Geld eintreiben? Und da gibt es in Deutschland wenig Menschen, die das besser erklären könnten als unser heutiger Gast, nämlich Anne Wittmann.

Sie schrieb als Oberstaatsanwältin in Köln Geschichte, deckte den wohl größten Steuerbetrug in der deutschen Geschichte auf. Mit Strukturen wie Cum-Cum und Cum-Ex haben kriminelle Banker dem Fiskus mindestens 40 bis 50 Milliarden Euro entzogen, vielleicht noch mehr.

Sie kennt viele Schlupflöcher, durch die Kriminelle Steuergeld absaugen oder auch auf andere Weise Geld beiseite schaffen. Heute ist Anne Brohecker Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende. Das ist eine gemeinnützige Organisation, die sich versteht als Gegenpol zur mächtigen Banken- und Finanzlobby. Frau Brohecker, ganz herzlich willkommen in unserem bescheidenen Lagezentrum in der Lage der Nation. Ja, guten Morgen und vielen Dank für die Einladung. Werbung

Das kennt ihr wahrscheinlich auch. Der Tag war voll, der Kopf ist leer und dann steht da auch noch diese Frage im Raum, sag mal, was essen wir denn eigentlich heute? Und die schmackhafte Antwort ist...

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Frau Bronchek, Sie haben mit jahrelangen Ermittlungen einige Täter hinter Gitter gebracht, sich ja auch ein paar Milliarden für den Fiskus wieder ins Säckel geholt. Wollten Sie schon als Teenagerin Banker jagen? Nee, als Teenager hatte ich da überhaupt keine Ambitionen und habe mich eigentlich auch nicht besonders für wirtschaftliche Themen interessiert. Also mich haben immer sozialwissenschaftliche Themen, gesellschaftspolitische Themen interessiert und

Ja, mit Zahlen hatte ich es nicht so und vor allen Dingen war mein großes Hobby Musik und ich hatte eigentlich im Sinn, irgendwas mit Musik zu machen. Was haben Sie gespielt? Welche Instrumente? Klavier und Querflöte. Und ja, das war dann mein Plan und ich habe mich dann schlussendlich dazu entschlossen, Musik fürs Lehramt zu studieren.

Und habe das genau ein Semester durchgehalten, weil uns damals in jeder Vorlesung nahegelegt worden ist, bloß nicht weiter zu studieren, weil diese Republik nie wieder Lehrer brauchen würde, ist uns damals gesagt worden. Ach, von Zyklen hatten die noch nichts gehört damals. Nee, also das kam aber so massiv rüber, dass sie mich dann auch gekriegt hatten, so wie irgendwie die Hälfte meiner Mitkommilitonen und wir alle wieder aufgehört haben.

Und ja, dann stand ich etwas ratlos da und habe mich dann für Jura entschieden, weil ich dachte, Jura geht immer. Juristen braucht das Land immer. Man ist breit aufgestellt.

Ja, und deswegen habe ich dann mit Joa angefangen, obwohl in meiner Familie und auch in meinem Umfeld wir gar keine Juristen hatten. Und deswegen ich auch noch nicht so richtig wusste, was da auf mich zukommt. Sonst hättest du es vielleicht auch nicht studiert. Sonst hätte ich es vielleicht nicht studiert. Aber ja, das habe ich dann ausprobiert. Und ich hatte auch gleich Glück, weil ich am Anfang, ich habe so ein bisschen antizyklisch angefangen. Und deswegen habe ich mit Strafrecht gestartet. Und Strafrecht an der Uni fand ich total interessant. Also da hatte ich so einen ganz interessanten Professor, der immer mit seinen Armen gerudert hat und ganz...

die Fälle so ganz lebhaft geschildert hat. Und das hat mich dann sofort total gecatcht. Und ja, dann bin ich auch dabei geblieben.

Und danach kriegte ich dann Zivilrecht. Damit hätte ich eigentlich anfangen müssen. Das war lange nicht so spannend. Also Zivilrecht nur für die Menschen, die uns zuhören, die jetzt nicht so einen juristischen Hintergrund haben. Beim Zivilrecht geht es im Prinzip darum, wer kann was von wem verlangen. Kann jemand Schadenersatz verlangen, weil irgendwas schiefgegangen ist? Kann jemand, keine Ahnung, einen Teil des Kaufpreises zurückverlangen? Solche, oder geht Mietrecht, so Streitigkeiten zwischen Privatleuten im Prinzip. Das ist Zivilrecht.

Genau, aber jedenfalls bin ich dann bei Strafrecht geblieben und das fand ich sehr interessant. Und das habe ich dann auch später im praktischen Teil interessant gefunden. Also macht das ähnlich wie bei Lehrern, müssen Juristen auch ein Referendariat absolvieren und verschiedene Stationen durchlaufen. Und auch da fand ich eigentlich die strafrechtliche Perspektive am interessantesten, auch in der Praxis. Okay, können Sie das nochmal so ein bisschen, sage ich jetzt mal, mit Leben und Herzblut füllen? Was hat Sie da so gepackt am Strafrecht? Ich kann das sehr gut nachvollziehen, es ging mir nämlich genauso. Aber können Sie das nochmal so ein bisschen beschreiben?

Ja, ich glaube, das lag daran, dass man da den Bezug zu Menschen am meisten hat. Also fängt schon damit an, dass die Prozesse im Strafrecht ja wirklich von der Mündlichkeit geprägt sind. Das heißt, man muss alles, was man vorher ermittelt hat, auch wirklich noch mal im Gerichtssaal präsentieren. Da laufen also alle Zeugen noch mal auf und der Richter muss sich auch einen persönlichen Eindruck davon machen. Also es geht sehr nah an die Menschenrand.

Und sowohl die Staatsanwälte als auch die Richter müssen Menschen in ganz vielerlei Hinsicht auch einschätzen. Kann man ihnen glauben, lügen sie, wenn sie in einer Tat überführt worden sind, demnächst anders verhalten, also kann man nochmal Bewährung aussetzen und so weiter, sind alles Beispiele.

menschliche Verhaltensweisen, die eingeschätzt werden müssen und das fand ich eigentlich mal sehr, sehr spannend. Wie sind Sie denn dann letztlich bei der Staatsanwaltschaft gelandet und zwar dann bei Wirtschaftsstrafrecht, also wo Sie Firmen und vor allen Dingen Banken hinterhergejagt sind? Wie kam das, wo Sie sich doch am Anfang, wo Sie sagen, für Steuern und Wirtschaft eigentlich gar nicht interessiert haben?

Genau, ich habe auch bei der Staatsanwaltschaft nicht direkt in dem Bereich angefangen, sondern die Anfänger werden erstmal in die Dezernate gesetzt, wo sie möglichst viel kennenlernen. Also Massedezernate nennt man das, wo man viel Kleinkram hat.

Also entweder Jugendstrafsachen oder sogenannte allgemeine Strafsachen. Da ist dann auch mal ein Raub dabei, aber man hat auch diese normalen Nachbarschaftsstreitigkeiten und Diebstahl, Ladendiebstahl, all solche Sachen. Das habe ich relativ lange gemacht und zusätzlich war ich auch bei der sogenannten Gnadenstelle. Das ist etwas ungewöhnlich, aber in Nordrhein-Westfalen war das so geregelt, dass die

die Gnadenangelegenheiten an die Landgerichte delegiert worden sind. Gnade bedeutet, wenn der Rechtsweg sozusagen fertig ist. Also wenn der Täter überführt worden ist, verurteilt worden ist und alle Rechtsmittel ausgeschöpft worden sind. Und wenn eigentlich da Ende ist, dann kann man auf dem Gnadenweg noch mal humanitäre Gesichtspunkte einfließen lassen. Zum Beispiel Krankheit oder auch massive Fehler, die vielleicht vorher passiert worden sind. Die kann man sozusagen, obwohl das Verfahren eigentlich fertig ist, noch mal korrigieren.

Und das habe ich auch eine Weile gemacht. Und da ist mir in so einer Millionenstadt wie Köln sozusagen das ganze Elend dieser Stadt präsentiert worden, weil ich nämlich vor allen Dingen mit Drogenabhängigen zu tun hatte. Ja, die haben natürlich meistens nicht viel Geld, können sich keine Anwälte leisten, kommen auch in den Verfahren oft.

Ja, können nicht so viel für sich herausholen und gleichzeitig sehen natürlich die Gerichte, dass die Menschen auch krank sind. Das heißt, man gibt ihnen ganz viele Möglichkeiten, nochmal die Krankheit zu bekämpfen, die Sucht zu bekämpfen, scheitert dann aber auch oft daran, dass einfach gar keine Stellen da sind, also keine Therapieplätze kriegen.

Naja, und deswegen hat man oft eine Situation, wo solche Täter zehn Bewährungsstrafen offen haben und es dann aber trotzdem aufgrund ihres Suchtdrucks wieder irgendeine Kleinigkeit passiert. Und dann ist man irgendwann an dem Punkt, dass alle Bewährungen widerrufen werden müssen. Und plötzlich muss jemand für ein relativ kleines Delikt jahrelang ins Gefängnis.

Und an der Situation gibt es dann noch mal die Möglichkeit, das gnadenweise zu korrigieren. Eigentlich ist der Rechtsweg fertig. Man kann noch mal gnadenweise versuchen, mit Therapie und sonst wie auf die Menschen einzuwirken. Und damit war ich meistens konfrontiert.

Und hatte eben da viele junge Leute, die eben unglaublich mit der Sucht zu kämpfen hatten. Und ich hatte bei der Gnadenstelle die Möglichkeit, mir Zeit zu nehmen und die Menschen auch länger zu beobachten. Ich musste das nicht machen, aber ich habe das gemacht. Sodass ich im Grunde genommen wie so ein Sozialarbeiter mehr da unterwegs war. Ich habe die ein ganzes Jahr lang begleitet und geschaut, ob die sich auch an ihre Auflagen halten und all sowas. Und da sieht man eben, wie schwer es für solche Menschen ist, die aus...

furchtbare Kindheiten hatten, gar keinen Halt haben, gar keinen familiären Halt haben, aus dem Milieu kommen, also die falschen Freunde haben und wie schwer es für die ist, jedes Mal, wenn die quasi mit der Bahn anreisen, wieder an ihren alten Kumpels vorbeikommen, sind sie jedes Mal wieder diesen Versuchungen ausgesetzt.

Und das hat halt auch nicht immer geklappt, da waren wirklich tragische Fälle dabei. So und direkt danach bin ich dann sozusagen von meiner Behörde verschoben worden in den Bereich Wirtschaftskriminalität. Das ist bei Behörden so, wenn Stellen offen sind, da müssen diese besetzt werden und da wollte keiner hin.

Und dann hieß es, naja, ich habe schon lange nicht mehr die Stelle gewechselt, ich muss da jetzt hin. Jetzt bist du dran. Jetzt bin ich dran. Dann schauen wir uns das doch mal an. Also Wirtschaftskriminalität, das ist ja so ein Oberbegriff. Was muss man sich da drunter vorstellen? Was sind so die typischen Maschen, mit denen die Wirtschaft kriminell wird?

Also es gibt eine Reihe von etwas kleineren Delikten, Insolvenzvergehen und sowas. Es gibt auch sowas wie Insiderhandel. Was ist das? Nur so Stichwort, damit die Leute das verstehen. Worum geht es bei Insolvenzvergehen oder Insiderhandel? Ja, bei Insolvenzvergehen geht es darum, dass man die Phase des wirtschaftlichen Niedergangs nicht schnell genug offenlegt, sondern dass man...

So habe ich das jedenfalls häufig erlegt, dass man noch mit sich kämpft und immer noch vielleicht ans Gute glaubt, dass man noch irgendwie die Kurve kriegt, damit aber vergisst, dass man seinen Gläubigern natürlich auch reinen Wein einschenken muss. Und an dieser Grenze, an dieser zeitlichen Grenze, da entstehen eben viele strafrechtliche Vorwürfe. Also das sind jetzt keine Fälle von schwerer Kriminalität, aber etwas, was in der Masse häufig passiert, gerade wenn es eben kleines Unternehmen dann nicht gut geht und dann versuchen sie halt ein bisschen zu lange abzulegen.

sich noch über Wasser zu halten. Stellen quasi zu spät den Insolvenzantrag. Stellen zu spät den Insolvenzantrag, genau. Und das ist etwas, was auch ein Massedelikt ist. Also sehr viele, sehr kleine Fälle, was Staatsanwaltschaften zu bearbeiten haben. Aber die großen Fälle, was sind die großen Fälle, die großen Maschen? Genau, ich hatte nämlich mit großen Fällen zu tun, weil ich in Köln bei einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft war, die eigentlich nur große Fälle der Steuerhinterziehung, ich war speziell auch für Steuerhinterziehung da,

Und das sind dann vor allen Dingen Umsatzsteuerkarusselle, das ist Umsatzsteuerbetrug, der so funktioniert, dass man auf dem Papier mit Waren handelt. Das ist immer nur so vorgetäuschter Handel. Man möchte eine Situation herstellen, wo man sich Umsatzsteuer statten lässt, die zuvor keiner abgeführt hat. Das ist sehr ähnlich wie das zweite große Ding, was ich hatte, nämlich Gumex, wo das Gleiche passiert mit Aktienhandel.

Aktien werden zum Schein im Kreis gehandelt, um eine Situation herzustellen, dass sich einer Steuern erstatten lässt, die zuvor gar nicht abgeführt worden sind. Okay, also im einen ist es Kapitalertragsteuer, im anderen ist es Umsatzsteuer, aber das Ziel ist immer, der Weg ist immer das gleiche. Man führt irgendwie die Finanzbehörden hinters Licht, damit die glauben, ah, die haben ja hier ein Recht darauf, dass wir ihnen die Umsatzsteuer oder die Kapitalertragsteuer erstatten, dann kriegen die Leute das überwiesen, hatten aber überhaupt kein Recht darauf und bereichern sich auf diese Art. Genau.

Ja und alleine mit Cum-Ex haben ja eben Banken und ihre Kunden die Steuerkassen in Deutschland um mindestens 40, 50 Milliarden Euro geprellt, eher mehr. Und dann haben wir uns natürlich gefragt, wie müssen wir uns denn dann ihre Arbeit in diesem Kontext genau vorstellen? Also wie läuft so ein Ermittlungsverfahren dann konkret ab? Vielleicht können Sie uns da mal mitnehmen, wie haben Sie davon erfahren, wie ging das los? Aber Cum-Ex konkret, ne? Mhm.

