Was liest du gerade? Ein Podcast über Bücher und was sie über die Welt erzählen. Hallo und herzlich willkommen zu Was liest du gerade? Dem Literaturpodcast der ZEIT und zur Sachbuchausgabe dieses Podcasts. Und deswegen sitzen hier Alexander Kammern, Sachbuchredakteur der ZEIT. Und Bayer Beckers, Sachbuchredakteurin von ZEIT online. Herzlich willkommen. Schön, dass Sie da sind.
Ja Alexander, über welche Bücher sprechen wir heute? Ja, heute haben wir wie immer vier originelle Mischungen parat. Es ist Frühlingsbeginn und das werden Sie merken. Ostern steht direkt vor der Tür, auch das werden Sie merken. Wir machen mit zwei Hauptbüchern legen wir eigentlich los.
Das ist einmal ein Buch, das hat den schönen Titel Hase und ich von Chloe Dalton. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Begegnung, erschienen bei Klettkotter. Also wer jetzt hier schon die Osterhasen hoppeln hört, der liegt nicht ganz falsch, Hase und ich. So dann reden wir über das Buch von Herfried Münkler, Macht im Umbruch heißt es, Untertitel Deutschlands Rolle in Europa und die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, erschienen bei Rowold Berlin.
Wahnsinnig viel diskutiertes Buch gerade. Viel diskutiertes Buch, genau. Und beim Klassiker haben wir uns auf einen ganz, ganz wichtigen Franzosen aus den 50er, 60er Jahren des letzten Jahrhunderts gestürzt, nämlich Roland Barthes und seinem Band Mythen des Alltags. Und da haben wir eine sehr
originelle Fundstelle gefunden, einen schönen kleinen Text, wie wir meinen, der auf alle Fälle lohnt, dass man mal wieder das Buch aus dem Regal holt und sich diesen kleinen Text vornimmt, nämlich mit dem schönen Titel Marsmenschen. Erschienen, Roland Barthes, ein Surkamm-Klassiker, also auch dieses in diversen Ausgaben erschienenes Buch, jedenfalls bei Surkamm. An diesem brillant konstruierten Roman kommen Sie in diesem Monat nicht vorbei.
»Wie Risse in der Erde« heißt der neue Roman von Claire Leslie Hall, in dem alle Facetten und Gegensätze des Lebens auf poetische Weise miteinander verwoben werden. Schönheit und Schrecken, Tod und Geburt, Liebe, Leidenschaft und Schmerz. Die bewegende Geschichte von Beth und Gabriel können Sie ab jetzt lesen oder als Hörbuch genießen. Gute Unterhaltung.
Aber starten tun wir mit unserer Rubrik, wie immer, der erste Satz. Und der kommt diesmal aus einem ziemlich besonderen Buch, wie wir finden. Das Leben der Formen heißt es, eine Philosophie der Wiederverzauberung. Und geschrieben haben es Emanuele Coccia und Alessandro Michele. Und allein dieses Autorenduo ist schon besonders. Coccia ist ein italienischer Philosoph, lehrt aber in Paris an der Ecole des Hautitudes en Sciences Sociales.
Und der ist relativ bekannt geworden mit Büchern wie »Die Wurzeln der Welt«, »Sinnleben, Metamorphosen«, »Das Zuhause«. Er schreibt viel über das Sinnliche im Leben und interessiert sich auch schon immer viel für Mode. Und sein Co-Autor ist Alessandro Michele, ehemaliger Kreativdirektor bei Gucci, jetzt bei Valentino.
der wiederum dafür bekannt wurde, seinen Modenschauen, philosophische Abhandlungen sozusagen anheimzustellen. Und die beiden haben sich angefreundet, vielleicht nicht sehr überraschend, aber überraschend dann eben ein schönes Buch über Mode und Philosophie geschrieben. Und daraus haben wir folgenden Satz rausgesucht. Musik
Der erste Satz. Wenn die Mode die radikalste Kunstform unseres Jahrhunderts ist, dann liegt das daran, dass sie als einzige bereit und in der Lage war, das Wagnis der Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts einzugehen. Die Kunst und das Leben eins werden zu lassen.
Ja, wir haben ja jetzt hier, muss man ja sagen, starkes Modedefizit in unserem Sachbuch-Podcast. Deswegen sind wir eigentlich ganz froh, dass wir tatsächlich jetzt mal so ein Buch vorstellen können mit diesem Zitat. Und Kotscha, hast du ja gesagt, ist ein Philosoph, der tatsächlich viele Bücher geschrieben hat, auch sehr präsent ist, auch im Publikum, sowohl in Deutschland als natürlich auch sowieso Frankreich und Italien. Ich fand an diesem Zitat wirklich interessant, dass es tatsächlich etwas auf den Begriff brachte, was mir auch immer so unbewusst vor Augen steht. Also diese seltsame In-Eins-Werdung von Kunst und
Und auch Mode. Das ist ja sowieso diese Erscheinung der letzten 20, 30 Jahre, dass sich gegenseitig da so befruchtet wird, aufgewertet wird, dass es jetzt völlig normal ist, dass man gegenseitig, also Mode wird zu Kunstwerken, überall Mode wird ausgestellt in einem Ausmaß. Das stimmt, viele Ausstellungen. Und umgekehrt genauso. Das heißt also, diese Zusammenarbeit ist,
von Modeschöpfern mit bedeutenden Künstlern. Das ist ja einer der großen Trends der letzten Jahrzehnte gewesen. Total, das Leben von Modeschöpfern wird verfilmt, reihenweise. Und genau, ich finde natürlich diese Idee dieser Zusammenführung Leben und Mode bei den beiden jetzt interessant, dass sie das so machen. Ich habe dazu auch gedacht, dass auch das ist eine Sache, die versteht sich eigentlich ja auch nicht von selber. Mode ist ja eine Sache gewesen, die
jahrhundertelang etwas Besonderes war, das eigentlich auch
zelebriert wurde. Im Leben als normalen Mannes gab es vielleicht sechs oder sieben Anzüge oder fünf oder mehr nicht. Und den einen, den man getragen hat, den hat man eben sehr, sehr lange getragen. Das war sicherlich bei unseren Großvätern noch der Fall. Das ist bei Frauen natürlich ähnlich. Also die Idee des Kostüms, die Entwicklung des Ganzen, das hatte natürlich etwas sehr, ich sag mal, war kein Hauptaspekt des Daseins eigentlich, sondern das war eigentlich so ein Zusatz. Und hier in dem Zitat
wird eben klar, dass das jetzt heutzutage eine ganz starke Identitätsaufladung kriegt mit dem eigenen Leben. Also du verbindest mit einmal etwas in der Mode, was mit deinem eigenen Ich noch sehr viel stärker zu tun hat, als, sag ich mal, die Kittelschürze von vor 60 Jahren oder als Form. Also es ist eine ganz andere Form des Alltags und deswegen fand ich das eigentlich eine ziemlich originelle Beobachtung.
Ja, also da sprichst du natürlich über die letzten Jahrzehnte. Es gibt natürlich davor oder auch anderswo auch viele Rollen des Lebens, die eng verbunden sind mit einem bestimmten Kostüm und einer Identität, die dadurch ausgedrückt wird und wurde damals. Aber das stimmt total, dass es sozusagen in den letzten Jahrzehnten für eine bestimmte bürgerliche Schicht sozusagen da eine Vervielfältigung und so eine Engführung mit Identität gegeben hat.
