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cover of episode Die Don Quijotinnen oder Was kostet die Kindheit?

Die Don Quijotinnen oder Was kostet die Kindheit?

2025/5/11
logo of podcast Das Berlin Hörspiel

Das Berlin Hörspiel

AI Deep Dive Transcript
People
(
(匿名)
J
Julian B.
法院
Topics
Franziska Kleinert: 我独自抚养两个女儿,第一个孩子的父亲在怀孕期间离我而去,第二个孩子是意外怀孕。虽然我努力工作,但经济压力巨大,我感到身心俱疲,社会对单亲母亲的支持不足。 Martina Hesse: 我的职业生涯并不稳定,这与我生育和婚姻失败有关。我努力工作,但经济状况不稳定,曾申请过社会救济,并经历了孩子被暂时带走的痛苦经历。我渴望在工作和家庭之间取得平衡,但社会对单亲母亲的理解和支持不足。 Claudia Lietz: 我虽然是单亲母亲,兼顾工作和家庭,但我认为自己一直为社会做出了贡献,并反对将育儿简单定义为“家务劳动”。我努力工作,但收入有限,我需要兼顾工作和家庭,这让我感到巨大的压力。 Julian B.: 我来自贫困的单亲家庭,但我通过努力获得了成功,这证明社会贫困统计数据并非绝对。单亲家庭的困境是复杂的,需要全社会的关注和支持。 法院: 单亲母亲的生活方式未能充分贡献社会经济发展,从而危害公共利益和儿童福利。

Deep Dive

Shownotes Transcript

Translations:
中文

ARD Also, heute ist der 26. September und ich fahre mit Frau E. durch Jena. Hier für mein kleines Diktiergerät. Und ich sage jetzt einfach zu dir: Susanna, ja? Okay. Das können wir auch später noch ändern. Du verwendest das ja alles dann weiter, oder? Ich entwickle das dann weiter, genau. Okay, aber eigentlich darf das nicht rauskommen, dass ich das bin. Also du müsstest das mit dem Jena ändern. Halle? Wie wär's mit Halle? Ja, auch okay.

Okay, dann stell dich doch mal kurz vor. Ja, also ich bin in Halberstadt geboren, jetzt mal tatsächlich. Dann habe ich zwei Schwestern, eine ältere und eine jüngere und die haben alles, was man so braucht. Kinder, ein Haus, einen Mann, es sind Ärzte. Ich war immer die, die so ein bisschen überlegt hat, was sie überhaupt machen soll.

1996, muss ich zurückdenken, genau, da hab ich Abi gemacht, dann eine Lehre zur Hotelfachfrau. Und da hab ich Kellnern gelernt und da dachte ich, da hast du schon mal was. Und dann hab ich ein bisschen angefangen zu studieren, BWL, da wurde ich aber dann schwanger und Greta kam und da war das dann dann auch Geschichte. Ich hab zwei Kinder. Ich hab mich immer mit Kindern gesehen, immer.

Aber ich hatte nie einen Mann an meiner Seite. Der war in meiner Vorstellung einfach nie da. Also das ist jetzt nicht so, dass ich das komplett ablehne, aber irgendwie war keiner da. Nie. Geboren bin ich eigentlich in Dresden, aber aufgewachsen bin ich in Stralsund. Und außerdem haben meine Eltern auf Rügen noch ein kleines Grundstück gekauft mit zwei Häusern drauf, sodass wir den Sommer auf dem Dorf verbracht haben. Und im Winter waren wir dann immer in Stralsund unterwegs.

Also ich glaube ein Stück weit kommt da auch meine Ruhelosigkeit her. Ich bin damals in Stralsund zur Schule gegangen und habe die dann aber kurz vor dem Abi abgebrochen und erst mal ein freiwilliges soziales Jahr gemacht. Also ich kam mit dem System Schule einfach nicht zurecht. Und meinem Sohn geht das jetzt ähnlich. Der hat auch schon ganz früh angefangen,

eine Schuldistanz zu entwickeln. Und in der dritten Klasse ging das eigentlich schon los. Und ja, diese Schuldistanz, diese Schulverweigerung, die hat er so zweimal die Woche ungefähr gehabt. Da kam ich dann gerade im Büro an und konnte ihn eigentlich gleich wieder abholen, weil irgendwas war dann immer. Also entweder hat er Stress mit dem Lehrer gehabt, mit dem Schüler oder manchmal ist er einfach auch gegangen.

Ich lebe getrennt vom Kindsvater. Und das ist schon für den Großen immer auch eine Anpassungsleistung gewesen. Also dieses Hin und Her zwischen diesen zwei Elternhäusern. Ja, da muss man ja auch irgendwie emotional herkommen. Das sind ja zwei vollkommen unterschiedliche Arten zu leben. Und das hat sich dann meiner Meinung nach eben in dieser Schulverweigerung auch geäußert. Das war so ein Ventil für ihn. Und ja, mittlerweile hat sich das aber ganz gut eingependelt. Ich habe noch einen mittleren Sohn, auch von diesem ersten Kindsvater aus.

Und später aus einer, ja, ich sag mal eher lockeren Beziehung bin ich dann nochmal schwanger geworden. Da ist dann meine Tochter auf die Welt gekommen. War klar, dass ich mit diesem Mann nicht zusammenbleiben möchte und werde. Aber seit meine Tochter dann da war, habe ich mich eigentlich erst so richtig vollständig gefühlt.

Als du mich angerufen hast, da habe ich erst mal über den Titel nachgedacht. Die Don Quixoten. Also eigentlich habe ich gedacht, es müsste eigentlich die Don Quixotinnen heißen. Meine Eltern waren getrennt und das war ja im Schwarzwald echt so total unüblich. Also da war ich echt die Einzige.

Ja, was mir eigentlich zu diesen Don Quixoten einfällt, da war ich so fünf oder sechs und da sind wir mit meinen Eltern nach Spanien gereist. Und da waren Mädels in meinem Alter und die hatten dann so Flamenco-Kleider an. Und ich wollte natürlich von meiner Mutter auch unbedingt so ein Kleid haben. Und tatsächlich ist meine Mutter dann auch mit mir in so einen Laden gegangen und

Und da gab es dann aber leider überhaupt nicht solche Flamenco-Kleider. Und dann habe ich eben ein T-Shirt bekommen und das war dann auch noch ein bisschen zu klein.

Und auf dem T-Shirt, haha, waren nämlich Don Quixote und Sancho Panza mit einer Windmühle im Hintergrund drauf. Und irgendwie fand ich das schon faszinierend. Also diese Figur, die hat mir eigentlich gar nichts gesagt. Und irgendwann habe ich dann gedacht, naja, vielleicht war das auch damals schon so eine Art Wegweiser. Hier geht dein Leben lang. Nicht im Flamenco-Kleid, sondern als Don Quixote in rostiger Uniform auf Rosinante gegen die Windmühlen kämpfend.

Ich meine, es ist schon so, dass mir dieser Kampf ja eigentlich auch Spaß macht. Manchmal. Ein biografisches Hörspiel von Ulrike Müller. Frau E. ist Franziska Kleinert. Frau P. ist Martina Hesse. Frau S. ist Claudia Lietz. Ich befinde mich in einem Gefängnis. Ich weiß aber nicht, wie ich hier hineingeraten bin. Ich bin eingesperrt, weiß allerdings nicht, warum.

Ich schleiche heimlich hinein und wieder hinaus. Das Gefängnis ist eine alte Gefühle. Ich bin die Risse, dring das Tageslicht. Mehr und mehr erahne, begreife ich die Dimension meiner Situation. Und plötzlich fühle ich mich schuldig. Ich hoffe, dass ich bei guter Führung vielleicht wieder eher raus darf.

Ich weiß aber nicht, für wie lange ich verurteilt worden bin. Ob ich überhaupt verurteilt worden bin? Ich kenne meine Anklage nicht. Ich kenne meine Anklage nicht. So scheint es. Ich warte auf meine Anklage. Ich warte auf meine Anklage. Auf meinen Prozess. Amtsgericht Berlin, 1. April 2021, gefertigt am 31. März 2021. Sie fordern, sie fragen, sie provozieren.