Ja, bei Cum-Ex war es etwas anders als bei Umsatzsteuerkarussellen, die ja schon lange der Rechtsprechung bekannt sind und auch den Behörden bekannt sind. Da wusste man natürlich immer irgendwie, wie die Masche funktioniert und wie man da auch ermitteln muss. Bei Cum-Ex war das nicht so. Als ich meinen ersten Fall 2013 auf den Tisch bekam, hatte ich jetzt persönlich noch nichts von Cum-Ex gehört. Tatsächlich gab es schon Ermittlungsverfahren bei den Kollegen in Frankfurt, bei der Generalstaatsanwaltschaft. Die hatten schon in dem Bereich angefangen zu ermitteln.

Das war aber jetzt noch nicht besonders medial bekannt geworden und das war mir jetzt auch nicht bekannt. Ich habe da erst nach ein paar Monaten mitbekommen, relativ zufällig, dass die Kollegen auch ermittelten. Also als ich 2013 das bekam, da hatte man eine vage Vorstellung davon, wie das vielleicht funktioniert. Aber also wie es wirklich genau funktioniert und wie man dem Ganzen auf die Schliche kommt, das mussten wir uns sozusagen erst entwickeln. Ja.

Aber vielleicht können Sie uns da auch noch mal so ein bisschen konkret mitnehmen. Denn ich sage mal so, wenn ich mit dem Finanzamt zu tun habe, habe ich den Eindruck, die gucken mir also bei dem letzten Cent auf die Finger. Und hier geht es um Milliarden und die lassen sich so einfach mal schnell hinters Licht führen. Also gibt es da quasi einen Fehler im System, wieso das so leicht war, die Finanzbehörden an dieser Stelle zu beschummeln? Ja, das hängt genau mit dem Punkt zusammen, den Sie ansprechen, nämlich die Kontrolldichte.

Ich hatte einen Fall bekommen vom Bundeszentralamt für Steuern. Die sind vor allen Dingen für Steuerausländer, also für Anträge von Steuerausländern zuständig.

Und die hatten jahrelang einen sozusagen vollautomatischen Erstattungsweg. Das heißt, man konnte sich einmal lizenzieren lassen, dass man an diesen vollautomatischen Erstattungen teilnimmt. Und dann kriegte man das Geld. Da musste man also nur sagen, wie viel Geld man haben wollte. Und dann wurde das überwiesen. Bei Cum-Ex war das so, dass irgendwie Leute im Ausland Kapitalerträge durch Dividenden erzielt haben und darauf Kapitalertragsteuer zahlen mussten.

mussten und die auch gezahlt haben. Dann wurden die Aktien irgendwie ins Inland verschifft und es wurde so ein Eindruck erweckt, als könnte man sich die Kapitalertragssteuer wieder zurückerstatten lassen und hätte Recht darauf und hat diese Kapitalertragssteuer wieder zurückbekommen, die man eigentlich nicht zurückbekommen hätte sollen. Das war der erste Schritt in diesem Riesenbetrug.

Und der zweite war, dass man dieselben Aktien genommen hat und dann nochmal gesagt hat, hier, wir hätten gerne nochmal Kapitalertragssteuer erstattet, ohne die aber vorher gezahlt zu haben. Also sie wurde einmal gezahlt, einmal unrechtmäßig erstattet und ein zweites Mal nochmal unrechtmäßig erstattet. So funktionierte das. Wie sind Sie dem auf die Schliche gekommen? Also wie ist dieses 40 Milliarden, das ist eine konservative Schätzung, das ist doch nicht ein Banker, der da irgendwie mal ausprobiert, wie man da irgendwie vielleicht diese komische Lücke ausnutzen kann.

Ne genau, also im Ergebnis haben das auch Insider bestätigt, dass das ganz große Ausmaße hat, also dass es sozusagen weltweit stattfindet und auch ganz stark in Europa und wir in Deutschland da auch ganz besonders stark von betroffen sind, weil wir eine starke Wirtschaftskraft haben, große Dividenden auszahlen und darauf natürlich auch ein hoher Steueranteil anfällt, der eben, der Steueranteil ist der Kuchen, die Kapitalertragssteuer ist der

Kuchen, den die alle haben wollen, weil die sich ja die sozusagen erstatten lassen, ohne dass sie vorher abgeführt worden ist. Also wirklich ein Selbstbedienungsladen. Aber diese Ausmaße waren uns am Anfang überhaupt nicht klar, sondern den Fall, den ich auf den Tisch bekam, der war jetzt erstmal ein Einzelfall. Also das Bundeszentrallamt hat mir sozusagen einen Fall erstmal gegeben und

Und die hatten auch keine Vorstellung davon, dass sie so massiv geschädigt worden sind. Das war anfangs nicht klar. Sondern anfangs hatten wir den Eindruck, das ist ähnlich wie bei anderen Kriminalitätsfällen, das ist halt eine kleine Gruppe schwarzer Schafe. Das war aber falsch. Das hat sich erst im Laufe der Ermittlungen rausgestellt. Also wir haben erstmal, oder ich habe erstmal den Fall genauso angefangen wie alle anderen Fälle mit den typischen Ermittlungsmethoden. Also wir mussten durchsuchen, das war schon klar.

weil das Bundeszentralamt sich vorher schon an den Antragstellern abgearbeitet hatten mit ihren Möglichkeiten als Steuerbehörde. Da kann man nämlich schlichtweg nur Fragen stellen.

Also seid ihr berechtigt und was habt ihr da so gemacht? Die haben derartig ausweichend geantwortet, dass sie keine Informationen auf dem Weg bekommen haben. Plus die anderer Stelle waren extrem aggressiv. Die haben das Bundeszentralamt und die Mitarbeiter mit Dienstaufsichtsbeschwerden, Strafanzeigen und sogar Klagen überzogen. Die Mitarbeiterin, die dafür zuständig war, ist auch persönlich verklagt worden. Das ist schon ein hoher Grad von Aggression, der da vorher schon stattgefunden hatte. Das heißt, die Mitarbeiterinnen

Uns war klar, wir können hier nur mit normalen Ermittlungsinstrumentarium ran, wir müssen durchsuchen. Das Problem war, und das war dann später auch sehr typisch für alle anderen Fälle, hier in Deutschland war eigentlich nur eines passiert, hier ist nämlich der Schaden entstanden, also hier ist das Geld ausgezahlt worden.

Alle Akteure saßen im Ausland. Das heißt, wenn man an Beweismittel wie Verträge oder E-Mails kommen müsste, dann mussten wir halt im Ausland suchen. Das ist für deutsche Behörden total schwierig, weil da muss man das sogenannte Rechtshilfeverfahren bemühen. Das ist ein sehr langwieriges, bürokratisches Verfahren. Das dauert manchmal jahrelang, bis man auf dem Weg Informationen hat. Und was man auch dazu sagen muss, die anderen Staaten sind nicht verpflichtet,

diesem Ersuchen nachzukommen. Also man kann die nicht zwingen. Aber letztlich haben Sie ja in 14 Ländern Büros durchsucht von Verdächtigen, von Firmen, von Anwälten. In 14 Ländern, das mussten Sie ja auch gleichzeitig machen. Sie können ja nicht in einem anfangen und eine Woche später treten Sie dann im nächsten auf. Das musste ja in 14 Ländern auf die Sekunde, würde ich fast sagen, synchronisiert sein. Alle rücken zur selben Zeit bei diesen Sachen vor. Und das sind ja nicht deutsche Beamte und

Beamten, die da in, weiß ich nicht, Malta oder so folgen, sondern sind ja dann maltesisch Beamte. Wie haben Sie das gemacht? Wie funktioniert das? Genau, also auf dem Rechtshilfeweg tatsächlich. Das ist eben dafür vorgeschrieben. Jetzt wusste ich ja, weil ich schon lange bei der Staatsanwaltschaft war und auch schon ein paar Jahre Wirtschaftskriminalität und Steuerhinterziehung gemacht habe, auch international, dass man das jetzt nicht einfach so in die Weltgeschichte rumschicken kann, diese Rechtshilfe versuchen, sondern man muss vorher mit den Stellen sprechen, man muss das koordinieren.

Und das habe ich dann auch gemacht. Also der erste Schritt war noch, erstmal mussten wir feststellen, dass wir tatsächlich 14 Länder hatten. Das hatte dann die Polizei herausgefunden, indem die sich die Steuerakten angeschaut haben, gesehen haben, wo das ist, war ein ganzer Globus verteilt. Also auch wirklich andere Kontinente und all Offshore und so weiter. Und da war erstmal, weil das so schwierig ist, im Rechtshilfeweg vorzugehen, die Stimmung ein bisschen gedämpft.

Weil wir dachten, das schaffen wir nicht. Das wollte ich mal sagen. Aus meiner eigenen Zeit in der Justiz weiß ich, bei Rechtshilfe ist es für viele gleichbedeutend mit, da können wir die Akte zuklappen. Da kommen wir eh nicht mehr so richtig weiter. Gerade bei Internetermittlungen. Vielleicht können Sie noch mal so ein bisschen plastisch machen, wie eigentlich Rechtshilfe konkret abläuft. Das ist ja ein ziemlich komplexes Verfahren. Was muss man da machen, um das einzuleiten? Man muss erst mal darstellen, dass das, wenn das ganz in Deutschland stattgefunden hätte, hier auch strafbar ist.

Das macht man so, indem man die deutschen Gerichte einschaltet. Die müssen erst mal für alle ausländischen Stellen Durchsuchungsbeschlüsse erlassen.

Also überall da, wo man einen Ausland durchsuchen will, muss man erstmal deutsche Beschlüsse einholen. Das waren in diesem Fall etwa 280. 280 Durchsuchungsbeschlüsse? Genau, 280 Durchsuchungsbeschlüsse. Das heißt, da müssen Sie jeweils einen Antrag schreiben, müssen begründen, Tatverdacht, woraus ergibt der sich und so weiter. Und dann muss eine Ermittlungsrichterin sagen, ja, das überzeugt mich, unterschreibe ich. Richtig, da müssen diese 280 Beschlüsse auch durch den Ermittlungsrichter erlassen werden, was natürlich auch eine Menge ist. Die Ermittlungsrichter haben auch wenig Ressourcen, also das ist alles...

schon ungefähr zehn Nummern zu groß für die Strukturen, die man eigentlich so gewohnt ist als Staatsanwaltschaft oder als Gericht. Aber ließ sich hier nicht anders machen. Also im Ergebnis waren das tatsächlich 280 Beschlüsse, so ausgerechnet.

Das größte Problem war allerdings gar nicht so die rechtliche Geschichte. Das Problem war, dass ich damals als normale Staatsanwältin nur so ein kleines Druckerchen auf dem Tisch stehen hatte und diese Beschlüsse alle ziemlich lang waren. Ich musste erst mal die Masche erklären und so weiter. Die waren so um die 25 Seiten lang, also 280 mal 25 plus eine Übersetzung ins Englische. Das hat mein Drucker nicht geschafft. Also knapp 10.000 Seiten, da war Ende Gelände.

Ja, also der konnte ja nur fünf Seiten in der Stunde. Also das war einfach mit dem Drucker bei der Staatsanwaltschaft nicht möglich. Hatten Sie noch so einen schönen Nadeldrucker? Ja, ja. Nee, wirklich jetzt? Ja, ja. Wirklich? Ja, das war 2014.

Das war als Scherz gemeint. Sie hatten noch keinen Laserdrucker. Und was haben Sie dann gemacht? Haben Sie auf dem Stick und ab in den Copyshop oder wie haben Sie das gemacht? Nee, das darf ich natürlich nicht. Ich habe dann beim Landeskriminalamt gefragt. Die hatten da so ein Profigerät stehen, ob ich das benutzen durfte. Ein Laserdrucker. Ja, ein Laserdrucker. Das ist mein erster Laserdrucker, Philipp 94. Gut, privat wohlgemerkt.

Zusammengespart mit Nachrichten. Okay, aber dann sind sie da hin und die haben Ihnen das ausgedruckt. Nee, die haben mir das nicht ausgedruckt, das muss ich selber machen. Ich stand da 14 Tage in der Abstellkammer und hab gedruckt, was das so erhielt und das alles getackert und so weiter in Karton verpackt und das muss alles, da gibt es keinen Unterbau. Dafür studieren sie ja schließlich auch, also ist ja klar.

So ist das. Also jedenfalls, irgendwann war das Drucken geschafft und dann musste das alles zu Gericht und dann musste der Richter auch diese Anträge prüfen. Es sind auch alle erlassen worden und dann müssen die auf die Reise geschickt werden. Also da muss man formelles Ersuchen starten. Das sind sehr viele Vorschriften. Man muss auch noch immer sich dazu äußern, wie das im ausländischen Recht, ob das nach deren Kriterien auch strafbar ist. Also nach Schweizer Recht, nach Luxemburger Recht und so weiter. Das muss man auch alles in diese Rechtshilfeersuchen reinschreiben und dann eben losschicken. Ja.

Ja, dann war mir klar, dass wir auf jeden Fall vorher Kontakt aufnehmen müssen mit den Ländern, weil das ist ja für die eine fremde Masche, kennen die nicht. Wir wollten von denen auch ganz schön viel. Also in kleinen Ländern wie Malta und Gibraltar wollten wir da nicht zig Durchsuchungsorte. Und dann noch solche, wo viel Gegenwind zu erwarten ist. Also bei Steuerberatungskanzleien, bei Wirtschaftsprüfern, bei Banken und bei Brokern. Die sagen nicht einfach mal die Tür auf. Mensch, auf sie haben wir schon länger gewartet. Kommen Sie doch mal rein, wollen Sie einen Kaffee? Hier sind unsere Rechner. Richtig, ja.

Also das war alles sozusagen auch für die Länder herausfordernd und deswegen war klar, man muss die vorher ansprechen. Damals, 2014, gab es zum Glück auch schon Eurojust. Das ist eine Plattform in Den Haag, die eben diese Kontakte herstellt in die Länder. Und das habe ich auch genutzt und das war sehr, sehr, sehr hilfreich, weil wir dann eben eine gemeinsame Besprechung mit den Ländervertretern vorher machen konnten.

