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Der Milliarden-Betrug

2025/1/14
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Verbrechen

AI Chapters Transcript
Chapters
Die Hosts und Ingo Malcher diskutieren die Machenschaften von Wirecard und wie das Unternehmen seine Geschäfte fälschte.

Shownotes Transcript

Liebe Zeitverbrechen-Fans, herzlich willkommen zu einer Folge, bei der es um den größten Betrug der deutschen Nachkriegsgeschichte geht. Zunächst mal herzlich willkommen, lieber Daniel. Hallo, liebe Anne. Du weißt ja, ich liebe Geschichten von Betrügern, Hochstaplern und Scammern. Und deswegen freue ich mich ganz besonders, dass du, lieber Ingo Malcher, heute bei uns zu Gast bist. Herzlich willkommen. Danke. Hallo, Anne. Hallo, Daniel. Hallo, Ingo.

Ingo, du bist Wirtschaftsredakteur bei der Zeit und du bist aber nicht nur bei der Zeit, sondern auch in Deutschland und sogar international einer derjenigen, der sich am besten auskennt mit Wirecard, dem Skandal, von dem wir heute sprechen wollen, dem größten Betrug der deutschen Nachkriegsgeschichte. Stimmt das eigentlich, was ich da sage? Ist das der größte Betrug der deutschen Nachkriegsgeschichte? Mit Sicherheit einer der größten. Mir fällt auch so spontan kein größerer Betrug ein, aber...

Bei der Schadenssumme und bei der Dauer des Betruges, wie lange das Ganze gut ging und lief, ist es mit Sicherheit einer der größten und wenn nicht der größte. Sag mal Ingo, nehmen wir mal an, ein Raumschiff landet hier in unserem Studio.

Und ein Außerirdischer steigt aus und dem musst du erzählen, was der Wirecard-Skandal ist. Welche Worte würdest du wählen? Ja, man kann da fast nur scheitern bei einem Außerirdischen, aber man kann es versuchen. Es war ein Unternehmen, die Kreditkartenzahlungen abgewickelt haben. Dieses Unternehmen hat einfach einen Großteil seines Geschäfts erfunden.

Das war schlicht und ergreifend nicht da. Am Ende haben sie die Bilanzen erfunden, sie haben Geschäftsvorgänge erfunden, sie haben Partnerfirmen erfunden und haben immer so getan, als ob sie immer mehr Geld verdienen würden. Und von dem Geld war am Ende nichts da. Also eine Luftnummer. Eine Luftnummer, nicht komplett, aber doch ein sehr, sehr großer Teil des Geschäfts und ein sehr großer Teil des Wachstums war wirklich erfunden.

Und es gab einen legalen Teil, das war zum Teil Online-Glücksspiel, Pornografie. Dann gab es noch die ein oder andere afrikanische Airline, die auch die Zahlungen über Wirecard abgewickelt hat. Man hat dann auch mal versucht, die Moskauer U-Bahn als Kunden zu gewinnen, das aber gescheitert. Also es gab einen legalen Teil des Geschäfts, aber Jahr für Jahr wurde einfach mehr dazu erfunden. Also der legale Teil klingt ein bisschen verschattet, ehrlich gesagt. Porno, Glücksspiel, Pornografie.

Verschiedene Airlines, U-Bahnen, die nicht in Deutschland sind. Das klingt etwas shady von dem legalen Teil her. Und dann gab es aber einen ganz großen illegalen Teil. Und das spielt alles in der Welt. Wenn ich im Internet was einkaufen will und meine Kreditkartendaten hinterlege, dann kommen Firmen wie Wirecard zum Zuge. Richtig? Richtig. Wirecard war ein sogenannter Zahlungsabwickler.

Blödes Wort, aber das ist letztendlich das Unternehmen, das dafür sorgt, dass, wenn ich mit meiner Kreditkarte im Internet bezahle, die Bank das Geld kriegt. Diesen kurzen Schritt, den hat Wirecard organisiert und dafür waren sie zuständig. Es ist ein Margengeschäft. Also wenn man sich jetzt überlegt, ich habe kürzlich ein Buch bestellt, gebrauchtes Buch für 4,95 Euro.