Bitte dieses Schreiben zum Termin mitbringen. Ladung zum Termin am 5. Mai 2021 im Gerichtsgebäude Josefstraße 1a, Block C, 7. Etage, Raum 1169.

Sehr geehrte Frau S., Frau P., Frau E. Tatvorwurf. Wegen Missachtung der Erfordernisse des Gemeinwohls und des Kindeswohls der mit Ihnen in Gemeinschaft lebenden leiblichen Kinder werden Sie als Angeklagte zur Hauptverhandlung geladen. Werden Sie als Angeklagte zur Hauptverhandlung geladen.

Alleinerziehende Mütter, bitte erheben Sie sich! Zu Beginn der Verhandlungen möchte das Hohe Gericht Folgendes klarstellen: In einer solidarischen Leistungsgesellschaft. Diese basiert auf der Idee, dass jene, die in ihr leben, sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Kräften am Wachstum und an der Weiterentwicklung dieser Gesellschaft beteiligen und damit den Wohlstand aller Gesellschaftsangehöriger sichern.

Dafür ist der Wille, dies zu tun, erforderlich und ein hohes Maß an Effizienz auch in der privaten Lebenskonstruktion des Einzelnen.

Den Beklagten wird vorgeworfen, diese Erfordernisse durch ihre derzeitige Existenzgestaltung nicht zu erfüllen oder erfüllen zu wollen. Juristisch gesehen ist dieser Unterschied unerheblich. Ihre Lebenssituation steht entweder dem Gemeinwohl oder dem Kindeswohl entgegen. Der Vorwurf der Gemeinwohlgefährdung und der Kindeswohlgefährdung wird in diesem Verfahren geprüft.

Wer den letzten... Ruhe! Was machen denn die Kinder hier? Die Kinder müssen raus! Frau E., bitte aufstehen. Frau E., die Anklage ist schwerwiegend und das Gericht möchte sich zu Beginn der Verhandlung ein genaues Bild von Ihnen machen.

Frau E., Sie sind 43 Jahre alt, arbeiten als Bürokauffrau in einem Krankenhaus und haben zwei Töchter, die Sie alleine großziehen, richtig? Ja. Frau E., würden Sie dem Gericht kurz die Umstände schildern, die zu Ihren Schwangerschaften führten? Also, ich war ganz schrecklich verliebt in den Vater meiner ersten Tochter. Ich glaube, das war derjenige, wo ich gesagt hätte, der ist es.

Also dass er das nicht so gesehen hat, das hat er mir leider erst mitgeteilt. Da war ich dann schon schwanger. Er wollte eigentlich nie Kinder, hat aber immer gesagt, aber wenn, dann mit dir. Bitte, Frau E., fahren Sie fort. Also ich lebte alleine zu dem Zeitpunkt. Also er lebte in Heidelberg damals. Er hat mir, da war ich dann so im fünften, sechsten Monat, einen Brief geschrieben, dass er sich nun leider in seine Kollegin verliebt hätte. Und ich hatte das Gefühl, ich falle. Ich falle.

Ich falle, bis ich irgendwann mal unten aufgeschlagen bin. Also man muss ja erstmal irgendwo unten ankommen, bevor man wieder hochklettert. Wissen Sie, was ich meine? Sie strebten also eine langfristige Beziehung an? Ja, das war wirklich der Mann, wo ich denke, wegen dem hätte ich mein ganzes Leben vielleicht nochmal richtig anders sortiert.

Ich wollte ja auch, dass die Große ihren Vater hat. Sie haben ja noch eine Tochter. In den Akten haben Sie den Vater als unbekannt angegeben. Ja, ich habe mich nach diesen ganzen harten Jahren...

wirklich Hals über Kopf verliebt und ich wusste, er hat Familie und da wusste ich von Anfang an, dass ich damit alleine stehen werde, als ich dann schwanger war. Also ihr zweites Kind war ein Unfall? Es war eben einfach die Natur. Die Frauenärztin hatte gesagt, eigentlich können sie jetzt gar nicht schwanger sein, das ist ja biologisch gar nicht möglich und ich sagte, bei mir schon. Die Große, die hat sich riesig gefreut und der Vater, der ist völlig zusammengebrochen, also der Mann, ja, also...

Der hat mich angebettelt, dass ich das Kind nicht kriegen soll. Und ich würde am Rande des sozialen Abstiegs leben mit zwei Kindern alleine. Das schafft man ja nicht. Und was er mir alles so versprochen hat. Ich hatte schon zwei Fehlgeburten hinter mir. Und ich dachte einfach, wenn ich dieses Kind jetzt freiwillig hergebe, dann kannst du mich gleich in die Klappe stecken. Vielen Dank, Frau Eben. Frau Esselmann. Guten Tag. Guten Tag.

Ihre Erwerbsbiografie ist nach Aktenlage alles andere als geradlinig. Es wäre für das Verfahren hilfreich, wenn Sie dem Gericht Details und nähere Umstände Ihres beruflichen Werdegangs schildern würden.

Ja, also nach dem Abitur habe ich erst mal Kunstgeschichte und Geschichte angefangen zu studieren. Ich bin dann aber am kleinen Latinum gescheitert und außerdem wollte ich auch immer Bühnen- und Kostümbildnerin werden. Ich habe mich dann in Berlin bei sämtlichen Kunsthochschulen beworben für Bühnenbild, Kostüm, Design, für Kunst und eben auch für Architektur. Und ja, die einzige, die geklappt hat, war dann eben Architektur. Und den Studiengang habe ich auch mit 1 abgeschlossen.

Zwischendurch habe ich mein erstes Kind bekommen. Direkt nach der Diplomüberreichung habe ich dann beim Berliner Ballett angefangen. Das wurde dann aber leider nach zwei Jahren abgewickelt.

Ich hatte aber das Glück, nach dieser Abwicklung direkt in Potsdam einen Job als Filmausstatterin zu bekommen. Mein Sohn war damals noch sehr klein und die Jobs, die waren sehr unregelmäßig. Die Arbeitszeiten beim Film sind auch alles andere als familienfreundlich. Mein Mann hat mich auch in dieser Hinsicht nicht unterstützt. Die ganze Ehe war sowieso ein Desaster. Um sie zu retten, habe ich dann mein zweites Kind bekommen. Um Ihre Ehe zu retten, sind Sie nochmal schwanger geworden? Das hört sich vielleicht komisch an, da gebe ich Ihnen recht, aber...

Wissen Sie, wir waren sehr, sehr glücklich mit unserem ersten Kind. Ich habe meinen Mann wirklich geliebt und ich wollte diese Familie auch aufrechterhalten. Und ich hatte eben gehofft, dass es mit einem zweiten Kind einfach wieder so wird. Frau S., wie ging es nach der Trennung beruflich weiter? Erstmal gar nicht. Die Trennung hat mich für die nächsten zwei Jahre vollkommen aus der Bahn geworfen. Ich war überhaupt nicht mehr arbeitsfähig. Wie sind Sie denn dann wieder auf die Beine gekommen?

Ja, ich habe dann vor einigen Jahren noch mal eine Ausbildung gemacht als Stadtführerin. Ich habe mir ein Kostüm genäht und biete jetzt historische Stadtführungen an. Und was für ein Kostüm ist das? Königin Luise. Vielen Dank, keine weiteren Fragen. Kann denn jemand mal die Kinder hier laut schaffen? Bitte, Ruhe!

Frau P., nach Sichtung der Vernehmungsprotokolle ergibt sich für das Gericht folgendes Bild. Sie lebten bis zur Trennung von ihrem Mann das in Deutschland gemeinhin klassisch genannte Familienmodell, also Vater, Mutter, Kind.

Sie waren danach alleinerziehend, haben sich trotzdem für ein weiteres Kind entschieden. Haben Sie dadurch nicht einen Widerspruch zwischen Familienversorgung und Arbeitsmöglichkeiten provoziert? Ich verstehe gar nicht, warum Sie hier so autoritär mit den Kindern umgehen. Die würden sicher auch den Saal verlassen, wenn Sie sie freundlich darum bitten. Frau P., ich bitte Sie. Es ist ja nicht das erste Mal. Gut, zu einer Familie, da gehören eigentlich immer Vater, Mutter, Kinder.