Da waren dann neun Länder, haben da teilgenommen und man hat dann Simultandolmetscher und kann wirklich direkt mit den Landesvertretern über die Probleme sprechen. Jede Rechtsordnung ist ja ein bisschen anders und wie man dann eben auch Probleme löst. Meistens ist immer irgendwas, was man vorher recherchiert hat, stellt sich dann doch nicht als richtig raus. Eine Hausnummer ist falsch oder der Mensch ist umgezogen oder die Firma hat jetzt einen anderen Namen oder was auch immer. Und da müssen dann ja auch nochmal die Durchsuchungsbeschlüsse korrigiert werden, neuer Durchsuchungsbeschluss und so weiter.

Also das war auf jeden Fall sehr hilfreich, dass wir das bei Eurojust machen konnten. Ich habe darüber hinaus aber auch noch ein paar Länder selber besucht, weil die entweder da nicht teilnehmen wollten oder nicht teilnehmen konnten, sodass ich dann mal 14 Tage lang mit meinen Ermittlern durch die Gegend gereist bin und alle persönlich aufgesucht habe. Ja, das bucht sich natürlich auch alles von selber und geht dann ratzfatz durch die Bürokratie, also so Reiseanträge und sowas.

Okay, aber dann kam es am Ende wirklich dazu, dass halt an einem bestimmten Tag in 14 Ländern bei 280 Adressen mehr oder weniger die Ermittler, Ermittlerinnen und Polizisten aus den jeweiligen Ländern vor den Türen standen. Und was passiert dann? Also wie, Sie waren ja dann auch selber dabei zum Teil. Sie stehen dann da und rücken dann da ein in der Bank. Nehmen Sie uns mal mit. Wie ist das?

Genau, also an dem speziellen Tag war ich in der Einsatzzentrale beim Landeskriminalamt und meine Kollegen waren oft mit vor Ort. Wir hatten also an allen ausländischen Stellen auch deutsche Ermittler mit dabei. Entweder Polizeibeamte, Steuerfahnder oder eben auch Staatsanwälte. Und ich war selber in der Einsatzzentrale und war eben dafür da, Probleme zu lösen, sag ich jetzt mal. Wenn noch irgendwo Beschlüsse nachgeordert werden mussten oder irgendwo es...

zu Auseinandersetzungen kam, was dann im Eifer des Gefechts auch oft passiert. Da gehen die Emotionen auch mal hoch. Und solche Fälle hatten wir auch nicht nur im Ausland, hatten wir auch in Deutschland. Wir haben in Deutschland auch eine Beratungskanzlei durchsucht und einer der Partner, der hat sich furchtbar aufgeregt. Also der war gar nicht zu stoppen. Der hat sich irgendwie da so reingesteigert, dass er ein bisschen die Kontrolle verloren hat und also wollte einen Ordner nicht rausgeben, den wir mitnehmen wollten und hat

sich da quasi dran festgeklammert. Und dann wurde ich zum Beispiel angerufen, um dann auch den Konflikt zu lösen. Und habe dann versucht, beruhigend auf ihn einzuwirken, was mir aber auch nicht gelungen ist. Aber jedenfalls hat er den Ordner irgendwann unter der Prämisse rausgegeben, dass der versiegelt wird. So Versiegelung gibt es schon irgendwie seit 20 Jahren nicht mehr in der Strafprozessordnung. Aber er wollte das nun unbedingt. Und wir haben ihn dann machen lassen. Er hat dann den Ordner mit Leukoplast umklebt, also in mehreren Schichten und hat seinen Stempel da drauf gehauen. 25 Mal, wie ihm waren.

Also das war als Ausfluss dieser Aufregung auch. Sowas passiert eben auch dann, dass Menschen einfach... Da fängt man halt mal an zu stempeln, das passiert schon mal. Da haben sie so eine Art Mumie mitgenommen. Ja genau, da musste man hinterher erstmal sozusagen aufschneiden und entfalten und all sowas. Das heißt also bei der konkreten Untersuchung saßen sie in der Zentrale und haben geguckt und versucht irgendwie durchgedrehte Partner zu beruhigen und ihren Stempel machen zu lassen. Aber sie waren ja dann im Laufe der Ermittlungen eben selber auch in den Banken.

Oder auch im Laufe anderer Emissionen. Richtig, genau. Nehmen Sie uns mal mit, wie funktioniert das? Sie haben einen Durchsuchungsbeschluss, kommen dann an der Klingel und sagen, hier, wir haben so einen Durchsuchungsbeschluss. Was dann? Ja.

Ja, also das kann sich sehr unterschiedlich darstellen. Denn Banken zum Beispiel werden in der Praxis häufig nicht so durchsucht, wie man zum Beispiel bei Drogenkriminellen vorgeht. Also wenn man normalerweise bei anderen Straftätern zum Beispiel Drogenkriminellen die Wohnung durchsucht, dann macht man die Wohnung auf, egal ob der Mensch da ist oder nicht. Also man klingelt, aber wenn er nicht da ist, dann tritt man an die Tür ein oder macht den Mitmachungsausweis.

Jedenfalls geht man rein und guckt jede Schublade, das Bett und überall hin. So geht man in der Praxis häufig nicht vor bei Banken. So habe ich das auch anfangs, als ich beim Wirtschafts- oder in die Steuerabteilung kam, erlebt. Wenn ich bei Durchsuchungen von anderen Kollegen mitging, da ist man nur zum Gespräch mit dem Vorstand verabredet, obwohl man einen Durchsuchungsbeschluss in der Hand hat.

Warum? Ja, das habe ich mich auch gefragt. Als ich neu anfing, hatte ich gleich direkt nach ein paar Tagen, musste ich zu so einer Durchsuchung mit und habe mich eben gewundert, weil ich kam ja aus einem anderen Kriminalitätsbereich und mich gewundert, wie das hier so ablief. Also, dass ich dann nur so mit vier Mann hin sollte und dass wir da jetzt einfach nur zum Kaffee verabredet hatten mit dem Vorstand. Aber wozu soll ich denn hier den Rambock? Normalerweise brauche ich das von Rambock, aber den brauchten Sie nicht. Ja, also die Durchsuchung war ja schon organisiert. Ich wurde da nur hingeschickt und habe...

Da ist mir das erste Mal aufgefallen, das läuft ja hier völlig anders, als ich das so kenne. Aber was berehren die denn da bei so einem Gespräch? Ja, irgendwie nichts Tolles. Man erklärt denen dann, was man für strafrechtliche Vorwürfe hat, was man untersucht. Und dann sagen die, ja, das ist alles gar nicht so. Aber wir werden trotzdem mal gucken. Und wenn wir was finden, dann geben wir es ihnen. Das heißt, man geht da ohne ein Blatt Papier wieder raus. Moment mal, die Beschuldigten,

suchen nach Beweismitteln gegen sich selbst und möglicherweise finden sie nichts und dann gehen sie einfach nach Hause? Ja, genau. So ist das in der Praxis üblich. Bis heute? Bis heute erlebe ich das bei vielen Kollegen, dass sie also freundlich mit dem Vorstand sprechen, die ja auch

oft schwerer Straftaten beschuldigt werden. Nicht unbedingt jetzt die Person des Vorstandes. Das Institut oder Mitarbeitende des Instituts. Das Institut. Meistens kennt man ja solche Straftaten mit einem zeitlichen Verzug von 10 bis 15 Jahren. Das heißt, oft ist die Mannschaft in den Banken dann auch eine andere, aber teilweise sind die auch noch da. Und jedenfalls anfänglich, als ich in die Steuerabteilung kam und bei

Von anderen Kollegen organisierten Durchsuchungen mitgegangen bin, habe ich das eben so erlebt und mir ist aufgefallen, Mensch, das läuft ja hier völlig anders und ich verstehe das auch nicht, wieso man da so vorgeht. Also man stellt sich das mal kurz vor, Vorwurf Heroinhandel, ja, dann klingelt die Polizei freundlich an der Tür, guten Tag, haben Sie Heroin im Haus? Nein. Es gibt einen Vorwurf. Es gibt da einen Vorwurf, haben Sie Heroin? Nein, haben Sie nicht, Sie haben auch keine Waage da, sehe ich, gehe ich mal von aus, auch kein Geld in kleinen Scheinen. Okay, na klar, dann wünschen wir Ihnen noch einen schönen Tag. Wenn Sie was finden, suchen Sie doch mal, wenn Sie was finden, können Sie sich ja melden.

Ja, genau. Das ist doch komplett absurd. So kann man doch keine Bemittlungen führen. Richtig, genau. Das kam mir auch völlig absurd vor. Und deswegen habe ich später, als ich selber dafür verantwortlich war, auch darauf gedrungen, dass wir eben Banken oder andere Institute so durchsuchen, wie man eben auch in anderen Kriminalitätsfeldern durchsucht. Also eine echte Durchsuchung. Also wirklich, guck, was ist denn da in den Räumlichkeiten?

Und die Durchsuchungen konnte ich tatsächlich erst viel, viel, viel später machen, weil wir anfänglich nicht genügend Personal hatten. Also wir haben diese weltweite Durchsuchung gemacht und dann war erstmal irgendwie Ende Gelände. Wir hatten dann, nach einer Durchsuchung wird meistens das Personal reduziert, auch bei der Polizei. Aber dann müssen sie das doch alles auswehren. Jaja, das vergisst dann irgendwie auch auf die Führungsetage. Die denken dann irgendwie, Hauptarbeit ist getan, dass man da durchsucht hat.

Und das ist ein ganz häufiger Effekt, dass man eben nach Durchsuchungen erst mal das Personal reduziert kriegt. Dann sagen die, die müssen jetzt andere Einsätze unterstützen und so weiter. Und so war das ja auch. Das heißt, wir hatten erst mal nur eine reduzierte Mannschaft und konnten erst mal nicht groß angelegte Durchsuchungsaktionen machen. Also wir mussten einfach wirklich mit den Ressourcen haushalten und das stemmen, was wir stemmen konnten.

Das bedeutet, dass wir, also 2016 wurde langsam klar, 2013 habe ich angefangen, aus diesen ersten Auswertungen ergaben sich zwei weitere Fälle. Die haben wir dann auch durchsucht, die Banken. Das waren allerdings kleinere Privatbanken. Das haben wir dann mit unserem Personalansatz hingekriegt.

2016 hat Nordrhein-Westfalen Datenträger angekauft, wo ganz viele Cum-Ex-Fälle drauf waren. Das sind diese Schweizer Steuer-CDs oder so was ähnliches? Ja genau, ich glaube das war jetzt gar nicht aus der Schweiz, sondern von einer Beratungsgesellschaft. Aber so Steuer-CDs? Genau, auf denen Steuerfälle drauf waren. Und da bildeten sie sehr viele Banken ab.

Und das konnten wir tatsächlich jahrelang gar nicht in der Form bearbeiten, wie man es eigentlich hätte machen müssen mit Durchsuchung, weil wir einfach kein Personal hatten. Und das haben wir erst 2021 bekommen und haben dann auch die Banken systematisch durchsucht und zwar so, wie ich mir das auch vorstelle. Nämlich? Wie sieht das aus? Einreiten. Genau. Also wir gehen dann mit einem Personalansatz von 100 Mann etwa hin.

Und haben ganz klare Vorstellungen. Also ich bespreche das dann, ich bin reingegangen in die Bank und habe Ansprechpartner sofort gesucht aus dem Vorstand, aus dem Handelsbereich, aus dem IT-Bereich und so weiter. Ich möchte einen Gebäudeplan haben, damit ich wirklich sehe, wo noch Stauräume sind, wo Tresore sind, damit man wirklich sicherstellt, dass man das Gebäude als solches im Blick hat und keine Ecken übersieht sozusagen und

Ja, man kann das natürlich kooperativ oder man kann immer noch auf Kooperation setzen, denn wenn die uns diese Ansprechpartner benennen, dann geht es natürlich viel schneller. Das ist ein beidseitiges Interesse, dass wir da nicht irgendwie tagelang drin rumsuchen, sondern dass man das im besten Fall in einem Tag durch hat. Das haben wir auch geschafft in den Fällen, wo die kooperativ waren, dass wir dann in einem Tag wirklich alle Abteilungen durchsucht haben.

Das ist die Papierlage. Also man schaut sozusagen das Gebäude durch nach Verträgen und so weiter, was da einfach in Papier und in Aktenordnern steht. Aber der zweite und eigentlich größere Teil ist natürlich der Datenteil, weil seit geraumer Zeit natürlich Banken und Unternehmen viel digitalisiert arbeiten. Also IT auf Deutsch. IT, ne? Und das ist ein Riesenproblem bei Banken, weil die ihre Daten sehr, sehr, sehr gut geschützt haben. Die kann man nicht...

Also man kann als staatliche Behörde nicht unmittelbar auf diese Daten zugreifen. Das ist anders als bei großen Unternehmen. Ich hatte vorher auch große Unternehmen durchsucht. Die haben immer irgendeinen Serverpark, wie auch immer. Da kann man aber hin und kann sozusagen mit Fachleuten dann auch direkt auf die IT zugreifen. Das geht bei Banken nicht. Und das fand ich auch irritierend. Also dass wir sozusagen hier rüberkommen,

in Deutschland haben, die so abgeschottet sind, dass der Staat, selbst wenn er legitimiert ist durch einen Durchsuchungsbeschluss, aus eigener Kraft nicht durchsuchen kann. Man kann nur hoffen, dass irgendwie die ITler einem dann so eine Art Sicherungskopie machen. Ja, genau. Man kann freundlich danach fragen. Gut.

Und das habe ich eine ganze Weile auch gemacht. Und dann wurde mir mal gesagt, die Daten sind im Ausland, können wir leider nichts machen, müssen Rechtshilfe machen. Und was soll man zu so einer Antwort sagen, wenn die mir das sagen? Nach einer Weile habe ich dann gemerkt, das ist suboptimal und ich brauche irgendwie mehr Expertise, um diese Antworten auch auf einer technischen Ebene hinterfragen zu können. Und so ab 2018 hatten wir dann IT-Sachverständigen.

der auch mit seinem Team dann Durchsuchungen begleitet hat und der dann die Antworten auf einer technischen Ebene hinterfragen konnte. Der hat dann eben gesagt, ja, dann zeichnet doch mal die Schnittstellen. Dann zeichnet doch mal die Systeme, wo das drin liegt und so weiter. Also dadurch waren wir dann viel mehr in der Lage zu schauen, ob die Daten wirklich ausschließlich im Ausland waren oder nicht, vielleicht doch auch in Deutschland.

