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Wer weiß, wer kennt. Das Amt für Verwandtensuche

2025/5/4
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Das Berlin Hörspiel

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Shownotes Transcript

ARD Hier ist Kol Israel aus Jerusalem. Das Amt für Verwandtensuche erreichten Nachrichten und Grußbestellungen von Verwandten und Freunden aus dem Land und aus der Welt.

Mandel Jafim Borisovic, Sohn von Ben Zion und Golda, geboren 1924, stammt aus Mietzibuzetsch, in der Roten Armee gewesen, gesucht von seiner Schwester Rivka Mandel in Israel, Aktennummer 127606.

Nissenbäum, Jecheskel, Sohn von Jakob und Sarah, geboren im Jahr 1902, stammt aus Aschmiani, besucht vom Bruder Wolf Nissenbäum in Israel, Aktennummer 062128377.

Wer weiß, wer kennt. Das Amt für Verwandten-Suche. Ein dokumentarisches Hörspiel von Noam Brusilowski und Ofer Waldmann. Verehrte Herren, ich suche nach meinem Bruder.

Josef Trakacz, geboren 1903. Bis 1942 lebte er in Amsterdam, Holland, und wurde im Juli 1942 von der Gestapo verhaftet, nach Westerburg gebracht und von dort nach Auschwitz deportiert. Seitdem haben wir von ihm nichts mehr gehört. Falls Sie die Möglichkeit hätten, über das Radio nach ihm zu fragen,

Jemanden zu finden, der etwas über seinen Verbleib weiß oder uns mehr Informationen zukommen zu lassen als die, die wir bereits haben, wären wir Ihnen sehr dankbar.

Die Sendung hat schon 1945 angefangen, direkt nach dem Krieg, noch vor der Staatsgründung.

Es gab damals keine anderen Radiosender auf Hebräisch, nur unseren. Neben den Nachrichten war das Vorlesen der Listen vom Amt für Verwandten suche ein fester Teil meiner Arbeit als Radiosprecherin. Zehn Minuten vor den Nachrichten wurden immer diese Grußbestellungen gesendet.

Die Sendung hieß Wer weiß, wer kennt. Aber alle nannten sie einfach das Amt für Verwandten-Suche. Hier ist Kol Israel aus Jerusalem.

Das Amt für Verwandtensuche war eigentlich eine Abteilung der Jewish Agency. Die Jewish Agency war eigentlich die Regierung oder Selbstverwaltung der jüdischen Bevölkerung, also bevor der Staat Israel gegründet wurde.

stammt aus Drohowitz, war 1941 in der Roten Armee. Wenn man heutzutage das Amt für Verwandten suche sagt, dann meint man die gleichnamige Radiosendung. Hildsroth Sarah zu Frenkel Isaac, Potaschnik Jehuda und Pessia zu Potaschnik Wirzmann. Wenn man den Krieg in Europa überlebt hat, dann fängt man natürlich sofort an, nach Verwandten zu suchen.

Also die suchen erstmal in der Nähe und man versucht in die Heimatorte zurückzukehren, aber dann erweitern sie ihren Blick und überlegen, wohin jemand gegangen sein könnte. Und dann denken sie an Eretz Israel. Die richten ihre Suchanfragen an die Jewish Agency. Hier ist Kol Israel aus Jerusalem.

Im Studio ist Shlomo Eisenberg, Generalsekretär der Jewish Agency, der den Suchdienst des Amtes für Verwandtensuche vorstellen wird. Bereits kurz nach Kriegsanfang 1939 wandten sich Tausende von Menschen an die verschiedenen Abteilungen der Jewish Agency.

Mit Fragen zu engen Verwandten, zu Söhnen, Eltern, Brüdern und Schwestern. Mit jeder neuen Eroberung der Nazis, mit jeder neuen Verfolgungswelle erhielten wir herzzerreißende Briefe. Stets wurden wir gefragt,

Vielleicht sind sie bei Ihnen hier zu Lande.

In Eretz-Israel. Seit Beginn der Befreiung Europas von der Nazi-Versklavung wurden die Suchaktionen erweitert. Die Jewish Agency erreichen Listen von Flüchtlingen,

die von verschiedenen Hilfsorganisationen aus Polen, Österreich, Frankreich, Ungarn, aus den verschiedenen Besatzungszonen der Alliierten in Deutschland, aus ganz Europa zusammengestellt worden sind.

