Was liest du gerade? Ein Podcast über Bücher und was sie über die Welt erzählen. Ja, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, hier spricht Adam Soboczynski. Mit mir zusammen hier im Studio sitzt Iris Radisch, meine Kollegin. Sie hören den Podcast »Was liest du gerade?«, den Bücherpodcast der Zeit.
Und ich freue mich heute über zwei Bücher zu sprechen. Eins ist vom sehr bekannten Dramatiker Roland Schimmelpfennych. Das andere ist von Christian Kracht, dessen Roman er es viel positiven Wirbel gegeben hat. Aber wir beginnen wie immer mit einem Zitat, wo wir noch nicht verraten, um welches Buch es sich handelt. Iris, vielleicht magst du beginnen. Ja, da ist unsere Spielregel ja immer die,
Dass wir dieses Zitat jetzt ganz losgelöst aus dem Kontext erst mal verstehen wollen und uns gar keine Gedanken machen, wer das in welchem Augenblick in einem Roman der Gegenwart gesagt oder geschrieben hat. Und jetzt kommt das Zitat. Werbung.
»Wie Risse in der Erde« heißt der neue Roman von Claire Leslie Hall, in dem alle Facetten und Gegensätze des Lebens auf poetische Weise miteinander verwoben werden. Schönheit und Schrecken, Tod und Geburt, Liebe, Leidenschaft und Schmerz. Die bewegende Geschichte von Beth und Gabriel können Sie ab jetzt lesen oder als Hörbuch genießen. Gute Unterhaltung. Der erste Satz
Sei authentisch. Authentisch. Ein Wort, das ich immer häufiger hörte, doch mit dem ich nicht viel anfangen konnte. Wahr, echt, glaubwürdig. Ich bezweifelte, dass man sich vornehmen konnte, authentisch zu sein. Stand es nicht im Widerspruch zueinander? Der Vorsatz und das Sein? Also wer auch immer das ist, der sich hier fragt, ob man denn authentisch sein könne, ob das denn überhaupt...
möglich ist, ob man glaubwürdig, echt und wahr sein kann. Das ist eigentlich eine riesige Frage, weil natürlich hat die ganze Soziologie uns seit mindestens 100 Jahren erklärt, dass wir eigentlich immer in sozialen Rollen sind. Dass es sowas wie den echten Menschen hinter diesen ganzen sozialen Rollen überhaupt nicht gibt. Wir sind eigentlich immer, so sagt jedenfalls die strenge Soziologie, das Produkt der
der Gesellschaft, wir sind das Produkt unserer Biografie, wir sind das Produkt unserer Umwelt. Und dann gibt es natürlich immer noch die Hoffnung, dass es sowas wie was ganz Eigenes gibt, dass wir natürlich doch mehr sind als die Summe unserer soziologischen Teile, sondern irgendwie was ganz Echtes, Authentisches haben. Das ist eine große Frage, wo es natürlich letztlich, glaube ich, wenn du jetzt mich fragst, wie ist es, ein
Also ich hoffe es zumindest, dass es so etwas bisschen wie was Echtes in einem gibt. Also etwas, was man wirklich nur selber ist und was einem nicht von der Gesellschaft erzählt wurde. Den Ehrgeiz haben wir doch alle. Also nicht einfach nur zu reproduzieren, was man uns erzählt hat, sondern ein bisschen auch ein eigener Mensch zu sein. Naja, dieses Zitat basiert ja darauf, dass es tatsächlich einen Widerspruch gibt zwischen Vorsatz und Sein. Dieses sich vornehmen, es geht ja um das sich vornehmen, authentisch zu sein, zählt.
Das ist schon nicht ganz falsch, dass das in eine gewisse Widersprüchlichkeit hinein gerät, weil schon der Vorsatz eine Absicht und dementsprechend eine Inszenierung voraussetzt. Eigentlich schon wieder eine Rolle ist. Ich gehe in die Rolle des Echtseins. Und ich glaube aber, dass es im übertragenen Sinne sehr wohl man der Aufforderung sei bitte authentisch, die befolgen kann. Weil man ja natürlich sehr häufig sehr bewusst sagt,
sich verstellt, sich dumm stellt beispielsweise oder schlau stellt oder affektiert tut oder wie auch immer und dass man das ein wenig runterfährt, das kann man schon steuern. Man kann Authentizität, glaube ich, bis zu einem gewissen Grad steuern. Dahinter steht eine ganz andere Frage, nämlich man ist authentisch dann, glaube ich, immer wenn es so etwas gibt wie Vertrauen und Vertrauen ist etwas,
ist eine Ressource, die tendenziell knapp ist. Wir laufen durch die Welt mit einem Grundmisstrauen hinter allem. Vertrauen schaffen dann natürlich in der modernen Gesellschaft Gesetze, Staatlichkeit, Polizei, weiß der Teufel was. Aber wenn es darum geht, dem Allernächsten zu vertrauen, sagen wir mal im Berufsumfeld oder sowas, bleibt immer eine Spur. Misstrauen kann irgendetwas sein,
Böses mit einem passieren oder nicht, agiert jemand gemein? Man will ja auch Erwartungen entsprechen. Es ist ja auch durchaus so, dass man weiß, vor allen Dingen im beruflichen Zusammenhang,
dass man Leistung bringen muss. Und dann will man natürlich diesen Leistungserwartungen halbwegs entsprechen. Oder ich glaube auch wir hier im Podcast, wir wollen ja nicht ganz so doof rüberkommen. Also wir tun vielleicht auch manchmal ein bisschen schlau und geben gar nicht zu, dass wir auch manchmal Dinge nicht so gut verstanden haben, wie wir tun, dass wir sie verstanden hätten. Natürlich spielt man immer Rollen. Und ganz ehrlich, Rollenspiel ist ja auch was, was zum Leben gehört. Das eigentlich...
ist es ja nichts per se Schlechtes, dass man auch Rollen einnehmen kann und Rollen vor allen Dingen wechseln kann. Wenn man immer authentisch wäre, wäre man ja immer derselbe. Dadurch, dass man Rollen spielen kann, hat man ja ein bisschen kostümfest mit sich selbst und ist auch mal... Ich meine, natürlich ist die gesamte Literatur nichts anderes, dreht sich um nichts anderes als um diese Fragestellung. Eigentlich vor allen Dingen im realistischen Roman, also diese ganzen Schurkenfiguren, die es gibt, also...
Bei Anna Karenina überall immer gibt es das Opaque des Anderen, was man versucht in irgendeiner Weise zu durchstoßen. Natürlich geht es immer in diesen Liebesromanen darum, ist man hier der Verstellungskunst ausgesetzt oder in einem authentischen Antlitz. Und das ist eigentlich die Grundfrage der Literatur, die in diesem Buch gestellt wird. Es ist, ich verrate es mal, Christine Bilkau heißt das.
Der Roman heißt Halbinsel, handelt von einem Mutter-Tochter-Verhältnis. Die Tochter hat einen Zusammenbruch erlitten mit Mitte 20 und lernt dann, könnte man sagen, die Mutter vielleicht überhaupt erst richtig kennen. Jedenfalls verbringen die dann sehr, sehr viel Zeit miteinander. Ja, ob diese Geschichte dann immer so gut ausgeht, das müssen andere entscheiden. Das Buch...
Wurde sehr beachtet, während wir diese Sendung hier aufzeichnen, haben wir noch nicht die Leipziger Buchmesse. Und es ist auch so, dass noch nicht klar ist, wer den Preis der Leipziger Buchmesse gewinnt. Aber Christine Bilkau ist mit Halbinsel nominiert, ist im Luchterhand Verlag erschienen. Das war unser Zitat des Monats und jetzt kommen wir zu den ja schon angekündigten beiden Neuerscheinungen.
