Deutschlandfunk, Büchermarkt. Haustiere gibt es in fast der Hälfte aller deutschen Haushalte. Bei Familien mit Kindern waren es 2023 sogar 67 Prozent. Kein Wunder, dass Haustiere für Kinder ein wichtiges Thema sind und auch der Tod von geliebten Tieren in Kinderbüchern nicht selten verhandelt wird. Thomas Meyer und Magali Franov beschäftigen sich in ihrem neuen Bilderbuch »Herschel, der Gespensterhund« auf besondere Art mit dem Tod eines Familienhundes.
Isabel Stier stellt es vor. Der alte Hund Herschel gehört schon länger zur Familie Mick als Tochter Luise. Einen seiner letzten Spaziergänge illustriert Magali Franov in einem bunten Wimmelbild. Dazu arbeitet sie mit Collagetechnik, malt viele ungleich große Häuser, die sich in kleinen Grüppchen aneinander schmiegen. Dazwischen schlängelt sich eine Straße aus kariertem Papier, die in eine Grasfläche aus Transparentpapier mündet.
Luise und Herschel sind auf dieser Doppelseite viermal zu sehen. In der Nähe der Häuser läuft der Hund noch voran. Auf einer Wiese am Fluss trägt Luise ihn. Als Herschel aus Altersgründen eingeschläfert werden muss, begleitet ihn die Familie zu seinem letzten Tierarztbesuch. Was zu diesem Zeitpunkt niemand ahnt, Herschel wird als Gespensterhund zu ihnen zurückkehren.
Herschels Seele verlässt seinen Körper. Er verspürt keinen Schmerz mehr, nur noch Leichtigkeit und Freude. Er ist jetzt ein Hundegespenst. Familie Micks Traurigkeit spiegelt sich in der geringeren Farbintensität auf dieser Doppelseite wieder. Erst als Luise realisiert, dass Herschels Seele noch immer bei ihnen wohnt, sind die Farben wieder so knallig bunt wie zu Beginn des Buches.
Herschel tollt fortan als sein eigener Umriss um Familie Mick herum. Immer wieder verschmilzt er mit seiner Umgebung. Ob auf dem Schoß von Tochter Luise oder im Bad mit Vater Gustav, einen Moment braucht man, um ihn zu entdecken. Damit wählt Illustratorin Magali Franov einen intelligenten Weg, um die Überlagerung des Diesseits mit dem Jenseits unaufdringlich herauszustellen.
Thomas Meyer ergänzt die Illustrationen mit kurzen Texten in leicht verständlicher Sprache. Zu keinem Zeitpunkt wird die Existenz des Geisterhundes hinterfragt.
Vielmehr wird sie vorausgesetzt, um Trost zu spenden und an schönen Erinnerungen festzuhalten. Die Texte von Thomas Meyer sind eine gut aufeinander abgestimmte Mischung aus tiefgründigen Fließtexten und lustigen Dialogen in Sprechblasen. Sie machen deutlich, dass das Leben trotz eines schmerzlichen Verlustes noch schöne Seiten hat.
Gerda, das war ein lauter Pups. Wieso hast du das gehört? Du warst doch fast taub. Ich höre prima, seit ich tot bin. In »Herschel, der Gespensterhund« beleuchten Thomas Meyer und Magali Franov das Thema Tod mit wohltuender Leichtigkeit. Sie begegnen kindlichen Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod mit Respekt und kreieren so ein Bilderbuch, das nicht nur in Zeiten eines Verlustes Trost und Hoffnung spendet.
Isabel Stier über Herschel, der Gespensterhund. Der Text kommt von Thomas Meyer, die Illustration von Magali Franov. Erschienen im Atlantis Verlag ab vier Jahren.