Und das hat in vielen Fällen wirklich dazu geführt, dass die Daten eben auch hier war und wir darauf zugreifen konnten. Jetzt habe ich in anderen Interviews gehört, also zum Beispiel bei den Kollegen von Logbuch Netzpolitik, dass ja die Banken

dann durchaus sich Rechtsbeistand suchen, so möchte ich es mal formulieren. Und auch herbeirufen und das auch mit einer App machen. Ja, die Dornrate App. Dornrate? Was ist denn das? Dorn wie Dorne oder Dorn wie Sonnenuntergang? Ja, Sonnenuntergang. Oh.

Was ist das für eine App? Ja, das ist eine App für Banken und für Unternehmen, bei denen die schnell Hilfe suchen können. Dann sind da offensichtlich Anwaltskanzleien hinterlegt, die man dann eben ganz schnell anfunken kann und die kommen dann eben auch in Scharen herbeigeeilt. Scharen wie in 200? Ja, also so war das ursprünglich immer, so habe ich das auch erlebt. Wir waren da kaum, dann kamen sofort 200 Mann um die Ecke. Aber man muss sich das vorstellen, 200, das ist...

Die kriegst du ja nicht in den Raum. Da ist selbst das Foyer voll. Das ist eine halbe Betriebsversammlung. Richtig. Und anfänglich, wo wir selber mit 100 Mann da waren, das war ja erst später. Das war ja erst 2021 oder so, wo wir das Personal hatten. Vorher waren wir ja auch immer nur so wenige. Da waren wir vielleicht 20 oder so maximal. Manchmal auch nur 5 oder 6. Und dann sahen wir uns dann immer diesen Hundertschaften der Anwälte gegenüber, die auch wirklich aktiv gestört haben. Also die stehen dann einfach im Weg und quatschen einen an.

und stören auch wirklich die Abläufe. Das ist natürlich auch deren Aufgabe, deren Jobbeschreibung. Und das haben wir auch sehr effektiv gemacht. Und in einer Durchsuchung sind die mir halt besonders in die Quere gekommen, weil das ist ein bisschen auch entglitten aus meiner Sicht. Eigentlich haben diese Anwaltskanzleien immer die Maßgabe, dass sie deeskalieren. Das steht auch in allen Leitfäden drin, die man so findet. Wir finden auch immer irgendwie Verhalten im Durchsuchungsfall. Das haben auch alle Banken und Unternehmenskanzleien.

Friedlich bleiben. Genau, und da steht immer als erstes irgendwie Deeskalation. Das ist auch total sinnvoll. Das ist eigentlich ein beidseitiges Interesse, dass man da schnell durch ist. Aber an dem Tag haben sie eigentlich das Gegenteil davon betrieben. Die haben eigentlich die Banker total hochgepusht. Das ist ja auch ein bisschen

Das war dann ähnlich, so wie ich das vorhin beschrieben habe, mit dem Partner in der Wirtschaftsprüfungskanzlei. Die haben sich also tierisch aufgeregt. Die liefen dann wirklich mit hochruppem Kopf rum und waren völlig außer Rand und Band. Und das war wirklich, ist dann so eine Situation gekommen, die ich auch selber als bedrohlich empfunden habe.

Ihnen gegenüber persönlich? Körperlich bedrohlich. Körperlich bedrohlich. Also die haben mich am Arm festgehalten oder haben mich irgendwie in eine Ecke gedrängt. Und ich habe dann bei der Durchsuchung auch Polizei mit dazu genommen, die eine Schusswaffe hatten, weil mir das einfach zu gefährlich war. Also das war eine Situation, die war wirklich...

Überhaupt nicht schön. Und wir reden hier von Bankern. Wir sind hier nicht im Mafiamilieu unterwegs. Richtig. Jedenfalls nicht im klassischen Mafiamilieu. Genau, aber ich nehme an, das habe ich so nicht mitbekommen, aber ich nehme an, dass eben die Anwaltskanzlei da nicht deeskalierend und beruhigend auf die eingewirkt hat, sondern im Gegenteil, die aufgeputscht hat. Und ja, dann kam es noch zu weiteren Störaktionen. Also die haben da auch Zeugen nach Hause geschickt, obwohl die eigentlich wir vor Ort eben mit denen reden wollten, wo zum Beispiel Daten sind und Unterlagen sind und so weiter. Ja.

Und das habe ich dann zum Anlass genommen, nochmal genau die Rechtslage zu prüfen. Also vorher bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, das zu prüfen, weil alle Kollegen das immer berichtet und alle das so machen, wie das immer so ist. Man macht jahrelang das Gleiche und guckt eigentlich gar nicht ins Gesetz. Das habe ich dann aber gemacht und habe mit Verwunderung festgestellt, dass Unternehmen genauso wie natürliche, also Menschen, auch nur drei Anwälte haben dürfen. Und das fand ich dann ja erfrischend.

und habe das dann auch durchgesetzt bei der nächsten Durchsuchung. Also da rückten dann wieder diese 100 Schaften an und dann habe ich eben gesagt, nee, hier kommen nur drei Mann rein. Jetzt müssen sie sich hier entscheiden, wer von ihnen hier reinkommt und wer nicht. Haben natürlich sofort sich beschwert bei Gericht, aber das Gericht hat dann auch die Vorschriften gesehen und hat gesagt, nee, das ist richtig.

Also nur drei. Aber beschreiben Sie doch nochmal so ein bisschen so, ich sag mal, die Gegenseite. Also so auf so einer menschlichen Gefühlsebene oder auf so einer Persönlichkeitsebene. Und was für Menschen sind Sie da konfrontiert bei Banken oder eben auf der Seite der Strafverteidigung?

Bei Banken ist es schon auch sehr gemischt. Das sind ja sehr große Apparate. Und da sind jetzt schon auch unterschiedliche Charaktere da. Das sind nicht alle nur, weiß ich nicht, so Zocker oder wie auch immer. Also da gibt es einen Vorstand, der meistens ja sehr höflich auftritt. Natürlich mit einer gewissen Arroganz Beamten gegenüber ausgestattet. Aber Umgangsform beherrschen sie eigentlich schon. Wenn sie nicht vergessen, der Frau die Hand zu geben. Das ist mir auch schon ein paar Mal passiert. Bitte was? Ja, öfter haben sie nicht verabschiedet.

sofort realisiert, dass ich die Staatsanwältin war, sondern haben sich so ihrem natürlichen Umfeld entsprechend eher so an die männlichen Ermittler und so weiter gewendet und haben dann auch oft mehreren die Hand gegeben, mir aber nicht. Und erst wenn ich so einen Dienstausweis dann auf den Tisch lege, da hat sich dann das Verhalten mir gegenüber auch geändert.

Also das ist mir mehrfach passiert. Also von daher muss ich vielleicht wieder zurücknehmen, dass sie eigentlich die normalen Umgangsformen beherrschen. Denn selbst wenn ich nur Praktikantin gewesen wäre, hätte es sich ja gehört, dass man auch die Hand schüttelt. Also die normalen Macho-Umgangsformen. Ja, das Umfeld ist da sehr männlich dominiert. Mit den Kollateralschäden. Mit den Kollateralschäden, genau. Aber man hat dann zum Beispiel eine andere Struktur im Handelsbereich. Also im Handelsbereich, da sitzen sehr viele junge Männer.

Ich sage manchmal so knapp über Jungstrafrecht. Also alle so Anfang 20, die sich natürlich auch noch beweisen wollen in diesem Umfeld. Ja, wirklich...

Ja, noch jung sind, noch ungestüm und das ist auch gerade Sinn. Also ich habe so den Eindruck, dass das auch eine Strategie ist von Führungspersonen, solche jungen Menschen in diese Handelsräume zu setzen, damit die eben auch einfach Risiken eingehen und keine Angst haben. Also da hat man eine andere Täterstruktur als auf der Vorstandsebene oder in der Steuerabteilung. Also das sind dann quasi so die Äquivalente zu Motorradfahrern ohne Helm, so Easy Rider am Computer. Ja.

Ja, also das sieht man auch in der Kommunikation. Das sind natürlich auch andere Menschen, auch in einer anderen Lebensphase, als wenn man irgendwie mit Mitte 50 oder 60 im Vorstand sitzt. Also da sind schon unterschiedliche Charaktere am Start. Es ist natürlich eine sehr profitgetriebene Welt, also das eint alle, dass sie auf Profitmaximierung eben auch getrimmt sind und

dann ja auch mal andere moralische Bedenken sowieso, aber auch oft auch rechtliche Bedenken mal hinten anstellen, weil es eben vor allen Dingen darum geht und das wird ja auch gefördert in der Bank, im Karriereweg und so weiter, dass man sich eben an Profitmaximierung orientiert. Also das waren jetzt ja so mal Einblicke in Ihre Durchsuchungen, jetzt in Cum-Ex, aber auch in anderen Zusammenhängen, vielleicht auch mal so ein Strich, so erstmal so eine Zwischenbilanz unter diese Cum-Ex-Geschichten zu machen. Sie haben da jahrelang ermittelt,

Sie haben auch Gerichtsverfahren gewonnen, wenn ich das mal so sagen möchte. Also die sind rechtskräftig abgeschlossen. Leute sind für Jahre ins Gefängnis gewandert. Was ist denn jetzt im Rückblick daraus geworden? Also gibt es das noch? Sind die Lücken gestopft? Was ist so die Bilanz dieser ganzen Ermittlungen jetzt?

Also bei Cum-Ex ist es schon mal sehr erfreulich, dass uns das gelungen ist, diese Fälle vor Gericht zu bekommen, obwohl eben die Strukturen bei den Verwaltungen, bei der Justiz und auch bei der Finanzverwaltung, Polizei eben eigentlich nicht darauf ausgerichtet sind, solche Riesenfälle zu bearbeiten mit internationalen Bezügen.

Aber es ist uns ja trotzdem gelungen und das hat mich auch sehr gefreut, dass der Staat da eben nicht weggeknickt ist, sondern dass man das mal durchsetzen konnte und dass auch die Gerichte sich dieser Sache wirklich angenommen haben und auch Urteile gesprochen haben und nicht nur eins. Also da sind mehrere Urteile ja auch schon rausgekommen, sind alle rechtskräftig geworden, alle obergerichtig überprüft worden und

Nicht nur strafrechtlich, sondern auch finanzgerichtig. Auch die oberste Finanzgericht, der Bundesfinanzhof, hat sich dieser Einschätzung angeschlossen, dass Cum-Ex steuerrechtlich illegal ist. Bundesverfassungsgericht ist mehrfach angerufen worden. Alle Gerichte, die hier bemüht worden sind, und die sind ja alle bemüht worden, weil die Gegenseite große finanzielle Ressourcen verfügt, die haben sich einheitlich angeschlossen. Das ist schon mal sehr erfreulich für einen Rechtsstaat. Der hat an der Stelle zumindest schon mal funktioniert.

Man hat eben im Rahmen der Ermittlungen gesehen, dass das ein riesen Netzwerk ist. Und das haben eben auch alle Kronzeugen vor Gericht bestätigt. Die Kronzeugen waren vor allen Dingen Insider, die 10 oder 15 Jahre lang bei großen Investmentbanken, internationalen Investmentbanken in diesem Bereich gearbeitet haben. Und die haben da eigentlich sehr plastisch geschildert, dass das eine ganze Branche ist. Eine Industrie eigentlich. Eine Industrie, genau. Der eine hat gesagt, also dieser Straftatbestand, den Sie da nennen, das ist meine Stellenbeschreibung. Ja, genau. Also das war am Anfang so, dass die...

Kamen ja auch aus dem Ausland, wohnten ja nicht hier in Deutschland und waren ja, wie gesagt, auch jetzt jahrelang in dieser Blase gewesen und hatten deswegen, wie soll man sagen, Anpassungsschwierigkeiten an den Gedanken, dass sie hier wirklich strafrechtlich verfolgt werden. Und da hat uns einer tatsächlich gesagt, ja, ich verstehe gar nicht, warum ich hier bin, dafür bin ich doch eingestellt worden.

Ja, das war dann auch so. Also dafür ist er auch eingestellt worden. Und ist das heute noch möglich? Wird das noch gemacht, Cum-Ex? Ja, das wird noch gemacht. Sowohl Cum-Cum als auch Cum-Ex. In Deutschland oder international? Überall. Überall. Ja, also ich habe natürlich keinen Überblick darüber, wie das jetzt an allen Winkeln der Welt aussieht. Aber man muss sich das so vorstellen, das ist eine sehr professionelle Industrie oder Branche, die jetzt auf...

Staaten trifft, die überall wenig Ressourcen einsetzen, um ihre Steuerkassen zu schützen. Das ist eigentlich weltweit so.

Und da wischt man die Staaten sozusagen auf dem linken Fuß und deswegen ist das Entdeckungsrisiko überall sehr gering, auch in Deutschland nach wie vor sehr gering und die Anreize sind natürlich sehr hoch. Man kann ja sehr viel Geld damit verdienen, indem man einfach so mit beiden Händen in die Steuerkasse der Länder greift. Und es liegt jetzt nicht daran, dass es Gesetzeslücken gibt, wo man sich fragen kann, ist das jetzt legal oder nicht oder so, sondern es ist offensichtlich illegal, aber eben schwer zu kontrollieren und mit sehr viel Aufwand nur zu verfolgen.

Genau, also hier für Deutschland haben die Gerichte auch festgestellt, das war keine Gesetzeslücke. Das hat in der mündlichen Urteilsbegründung das oberste Strafgericht sofort gesagt. Es ist keine Gesetzeslücke, sondern es ist ein Kontrolldefizit. Man kann natürlich an verschiedenen Stellschrauben drehen. Man kann Gesetze erlassen, die es eben die ganze Sache erschweren. Das könnte man natürlich machen. Also der Staat kann sich anders aufstellen, um das Problem in den Griff zu kriegen. Aber es ist vor allen Dingen einfach ein Kontrolldefizit. Und das sieht man auch daran, dass eben in ganz Europa ...

die Gesetze oder sagen wir mal so, die Abwicklungsmechanismen, wie diese Dividenden

an die Anleger gelangen, wie das zugewiesen wird und wie dann die Steuer abgeführt ist. Die sind in allen Ländern etwas unterschiedlich. Und trotzdem findet in allen Ländern Comex statt. Das heißt, die Branche stellt sich da ganz flexibel drauf ein und kann eben auch mit verschiedenen Situationen vor Ort umgehen. Und das haben eben auch die Kronzeugen bestätigt. Sodass es eigentlich gar nichts nützt, wenn man das Abwicklungssystem hier ändert. Sondern dann stellen die sich wieder drauf ein, was man vor allen Dingen ändern muss.

muss es halt, dass man es entdeckt, das Entdeckungsrisiko hochzutreiben. Das ist nach wie vor nicht da, weil wir nach wie vor zu schwach aufgestellt sind. Das wäre nämlich jetzt auch meine Frage gewesen. Wenn man sich das mal so überlegt, wenn Menschen bei einem Ladendiebstahl erwischt werden, dann können sie sehr sicher sein, dass sie dafür auch verurteilt werden oder jedenfalls einen Strafbefehl bekommen und so weiter.