Es ist ja auch interessant, also man beobachtet ja so in den letzten vielleicht 10, 20 Jahren, heißt es ja manchmal, dass die Mode, die Musik als Popkultur abgelöst hat. Also das, was früher sozusagen ist um Musik, so eine Art Kultur entstanden. Man hat sich identifiziert mit Pop.
bestimmten Künstlern und hat sich so angezogen und da ist so eine ganze Kultur um Musik entstanden und das, sagt man, entsteht jetzt um Mode eigentlich, auch weil man da noch eher ein Original besitzen kann im Zeitalter des Streamings und so, was dann eben auch junge Leute, auch Teenager, die sich sowas vielleicht normalerweise nicht leisten könnten, dann sozusagen investieren in ein Secondhand-Valentino-Jacke von vor 30 Jahren oder so. Es wird auch als Investment gesehen, weil die kann man in 10 Jahren noch
weiterverkaufen, wenn sie gehalten hat. Und das finde ich schon interessant. Und da geht es natürlich ganz eng mit Identität und Leben zusammen. Und da sagen, also Kotscha und Michele auch, dass diese Silhouetten, die Formen, das gibt alles sozusagen deinem Leben einen Akzent. Das finde ich so eine schöne Idee, dass alles, was du tust, was du sagst, bekommt so wie so eine bestimmte Note dadurch, dass du es in bestimmter und mit bestimmter Kleidung tust. Also Michele war das 20 Jahre lang bei Gucci, glaube ich, bis 2022.
Und er ist deswegen ja genau Teil dieses Prozesses, der sich da ja, oder wie du ja auch gesagt hast, mit seinen philosophischen Betrachtungen, die er vor den Modeschauern dann immer zelebriert hat, das war ja eben auch so ein Prozess der Aufladung des Ganzen. Also ein ganz unordner Versuch, über die engeren Grenzen der Mode, in dem Sinne der klassischen Grenzen, hinaus zu gehen. Ich finde ja sowieso die Tendenz zu sagen, man kennt die,
Irgendwann lernte man Topmodels kennen als Kategorie, was man ja früher beim Modeschauen auch noch nicht derartig, also in dieser Popularität hatte. Dann lernte man tatsächlich auch Kreativdirektoren kennen, auch sagen wir mal so, bis auf Lagerfeld und Yves Saint Laurent oder wer auch immer dann. Oder Chanel, das waren ja vielleicht die paar Ikonen, die man dann gekannte. Auch das hat sich sehr geändert. Das waren ja jeweils Stars der Branche und die auch deutlich geändert.
populärer geworden sind. Die sprechen ja hier in dem Zitat beide von diesem, vergleichen das ja mit den Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts. Das ist ja der
Clou dieses Zitats. Und da war auch das natürlich eine Antwort auf das eher ein bisschen normiertere, normalere bürgerliche 19. Jahrhundert. Auch da waren eben die Avantgarden, die quasi ein neues Leben jenseits des Bürgerlichen wollten, auch in der Kunst, dann etwas Neues. Zu sagen, man will raus aus diesem Korsett, man will raus, sich individuell verwirklichen, sei es jetzt als
oder als Revolutionär oder revolutionäre Kunst oder diverse. Und da hast du so eine neue Antwort auch auf das eigene Leben da gehabt. Und so verstehe ich das mit diesem Avantgarde-Bewusstsein. Das war eben auch immer Teil des Lebens. Also Surrealismus heißt jetzt nicht irgendwie nur Bilder malen, sondern eben auch gemeinsame Happenings oder Dada eben auch als Kunstform plötzlich. Das war so diese Idee. Und jetzt hast du auch wieder eine Form,
Ich mache Mode auch zu einem Teil meines Ausdrucks und meines Lebens, als ganz andere Form. Und das fand ich deswegen interessant, dass sie das so in den Mittelpunkt stellen, als Idee. Ja, und von den vielen Schauen, die Michele gemacht hat, pickt Kotscha dann eine raus, die er nach diesem Zitat, auf die er dann genauer eingeht. Das ist eine, an die Bilder erinnert man sich vielleicht, weil da haben die Models so Köpfe unter ihren Augen.
Also so Nachbildungen ihrer Köpfe. Also die sahen aus wie ihre echten Gesichter mit den echten Haaren dran und so, wie so verdoppelt unterm Arm. Und er sagt, das war auch so ein Kommentar zum Leben, dass das Gesicht viel mehr als früher zu einem Accessoire geworden ist. Es ist künstlich geworden.
wir können es verändern, es sagt was aus, es gehört plötzlich zur Mode und nicht mehr zur Natur. Er hat damit auch eine Aussage über das Leben getroffen, von der Kotscha sagt, hier führt jemand ganz eng Philosophie und Mode und Leben und Kunst. Mir ist dazu noch durch den Kopf geschossen, dass beides, sowohl Kunst als auch Mode, deswegen auch vielleicht einen so enormen Boom hatten in den letzten Jahren und zwar global, weil es sich beide um äußerst sichtbare Künste handelte.
handelt. Und da hast du natürlich durch die technischen Möglichkeiten von Instagram und sonst was, Social Media, hast du eine ganz andere Form von plötzlicher Sichtbarkeit für alles Mögliche. Du brauchst halt nicht mehr nur die klassischen Modemagazine, die analog das verbreiten oder Bildstrecken. Du hast halt eine ganz andere Form von Möglichkeit, ranzugehen. Und das geht natürlich für Kunst genauso. Und du hast also die Idee des Selfies, die Idee des Schießens, das sich aneignet, sondern plötzlich hast du eine enorme
bei beiden eben so eine enorme Präsenz eigentlich überhaupt im Leben. Und man hat mit zunehmender Anerkennung vormals weiblich konnotierter Künste auch Mode mehr so anerkannt. Also zum Beispiel hat man über Architektur das früher, hat man früher als Kunstform anerkannt, weil man auch sozusagen, weil die männlicher konnotiert war, auch eben eine sehr sichtbare Form. Und das hat auch dazu beigetragen, dass die Mode mehr anerkannt wurde in den letzten Jahrzehnten.
Ich finde es ja manchmal ein bisschen ungerecht gegenüber den anderen Künsten. Was macht die arme neue Musik? Mein Gott, die wird auch jetzt so schön produziert, aber man braucht natürlich auch immer sehr viel länger, um sie wahrzunehmen als ein Bild oder eine Optik oder eine Mode. Das stimmt schon. Aber ich fand diesen Aufschwung auch enorm. Und natürlich hat das was wieder mit Globalisierung zu tun. Die Produktionsverhältnisse für Mode, für Stoffe, für alles hat sich verändert. Es ist natürlich enorm Massenware geworden oder zum Teil eben auch Wegwerfware. Das wird ja oft auch kritisiert. Also du hast so eine ganz andere Form der
Produktionsbedingungen für alles. Und ja, auch sagen wir mal, normale Frauen und Männer können sich eben relativ avanciertere Sachen eben auch leisten durch diese Absenkung. Das ist natürlich auch was für die westliche Massengesellschaft, die es jetzt vorher auch nicht so gab. Also diese Mischung aus
und Breitenwirkung und trotzdem das Besondere irgendwie kreieren oder zelebrieren. Das ist so eine ganz eigenartige Mischung. Das ist immer so verblüffend. Dieses Kotscher so angetan hat, dass er ja irgendwann sogar so weit geht zu sagen, die Philosophie braucht sogar die Mode. Also sogar so rum. Ja.
weil breitenwirksam, weil sichtbar, weil sie braucht irgendwie Stoffe, um im Leben anzukommen sozusagen. Da wird es dann nochmal so ein bisschen metaphysischer. Da können wir vielleicht ein andermal drauf eingehen. Ja, und wir werden vor allem mal gucken, wie es mit der Mode weitergeht in den nächsten Jahrzehnten, ob sie weiterhin so ein Siegeszug in der Welt stattfindet. Aber wirklich ein einzigartiges Buch mit vielen so schönen Sätzen. Ja, auf jeden Fall haben sie sich ganz schön ins Zeug geworfen. Ja.