Momentan erreichen uns täglich hunderte von Briefen. Angesichts dieser Entwicklung und der Lage entschied sich die Jewish Agency, ein spezielles Amt zu gründen, das Listen von Überlebenden veröffentlicht.

sowie Suchmeldungen von Angehörigen verbreitet. Das Amt für Verwandten suche. Nun verfügt unser Amt über 450.000 registrierte Namen von Suchenden und Gesuchten. In allen europäischen Ländern sammeln wir Nachrichten,

nehmen Grußbestellungen von Flüchtlingen an ihre Verwandten hierzulande entgegen, führen Volkszählungen der jüdischen Bevölkerung durch und geben dem Flüchtling und dem Überlebenden das Gefühl, dass sie nicht vergessen wurden.

Tausende von Sehnen erstrecken sich vom jüdischen Gemeinwesen hierzulande bis zum zerrissenen Judentum in Europa und zurück.

Diese Sehnen kreuzen sich alle dort, wo die meisten Fragen und Recherchen münden. Sie alle erreichen einen Ort: das Amt für Verwandten suche. Das Amt für Verwandten suche. Die Anzeigen des Amtes werden in der Zeitung für nah und fern gedruckt. Dazu werden sie durch den Rundfunkdienst verbreitet.

Abend für Abend werden die Großbestellungen von Überlebenden über den Äther ausgestrahlt. Und hierzulande sitzen Tausende, Tausende mit Angst und pochendem Herzen vor den Radioempfängern,

Und jeder trägt eine Hoffnung, einen Gruß zu bekommen.

Damals wusste ich es nicht. Aber Jahre später habe ich erfahren, dass um diese Zeit in den verschiedensten Sendern in Europa andere Radiosprecher genau das gleiche taten wie ich. Endlose Namenslisten im Radio vorlesen. Rilica Manfred, geboren 22.04.1942 in Königsberg.

Halb Europa war zerstört. Überall waren Menschen unterwegs. Es herrschte schlichtweg Chaos.

Überall gab es Geflüchtete, freigelassene Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene. Sie suchten nach ihren Familien. Und die Familien suchten nach ihnen. Aber nach den Juden gesucht? Gezielt? Das taten eigentlich fast nur die jüdischen Organisationen.

Das ist das Anra-Zentral-Tracing-Büro, Aralsson, nahe Kassel, Deutschland, das Rundfunk über die belgische Radio. Und glücklich sind es viele, die nie verletzt werden, weil sie diabolisch verurteilt wurden.

Die Listen, das waren ja zwei Seiten voller Zungenbrecher. Das waren so viele fremde, schwer auszusprechende Namen. Und das waren ja nicht nur die Namen, das waren ja auch Ortsnamen in Polen oder in Litauen oder Russland, Rumänien. Das waren ja Orte, von denen wir nie zuvor gehört hatten. Jakob Muglianski, Israel Karkur.

Damals waren im Land, aber natürlich auch hier im Sender, da waren so viele Leute, die aus diesen Ländern kamen und die konnten diese Sprachen sprechen. Und man konnte immer jemanden finden, der einem sagen konnte, wie man die Namen richtig ausspricht. Miriam und Sarah zu Rosenberg, Ida, da.

Hier ist Kol Israel aus Jerusalem. Das Amt für Verwandten suche erreichten Nachrichten und Grußbestellungen von Verwandten und Freunden aus dem Land und aus der Welt. Ich war damals ein Kind. Als ich von der Schule nach Hause kam, saß die ganze Familie am Esstisch und hörte die Sendung während des Mittagessens.

Es war ein Ritual. Und danach lief immer eine Kindersendung. Das Amt für Verwandten suche. Alleine durch seinen Namen sind alle Holocaust-Überlebenden zu meinen Verwandten geworden. Sie sind alle meine Familie gewesen.

Europa klang für uns Kinder wie ein verbrannter Kontinent, völlig zerstört und in Trümmern. Und dort, unter den Ruinen, steckten viele Mäusche-Lachs und Schläumelachs und Jitzkerlachs und Scheinelachs. Und alle wurden plötzlich irgendwie zu unseren Verwandten. Manche waren vielleicht im Leben.

Manche nicht. Auf jeden Fall wurden sie gesucht und trotzdem konnte ich nicht verstehen. Ich meine, ich war vielleicht sieben, acht Jahre alt und ich konnte nicht verstehen,

wie sie die Sendung aus dem Radio hören sollen und wissen, dass sie gerade gesucht werden. Oft sagt man über die Generation unserer Eltern, dass sie geschwiegen haben, dass sie mit uns Kindern nicht geteilt haben, was ihnen dort geschehen ist. Das Wort Schweigen ist aber hohl. Manche wollten reden, aber es gab oft niemanden, der zuhören wollte.

Manche haben mehr gesprochen, als man es hätte aushalten können. Und diejenigen, die doch gesprochen haben, wussten, dass ihre Worte nicht ausreichen, um ein Erlebnis, das die bekannte menschliche Erfahrung übersteigt, auszudrücken. Die Gesuchten oder jedermann, der von ihnen weiß, werden gebeten, ihre Adresse an das Amt für Verwandtensuche, Postleitzahl 92, Jerusalem, unter Angabe aller Details mitzuteilen.

