Sie hören heute die zweite Folge der Sendereihe aus dem Leben David Copperfields. Nach dem Roman von Charles Dickens für den Rundfunk geschrieben von Otto Bielen. Zur Zeit, als ich zur Schule kam, gab es noch keine öffentlichen Schulen. Das Schulwesen war nicht geregelt. Niemand war gezwungen, lesen und schreiben zu lernen und seine Kinder zur Schule zu schicken. Es gab nur Privatschulen, gute und schlechte.
Die Schule, in die ich kam, hieß Salem House und lag auf dem Lande, ein Dutzend Meilen von London entfernt. Sie gehörte einem Mr. Kriegel, der früher Hopfenhändler gewesen war und das Schullehrergeschäft angefangen hatte, als er in Hopfen bankrott machte. Von allen Schulen galt Salem House als die schlechteste und von allen Schulhaltern Mr. Kriegel als der schlimmste. Ich erinnere mich noch, wie mich der Schuldiener, ein Mann mit einem hölzernen Bein,
Mr. Kriegel vorführte. So, so. Das ist also der neue Schüler David Copperfield. Jawohl, Mr. Kriegel. Schuldiener, drehe ihn einmal um. Umdrehen. Jawohl, Sir. Was hat er da auf dem Rücken, Schuldiener? Er hat eine Papptafel umgebunden. Mit der Aufschrift, nehmt euch in Acht, er beißt. Mit Anordnung, dass Copperfield die Papptafel immer an sich zu tragen hat. Gut. Gut.
Was hat er vor dem Knaben zu melden? Es ist nichts von ihm zu melden. Es ist noch keine Gelegenheit gewesen, Mr. Kriegel. Drehe ihn wieder um. Umdrehen! Jawohl, Sir. Du bist also der Knabe, der seinen Vater gebissen hat und dem die Zähne gestutzt werden müssen? Komm einmal her, Kapperviert. Noch näher. Ganz nah. Jawohl, Sir. Ich habe das Vergnügen, deinen Stiefvater, Mr. Mörzen, zu kennen. Ich kenne ihn und er kennt mich.
Er ist ein würdiger Mann von starkem Charakter. Er hat mir geschrieben, dass du ein schlechter Junge bist. Weißt du, was ich mit solchen Jungen tue? Ich nehme sie bei den Ohren. So und so. Du sollst mich kennenlernen. Weißt du, was ich bin? Ich bin ein Tyrann. Ich bin ein energischer Charakter. Das bin ich. Wenn ich sage, ich will etwas tun, dann tue ich es.
Und wenn ich sage, es soll etwas geschehen, dann muss es auch geschehen. Verstanden? Jawohl, Sir. Bei mir fängt ein neues Semester an, nämlich in Acht in diesem neuen Semester. Sei bei der Hand mit deinen Lektionen, denn ich werde bei der Hand sein an deinen Ohren. Es nützt dir nichts, wenn du sie reibst. Schuldiener, er wird es nicht wegreiben. Jawohl, er wird es nicht wegreiben. Hast du gehört?
Kaperfier? Ja, so. Nun hast du angefangen, mich kennenzulernen. Schuldiener, führen wieder fort. Jawohl, Sir. Vorwärts! Der Schlafsaal, ein großer, weiß getünchter Raum mit 45 Bettstellen, grenzte an den Spielplatz, einen kahlen, mit Sand bestreuten Hof vor den Fenstern der Küche und Gesindestube. Dort war eine alte Tür, in die die Schulknaben ihren Namen hineingeschnitten hatten.
Sie war fast ganz bedeckt von solchen Inschriften. Da war ein Knabe, ein gewisser James Steerforth, der, wie ich mir vorstellte, die Schrift auf meiner Papptafel mit sehr lauter Stimme lesen und mich bei den Haaren zupfen würde. Dann war da ein anderer Knabe, Tommy Treadles, von dem ich fürchtete, er werde mit mir Spaß treiben und sich stellen, als ob er vor mir entsetzlich Angst hätte.
Und ich dachte, alle Knaben würden, jeder in seiner Weise, die Papptafel auf meinem Rücken lesen und ausrufen, »Nehmt euch in Acht vor ihm, er beißt!« Dann wurde mir mein Bett zugewiesen. »Das ist der Schlagsaal. Dort ist dein Bett.« »Das hier?« »Ja. Pack deinen Koffer aus. Deine Kleider kommen in diesen Schrank. Du hast ihn mit Trel zusammen.«
Ist das alles, was du mit hast? Man hat mir nicht mehr mitgegeben. Auf dem Zettel am Schrank schreibst du deinen Namen, unter dem von Treadles. Du schreibst dich K-P-Field mit zwei P. Ja, K-P-Field. David K-P-Field. Du bist Steerforce? James Steerforce, Kleiner. Wie alt bist du? Zehn. Ich bin zwölf. Ich bin der Älteste im Schlafsaal. Nach mir kommt Treadles...