Ein minimaler Bruchteil dieser Kreditkartenzahlung geht dann an den Zahlungsabwickler. Das heißt, um auf die Umsätze zu kommen, die Wirecard gehabt haben will, muss man unfassbar viele Zahlungen abwickeln oder man muss halt eben in einem Hochrisikobereich sein, den die Pornografie darstellt, in dem sie auch tätig waren.

Aber das ist jetzt kein Bereich, der ins Unbegrenzte wachsen kann, wie man getan hat, als dass es möglich sein könnte. Also es geht um Masse im Grunde genommen, die man entweder hat oder zumindest in diesem Fall vorgetäuscht hat. Man kann sich das vielleicht vorstellen, nur dann kommt die Anschlussfrage nämlich gleich hinterher. Meinetwegen, ich habe einen Laden.

indem ich Waren verkaufe, aber sieben Zehntel oder acht Zehntel oder neun Zehntel dieser Waren sind gar nicht da. Die Leute kommen da hin und die wollen was kaufen und ich sage, ja hier, du kannst das kaufen und dann sagt der Kunde, ja, aber ich sehe das gar nicht. Bei Wirecard war das so ähnlich, nur hat es anscheinend keiner gesehen, dass diese 90 Prozent der Waren gar nicht da sind, die da angeboten werden oder der Dienstleistung in diesem Fall.

Und da fragt man sich natürlich unweigerlich, wie in Gottes Namen konnte das so lange unentdeckt bleiben? Wie bist du denn auf Wirecard aufmerksam geworden? Ich bin auf Wirecard aufmerksam geworden, dass ich eines Morgens 2016

Die Zeitung las und ich las, es gab eine sogenannte Short-Attacke, eine Spekulanten-Attacke auf Wirecard. Und ich dachte, das ist ja interessant und habe mal weitergelesen. Und zwei Stunden später ruft mich jemand an, den ich ganz gut kenne, der sagte mir, ob ich das über Wirecard gelesen hätte. Es gibt eine Short-Attacke auf Wirecard. Sagte ich, ja, habe ich gelesen. Dann sagt er, ich arbeite für Wirecard. Dann macht er eine Pause und sagt,

Und es ist alles wahr.

Wenn ich Aktien kaufe, wenn ich mein Geld anlegen will, dann kaufe ich mir eine VW-Aktie.

Also bitte keine Werbung jetzt hier. Bitte keine Aktientipps. Wir sind hier bei Zeitverbrechen. Und das wäre kein guter gewesen. Das wäre kein guter gewesen und ich gebe keine Aktientipps. Und ich verstehe davon auch wenig, wer sein Geld anlegen will, der soll was anderes, vielleicht auch sich woanders besser informieren. Aber die Commerzbank-Aktie habe ich jetzt zufällig gelesen, die kostet heute 14 Euro. Wenn ich jetzt 14 Euro anlegen will, dann kaufe ich mir für 14 Euro diese Aktie.

weil ich denke, da passiert gerade was, vielleicht ist die in zwei Monaten 16 Euro wert, dann verkaufe ich sie wieder. Der normale Aktienhandel, den wir vielleicht so alle kennen. Wenn ich jetzt aber professioneller Investor bin und denke, das geht überhaupt nicht gut mit der Commerzbank, dann kaufe ich sie nicht, sondern dann leihe ich sie und ich verkaufe sie dann zum Preis von 14 Euro.