Bei Steuerhinterziehung oder eben bei solchen Tricks wie Cum-Ex sieht es ganz anders aus. Sie schätzen ja jetzt in ihrer Rolle bei Finanzwende, dass dem Fiskus in Deutschland Jahr für Jahr mindestens 100 Milliarden Euro verloren gehen durch Steuerhinterziehung. Nach Angaben des Bundesministeriums der Finanzen wurde im Jahr 2023 aber nur ein Steuerschaden von 2,5 Milliarden Euro aufgedeckt.

Also 2,5 Prozent der Schadenssumme, von der sie ausgehen. Wie kann das denn sein, dass es da so ein Missverhältnis gibt, dass der Verfolgungsdruck so extrem gering ist in dem Bereich? Denn ich muss schon sagen, ich persönlich erlebe das Finanzamt als mega kleinkariert. Also ich kann keinen Cent Umsatzsteuer mehr erstatten lassen ohne Berechnung. Ich kann natürlich auch keine gezahlte Kapitalertragssteuer geltend machen in meiner privaten Steuererklärung ohne eine Steuerbescheinigung meiner Bank. Deswegen verstehe ich das nicht so ganz. Wo ist denn da jetzt die Lücke? Wo sind die Probleme?

Ja, die Probleme liegen in den behördlichen Strukturen und in der Macht der Finanzlobby. Die behördlichen Strukturen sind darauf ausgerichtet, dass sie kleine Fälle in den Griff kriegen. Und so der einzelne Mensch mit seiner einzelnen Steuererklärung ist natürlich dann so genannter kleiner Fall.

Den bewältigen die Behörden und den durchleuchten auch die Behörden. Damit kommen sie zurecht. Aber große Fälle, die lange dauern zum Beispiel, die mit viel Gegenwind verbunden sind, darauf sind Behörden nicht eingerichtet. Das fängt schon damit an, dass sich solche großen Fälle in den Statistiken nicht abbilden.

Also die Statistiken sind von Behörden so aufgestellt, dass große Fälle darin gar keine Kategorie sind. Was heißt das? Also großer Fall ist viel Euro, kleiner Fall ist wenig Euro. Wie kann das da nicht auftauchen? Also zum Beispiel jetzt, wenn man sich nochmal Cum-Ex anschaut, dann haben die Ermittlungen Jahre gedauert. Die haben in Köln zuletzt gegen 1700 Beschuldigte ermittelt.

Man muss Auslandsermittlungen machen, die mit dem Rechtshilfeweg jahrelang dauern. Man braucht unglaublich viele Ressourcen. Wenn man eine Bank durchsucht, braucht man 100 Mann. Das Personal ist nicht da. Man hat nach den Statistiken nicht Zeit, jahrelang zu ermitteln, weil man schneller zum Abschluss kommen muss. Damit das sich in der Statistik niederschlägt? Ja, damit sich das in der Statistik niederschlägt. Also zum Beispiel diesen Aufwand für Cum-Ex-Fälle, dafür gibt es keine Kategorie in der staatsanwaltschaftlichen Statistik.

Es gibt solche Statistiken oder solche Ansätze, Pepsi nennt man das, die für bestimmte Verfahrenskategorien Minuten vorgeben, wie lange man da durchschnittlich für braucht. Und das ist in den kleinen Fällen gut abgebildet. Steuerhinterziehung, sag ich jetzt mal ein Beispiel, 500 Minuten. Aber ich meine, an diesem Verfahren haben Sie ja wahrscheinlich 100.000 Minuten gearbeitet.

Das heißt, das bildet sich einfach nicht ab. Und deswegen ist es natürlich eine Behördenleitung not amused, wenn wir in Köln 36 Staatsanwälte mal soeben an der Statistik vorbeiarbeiten. Weil sie ja diese Köpfe sozusagen ausbreiten

auch mitzählen, wenn es um Arbeitsverteilung und all sowas gibt. Also das ist ja wirklich wie in The Wire, also diese legendären Fernsehserien, wo es nur darum ging, irgendwie irgendwelche Statistiken schön zu kriegen und danach die Realität gebogen wurde. Ja, das Dumme ist, dass Statistiken das Handeln von Behörden lenken und nicht andersrum. Eigentlich müssen sich ja Statistiken an der Realität orientieren. Tatsächlich ist es andersrum. Sie schaffen Realitäten.

Wenn die Statistik so ausgerichtet ist, dass eben kleine Fälle sich abbilden, große nicht, dann lenkt das das Verhalten der Behörde. Also das Interesse fehlt daran, dicke Bretter zu bohren auf Deutsch. Genau. Ich kann das auch an einem anderen Punkt noch mal klar machen. Als ich angefangen habe, 2002 in der Justiz, was schon echt lange her ist,

Da musste man als Staatsanwalt so einen Haftdienst machen, nennt sich das. Das heißt, man musste immer ins Polizeipräsidium fahren und dann überlegen, ob man Haftbefehle für die Menschen stellte, die die Polizei nachts eingesammelt hatte und die unten in den Zellen saßen.

Das war anfänglich in so einer Millionenstadt wie Köln waren das immer so drei Fälle maximal. Manchmal auch gar keiner. Vergewaltigung oder was auch immer. So, und dann hat die Polizei ihre Statistik umgestellt und hat aus den Festnahmen aufgeklärte Fälle gemacht. Ah. Und plötzlich saßen da nachts 15 bis 20 Mann.

weil die einfach einen Anreiz hatten, möglichst viele Menschen festzunehmen, weil dann ihre Aufklärungsquoten damit angestiegen sind. In der Statistik. Natürlich hat sich in der Strafverfolgung überhaupt nichts geändert. Es gab nur mehr Leute in Urhaft möglicherweise. Oder jedenfalls in der Vorführzeit. Ja, richtig. Vor allen Dingen, wer ist denn nachts so auf der Straße? Nicht gerade die Wirtschaftskriminellen, sondern Obdachlose oder Partygänger oder so, die so ein bisschen rumrangeln. Man hatte vor allen Dingen eine Masse von Kleinstfällen. Kleinstfälle, die man im Leben,

normalerweise, wenn die nicht sowieso schon unten in der Zelle gesessen hätte, niemals einen Haftbefehl beantragt hatte. Und man konnte auch gar keinen, in Anführungsstrichen, normalen Haftbefehl beantragen. Das wäre unverhältnismäßig gewesen. Sondern man musste diese kleinere Variante nehmen fürs beschleunigte Verfahren. Dann kommen die in Haft und müssen innerhalb einer Woche abgeurteilt werden. Das heißt, als die Statistik umgestellt wurde, hatte man plötzlich eine Masse von Kleinstkriminellen in Haft. Und man musste richtig

die Strukturen ändern. Man musste nämlich erst mal Richter einstellen für das beschleunigte Verfahren, Rechtspfleger und Staatsanwälte für das beschleunigte Verfahren einstellen. Das heißt, man hat seine sowieso schon knappen Ressourcen dahin gelenkt.

Und große Fälle konnte man da nicht mal machen, weil ja so viele Ressourcen auf die Kleinen abfielen. Bleiben wir noch mal bei diesen Behörden. Sie haben gesagt, also Behörden und Finanzlobby, also Behördenstrukturen. Das eine ist klar, mehr Leute, mehr Ermittler. Wie ist das so mit Statistiken? Das ist zum Beispiel ein Aspekt, den kannte ich gar nicht. Also die Anreizstrukturen in den Behörden. Was müssten noch für behördliche Strukturen geändert werden, um mehr Steuern einzutreiben?

Erst mal braucht man in dem Bereich mehr Personal. Ich finde nicht, dass insgesamt zu wenig Personal da ist. Weil viel Ressourcen bei Behörden gehen auch mit der sogenannten Verwaltung flöten. Da kann man auch überlegen, ob man intern vielleicht mal umorganisiert. Aber jedenfalls muss man festhalten, sowohl in der Justiz als auch bei der Steuerfahndung und bei der Betriebsprüfung, also die, die erst mal in die Unternehmen gehen. Da sind überall zu wenig Stellen in diesem Bereich da. Da müsste mehr Personal hin. Zweitens.

Alle Behörden, auch gerade die Finanzverwaltung, setzen auf Personalfluktuationen, also auf eine große Rotation des Personals. Die sollen alle irgendwie was kennenlernen von der Welt, von der Behördenwelt und werden dauernd von links nach rechts verschoben. Das macht in vielen Bereichen bei der Staatsanwaltschaft zum Beispiel gar nichts aus, weil ein ausgebildeter Staatsanwalt genauso gut Mord und Totschlag bearbeiten kann wie Wohnungseinbruch, Diebstahl und Jugendkriminalität. Was der aber nicht kann, weil er es in der Ausbildung nicht lernt, ist Wirtschaftsstrafrecht.

Darauf wird man in der Ausbildung nicht vorbereitet und muss das sozusagen erst on the job lernen. Und dafür braucht man eine Zeit. Man muss sich erst Expertise erarbeiten. Also Mut zur Spezialisierung wäre bei der Personalführung aus Ihrer Sicht wichtig, jedenfalls für so komplexe Themen wie Wirtschaftskrise. Absolut. Und das wäre schon ein Game Changer. Und wird das gefördert?

Nee, da werden keine Anreize für gegeben. Deswegen rennen einem auch die Leute nicht gerade die Bude ein für solche Stellen, weder bei Gericht noch bei der Staatsanwaltschaft. Weil das der Karriere nicht dient, wenn man ständig auf einer Stelle hockt und nur Wirtschaftsschrafsachen macht, zehn Jahre. Genau. Im Moment in den Personalentwicklungskonzepten ist es negativ, wenn man zu lange irgendwo bleibt. Das gilt auch für Steuerfahnder, die mussten auch immer wechseln. Und wenn die länger bei Cum-Ex bleiben wollten, weil sie es halt gerade mal im Griff hatten, dann war das für die Karriere technisch nachteilig, also steuerlich.

Sprich, die haben schlechtere Beurteilungen bekommen, weil sie länger auf einer Stelle saßen. Okay, das ist so die Seite der Behörden. Es gibt tendenziell zu wenig Personal. Das Personal wird in der Tendenz auch nicht gut ausgebildet. Jedenfalls für so komplexe Themen. Und wenn ich das jetzt so höre, dann sehe ich da ja, wie soll ich sagen, ziemlich...

Ziemliches Machtgefälle fast schon zwischen der staatlichen Seite auf der einen Seite und der Seite der Beschuldigten. Denn die haben ja im Zweifel kein Ressourcenproblem. Ja, absolut. Vielleicht nochmal ein Schritt zurück. Was auch unbedingt dazu gehört, ist, dass Behörden unglaublich schlecht miteinander arbeiten. Was an der Behördenkultur liegt, das hat auch der Bundesrechnungshof schon öfter festgestellt, dass einfach die Behörden nicht gut Informationen austauschen, obwohl sie es eigentlich rechtlich dürfen. Die tun es einfach nicht.

sprechen nicht miteinander. Also da wurstelt jeder in der Republik sozusagen alleine vor sich hin, ohne dass eben Kräfte gebündelt werden oder man Strukturen schafft, indem man zum Beispiel auch Wissen vermittelt. Das gibt es einfach nicht in Deutschland. Also wir erfahren dann durch Zufall, dass irgendjemand anders noch an Cum-Ex arbeitet. Und sie sitzt da und sagt, let's talk. Ja, genau. Auch die Zusammenarbeit dann in den Gruppen ist unglaublich schwierig.

Also ich hatte zum Beispiel sowohl Polizei als Steuerfahndung, manchmal auch Zoll dabei und alle hatten unterschiedliche Vorgesetzte und haben gesagt, ich akzeptiere jetzt meinetwegen nicht Anweisungen vom LKA, von der Polizei. Ich bin Steuerfahnd, ich akzeptiere das nicht.

Und da fängt es schon an. Wir haben einfach gar keine Kultur, dass wir gut miteinander arbeiten und das bildet sich auch darin ab. Das ist ein Riesenproblem. Dann haben wir keine IT-Infrastruktur. Selbst wenn wir wollen, können wir keine Daten austauschen. Ich konnte noch nicht mal eine E-Mail an alle schreiben, weil die alle unterschiedliche Verschlüsselungssysteme nutzten. Ich konnte nicht eine Videokonferenz mit allen machen, weil die einen nur Skype durften, die anderen nur Teams und im dritten war das wieder alles verboten.

Also die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Gruppen ist einfach nicht möglich. Brauchen wir da sowas wie das FBI? Also müssten bestimmte komplexe Großverfahren entweder von der Länderebene auf den Bund verlagert werden oder jedenfalls, keine Ahnung, bei einer gemeinsamen Stelle der Länder konzentriert werden? Wäre das die Idee? Absolut. Es gibt solche Ansätze ja schon, dass man Schwerpunktstaatsanwaltschaften macht und auch in verschiedenen Ländern auch schon Cybercrime-Schwerpunkte macht. Das ist alles richtig.

Aber für so besonders herausragend und schwierige Felder wie zum Beispiel Cum-Ex und Cum-Cum und auch Umsatzsteuerbetrug, das ist international organisierte Kriminalität. Hier in Deutschland ist so der Schaden. Das ist keine lokal verankerte Kriminalität, was eigentlich lokal organisierte Staatsanwaltschaften bearbeiten sollen, sondern es ist international. Deswegen sollte das aus meiner Sicht auf Bundesebene gebündelt werden. Und dann könnte man da eine Expertengruppe schaffen, eine kleine schlagkräftige Truppe,

die dann eben auch Ansprechpartner wäre, zum Beispiel für ausländische Behörden und so weiter. Das hätte eine viel größere Erfolgswahrscheinlichkeit, als wenn man das so Gießkannenartig über Deutschland verteilt. Also wenn ich mal ganz ehrlich bin, sehe ich da jetzt, wie soll ich sagen, jetzt keinen überschießenden politischen Reform-Eifer an dieser Stelle. Auch der Koalitionsvertrag schweigt dazu praktisch.