Christian Kracht heben wir uns noch für einen Moment auf, was aber sehr spannend ist, weil Adam, du ihn ja in Indien, in Kathmandu besucht hast. Nicht in Kathmandu, nicht in Kalkutta. Ah, in Kalkutta. In Kolkata, wie man korrekt verweisen soll. Also jedenfalls hatten wir noch gar nicht viel Gelegenheit, über diesen legendären Besuch bei Christian Kracht in Indien zu sprechen. Ich bin natürlich gespannt, ob du da noch ein paar Dinge verraten kannst nachher. Wir fangen jetzt aber erst mal an mit Roland Schimmelfennig, der
auch ein sehr bekannter Autor ist als Dramatiker. Dieses hier ist auch nicht sein erster Roman.
Der hat einen, wie ich finde, originellen Titel. Sie wartet, aber sie weiß nicht auf wen. Das ist der Romantitel. Und das wirklich Besondere und wie ich finde auch sehr Lustige an dem Roman ist, dass er ein berühmtes Vorbild hat. Nämlich das Drama Reigen von Arthur Schnitzler. Ein Theaterstück, was hier als Roman so ein bisschen...
modern nacherzählt wird, aber natürlich mit modernen Figuren, mit modernen Konflikten. Aber man erkennt die Figuren und auch die Szenen durchaus wieder. Das Prinzip des Reigen ist folgendermaßen. Es sind kurze Begegnungen von Paaren, die aufeinandertreffen und bei Arthur Schnitzler geht das ganz schnell in
in einen Liebesakt, also wirklich in eine Sexszene über. Das hat damals einen großen Skandal gemacht. Wobei der auf der Bühne ja nicht... Obwohl der genau auf der Bühne gar nicht gezeigt wurde und sich auch im Text bei Schnitzler hinter dem Schamtüchlein von vielen Gedankenstrichen verborgen hat. Also es war eigentlich sehr keusch. Aber allein die Tatsache, dass sich da Paare begegnen, die eigentlich nichts anderes voneinander wollen, als miteinander zu schlafen. Mhm.
Das war von einer Direktheit, von einem Materialismus, wo also alles Sentimentale aus der Begegnung von Mann und Frau entfernt wurde von Schlitzern. Natürlich als Zuspitzung, als Komödie, als Parodie natürlich gedacht.
Das war natürlich vor etwa 100 Jahren ein riesiger Theaterskandal. Das war 1920 in Berlin, da wurde das Theater gestürmt, das Publikum wurde attackiert, dann wurden die Schauspieler vor Gericht gezahlt.
Es durfte auch nicht aufgeführt werden, das umging man dann irgendwie, aber es gab ein richtiges Verbot und so. Und wenn man das natürlich heute liest, verwundert man sich fast ein bisschen. Es gibt auch, ich glaube es war Richard Alewin, ein Literaturwissenschaftler, der sehr berühmt und auch finde ich ganz toll gewesen ist, lebt nicht mehr. Der sagte halt, wenn man sich das anschaut und durchliest,
ist das eigentlich völlig absurd, dass es so ein Theater um dieses Theaterstück gegeben hat, weil es natürlich überhaupt nicht pornografisch ist. Und er sagte, es
Es ist auch so, dass es ganz bestimmt niemanden animiert dazu, sittenlos zu werden oder selbst sex zu törnen. Ganz im Gegenteil. Es ging ja vor allen Dingen auch darum, dieses ganze sentimentale Liebesgeschwafel zu enttarnen. Im Grunde als einen mechanisch erotischen Akt. Ja, genau. Diese Figuren spulen da immer so ein bisschen Liebesrhetorik ganz schnell ab, um möglichst schnell miteinander ins Bett zu kommen. Männer wie Frauen
Wobei die Frauen bei Schnitzler durchaus schon noch die Opfer dieser Machenschaften der Männer waren. Also es ging auch um die Doppelmoral dieser Herren der besseren Gesellschaft, die jedes Stubenmädchen und so weiter flachlegten und
Und aber verzerrtelt vor sich hin redeten und so weiter und so fort. Also eigentlich ein moralistischer, das ist die Pointe, das ist eigentlich ein moralistisches Drama gewesen. Das heißt, es ist eigentlich absurd, dass das so angefeindet worden ist. Manchmal ist es auch genau umgekehrt, dass das moralische eben... Weißt du, ich glaube, die Kritik wollte sich auch ihre Illusionen nicht so einfach nehmen lassen, weil Liebesillusionen, das gehört doch zum Kostbarsten.
Und gerade, dass sie in der Literatur ausgebreitet wird, die große Liebe, eigentlich gibt es das ja fast nur in der Literatur. Im wahren Leben ist es ja eher selten. So die große, alles transzendierende, himmelstürmende Liebe, das ist in der Literatur erlaubt.
Und das wollte sich keiner einfach so demontieren lassen und so runterbrechen lassen, dass das im Grunde alles nur erstunken und erlogen und sentimentaler Kitsch ist. Aber es ist wahr, auch damals gab es natürlich vernünftige Leute, also auch Alfred Döner.
Kerr, der tolle Kritiker hier vom Berliner Tagplatz, sagte, Mensch Kinder, das Leben ist doch kein Kindergarten. Was stellt ihr euch denn so an? Natürlich ist es auch verteidigt worden. Hoge von Hoffmannsteil hat ja diesen tollen Satz auch gesagt oder eben geschrieben, ich weiß nicht.
Denn schließlich ist es ihr bestes Stück, Sie Schmutzfing. Herrlich, ja. Vor allen Dingen mit dem Sie in der Kombination mit dem Siezen. Sie Schmutzfing, wunderbar. Aber also Roland Schimmelfennig, ich finde es herrlich, wie er damit jetzt umgeht. Es ist ganz gut, ich unterbreche dich nochmal ganz kurz, denn du hast ja für unsere Literaturbeilage zur Buchmesse
Da hast du ja die Liebesromane des Frühjahrs ein bisschen gesichtet. Und der, der dir vor allen Dingen aufgefallen ist, ist ja dieser Roland Schimmelpfennig mit Sie wartet, aber sie weiß nicht auf wen. Wieso findest du den so herausragend im Vergleich zu anderen? Also einmal, weil er so eine breite Palette an Liebesmodellen bietet. Ich habe jetzt noch nicht ganz erklärt, was der Reiz des Buches ist, aber ich nehme es jetzt mal vorweg.
mir kommt das richtig so ein bisschen wie eine ganz moderne Form von Paare Passanten. Also man geht hier für einen Augenblick in Liebesgeschichten rein, ganz tief, auch in existenziellem Sinn und dann geht man schon wieder weiter zur nächsten und da...
Ist für mich ein ganzes gesellschaftliches Panorama, wie Liebe heute aussehen kann. Wie man aufeinandertrifft. Natürlich auch mit den bisschen ähnlichen Problemen, die es schon bei Schnitzler gab. Dass man sich was vormacht, dass man sich anlügt, dass man sich Verletzung... Aber das in so einem breiten Panorama von Figuren zu sehen und durchaus...
so desillusioniert wie bei Schnitzler. Das fand ich eigentlich gut. Dass er natürlich das nicht einfach rückgängig macht, diese Desillusion und jetzt wieder die rosaroten Liebesschwüre an den Himmel malt. Das nicht, aber die Menschen als sehr viel sehnsuchtsvoller schildert. Also Menschen, die von der Liebe wirklich das an
Das Größere, das Wildere erwarten und es dann nicht finden. Also im Grunde auch all die Projektionen, die man in Liebesbeziehungen setzt, die Hoffnung, die man setzt und die Enttäuschung, die man dann erleidet. Das fand ich eben gerade in so einem breiten Panorama so wundervoll an. Und auch in dem Scheitern, dass hier ja sicher, da kommen wir jetzt noch drauf, was das für Szenen sind, aber so richtig glücklich wird ja hier auch niemand mit.