Ich leihe mir eine Aktie und verkaufe sie. Die gehört mir nicht. Aber ich kriege natürlich trotzdem den Verkaufspreis dafür. Wenn die Aktie dann auf 10 Euro fällt und ich sie dann für 10 Euro wieder zurückkaufe, habe ich 4 Euro Gewinn gemacht. Sind das die sogenannten Leerverkäufe? Das sind die sogenannten Leerverkäufe. Und Wirecard war, und hier war der Finanzmarkt wirklich einmal als, wie soll man sagen, als Straßenkehrer unterwegs im Sinne des Saubermachens. Es gibt

Sogenannte aktivistische Lehrverkäufer in dieser Branche, das sind Finanzmarkttypen, die gucken nach Betrügern, die gucken nach falschen Zahlen, die gucken nach Dingen, die nicht schlüssig sind in Bilanzen und die haben sich Wirecard ausgeguckt. Die wollten damals aber noch anonym bleiben. Ingo, der Mann, der dich angerufen hat, der Informant, wie wirkte das auf dich? Also hattest du davor schon mal was von Wirecard gehört oder wie ging euer Gespräch weiter?

Er hat mir einen Tipp gegeben, ich möchte doch bitte die Berichte lesen, die dieser Angreifer anonym ins Internet gestellt hatte. Auf die bezog er sich und er sagte, alles ist wahr. Das war ein, wenn ich mich richtig erinnere, 70, 80-seitiger Bericht, der erste. Er trug den Namen Zatara. Also ein Pseudonym. Ein Pseudonym. Die Webseite war, wenn ich mich richtig erinnere, auch Zatara.com. Es gab auch keine Telefonnummer von Zatara oder sonst etwas.

Auf 80 Seiten wurde haarklein aufgelistet, wo was nicht stimmen kann bei den Zahlen. Wirkte das auf dich überzeugend? Es wirkte auf mich tatsächlich überzeugend, wobei ich ehrlicherweise sagen muss, dadurch, dass der Informant gesagt hat, er würde für Wirecard arbeiten und er hält es für glaubwürdig seiner Meinung nach,

Habe ich natürlich mit einem gewissen Wohlwollen auch gelesen. Ich konnte dann stichprobenhaft einige Dinge nachvollziehen und die haben sich als wahr herausgestellt oder als mindestens sehr merkwürdig. Und dann habe ich angefangen zu recherchieren.

Das war damals so eine Zeit, da hatte Wirecard keine Aktionäre. Wirecard hatte Fans. Das war eine Sekte. Das waren ganz viele Leute, die wirklich an den Erfolg des Unternehmens glauben wollten, die in Wirecard investiert waren. Und die hatten jetzt natürlich plötzlich Sorge, meine gute Investmentidee, mein Geld droht verloren zu gehen, weil die Aktie ist infolge dieser Zatara-Berichte auch relativ stark gefallen. Hat sich dann auch wieder erholt. Aber...

Insofern, Wirecard hat damals alles getan, um die Autoren zu finden.

Hast du die Autoren gefunden? Ich habe die Autoren damals gefunden. Es war ein Matthew Earl heißt der, der Autor, einer der Autoren. Er war der Hauptautor. Jemand aus London? Jemand aus London. Heute betreibt er einen Short-Hedgefonds in London, macht nur Short-Selling. Also nur diese Leihverkäufe? Man wettet darauf, dass die Aktie fällt. Das ist Short-Selling. Ich gewinne Geld, ich verdiene Geld, wenn die Aktie fällt. Das ist das Short-Selling-Fortbild.

sorgt dafür, dass natürlich auch eine Gegenmeinung im Markt dann vorhanden ist und sorgt ein bisschen für Ausgleich. Das ist das vielleicht heilsame auch an den Schorzellern. Und Matt Earl hat unter Pseudonym diesen Zatara-Bericht geschrieben. Erzähl uns doch mal, du hast gerade gesagt, Wirecard hatte keine Aktionäre, Wirecard hatte Fans. Das war eine Sekte. Kannst du uns mal sagen, was im Jahr 2016, als dieser Zatara-Report rauskam, also dieser erste Angriff auf Wirecard hieß,