An den Sender Call Israel. Eine Mutter, die bei uns wohnt, seitdem sie vor kurzem ins Land kam, sucht nach ihrem Sohn. Er heisst Arnold Goldstein. Er war 4,5, als er Lodz mit einer Kindergruppe verliess. Er wurde nach Frankreich geschickt, um von dort nach Israel zu kommen. Wo ist das Kind? Jeder, der etwas über dieses Kind oder diese Gruppe weiss, soll bitte die Familie Sprinczak in der Ussischkinstraße 16 Tel Aviv kontaktieren.

Hallo? Ja, herein. Setzen Sie sich bitte. Wie ist Ihr Name? Entschuldigung? Ihr Name bitte. Jehudit. Jehudit Fraschka Gerst. E-A-S-H-K-E-R-G-E-R-S-H-T. Aus Fabianice, Beirutsch. Aber jetzt hier in Israel. G-E-R-S-H-T. Und Sie suchen nach? Esther und Reisel Fraschka.

Das sind Ihre... Meine Schwestern, Esther und Reisel, aus Fabianice Beilod. Eltern? Wie? Wie heißen Ihre Eltern? Meine Eltern heißen, also hießen, Jechiske und Brendel Fraschke. Und wie alt sind Ihre Schwestern, Frau Fraschke? Ich heiße jetzt eigentlich Gerst. Ich habe aber noch den Namen Fraschke, falls Esther mich suchen sollte. Oder Reisel. Frau Gerst, also wie alt sind Ihre Schwestern?

Esther ist geboren im Jahr 1924. Reisel im Jahr 1923. Sie waren im Ghetto in Lodz. Das weiß ich ganz sicher. Ghetto in Lodz. Aber man hat sie auch später gesehen. Ich habe gehört nach dem Krieg 1946 in Polen. Ich weiß nicht wo genau, aber man hat sie gesehen.

Schreiben Sie: "Este und Reisel" aus Fabianice Bailocz. Man hat sie gesehen.

Aus allen Nachrichten, die in Telegrammen der jüdischen und fremden Nachrichtenagenturen, in den Berichten der Gesandten der Jewish Agency und in privaten Korrespondenzen gedruckt sind, entsteht ein klares Bild. Die Überreste der Diaspora sammeln und organisieren sich in den Quarantäne- und Durchgangslagern. 38.000 haben das Lager Dachau verlassen. 2.500 Kranke bleiben vorläufig im Lager.

In Berlin sind 6000 Juden geblieben, die das Gemeindeleben nun erneuern wollen. In Wien sind 500 Juden geblieben. 1600 österreichische Juden können die Lager nicht verlassen, da sie zu krank und schwach sind. Im Lager Theresienstadt sind noch 6500 Juden.

In Nordtranssilvanien leben nun 18.000 Juden. 8.000 wurden aus Quarantäne-Lagern entlassen. 10.000 überlebten die Arbeitslager oder überlebten im Versteck. Weitere 14.000 sind unterwegs aus Lagern in Schlesien. Es wird angenommen, dass 33.000 von 140.000 transsilvanischen Juden den Krieg überlebt haben.

In unserem Ankunftszentrum wohnt ein Neuankömmling namens Ascher Guttermann, der seit zwei Monaten nach seinem Sohn und seiner Schwiegertochter sucht, Isaac und Rosa Guttermann, sowie nach deren Tochter. Trotz seiner vielen Mühen hat er sie noch nicht finden können. Bitte berichten Sie darüber in einer der nächsten Sendungen und schicken Sie die Antworten, sollten welche bei Ihnen eintreffen, an das Ankunftszentrum für Neuankömmliche Chadera.

Ormanek Jakob aus Kübel von Goldberg Sonja aus Kuschitz. Bankowski Abraham von Bankowski Mordechai. Braum Eliyahu und Adel von Munitz Rela. Braum Israel von Perlmann Abraham Polen. Braum Abraham Isaak von Perlmann Abraham Polen.

Vor uns liegt ein besonderes Buch. Es enthält keinen Text. Es hat kein Thema. Es erzählt keine Geschichte und gibt keine Handlung wider. Ein Buch ohne Anfang und ohne Ende. Aber man kann sich kein tragischeres Buch als dieses vorstellen.

Wald, Shlomo David, Sohn von Mosche und Fruma, geboren im Jahr 1910, stammt aus Kalamai, gesucht von Eliyahu Wald in Israel. 60.000 Protagonisten kommen darin vor und nur zwei Sachen erfahren wir über sie: Wo sie herkamen und wo sie gefunden wurden.