Das ist der mit den borstigen Haaren. Vielleicht hast du schon gesehen. Ist Treadles nett? Ja, es geht. Treadles kriegt zwar die meisten Schläge, Kriegel kann ihn nicht leiden. Und es gibt hier mehr Prügel wie Suppe. Aber Treadles hat Haltung. Bevor seine Augen trocken sind, lacht er schon wieder. Deine Papptafel kannst du im Schlafsaal herunter tun. Ich wollte, ich wäre nicht hier. Ach was, komm, ich mach dir das Ding ab.
Du hast deinen Vater gebissen? Nicht meinen Vater, sondern meinen Stiefvater. Er hat mich geschlagen. Du bist nicht feige. Das ist gut. Dabei siehst du wie ein Blümchen aus. Schüchtern wie ein Mädchen. Hast du Angst vor Mr. Kriegel? Du nicht? Kriegel? Rührt mich nicht an. Meine Mutter ist Lady Steerforth. Wie viel Geld hast du mit Blümchen? Ich habe sieben Schilling. Es ist besser, du gibst sie mir zum Aufheben.
Hier. Willst du davon heute etwas ausgeben? Jeder Neue gibt einen aus. Dann tue ich es natürlich auch. Vielleicht ein paar Schillinge für Johannisbeerwein? Und einen für Mandelkuchen? Ja. Und einen für Biskuit? Wenn du meinst. Großartig. Ich werde dich unter meinen Schutz nehmen. Ich kann ausgehen, wenn ich will. Ich werde alles hereinschmuggeln. An jenem Abend saßen wir im Schlafsaal beisammen.
Stierfors saß auf meinem Kopfkissen, die anderen hatten sich auf den Betten und dem Fußboden um uns gruppiert. Und Stierfors schenkte den Johannesbeerwein in einem dünnen Glase aus, das ihm gehörte. Das Mondlicht schien in den Schlafsaal und malte ein blasses Fenster auf den Fußboden, und alle sprachen halblaut und flüsterten.
Es war eine arme Gesellschaft von Schülern, unter denen ich mich im Salemhaus befand. Wie demütig wir, die kleinen Zitterer, auf unseren Schulbänken saßen, wenn Mr. Kriegel das Lineal auf das Rechenbuch legte und sein Opfer betrachtete, das eben etwas mit dem Lineal von ihm auf die Hand bekommen hatte und nun die Schwielen mit dem Taschentuch rieb.
Ein anderer Schüler, der seine Sache schlecht gemacht hat, stammelt Entschuldigungen. Mr. Kriegel hört sie mit einer Grimasse an und macht einen schlechten Witz, ehe er das Lineal unbarmherzig auf die Hand des kleinen Jungen sausen lässt. Und wir lachen pflichtschuldig über seinen Witz. Wir elenden, erbärmlichen kleinen Kerle lachen mit Gesichtern, die so weiß sind wie Kalk.
und mit Herzen, die uns in die Hosen gefallen sind. Ich freundete mich mit Treadles an und mit Steerforce, auf dessen Freundschaft ich geradezu stolz war. Steerforce war klug, der beste Schüler von allen. Ich schrieb meiner Mutter von Steerforce, ich schrieb Pigotti über Steerforce und ich erzählte der kleinen Emily in meinen Briefen von Steerforce, dessen Mutter eine Lady Steerforce und sehr reich war.
Eines Tages erhielt ich Besuch, denn Pigotti und Hamm waren aus Jarmes gekommen. Als ich in das Besuchszimmer kam, standen beide in ihren derben Fischerkleidern hinter der Tür. Ja, das ist nett, dass ihr da seid.
Wir stehen eine halbe Stunde rum und da kommen Sie herein, Master Davy. Ich sage geradezu Hamm, hoffentlich geht es ihm gut und er ist munter. Und wie Master Davy gewachsen ist. Ja, das ist er. Gewachsen ist er. Wirklich? Bin ich gewachsen, Hamm? Und wie? Und wie geht es? Ist sie gesund? Gut, ich glaube gut, Master Davy. Wir haben sie zwar nicht gesehen, Hamm und ich. Und wie geht es, P.