Ja, manchmal bleibt es ein bisschen offen. Hier und da habe ich das Gefühl. Aber im Großen und Ganzen finde ich das Interessante eigentlich an diesem Buch. Es ist ja so, dass es natürlich was anderes ist, weil es ist kein Drama. Es ist ja ein Prosatext. Er hat es ja abgewandelt, dieses Szenario. Deswegen gibt es hier und da, dann muss man ein bisschen... Es ist ja klar, es ist eine andere Dimension, die noch hinzukommt. Das Erzählerische ist noch mit dabei.
Aber ich finde, das Interessante ist, dass sich so vieles gar nicht verändert hat. Natürlich aktualisiert er die Liebesbeziehungen, aber er aktualisiert sie auf so einer sehr...
wie soll man das sagen, vielleicht modischen Weise oder oberflächlichen Weise. Das meine ich nicht als Kritik, sondern Oberfläche im Sinne von, natürlich gibt es hier auch Schwule, natürlich gibt es hier irgendwie eine Transmann, glaube ich. Natürlich gibt es jetzt hier eine ganz andere Form der Pornografie auch in manchen Geschichten und eine ganz andere Form von Härte. Was aber gleich geblieben ist, ist
bis zum gewissen Grad jedenfalls so etwas wie eine starke Unterkühltheit, auch in der Sprache, auch in der Ernüchterung. Eine enorme Verlorenheit dieser Figuren strahlt einem entgegen, wenn man diese Episoden liest. Und das hat mich sehr stark an das alte Fast schon erinnert. Es ist gar nicht so...
Anders, was den Eindruck hinterlässt. Ich glaube, es gibt vielleicht einen größeren Unterschied, weil ich glaube, dass der Anspruch an die Liebe nochmal gewachsen ist in Wahrheit. Es gibt nämlich diese These, dass gerade im sogenannten Spätkapitalismus, also in unserer Zeit,
die Liebe eigentlich wichtiger ist als jemals zuvor. Also komplett alles überstrahlt. Ja, weil es das einzig metaphysische fast ist, was noch übrig geblieben ist. Und deswegen ist sie mit solchen Ansprüchen aufgeladen, mit solchen Sehnsüchten aufgeladen, mit sozusagen einem
überfrachtet mit Bildern, bei gleichzeitiger Ernüchterungsprosa, die es gibt dazu, zu diesem Thema. Und der Tatsache, dass wir zu Pathos eigentlich auch kaum noch fähig sind, weil wir ja schon alles kennen, schon alle Filme gesehen haben, schon das Sprechen über Liebe ist ja schon verbraucht bis zum Gehtnichtmehr. Das zeigt ja auch die gesamte Literatur an. Es gibt ja Schwierigkeiten, sehr offensichtlich
Liebesromane überhaupt noch zu schreiben. Es sind ja kaum welche aufgefallen in diesem Frühjahr. Vielleicht gab es... Gibt es irgendwo welche? Aber du hast... Nein, es gibt einige, ich nenne ja auch in diesem Text noch einige andere, aber sie sind eigentlich...
fast in einem Wettlauf der Ernüchterung, würde ich sagen. Also ein Autor, eine Autorin überbietet die und den anderen in der Weise, wie ernüchternd und desillusioniert über Liebe geschrieben wird. Liebe ist so ähnlich, wie man Brücken baut. Liebe ist so eigentlich gar nichts. Es ist, wie man eine Tasse Tee trinkt. Es geht auch ganz schnell. Das interessiert eigentlich auch keinen so richtig. Und was mir aber hier eben gut gefallen hat, und das hast du ja jetzt auch schon gesagt, ist,
dass die Trauer mitgesehen und mitgeschrieben wird. Also was es für eine Leere, was für eine Verlorenheit es am Ende hinterlässt, wenn Liebe so ernüchternd im Leben nur noch vorkommt oder so desillusioniert vorkommt. Es gibt ja hier ein etwas...
älteren Mann, da hatte ich das Gefühl, das ist die Szene mit den Eheleuten, da gibt es das Vorbild auch bei Schnitzler, also eine Liebesszene zwischen Eheleuten, die gibt es hier auch, nur mit dem Unterschied, dass das das einzige Paar ist, was hier eben überhaupt keinen Sex mehr miteinander hat, sondern was sich trennt. Und diese Szene wird in mehreren Varianten bei Schimmelfennig immer wieder vorgeführt und der Ehemann, ja, das ist so ein Literaturmensch, der liest gerne,
alte Literatur, der trinkt gerne Rotwein, der trägt Korthosen, also das ist so ein älterer Intellektueller, der hat diese alte Liebesromantik, der sagt dann zu seiner Frau,
die jeden Abend mit einer anderen Internetbekanntschaft ins Bett geht. Er sagt zu ihr, ja, aber weißt du, im Paradies gibt es nur zwei. Also der hat noch dieses Urbild, Mann und Frau und alles andere. Das ist für ihn dieser offene Beziehungsquatsch. Und er sagt dann auch diese Erich-Fromm-Scheiße. Also Erich Fromm mit seinem Klassiker, die Kunst des Liebens.
Das will er alles nicht. Er möchte es eigentlich ganz konservativ, Mann und Frau und basta. Und das, was eben nie klappt, weil die Trennungsrate und Scheidungsrate ja so unendlich hoch ist. Es gibt natürlich etwas, was auch mit Schnitzler noch, deswegen ist das ein super Vorbild, was er sich genommen hat. Es kommen auch natürlich sehr unterschiedliche Schichten, könnte man sagen, vor in diesem Buch bei Schimmelpfennig. Es gibt ja auch so etwas wie eine...
toll natürlich auch so eine, was man früher Zimmermädchen genannt hat, so eine Reinigungskraft im Hotel, die auch eine etwas krassere Figur ist, weil sie sozusagen, wie soll man sagen, sehr unausgeglichen ist und was ganz toll ist, ist, dass diese Figuren dann immer zum Teil in die nächste Geschichte dann immer weitergeschleppt werden. Das ist das Schnitzler-Prinzip. Man muss wirklich sagen, der Reigen, der ist ganz streng komponiert. Dann ist immer eine Figur aus der Liebesszene geht mit einem
neun Partner in die nächste. Da hat man dann natürlich schon durch das formale Prinzip eben auch sofort den Partnertausch, die Austauschbarkeit. Es sind natürlich Personen, die dann zu einer gewissen Promiskuität natürlich neigen. Also das Set ist dann vielleicht nicht unbedingt archetypisch und es ist nicht das Paar, das nur aufeinander hängt. Solche Geschichten natürlich nicht zu gebrauchen. Die wandern von einem zum nächsten und ganz am Schluss
schließt sich der Kreis, weil dann wieder die letzte Figur mit der Figur aus der ersten Szene, deswegen der Reih. Ja, ja, ist klar. Ich hab's schon verstanden. Ja, ich sag es für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer. Und das ist natürlich hier raffiniert gemacht, das funktioniert natürlich auch. Ich find...
Aber dass es noch darüber hinaus geht, denn wir bekommen so Milieueinblicke, das ist eigentlich ganz schön. Vor allen Dingen auch in so etwas wie so eine gewisse brutale Prostituierten
auch ein bisschen untergrundhaft etwas. Das Hotelzimmer, wo dann in der nächsten Geschichte auf einmal Moni reinkommt, ist dann halt entsprechend verwildert mit Blut und Sperma und allem Möglichen. Insofern gibt es schon ein Update. Das wäre ein Skandal gewesen, den er niemals überlebt hätte, wenn er das so ausformuliert hätte. Das stimmt. Und ich finde auch, es kam mir auch schon bei Schnitzler Soldaten vor,
Ja, das gibt es hier auch. Damals war das wahrscheinlich einfach so, na ja, man war Halbsoldat 1900 vor den großen Kriegen. Also er hat...