Es ist zu bezweifeln, ob es ein weiteres Buch wie dieses auf der Welt gibt, das von zigtausenden von Menschen mit Spannung und Horror gelesen werden wird. Weiß, Jakob, Sohn von Itzhak und Hindel, geboren im Jahr 1921, stammt aus Lodz, gesucht vom Bruder Chaim Weiß in Israel. Wie sollen wir es nennen? Das Buch der übrig gebliebenen?

was von uns in Europa geblieben ist? Seine Redakteure nannten es das Heft der Überlebenden, eine Liste von Juden, die in verschiedenen europäischen Ländern am Leben blieben. Nach jeder Katastrophe, die das jüdische Volk im Laufe der Jahrhunderte erfuhr, wurden Gedenkbücher mit den Namen der Todesopfer geschrieben.

Doch die Verfasser mussten diesmal anders vorgehen und diejenigen auflisten, die am Leben geblieben sind. Denn auf jeden, der überlebt hatte, kamen sechs Ermordete. Pinchowski, Dvora, Tochter von Theven und Gittel, geboren im Jahr 1922. Sie blättern durch die Kapitel dieser Schriftrolle der Qual. Die Namen der jüdischen Frauen in Bergen-Belsen.

Die Namen der Juden im Lager Buchenwald, polnische Juden in Dachau, jüdische Frauen aus Ungarn und Transsilvanien, die in Wurzen befreit wurden, die Überlebenden von Theresienstadt. Großhäus, Schachna, geboren im Jahr 1896, wohnhaft in Warschau auf der Merowesker Gasse 11. Bloß ein kurzes Vorwort auf einer einzigen Seite erläutert, dass dies erst der Anfang sei.

Tellermann, Nathan, Sohn von Josef und Felge, geboren im Jahr 1916, stammt aus Stachow. Diejenigen, die solche Listen erstellen, spazieren über die Tausende von Friedhöfen, die mal Zentren jüdischen Lebens in einem alten Kontinent waren. Zwischen Millionen von Gräbern, zwischen den Gaskammern und den Krematorien. Sie buddeln in den Massengräbern.

Sie suchen nach einem Knochenhaufen. Und sie wünschen sich, dass wenige das überlebte und zu retten sei, zu retten. Guten Tag. Eine Sekunde, eine Sekunde. Ja, ich warte. Also, Entschuldigung. Ich suche meine Cousine. Moment. Sie sind? Aaron. Aaron Netanel. Also, gefreiter Aaron Netanel. Gefreiter Netanel.

Sie waren schon mal hier im Amt? Nein. Nein. Also noch keine Aktennummer? Gefreiter Netanel? Noch keine Aktennummer. In Ordnung. Ja, also ich suche nach meiner Cousine. Sie heißt Helena. Helena Auerbach. Stopp, stopp, stopp. Helena Auerbach. Haben Sie weitere Details zu Frau Auerbach? Ja, also sie war vor acht Monaten auf Zypern in einem Durchgangslager. Das weiß ich ganz sicher.

Zypern? Ja, Zypern. Und sie hatte einen Bruder, er ist als Soldat gefallen. Sie weiß nichts davon. Sie wusste nicht einmal, dass er in der Armee ist. Der Bruder von Frau Auerbach, das ist also ein Cousin von Ihnen, oder? Richtig. Tut mir leid. Wie? Ach ja, ja, danke, danke. Also...

Also seine Sachen von Isaak, so hieß er, Isaak Auerbach, sie sind alle bei mir. Aber von mir weiß sie ebenfalls nichts. Ich meine, also ich meine, dass ich im Land bin. Haben Sie weitere Details zu ihrer Cousine? Ja, also Helene Auerbach, 25 Jahre alt, geboren in Deutschland, die Eltern stammen aus Polen. Ihr Bruder Isaak ist 1937 hierher gekommen. 1937? Ja, und Helena, sie hat geheiratet, das weiß ich. Ich weiß aber nicht, wie sie jetzt heißt. In?

In Ordnung. Also, Helena Auerbach, 25 Jahre alt, Tochter von? Hirsch und Sarah Auerbach. Tochter von Hirsch und Sarah Auerbach. Aus Deutschland, vor etwa acht Monaten auf Zypern gewesen, gesucht vom Cousin, gefreiter Aaron Netanel. Senden Sie es auch im Radio? Wissen Sie wann? Das kann ich Ihnen leider nicht sagen.

an das Amt für Verwandten suche. Vor einiger Zeit habe ich mich an sie gewendet mit der Bitte, Roma Margulis aus Lodz zu suchen. In ihrer Sendung wurde jedoch nur ihr Name ohne den Geburtsort erwähnt. Nun meldeten sich bei mir drei gleichnamige Frauen. Eine aus Dovno, eine aus Warschau, eine aus Lublin.