Da stellt sich natürlich so ein bisschen die Frage, welche Rolle spielen da Lobbyinteressen, insbesondere die Bankenlobby, dass der Staat da auf diesem Feld, sagen wir mal bestenfalls, humpelt und einäugig unterwegs ist? Ja, wahrscheinlich spielt das eine große Rolle. Wir alle wissen das ja nicht ganz genau, weil es immer noch nicht...

Ganz klar ist, wer da so mit wem spricht. Wir haben zwar ein Lobbyregister seit drei Jahren in Deutschland, aber da sind noch nicht alle Informationen drin. Also zum Beispiel, wer sich mit wem trifft, Lobby treffen, muss man da nicht eintragen. Was man aber erkennt am Lobbyregister ist, dass die Finanzlobby, also Bankenfonds, Versicherungen und ihre Interessenverbände wie Bankenverband, dass die an der Spitze der Lobbyakteure stehen. Die haben halt die meisten Menschen im Einsatz und auch die höchsten Budgets.

Geht ja um viel Geld, das ist nicht das Problem. Ja, aber die haben zum Beispiel noch höhere Budgets und noch mehr Menschen im Einsatz als die Automobillobby oder die Chemielobby. Das hätte ich jetzt persönlich nicht gedacht und zwar drei Jahre in Folge. Wir haben einmal ausgerechnet, dass die Finanzbranche 442 Lobbyisten am Start hatten und das bedeutet ungefähr 10 für jedes Mitglied des Finanzausschusses.

Zehn Lobbyisten, die da ständig auf dem Schoß sitzen, Termine wollen und irgendwelche Paper einreichen, weiß der Himmel. Genau, und wenn man eben so große Ressourcen hat, dann kann man natürlich auch, erstmal hört man sowieso das Gras wachsen, also wenn da nur irgendwie Überlegungen sind, dann ist man sofort dran und kann so einen Prozess von vorne bis hinten begleiten. Man hat einfach die Manpower dazu, man kann sofort

Paper vorlegen und an jeder Stelle des Gesetzgebungsprozesses eben sozusagen intervenieren. Oder aber man kann natürlich auch selber Vorschläge machen. Also die Behörden, auch die Ministerien sind alle nicht so doll besetzt. Die haben alle irgendwo Personalmangel und sind alle überlastet und so weiter. Das sind ja auch schwierige rechtliche Probleme, gerade im steuerrechtlichen und finanzpolitischen Bereich. Und wenn dann jetzt jemand ankommt, der einen schon drei, vier Mal zum Mittagessen eingeladen hat und interessante Sachen zu erzählen hat und beim vierten Mal eben was auf dem Tisch legt,

Dann ist das natürlich auch verführerisch. Also das ist ja keine Theorie, das wird ja gemacht. Der Bankenverband hat ja mehrmals, gerade auch in diesen Cum-Ex-Sachen, wirklich Paragraphen aufgeschrieben, die dann auch verabschiedet wurden, die dann gesetzt geworden sind. Das ist ja keine Theorie, das hat ja stattgefunden.

Also ich spüre da bei Ihnen schon so wirklich so einen heiligen Zorn. Vielleicht können Sie noch ein bisschen was dazu sagen, was so Ihre ganz persönliche Motivation war, so im Bereich White-Collar-Crime, also Kriminalität von Schlipsträgern zu ermitteln. Warum ist Ihnen das wichtig?

Ja, ich habe gesehen, dass der Staat an der Stelle eben nicht so konsequent vorgeht wie an anderen Stellen, zum Beispiel gegen Drogenabhängige. Das war bei mir besonders prägnant, weil ich eben gerade vorher diesen Bereich als Staatsanwältin bearbeitet habe, immer an einer Gnadenstelle und dann genau in den Bereich Wirtschaftskriminalität kam und dann gesehen habe, was das für Unterschiede sind, wie der Staat da völlig unterschiedlich vorgeht. Und das fand ich immer extrem ungerecht.

Ich habe gesehen, auf welche enormen Schäden uns dadurch entstehen. Dass sie würden aber trotzdem relativ wenig Unterstützung für ihre Vorhaben kriegen. Und das ist jetzt eigentlich nicht rational schwer zu verstehen. Und da habe ich schon als Staatsanwältin immer gedacht, da muss es eben noch andere Einflüsse geben.

Und das ist aber nicht, als Staatsanwältin war das für mich nicht möglich, auf den politischen Willen einzuwirken, dass ich die Rolle einer Staatsanwältin hier bearbeite, Einzelfälle. Aber ich habe schon gesehen, dass die Strukturen eben einfach überhaupt nicht so sind in Deutschland, dass wir das angehen können und dass da eben auch eine mächtige Lobby am Start ist. Und das kann ich jetzt eben, wo ich bei der NGO Finanzwende arbeite, anders bearbeiten, das Thema. Da ist es möglich...

diese Problematik aus den Hinterzimmergesprächen rein in die Öffentlichkeit zu holen und auch diese Narrative aufzulösen, die da ja vielfach am Start sind. Nämlich wie zum Beispiel? Ja zum Beispiel, also im Steuerrecht ist alles anders. Steuerrecht kann sowieso keiner verstehen, der nicht Steuerrecht studiert hat. Die anderen mögen sich da bitte überhaupt gar keine Meinung zu anmachen. Alles super komplex, braucht ihr euch gar nicht angucken, machen wir. Ja genau.

Ja, genau. Dass das immer die Profis machen. Ja, ja. Und es gab viele Zeitungsartikel und Kolumnen und weiß ich nicht was alles, wo immer drin steht. Ja, dieser gesunde Menschenverstand, dass man sich nichts erstatten lassen darf, was nicht vorher gezahlt ist. Das ist im Steuerrecht halt alles anders. Das können halt die normalen Menschen nicht verstehen.

So hat sich jetzt zum Beispiel als komplett falsch rausgestellt. Es ist tatsächlich auch rechtlich so, dass man sich das nicht erstatten lassen darf, was vorher nicht abgeführt worden ist. Aber das ist jahrelang wirklich überall auch den Politikern suffliert worden, auch den Journalisten und so weiter. Oder zum Beispiel das Narrativ der Gesetzeslücke. Das findet sich heute noch in manchen Artikeln.

Im Sachen Cum-Ex, da war ganz lange die Geschichte, ja da ist ein bisschen umstritten, ob das jetzt illegal war, weil es gibt vielleicht eine Gesetzeslücke, ja oder nein und da sagen sie, das ist einfach Quatsch, das war Lobbyistenpropaganda. Richtig und Gesetzeslücke, da hat man sofort ein Bild im Kopf.

naja, da war der Start immer ein bisschen schwach. Also hätte er ja bessere Sätze machen können. Und wenn er schon eine Lücke lässt, dann darf ich natürlich auch nutzen, dann bin ich ja clever. Und es wurde oft so geframed als cleverer Trick und so weiter. So, das war es nicht, das war einfach kriminell. Aber das klingt natürlich viel smoother, wenn das so dargestellt wird. Und deswegen verhindert das auch, dass man da klar gegen vorgeht. Also aus meiner Sicht ...

gibt es so zwei Mechanismen, mit denen die Lobby da vor allen Dingen hantiert, wenn man es ein bisschen abstrahiert. Das ist einmal künstliche Verkomplizierung. Also das ist so kompliziert, bildet mal bloß keine Meinung dazu.

Und zweitens Verharmlosung. Das ist doch nur eine kleine Gruppe, da wird jetzt so ein Hype drum gemacht und so. Aber wir sind doch hier eine wichtige Säule der Gesellschaft, die Banken. Und das ist wichtig, dass wir hier ungestört arbeiten können und so. Ja gut, 40, 50 Milliarden, das ist ja deutlich mehr, als man so für Bürgergeld ausgibt, wenn man sich das mal überlegt. Und wir führen hier Diskussionen über die paar Nasen, die möglicherweise tatsächlich total vorbeigehen.

Ich habe noch eine Frage, einen Aspekt zu dieser Lobby-Geschichte, den ich ganz interessant fand, der mir nicht bekannt war, den ich aber durchaus bedeutsam und strukturell interessant finde, wo Sie gesagt haben, naja, es werden durch die Lobby auch bezahlt zahlreiche Publikationen, wo ich dachte, naja gut, dann lasse ich halt ihre Publikationen machen.

Aber Sie haben dieses System so beschrieben, dass dann halt Staatsanwälte und so nachgucken, hier ist so ein Sachverhalt, vielleicht strafbar, ich gucke mal nach, was so die juristische Fachliteratur hergibt. Und dann sehe ich einen Aufsatz, der sagt, klar strafbar und 50 Aufsätze, die sagen, also wisst ihr was, das ist ehrlich gesagt nichts. Welche Folgen hat das? Das schüchtert einen.

Man muss sich ja vorstellen, dass diese Menschen, die im staatlichen Apparat arbeiten, alle total unter Zeitdruck stehen und auch überlastet sind. Und wenn die sich kurz einen Eindruck davon verschaffen wollen, wie die Rechtslage ist und dann bei Juris oder Back Online, das sind so typische Online-Portale, zu denen die Behörden Zugriff haben, wenn die dann sehen, dass zu diesem Punkt, den sie da überprüfen, zum Beispiel Cum-Ex oder so, eben schon 200 Fachbeiträge bestehen, die kommen.

Alle sagen, also da seid ihr auf dem Holzweg, das ist überhaupt nicht kriminell und sonst was, das ist ganz normal, sind marktinfizient und sonst was. Und nur einer, der sagt, das ist Strafrecht, dann lässt man sich natürlich davon beeinflussen. Das ist ja nur menschlich und gerät dann eben schneller in Rückenlage. Mir ist das so aufgefallen, weil ich gerade eben nicht aus diesem Bereich komme. Ich habe kein Steuerrecht studiert oder Wirtschaft studiert.

mich mit den Themen beschäftigt. Ich war ja vorher im anderen Kriminalitätsbereich. Und wenn man jetzt vorher als Staatsanwältin schaut, was ist denn so veröffentlicht worden zu Drogenhandel oder was auch immer, dann sind das wirklich echte Fachaufsätze. Da sagt der eine so, der andere so, wie auch immer. Also so eine

ausgerogene Debatte. Und es ist auch eine überschaubare Anzahl von Veröffentlichungen. Aber wenn man dann plötzlich in den Bereich Steuerrecht geht, durch Steuerstrafrecht, dann sind da zehnmal so viele Veröffentlichungen und eben auch sehr Interessengeleitete. Und das ist mir richtig so aufgefallen, dass das in dem Bereich wirklich völlig anders aufgestellt ist, als im anderen Bereich. Und das liegt wahrscheinlich daran, dass da eben eine Lobby ist, die ganz gezielt dieses Mittel einsetzt. Ich

Sag dann gerne an der Stelle, ich habe noch keinen Drogenboss erlebt, der auf die Idee gekommen ist, einen Professor anzusprechen und sag, pass mal auf, ich zahle dir eine Summe X, wenn du mal schreibst, dass Drogenhandel total überbewertet wird. Ich habe hier auch, ich hole die Landjugend von der Straße, die gießen hier alle die Pflänzchen, das ist ja auch irgendwo nachhaltig. Ich zahle nicht mit Gold, aber das passt schon. Genau, ist eine total gute Sache und so schreibt er doch mal was zu. Und nicht nur einen, sondern fünf oder sechs anspricht, die dann eben regelmäßig was dazu veröffentlicht haben. Das habe ich noch nicht gesehen.

Das passiert aber auf der anderen Seite. Wir wissen das auch, das hat im Strafprozess auch zur Sprache gekommen, dass zum Beispiel ein hier in Deutschland verurteilter Steuerberater eben davon Gebrauch gemacht hat. Immer wieder Professoren angesprochen hat, denen auch Geld gezahlt hat, dass er eben für sein Marktmodell, denn er war ja auch in den Cum-Ex-Geschäften mit investiert, dass er eben dafür Rechtsmeinungen platziert, um

sowohl die Steuerfahndung als auch die Staatsanwaltschaft und auch die Gerichte zu beeinflussen. Also mit anderen Worten, die Manipulation der gefühlten Rechtslage durch gezielte Publikationen. Das heißt also Publikationen, die letztlich Nebelkerzen werfen als Teil zum Beispiel der Mandatsarbeit. Und deswegen wären da aus meiner Sicht auf jeden Fall Transparenzgebote wichtig. Dass man einfach weiß, wer bezahlt hier dafür. Also das müsste dabei stehen. Wenn Geld geflossen ist für so einen wissenschaftlichen Aufsatz, dann muss das irgendwie dranstehen. Wurde bezahlt

Das ist aber natürlich, wenn man ehrlich ist, in der deutschen juristischen Fachliteratur ein generelles Problem. Es gibt ja, da fassen sich immer meine naturwissenschaftlichen Freunde an den Kopf, es gibt ja auch kein Peer-Review-Verfahren. Jeder Louis und sein Freund können einfach irgendwas publizieren, wenn das der Redakteur ins Blatt nimmt, dann ist es da halt und das liest sich dann so, als wäre das jetzt große Rechtswissenschaft. Es kann aber einfach sein, dass es entweder kompletter Schwachsinn ist, weil die Leute gar keine Ahnung haben oder es kann halt sein, dass es schlicht gekauft ist.

Also letztlich so eine Art PR-Maßnahmen. Und das ist ein Riesenproblem. Niemand prüft wirklich, ob juristische Fachaufsätze in Deutschland überhaupt wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Punkt. Genau, dann machen wir jetzt hier mal. Wir haben jetzt lange über dieses Phänomen gesprochen, über die enormen

Geldschäden, die da entstehen, dass einfach Steuergeld, ich sage das mal leihenhaft, Ulf Welsig, da immer unter dem Tisch geklaut wird, weil das natürlich juristisch nicht korrekt ist, aber aus meiner Sicht ist das so. Was ist denn die gesellschaftliche Bedeutung von Strafverfolgung, gerade von Wirtschaftskriminalität? Wenn der Eindruck entsteht, dass Wirtschaftskriminalität anders behandelt wird als zum Beispiel Drogenkriminalität, dann

dann kann natürlich auch das Vertrauen in den Rechtsstaat leiden. Wenn also der Eindruck entsteht, der Staat misst hier mit zweierlei Maß, der verfolgt halt, was weiß ich, Sozialhilfebetrüger viel stärker als Steuerhinterzieher, dann ist das natürlich einfach ungerecht und da kann einfach das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen auch leiden. Und das ist natürlich etwas, was jetzt

uns gerade auch sehr beschäftigt, dass eben viele Menschen aus vielerlei Gründen, aber vielleicht auch aus solchen Aspekten heraus, das Vertrauen in den Rechtsstaat und auch in Behörden, die Institutionen verlieren. Und deswegen glaube ich, ist das ein ganz wichtiger Punkt, dass auch aus dem Gesichtspunkt heraus Wirtschaftskriminalität genauso behandelt werden muss wie andere. Ja, nun haben wir natürlich in Deutschland einen ganz interessanten Diskurs. Wenn man sich mal so die Medienlandschaft anschaut, dann geht es eigentlich um

nahezu ausschließlich um Gewaltkriminalität. Wer hat wen verprügelt oder schlimmstenfalls umgebracht? Und am allerliebsten redet man, wenn man so in die Medien schaut, über Kriminalität von Menschen, die nicht in Deutschland geboren wurden. Nehmen wir doch mal diese Opferperspektive ein. Also wozu führt denn eigentlich Wirtschaftskriminalität? Es gibt ja nicht direkt jemanden, der im Krankenhaus landet, ne?