Es ist 1920 aufgeführt worden, aber geschrieben hat er es schon 1897, also vor dem Ersten Weltkrieg. Und da war man halt so Soldat. Das war noch nicht so aufgeladen. Naja, es waren so viele Soldaten. Das darf man nicht vergessen. Das war ein eigener... Ja, das war so... Das Militärische war... Man ist Bäcker und Schneider oder eben Soldat. Hier sind das traumatisierte Figuren.
die auftauchen, die aus Kämpfen kommen, irgendwo, weiß ich, über Usbekistan ausgesogen wurden. Und die vor allen Dingen keine Kurz mehr der Ehre kennen oder haben oder mit denen auch nicht mehr signifiziert werden. Oder alle Attribute, die früher dem Militärischen zugesprochen worden sind, wie Tapferkeit oder Sinnhaftigkeit überhaupt des Ganzen, sind natürlich...
weggespült worden. Das heißt, das sind natürlich alles kaputte Typen. Auch interessant, das sind Männer, die weinen. Ja, auch was Neues. Und zwar richtig. Aus allen Toren weinen. Und das heißt dann auch in der einen Szene, der Wunsch
mit dem weinenden Mann zu schlafen. Das sind Dinge, die natürlich in diesem etwas leichten und auch sehr unterhaltsamen Stück von Schnitzler so noch nicht da sind. Auch neu ist die Rolle der Frauen. Das ist auch ganz interessant, die ja hier sehr aktiv sind.
Naja, klar. Die Zeiten haben sich ein bisschen geändert. Bei Schnitzler sind sie in der Tat, sie sind zwar, ja, irgendwie wollen sie schon, aber sie lassen sich mehr überrumpeln und überreden. Und hier sind sie ganz aktiv, also wirklich richtig in dem Sinn der potenten Frau, die zugreift, die sich den Mann angelt und die das auch will. Und die sagt, ich lasse mich doch hier, sagt sie zu ihrem Ehemann, lass mich doch hier nicht einsperren. Also die auch diesen freien Sex...
Verlangen, also das ist schon, das finde ich eben, dass da wirklich in der Tat eine große, nochmal eine große Erweiterung und Modernisierung ist. Ja, ja, ja, das meinte ich aber mit, ich meinte damit, ohne das zu diskreditieren, eben auf der Oberflächenebene hat sich wahnsinnig viel geändert. Aber die Trauer bleibt. Aber die Trauer bleibt. Also ein sehr empfehlenswertes und auch durchaus...
unterhaltsames, auch auf traurige Weise unterhaltsames Buch. Ja, aber auch toll. Ich meine, es hat auch eine Spannung. Wir dürfen es auch nicht zu sehr ins Traurige schieben, finde ich, weil es hat ja unterhaltende Aspekte. Und es ist auch sehr kurzweilig. Ja, weil die Episoden sehr kurz sind. Also wenn wir hier von Traurigkeit sprechen, heißt das nicht, dass man irgendwie eine Woche weinen gehen muss. Ja, überhaupt nicht. Naja, aber irgendwie wollen wir natürlich alle auch mal wieder einen schönen Liebesroman lesen. Musik
Werbung In einer kleinen Gemeinde in Schleswig-Holstein überfährt der Start-up-Gründer Ingo eine weiße Hirschkuh. Und plötzlich steht das ganze Dorf kopf. Denn jeder weiß, wer so eine tötet, hat nur noch ein Jahr zu leben. Alle Bewohner stellen sich nun die Frage, ob sie eigentlich glücklich sind. Warmherzig und lebensklug porträtiert Martina Behm ein Dorf und die Suche nach dem guten Leben in ihrem Romandebüt »Hier draußen«.
Ja, wir kommen zu ER von Christian Kracht. Christian Kracht ist ja einer der bekanntesten, berühmtesten deutschsprachigen Autoren. Ein Schweizer mit einer illustren, auch, ja, nicht illustren, aber interessanten Familiengeschichte. Der Vater war ein Manager bei Axel Springer, hat auch früh selbst als Journalist gearbeitet, Christian Kracht und
Und sein allererster Roman in den 90er Jahren erschienen, 1995 glaube ich, Faserland hat ein stürmisches Echo an, das kann man nicht sagen, erzeugt und hat ihn schlagartig zu einem der bekanntesten und berühmtesten Autoren gemacht, die man sich denken kann, weil darin ein Schnösel, könnte man sagen, durch Deutschland und die Schweiz reist, alles eigentlich furchtbar kaputt und schrecklich findet, die ganze Doppelmoral, alles ist enttäuscht.
nur noch sozusagen verlogen und verkommen. Und er betrachtet die Welt eigentlich nur nach Maßgabe von Marken, Klamotten und Stil und all diesen ganzen Sachen. Und diese Schnöseligkeit hat man ihm sehr vor. Eigentlich einer der ersten deutschsprachigen Dandys. So richtig hatten wir noch keinen, oder? Nein. Und das ist natürlich etwas, was wirklich interessant ist.
gab es eine ganze Welle an auch zum Teil extrem erfolgreichen Büchern. Sein letztes lautet The Euro Trash, da hat er zum ersten Mal auch tatsächlich, könnte man sagen, bis zu einem gewissen Grad, nämlich nur dann fiktionalisiert, er ist auch bis zu einem gewissen Grad auch sehr faktisch über seine Familiengeschichte geschrieben. Über die Mutter. Über die Mutter und in dem Fall vor allen Dingen über die Mutter, sie dann aber immer stärker literarisiert im Laufe der Handlung, aber
deren Familie sehr nationalsozialistisch bestimmt gewesen ist und sie selbst war Tabletten- und Alkoholabhängig und wirklich eine
sehr zerstörte Frau einfach und das wird in diesem Roman sehr deutlich und jetzt kommt ein neuer Roman, der nicht so sehr autobiografisch ist, sondern eigentlich könnte man sagen, nun wirklich fast das radikale Gegenteil davon, also auch nicht autofiktional oder sowas. Er handelt von einem Innenarchitekten könnte man sagen oder Inneneinrichter, Paul heißt der, der
Er bekommt immer wieder Aufträge, er soll nämlich Wohnungen von Leuten einrichten, damit die dann gut auf dem Markt platziert werden können, also ins Internet gestellt werden können für potenzielle Käufer und dann werden die leergeräumten Wohnungen von ihm so eingerichtet, dass die Leute einfach denken. Vor allen Dingen bei Luxusimmobilien ist das natürlich wichtig.
Oh, so könnte ich mir vorstellen. So möchte ich auch wohnen. Also der reine Zauber der Lehre, könnte man sagen, innerlichen Lehre,
Damit verdient er also sein Geld und lebt in Schottland, sehr weit im Norden und bekommt dann auf einmal eine ganz seltsame Anfrage von einer Zeitschrift, seltsamerweise Cookie heißt die, die aus Norwegen, er soll in einem riesigen Rechenzentrum, er solle dort alles ganz weiß malen, das perfekte Weiß suchen und finden.
Weshalb auch immer. Er findet es reizvoll, weil er die Zeitschrift sehr toll findet, die Marke nämlich. Und reist dorthin nach Norwegen, befindet sich in diesem Rechenzentrum, bewundert es auch. Es muss riesig sein. Es gibt es auch tatsächlich übrigens, was auch interessant ist. Ein Riesendatenspeicher. Vielleicht ein Datenspeicher, wo das Gedächtnis der Welt aufbewahrt ist. Das Weltwissen eigentlich gespeichert ist. Das Gedächtnis der Welt aufbewahrt ist, könnte man sagen. Oder auch, so weit würde ich nämlich gehen, das wäre auch meine...
meine Deutung, aber die ist jetzt auch gar nicht so weit hergeholt, auch letztlich die Erzählungen der gesamten Welt. Weil natürlich...