Ja, dann kommen wir zu unserem ersten Hauptbuch heute. Hase und ich, die Geschichte einer außergewöhnlichen Begegnung von Chloe Dalton, einer britischen Politikberaterin, ziemlich erfolgreich, die eigentlich spezialisiert ist auf Krisen, die es gewohnt ist, um die Welt zu reisen, wenn es irgendwo brennt. Oft innerhalb von Stunden muss sie mal nach Bamako, mal nach Bagdad, Kabul, Damaskus, Tallinn, Sarajevo, wo
Wo auch immer. Und dieses Leben kommt zu einem ziemlich plötzlichen Halt in der Pandemie. Und sie zieht sich aufs Land zurück, auf die englische Countryside sozusagen, sagt nicht genau wo, aber in ein Häuschen auf dem Land und findet dort eines Tages auf dem Weg ein Hasenjunges. Kann nicht älter als ein, zwei Tage sein.
Und sie hofft, als sie es da auf dem Weg kauern sieht, dass die Mutter es nochmal findet und in Sicherheit bringt. Da sind natürlich alle möglichen Fressfeinde unterwegs und Autos fahren auch schon mal über den Weg.
Als sie aber abends wiederkommt, liegt es immer noch da und dann denkt sie sich, okay, ich glaube, jetzt rette ich es oder nehme es mal mit. Versucht immer noch, es nicht für die Mutter zu verderben, indem es sozusagen ihren Geruch annimmt. Deswegen nimmt sie so ganz viel Stroh, versucht es damit anzufassen und trägt es nach Hause. Das ist sozusagen die Ausgangsgeschichte. Und zu Hause fängt sie an, das aufzupäppeln und aufzuziehen und dieser Hase...
wird entgegen allen Einschätzungen tatsächlich groß. Alle sagen, der überlebt nicht lang. Ein Naturschützer und ihre Schwester, die eine Farm hat, Leute, mit denen sie spricht und so, sagen, das wird nichts.
Aber sie zieht diesen Hasen auf und die beiden führen ein ziemlich außergewöhnliches Leben dann in diesem Haus. Sie sperrt ihn nicht ein, sie macht dieses Haus hasensicher, der darf da überall rumhoppeln und auch wieder raus ins Feld und dann kommt er immer wieder nach Hause. Und diese Beziehung verändert so ihren Blick aufs Leben ganz schön radikal und davon erzählt sie eigentlich. Und das ist ein wunderhübsches und in England auch sehr erfolgreiches Buch, oder? Ja.
Ja, wir versuchen ja immer so ein paar Bücher rauszusuchen, die irgendwas sehr Besonderes sind. Oder manchmal Glück, wir finden auch welche und wir stoßen auf welche. Und ich muss wirklich sagen, das hat mich...
mich nachhaltig fasziniert, dass es sowas Außergewöhnliches ist, was dieser, tatsächlich, du sagst es, Politikberaterin da gelungen ist, die sonst wahrscheinlich tausend andere Paper schreibt oder wie auch immer oder Berichte oder sonst irgendwas und hier zu einer unglaublichen poetischen Höchstform in der dichten Beschreibung dieses Lebens mit einem Tier, mit einem Wildtier, mit einem Hasen aufläuft. Sie kann das wirklich fantastisch beschreiben und sich aneignen und das ist
Sehr, sehr besonders als Buchform. Also mir hat das enorm gefallen. Vor allen Dingen, es ist ja einfach so, auch glaube ich, selbst wenn man jetzt kein großer Tierfreund ist oder da vielleicht auch nicht so einen Zugang hat oder den Zugang von Clodalton, bevor sie diesen Hasen hatte, nämlich auch einen relativ nüchternen Zugang, wie sie immer beschreibt, selbst dann wird man durch dieses Buch enttäuscht.
wirklich hineingezogen. Also man guckt irgendwie, will wissen, ja was passiert denn da jetzt noch? Also passiert noch was? Wo sind die Gefahren? Was macht der Bussard? Wie sieht's aus? Wie sind die Unwetter? Wie kommen sie zurecht miteinander? Und was gibt's Drohnen, Krankheiten oder wie auch immer? Und dieser Tagesablauf oder dieses auch Wechsel der Jahreszeiten zum Beispiel wird fantastisch erzählt. Sie schreibt an irgendeiner Stelle auch, dass es so ein schönes Nebenprodukt ist.
oder ein Kollateralschaden, würden wir sagen, der Pandemie gewesen ist. Und hier haben wir tatsächlich genau so ein Phänomen. Da lebt jemand plötzlich ein anderes Leben, diese Frau, und dank dieses Tieres. Und wir haben ja in der letzten Folge über das amerikanische Nature Writing gesprochen. Und daran war ich jetzt auch wieder erinnert, diese Mischung aus sozusagen auch
wissenschaftlicher, biologischer Präzision. Also sie erzählt auch, man erfährt viel über Hasen, das ist der Unterschied zwischen Hasen und Kaninchen. Den sie netterweise kannte, das muss man jetzt schon auch nochmal dazu sagen. Also ich wäre schon auf dem Feldweg völlig überfordert gewesen. In der Zuordnung ist dieses kleine Wesen jetzt nicht doch ein Kaninchen, aber nein, nein, sie hatte glaube ich als Kind ein sowas und deswegen wusste sie den Unterschied. Nee, nee, Kaninchen ist das nicht. Ich weiß, ich weiß, es liegt an den Ohren und so weiter oder wie.
Ja, ja. Dann erkennt man es schon. Aber man erfährt alles Mögliche über Hasen in der ganzen Welt. Sie sagt dann, es gibt zum Beispiel Wüstenhasen, die können Salzwasser trinken. Also Wasser, das doppelt so salzig ist wie Meerwasser. Oder die haben so große Ohren, dass sie sich selber Schatten spenden können. Und man erfährt so alle so nette Details. Und natürlich über das Zusammenleben mit Menschen, wie die teilweise auch unter der Landwirtschaft leiden, warum die Population um 80 Prozent zurückgegangen ist in den letzten 100 Jahren in Großbritannien.
Und gleichzeitig ist es wahnsinnig poetisch. Also das ist, ich habe irgendwie verzweifelt versucht, das zu versuchen, eine kritische Perspektive, weil man muss ja schon sagen, Nature Writing ist ja wirklich in und das eben seit mehreren Jahren und man kann da wirklich auch irgendwann vielleicht mal die Nase rümpfen, ob das jetzt immer nur eine Sache von Großstadtmühler, Urbaner, fehlentwickelter Menschen ist, die jetzt verzweifelt irgendwie was anderes, authentischeres suchen.
Kann schon sein, aber wenn das dann so als Kunstform, beziehungsweise so gut erzählt ist wie dieses Buch, dann bitteschön, ist das ein sehr schönes Produkt. Ich meine, klar, die Schwester taucht ab und an mal eben auf, die tatsächlich, wie du sagst, eine Farm hat, also in dem Buch. Und natürlich...
weiß ich nicht, was jetzt, sag ich mal, der normale Landbewohner, der dort immer lebt, quasi von dieser Beschreibung eines Alltags eigentlich hält. Da steckt ja immer dieser Zauber des Exotischen und der Reiz des Neuen dann in diesem Erzählen auch drin. Aber mein Gott,
Klar, total. Also ich glaube, der Guardian hat es auch so kritisiert, dass er sagt, es ist sehr schwarz-weiß. Es werden immer die Gegensätze aufgemacht. Stadt, Land, das wilde Tier und die Zivilisation, das Gute, das Böse. Sie sagt irgendwann so, Zuneigung zu einem Tier hat so etwas wahnsinnig Unschuldiges. Und hat es das wirklich? Also sozusagen, es wird immer wieder so Pole aufgemacht. Und dass das sehr schwarz-weiß wäre. Aber das ist wahrscheinlich...