Aber das führt dazu, dass uns allen wahnsinnig viel Geld fehlt. Also uns als Gesellschaft, uns ehrlichen Steuerzahlern fehlt dieses Geld in der Kasse. Wo ja auch der Bundesrechnungshof jetzt nochmal darauf hingewiesen hat, dass eben die Einnahmenseite schwach ausgeprägt ist. Also dieses Geld fehlt einfach im Haushalt. Es gibt eben Schätzungen, die sagen allein für Steuerhinterziehung etwa 100 Milliarden pro Jahr. Das können auch mehr sein. Keiner weiß das so genau, weil es sind Dunkelfeld-Schätzungen. Aber es ist auf jeden Fall eine echt

enorme Summe. 100 Milliarden, davon könnte man die Bundeswehr so bezahlen, wie das viele verlangen. Man wäre da bei zwei, fast drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 100 Milliarden, ja das ist mehr als wir jetzt jedes Jahr aus diesem Infrastruktur-Sondervermögen Schulden machen. Ja, das ist quasi der komplette, fast der komplette Bundeszuschuss zur Rentenkarte. Das ist substanziell Geld und

Und jährlich. Das ist ja nicht einmal, sondern das ist Jahr für Jahr. Die geschätzte Summe. Ja, und das steht dem Bund heute schon zu. Ich meine, das muss man sich mal vorstellen. Da braucht es keine Steuererhöhung. Da braucht es eigentlich nur quasi die Befolgung des geltenden Rechts. Ja, und vor allen Dingen den Einsatz dieser Leute, die man natürlich bezahlen muss. Aber so wie ich sie verstehe, würde das ja wieder sich rechnen. Also wenn man, ich meine...

ich weiß nicht, was die Oberstaatsanwälte verdienen, aber es... Naja, so 5000 netto im Monat grob, je nach Alter und so. So, Ermittler noch dazu, aber man darf wahrscheinlich annehmen, das, was die an Steuerkohle reinholen, das bezahlt ihre Löhne locker. Ja,

Ja, absolut. Solche Untersuchungen gab es auch für Steuerfahnder und auch für Betriebsprüfer, dass die sich absolut rentieren. Also die holen mehrfaches von dem rein, was sie eigentlich dem Staat kosten. Warum passiert das nicht? Ja, das kann man sich gut fragen, weil auch in letzter Zeit tatsächlich auch Betriebsprüfer überall abgebaut worden sind, auch gerade in Bayern. Abgebaut. Abgebaut. Also die Zahl ist reduziert worden. Und auch die Anzahl der Prüfungen ist reduziert worden. Also wir wissen das ja kriminologisch, dass das Entdeckungsrisiko...

Der größte Faktor ist, ob man sich für oder gegen eine kriminelle Gelegenheit entscheidet. Das Entdeckungsrisiko. Und wenn dann die staatlichen Ressourcen sogar noch immer weiter eingeschränkt werden, das heißt, das Entdeckungsrisiko wird einfach immer geringer, ist natürlich genau die falsche Entwicklung.

Und das ist aber so, also auch das moniert der Bundesrechnungshof, dass auch diese steuerlichen Prüfungen also über die letzten Jahre radikal abgenommen haben. Ja, das ist also genau die falsche Richtung. Und wird das begründet mit, ist für die Unternehmen zu viel Aufwand, zu viel Bürokratie oder wie wird das begründet? Ich glaube, das haben bisher staatliche Stellen nicht für nötig gehalten, das groß zu begründen. Die haben es einfach gemacht.

Aber da muss man doch ganz ehrlich sagen, da braucht es doch jetzt, sagen wir mal, Öffentlichkeit für dieses Problem. Denn besser hat der Staat, glaube ich, selten Geld investiert. Also die kommende Koalition freut sich im Kontext Infrastrukturinvestitionen, dass jeder staatlich investierte Euro etwa drei Euro mehr Bruttoinlandsprodukt generiere. Das ist eine Zahl, die auch valide ist, sagen Wirtschaftsexpertinnen auch. Das gilt doch hier mindestens genauso. Also jeder Euro, den ich FinanzermittlerInnen im weitesten Sinne zahle, der wird doch investiert.

x-fach wieder reingeholt. Ja, absolut. Also das ist total irrational, das nicht zu tun, weil es genauso ist, dass es auf jeden Fall die Einnahmeseite erheblich erhöhen würde und es hat eben auch Auswirkungen, ich sag mal so, auf weichere Faktoren, wie die Steuerehrlichkeit. Also wenn ein

ein Mensch einfach sieht, dass rechts und links da nicht drauf geachtet wird, dass andere Menschen ihre Steuern zahlen, dann sinkt auch die eigene Steuermoral. Und das ist bei Unternehmen auch so. Wenn Umsatzsteuerkarusselle und Schwarzarbeit, da erwirtschaftet man sich einen illegitimen Vorteil gegenüber allen anderen. Das ist sozusagen eine Wettbewerbsverzerrung. Also wenn man durch viel Schwarzarbeit die Preise drückt ...

dann ist das für andere Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer ordentlich anmelden wollen, damit die Versicherungsschutz haben. Und so ist es gar nicht möglich, auf diesem Markt zu existieren. Das heißt, es hat wirklich auch eine Sogwirkung, diese kriminellen Geschäfte. Jetzt ist es ja so, dass wahrscheinlich, denke ich, wie gesagt, könnte ich mir vorstellen, so ein Abbau von so Kontrollmechanismen auch als Bürokratieabbau geframed wird oder so verkauft wird. Jetzt arbeiten Sie ja bei einer NGO, Bürgerbewegung Finanzwende und sagen,

sehen, dieses Begriff Bürokratieabbau, der ja gerade sehr in Mode ist und sehr positiv konnotiert ist, endlich mal Bürokratieabbau, wir haben viel zu viel Bürokratie, das lähmt und bremst und wir müssen Bürokratie abbauen, diesen Begriff sehen sie skeptisch. Warum?

Ja, weil unter dieser Überschrift Dinge stattfinden, die eigentlich gar nichts mit Bürokratieabbau zu tun haben, sondern mit Abbau von Kontrollinstrumenten des Staates. Zum Beispiel ist uns unter dem Thema Bürokratieabbau präsentiert worden, eine Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege und Rechnungen, also für wichtige Geschäftsunterlagen. Für die Normalbevölkerung weckt das vielleicht ein Bild vom Schuhkarton mit Unterlagen, der endlich weg kann und man freut sich.

Das hat aber mit der wirtschaftlichen Realität überhaupt nichts zu tun, weil große Unternehmen und auch Banken ihre Unterlagen überhaupt nicht mehr in Papier aufbewahren, sondern digitalisiert sind. By the way, da steht auch so im Gesetzentwurf drin, dass sie davon ausgeben, dass der überwiegende Teil der Unternehmen und Banken gar keine Papierablage haben, sondern eine digitale Ablage. Wenn man seine Daten aber digital aufbewahrt,

dann kostet das mehr, wenn man die länger aufbewahrt. Das heißt, es gibt überhaupt keinen Nutzen für ehrliche Unternehmer, die Daten früher zu löschen. Das entlastet die auch nicht. Und da stand auch so im Gesetzentwurf drin, dass man bei digitaler Ablage mit höchstens 12 Euro pro Jahr an Einsparungspotenzial rechnete.

Also ich meine, 12 Euro bringt jetzt ein Unternehmen auch nicht in Schwung. Aber auf der anderen Seite kann das dazu führen, dass eben wichtige Beweismittel für Straftaten wie Cum-Ex und Cum-Cum vernichtet werden dürfen, obwohl noch die Steuerbehörden und auch die Ermittler ihre Arbeit tun könnten. Also die Verjährungsfristen für die Steuerbehörden, um also einen Rückforderungsbescheid zu machen und auch für die Ermittler, um noch Ermittlungen aufzunehmen, die sind viel länger.

Wenn aber vorher die Unterlagen legal vernichtet werden dürfen, dann gibt es eben auch keinen Steuerbescheid. Dann können wir nicht das Geld zurückfordern, was jemand anders gestohlen hat. Und wir können den auch nicht vor Gericht bringen. Und das ist natürlich mega ungerecht. Uns würde das ganze Geld fehlen. Und es spielt halt, wie gesagt, nur denjenigen in die Hände, die eben was zu verbergen haben, die kriminell sind. Denn die anderen haben, wie gesagt, keinen wirtschaftlichen Vorteil davon und würden wahrscheinlich sowieso ihre Unterlagen länger aufbewahren, weil ja noch das Finanzamt vorbeikommen kann.

Und dann, weil es ja besser ist, dass man jetzt nichts zu verbergen hat, man sich dann eben auch damit exkulpieren kann. Also wir haben jetzt gerade ja viel über Steuerhinterziehung gesprochen. Ein anderes großes Problem, sagen jedenfalls viele Ermittlerinnen und Ermittler, ist Geldwäsche. Also Leute verdienen Geld typischerweise mit illegalen Aktivitäten, Drogenhandel, Schutzgelderpressung, irgendwie sowas in der Richtung. Und wollen dieses Geld dann natürlich auf ihre legalen Konten bekommen, ohne dass irgendein Verdacht erweckt wird.

Damit sie dieses Geld in den normalen Wirtschaftskreislauf einspeisen können, behalten können, genießen können. Welche Rolle spielt denn tatsächlich Geldwäsche? Wie groß ist quasi so das gesellschaftliche Problem in diesem Feld? Ja, das ist auch ein Riesenproblem. Wo ein erhebliches Dunkelfeld da ist, das heißt, wir sehen nur ganz wenig davon. Also auch da gibt es Schätzungen, dass etwa 100 Milliarden pro Jahr in Deutschland gewaschen werden. Also an Verbrechenserträgen, die auf diese Art und Weise sauber gemacht werden.

Genau, das ist Geld, was aus Straftaten erwirtschaftet wurde sozusagen und was jetzt gewaschen werden soll, damit man es halt behalten darf. Damit nicht jemand noch auf einen zukommt und sagt, das setze ich gerne zurück, weil das ist jetzt aus Menschenhandel oder aus Drogenkriminalität. Wenn ich in der Woche so mal einen Kilo Koks im Park hier verticke und immer die 10.000 Euro bar einzahle oder 12.000 bei der Bank, dann kommt irgendwann jemand und sagt so mal, die sitzt...

wöchentlich 12.000 Euro bar. Wie machst du die eigentlich mit deinem komischen Geschäft? Das hast du doch jetzt nicht mit deiner Gitarre im Park erklärt. Richtig, also zeig mal Rechnung, mach mal Belege. Und da das nicht geht, braucht man irgendeinen Mechanismus, damit es halt geht. Damit man sagen kann, ja, das Geld, das habe ich. Das ist sauber. Das kann ich belegen, woher das kommt. Und wie läuft das?

Je nachdem, was es für Kriminalität gibt, gibt es da verschiedene Möglichkeiten. Man kann einmal so tun, als würde man Bargeldgeschäfte machen. Da gibt es eben diese ganze bargeldintensive Branche wie Nagelstudios und Pizzerien und ich weiß nicht was. Wie Casinos und so. Und wenn da wöchentlich mal so 1.000, 2.000, 3.000 Euro reingeschoben werden, dann fällt das in diesem ganzen Bargeldbusiness gar nicht auf.

Genau, das ist so die eine Ebene und man kann das Ganze natürlich auch eine Nummer größer machen. Man kann auch da wieder internationale Strukturen bemühen, man kann Firmenmäntel drumherum bauen, Offshore-Konten nutzen, all solche Dinge tun, die also sozusagen im Ausland sind. Und das ist dann für uns deutsche Behörden total schwierig, dahinter zu kommen, weil wir einfach...

wegen diesen langwierigen Rechtshilfeverfahren unglaublich schlecht darin sind, solche Auslandsachverhalte überhaupt zu sehen und aufzuklären. Und das heißt, einmal ist es in Deutschland ein Problem, was diese ganze bargeldintensive Gewerbe betrifft, das eben zu durchleuchten. Macht übrigens auch nicht besser, wenn man jetzt noch die Bonpflicht wieder abschaffen möchte.

Unter dem Stichwort Bürokratieabbau. Ach so, weil diese Bonks dazu führen, dass das halt auffällt, wenn man ganz viel Bargeld hat, aber dem gar keine Verkaufsgeschäfte gegenüberstehen. Ja, also man hat ja vor ein paar Jahren diese besondere Kassensysteme und eine besondere Sicherheitstechnik vorgeschrieben, damit man eben Kassen nicht mal so leicht manipulieren kann. War ein Riesenproblem.

Und auch eine Bonpflicht, damit man eben später die Bons auch mit Kassenaufzeichnungen, mit den elektronischen vergleichen konnte. Das war ein gutes Mittel, um zumindest ansatzweise dieses bargeldintensives Gewerbe ein bisschen zu durchleuchten, um genau solche Geldwäschestrukturen eben auch besser aufklären zu können. Auch da hat der Bundesrechnungshof gesagt, wird noch viel zu wenig gemacht, das Ganze. Aber es ist zumindest eine Möglichkeit, in diesem Wachstum,

mal ein bisschen Klarheit reinzubekommen. Und ja, da sitzt auch unter dem Stichwort Bürokratieabbau, hat die CDU zumindest in den Raum geworfen, dass sie die Bonpflicht wieder abschaffen will. Irgendwie mit dem Slogan, Bons braucht keiner. Aber es wird eben nicht...

nicht mitgeteilt, dass das eben Instrument ist, um zum Beispiel Geldwäschestrukturen eben auch nachverfolgen zu können, um solche Bewegungen nachverfolgen zu können. Aber es gibt eben auch den internationalen Bereich, den haben wir überhaupt noch nicht im Blick. Meine Klientel, die ich so von früher kenne, die bei den Banken arbeiten, die haben vor allen Dingen Derivatgeschäfte gemacht über die Börse und die sind völlig paperlos. Das fanden die natürlich super, weil die mal gleich 50 Millionen verschieben können. Wie funktioniert das?