Das habe ich mir immer so vorgestellt und die leben zusammen und das ist dann quasi die heile Welt. Und das ist genau das, was ich jetzt meinen Kindern quasi nicht bieten kann. Die Kinder haben, wenn sie kleiner sind, eindeutig einen höheren Betreuungsbedarf und die gehen in dieser Zeit auch ganz klar vor. Also ich leiste im Moment ungefähr 25 Stunden pro Woche.

Und ich bin mir aber bewusst, dass ich meinen Beitrag für diese Gesellschaft immer geleistet habe. Seit ich 16 bin, habe ich immer gearbeitet. Ich habe immer in das System reingegeben und jetzt komme ich ab und zu eben in die Situation, dass ich auch mal etwas rausnehme. Aber ich glaube, dieses Geben und Nehmen, das ist ja eigentlich so wie Gesellschaft, wie Leben eigentlich auch funktioniert.

funktionieren sollte. Ja, Frau P., das ist grundsätzlich unbestreitbar. Aber Fakt ist doch auch, Frau P., dass Sie Ihrem Arbeitgeber Potenzial vorenthalten. Sie arbeiten lediglich Teilzeit als Bürokraft. Nein, wer mich bucht, der bekommt ein Potenzialkonzentrat.

Ich arbeite als Bürokraft, das stimmt, aber bei Ernährungswissenschaften, das ist jetzt ein bisschen missverständlich, da denken die meisten immer erstmal an Gemüse, das stimmt aber so nicht. Ich habe in meinem Studium auch einen Teil BWL absolviert und ich arbeite jetzt eben genau in diesem BWL-fachspezifischen Teil. Ich organisiere Abläufe.

Frau Peep, zusammengefasst heißt das, Sie verlassen sich in Ihrer Lebenskonstruktion auf einen freundlichen Arbeitgeber einerseits und staatlichen Transferleistungen andererseits, richtig? Also ich verlasse mich auf eine freundliche Arbeitgeberin, die Brigitte, meine Chefin, und sie verlässt sich auf mich. Also so sollte es doch eigentlich sein und ja, ab und zu auch auf Transferleistungen. Was ist daran falsch?

Ich arbeite unglaublich fokussiert. Ich habe Homeoffice gemacht, bevor es die Pandemie erfunden hat. Und wenn ich Arbeitgeberin wäre, dann würde ich nur Mütter einstellen, nur alleinerziehende Mütter, weil da weiß man, was man hat. Wenn die ein Zeitfenster haben, dann erfüllen sie auch ihre Arbeit. Frau B., Sie idealisieren Ihre Lebensumstände. Sie haben eine rosa-rote Brille auf. Fakt ist doch allerdings auch, dass Sie den Unterhalt Ihrer Kinder nur bedingt aus eigener Kraft gewährleisten können.

Ja, aber das ist doch immer die Frage, wie das jetzt abgerechnet wird. Alles, was mit der sogenannten Kehrarbeit zu tun hat, mit der Erziehung, mit dem Aufziehen... Kehrarbeit, entschuldigen Sie bitte, Frau P., könnten Sie mir sagen, was hat das mit Kehrarbeit auf sich? Ich kenne die Kehrwoche. Was ist Kehrarbeit? Kehrarbeit ist die ganze Arbeit, die sozusagen mit der Fürsorge, mit dem Aufziehen einhergeht.

Das betrifft das Aufziehen von Kindern und das betrifft aber auch die Fürsorge gegenüber alten Menschen beispielsweise. Und diese sogenannte Kehrarbeit, die fällt einfach in unserer Gesellschaft immer hinten unter. Das ist doch das Problem. Dabei ziehe ich Kinder auf, ich gestalte damit, ich gebe einen Beitrag zur Zukunft unseres

unserer Gesellschaft. Aber wie sieht das dann aus in der Elternzeit? Da kann ich mir drei Rentenpunkte anrechnen lassen. Juhu! Das, was man früher mütterliche Liebe genannt hat, bezeichnen Sie jetzt als Kehrarbeit und wollen dafür einen materiellen Gegenwert haben.

Ich muss Sie wirklich mal fragen, Frau P., machen Liebe und Fürsorge für sich genommen nicht schon sehr viel Sinn? Sie machen aus Liebe zu einem Kind eine ökonomische Debatte und damit fallen Sie auf das System rein, das Sie hier nur vorgeben zu bekämpfen. Ich habe 35 Stunden die Woche zu arbeiten und das habe ich...

bewusst gewählt, damit ich Zeit für meine Kinder habe. Aber nun wird von unseren drei Sekretärinnen, die wir sind... Das habe ich verstanden. Nein, das haben Sie noch gar nicht, können Sie ja gar nicht. Ich bin noch gar nicht fertig. Da ist dann die 42-Stunden-Kraft, die geht in Rente. Ich habe jetzt 20 Arbeitsstunden, genau genommen 21 Arbeitsstunden, in meine 35 Arbeitsstunden noch rein zu quetschen.

Wie soll man das schaffen? Und das finde ich, da sind Arbeitgeber verpflichtet, Stellen nachzubesetzen. Meine Damen, ich werde nicht aus Ihnen schlau, weil ich nicht weiß, worauf Sie hinaus wollen. Wir steuern als alleinerziehende Mütter, die nicht 40 oder 50 oder 60 Stunden arbeiten, konsequent auf die Altersarmut zu. Wir haben ja gar keine Chance. Meine Damen, das ist ein Irrweg. Das Gericht fährt mit der Vernehmung fort. Ich glaube, wir brauchen mal ein bisschen Luft. Ich mache mal das Fenster auf. Wie viele Unternehmen unterstützen denn das?

Elternrolle, wenn du arbeitest. Wie viel Verständnis gibt es denn bei dem Wort Kind? Es ist doch eher die Gefahr, Kind. Die Gefahr, dass ich nicht zur Verfügung stehe, dass ich die Leistung nicht bringe, dass Arbeitsausfälle ausgeglichen werden müssen. Ich bin immer nur eine Gefahr als Mutter.

Die Kinder würden das nie sagen. Meine Mutter arbeitet, sie ist gefährlich für mich. Aber mein Arbeitgeber, er sagt, Ausfallzeiten, Ferien, nicht immer verfügbar. Mütter sind eigentlich Ballast. Frau S., bitte beschreiben Sie dem Gericht Ihre finanzielle Situation.

Ja, mein Mann hat nie Unterhalt bezahlt. Das heißt, ich war immer auf mich alleine gestellt und je nachdem wie und was ich gearbeitet habe, waren das dann halt ständig so Berg- und Talfahrten. Ja, und es gab immer wieder Situationen, wo ich auf Stocker Hartz IV beantragen musste. Ich gebe zu, ich habe mich geschämt. Ich habe gedacht, jetzt musst du hier betteln gehen, aber...

schaffst es nicht alleine, dich zu finanzieren. Andererseits habe ich dann aber auch gedacht, ja gut, wenn der Vater nicht zahlt, dann zahlt halt der Vater Staat. Danke Frau S., keine weiteren Fragen. Es war der 14. Februar 2009, ein Wallendienstag. An diesem Tag hat mein Ex-Mann versucht, unsere gemeinsame Tochter zu entführen. Ich war vollkommen fertig. Ich habe in meiner Panik die Polizei angerufen. Die Polizei kam und

Die haben meine Tochter mitgenommen und sie dem Jugendamt überstellt. Also diese Polizei hat mir meine Tochter weggenommen. Ich brauchte drei Tage, um sie wieder zurückzubekommen. Sie war drei Tage bei fremden Menschen im Jugendamt. Und dieses Trauma, was meine Tochter da erlebt hat, und auch mein Sohn und auch ich, das hält bis heute an. Mensch, Schatz, Kind, glaubst du Blut, dein Schmerz?

Es ist heller Tag, aber ich kann ihn nicht sehen, den Tag. Ich versuche die Augen zu öffnen, sie fallen wieder zu, sie sind verklebt. Und trotzdem sehe ich diese große Straße, ich möchte hinüber, aber ich weiß nicht, ob ich es schaffe, hinüber zu laufen. Autos fahren aus beiden Richtungen im gleichmäßigen Takt.

Auf der anderen Seite ist mein Kindergarten. Dort muss ich hin. Sie haben keine Schuld. Ich möchte ein Kind sein. Der Richter packt mich an der Schuhe. Er flüstert und schreit. Sie sind verhaftet.