Da ich Roma Margolis aus Lodz, deren Eltern Moritz und Leosha heissen, suche, bitte ich sie darum, meine Suche erneut auszustrahlen. Diesmal mit der Erwähnung der Namen der Eltern und des Wohnorts Lodz. Die Abteilung versuchen Kräuvin bei der Sochnut in Jerusalem suchtfolgende Personen. Es wird gesucht. Orenstein Chane, ein Alter von 33 Jahren.

Genia, in älter von 25 Jahren. Eliezer, Laser, in älter von 19 Jahren. Wir hatten Kollegen, die die Suchanzeigen auch auf Jiddisch vorgelesen haben. Der Sender hat auf Kurzwellen gesendet und es hieß Kol Zion Bagola, die Stimme Zions in der Diaspora.

Die Suchanzeigen, die wurden vor allem auf Jiddisch vorgelesen, weil es eben doch die Sprache war, die die meisten europäischen Juden irgendwie beherrschten. Ankol Israel Jerusalem.

Mein Name ist Aaron Finkelstein. Ich lebe in den Vereinigten Staaten in New York. Seit einiger Zeit versuche ich, die Sendungen von Kolzi und Bagula auf Kurzwellen zu empfangen. Es ist mir vor allem ein Anliegen, da ich durch die Sendung "Das Amt für Verwandte" suche, auf Hinweise zum Verbleib meiner Schwester, Edda Finkelstein, und meines Bruders Jakob Finkelstein bei der Auslotsch erhoffe.

Ich habe dem Amt bereits eine Suchmeldung über die israelische Vertretung in New York geschickt. Dort habe ich auch eine Liste mit den Kurzwellenfrequenzen und den Senderzeiten von Kolzi und Bagula auf Kurzwellen gefunden. Diese stimmt jedoch vorne und hinten nicht.

Ich bitte Sie, entweder der israelischen Vertretung die richtigen Frequenzen und Sendezeiten zu übermitteln oder diese mir zukommen zu lassen. Ich kann mich an die Stimme eines Sprechers erinnern, wie er Namen in einer absichtlich abgehackten Stimme vorliest.

Sehr klar, exakt intoniert, damit man die Namen versteht. Ganz langsam. Ich kann mich erinnern, wie mein Großvater vor dem Empfänger saß und schweigend gelauscht hat. Dieses Schweigen durfte man nicht unterbrechen. Meine Großmutter hat das Essen zubereitet, und er hat dem Amt für Verwandtensuche zugehört. Danach haben wir gegessen.

Das ist alles bei mir im Kopf gemischt. Ein Omelett mit geschnittenem Gemüse, Gurken und Tomaten, der Geruch und mein Opa, der alleine auf dem Sessel sitzt und zuhört. Er hat auf Polnisch gemurmelt, und ich habe kein Wort verstanden. Und ich habe mich danach gesehnt, für sie ihre Verwandten zu finden. Und wusste nicht, wie.

Ich wusste auch nicht, warum so viele Verwandte verloren gegangen sind und wie man sich so einfach verlieren kann. Ich glaube nicht, dass man die Dimension dieser Erfahrung verstehen kann. Ein kleines Kind sitzt vor einem großen Radioempfänger.

Es versteht nicht mal, wie Stimmen aus dem Radio herauskommen. Es denkt, dass Leute im Gerät drinnen sitzen und sprechen. Und versucht mit all seiner Kraft, einen Verwandten zu identifizieren, der seine Eltern ein bisschen glücklich machen würde. Danach wurde immer ein Konzert gesendet. Musik

Wir haben einmal als Redaktion einen Ausflug ins Amt gemacht. Das war unglaublich. Das sind knapp eine halbe Million Karteikarten. Das sind ja eigentlich nur trockene Zahlen. Aber als wir dann die Leute gesehen haben, die die Grußbestellung abgegeben haben, da haben wir erst wirklich begriffen, was unsere Arbeit bedeutet. Musik

An die Leitung des Senders "Call Israel". Ich wende mich an Sie mit folgender Bitte: Diesen Monat ist ein Künstler bei Ihnen aufgetreten. Ich weiß nicht mehr, an welchem Tag. Er hieß Sheikhman Abraham. Er wurde von einem Pianisten namens Schäfkin begleitet. Gerne würde ich die Adresse des Herrn Schäfkin erfahren.

Ich hatte einen Onkel in Warschau, der auch so hieß, und seit Jahren habe ich nichts mehr von ihm gehört. Daher bitte ich Sie dringlichst darum, mir die Adresse des Künstlers mitzuteilen, sofern diese Ihnen bekannt ist. Hochachtungsvoll, Meir Rappaport. Alianow Otkov von Banin Schikrosin, Hanna. Eusach Sarah von Salkovic, David.