Die haben alle ihre Profite, und das ist ja sowas wie Geldwäsche, haben ihre Profite in der Regel über Derivate. Derivate sind...

Ja, sowas wie Futures oder... Also bestimmte Wertpapiere, wo eben nicht mehr direkt Aktien gehandelt werden, sondern zum Beispiel Bezugsrechte Aktien später zu einem bestimmten Preis zu kaufen. Genau, man kennt das so, der Laie kennt das glaube ich so ein bisschen vom Zocken an der Börse, wenn man irgendwie aufs Wetter oder auf Getreide oder sonst was wettet. Termingeschäfte. Ja, genau. Und diese Derivate kann man nutzen und man kann die vor allen Dingen, das haben unsere Ermittlungen gezeigt, das war den Börnen vorher auch nicht klar,

Das sieht immer so nach anonymen Börsenhandel aus und man kann das bilateral absprechen. Das heißt, wir verabreden das, dass der eine dem anderen 50 Millionen zuschieben will. Dann macht man halt so ein Future-Geschäft, gibt das in die Börsensysteme ein und dann wird das über die Börse abgewickelt und sieht nach anonymen Börsenhandel aus, ist es aber gar nicht. Achso, da geht es gar nicht darum, echt einen Deal zu machen oder so, sondern da wird einfach gehandelt.

Geld von A nach B geschoben, sodass das durch dieses System durchgeht, durch dieses System legitimiert, gewaschen wird und wenn das beim Empfänger ankommt, sagt er, naja, ist halt ein Derival, ein Aktiengeschäft gewesen. Ja, der kann dann sagen, entweder, je nachdem, ob er das Geld bekommen hat oder gezahlt hat, habe ich halt mal Glück gehabt, weil es ist ja Zockerei, entweder habe ich Glück gehabt oder Pech gehabt, das würde noch nicht mal auffallen. Weil in Wirklichkeit ist es halt kein Glück, sondern manipuliert quasi oder so getrickst. Richtig und das haben unsere, mit denen wir da zu tun hatten, erzählt, dass sie das alle gemacht haben

Das muss richtig gang und gäbe sein, das haben wir gar nicht im Blick. Dazu haben wir gar keine Struktur im Moment, dass wir den Börsenhandel daraufhin untersuchen. Sie haben gerade so im Nebensatz gesagt, die CDU hat die Bonpflicht ins Visier genommen, will die eigentlich gerne abschaffen. Aber warum denn jetzt eigentlich? Ich meine, auch die CDU kann auch kein Interesse daran haben, dass Geldwäsche erleichtert wird, denn sie gibt sich doch auf der anderen Seite als tough on crime. Können Sie das irgendwie nachvollziehen?

Ja, also ich kann es mir auch nicht erklären. Das ist mal wieder nicht rational. Also müssen die wahrscheinlich wieder den Einflüsterungen der Lobby erliegen sein, dass möglichst wenig kontrolliert wird. Das heißt, es muss ja mal ein bisschen wettbewerbsfähig sein und alle Hindernisse müssen ja abgeschafft werden. Das hindert uns hier, macht uns nicht wettbewerbsfähig. Das sind so die

typischen Narrative der Branche, mit denen immer ganz viel erklärt wird und mit denen Kontrollinstrumente ausgesteuert werden sollen. Es gibt auch noch ein weiteres Beispiel, dass man die Umsatzsteuervoranmeldungspflicht für Gründer abgeschafft hat. 2019 war das schon auch unter dem Gesichtspunkt Bürokratieabbau. Es sollte leichter gemacht werden für Gründer. Kann man eben wo auch nachvollziehen. Aber das war nun ausgerechnet das Mittel, mit dem man gegen Umsatzsteuerbetrug vorgegangen ist. Weil bei Umsatzsteuerbetrug immer ganz viel neu gegründete Firmen am Markt

sind, die bleiben dann nur ein paar Monate, weil das sind die, die keine Steuern zahlen. Die sind so Kern des Geschäfts. Die sind natürlich mega auffällig, weil sie keine Steuern zahlen. So, und dann hat man früher immer geschaut, erst ein neues Unternehmen mit Riesenumsätzen und die haben ein, zwei, drei, vier Monate keine Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben. Zack, ist das Finanzamt hin.

Und hat geguckt und hat die dann quasi wieder dazu getrieben, dass sie das Ding wieder dicht machen. So heute sieht man das ja nicht mehr. Heute muss man ein Jahr abwarten, bis die Jahresumsatzsteuererklärung abgegeben wird. Das heißt, solche Missing-Trader-Firmen nennt man die, solche Tarnfirmen, die haben halt ein Jahr Zeit, ihr Unwesen zu treiben und können da enorme Schäden anrichten. Also der Absicht ist okay, man will irgendwie Startups entlasten und das ein bisschen leichter machen und weniger Bürokratie. Tatsache ist, es ist aber eine Riesenlücke, um solchen Umsatzsteuerbetrug zu machen.

Für Gründe, Riesenumsätze zu machen, rechtmäßig keine Vormeldung zu machen und nach einem Jahr macht man den Laden dicht, hat die Umsatzsteuer nicht gezahlt auf die Umsätze und ist weg. Ja, richtig. Und ich hatte selber Umsatzsteuerkarusse, die haben schon in den ersten drei Monaten 10 Millionen Steuerschäden verursacht.

Also das sind bei Umsatzsteuerkarussellen sind riesen Schäden. Also der Schaden nur für die Menschen, die jetzt nicht so tief drin sind, wenn ich das richtig verstanden habe, entsteht der Schaden dadurch, dass diese Fake-Firmen Rechnungen schreiben, wo sie Umsatzsteuer ausweisen und eine andere Firma zieht dann diese Vorsteuer, lässt sich die vom Finanzamt erstatten. Aber wenn die erste, die Fake-Firma dann selber diese Umsatzsteuer nie zahlt, dann ist quasi das Geld weg. Exakt, genau so ist das.

Genau, und die richten eben enormen Schaden an. Und das Tool, dagegen vorzugehen, waren halt genau diese Umsatzsteuervoranmeldungen, die abgeschafft worden sind. Und auch das hat der Bundesrechnungshof moniert und hat gesagt, seitdem können wir es halt nicht mehr sehen. Das ist auch so. Mhm.

Aber immerhin, wenn ich das richtig sehe, kann man Immobilien in Deutschland nicht mehr bar bezahlen. Ja, genau. Das ist auf jeden Fall eine gute Entwicklung. Weil das war ja vorher so, dass man irgendwie seine drei Millionen eingenommen hatte durch Waffenhandel, Frauenhandel, wie auch immer. Und hat gesagt, also da kaufe ich mir ein schönes Mehrfamilienhaus in Berlin. Kam mit einem dicken Koffer zum Guter. Kam mit einem dicken Koffer und dann hatte man seine Immobilie, die konnte man legal vermieten. Da schaben schöne Mieteinnahmen rein. Woher kommt das Geld? Ich habe halt ein Mehrfamilienhaus. Ist doch ganz klark. Ja.

Also Bargeschäfte sind halt natürlich ...

schwer nachzuvollziehen und deswegen eignet sich super für Geldwäsche und da auf jeden Fall Beschränkungen aufzuerlegen, zum Beispiel durch die Bonpflicht oder eben auch durch Immobilienregister und so weiter, das ist auf jeden Fall eine gute Idee. Bonpflicht ist dann auch deshalb bizarr, weil die Union das ja eingeführt hat und jetzt wieder abschaffen will, aber das ist doch ein anderes Thema. Aber kommen wir nochmal zu einem letzten Stichwort vielleicht, das waren diese berühmt-berüchtigten Steueroasen, die werden ja eben nicht nur von Kriminellen genutzt, sondern auch von total legitimen Unternehmen wie, keine Ahnung, Amazon, Apple oder so, die schieben eben auch gerne Gewinne

in Ländern, wo sie möglichst wenig Steuern bezahlen müssen. Ein Mittel dagegen sollte sein die globale Mindestbesteuerung für Unternehmen. Was analoges ist in der Diskussion für überreiche Menschen, also Multimillionäre oder gar Milliardärinnen. Auch da gibt es Überlegungen, die einer gewissen Mindestbesteuerung ihres Vermögens zu unterziehen. Was ist da aus Ihrer Sicht dran? Sind das sinnvolle Instrumente, diese globalen Steuern, diese Mindeststeuern? Und wenn das schlau ist, woran hakt es?

Ja, das ist auf jeden Fall eine gute Idee. Also einmal international eben darauf hinzuwirken, dass man sich entsprechend einigt und das so vereinbart. Aber eben auch bezogen auf Einzelpersonen ist natürlich im Moment auch eine Debatte mit der Vermögensteuer, die ist irgendwann mal ausgesetzt worden. Ob man sie wieder einführen soll, würde auch sehr viel bringen zumindest.

Und wenn man sich das Steuersystem insgesamt anschaut, dann sieht man schon, dass eben für große Vermögen der Staat da viel nachsichtiger ist und viele Ausnahmen zulässt als im Vergleich zu kleineren Vermögen. Das ist einmal im Erbschaftssteuerbereich der Fall. Da werden eben gerade Betriebsvermögen privilegiert. Die werden weniger besteuert, das heißt, wenn man...

wo man das viel zu vererben hat, dann kann man da entsprechende Steuerprivilegien nutzen. Das können eben, sagen wir mal, normale Menschen nicht, wenn sie ihr Haus vererben. Das würde dann entsprechend, müsste man Erbschaftssteuer zahlen und bei großen Vermögens ist das nicht der Fall. Es gibt auch Schlupflöcher bei den sogenannten Share Deals, wenn man normalerweise einen

muss man Grunderwerbsteuer zahlen. Aber wenn man das Ganze in einen Firmenmantel packt und ein Häuserkomplex verkauft, dann gibt es da dieses Steuerschlupfloch, dass man legal diese Grunderwerbsteuer spart. Das heißt, wir haben viele Effekte im Moment im Steuerrecht, die Ausnahmen zulassen für besonders vermögende Menschen, Personen, Unternehmen. Und das ist auf der anderen Seite, auf der unteren Einkommenshälfte, ist das nicht der Fall. Und das ist natürlich ungerecht.

Und irgendwie auch rational nicht so ganz so verstehen, weil natürlich stärkere Schultern eigentlich auch mehr tragen können. Und jetzt mal so mit dem Hut von Finanzwende. Was ist Ihr eines großes Ziel? Sie haben ja eine ganze Menge auf dem Zettel als Organisation, aber so ganz persönlich. Was ist so das eine Thema, wo Sie sagen, da muss sich einfach was ändern? Dafür kämpfen Sie ganz persönlich. Ja, also das Oberbürgermeister.

Das Oberthema, was eigentlich alle Themen verbindet, ist, dass wir ein Gegengewicht zur Finanzlobby sein wollen. Und in all diesen Themenbereichen, die wir bearbeiten bei Finanzwende, wir haben Finanzstabilitätsthemen, dass es nicht mehr too big to fail gibt und so weiter. Wir haben Verbraucherschutzthemen, wir haben Nachhaltigkeitsthemen, Greenwashing und so weiter. Und wir haben auch Finanzkriminalitätsthemen. In all diesen Themen verbindet

sehen wir eben das Problem, dass die Finanzlobby durch Hinterzimmergespräche und so weiter sehr gut darin ist, ihre Interessen durchzusetzen und dass das öffentliche Interesse dabei oft zu kurz kommt. Und das ist eigentlich unser Ziel, dass diese Debatten eben in der Öffentlichkeit stattfinden und auch Narrative aufgelöst werden, sodass sich die Allgemeinheit auch dazu positionieren kann und nicht auch mit

diesen Fehlern unterliegt, dass man den Narrativen glaubt. Und wenn diese Problemlagen in Öffentlichkeit diskutiert werden, bekannt werden, dann kann man sich natürlich auch dagegen wehren. Dann können sich auch Menschen, die unzufrieden damit sind, die all diese Effekte wahrnehmen und das auch als

Ungerechtigkeiten irgendwo wahrnehmen, wenn es vielleicht auch die Ursachen nicht richtig zuordnen können, dann kann man sich auch eine Meinung bilden und sich auch dagegen positionieren. Zum Beispiel, indem man Petitionen unterschreibt oder auf seinen Wahlkreisabgeordneten mal drauf anspricht. Oder auch entsprechend wählt. Gelegentlich ist ja mal Bundestagswahl. Oder gelegentlich ist auch Landtagswahl, denn die Länder entscheiden ja maßgeblich darüber, wie viele Steuerfahnderinnen eingesetzt werden zum Beispiel. Oder wie viele engagierte Staatsanwältinnen wie früher Anne Brohecker.

Frau Borke, ganz herzlichen Dank. Das war Anne Borchilka, 22 Jahre Ermittlerin bei Staatsanwaltschaften, zuletzt als Oberstaatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft in Köln. Geschichte geschrieben mit den Cum-Ex-Ermittlungen und jetzt Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende. Ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit, die Informationen und Ihren Besuch hier bei uns in der Lage der Nation. Toll, dass Sie da waren. Danke Ihnen.

Das war die Lage der Nation in dieser Woche. Sehr ausführlich, wie gewohnt. Ausgabe 428. Wir hoffen, es hat euch gefallen. Wir hoffen, ihr habt was vielleicht gelernt darüber, wie es so zugeht, wenn in Deutschland Schlipse getragen werden und große, schwere Uhren. Natürlich sind das nicht alle.

ist illegal, aber es gibt eben schwarze Schafe und dass es davon hoffentlich bald weniger gibt. Dafür engagiert sich Frau Brohecker. Toll, dass ihr zugehört habt und wir wünschen euch noch eine schöne Osterwoche. Und dann hören wir uns, wenn ihr mögt, nächste Woche wieder mit den Themen der Woche. Alles Gute und bis dahin, bleibt gesund. Tschüss.