Sie haben keine Schuhe. Sie sind verhaftet. Sie sind verhaftet. Füße ab. Mama, du hast uns den Reiter geholt.

Wir haben gewusst, dass du es vergisst. Mama, du hast uns nicht abgeholt. Wir haben gewusst, dass du es vergisst. Es sind nicht meine Kinder. Euer Ehren, ich schwöre, diese sind nicht meine Kinder. Der Richter lutscht jetzt auch an einem riesigen Wassereis. Es hat die Form einer Hand.

einer guten Hand. Herr Julian B., Sie sind als einziger Zeuge von den Beklagten zu deren Verteidigung benannt worden. Sie sind 29 Jahre alt.

Sie sind gewissermaßen Experte aufgrund Ihrer prekären Herkunft. Sie stammen aus dem Ruhrgebiet und sind als eines von vier Kindern einer zeitweise alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Wir beginnen mit Ihrem Spezialgebiet Armut. Woran hat es bei Ihnen zu Hause überall gefehlt?

Bei uns hat zu Hause an nichts Wichtigem gefehlt. Wir hatten Essen, wir hatten Kleidung, wir hatten ein Dach über dem Kopf, wir hatten sogar ein Auto. Irgendwann war dann unser Auto kaputt, aber ich habe mir ja nicht gedacht, anscheinend sind wir arm, sondern ich dachte mir, okay, unser Auto ist kaputt, fahre ich eben mit dem Bus. Meine Mutter hat außerdem dafür gesorgt, dass wir alle unseren Hobbys nachgehen konnten. Ja, ich kann mich erinnern, in meiner Klasse gab es einen Jungen, der kam mit einer Aldi-Tüte zu

Und dann haben wir ihm den alten Rucksack von meinem Bruder gegeben. Und da ist mir aufgefallen, es gibt immer noch Leute, die weniger haben als man selbst. Und deshalb finde ich, ist Reichtum eine Frage des Standpunktes. Ich finde, man ist reich, wenn man eine Familie um sich herum hat und wenn man Freunde hat und wenn man das zu schätzen weiß. Das ist dann für mich Reichtum. Ich bitte Sie, Herr Julian B., das ist der durchschaubare Versuch, evidente Fakten hier mutwillig zu übersehen.

Die Lebenskonstruktion, alleinerziehend mit einem oder mehreren Kindern, birgt ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko. Ich zitiere: "2019 bezogen 35 Prozent der Betroffenen finanzielle Unterstützung vom Staat. Sie belasten also die Gemeinschaft, anstatt sich an der ökonomischen Entwicklung und dem Aufbau von gesellschaftlichem Wohlstand zu beteiligen.

Kinder, die in Haushalten mit weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens aufwachsen, gelten als arm und haben eine um 60 Prozent verringerte Chance, ihre Schulbildung mit einem höheren Abschluss zu beenden. Das mag statistisch richtig sein, Herr Richter, aber ich habe etwas ganz anderes erlebt. Im letzten Jahr vor meinem Abitur dachte ich mir: Entweder gebe ich denen jetzt das, was sie von einem guten Schüler erwarten, oder ich mache es anders, wie ich es eigentlich besser gefunden hätte. Aber ich habe dann dieses System Schule bedient und dann auch das beste Abitur meines Jahrgangs gemacht.

Danach habe ich szenische Künste in Hildesheim studiert. Meine Mutter hat immer gesagt: "Studiert, was ihr wollt." Und das habe ich dann auch gemacht. Und ich wusste ja, es gibt BAföG. Klar, davon wurde ich nicht reich, aber es hat auf jeden Fall gut zum Überleben gereicht. Die wirkliche Schwierigkeit für mich allerdings war es, in diesem künstlerischen Studiengang irgendwie eine Zugehörigkeit zu finden.

Alle meine Kommilitonen kamen aus akademischen Haushalten und ich als Arbeiterkind habe nie wirklich Anschluss gefunden. Aufgrund dieser Umstände habe ich dann noch Tiermedizin studiert. Herr Julian B., Sie sind ein Spezialfall. Sie können stolz sein, was Sie als Arbeiterkind da geschafft haben, aber Sie können hier nicht als Präzedenzfall vor Gericht anerkannt werden. Sie sind entlassen.

Also ich finde, das Verlassenwerden findet ja auch im gesellschaftlichen Sinne statt. Dass man schon so gucken muss, wo man bleibt mit seinen Kindern. Weil man es nicht geschafft hat, ein intaktes Familienleben zu organisieren wie die anderen, wo alles seinen Platz hat. Sondern wo man immer jonglieren muss, um alles irgendwie richtig aussehen zu lassen. Ich meine, einer alleinerziehenden Mutter wird ja sehr schnell unterstellt, dass sie ja eigentlich überfordert ist. Ich meine, natürlich sind wir alle überfordert, weil es einfach viel ist, was man zu stemmen hat.

Aber das hat immer so einen Beigeschmack, dieses Alleinerziehend. Ich meine, die Kinder werden doch in eine Schublade gesteckt. Das heißt doch gleich, ah, oh, der hat viel Entbehrung, oh, oh, der ist bestimmt schwierig. Oder was mein Sohn gehört hat. Ist ja klar, dass das mit dem Kind nicht so klappt, weil die Mutter ist ja schließlich alleinerziehend. Also mir hat jemand mal gesagt, dass ich ziemlich streng bin mit meinen Kindern. Das glaube ich, bin ich bestimmt auch.

Die Kinder brauchen ja auch einen Rahmen, wo sie sich drin bewegen können. Ich muss ja auch gucken, wo ich meine Grenzen habe. Als Alleinerziehende wird man immer nochmal extra angeguckt, glaube ich. Also ich habe immer das Gefühl, die Kinder müssen nochmal besser erzogen sein. Sonst heißt es gleich wieder, naja, die kriegt das nicht hin. Und dann noch zwei verschiedene Väter. Ich stelle mir immer vor, dass jeder Mensch im Leben so einen Rucksack mit Steinen trägt.

Und je nachdem, wie das Leben so verläuft, kommen dann auch immer weitere Steine dazu. Als 2014 mein Vater an Blasenkrebs gestorben ist, konnte ich... Als mein Vater 2014 an Blasenkrebs verstarb, da konnte ich nicht mehr. Burnout. Ich habe mich hingesetzt und meine Steine angeschaut. Sie gewendet, umgedreht, wieder angeschaut. Viele Steine konnte ich beiseite legen. Und ich denke, man muss das einfach mal machen.

Steine rausnehmen, betrachten und einige zur Seite legen. Und es gibt mir Kraft zu wissen, dass ich das kann. Sonst zerbrichst du irgendwann. Ich mir was wünschen dürfte, käme ich hin verlegen. Was ich mir denn wünschen sollte, eine schlimme oder gute Zeit. Ruhe im Gerichtssaal, Ruhe!

Frau S., in den Akten findet sich der Satz ihres Sohnes, ich zitiere, Mama, du bist doch Architektin.

Warum verdienst du denn nicht genügend Geld? Es lässt sich also feststellen, dass an ihrem Sohn ihre Armut nicht spurlos vorübergegangen ist. Ihre Lebensweise schädigt direkt die Lebensqualität ihrer Kinder. Kennen Sie die Realität, Frau S.? Als mein Sohn das gesagt hat, da war er mitten in der Pubertät. Er wollte so sein wie seine Freunde. Er wollte mainstream. Ich war übrigens als Jugendliche genauso.

Ich habe mir damals die antiken Möbel von meiner Mutter angeschaut und habe gesagt, Mama, das ist alles total hässlich. Ich will Ikea. Das ist normal bei Kindern. Ihr Möbelgeschmack spielt in diesem Verfahren überhaupt keine Rolle. Sie setzen sich über die Bedürfnisse ihrer Kinder hinweg.

Sie haben ein Studium abgeschlossen mit eins, das den Staat im Schnitt 60.000 Euro kostet. Sie haben das Vertrauen, das der Staat in Sie gesetzt hat, missbraucht. Warum haben Sie denn Ihre Qualifikation nicht genutzt? Ich habe sie doch genutzt. Jetzt hören Sie doch bitte mal auf, mich und mein Leben immer nur auf meine Karriere zu reduzieren und auf Geld. Ich hätte es wirklich auch gern anders gehabt. Die Trennung von meinem Mann, die hat mir einfach sehr viele Jahre Energie geraubt.