Ist ja klar. Und während er dort ist, passiert etwas sehr seltsames oder etwas, was im Übrigen auch tatsächlich stattfinden kann und in ähnlicher Weise auch schon stattgefunden hat. Immer wieder eine Sonneneruption, die dann auch viele elektronische Geräte auf der Erde mal stört. So was passiert manchmal. In dem Fall passiert etwas ganz Ungewöhnliches in diesem Rechenzentrum. Irgendwie fällt der Strom aus irgendetwas Seltsames ab.
passiert und Paul ist verschwunden. Der ist einfach weg von der anderen Fläche und man kapiert das erst im Laufe der Handlung, aber soweit glaube ich können wir das verraten. Er findet sich dann in einer, ja was ist es eigentlich, in einer Parallelwelt, auf einem anderen Planeten, im Traum, auch diese Metaphorik wird immer wieder aufgespielt. Er findet sich jedenfalls in einer anderen, ganz woanders, in einer Art mittelalterlichen Welt, wo
wo vor allen Dingen mit Pfeil und Bogen noch um sich geschossen wird. Wo es keine Technik gibt. Ja, wo so komische Ritter da auftreten und wie auch immer. Und er muss dort, ist eigentlich ein Märchen, was dann erzählt wird, mit einem Mädchen, neun Jahre, Ildre heißt sie, Ildre, muss er vor einem Fürsten sitzen.
Herzog. Herzog, genau. Flüchten und auf dieser Flucht passieren ganz, ganz viele seltsame Dinge. Sie geraten dann auch in eine ganz seltsame Stadt und gehen immer weiter in den Süden, ziehen immer weiter in den Süden, wo es immer kälter wird. Also eine komplette Verkehrung. Andersrum als auf Erden. Also in unserer Welt. Und
Ja, ein zum Teil etwas rätselhafter Roman, den ich wahnsinnig gerne gelesen habe. Und anfangs weiß man gar nicht, warum eigentlich. Aber man gerät in diesen Sog. Und ich habe das...
dass es einer dieser Romane ist, bei denen man sich auf gar keinen Fall zu viele Fragen stellen sollte, was das Ganze jetzt soll. Sonst hört der Zauber auf, meinst du? Ja, nein, man muss sich ja manchmal bis zu einem gewissen Grad auf etwas einlassen. Und dann funktioniert dieser gesamte Zauber. Ja, das kann ich ganz gut verstehen. Andererseits
wirft Christian Kracht in diesem Roman natürlich sehr, sehr viele Angeln aus. Also man kann einerseits sagen, ja, man geht in diesen Traum rein und dann ist man ganz in der Traumlogik und bleibt in dieser Magie, in diesem Zauber, in dieser anderen Welt, in dieser Eiswelt, in dieser Steinstadt, wo alles anders ist und irgendwie verzaubert. Dann werden aber sehr viele Signale gesendet,
Das ist aber auch eine Spezialität von ihm, immer wieder einzustreuen, mythologische, literarische, politische, zeithistorische, auch Popsignale, dafür ist er ja nun auch wirklich bekannt, immer wieder so Marken zu setzen oder auszuwerfen. Und das tut er auch hier. Und dann ist natürlich die Frage, geht man auf die Spur?
Und versucht man sozusagen, wie einen zweiten Text zu lesen. Das haben ja auch immer wieder Interpreten versucht bei anderen. Also vor allen Dingen in dem Roman Imperium wurde das ja massiv versucht.
noch sozusagen einen Text über dem Text zu finden und diese Angeln, die er auswirft, dann sozusagen zu verbinden zu einem Metatext, der vielleicht mit gemeint sein könnte, obwohl er nicht direkt im Text steht. Und das ist natürlich auch hier etwas sparsamer als in anderen Büchern der Fall, aber es wären massiv Signale gesetzt worden.
Und zwar auf beiden Erzählebenen. Das wechselt ja ab. Ich weiß nicht, ob du das schon gesagt hast. Also es wechselt ja richtig. Man fängt in der unsbekannten Wirklichkeit an. Da ist also Paul der Designer, der ja auch in einer unendlich designten Welt lebt. Also auf den Orkney-Inseln, das sagtest du ja.
Und was man da vielleicht noch erlebt eigentlich in einer Welt, die im Grunde auch in dieser Cookie-Zeitung abgebildet wird, ist nämlich eigentlich simpel. Heißt das heute, glaube ich, Scandi-Style und wird so ziemlich in jedem Katalog angeboten. Ja, sehr reduziertes. Also das ist einfach dieser skandinavische Minimalismus mit Schafsfell und mit Wollteppichen und alles wenig und so ein paar Tönerne Krüge.
wo noch drei Walnüsse drin liegen und sonst nichts. Ich muss sagen, etwas, was mir durchaus auch, wie ich mich auch gerne einrichte, wie es aber hier ja eigentlich in jedem Laden inzwischen zu kaufen ist. Also nicht mehr barock, sondern halt eben. Ja, also eigentlich nichts Besonderes, wird aber da noch als ein bisschen, also im Grunde ist das ja auch ganz schön, weil das wieder sowas, wir redeten ja über authentisch, also so ein bisschen ist es ja auch wieder was, die archaische Welt, das einfache Leben.
wie es früher bei den Bauern war. Also da ist schon der Hauch und das ist natürlich ein bisschen das Überthema, ich finde in allen Büchern von Christian Kracht, die Rückabwicklung der kapitalistischen Welt. Das ist natürlich auch schon in diesem Design angetippt.
Da ist ein Hauch von Martin Heidecker. Ja, das ist immer so. Da stehen so abgetragene Sandalen. Und dann denke ich natürlich sofort, die stehen da natürlich so neben den Gummistiefeln, die abgetragenen Sandalen. Ich sehe sofort...
Martin Heidecker, Ursprung des Kunstwerks, die alten Schuhe von Van Gogh, der Ruf der Erde, das wirklich Echte. Da haben wir nochmal das Echte. Das wird hier natürlich als Designvokabel aufgerufen. Und dann kommt er also irgendwann in diese andere Welt und...
Und geht da durch diese Steinwüsten und kommen auch immer in verlassene Häuser, wo es auch wieder Fälle gibt. Jetzt aber die echten. Jetzt nicht die Scandi-Style-Fälle, sondern die echten Wolfsfälle. Und dann kommen sie in die Steinstadt. Ja, es wird immer gespiegelt. Ja, pass auf, da gibt es eben genau diese Sachen, die zunächst mal designmäßig nur aufgerufen wurden. Die gibt es jetzt plötzlich alle in echt. Ja, das stimmt. Hier gibt es alles in echt.
Und zwar in einem wirklich noch archaischen Gebrauch. Das ist im Grunde Heidegger ohne Heidegger. Es gibt sie letztlich Sushi ohne, das ist Sushi heißt. Richtig, ganz genau. So spiegelt sich das. Und hier ist wirklich ein Jenseits des Kapitalismus nochmal aufgerufen in dieser
ob jetzt Traumwelt oder Märchenwelt oder Anderswelt, wie immer du das nennst, ist ein jenseits des Kapitalismus eben eine vorkapitalistische, wirklich eine vormoderne, die das alles in echt enthalten hat und
Und dann kommt da dieser, ob er nun Schnösel, Popliterat oder wie auch immer, jedenfalls Dandy, einer, der müde ist an dieser kapitalistischen Welt. Und der kommt in diese andere Welt. Einer, der sich eben das nur noch designmäßig, das Echte, irgendwie, weil es schöner ist, weil er ja auch einen Schönheitssinn hat und wie wir alle, weil er diesen kapitalistischen Dreck auch nicht mehr haben will und lieber das Minimalist. Und nun kommt er in die Welt, wo das alles in Echt da ist.
Und das ist glaube ich, da spielt Kracht schon sehr mit wirklich großen philosophischen oder kulturanthropologischen Riesenmodellen. Also das ist nicht nur, wie es jetzt manchmal so ein bisschen so die kleine schöne Märchenwelt, in der man ganz aufgehen kann oder die man lustig findet.