Ochshändler Mirella von Ochshändler Hanke. Amlet Jana von Weingarten Aaron. Eisenmann Rachel von Eisenmann Bluma und Chava. Die Sendung hat dich immer mit einer Frage zurückgelassen. Du wusstest nicht, was mit den Menschen aus der Sendung geschehen war. Du hattest Namen über Namen gehört. Das Radio hat aber nie verraten, wurden sie gefunden, wurden sie nicht gefunden, leben sie noch, sind sie tot?

Und du hast es jeden Tag gehört. Jeden Tag. Sie waren weder am Leben, noch waren sie tot. Sie waren weder hier noch da. Und doch waren sie sowohl hier als auch dort. Sowohl am Leben als auch tot. Aber wer ihnen ein Dasein verschaffte, das waren ihre Verwandten. Die Leute, die nach ihnen suchten. Die ihren Namen beim Amt abgaben.

Das waren die Schatten, die über den Menschen hier lagen.

Du läufst durch die Welt und diese Schatten können dich jederzeit einholen. Es waren Menschenschatten, die allgegenwärtig waren. Und einerseits wollte man natürlich, dass sie wiederkommen. Andererseits hatte man Angst. Vielleicht hatten sie in der Zwischenzeit bereits neue Familien gegründet. Jeden Tag haben wir darauf gewartet,

dass sie den Namen Sima Bruder sagen. So hieß die Schwester meiner Mutter: "Sima Bruder aus Jablonna. Sucht Elke Bruder aus Jablonna." Und jeden Tag haben wir dieses Gemisch von Namen und Dörfern mit der Hoffnung gehört, von Sima Bruder zu erfahren.

Meine Mutter sprach nie. Sie hat nie was erzählt. Ich wusste nur, wie Sima aussah. Weil wir dieses eine Bild von ihr hatten. Aber sonst wusste ich nichts. Was geschehen ist, warum meine Mutter geflohen ist, warum Sima dort blieb. All das habe ich nie erfahren. Uns, den Kindern, erzählte man nichts. Ich glaube, sie wollten uns einfach beschützen.

Meine Mutter sagte immer: "Es ist nichts für Kinder, ihr müsst nicht alles wissen." Die Sendung gab meiner Mutter Hoffnung. Heute weiß ich, dass sie aufgehört hat, Sima zu suchen, nachdem sie von einem Überlebenden aus Treblinka gehört hat, dass Sima in der Schlange vor den Gaskammern gesehen wurde.

Ihr Leben war zwar hart zu ertragen, aber die Sendung machte ihr Leben ein wenig erträglicher. Du suchst ja die ganze Zeit. Du denkst, du siehst die gesuchte Person auf der Straße. Du denkst die ganze Zeit, du siehst deine Verwandten. Dann schaust du wieder hin. Nein, das sind sie nicht. Du bist ständig auf der Suche. Wenn du nicht suchst, sucht keiner nach ihnen.

Sie werden vergessen. Und das ist dann deine Schuld. Unsere Eltern haben das alles überlebt. Den Krieg, die Lager. Denn kommen sie hier an und hier gibt es auch Krieg. Und Not mit Essensmarken und Rationierung und so. Man darf ja nicht vergessen, es war alles andere als gewiss, dass Israel die ersten Jahre seiner Existenz durchsteht. Das kann man sich alles heute nicht mehr vorstellen, wie hart der Alltag war.

In unserer Nachbarschaft hatte alles immer mit den Nazis zu tun. Wenn jemand hinkte, waren es die Nazis. Wenn die Leute komische Tics hatten, hatte es auch mit den Nazis zu tun. An allem waren die Nazis schuld.

Und unsere Verwandten waren alle im Radio, beim Amt für Verwandten-Suche. Wir hatten ja alle keine Großeltern, keine Tanten und Onkel. Ich hatte einen guten Freund, der auch wie ich süchtig nach der Sendung war. Als wir als Kinder Verstecken gespielt haben, meinten wir immer als Witz,

Pass auf, das Amt für Verwandten-Suche ist hinter dir her. Es gab aber auch Suchende, die nicht nach ihren Liebsten suchten, nach ihren Familien. Die waren sowieso fast allesamt ermordet worden. Nein, sie suchten nach ihren einstigen Peinigern, nach sogenannten Kapos. Die jüdischen Mithäftlingen, die in den Lagern für die Nazis die Ordnung aufrechterhalten haben. Diese Leute suchten nach Rache. Und dann gab es Gesuchte, die nicht gefunden werden wollten.