Gesund wie ein Fisch, Master Davy. Und die kleine Emmel mit? Alle gesund wie ein Fisch, nicht wahr? Gesund wie ein Fisch, Master Davy. Jawohl. Wie seid ihr denn hergekommen? Sehen Sie, wir haben uns die Freiheit genommen, Sie zu besuchen.
Wir sind mit gutem Wind und bei Flut mit einem unserer Jarmesboote nach Grevesend gekommen. Ja. Und meine Schwester hat mir den Namen von dem Ort hier geschrieben. Und wenn ich nach Grevesend komme, soll ich mich nach Master Davy erkundigen, sagt sie. Und von der Familie sagen, dass sie alle gesund sind wie Fische. Die kleine Emily soll ja dann schreiben, dass wir sie besucht haben und dass sie auch gesund sind wie ein Fisch.
Nicht wahr? So ist es, Master Davy. Und so sind wir hier. Und wie geht es, Emily? Denkt sie noch an mich? Ja, Master Davy. Und sie wächst in die Höhe. Sie ist schon fast aus den Kinderschuhen heraus. Fragen Sie nur den da. Es ist so, Master Davy.
Emily ist sehr hübsch geworden. Und ich soll Ihnen sagen, sie lernt lesen und schreiben. Sie hat schon eine Schrift. Schwarz wie ein Moor. Und dann, Master Davy, haben wir uns erlaubt, Ihnen was mitzubringen. Gib den Korb her. Ja.
Hummern und Sehkrebse? Lass sehen, Ham! Wir wissen, Sie haben gern was Feines, Master Diggi. Und da dachten wir... Und Kuchen! Und Johannisbeermalen! Und Obst! Sind das Kuchen, die Pigotti gebacken hat? Ja, sie hat sie uns mitgegeben. Es kommt jemand, Master Diggi.
Oh, ich wusste nicht, dass du hier bist, Blümchen. Aber ich will nicht stören. Geh nicht fort, Steerforth. Hier sind zwei Schiffer aus Jarmus. Dan Pigotti und Ham, meine guten Freunde. Ich habe dir schon von ihnen erzählt. Sie sind von Grevesend gekommen. Das ist Dan Pigotti und hier ist Ham. Und das ist James Steerforth, von dem ich euch schon geschrieben habe. Freut mich, Sie zu sehen, Mr. Pigotti. Freut mich, Ham. Sehr, da freut's, ja.
Sehr erfreut, Mr. Stierfors. Sie haben Hummern und Seekrebse mitgebracht, Stierfors. Und Kuchen und Johannisbeerwein. Sie müssen auch Mama zu Hause sagen, Onkel Dan, dass Stierfors hier sehr gut zu mir ist. Ach, Unsinn, Blümchen. So etwas sollen Sie zu Hause nicht sagen, Mr. Pigotti. Master Davy hat uns von Ihnen geschrieben, Sir. Und er hat viel geschrieben und sehr gut geschrieben.
Wenn Stierfors einmal mit mir nach James kommt, bringe ich ihn mit und zeige ihm euer Haus. Du hast noch nur ein Haus gesehen, Stierfors. Es ist aus einem Boot gemacht. Blümchen, das ist ganz gewiss das richtige Haus für einen so tüchtigen Fischer wie Mr. Pigotti. Nicht wahr, Hamm? Sie haben recht, Sir. Ein tüchtiger Schiffer und Fischer. Ja, das ist der weiße Himmel. Nun, Hamm, schon gut. Dankeschön. Ich tue, was ich kann in meinem Gewerbe.
An meinem Haus ist nicht viel zu sehen, Sir. Aber wenn Sie einmal mit Master Davy kommen, sollen Sie gern bei uns zu Hause sein wie er. Aber ich bin eine wahre Schnecke. Wir sollten schon längst auf dem Weg zurück sein. Wir müssen gehen, Master Davy. Aber nein! Es muss wirklich sein! Ich glaube, wir waren im Salem-Haus allesamt so unwissende Schüler, wie es nur in einer Schule geben kann, in der die Schüler zu viel Angst haben.
Aber ich war fleißig und die Air Force half mir ab und zu. Und so las ich im Salem-Haus wenigstens einige Brocken von Kenntnissen auf. Es war an einem Geburtstag, nach dem Frühstück. Und wir waren alle auf dem Spielplatz, als ich zu Mr. Kriegel gerufen wurde. Der Schüler David Caterfield ist da, Mr. Kriegel. Soll er reinkommen? Guten Tag, Sir. Setz dich, Caterfield. Bitte? Du sollst dich setzen. Ich habe mit dir zu reden.