eben auch Erfolgsgeheimnis dieses Genres und speziell im Nature Writing sozusagen dieses Untergenre, ich und ein wildes Tier, ist ja wahnsinnig angesagt. Also wie du sagst, Nature Writing generell, ja, aber das gibt es auch, ich und der Wal, ich und ein Schaf, ist jetzt nicht ganz so wild, aber es gibt auch ich und ein Fuchs, ein Falke, genau. Diese Bücher gibt es alle und das ist wahrscheinlich eins der Erfolgsgeheimnisse
Aber dieses ist wirklich, muss ich sagen, ja, diesen Kritikpunkt kann man sehen, aber ich finde es wahnsinnig gelungen trotzdem. Ja, also durchweg gelungen. Es ist ja auch Teil, das sagt sie glaube ich am Ende des Buches auch, dass sie sich selber dadurch ja auch noch einmal neu erfindet. Das ist ja auch Geheimnis natürlich dieser ganzen Aneignungs- oder dieser Neuentdeckung des Landes durch die Pandemie. Das ist ja ein massenhaftes Phänomen ja auch gewesen, wo Leute einfach nochmal beschlossen haben, was neu zu sehen, raus aus den
Sie beschreibt das ja, das ist eigentlich das, was sie dort lebt und wofür sie dort jetzt mitfiebert. Warum jetzt der kleine Hase immer dann neben dem Schreibtisch dann auch mal sitzen kann, während sie ihre Meetings hat oder so.
immer nach ihm schaut, wenn sie gerade irgendwie Sitzungen vorbei hat oder so. Das ist plötzlich eine andere Welt, die sich hier auftut und für sie glaube ich auch sehr elementar. Also das ist eine Sache, die in einer neuen, ja wahrscheinlich diese klassische Sinnsuche des westlichen Menschen ist jedenfalls, der dann plötzlich ab einer gewissen Erfolgs
die man so biografisch so hingelegt hat, auch karrieretechnisch bei ihr, plötzlich auf was ganz anderes stößt und das sie nochmal richtig elementar mitnimmt. Ja, und übrigens sitzt neben dem Schreibtisch und knabbert dann auch schon mal das Kabel durch, sodass das Internet ausfällt. Und da hätte sie in ihrem alten Job, also da wäre sie früher wahrscheinlich ausgeflippt und jetzt macht sie sich Sorgen, ob der Hase sich dabei wohl verletzt hat an den Kupferdrähten. Und das Ganze aber ohne...
finde ich, übermäßig kitschig zu sein. Ich denke mal, hätte das ein Deutsche geschrieben, wäre das schon wieder ganz furchtbar gewesen. Ja, du hast recht. Es ist tatsächlich, gut, dass wir es nochmal sagen, es ist tatsächlich wenig kitschig, weil es tatsächlich in eine Naturbeschreibung hineingeht, die sehr auf diese Genauigkeit auch immer setzen. Also wenn man den Feldweg mit ihr entlangläuft, dann sieht man das auch sehr genau und sieht dann
Dann hat er auch noch Spannungsbögen, dann kann tatsächlich das spannend sein, was wohl hinter der nächsten Baumecke passiert gerade. Man ist irgendwie so mitgenommen davon. Das fand ich schon, also es ist tatsächlich eine richtige Autorin, die da in dem Sinne entdeckt, in dem man da entdecken kann und die sich selber da
jetzt damit erfunden hatte mit diesem Buch. Ja, ich finde das so schön, dass sie auch sagt, es ist nicht nur sozusagen jetzt hier das Leben mit dem Hasen, was so toll ist, sondern sozusagen die Perspektive aufs Leben, die es ihr nochmal aufmacht. Also sie sagt, wenn sowas Einfaches wie dieser Hase und dessen Verhalten irgendwie mir so eine Freude machen kann, dann frage ich mich,
Was kann das noch im Leben? Also was ist da noch? Dass da sozusagen auch so ein über den Teller nochmal hinausschauen ist. Und das fand ich einen schönen Gedanken. Ja, das sind am Ende dann wirklich einige schöne Gedanken dabei. Denn sie sagt ja auch, dass ihr ganzes Leben bislang eigentlich darauf ausgerichtet war, auf etwas Besonderes hinzuleben, besondere Erfahrungen zu machen, etwas Besonderes zu leisten oder irgendwelche Dinge. Jetzt entdeckt sie die Begeisterung an einem Tier und
wo sie ehrlicherweise sagt, ja Gott, das haben glaube ich ganz, ganz viele Millionen andere Menschen auch vor ihr. Und sie meinte, ja, das finde sie eigentlich eine sehr schöne Erfahrung oder Einsicht, dass man eben gar nicht immer das absolut Ungewöhnliche suchen muss, sondern eben tatsächlich die Beziehung zu einem Tier etwas Besonderes einem geben kann. Und sie ist da relativ jetzt dann achselzuckend, ja mein Gott, dann ist das jetzt etwas...
eigentlich relativ normales oder weit verbreitetes auf der Welt. Das muss nicht mehr irgendwas kicking, muss jetzt nicht immer Gleitschirmfliegen sein. Und das fand ich schon...
Ganz hübsche, die er einsieht. Und das muss man vielleicht nochmal dazu sagen, es ist nicht jetzt dann so ein anti-moderne, anti-Arbeit, anti, ja, also man könnte ja auch denken, so ein Buch, so naturmäßig. Das ist es eben nicht. Vielleicht nochmal dazu sagen, es ist mehr wie ein kleines
ein bisschen Cottagecore oder so, ein bisschen was man eben zwischendurch, was auch zum Leben gehört. Sie ist keine Aussteigerin, das muss man jetzt auch sagen, sondern sie verbindet das quasi, die Leben. Und sie ist eben auch sehr, ist auch eine schöne Passage, fand ich, die Stelle, in der
Sie das große Drama schildert, in der dann tatsächlich der Landwirt von nebenan plötzlich mit riesigen Maschinen da quasi das Feld umgräbt, alles neu und wo natürlich mehrere Tiere drauf gehen, also Hasen, aber auch andere, verletzt werden und sie das dann wirklich dramatisch
Also richtig furchtbar eigentlich, das Blut, die Tiere, die tatsächlich alle tot sind irgendwie. Und er erkennt sie nochmal den Preis. Aber sie sagt dann eben eine Seite später, ja, ja, er will ja jetzt ökologischen Landbau betreiben künftig. Und dafür ist dieses Feld bereitet worden, also so komplett. Und das wiederum heißt, dass dort sehr viel mehr Tiere auch sich ansiedeln können. Und das ist so für sie dann sehr...
Also sie ist da nicht dogmatisch im Sinne von der Mensch verletzt komplett die Natur, sondern sie hat eine ganz interessante selber Perspektive, wo man dann merkt, das stellt sie uns auch so vor. Also sie ist da keine...
Dogmatikerin, aber sie zeigt eben diese Widersprüchlichkeit. Naja und Hase kriegt keinen Namen, das ist ihr irgendwie dann zu weit. Sie beklagt sich auch, dass es immer so andromorph ist. An sich wird er groß irgendwann, also erwachsen, kriegt selber Junge und sie erlebt das also quasi alles hautnah mit über einen sehr, sehr langen Zeitraum. Also viele Monate, um diesen Zyklus quasi mitzuerleben. Man geht so durchs Jahr mit Hase
Das ist mal ein sehr anderes Jahr. Also dachten wir, das ist das richtige Buch zu Ostern und auch noch drüber hinaus. Lesen Sie es, wenn Ihnen die Welt gerade zu schaffen macht oder Sie selbst aus Ihren Routinen mal raus wollen. Genau. Werbung.
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Jetzt also wirklich in eine ganz, ganz andere Welt, in einer ganz, ganz anderen Buchwelt mit unserem nächsten Titel. Herfried Münkler hat sein neues Buch geschrieben, es heißt Macht im Umbruch.