Und das tut er ja immer. Das steckt viel drin, ja. Und das war ja auch, ehrlich gesagt, das war in 1979 war das. Naja, ganz kurz, um hier kurz... Und in Imperium war es auch. Um genau hier einzugreifen. Also 1979 ist ein interessanter Vergleich, weil wir haben es mit jemandem dort zu tun, das ist ein Ich-Erzähler, der namenlos bleibt. Mhm.
der ist auch interessanterweise ein Architekt, der ist zu Zeiten 1979, nämlich kurz vor der islamischen Revolution in Teheran und ist im Prinzip wie Paul auch ein dekadenter Schnösel, könnte man sagen und sieht auch überall nur noch so letztlich Oberfläche, es gibt noch ein paar wilde, völlig seltsame Partys, in denen man ist, also das, was man Dekadenz nennt,
Und das fällt natürlich in sich zusammen, wegen den politischen Weltläuften. Und diese Figur, dieser Ich-Erzähler macht eine ganz seltsame Reise, könnte man dann sagen, und landet in einem Straflager und scheint sich darin sogar ganz wohl zu fühlen. Ganz wohl und orientiert zu fühlen. Das heißt, hier wurde schon einmal durchgespielt. Was ist sozusagen am Ende dieser Hyperkapitalismus?
welchen Ausweg gibt es. Und das ist fast wie eine Spielanordnung. Und das war damals nun einmal so etwas wie, ja, das Gefängnis, in das man sich frei begibt, weil dann fällt ja alles von einem ab. Die galt als eine multioptionale Welt. Man ist ja vollkommen strukturiert. Und der Kapitalismus.
Es gibt so einen Satz, der mich immer fasziniert hat von Heiner Müller. Der sagte einmal, der Dramatiker, es gibt einen Grad an Unterdrückung, der als Freiheit empfunden wird. Den fände ich sehr passend. Gefährlich natürlich. Ich finde, man findet dieses Modell fast in allen Büchern.
Außer in Faserland weniger und eben auch nicht in dem Eurotrash. Aber man findet es genauso im Ich-werde-hier-sein-im-Sonnenschein und im Schatten. Und in Imperium findet man es auch. Weil auch da geht es um einen Zivilisationsaussteiger. Ja, ja, natürlich. Und dann kommen auch die Amis mit ihm. Ja, genau. Im Grunde ist das die Auseinandersetzung, die Kracht fast immer führt, ist die
ist der Überdruss an der kapitalistischen, oder spätkapitalistischen Welt. Nein, der Hässlichkeit. Der Hässlichkeit, also allem, was einfach nur noch furchtbar ist. Und dann verschiedene Modelle. Da rauszukommen und dazu verschieben. Der Rückabwicklung. Und natürlich ist es, wenn die ganze Schweiz dann eine Sowjetrepublik, wie, ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten, dann ist es ein bisschen ...
So ein Straflager ist auch nicht extra schön. Und hier wird das Ganze ins Märchenhaft. Und traumhaft. Und natürlich gibt es Interferenzen zwischen diesen beiden Welten. Dadurch wird das spannend. Aber es hat natürlich, da bin ich ganz fest von überzeugt, dieser Romanart mit
einen viel stärkeren Humanismus als diese früheren Romanen. Also diese Dialoge zwischen diesem neuen Ildre und ihm. Ja, die findest du so schön. Ja, die find ich schon toll, weil die so dieses ganz einfache haben. Ja, die sind auch so ein bisschen Scandi-Style. Total minimalistisch. Aber fast schon kinderbuchhaft. Ja, aber auch ein bisschen kitschy, oder? Ach, weiß ich nicht so genau. Na gut. Ich weiß es nicht. Sind die kitschig? Nein, ich find die nicht kitschig. Bisschen, doch, ich find die nicht kitschig.
schon. Ich finde ehrlich gesagt das ganze Modell ein bisschen kitschig. Ich finde das ganze Aussteigermodell ein bisschen kitschig. Wobei ich natürlich größtes Verständnis für die Not habe.
die so ein Popliterat an unserer Welt, oder die ich auch, die jeder, das kennen wir alle, da brauchen wir gar nicht so tun, als sei das sowas Besonderes, müde am Spätkapitalismus zu sein. Das können wir, glaube ich, das Gefühl können wir in uns sofort machen. Ja, aber Kitsch hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl. Und zwar, ja, dieser, ich sag mal, hier ist es ja wirklich Märchen, insofern geht es, kommt man
kommt man da gut raus. Aber der Faschokitsch, ein Straflagertoll zu finden, eine Sowjetrepublik toll zu finden. Naja gut, aber das kannst du ja nicht dem Auto in die Schuhe schieben. Nein, natürlich nicht, aber es ist ein Spiel damit. Es ist eine Koketterie.
Nein, es ist keine Koketterie. Mit dem Monströsen. Dann ist auch Kafka mit der Strafkolonie nichts anderes. Aber das sind politische Signale. Auch hier gibt es, und ich bin ziemlich sicher, dass es nicht systematisch ist, sondern eher kokett. Es gibt auch hier harte politische Symbole. Der Paul nennt sich selber...
einen Anstreicher. Ja, klar. Das ist nur ein Spiel. Da bin ich sofort dabei. Aber warum muss diese Spielkarte gezogen werden? Also der Anstreicher ist einfach Hitler. Warum muss der sich einen anstreichen? Warum muss der super...
Cookie-Chefredakteur, also der Oberdesigner des skandinavischen Minimalismus, eigentlich der Erfinder dieser antikapitalistischen Designphilosophie, warum muss der einem, ich kannte das nicht, eigentlich interessiert mich das gar nicht. Diese ganze skandinavische Design, da verkaufen wir
Künstliche Knappheit und Mythen und künstliche Echtheit und so. Also der weiß genau, dass das auch nur ein kapitalistisches Spiel ist, mit diesem antikapitalistischen Design Geld zu machen. Und eigentlich interessiert ihn eine neuheidnische, slavische Mythen,
Eine mythologische Religion, eine sehr komische Sache, die sich Rodismus nennt. Das sind alles Signale, die natürlich politischer Art sind. Ja, natürlich. Das sind Signale des Totalitären, die da eingepflanzt sind. Warum macht er das? Warum macht er das? Weil er natürlich eine Welt porträtiert, gerade in dieser realen Welt, die vollständig überdrüssig ist ihrer selbst. Und die in Gefahr gerät, immer wieder aus, wie es auch heißt, aus Langeweile Krieg zu führen.
Das heißt, die auch aus Langeweile kokett wird, wenn es darum geht, beispielsweise sich auf einmal für irgendwas Rassistisches zu interessieren oder ach ja, für irgendwelche neuheitnischen oder altheitnischen Gegebenheiten oder sich spaßhafterweise irgendwie Anstreicher zu nennen. Und es heißt dann auch an einer Stelle, eigentlich könnte man sich nur noch umbringen.
Das sagt dieser super Chefredakteur, der dem Rodismus verfallen ist. Und da habe ich noch nicht dazu, was ich auch, ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, aber der ist natürlich Jude auch noch.
Ach ja. Natürlich, der heißt Kohn. Kohn ist ein ganz jüdischer Name. Also ausgerechnet der, der dieses Neuheitentum, das slavische Neuheitentum, wo irgendwelche, ich habe das nachgelesen, es steht auch in dem Buch, wo Leute in weißen Gewänden... Ich weiß, ich kenne das. Vor allen Dingen in Polen übrigens. Das ist ein Jude, der das zu seiner eigentlichen Philosophie macht. Ich weiß nicht, was diese... Mein Verdacht ist, dass das politische Koketterie ist.
Weil ich ihm nicht mehr unterstelle, was andere Kritiker früher gemacht haben, dass dahinter irgendwie doch so ein neokonservatives Supersystem steckt. Das glaube ich nicht. Ich glaube eher, dass das ein bisschen dandyhaftes Spiel mit politischen Signalen ist. Ich glaube, dass das sehr ernst zu nehmen ist. Ich glaube nicht, dass das kokett ist selbst.