Jawohl, Sir. Sir, ich wüsste nicht, dass ich irgendetwas verabsäumt hätte. Langsam, langsam. Schuldiner, er kann gehen. Jawohl, Sir. Ich habe etwas Besonderes mit dir zu reden, Copperfield. Ich habe dir etwas mitzuteilen. Es ist Post gekommen, ein Brief. Für mich, Sir? Der Brief ist an mich gerichtet, aber er betrifft... Jawohl, Sir. Du bist jung, Copperfield.
Und du bist noch zu jung, um zu wissen, dass die Welt sich jeden Tag ändert und die Menschen vergehen. Sie kommen und vergehen, Copperfield. Aber wir müssen es alle lernen. Jawohl, Sir. Manche lernen und erfahren es in ihrer Jugend, manche in ihrem Alter. Copperfield, war deine Mutter, als du sie zuletzt gesehen hast, ich meine, war sie wohl auf? War sie gesund? Ob meine Mutter gesund war, Sir?
Aber warum... Ich frage dich das, weil ich dir zu meinem Bedauern sagen muss, dass, wie ich den Brief hier entnehme, deine Mutter krank ist. Meine Mutter ist krank, Sir? Sie ist sehr krank, Copperfield. Sie ist... Sie ist? Ja, sie ist tot. Sie ist gestern... Ich verließ Salem House am nächsten Nachmittag. Ich hatte keine Ahnung, dass ich nicht zurückkehren sollte.
Wir fuhren die ganze Nacht hindurch sehr langsam und kamen am nächsten Vormittag nach Hause. Wenn das Leichenbegräbnis gestern gewesen wäre, könnte ich mich dessen nicht besser erinnern. Das Leichengefolge besteht aus Mr. Mörzden, seiner Schwester und mir. Wir stehen in einem Kreis um das Grab. Der Tag scheint mir anders zu sein als jeder andere Tag und das Licht nicht von der gleichen Farbe, sondern trüber.
Jetzt herrscht eine feierliche Stille, und wir stehen stumm um den Sarg herum, in dem im Stau beruht, was wir aus dem Hause gebracht haben. Und während wir entblößten Hauptes dastehen, höre ich die Stimme des Geistlichen, die hier im Freien so fern und doch so deutlich und klar klingt, sagen: »Ich bin die Auferstehung und das Leben«, spricht der Herr. Dann höre ich Leute schluchzen.
Nun ist die Trauerfeier vorüber. Das Grab ist zugeschüttet und wir wenden uns wieder heimwärts. Vor uns steht unser Haus, so schmuck und unverändert, so fest verknüpft in meiner Seele mit dem Jugendbild meiner Mutter, die nicht mehr ist, dass mein Schmerz nichts ist gegen den, den ich jetzt fühle. Aber dann führt man mich fort. Alles das kommt mir vor, als wäre es gestern geschehen.
Ich weiß, meine Mutter starb aus Kummer. Was dann kam? Pigotti wurde gekündigt und ging zu ihrem Bruder nach Jarmes. Und ich war wieder zu Hause. Aber nicht lange. Ich hab's mir überlegt, David. Du sitzt hier nur unnütz im Haus herum. Du tust nichts. Du bist in deinem Zimmer und nichts kümmert dich. Ist das nicht so? Ja, Mr. Mörsten.
Ich habe zu meinem Leidwesen bemerkt, dass die Schule deine Gemütsart und deinen verstockten Charakter nicht gebessert hat. Wir müssen uns bemühen, dich anders zu machen. Mr. Mörsten, ich habe... Schweig! Du weißt, dass ich nicht reich bin, David. Du hast eine Erziehung erhalten. Erziehung ist eine teure Sache. Und selbst wenn das nicht der Fall wäre, halte ich es nicht für vorteilhaft für dich, weiter in einer Schule zu sein. Je eher du mit dem wirklichen Leben anfängst, umso besser.
Hörst du, David? Ja, Mr. Mertzen. Du hast von unserem Kontor in London gehört? Kontor, Mr. Mertzen? Von Mertzen und Grimby, Weinhandel, Handel und Export. Mr. Quinion führt das Geschäft. Ich habe mit ihm gesprochen. Er meint, dass er noch einige Knaben beschäftigen kann. Ich sehe gar keinen Grund, warum er dich nicht auch unter denselben Bedingungen beschäftigen sollte. Da du keine anderen Aussichten hast, David.