In dieser Zeit, da ging es einfach nur um die elementare Sicherung der Inselfamilie. Der Weg, den man geht, das ist eben nicht nur etwas, was man selber will, sondern was das Leben einem tatsächlich vor die Füße spielt. Ihre fernöstlichen philosophischen Betrachtungen, Frau S., sind in diesem Verfahren nur begrenzt hilfreich. Trifft es zu, dass Sie wiederholt staatliche Hilfsangebote seitens der Agentur für Arbeit abgelehnt haben? Nein, das stimmt so nicht!

Ich hätte dafür für diese Hilfsangebote meine Selbstständigkeit aufgeben müssen.

Ich liebe meinen Beruf und ich habe immer wieder in meinem Beruf gearbeitet und ich habe auch die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass ich immer wieder Jobs bekommen werde. Und mir wurde als Selbstständige immer wieder gesagt: "Umschulen können wir Sie nur, wenn Sie Ihre Selbstständigkeit niederlegen und in die Arbeitslosigkeit gehen." Ich war doch nicht arbeitslos und ich wollte es auch nicht sein. Ich hatte immer das Gefühl, dass es wie eine Falle. Ich soll das aufgeben, was ich möchte, damit ich das bekomme, was ich nicht will.

Das ist ein Teufelskreis. Ich bleibe lieber in meinem selbstständigen Modus und versuche aus eigener Kraft mich fortzubilden oder andere Wege zu gehen. Aber manchmal ist das mit zwei Kindern eben einfach schwierig. Frau S., Sie sind jetzt 52. Ist es nicht irgendwann zu spät, sich ständig neu zu erfinden? Andere Menschen in Ihrem Alter suchen nicht mehr, haben im Leben den Punkt gefunden, sich zu entscheiden und Verantwortung zu übernehmen, insbesondere für die Menschen, die Ihnen anvertraut sind.

Ich habe immer Verantwortung für meine Kinder übernommen. Glauben Sie das wirklich? Glauben Sie wirklich, mit 52 darf man keine Träume mehr haben? Darf man sich nicht mehr verändern? Nichts Neues lernen? Nichts Neues erfahren?

Und wo ist denn dieser Punkt, an dem man verurteilt wird, wie man lebt? Wann soll man denn wissen, was man will? Mit 25 oder 36 oder vielleicht mit 42? Der Punkt ist heute in diesem Gerichtssaal. Keine weiteren Fragen. Entschuldigt, ich muss mal hier unterbrechen. Also ich finde das hier alles unter aller Sau, was hier gerade passiert.

Das ist würdelos. Das sind erwachsene Menschen, die eine Lebensleistung haben und die werden hier behandelt wie Schwerverbrecher. Das geht nicht. Man muss die Würde wahren. Ja, die Richtertexte sind echt perfide, oder? Ja. Leute, ihr seid Figuren. Bitte vertretet eure Figuren. Wir machen gerade Pause, Ali. Pause und Leistung gehören zusammen.

Ein Apfelbaum blüht nicht das ganze Jahr durch. Man kann von einem 52-Jahre-Apfelbaum verlangen, dass er Früchte trägt. Wer bist du gerade? Entschuldigung, ich krieg mich allein schon die Frage auf. Ich verlange für euch den Ehrgeiz, eure Figuren zu vertreten. Das ist nicht zu viel verlangt. Meine Figur, Frau E., die hat überhaupt keinen Ehrgeiz. Die fühlt sich sauwohl in der zweiten und dritten Reihe.

Soziales Leben ist hier viel wichtiger. Und das ist doch gut so. Ich mach jetzt mal das Fenster auf. Frau E., ein Apfelbaum, der keinen Apfel trägt, ist kein Apfelbaum.

Der Richter trägt ein Basecap. Er hat es falscher Worte gesagt. Sie tragen alle kurze Hosen, kurze rote Hosen und gelbe T-Shirts. Darf ich bitte meine Schuhe wieder haben? Ich möchte meine Kinder abholen. Sie warten auf mich. Immer mehr Kinder kommen auf mich zugelaufen. Sie alle tragen meine Schuhe. Sie werfen das Eis weg und schreien.

Wir wollen keine gebrauchten Schuhe! Wir wollen keine gebrauchten Schuhe! Ich krame in meiner Tasche und finde einige Münzen. Es sind 37 Cent.

Ich werfe das Geld in die Menge der Kinder und hoffe, dass mein Auto nicht kaputt geht. Ich versuche, mit dem Autoschlüssel mein Fahrrad aufzuschließen. Es ist irre heiß. Mein Fahrrad ist gelübt, und ich muss zur Arbeit. Ich habe vergessen, wo ich arbeite. Was habe ich gelernt? Ich will zurück ins Gericht. Ich möchte nicht erfahren, was ich arbeite. Die Kinder formieren sich zu einer Demonstration.

Es geht nicht, weil jeder auf dem Platz eines anderen stehen will. Und so bleiben sie immer in Bewegung. Aber sie kommen nicht vom Fleck. Ich schreie. Wenn ihr nicht zur Schule geht, kann ich nicht mehr arbeiten. Wenn ich nicht arbeiten kann, kann ich euch keine neuen Schuhe kaufen. Und ich brauche meine Schuhe zurück. Wir sind hier. Wir sind laut. Weil ihr uns.

Das, was wir als System bezeichnen, das funktioniert schon längst nicht mehr. Wir wollen alle miteinander funktionieren, wollen aber nicht miteinander sein. Jeder ackert für sich und erwartet, dass sich das Rad im Getriebe dreht. Dafür muss ich nicht mal Kinder haben. Das funktioniert ja schon so nicht.

Ich finde unsere Gesellschaft extrem scheiße! Dieses extrem leistungsorientierte Handeln, dieses Funktionieren-müssen, das jede Individualität erstickt! Ich möchte meinen Kindern mitgeben, dass sie gegen diese Gesellschaft resistent sind!

Angeklagte, bitte erheben Sie sich. Das Gericht ordnet eine Verfahrenspause an. Die Beklagten werden angewiesen, diese Pause zu nutzen, um aus den einzelnen Aspekten ihrer Biografien ein einziges perfektes Leben zusammenzusetzen.

Sie stehen unter Eid und müssen dabei wahrheitsgetreu und ohne Auslassungen vorgehen. Sollte Ihr Lebenspuzzle, das Sie zusammensetzen, gelingen, werden Sie freigesprochen. Das Gericht gibt Ihnen dafür zehn Minuten Zeit. Ziehen Sie sich dafür in den Gewahrsamsraum zurück und ziehen Sie sich die Schuhe aus. Das ist ein perfektes Leben. Ein perfektes? Gibt's gar nicht. Aber lasst mal, wir haben nicht viel Zeit, sonst kommen wir hier nie raus. Okay, begehen wir mit Arbeit. Also mein Chef...

der kommt immer zur Arbeit. Egal, ob der 40 Fieber hat oder nicht. Der gibt einem da die Hand. Das ist völlig egal, ob der den ganzen Laden ansteckt.

Und bei dem muss man auch immer kommen. Ich war mal krank mit den Kindern und da rief er schon am zweiten Tag an, ja, wo bleiben Sie denn, Frau E.? Und ich sagte, tut mir leid, hier sind alle krank. Ich kann nicht. Ja, man kann auch krank auf Arbeit gehen, Frau E. Also ich bin selbstständig. Ich habe zwar eine freie Zeiteinteilung, aber natürlich auch jetzt pandemiebedingte Einbußen. Und bei der Arbeitsagentur höre ich immer die gleiche Geschichte. Na ja, machen wir mal eine Umschulung. Lernen können Sie ja, haben Sie ja mit Ihrem Diplom bewiesen.

Ich traue mich das gar nicht zu sagen, aber meine Chefin, die Brigitte, die kann ich mich wirklich verlassen. Und auch, dass ich ein Kind habe, ist vollkommen in Ordnung, auch wenn ich mich mal krankschreiben lassen muss. Also wenn alle Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen so wären wie die Brigitte, dann wäre wirklich die Welt eine bessere Welt. Allerdings...