Sondern dass er unsere Welt als kokett zeichnet und Figuren zeichnet, die in unserer Welt fahrlässig gewissermaßen sind. Und mich hat dieser Roman vielleicht auch noch mehr erinnert als andere an bestimmte Szenarien von Wellbeck.
Bullskratzer und die Unterwerfung natürlich. Da gibt es nämlich auch so diese ganz kaputten, zynischen Typen immer wieder. So viele Parallelen zur Unterwerfung. Die da so rumhängen und irgendwie auch schon so ganz in sich so verfilzt sind und politisch unkorrekt sind und irgendwie drüber sind, einfach drüber sind. Und genau dieser Kohn ist halt drüber, über unsere Zeit eigentlich. Ja.
Das ist ein Szenario, was er immer wieder durchgespielt hat und das ist sehr bewusst gemacht und ich glaube aber nicht, dass es darum geht, hier irgendwelche geheimen Botschaften rauszuposaunen oder zu provozieren oder sowas, dafür ist das auch zu gut eingespielt, das kennt man auch schon von ihm, dafür ist das auch zu vertraut und zu bekannt.
Es geht darum, wie auch in vielen anderen Büchern, auch um einen entscheidenden Ebenenwechsel. Und der wird hier ins Fantastische vollzogen, was er so in dieser Form so noch nie gemacht hat. Und er erfindet sich immer wieder neu und das finde ich interessant. Und es gibt auch viele Science-Fiction-Elemente darin, Fantasy, im Übrigen auch Computerspielhaftes. Es kommt nämlich so etwas vor wie Worldbuilding vor.
könnte man sagen, bei Computerspielen. Entwirfst du dir, gibt es Spiele, wo du dir die Welt entwerfen kannst. Wie es hier nur einen schmalen Streifen Grün gibt und ansonsten ist alles voller Eis bedeckt. Oder du überlegst dir, auf dem Planeten, wo ich bin, der hat zwei Monde oder einen Mond oder solche Sachen. Hat viel von diesem sehr konstruktivistischen... Nur ist es aber auch eine Mode. Das muss man ja auch sagen, dass dieses Otherworld-Ding...
eine internationale Literaturmode ist. Also bei Murakami steigst du eine Autobahntreppe hoch, weil du im Stau stehst und plumpst, bist du in einer ganz anderen Welt. Bei Knausgat in der aktuellen Trilogie ist ein neuer Stern am Himmel und alles geht anders und die Toten, was weiß ich, kommen wieder hoch. Also das ist schon auch eine Mode. Aber ist es nicht faszinierend, auf wie vielfältige Weise man diesen Roman...
Obwohl er funktioniert in sich, meiner Meinung nach, wie vielfältige Weise man ihn interpretieren kann. Ich finde das richtig genfaszinierend. Also
A-I-R, habe ich letztens jemanden sagen hören, über diesen Roman sprechen hören, heißt ja auch natürlich A-I, Artificial Intelligence. Das ist sozusagen die künstliche Intelligenz und R steht natürlich für Roman. Das ist künstliche Intelligenz. Aber bevor wir uns jetzt noch weiter, ich glaube, wir könnten noch sehr, sehr viel deuten und auch unsere lieben Kollegen von der sogenannten Gegenwart haben ja schon eine ausführliche Deutung, kann man sich auch noch anhören, vorgelegt.
Was mich jetzt noch sehr interessieren würde, ich meine, du bist jetzt der Einzige, der mit dem Autor ein langes Gespräch, ich glaube über mehrere Tage sogar, über sein Buch. Und wenn ich deinen Text, den du dann für die Zeit gebrauchst,
das große Begingungsporträt, das du dann geschrieben hast, da schreibst du ja, zu all diesen Rätseln will er eigentlich nichts sagen. Naja, er will schon, aber er ist wie viele Künstler, sind eigentlich tendenziell immer schlecht darin, das eigene Werk dann zu interpretieren oder so. Das ist eigentlich ein ganz typisches
Verhalten, das ist nicht Koketterie. Aber über was habt ihr euch dann so lange unterhalten? Man kann über sehr vieles reden. Man kann mit ihm über andere Literatur reden, beispielsweise, welche Werke ihn stark beeinflusst haben, womit er sich beschäftigt hat in der letzten Zeit. Das ist eine Verfilmung von, gibt, er arbeitet ja mit seiner Frau, Frauke Finsterwalder. Wunderbare Regisseurin. Wunderbar. Arbeitet er zusammen an der Verfilmung seines letzten Buchs, Euro Trash und
Und worüber man jetzt auch mit ihm sprechen kann, ist durchaus über den Roman. Aber dann ist es sehr häufig so, dass er dann so über Technisches spricht. Ja, das sind die Gewaltszenen. Es kommt relativ viel, eigentlich verhältnismäßig viel Gewalt vor. Und das wird so computerspielhaft gemacht. Ich habe mir das Waffenarsenal Handbeil, Pfeil, Lanzen, Walfisch, brennender Walfrühstrahl, Armbrust. Da geht es über
Und diese, die hat er ja sehr unterkühlt, also fast schon computerspielhaft. Jemand drückt ab, jemand fällt um, beschrieben. Sehr, sehr karg, die Gewaltszenen geschrieben. Und er hat letztens Cormac McCarthy gelesen. Und ihn ärgerte dann, weil er dann gesehen hat, dass man Gewalt auch...
noch anders hätte darstellen können, machen können und so weiter. Aber dann dachte er, nein, vielleicht ist es doch richtig. Also über solche ganz konkrete technischen Fragestellungen kann man mit ihm sprechen, aber nicht
aber nicht so sehr über Interpretationen eines ganz bestimmten Werks. Ja, es hat sich irgendwie so ergeben, weil er ist ja schon auch sehr ein Autor, der viel herumreist, der sich sehr kümmert um Übersetzungen weltweit, also
Er war jetzt eine Weile in Indien, weil seine Bücher beispielsweise jetzt auch ins Bengalische übersetzt werden. Aber er ist ja ohnehin eine internationale Figur. Er ist auch nominiert worden für den International Man Booker Prize mit Eurotrash beispielsweise. Und international auch insofern, als dass er, und das habe ich beispielsweise erfahren, das fand ich wahnsinnig interessant, wie sehr er sich...
darum bemüht, dass seine Werke auch wirklich in unzähligen, uns eigentlich sehr, sehr, sehr, fast schon exotisch anmutenden Sprachen übersetzt werden. Das ist ihm enorm wichtig, nicht da so dieses Weltbürgerhafte auch so herauszustellen. Übrigens, was auch interessant ist, wäre fast auch einmal ein Thema, weiß ich gar nicht, ob das gut ist, das hier zu erwähnen, aber ist egal, dass 1979 jetzt auch beispielsweise ins Persische übersetzt worden ist. Ja, ja.
was natürlich sehr interessant ist. Also auf alle Fälle ein Buch, sicherlich das Spannendste dieses Frühjahrs. Das kann man nicht anders sagen. Stilistisch ein großes Erlebnis, kompositorisch ein großes Rätsel und auf alle Fälle Anlass zu den wildesten und interessantesten Diskussionen. Der Klassiker. Wir sind jetzt fast am Ende. Jetzt kommen wir zu unserem Klassiker. Das ist ein Gedicht,
Mit diesem Gedicht hat es eine bestimmte Bewandtnis, was mit unserem letzten Buch zu tun hat, nämlich mit Christian Kracht. Der hat mir, als ich ihn getroffen habe, erzählt, dass ihn ein Gedicht sehr stark geprägt hat für seinen neuen Roman, für er sehr stark angeregt hat. Und das ist ein Schriftsteller, über den ich sprechen möchte, über Lord Bacchus.
der 1788 in London geboren worden ist, 1824 in Griechenland gestorben ist, in Messolong. Eine der illustresten Figuren, würde ich sagen, des frühen 19. und 18. Jahrhunderts, weil er...
ein sehr wildes Liebesleben hatte. Er liebte sowohl Männer als auch Frauen und das war damals natürlich extrem riskant, wie man sich denken kann. Und er musste auch dann schließlich England verlassen, war dann an sehr unterschiedlichen Orten, war dann wieder willen, könnte man auch sagen, fast so eine Art wilde Weltfigur, die es gibt und ist einer der größten, würde ich schon sagen, Romantiker auch.
seiner Zeit, also ein gewisser Höhepunkt der Romantik und es gibt von ihm ein Gedicht, das mir Christian Kracht vorgelesen hat, als ich da gewesen bin und das mich wahnsinnig fasziniert hat. Ich kannte es so ganz...