Du wirst so viel verdienen, um Essen, Trinken und Taschengeld zu haben. Deine Wohnung, die ich besorgen werde, bezahle ich. Auch deine Wäsche. Du gehst nach London, um dein Leben selbstständig zu beginnen. Jeder muss anfangen. Es ist deine eigene Sache, weiterzukommen. Du bist versorgt und wirst deine Pflicht tun. Hast du gehört? Ja, Mr. Murdston.
Mörsten und Grimby's Weingeschäft lag an der Themse, in einem alten Haus, grau von hundertjährigem Rauch und Schmutz, mit einer Laderampe zum Fluss, die während der Flut unter Wasser und bei Ebbe im Schlamm stand. Die halb verfaulten Fußböden und Holztreppen, das Quieken und Jagen der alten grauen Ratten in den Kellern, der Schmutz und das Verfallene des ganzen Ortes sind mir noch jetzt deutlich vor Augen.
In diesem Haus stehe ich eines Morgens im Kontor von Mr. Quinion, allein, zehn Jahre alt, alles, was ich habe, in einem kleinen Koffer. Das Kontor Mr. Quinions war ein getäfelter Raum mit einer Glaswand. Wenn Mr. Quinion den Kopf hob und über sein Pult schielte, konnte er in einen Kellerraum hinuntersehen, in dem ein paar Knaben an großen Bottichen beschäftigt waren, Flaschen zu waschen.
Du kannst deinen Koffer einstweilen hier stehen lassen, Kapperfeld. Danke, Mr. Queenian. Arbeitszeit von morgens sieben bis abends acht Uhr. Eine Stunde Mittag, eine halbe Stunde Nachmittag. Gewiss, Mr. Queenian. Ich kann gleich anfangen, wenn Sie es wünschen. Das hier ist das Kontor? Ja.
»Und womit soll ich anfangen, Mr. Queenian?« »Du meinst deine Arbeit?« »Ich war in der Schule nicht so schlecht, Mr. Queenian. Ich schreibe ordentlich und rechne ganz gut. Ich will mich auch zusammenreißen.« »Es ist so, Kaperfeld. Ich habe von Mr. Mötzen Order. Er hat mit mir alles besprochen.«
Hat er dir nichts gesagt? Nein, Sir, er hat mir nichts weiter gesagt. Man muss bei uns dort anfangen, wo gerade zu tun ist, Coverfield. Ich weiß, dass ich noch wenig kann, Mr. Quinion. In der Schule habe ich außerdem nun etwas Latein gelernt und... Augenblick. Jim! Hey, Jim! Ja, Mr. Quinion? Komm herauf, der Neue ist da. Ja, Mr. Quinion. Jim ist einer unserer Knaben, so alt wie du.
Vielleicht etwas älter. Jim? Ja, Jim. Und was soll ich, Mr. Quinion? Ich wollte, Mr. Merz, du hättest dir selber gesagt. Hör zu. Unser Hauptgeschäft besteht darin...
dass wir gewisse Paketschiffe mit Wein und Brandwein versorgen. Paketschiffe mit Wein und Brandwein? Ja, die Kisten mit den Flaschen kommen an der Laderampe an Bord und die alten Flaschen werden ausgeladen. Das ergibt sich so. Flaschen sind teuer. Sie werden bei uns gereinigt, mit Zetteln beklebt, dann wieder gefüllt und verkorkt. Ja, komm herein, Jim.
Das ist David Kapperfeld. Sehr erfreut, Mr. Kapperfeld. Guten Tag, Jim. Jim ist schon zwei Jahre bei uns. Oder drei? Zweieinhalb, Mr. Quinion. Master Kapperfeld will gleich an die Sache herangehen. Du kannst ihn mitnehmen und ihm seine Arbeit zeigen. Jawohl, Mr. Quinion. Jim war ein Jahr älter als ich und trug ständig zerrissene Schürzen und eine Mütze aus Papier. Sein Vater war Bootsmann.
Mehlkartoffel, ein zweiter Junge, der wie wir beim Flaschenwaschen beschäftigt war, war zwei Jahre jünger als ich. Er hieß eigentlich nicht Mehlkartoffel, man rief ihn nur so, weil er so blass war. Sein Vater war tagsüber Themse-Schiffer und abends Feuerwehrmann in einem Vergnügungslokal, wo die kleinen Schwestern Mehlkartoffels in Pantomimen als Kobalde mitwirkten. Auch bei Jim zu Hause verdienten alle Kinder schon Geld. Keines ging je zur Schule.