Deutschlands Rolle in Europa und die Herausforderung des 21. Jahrhunderts erschienen bei Rowold Berlin. Der Titel sagt eigentlich alles. Es geht um große Politik. Es geht um so etwas wie Geopolitik bei Herr Friedmünkler. Also die Idee davon, wie internationale Staatengemeinschaften heutzutage miteinander überhaupt kooperieren können, konkurrieren oder sich bekriegen, was für Konflikte drohen im 21. Jahrhundert.
Wir leben ja sowieso die ganze Zeit dabei, immer festzustellen, man muss sich immer kneifen, was für Konflikte eigentlich noch auftauchen können, dass überhaupt die Wiederkehr des Krieges so nah rückt ins Leben eines jeden Einzelnen in Europa zum Beispiel. Unser Leben ist ja eine erstaunliche Sache, die wir jetzt vor
10, 12 Jahren einfach alle noch nicht gedacht hätten. Und das ist sowieso die große, eigentlich wahrscheinlich die große Veränderung jetzt nach den 25 Jahren, die dieses Jahrhundert jetzt schon alt ist. Herfried Münkler, der ist 1951 geboren, war bis 2018 Professor für politische Theorie an der Humboldt-Universität
zu Berlin. Unser Kollege Jörg Lau hat ihn in der Zeit, auch schon vor 20 Jahren, ein Ein-Mann-Think-Tank genannt. Ich glaube, dieses Wort wird da nicht mehr los. Ja, drückt so ein bisschen auch schon diese typische Art von Münkler aus in diesem Wort vom Ein-Mann-Think-Tank. Er verknüpft nämlich wahnsinnig viele Wissensgebiete und verschiedenste Sachen.
Er ist eben kein Spezialist und das heißt, bei ihm denkt man immer, da fühlen sich die Dinge zusammen. Also politische Theorie, Demokratietheorie, Ideengeschichte, überhaupt Geschichte. Dann war er jemand, der sehr, sehr früh Bücher über Kriege geschrieben hat. Also als viele tatsächlich eigentlich eher davon Abschied genommen haben und gedacht haben, Kriege werden jetzt nach 89 nicht mehr so eine ganz große Rolle spielen. Da war er jemand, der...
der sich mit Kriegstheorie, Clausewitz und so weiter beschäftigt, hat rauf und runter einen der wenigen Politikwissenschaftler in Deutschland. Das sind so verschiedene Bereiche, also auch deutsche Mythen hat er sich angeschaut in einem preisgekrönten Buch oder vor allen Dingen auch die Logik von Imperien durch die Weltgeschichte. Also jemand, der alles Mögliche da in seinen Büchern schon verfolgt hat und getrieben hat. Ein Buch über den ersten Weltkrieg geschrieben, also klassische Kriegsgeschichte, dann sogar was über den Dreißigjährigen Krieg, also
Sprich, die frühe Neuzeit. Also so jemand ist Münkler von zwei Jahren, hieß das Buch, was er damals veröffentlicht hat, Welt in Aufruhr, 2023 erschienen. Da hat er sich angeschaut, was für eine neue Weltordnung entstehen könnte mit dem Auf die Chinas und dem Angriffskrieg Russlands, dem Überfall auf die Ukraine.
Und kam da auch so auf eine Figur einer sogenannten Pentarchie der Mächte. Pentarchie heißt tatsächlich, dass es fünf große Blöcke gibt. China, Russland, USA, Europa und eben auch Indien, die künftig sich stark so in die Welt nicht aufteilen, aber jedenfalls da miteinander ringen. Seine Parallele waren im 19. Jahrhundert. Da gab es sowas auch schon, nur waren das eben alles europäische Mächte. Jetzt fragt er in seinem neuen Buch,
wenn Pentachy, wenn diese neue Logik ist mit Europa, was macht Deutschland da jetzt eigentlich? Immerhin drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Wie können wir das irgendwie so handhaben? Und da hat er so, er macht wie gesagt ein breites Themenfeld auf von allen möglichen Dingen. Weltordnung, Welthandelspolitik, Ideengeschichte, was ist los mit der Demokratie? Rauf und runter wird das immer wieder diskutiert. Aber er guckt eben, was macht so eine große Mittelmacht
Also eine Macht in der Mitte Europas, wie Deutschland jetzt mit dieser Macht, die es nun mal eigentlich hat. Bislang hat sie sich anders eingesetzt. Er sagt eben von hinten geführt. Das heißt also vieles ordentlich verhandelt, sehr zurückhaltend in der Welt aufgetreten, sehr vorsichtig.
Und deswegen hat es eben auch so viel Vertrauen in den letzten Jahrzehnten bekommen in Deutschland. Aber das fand ich so einen schönen münchischen Begriff, von hinten geführt und jetzt das geht nicht mehr, jetzt muss von vorne geführt werden. Ja, das war die Idee von hinten führen bei ihm. Das hat Deutschland bislang gemacht, also mit
jedem irgendwie noch verhandelt und alles an alle einen Tisch und auch noch kleinste Länder auch innerhalb der EU oder der... Ich weiß jetzt nicht, ob die Griechen das auch so sehen nach der Finanzkrise, ob da Deutschland so stark von hinten gehört hat, aber...
weil er war ja in Deutschland doch sehr dominant, auch innerhalb der EU. Aber wie auch immer. Und er sagt, nee, das geht nicht mehr so, weil man muss die Probleme, man muss schon selber die eigene Rolle dann irgendwie wahrnehmen, stärker und eben, wie du sagst, von vorne führen. Hast du einen Eindruck von diesem Buch? Es macht es ja deswegen nicht einfach, oder anregend fand ich, weil so vieles da drin vorkommt. Also man hat ja alle möglichen Bereiche. Das macht es natürlich manchmal auch, wo man denkt, ja,
interessant, dass jetzt alles mit allem zusammenhängt, aber es macht es natürlich manchmal auch ein bisschen vielleicht unübersichtlich. Ja, es ist so eine Tour d'Horizon. Also ich finde, wenn man Rezensionen zu diesem Buch liest, kann sich auch jeder einen anderen Aspekt rauspicken. Also es gibt da so viele Dinge, auf die man sich stürzen kann im Grunde. Also ich fand diesen, also heraus sticht natürlich jetzt dieser Führungsanspruch Deutschlands, den er erhebt. Also Deutschland soll von vorne führen und dann eben eine
eine EU der zwei Geschwindigkeiten anführen. Also dass dann eben die mitmachen, die wollen, die gehen nach vorne und da sieht er zum Beispiel rund um ein erweitertes Weimarer Dreieck, also mit Frankreich und Polen und dann eben eventuell sogar wieder Großbritannien dazu, sozusagen auch in einer gemeinsamen europäischen Verteidigung sozusagen nach vorne gehen und wer möchte, macht mit und
kleinere oder die nicht so viel mitmachen wollen, haben dann aber auch kein Vetorecht. Also dass es so diese zwei Geschwindigkeiten gibt, das ist so eine starke Forderung von ihm, die da so heraussticht.