Klar, ich arbeite nur 25 Stunden, ich verdiene eben nicht so viel. Ja toll, ich wünschte mir auch Gleitzeit. Und mit Anerkennung von meinem Chef, also das ist gleich null, als ich in Schwangerschaftsurlaub gegangen bin, da kam dann mal ein Oberarzt zu mir und sagte, schade, dass Sie jetzt gehen, mit Ihnen ist die Menschlichkeit eingezogen ins Büro und zieht auch leider wieder so aus. Da dachte ich, Mensch toll, bist du ja doch nicht bloß die blöde Sekretärin.

Ja, also ich würde sagen, wir nehmen deine Arbeit. Ja. Gut. Du hast den größten Feierabend, selbst bei schlechtem Verdienst. Arbeit von Frau P. Werden wir hier abgehört? Der Richter hört mit. Ja, kann er ja mithören. Lass ihn doch mithören. Wer weiß, wer noch alles mithört. Sie werden nicht abgehört, Ihnen wird zugehört. Gesundheit, oder? Ja, also bei Gesundheit bin ich raus.

Ich habe immer wieder Nierenbecken und Rücken und ich hatte einen Hörsturz, eine Lungenentzündung, eine Mutter-Kind-Kur. Meine Tochter hatte Neurodermitis. Die zieht jetzt meine Sachen an von früher. Ich hätte so gerne meine Kleidergröße 36 wieder. Die habe ich.

Also meine Mutter hat immer gesagt, die Belastbarkeit, die hast du von deinem Vater. Und das stimmt, ich bin belastbar. Aber auf der anderen Seite, ich hatte auch eine Gallen-OP und die Galle steht ja für die Wut. Also ich habe schon ein Stück weit Raubbau betrieben an meinem Körper. Ich werde oft gefragt, Frau P., wie schaffen Sie das alles? Ich mache das einfach. Ich bin Mutter. Oder eigentlich müsste es heißen, Mutter bin und irgendwann ganz weit dahinten kommt dann sowas wie ich. Ich muss noch nicht mal besonders häufig aufs Klo.

Da auf meinem Bankkonto ja nicht so viel los ist, habe ich mir ein Gesundheitskonto eingerichtet. Also bei mir kommt der Optimismus über Nacht. Ich brauche wirklich sehr viel Schlaf und wenn ich tagsüber merke, oh, jetzt habe ich meinen Humor verloren, dann gehe ich früh schlafen und am nächsten Morgen, schwupps, ist er wieder da. Ich habe einen Garten, da baue ich Gemüse an, ich mache regelmäßig Yoga. Wo ich kann, fahre ich Fahrrad. Und ich bedanke mich jeden Tag bei meinem Körper. Also ohne Gesundheit würde ich mein Leben gar nicht schaffen. Gesundheit von Frau S.

Komm, lass uns weitermachen. - Okay. Thema Geld, was? - Da will ich raus. Ja, gut. Also der Kindsvater 1, der zahlt. Und beim Kindsvater 2, da läuft noch eine Klage, der zahlt eben nicht. Und das beschränkt mich schon in meinem Bestreben nach Unabhängigkeit, dass ich auf diese Zahlungen ein Stück weit auch angewiesen bin. Also mein eigenes Gehalt reicht mir nicht wirklich. Und ab und an beantrage ich dann eben auch Wohngeld.

Ich habe mich eigentlich nie für Geld richtig interessiert. Also das muss einfach zum Leben reichen und alles andere ist mir egal. Ich bezahle 700 Euro Miete, das ist ungefähr die Hälfte von meinem Einkommen und 300 geht an Schulgeld ab.

Manchmal sind am 20. nur noch 50 Euro auf dem Konto. Da kapiere ich jedes Mal, dass das Leben nicht auf einen Gehalt aufgebaut ist. Deshalb habe ich mehrere Gehälter. Ich gehe montags putzen bei Herrn M., am Wochenende kellnere ich. Dann nähe ich Masken für die Händel Stiftung. Das Kindergeld soll die Idee fördern, Kinder zu haben. Du sollst Kinder haben.

Was ich fordere ist, dass es mir möglich wird, produktiv zu sein und Kinder zu haben. Natürlich sind diese 219 Euro Kindergeld eine Herdprämie. Und ich kann nicht einerseits Herdprämien verteilen und erwarten, dass die Leute am Herd stehen und andererseits sind sie gezwungen, arbeiten zu gehen und eben gerade nicht am Herd zu stehen. Ich kann nichts, was sie kochen können. Durch, Mädels! Nicht aufstehen!

Mein mittlerer Sohn hat mich neulich gefragt, Mama, was würdest du machen, wenn du eine Trillion Euro hättest? Und mir ist einfach nichts eingefallen. Ja, eigentlich doch ein gutes Zeichen. Also ich saß neulich mit dem Großen im Auto und vor uns fuhr genau der gleiche Wagen, den wir haben. Nur 20 Jahre neuer und schöner und teurer. Vor uns fuhr das Modell unseres Autos und es war halt einfach 20 Jahre neuer und schöner.

Und ich musste so vor mich hin lächeln, weil ich hab dann festgestellt, uns geht's eigentlich gut. Also eigentlich haben wir alles, was wir brauchen, aber es ist eben nicht immer mit so einem Glitzer bestreut. Letztes Jahr hat meine Tochter zur Konfirmation ziemlich viel Geld bekommen. Und es waren Ferien, wir wollten wegfahren, aber ich hatte dann kein eigenes Geld, um das zu leisten.

Dann hat meine Tochter gesagt, wir könnten ja mein Geld nehmen. Gib es mir wieder, wenn ich 18 bin. Da dachte ich, toll, jetzt hast du schon Schulden bei deiner Tochter. Eigentlich habe ich immer gelernt, dass es irgendwie weitergeht, egal was passiert. Selbst wenn ich dachte, jetzt ist Schluss, jetzt ist aus. Dann gab es immer irgendetwas und dann hat es wieder geklappt und ich bin über die Runden gekommen.

Oder ich bin dann eben einfach mal wieder Kellnern gegangen zwei Wochenenden. Was ich als wirkliche Herausforderung empfinde, ist den Kindern gegenüber nicht schlecht über den Ex-Partner zu sprechen. Also der Ex-Partner, der erfüllt ja zwei Rollen. Also einmal die Rolle des Vaters und einmal die Rolle des Partners. Und mein Mann ist ständig fremdgegangen und natürlich hat mich das wahnsinnig verletzt. Aber das hat ja eigentlich nichts mit seiner Rolle als Vater zu tun.

Da habe ich eben immer versucht, diese Gefühle gegenüber meinen Kindern zu verbergen. Das heißt, ich musste mir immer wieder vor Augen führen, dass sie ja ein Teil von diesem Mann sind. Das heißt also, wenn ich den Vater gegenüber den Kindern schlecht mache, dann mache ich ja indirekt auch einen Teil von ihnen schlecht und verletze sie. Und in ganz dunklen Stunden habe ich mich fast geschämt, einen solchen Mann als Vater ausgewählt zu haben. Also ich habe immer versucht, meinen Kindern den Kontakt zu ihren Vätern zu ermöglichen.

Und dass das manchmal einfach nicht funktioniert, das tut mir für meine Kinder auch weh. Also mein Großer zum Beispiel, der sollte in den Sommerferien zwei Wochen zu seinem Vater und dort Urlaub machen. Und ich habe ihn dann dort hingefahren und dann war ich gerade wieder zu Hause und dann kam ein Anruf, dass er wieder nach Hause möchte. Und war ja klar, er musste sich ja auch erst irgendwie umgewöhnen. Also habe ich mit ihm geredet und habe gesagt, jetzt schläfst du nochmal drüber und morgen früh gucken wir dann, wie es für dich ist.

Und morgens haben wir noch mal telefoniert und er war dann auch ganz stolz und hat gesagt, nee Mama, jetzt kann ich mir das vorstellen. Und dann hatte der Vater aber eine Entscheidung getroffen, auch über Nacht, und war der Meinung, er müsste jetzt mal klare Regeln setzen und hat gesagt, nee, so läuft das nicht, der Junge muss jetzt wieder zur Mutter nach Hause. Ja, und so hat dann mein Großer einen Tag und eine Nacht Urlaub bei seinem Vater verbracht.