Den ganzen Vormittag stand ich nun bei Mörzen und Grimby in den Kellern an den Bottichen und sortierte Flaschen. Sie waren klebrig und schmutzig und gingen gurgelnd im Wasser der Bottiche unter. Mir war Elend zumute. So oft Jim von meinem Bottich wegging, vermischte ich einige meiner Tränen mit dem schmutzigen Wasser, indem ich Flasche um Flasche versinken ließ, um sie im nächsten Bottich auszuspülen.
Die Kontoruhr schlug halb eins und alles machte sich zum Mittagessen bereit, als Mr. Quinion an das Fenster klopfte und mich in das Kontor rief. Ich fand dort neben Mr. Quinion einen großen beleibten Mann mit kahlem Kopf und einem breiten Gesicht. Seine Kleider waren schäbig, aber er trug einen ungeheuren weißen Hemdkragen und vor seiner Brust baumelte ein L'Oignon. »Komm nur herein, Kapperfield. Hier ist er.« »Was, der Kapperfield?«
sehr erfreut ich hoffe sie fühlen sich wohl, Sir danke, gewiss, Sir Copperfield, das ist Mr. McCorber das ist mein Name sehr erfreut, Mr. McCorber
Ich habe einen Brief von Mr. Mörsten empfangen, in dem er mich ersucht, in einem Zimmer der nach hinten gelegenen Partie meines Hauses, das jetzt unvermietet ist und als Schlafstube vermietet werden soll, den jugendlichen Anfänger von Mörsten und Grimby aufzunehmen, den ich jetzt das Vergnügen habe zu... Also darum bin ich gekommen, Master Copperfield. Mr. Micawber ist Mr. Mörsten bekannt. Mr. Micawber ist bei uns Vertreter. Ähm...
Das heißt, er sammelt Aufträge für uns, wenn er welche bekommt. Mr. Mertzen hat wegen deiner Wohnung geschrieben. Mr. MacGyver wird dich zu sich nehmen. Meine Adresse ist Winsteterrasse City Road.
Ich... Kurz, ich wohne dort. Ich bin Ihnen sehr dankbar, Mr. Micawber. Ich hoffe, ich werde mich bei Ihnen sehr wohlfühlen. Sicher. Wir bieten Ihnen ein hübsches Zimmer und wenn Sie uns das Vergnügen schenken wollen, kurz erst steht Ihnen auch Familienanschluss zur Verfügung. Und wann, Mr. Micawber, kann ich mein Zimmer bei Ihnen beziehen? Ja, allerdings...
In der Voraussetzung, dass Ihre Wanderungen in unserer Hauptstadt bisher nicht sehr ausgedient gewesen sein können und dass es Ihnen schwer werden dürfte, unsere City Road auf das erste Mal zu finden, kurz da Sie den Weg nicht kennen und sich in unserem Babylon verlaufen könnten, werde ich so frei sein, kurz und gut, ich werde Sie heute Abend hier abholen.
Wann, Mr. Quinion, soll ich... Gegen acht Uhr, Mr. Micawber. Gegen acht, sehr schön. Ich will nicht länger stören und erlaube mir, mich zu empfehlen, Mr. Quinion. Auf Wiedersehen, Master Copperfield. Besten Dank, Mr. Micawber. Um acht Uhr abends, nicht früher. So war ich als Gehilfe bei Mörzen und Grimby mit einem Wochenlohn von, glaube ich, sechs Schillingen aufgenommen. Ich weiß nicht mehr genau, ob es sechs oder sieben Schillinge waren...
Aber ich vermute, dass ich erst sechs und später sieben erhielt. Mr. Quinion bezahlte mir eine Woche im Voraus, aus seiner Tasche, glaube ich, und ich gab da von Jim einen halben Schilling, damit er abends meinen Koffer nach der Winzerterrasse bringe. Denn so klein mein Koffer war, war er doch für meine Kraft zu schwer. Abends zur bestimmten Stunde stellte sich Mr. McCorber ein.
Ich hatte mir, um seiner Vornehmheit größere Ehre zu erweisen, Gesicht und Hände sauber gewaschen, und wir gingen zusammen nach unserer Wohnung. Unterwegs machte mich Mr. Micorba auf die Namen der Straßen und das Aussehen der Eckhäuser aufmerksam, damit ich am anderen Morgen den Weg wiederfinden könnte. Er war freundlich und gefällig und behandelte mich mit einer gewissen vornehmen Zurückhaltung, die mir sehr gefiel. Dann standen wir vor seinem Haus.