Interessant fand ich aber auch, dass er so den Begriff des Feindes doch wieder rehabilitieren will. Weil er sagt, das haben wir uns irgendwie abgewöhnt. Wir denken so ökonomisch eigentlich nur noch in sozusagen Konkurrenten. Vielleicht sind wir irgendwie, wir sind wirtschaftliche Konkurrenten. Aber dass man mal überlegt, es gibt da wirklich auch sowas wie Gegner mit den Autokratien um die Welt. Gibt es jetzt auch wieder eine Art Gegnerschaft? Und wir sind sozusagen...
so ein bisschen blind oder euphemistisch, dass wir das nicht sehen wollen. Also es handelt sich hier um eine Art magisches Denken, das glaubt durch das Vermeiden von Worten und Begriffen die Realität in seinen Bann schlagen zu können. Jaja, er ist ja pronunziert nüchtern oder auch real, realistisch, er gehört halt der realistischen Schule an von allen möglichen Außenpolitiken. Das heißt also, diese Idee, dass man jetzt in einer Weltfriedensverordnung leben könnte, in der all das quasi durch
Kooperation, wie du sagst, stillgestellt würde, da hätte er auch nun jetzt müdes Lächeln parat und er macht eben den Vorwurf, dass insgesamt deutsche Politik da vielleicht zu sehr in diesen Kategorien gedacht hätte bislang. Also ich, vielleicht muss man an der Stelle nochmal sagen, dass er das Buch geschrieben hat, wahrscheinlich dann im letzten Jahr, aber eben auch wissend, dass Trump die Präsidentschaft gewonnen hat, also dass die Wahlen gewonnen hat,
Aber er kann natürlich jetzt noch nicht über die aktuellen Entwicklungen, logischerweise. Und deswegen ist es eine ganz interessante parallele Lektüre die ganze Zeit. Also man hat auf dem Bildschirm die ständigen Irrenentwicklungen von Ukraine, Krieg von Verhandlungen mit Russland, man hört Grönland und liest dann quasi etwas über geopolitische Machtblöcke bei Mönchler. Also auch territoriale Geschichten plötzlich. Das ist eine ganz andere, so eine ganz eigenartige Mischung aus
Prognostik dann auch oder so tiefer gehende Lektüre, die einem schon viele Debatten jetzt natürlich schon auch helfen zu verstehen. Das habe ich schon den Eindruck. Ich hatte jetzt nicht den Eindruck, dass es durch aktuelle Sachen überholt wird. Also da ist es ganz clever. Also er ist nicht so, dass man denkt, naja, also er weiß schon, was Trump und Putin da eine andere
Vorstellung haben und er weiß auch, wie nah am Abgrund eigentlich der Westen steht quasi als allgemeine Einheit. Dass das überhaupt nicht in Stein gemeißelt ist, dass es da diese amerikanische, europäische Allianz weiterhin gibt. Und das macht er eben ganz geschickt, dass er das so in den Raum stellt. Ja und er spricht schon davon, dass die USA diese sozusagen auch inoffiziellen Verträge aufkündigen, dass die USA eben nicht mehr der Hüter der regelbasierten Ordnung sind. Und das fand ich so interessant, weil er
Also diese regelbasierte Ordnung, das war für mich so augenöffnend. Er schreibt das irgendwie so schön, die Deutschen haben immer gedacht, vielleicht ist der Hüter der Ordnung so eine Art, also das Völkerrecht oder irgendwie internationale Institutionen und die passen schon auf, dass hier international irgendwie ansteht.
alles so seinen Gang geht. Nein, in Wahrheit waren die USA der Hüter dieser regelbasierten Ordnung und die Tatsache, dass die aussteigen, eben wissend, dass Trump gewählt ist, aber er konnte noch nicht sehen, was da alles passiert, aber er hat schon gesagt, die steigen aus und das bringt eben diese regelbasierte Ordnung so ins Wanken, dass jetzt der Regelbrecher der Gewinner sein wird und das fand ich so
Dann doch auch hellsichtig. Ja, das macht uns aber dann gleichzeitig wieder offen für andere Allianzen und das ist das Eigenartige dabei, denn plötzlich, wie du ja sagst, man muss irgendwie suchen, mit wem man irgendwie kooperiert und das macht die Sache wirklich seltsam 19. Jahrhundertartig, wo es dann auch kaum eigentlich um Werte oder sowas ging, sondern irgendwie wo an welcher Stelle man welche verwendet.
Interessen hat und irgendwie fürchte ich mich sehr davor, dass wir plötzlich an der Seite Chinas landen, gegen alle so ungefähr. Aber es ist denkbar, wenn man dann sowas liest. Also plötzlich als mein Gott. Also das sind die neuen Logiken dieses Jahrhunderts. Sehr seltsam fand ich das. Aber durchaus realistisch ja.
beschrieben, das Ganze. Es ist auch klar, dass man diese Logiken für Europa, das macht er eben sehr schön, er kann das immer ideengeschichtlich, historisch rückkoppeln, dass also Europa tatsächlich immer eine Frage, also immer umstritten oder an Europa auch immer herumgezerrt wurde. Also es gibt einerseits die Idee des Westens an sich, der einen dann ja immer tatsächlich mit Amerika verbindet seit 1776, 1789 und
Andererseits tatsächlich nicht auch diese eurasische Idee, dass man allein durch diesen Kontinent, durch dieses Gemeinsame eigentlich auch sehr eng mit Russland zusammenbildet. Also eine Idee des Machtblocks. Das wollen wir natürlich Putin sehr stark fördern. Und da gibt es eben tatsächlich seit 200 Jahren Leute, die tatsächlich dieses Eurasische als Vorbild dann haben. Aber das fand ich nochmal...
Also wie diese Eigenständigkeit Europas ja auch erstmal, ja also eigentlich so selbstverständlich auch nicht ist. Da muss man erstmal sich überlegen, was das dann genau heißt. Und was heißt das jetzt für den Westen? Was hält uns zusammen, wenn es keine Werte sind? Und wenn diese Atlantische Allianz eben aufgekündigt wird, was hält uns dann zusammen?
Das finde ich ist eine unbeantwortete und offene Frage. Es bleibt eine unbeantwortete und deswegen werde ich auch weiterhin brav der Westler sein. Egal was passieren, mein Gott, nach dem Präsidenten, vor dem Präsidenten will ich mal hoffen. Aber diese Idee, dass da dieser Raum wieder eine Rolle spielt oder die Vorstellung, dass
Diese strategischen Überlegungen, ob nun Zugang zum Suezkanal oder für Russland zum Beispiel, man kriegt da auch einen Einblick in dieses russische Denken. Das macht er natürlich auch ganz geschickt, wenn er sagt, jahrhundertlang hatte Russland natürlich einen Zugang zur Ostsee. Jetzt ist Baltikum quasi unabhängig, ist das nur ein schmaler Streifen da oben, hat sich auch immer selber als Ostsee macht.
Und ist eine Obsession geworden geblieben, Zugang zur Ostseekultur. Ja, diese Zugänge. Also lauter interessante Aspekte sind da drin. Also dieses Umkreisen fand ich auch, dieses Einkreisungsphänomen fand ich persönlich sehr interessant, weil das ein altes deutsches Thema ist. Also Deutschland als Mittelmacht in Europa ist umzingelt von Feinden. Das war also das typische Denken
seit Bismarck, also seit Ende des 19. Jahrhunderts, hat man immer gedacht, nein Gott, bloß nicht Frankreich und Russland sich verbinden, dann haben wir ein Problem oder...
Darauf muss man eben vorbereitet sein. Das ist zum Glück jetzt seit 1945 nicht mehr so. Aber es ist eben diese Umzinglungs- und Eingekreistseinsphobie gibt es dafür dann jetzt in Russland. Also Putin macht das eben ganz stark und aggressiv. Die NATO hätte uns eingekreist. Ja, und das ist quasi die Ideologie, die dort eben zelebriert wird. Wobei Münkler auch sehr schön sagt, das ist eigentlich totaler Quatsch, weil Russland eben so riesig ist. Ja, das ist also...
im Osten ja schon auch an China grenzt oder an ganz andere Länder. Deswegen ist das sowieso alles mit dieser Einkreisungssache, schiere putinsche Propaganda oder Ideologie. Aber trotzdem sind das natürlich wirkmächtige Faktoren plötzlich. Und das ist so eine Sache, die kriegt man bei Mückler immer ausgezeichnet präsentiert. Ja, so kleine Exkurse macht er immer wieder. Das finde ich total nett, weil die führen nicht ab vom Weg, sondern die führen wirklich dazu, dass man heute Sachen besser versteht.