Sie wollten verschwinden, alles Vergangene hinter sich lassen, ein neues Leben beginnen. An den Sender Kol Israel. Neuankömmling Frau Yeti Kalman, im Juli 1948 im Land angekommen, nun wohnhaft im Ankunftszentrum Pardes Khana, sucht nach ihrem Onkel Jakob Wassermann, wohnhaft in Tel Aviv, genaue Adresse unbekannt.

Guten Tag. Setzen Sie sich, bitte. Ja, hier. Guten Tag.

Ich habe einen Termin vereinbart, ja? Frau Grimau? Ja, richtig. Ich habe sie vor fünf Monaten angeschrieben. Ich suche nach meiner Tante. Sie lebt in Amerika. Sie ist die Letzte. Mirella Mirella Ullmann, meine Tante.

Mirella Ullmann. Und sie wohnt in Amerika, richtig? Ja, das hatte ich Ihnen geschrieben. Sie ist ganz sicher nach Amerika gegangen. Das habe ich gehört, ja? Sie müssen verstehen, wenn es um eine Auslandsuche geht, dann dauert es etwas länger. Fünf Monate. Moment. Ich sehe, hier liegt ein Schreiben aus dem Büro in Kalifornien. Oh. Was heißt oh? Wieso oh?

Ja, Frau Greenbaum, das Büro in Kalifornien hat die Adresse Ihrer Tante aufgespürt. In San Diego. Man hat ihr drei Briefe geschickt, aber offenbar hat sie sie nicht beantwortet. Drei Briefe? Ja, über den ganzen Sommer. Ja, vielleicht war sie verreist. Jetzt ist es Herbst, Frau Greenbaum. Moment, hier ist noch ein Schreiben. Ja, bitte.

Also, an das Amt für Verwandten suche, Hauptbüro und so weiter und so fort. Hier, 2. September 1952. Sehr geehrte Kollegen, wir haben keine guten Nachrichten zu der Angelegenheit. Anscheinend ist Frau Greenbaum nicht die Einzige, die nach der Person sucht. Das Büro in Kalifornien bekam weitere Anfragen bezüglich Frau Ullmann, die Frau Ullmann jedoch gänzlich unbeantwortet gelassen hat.

Offenbar ist Frau Ullmann an ihrer Familie nicht weiter interessiert. Hiermit schließen wir die Akte. An den Sendekoll Israel. Letzte Woche am Montag nach den Abendnachrichten habe ich in der Sendung den Namen Romek Schulmann gehört.

Ich würde Sie mit Verlaub bitten, mir schriftlich mitzuteilen, ob jener Romek Schulmann in Lodz, Polen geboren wurde, sein Vater Herschel hieß, seine Mutter Feige, seine Brüder Maja und Benisch und seine Schwester Hindl.

Seine Tante, Händel Dobrzynski, wohnhaft in Giewetheim, bittet nachdrücklich darum. Mutter und Tochter, die seit vier Jahren im Süden des Landes wohnen, ohne dass die eine vom Verbleib der anderen wusste, sind sich dank des Amtes für Verwandtensuche der Jewish Agency wiederbegegnet.

Die Mutter Malka Garchichin, die als Putzkraft auf dem Polizeirevier in Aschgolon arbeitet, kam 1950 im Land an und glaubte, die einzige Überlebende aus ihrer Familie zu sein, nachdem sie von ihrem Mann und vier Kindern in den Jahren des Krieges getrennt wurde und verschiedene Lager durchlief.

Dem Rat eines Freundes folgend, wendete sich die Mutter an das Amt und schon wenige Wochen später kam die Antwort, dass ihre Tochter, bereits verheiratet und selber Mutter zweier Kinder, seit vier Jahren in einem Arbeiterdorf in Masmi erlebt. Die Freude von Mutter und Tochter kannte keine Grenzen.

Bis heute, in jedem Buch, in jedem Film, in jeder TV-Serie, wo der Holocaust erwähnt werden soll, aber unterschwellig, indirekt, da steht ein Radio.

Und aus diesem Radio kommen Namen. Das war die Sendung. Das war das Amt für Verwandten-Suche. Ganze Generationen kannten diese Sendung. Sie wurde bis in die 90er Jahre weiter ausgestrahlt. * Musik *

12. Oktober 1982 an das Amt für Verwandten suche Jerusalem. Vor wenigen Tagen habe ich meinen Namen im Radio gehört. Ich würde Sie bitten zu prüfen, ob es sich um meine Person handelt. Mein Name ist Rachel Finkelstein aus Jasch in Rumänien. Meinen Sohn Aaron Finkelstein habe ich in Rumänien zurücklassen müssen, als er drei Jahre alt war. Das war vor 40 Jahren im Krieg.