Das heißt, vor dem Hause, in dem er wohnte, denn es gehörte keineswegs ihm. Er hatte es nur gemietet und, wie ich später erfuhr, war Mr. Micorba die Miete schon lange schuldig geblieben. Die Winzerterrasse war eine ziemlich schäbige Straße, die mit ihrem vornehmen Namen in keinem Einklang stand. Und wie die Straße war auch das Haus.
Die Haustür war halb bedeckt von einem großen Messingschild mit der Aufschrift »Mrs. McCorber's Pension für junge Damen«. Aber nur im ersten Stockwerk des Hauses waren zwei Zimmer matt erleuchtet. Im Vorübergehen sah ich, dass das Parterre gar nicht möbliert und die Vorhänge heruntergelassen waren, um die Nachbarn zu täuschen. In der Wohnung empfing uns Kleinkindergeschrei.
Beten Sie ein, Master Cabbyfields. Hier sind wir zu Hause. Danke, Mr. Micorber. Emma, wir haben Besuch, Emma. Lass doch die Kinder. Liebchen, ihr seid doch still. Ich habe doch nur gerade die Wäsche der Kinder gemacht. Liebe Emma.
Darf ich dir unseren jungen Freund Master Copperfield vorstellen? Das ist meine Frau. Guten Abend, Madame. Sehr erfreut. Copperfield? Von Merton und Grimby? Derselbige, liebe Emma. Aber du hast mir doch gesagt, Wilkins Master Copperfield käme vielleicht erst morgen.
Er ist heute bei Merston und Grimby eingetreten und Mr. Quinion war so liebenswürdig von heute, alles wegen Master Cabefields Unterkunft und Wohnung und so weiter in die Wege zu leiten. Kurz, hier sind wir. Ach gut, ich habe nichts vorbereitet. Emma! Ich hoffe, dass ich nicht allzu sehr störe. Ich habe nur...
Ich fürchte, es wird heute Abend auch schon mein Koffer hergebracht werden. Jim will ihn bringen, Mr. McCorver. Du lieber Gott! Das tut nichts zur Sache, Master Cappefield. Emma, wir werden der Sache gewachsen sein. Es soll sofort in unserem Hause alles Nötige veranlasst werden, Master Cappefield, um Sie in jeder betreffenden Weise...
Kurz, machen Sie sich keine Sorgen, Sie schlafen unter unserem Dach. Emma, wenn du Master Copperfield sein Zimmer zeigen möchtest... Sofort, ja, na natürlich. Ich will mich nur rasch noch etwas zurecht machen, Sie verstehen, Master Copperfield, eine vielbeschäftigte Hausfrau mit kleinen Kindern, die kann nicht immer... Wenn Sie mich einen Augenblick entschuldigen, ich bin sofort zurück.
Es tut mir leid, Mr. McCorber, wenn ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereite. Durchaus nicht, junger Freund. Nein, nein, nein, nein. Durchaus keine Unannehmlichkeiten. Nehmen Sie bitte Platz. Danke. Ich bin überzeugt, dass Sie sich sehr bald zurechtgefunden haben. Ich sah an der Haustüre unten ein Messingschild.
»Mrs. McCorber hat eine Pension für junge Damen?« »Ach ja, natürlich, das Schild. Ich wollte es schon wegtun. Nein, Mrs. McCorber hat den Gedanken, junge Damen bei sich aufzunehmen, fallen gelassen. Wir hatten zwar beabsichtigt, in unserem Haus eine solche Pension für vornehme junge Damen einzurichten, aber, weiß der Kuckuck, Kurzmaster-Cup-Affield aus der Sache ist dann nichts geworden.«
Der Plan oder die Idee, es war eine meiner Ideen, zerschlug sich unbegreiflicherweise an der vollständigen Interessenlosigkeit der betreffenden jungen Damen. Mit einem Wort, Winzer Terrasse gefiel niemand. Das ist sehr schade, Mr. McCorber. Nein, gewisser Verlust an Geld, nichts weiter. Ich habe nur deswegen die Parterrezimmer nicht möblieren lassen.
Da bist du ja, Emma. Ja, wenn ich Ihnen nun Ihr Zimmer zeigen kann, Master Copperfield, es liegt eine Treppe höher. Wilkins, sei bitte so freundlich und gib mir einstweilen das Licht herüber. Ja, ich weiß gar nicht, wo die zweite Lampe ist. Lass nur. Hier, mein Kind, ist das Licht. Danke. Wenn Sie nun mit mir kommen wollen, Master Copperfield. Die Treppe ist etwas steil. Geben Sie Acht, eine Stufe ist etwas wackelig. Es geht schon, Madame.