Ein Exkurs, der fehlt, finde ich, oder er hätte so ein bisschen mehr noch darauf eingehen können, auf so technologische Entwicklungen. Weil ich meine, das nächste große Ding in der AI, der nächste Durchbruch, oder wem der gelingt, das wird wahrscheinlich was damit zu tun haben, mit der Verschiebung von Macht. Ja, das ist tatsächlich so ein Punkt, der ist mir auch aufgefallen. Das heißt, man hat natürlich diese Traditionskonstellation seit dem 19. Jahrhundert sehr schön hergeleitet bekommen bei ihm oder solche Sachen.
Topoi der Geopolitik im Mitteraum und so weiter. Aber genau das, was im 21. Jahrhundert nochmal neu hinzukommt, diese völlig anders geartete Technik, die Idee von AI oder was uns alle völlig um... Also jedes Denken, jeden Alltag völlig umstrukturiert. Das ist so ein bisschen nicht ganz so präsent. Das ist ja oldschool. Ja, genau. Oldschool. Ökonomisch hätte da eher noch mehr...
schauen können. Es sind ja auch oft einfach ökonomische Prozesse, wenn so Imperien niedergehen oder große alte Mächte aufhören. Das ist dann auch so ein bisschen, also da fehlt dem ja auch noch so ein bisschen in der Hinsicht so eine
Ausrichtung. Ja, für manche ist das ja die Antwort, was hält den Westen noch zusammen? Freihandel, Handel oder dann eben nicht mehr so freier Handel, jetzt gerade unter Trump, aber sozusagen ökonomische Prozesse. Aber ich finde, da kann man sagen, ich glaube nicht, dass das ausreicht, um den Westen zusammenzuhalten, aber es ist für viele die Antwort und diese ökonomischen Prozesse hat er weniger im Blick. Ja, das ist ja dann tatsächlich so ein bisschen, wie soll ich sagen, halteuropäisch, ökonomie...
Lässe Müsselings liegen, hatte ich auch den Eindruck. Aber wie gesagt, ich fand es insgesamt eine wahnsinnig anregende Lektüre, weil man nicht
Weil zu den erstaunlichen Büchern gehört, die dann nicht so überholt werden von diesen irren Prozessen, die wir die ganze Zeit erleben, jetzt seit ein paar Monaten. Also man hat nicht den Eindruck, da läuft die historische Zeit irgendwie schneller gerade, sondern in dem Buch ist das wie eine Parallellektüre und man versteht dadurch tatsächlich manche Abläufe genauer. So ging es mir jedenfalls bei der Lektüre. Ja, anerkennbar.
Anregend und auf Höhe der Zeit, wie du sagst. Das beinhaltet natürlich, dass man sich auch schon mal phänomenal irrt. Er ist der Typ, den wir Journalisten gerne anrufen, wenn irgendwas mit Krieg ist. Auf jeden Fall. Oder zu geopolitischen Fragen. Das beinhaltet aber auch, dass...
famously am Tag des russischen Überfalls bei uns im Interview gesagt hat, die Ukraine ist verloren und das war dann, wir wissen nicht, was jetzt passiert, aber erstmal nicht wahr. Ja, ja, das war tatsächlich so ein Münkler-Schein. Das ist das Diktum, was ich noch ein paar
ein paar Mal so ein bisschen vorgehalten wurde, eben zwei Tage nach dem Überfall das zu sagen. Er hat es glaube ich auch schon ähnlich, natürlich ist er ja jemand, der prognostiziert, er hat es auch beim Irakkrieg eigentlich auch schon bestimmte Sachen dann immer mal gesagt, also schon vor 20 Jahren und so weiter. Das kann bei jemandem wie ihm dann schon mal vorkommen. Hat dann natürlich auch Lust am Denken. Im Moment im Buch muss man sagen,
Habe ich bislang noch nicht entdecken können, dass man die fundamentalen Irrtümer so schnell, aber man kann schon mal schauen. Ja, das stimmt. Und jetzt im Buch betont er ja auch, wie stark die Ukraine ist. Und er sagt sogar, wie heroisch die wieder werden. Und er ist jemand, der den Begriff des postheroischen Zeitalters mitgebracht hat.
prägt hat, der jetzt sagt, erstaunt doch, wie heroisch die geworden sind und wie heroisch verknüpft das mit einer Forderung, wir wohl auch wieder werden müssen. Das stimmt, wobei man sagen muss, Münkler war nie ein Fan des aposteroischen Zeitalters und hat es nur diagnostiziert. Aber jetzt entdeckt er das heroische No-Kreide. Mitten in diesem schnellen Weltenlauf auf jeden Fall gerade ein
angenehm nüchternes Buch, mit dem man doch ein bisschen klarer sieht. Kommen wir zu unserem Klassiker. Musik
Roland Barth hat das geschrieben und tatsächlich ein kleiner Aufsatz. Drei Seiten nur. Wir waren sehr froh, dass es diesmal nicht ganz so dicke Lektüre war. Drei Seiten aus seinem legendären Buch »Mythen des Alltags«, erschienen im Sokamp Verlag. Das man sowieso immer mal wieder rausziehen kann. Unbedingt. Also wer es noch nicht hat, unbedingt kaufen und ins Regal stellen. Und man muss jetzt redlicherweise sagen, kauft nicht die alte Fassung. Die alte Fassung ist die alte Fassung.
1957 erschienen, in Frankreich glaube ich 1964 übersetzt und tatsächlich aber nur in Auswahl. Das heißt, die klassische Wirkung von Roland Barthes Mythen des Alltags war tatsächlich eine Auswahlband in Deutschland und seit 2010 in der Übersetzung von Horst Brühmann gibt es tatsächlich die komplette Fassung und da würde ich doch jedem empfehlen,
da noch diese Neuanschaffung zu machen. Das wusste ich auch noch nicht. Danke für die Info. Roland Barth, 1915 geboren, 1980 gestorben durch einen Autounfall. Er war Bibliothekar und Lektor und ist einer der tatsächlich großen französischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts gewesen.
in dieser eigentümlichen Denkrichtung des Poststrukturalismus. Er hat dann tatsächlich 1976 noch einen Lehrstuhl bekommen am Collège de France mit dem schönen Titel Für literarische Zeichensysteme. Auf Empfehlung von Michel Foucault. Er hatte diesen Lehrstuhl bekommen und er hat in den Mythen des Alltags, die ursprünglich tatsächlich kleine Aufsätze sind, kleine Texte, die ab 1954 erschienen sind in einer Zeitschrift, versucht, die
die Gegenstände, die Erscheinungen des Alltags zu dechivrieren, zu gucken und zu schauen, dass eben auch diese Phänomene eine Bedeutung haben für unsere Gegenwart, für unser Leben. Das heißt also, dass auch in den scheinbaren Alltäglichkeiten etwas steckt, was über uns etwas aussagt, über Menschen, über die Gesellschaftsform. Und das ist eigentlich diese ganze
Idee, diese speziellen Semiotik, die er dann auch immer wieder verbindet. Also das ist so die Grundessenz eigentlich, was er mit diesem Buch also auch vorführt. In ganz unterschiedlichen Gebieten. Also er schreibt über Wrestling, über Beefsteak und Pommes gibt es quasi etwas, über Wein und Milch, über Spielzeug, aber eben auch über das Gesicht von der Schauspielerin Greta Garbo.
über das Varieté-Theater, über bestimmte Erlebnisse, die man hat und das aber immer in kleinen Formen und daran führt er eigentlich vor, was diese bestimmten Dinge etwas mit uns zu tun haben. Unter anderem, und das ist das Originelle, fand ich jemals auch,
was Marsmenschen mit uns zu tun haben und was sie aussagen. Das sind drei Seiten, 1957 und die haben es so ein bisschen in sich, oder? Ja, es ist irre, was in drei Seiten stecken kann. Allein das Wort Marspsychose würde ich gerne wieder beleben. Das finde ich ganz toll, weil so kommt einem das ja vor, wenn Leute wie Elon Musk und so jetzt den Mars besiedeln wollen. Das ist ein völlig irres Projekt, oder?