Ich möchte mich erstmal bei meinem Vater bedanken, weil er einfach wirklich ein fantastischer Großvater ist für meine beiden Mädchen. Der Vater der Großen, der hat glaube ich wenig Kontakt zu ihr. Ich halte mich aber daraus, sie hat jetzt ein Handy bekommen und da kann sie sich selber mit ihm verabreden. Aber er zahlt jeden Monat pünktlich. Der große Unbekannte, der ist da, der kommt immer zweimal die Woche zum Abendbrot, aber der bezahlt sehr unregelmäßig.

Aber er ist wieder auf der anderen Seite sehr hilfsbereit. Schade finde ich nur, dass die Kleine wieder die Großeltern ihres Vaters nicht kennenlernt. Weil die wissen überhaupt nicht, dass er noch eine Tochter hat. Trotz allem sind beide Väter tolle Menschen. Ja. Ich brauche mal ein Messer. Die Don Quixotten in der Kantine.

Möchte jemand eine halbe Benahme? Nein, danke, ich habe gerade einen Keks. Also ich möchte noch mal was sagen, ihr Lieben, mir fällt gerade auf, wir müssen ein bisschen aufpassen, dass das hier nicht so ein Rollenklischee wird. Also ich finde, manchmal hat es schon die Tendenz, die armen Mütteropfer, ich formuliere das jetzt ganz platt, und die bösen Väter, die bösen Männer. Und das stimmt ja so nicht. Also es gibt durchaus auch tolle Väter. Also wir sollten jetzt hier keine feministischen Grabenkämpfe irgendwie aufziehen. Genau, das meine ich. Das wäre schade.

Also von meiner Seite auf keinen Fall. Ich habe den Eindruck, dass die alleinerziehenden Mütter

unglaubliches leisten und bin froh dass sie diesen kraftakt stemmen und ich finde dafür verdienen sie eine anerkennung die sie im moment in der gesellschaft noch nicht bekommen danke schön dass du als man das sagst aber ich finde das ist ja ein das ist ja gar kein mann frau ding weil also ich habe einen bekannten und er wohnt um die ecke das ist der reiner der ist ein mann von dem was schon öfter erzählt ist reiner hat vier töchter

Und die Frau ist nach Norwegen irgendwie abgehauen, sich selbst verwirklichen. Der ist auch alleinerziehend. Also der hat die gleichen Probleme wie eine alleinerziehende Frau. Der ist Arzt, verdient also sehr gut im Krankenhaus, aber es reicht nicht. Er muss einfach noch einen Nebenjob haben und da hat er jetzt

sich darum gekümmert, dass er medizinische Gutachten schreiben kann. Aber jetzt mal ganz ehrlich: Hat der nicht eine andere gesellschaftliche Anerkennung? Also ich meine, ist es nicht so, dass Männer eine andere... wenn die alleinerziehend sind, dann heißt es doch: Moment, wie der das hinkriegt, Wahnsinn, toll, super, können wir dir helfen? Und bei einer alleinerziehenden Mutter hat das irgendwie... ist das anders, oder?

Oder wie sagt die da? Es wird selbstverständlich genommen und drüber weggegangen. Achselzucken und auch Mitleid erfahren viele alleinerziehende Frauen. Ein alleinerziehender Vater, da denkt man immer, oh der Arme bei einer alleinerziehenden Mutter, die hat es irgendwie verkackt. Und das Ding ist ja,

Wir haben diese Pay Gap, wenn das Gehalt schon von ihm nicht reicht. Mit Gutachten. 18% verdient die Frau in der Regel weniger. Wie soll es dann der Bäckerei-Fachverkäuferin geben? Die kann ja gleich sich sterilisieren lassen. Oh Gott, ja. Wenn ich was wünschen dürfte, gäbe ich ihn verliebt. Was ich mir denn wünschen sollte, schlimme gute Zeiten.

Alltag. Alltag.

Ich muss um 7 Uhr auf Arbeit sein. Ich habe mit meinem Chef noch einen getrunken. Ich trinke nie mit meinem Chef. Kurz vor 7 Uhr muss ich das Haus verlassen. Um 5 Uhr klingelt der Wecker. Ich habe nur 3 Stunden geschlafen. Das ist ja meistens so. Dann mache ich noch was Warmes zu essen für die 2, weil die essen nicht mehr in der Schule mit. Das ist mir dann zu teuer dafür. Ich mache hier alles fertig. Ich stecke für die Kleine das Brot schon in den Toaster. Das Brot ist fertig.

Dann muss die nur noch runterdrücken. Jetzt knallt mir auch noch der Toaster durch. Dann trage ich ganz schnell den Backofen warm und lege das da rein. Und den Tee gieße ich schon ein. Und dann stelle ich den Kurzzeitwecker so, dass der klingelt, dass ich weiß, die Kleine hat genug Zeit, sich anzuziehen und zu frühstücken. Aber die Kleine steht nicht auf, die fühlt sich so warm an. Nein, die hat nur gekuschelt, die braucht auch lange. Bis dann die Große aufsteht, die dann die Kleine wieder kurz vor halb acht. Jetzt sind all meine Toasts verbrannt. Ja, dann gibt es eben heute mal einen Schwarzkopf. Ist auch nicht so schlimm. Also die Kleine muss dann kurz vor

Hast du auch die gewählten Hemden für die Putzstoffe eingestaut? Ja, die sind schon im Auto. Damit sie dann mit den Freunden zur Schule radeln. Habe ich den Essigreiniger gekauft? Den muss ich noch kaufen. Das klappt eigentlich alles ganz gut. Um sieben komme ich bei der Arbeit an und mein Chef gibt mir die Hand und sagt, ich hatte ganz schlimmen Magen-Darm heute Nacht. Und ich denke, danke, ich habe zwei Kinder zu Hause. Ich hatte heute Nacht ganz schlimmen Magen-Darm, Baby. Wir brauchen Zeit.

Also der Mittlere, der hat jetzt so ein Sockensystem entwickelt. Wenn der ein Loch in der Socke hat, dann hebt der die Restsocke auf und wenn dann wieder in einem anderen Pahnloch ist, dann nimmt er die beiden Restsocken und trägt die dann auf und dann denke ich doch, Erziehungsauftrag erfüllt. Ja, der hat echt

verinnerlicht, weil wir haben irgendwie schon gelernt in der Familie füreinander zu verzichten. Noch 52 Sekunden. Und dass man einfach auch mal hinter was zurücktritt. Dann kriegt halt eben mal der andere das große Stück Kuchen ab. Das ist doch... Mein Sohn, der hat vor ein paar Monaten eine Kommune gegründet mit sechs Freunden, haben ein altes Bahnhofsgebäude gemietet und bauen da selber Gemüse an und vertreiben das auch. Ich finde, die haben ja überhaupt so viel drauf. Also wenn ich so gewesen wäre...

Wie meine Tochter, meine Große, heute ist also Wahnsinn. Die hat so einen tollen Lehrer, der natürlich immer sagt, Leute, geht raus, guckt euch die Welt an, die ist bunt. Die Zeit ist abgelaufen. Probiert euch aus, sucht eure Interessen, guckt, was alles möglich ist. Das Puzzlespiel ist beendet. Wir, wir, raus!

Wie gehören denn die Menschen Kinder hier? Die Kinder müssen raus, hier sind doch wenig im Kindergarten. Das ist eine Aufstiegspflichtverletzung. Ja, im Töpfenhaus ist auch laut. Raus!

Sie gehörten hier gar nicht ins Gebäude! Herr Richter, Sie führen einen unfairen Prozess. Ich führe einen Prozess nach Recht und Gesetz. Ich urteile im Namen und für das Wohl des Volkes. Es geht hier nicht um Ihre gefühlte Gerechtigkeit. Sie setzen in der Verhandlung Einkommen und Kindeswohl gleich. Das ist, als würde man Geld und Glück gleichsetzen. Ja, Sie haben Glück gehabt, Julian B. Tiermedizin, bravo. Aber hier geht es ja um was anderes: Sicherheit.

ist Einkommen. Und Einkommen ist Sicherheit. Und das ist ein wesentlicher Bestandteil des Glücksempfindens bei Menschen. Insbesondere bei Kindern. Aber was ist das für ein Wahnsinn? Kinder werden irgendwie wegorganisiert. Alles muss irgendwie funktionieren. Alles muss aneinander anschließen. Alles muss ökonomisch genutzt werden, nur damit man noch mehr arbeiten kann. Für die wirklich wichtigen Dinge brauchen wir, insbesondere Kinder, Zeit. Unstrukturierte Zeit. Zeit. Alles Schöpferin. Zeit. Alles Vernichterin.