Ein bisschen mal irgendwie, aber es war mir gar nicht mehr bewusst. Auf Englisch ist es noch schöner, aber wir wollen es auf Deutsch hier lesen. Und das heißt Finsternis. Und es geht im Wesentlichen um so etwas wie eine Weltzerstörung, Weltvernichtung. Also eine Welt hört auf. Nur eine kurze Frage vorneweg. Hat Christian Krach denn gesagt, dass dieses...
von Lord Byron in irgendeiner Weise Eingang gefunden hat in den Roman. Er oder ihm als Stimmung, als Vorbild. Ja, bis in eine bestimmte Formulierung hin.
Sogar bis in Formulierung hinein. Hat er sozusagen klare Signale gesetzt, dass das im Hintergrund steht. Weil natürlich, es gibt auch einen Kometeneinschlag, das darf man auch nicht vergessen. Das müssen wir gleich noch erzählen. Also eben diese Sonneneruption, von der du ja erzählt hast. Es gibt auch Naturkatastrophen. Gleichzeitig geht dabei eben ein Komet hinein.
Und wirbelt auch, jetzt bin ich nochmal bei er, Staub auf. Sodass die auf ihrer Reise in die andere Welt erst mal gar nicht richtig sehen können, weil alles voller Staub und Düsternis ist. Und das ist eben genau die Situation, die dieses Gedicht Finsternis beschreibt. Da ist eben auch alles dunkel geworden, auch voller Asche. Hier ist es Asche, alles ist verbrannt.
Eis, Finsternis, Asche, Scheiterhaufen. Man ist wie in einer toten Stadt. Auch das ist ein bisschen wie die, würde ich sagen, wie die Steinstadt, in die der Paul mit dieser Mignon-Figur, dieser Irre kommt. Da gibt es wirklich, und am Ende sind nur noch zwei Überlebende. Also das ist ein bisschen wie die Welt und die zwei letzten Menschen, die sich dann auch noch umbringen.
umbringen gegenseitig. Und die Pointe dieses Gedichts ist, ich will nur kurz einen Eindruck vermitteln, indem ich nur ein paar Zeilen vorlese. Wir können es nicht ganz lesen. Ich hatte einen Traum, der nicht ganz Traum. Das Licht der Sonne war verlöscht, die Sterne im Dunkel durch die ewigen Räume zogen, strahllos und fahrtlos und die kalte Erde hing schwarz und blind im Mondlos drüben äther. Der Morgen kam und ging und kam und brachte doch keinen Tag.
Und in dem öden Graus vergaßen ihre Leidenschaft. Die Menschen und aller Herzen flehten bang um Licht. Und so weiter. Also es ist wirklich eine Endzeitfantasy. Eine düsterste Endzeitfantasy. Sonnen da gleichen. Und das wird immer weiter ausgefaltet. Und immer weiter und immer schrecklicher. Und das Tolle ist natürlich,
dass Byron, es wird so als Last Man Poem, also der letzte Überlebende. Es gibt einen letzten Überlebenden, sonst wäre dieses Gedicht ja nicht auf der Welt. Es gibt einen, der überlebt. Es gibt einen Zeugen, das ist der Dichter, der dann wiederum Schönes erschafft. Das ist das, was ist und bleibt. Es ist ein sprachmächtiges und
sprachwühlendes, aufwühlendes Gedicht über eine Totenwelt. Das ist ja auch ein... Also zwischen der semantischen und lyrischen Energie und dem, was da beschrieben wird, ist ein Riesenunterschied. Ein ganz starkes Spannungsverhältnis. Das ist ganz toll. Man muss dazu aber sagen, dass es einen Anlass hatte. Das 1816 ist eben ein...
Ein Vulkan, der Vulkan Tambora ist ausgebrochen und man spricht da wirklich von einem Jahr ohne Sommer. War alles so, weil der Himmel voller Staub war, weil die Sonne vom Staub bedeckt war. Ja, es war eine Naturkatastrophe. Eine richtige, also geradezu biblische Katastrophe.
Naturkatastrophe. War ein großes Thema überall, 1816. Das wurde extrem bemerkt. Und auch ein dichterisches Thema. Ja, und sicherlich hat das auch Weltuntergangsstimmung erzeugt. Das wäre heute nicht anders. Das kann man sich ja gar nicht anders vorstellen. Und das ist so ein bisschen die
Verankerung zur realen Welt und das ist, da gibt es natürlich genau diese Parallelen zum Roman, aber der Vergleichspunkt, der eigentliche Vergleichspunkt meiner Meinung nach ist
die Tatsache, das, was übrig bleibt, ist das dichterisch-schöpferische. Das ist das romantische auch, sozusagen bei Kracht. Unsere Welt verschwindet und es entsteht eine fantastische Parallelwelt. Das gespeicherte, erzählte, tauchte dann auf einmal auf. Deswegen auch diese
auch Erzählarchaik, die da auch eine große Rolle spielt. Fast schon mittelalterliche Sagen werden da aufgeführt. Und so ist es bei... Wo wären mittelalterliche Sagen? Ja, fast schon eine mittelalterliche Sage ist ja auch eher in dieser Parallelwelt. Naja, das ist ja das, was ich ein bisschen kitschy finde. Aber okay. Das ist ja egal, wie man es findet. Aber es ist ja ein Faktum, dass es das gibt. Insofern gibt es hier auch eine Parallele, weil das ist der Schlussstein der Welt. Mhm.
bei Lord Byron, der Schlussstein der Welt ist, dass gedichtet wird, dass einer noch dichtet. Das ist amüsant. Ja, und um die Parallele noch weiter zu treiben, bei R ziehen ja diese Steinmenschen, nachdem der Herzog dann mit Arm, Brust und ich weiß nicht was, dann
Ich fand es ein bisschen albern, diesen komischen Kampf. Wie auch immer und mit Walfischstrahlen. Der wird dann besiegt, der böse Herzog. Und dann ziehen diese wunderbaren Menschen wieder ins Grün. Und dann singen sie ihre reinen Gesänge. Vielleicht hat das mit Absicht so kitschig geschrieben. Ich weiß es nicht. Aber es kam mir wirklich so ein bisschen vor, wie die...
Das sind doch humoristische Teile. Ja, sicher ist es so ein Absichtskitsch. Es ist so ein Absichtskitsch, natürlich. Also Kitsch ist ein falsches Pferd, glaube ich. Weil Kitsch bedeutet, oh, da wird vor Rührung geweint, weil irgendwie der Prinz um die Ecke kommt und die lang ersehnte Liebe auf einmal da ist. Das ist nicht der Punkt, ja.
Der Punkt ist, dass so Elemente bei ihm so der Ausstaffierung irgendwie auf einmal auftreten. Ja, sowas in der Art. Aber gut, man lacht ja auch an vielen Stellen dieses Romans.
Haben wir doch schöne Bücher gehabt heute. Ja, eine sehr interessante und spannende Diskussion. Ich danke dir, Adam, freue mich schon auf unser nächstes Was liest du gerade? Genau, und in zwei Wochen, das sagen wir vielleicht auch noch, ist wieder das Sachbuch dran mit Alexander Kahrmann und Maja Beckert. Tschüss. Was liest du gerade? Ein Podcast von Zeit und Zeit Online. Produziert von Polartis.