Ich bitte Sie, mir schnellstmöglich die Ergebnisse Ihrer Nachprüfung zu übermitteln. Entschuldigung.

Dein Name bitte? Offer. Offer Waldmann. Wie kann ich helfen? Ja, eigentlich recherchiere ich hier gerade im Archiv, weil ich an einer Radioproduktion über das Amt für Verwandten suche, für einen deutschen Sender arbeite. Ach wirklich? Das ist ja toll. Na, jedenfalls dachte ich, wenn ich schon mal hier bin, würde ich gerne einen Antrag auf Verwandten-Suche stellen. Auf Verwandten-Suche? Ja, genau. Also, neulich habe ich mit meinen Eltern gesprochen, da wir jetzt dieses Hörstück schreiben, ne, und...

Wir haben über das Amt geredet und über den Krieg und sie haben alte Bilder rausgekramt und da gibt es einfach einige Verwandte, von denen wir nichts wissen und naja, das hat mich neugierig gemacht. Gut. Wo kommt deine Familie her? Also dieser Teil der Familie kommt aus Tschernowitz. In der heutigen Ukraine? Genau, in der Ukraine, richtig. Okay, schauen wir mal. Ich habe allerdings keine Namen. Das macht nichts. Gib einfach die Namen, die du schon hast. In Ordnung, also...

Mein Großvater hieß Meir Waldmann, allerdings mit einem N. Vielleicht hat jemand nach ihm gesucht. Meir Waldmann. Genau, geboren am 20. Mai 1904. Wann ist er hier angekommen? Am 15. Mai 1924. Sucht nach... Oder wird gesucht... Von Ofer Waldmann. Ofer Waldmann, genau. In Jerusalem, Israel. Hier habe ich was gefunden. Schau auf den Bildschirm.

Da ist er. Ja, Wahnsinn. Waldmann May, angekommen in Haifa an Bord des Schiffes Trento am 15. Mai 1924. Genau, aus Wien. Kann Hebräisch, Deutsch, Polnisch. Es liegt die Passagierliste vor. Unglaublich. Es steht hier, er war polnischer Staatsbürger und Landwirt. Das stimmt nicht. Hat er wahrscheinlich einfach so angegeben, um eine Einreiseerlaubnis zu bekommen. Und hier von 1936? Ja.

Ja, genau. Aber dann schon mit meiner Großmutter. Also, Meir Waldmann, Rückkehrer. Waldmann Bina, Neuankömmling. Angekommen im Lande, an Bord des Schiffes Jerusalem. Am 9. November 1936. Und hier noch ein Dokument. Volkszählung aus dem Jahr 1942. Ja, also 1942 ist mein Vater geboren.

Genau, Meir, 35 Jahre alt, das ist mein Großvater. Bina, 34 Jahre alt, das ist meine Oma. Aber hier, schau, Waldmann Abraham, Lea, Waldmann Zvi. Die kenne ich alle nicht. Wer weiß, wer kennt. Das Amt für Verwandten-Suche. Ein dokumentarisches Hörspiel von Noam Brusilowski und Offer Waldmann.

Mit Katrin Störmer als Radiosprecherin, Dirk Müller als Radiosprecher, Anna Stieblich und Stefan Wolf-Schönburg als Miriam und Schmuel, Stimmen der zweiten Generation. Tilla Kratoch-Wil als Beamtin des Amtes für Verwandten-Suche. In weiteren Rollen: Veit Schubert, Janusz Cichocki, Veronika Belowa, Jonas Schlagowski,

Peter Becker, Vernessa Berbo, Pierre Frickbeij sowie Offa Waldmann. Mit Zitaten aus Dokumenten aus dem Archiv des "Search Bureau for Missing Relatives" in den "Central Zionist Archives Jerusalem", des israelischen Staatsarchivs sowie aus den "Arrolsen Archives".

Ebenfalls wurden Passagen aus der Original-Sendung "Wer weiß, wer kennt" von "Kol Israel" zitiert, sowie aus der Radiosendung "Brief ohne Adresse" mit Yael Ben Yehuda ausgestrahlt im Jahr 2006 im Sender "Galley Zahal". Zudem wurden Vermisstensuchmeldungen des Deutschen Roten Kreuzes, die 1947 im Nordwestdeutschen Rundfunk ausgestrahlt wurden, verwendet.

Ton Nikolaus Löwe, Katrin Witt und Mandy Tintner. Regieassistenz Eunike Kramer. Dramaturgie Juliane Schmidt. Regie Noam Brusilowski. Die Gesuchten oder jeder Mann, der von ihnen weiß, werden gebeten, ihre Adresse an das Amt für Verwandtensuche mitzuteilen. Eine Produktion des Rundfunk Berlin Brandenburg 2025.