Entschuldigung, geht's Ihnen nicht gut? Ja, Herr Julian B., da treffen Sie einen wunden Punkt. Ich habe leider keine Zeit. Die Verhandlung geht weiter. Es hat mich sehr gefreut, Sie kennengelernt zu haben, Herr Julian B. Ich hoffe, wir sehen uns nicht wieder, zumindest nicht im Gerichtssaal. Bleiben Sie gesund. Ja, danke sehr. Entschuldigung, ich suche meine Mama. Wir wollen Abendbrot essen. Das kann noch eine Weile dauern.

Als ich 14 war, da habe ich in mein Tagebuch geschrieben, wenn ich erwachsen bin, bin ich alleinerziehende Mutter von einem Kind. Der Vater ist Italiener, ich arbeite nachts als Taxifahrerin und tagsüber bin ich Professorin an einer Kunsthochschule. Ich habe eine Lederjacke und fahre einen alten Mercedes. Das war anscheinend so meine frühe Vision. Und der bin ich tatsächlich treu geblieben. Der Vater meiner Kinder war Kroat, also ist Kroate.

Da habe ich mich quasi nur so um 30 Kilometer an der Grenze geirrt. Und als ich ihn kennenlernte, besaß ich tatsächlich auch eine Lederjacke und einen alten Mercedes. Und an der Kunsthochschule habe ich ja auch studiert. Und Taxi gefahren bin ich tatsächlich in meiner Jugend auch. Und das Alleinerziehende habe ich auch geschafft. Also ja, könnte man sagen, alles richtig gemacht. Fühlt sich manchmal nur sehr anstrengend an.

Alleinerziehende Mütter, bitte erheben Sie sich. Es folgt das Urteil. Das Gericht hat sich nun anhand Ihrer Ausführungen ein umfassendes Bild gemacht. Das Lebenspuzzle, das Sie anzufertigen, aufgefordert waren, ist leider unvollständig. Wichtige Bausteine, welche für ein gutes Leben von signifikanter Bedeutung sind, fehlen oder sind unvollständig. Die Karriere scheint in Ihrem Leben keine Rolle zu spielen.

Der Baustein Kinder ist leider nur am Rande behandelt und blieb unvollständig. Dies lässt dem Gericht nur eine Option. Sie sind schuldig gesprochen im Sinne der Anklage. Sie haben sich schuldig gemacht, mutmaßlich durch Fixierung auf Ihre Familie, Ihre Pflichten als produktives Mitglied der Gesellschaft grob zu vernachlässigen.

Sie haben sich in Verkennung ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl aus dem Erwerbsleben zurückgezogen. Wer nicht in die Gesellschaft investiert, kann nicht auf Unterstützung der Gesellschaft rechnen. Unschuldssprüche.

Ich fand die Idee, Kinder zu haben, großartig. Und jetzt habe ich sie. Und es ist gut. Und wenn ich mich frage, was waren die bedeutendsten Momente in deinem Leben, dann werden es immer die als Mama gewesen sein. Ich war für meine Kinder da. Ich habe sehr viel, was ich zu leisten habe. Dafür bin ich verantwortlich. Ich muss viele Dinge tun, damit wir einfach nur hinkommen. Ich hätte es ja anders angehen können. Habe ich aber nicht.

Ich bin dafür verantwortlich, dass ich Kinder in die Welt gesetzt habe. Und ich bin dafür verantwortlich, sie bestmöglich zu begleiten. Was für Menschen will man in die Welt setzen? In was für einer Welt leben wir? Was macht die Gesellschaft aus? Und dann schaust du auf dich und dich selbst.

und auf dein Leben und auf deine Situation. Es geht eben nicht nur um Geld, sondern es geht darum, dass ich jetzt als Mutter das einlöse, was ich ihnen angeboten habe. Ich habe ihnen ihr Leben angeboten. Es wird aber nie ein Arbeitgeber an meinem Grab stehen und sagen: "Es tut mir leid, ich werde dich vermissen." Der stellt einfach die Nächste ein.

Im Namen des Volkes. Die Kinder sitzen auf dem Flügel eines Windrades. Es steht mitten auf der Straße. Es dreht sich schnell. Am Horizont sehe ich mein kaputtes Auto. Es fährt auf mich zu. Es kommt immer näher und ich schreie Stopp! Stopp!

Die Flügel des Windrades drehen weiter. Unermüdlich. Ich kann das Rad nicht stoppen. Ich kann mein Auto nicht stoppen. Die Kinder rufen. Wir brauchen kein Auto. Wo bist du, Mann? Ich sitze auch auf einem Flügel. Ich schreie. Ich bin doch da. Ich bin doch immer da. Aber ich kann mich nicht mehr lange halten. Du musst fliegen!

Du musst fliegen! Ich fliege nicht allein. Ich habe keine Schuhe an. Ich bin nicht schuld. Ich bin toll. Ich werde mit Kirschkernen in den Sand spucken. Ich bin nicht schuld. Der Richter ist ein gekochtes Ei. Mit der linken Hand dirigiert er einen kleinen Spatzen, der vor ihm auf- und abhüpft.

Ich sage dem Richter, dass ich jetzt nicht mehr mitmache. Ich sage ihm, dass ich jetzt ans Meer fahre und dort ein Eis essen werde. Ein Wassereis am Stiel. Der Richter lächelt. Oh, dann habe ich ja jetzt frei. Danke, dass Sie Bescheid gesagt haben. Ich halte meine 30 Cent in der Hand und stecke sie in einen winzigen Schlitz neben dem Radio.

Es ertönt eine kleine Musik. Hier ist der Rundfunk Berlin-Brandenburg mit einer Eilmeldung. Soeben hat der Bundestag mit deutlicher Mehrheit ein Gesetz zum bedingungslosen Grundeinkommen für Kinder und junge Erwachsene verabschiedet. Das bedingungslose Grundeinkommen löst bisherige Leistungen wie Kinder- und Elterngeld und das BAföG ab. Es solle allen Kindern ein finanziell abgesichertes Heranwachsen ermöglichen.

Arbeitgeber-nahe Verbände befürchten Arbeits- und Fachkräftemangel, wenn Eltern sich aufgrund der neuen finanziellen Freiheit entscheiden, weniger oder gar nicht zu arbeiten. Bundesweit löste das Gesetz große Zustimmung, aber auch heftige Proteste aus. Während in Berlin tausende Kinder auf der Berliner Fennmeile "We are the world" sangen, wurden andernorts mehrere Kindertagesstätten und Schulen mit Farbbeuteln beworfen.

Der Bundespräsident lobte heute in seiner Rede das neue Gesetz. Er sprach von einem notwendigen und klugen Meilenstein in der Geschichte der Kinderrechte und Würdigung der Elternleistung. Dieses Gesetz sei ein wichtiger Schritt hin zu sozialer Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Die Don Quixotinnen oder Was kostet die Kindheit? Ein biografisches Hörspiel von Ulrike Müller.

Mit Franziska Kleinert, Martina Hesse, Claudia Lietz, Alexander Schröder, Jean-Luc Caputo, Anne-Dore Bauer sowie Aurelie, Bruno, Clara, Elias, Helene, Lionel und Oskar. Am Klavier Ayako Matuschka. Komposition Andreas Stobernack. Besonderer Dank gilt Silke Lehmann, Cornelia Just, Maike Kölle, Jan Lehmann, Julia Schulz und Andrea Jank. Sowie Frau P., Frau S. und Frau E.

Ton Kaspar Wollheim und Katrin Witt. Assistenz Andrea Andriesewitsch. Buch und Regie Ulrike Müller. Redaktion und Dramaturgie Regine Arem. Was würdest du machen, wenn du eine Trillion Euro hättest? Eine Trillion? Also ich hätte mir eine Villa gekauft. Und wo würde die stehen? Na so im Wald. Eine Produktion des Rundfunk Berlin Brandenburg 2021.