Das ganze noch hat 57 und das ist das Jahr des Sputnik-Schocks. Das heißt, der Westen stellt plötzlich fest, Mist, die Sowjetunion hat da irgendwie Satelliten ins Weltall geschickt, wir noch nicht und sind jetzt technologisch überlegen. Und deswegen ist das plötzlich der Weltraum steht dann Ende der 50er, überhaupt Raketen und Weltraum stehen total im Mittelpunkt, aber eben auch UFOs.
Und das heißt, plötzlich ist das gesamte Land von Bedrohung, also der gesamte Westen, allerdings auch vor allem natürlich Amerika, besessen von UFOs, die irgendwo herkommen oder vom Außerirdischen. Und das in einer Zeit, in der noch nicht mal
Menschen im Weltraum ja waren. Also die sind ja erst 1961 dort. Und dann ist eben das Wort Marsmensch oder Marsmännchen, Synonym für Alien, also sozusagen der Mars hat in dieser Obsession mit dem Weltraum schon eine bestimmte Stellung eingenommen.
Und dann glauben die Leute eben, diese fliegenden Untertassen zu sehen. Und Barth sagt also schon, wie die aussehen. Silber, wie man sich die vorstellt, dann so rund und wahnsinnig glatt. Und er sagt so diese Obsession mit dem Mars, allein Marsmännchen, wenn man sich die vorstellt, so menschenartig oft, mit so großen Köpfen und großen Augen und so. Und er sagt, das ist doch, also der Marsmensch ist doch
sozusagen so eindeutig so ein Doppelgänger vom Menschen, nur etwas höher entwickelt und etwas besser. Und so sind eben auch diese fliegenden Untertassen sind so silberglatt. Man sieht keine Nägel oder Unebenheiten. Es ist sozusagen, also er sagt, der Mars ist eine erträumte Erde mit perfekten Flügeln, wie in jedem Idealisierungstraum. Also der glatte, glänzende Doppelgänger der Menschen. Ja, das ist
Das ist tatsächlich der zentrale Begriff, die erträumte Erde. Also er macht quasi wieder einen Gegenstand oder eine Fiktion, diesmal eben sogar extraterrestrisch, zum Zeichen für unsere eigenen Sehnsüchte, Vorstellungen und wie auch immer. Also diese Fixiertheiten. Und das ist, glaube ich, das Geniale an diesen seltsamen drei Seiten, dass er dann tatsächlich das dann so in Begrifflichkeiten vorführt und mit einmal sagt,
schaltet sich ja auch sowas wie die Angst vor dem Atomtod zusammen. Dann gibt es extraterrestrische Richter. Also der Mars als Idee einer außerirdischen Welt, die dann eigentlich kommt in Gestalt von Ufos oder wie auch immer. Richtet über die Streithähne des Kalten Krieges. Also das ist so eine eigene Form. Und er sagt auch, dass wir uns immer in den
Gedankenwelten vorstellen, dass sie eigentlich so ähnlich oder ein System ist, was ähnlich funktioniert haben muss wie wir. Ja, das ist total witzig, oder? Wenn ihr euch jetzt mal vorstellt, jetzt kämen Marsmännchen in ihren UFOs hier an, das würde heißen,
ein Mars-Geologe oder Geograf muss das ja geplant haben, die Untersuchung der Erde. Das heißt, die müssen die Geografie entwickelt haben. Das heißt, die müssen Forschungseinrichtungen entwickelt haben. Und so leitet er das immer weiter fort, dann muss sich ja sozusagen genau diese Erdengeschichte auf dem Mars abgespielt haben. Ja, bis hin zur Religion.
Es geht nur so, dass sie auch einen Gott haben und dass sie auch so sind und deswegen überhaupt in der Lage sind, uns zu erfahren. Ich fand das interessant, weil wir heutzutage schon immer denken, wenn wir an Außerirdische denken, denken wir ja schon eher dann
glaube ich zumindest, an etwas andersartiges. Also das ist jetzt, sagen wir mal 2025, hast du eigentlich nicht immer sofort die Vision, dass das Menschen sind, dass das quasi Existenzen sind. Diese grünen Männchen sind. Ja, oder Existenzen sind, die eigentlich ähnlich sind wie wir. Und hier kommt ein französischer Denker, der sagt, nee, ihr denkt eigentlich, die sind genau so. Ihr denkt, die sind genauso wie wir. Und da dachte ich, ja.
Vielleicht steckt das auch hinter Elon Musks Mastron, dass er eben auch die ganze Zeit denkt, da oben ist es letztlich nur noch besser als bei uns. Ja, absolut. Genau das dachte ich, wenn man bei ihm dann auch liest. Denn die Unfähigkeit, sich das andere vorzustellen, ist einer der durchgängigsten Züge jener kleinbürgerlichen Mythologie. Also dass das auch so kleinbürgerlich ist. Man sagte, die Andersheit ist der Begriff, der dem gesunden Menschenverstand am Anfang
Und der gesunde Menschenverstand ist ja was, womit die auch gerne operieren, die Trumpisten. Und dann ist man also nicht in der Lage, sich das ganz andere vorzustellen. Und das fand ich irre. Also diese Vorstellung von Ron Barth erklärt Elon Musk, dein Projekt ist etwas Tolles.
stark kleinbürgerliche Sache. Das ist keine Vision des ganz Neuen Anderen, sondern das ist ganz kleinbürgerliche Mythologie. Genau, und das fand ich wirklich herrlich. Also der Mars auch als kleinbürgerliche Erde so zelebriert, das fand ich eine sehr, sehr wunderbare Sache. Ja, dann sagt er noch, der Mars ist nicht nur die Erde, er ist die kleinbürgerliche Erde. Also das ist 1957 und wir können es nochmal wiederholen zu dem Zeitpunkt, wo man noch kein einziger Mensch im Weltall und nun
ob es UFOs gibt oder nicht. Das ist ja bis heute umstritten. Mal gucken, welche Dekrete Trumps da noch irgendwelche weiteren CIA-Infos freigeben zu UFOs oder so. Wir werden mal gucken. Aber für mich wirklich, ja, von beiden auch sehr überraschende
Lektüre eigentlich plötzlich. Total bereichernd. Also so wie er sagt, kaum ist der Mars am Himmel aufgegangen, wird er schon in die richtige Bahn gelenkt, nämlich vom Mechanismus der Identität. Er wird da so eingemeindet als die kleinbürgerliche Erde.
Und das holt sozusagen auch diese angeblichen Visionen, wie wir da leben würden, vom Himmel. Ja, Identität ist das Stichwort. Es wird gleich uns als Vehikel benutzt. Also für uns dann auch als Form dessen, mit dem wir uns versuchen, irgendwie nach vorne hilflos weiterzubewegen. Und ich fand diese Idee von
Dass wir in Barth eine alteuropäische 20. Jahrhundertantwort plötzlich haben, die man Elon Musk nochmal entgegenhalten kann, fand ich eigentlich eine sehr schöne Entdeckung. Ja, auch bei den Poststrukturalisten viel geschmält, aber da sind doch auch zu Recht gute Klassiker drunter. Ja, totgesagte leben manchmal länger. Ja, das war's für heute.
Uns hören Sie in vier Wochen wieder und in zwei Wochen hören Sie hier unsere Kollegen Iris Radisch und Adam Sumschinski mit der Folge zur Belletristik. Wenn Sie Fragen haben, können Sie die wie immer an uns richten per Mail an bücher-at-zeit.de, Bücher mit U-E. Und wir freuen uns sehr, wenn wir uns in vier Wochen wieder hören würden. Bis dahin, tschüss. Tschüss. Was liest du gerade? Ein Podcast von Zeit und Zeit Online. Produziert von Polartis.