So, hier gleich rechts ist Ihr Zimmer. Hier, Mrs. Micoba. Ja, treten Sie nur ein. Lieber Gott, es ist nicht gelüftet und nicht aufgeräumt, aber ich dachte doch, dass Sie vielleicht erst morgen kämen. Nun, hübsch, nicht? Geräumig und hübsch. Gewiss, ich meine, es ist nicht sehr groß, aber es wird schon gehen.
Sind das alle Möbel hier? Na, wir können die Möbel morgen viel besser arrangieren. Den Tisch muss man etwas richten. Den Schrank mache ich sofort frei. Das Bett steht sehr gut an der Wand. Ich habe es noch von zu Hause, von Papa und Mama. Kann ich Ihnen helfen, Madame? Oh nein, es geht schon. Ich bin nur ein bisschen außer Atem.
»Es sieht jetzt natürlich noch nicht so aus, wie es aussehen soll, aber es wird dann so aussehen. Wir können vielleicht noch einen Stuhl heraufbringen. Zwei Stühle müssen Sie schon haben.« »Ich hätte nie gedacht, Master Carverfield, ehe ich heiratete und noch bei Papa und Mama zu Hause war, dass ich einmal an fremde Leute würde vermieten müssen. Aber da Mr. McCarver im Augenblick, wie das so kommen kann, in einer gewissen Bedrängnis ist, müssen alle Rücksichten auf persönliche Gefühle zurückgestellt werden.«
Das muss man doch nicht. Gewiss, Madame. Mr. Quinion sagte mir, Mr. McCarver war früher bei der Marine. Jetzt nicht mehr. Es ist sehr schwer für ihn in diesen Zeiten den richtigen Beruf zu finden, der seinen Talenten entspricht. Mr. McCarvers Bedrängnisse sind deswegen jetzt fast erdrückend. Die Geschäfte gehen nicht gut. Blut lässt sich aus keinem Stein pressen. Emma! Ja, was gibt's? Es ist jemand für Copperfield da.
Ich bin Jim. Ich bringe den Koffer. Ihr Koffer, Master Copperfield? Sieh nur herauf, Jim. Der junge Herr ist hier. Danke, Madame. Ich will nicht stören, wenn Sie auspacken, Master Copperfield. Auf Wiedersehen. Danke, Madame. Guten Tag, Madame. Guten Tag, Jim. Komm nur herein, Jim. Schön, dass du da bist. War der Koffer sehr schwer? Es geht, David. Es ist wohl nicht viel drin. Ich stelle ihn daher. Hier wohnst du? Ja. Allein? Ja.
Du wohnst hier ganz allein? Ja, natürlich. Allerhand. Und du hast ganz allein für dich ein Bett? Es war kein sehr großes Zimmer. Mir kam es sehr klein vor. Es war nichts anderes als eine winzige Kammer unterm Dach, nach dem Hinterhof hinausgelegen, weiß und blau gemalt und sehr dürftig eingerichtet.
Sie hörten die zweite Folge der Sendereihe aus dem Leben David Copperfields.
nach dem Roman von Charles Dickens für den Rundfunk geschrieben von Otto Bielen. Es sprachen Erzähler Helmut Peine, Kriegel Hermann Pfeiffer, Schuldiener Harry Grünecke, David Wolf-Osenbrück, Stierfors Michael Pfeiffer, Mörsten Kaspar Brüninghaus, Jane Edith Läube, Quinnjen Heinz Schacht, Jim Herbert Gillessen, Mikorber Richard Mönch,
Emma Lilitowska, Dan Pigotti, Walter Richter, Hamm, Klaus-Dieter Fröhlich. Die Regie hatte Kurt Meister. Und jetzt eine Podcast-Empfehlung. Willst du mit mir befreundet sein? Ja? Nein? Na schauen wir mal. Das ist 1 plus 1. Freundschaft auf Zeit. Ein Podcast von SWR 3.
Hier treffen sich einmal pro Woche zwei ziemlich bekannte Menschen und versuchen für einen Monat beste Freundinnen zu werden. Und nach einem Monat entscheidet sich's dann. Nummerntausch oder auf Nimmerwiedersehen? Wird's eine Freundschaft fürs Leben oder war's doch nur eine auf Zeit? Und bei uns im Podcast, da kommt dann schon das nächste Duo. 1 plus 1 Freundschaft auf Zeit ist ein Podcast von SWR 3. Produktion mit Vergnügen.