Wie war die Stimmung bei Wirecard? Was ist das für ein Unternehmen? Wie haben die überhaupt angefangen? Du hast vorhin schon Porno und Glücksspiel erwähnt. Was ist das für ein Laden, auf den dieser Zatara Report trifft? Es ist ein Laden mit einem sehr biederen Chef, mit einem Markus Braun, der keine Ausstrahlung hat, der Schwierigkeiten hat, vor seinen Mitarbeitern zu reden, der Widerspruch überhaupt nicht geduldet hat. Und er war der Chef eines Unternehmens, die eben

Jahre zuvor damit anfingen, in einem Bereich zu gehen, ganz, ganz ursprünglich. Da gab es sogenannte Dialer. Die deutlich Älteren unter unseren Zuhörern erinnern sich vielleicht. Es gab eine Zeit, da musste man, um ins Internet zu gehen, also ihren Modem kaufen, das Telefonkabel reinstecken. Da erinnere ich mich sogar noch dran. Das sagt jetzt einiges. Gut, dass du das gesagt hast. Ich hatte es schon auf der Lippe, aber...

Und es gab dann Dialer, die zwischengeschaltet waren. Wenn man dann auf Pornografie-Seiten ging in dieser Zeit, war die Telefonrechnung ganz gerne mal 300, 400 Euro hoch plötzlich. Da in dieser Branche, in diesem Bereich, so wie auch damals wurde schon betrogen, hatte Wirecard den Ursprung. Dann blieben sie in der Pornobranche. Als dann Kreditkartenzahlungen im Internet abgewickelt wurden, hatten Pornoseiten das Problem, dass nicht unbedingt alle

Zahlungsabwickler sie unbedingt haben wollten, weil Pornografie im Internet gilt als Hochrisiko. Aber Hochrisiko in der Finanzbranche meint nicht das Gleiche, was wir vielleicht unter Risiko verstehen. Nämlich Hochrisiko, wir würden denken, ist ein ethisches und moralisches Risiko. In der Finanzbranche geht es immer nur um Geld. Nämlich das Risiko ist, dass man gerade bei Pornografie im Internet sehr viele Rückforderungen hat. Dass Leute ihre Kreditkartenrechnung angucken und sagen,

Nee, auf der Seite war ich ja nie. Oder die Frau auf die Rechnung guckt und der Mann sagt, auf der Seite war ich nie. Die Bank muss dann und der Abwickler muss dann den Betrag rückerstatten. Die Zahlung läuft automatisch, das läuft über automatische Systeme, die Rückerstattung ist händisch. Das heißt, die Rückerstattung ist dadurch einfach sehr teuer. Und weil man bei Pornografie sehr viele Rückerstattungen hat, ist die Rückerstattung sehr teuer.

Ist das ein sehr teures Geschäft? Heißt aber auch, dass die Margen hoch sind. Und diese hohen Pornomargen, mit denen hat Wirecard anfänglich wirklich gut Geld verdient. Das ist der eine Ursprung. Dann kommt dazu, dass Online-Casinos ein ähnliches Problem haben, auch Hochrisikokunden sind. Und Wirecard dachte, mit Hochrisiko kennen wir uns aus, nehmen wir die Casinos noch dazu.

Und letzten Endes, und da ist man dann schon relativ schnell dabei, dass man so den, wo ich denken würde, wo der Betrug mit sich wahrscheinlich begonnen hat, 2011 haben die USA Online-Gambling, Online-Casinos weitgehend verboten. Aber es gibt in den USA wahnsinnig viele Spieler, die auf Online-Casinos gehen. Und um ihre Einsätze zu bezahlen, gab es dann ein deutsches Unternehmen, das eine Technik parat hatte, das war Wirecard.

Also wir haben das Milieu jetzt einmal ausgeleuchtet, Online-Casinos und Pornografie im Netz. Jetzt hast du gesagt, der Mann, der diesem Laden vorsteht, ist kein Charismatiker. Markus Braun heißt er ja.

Und ich kenne das jetzt so bei Betrügern und bei Scammern. Wir können noch nicht sagen, dass Markus Braun ein Betrüger ist, weil das Verfahren läuft noch. Aber ich sage jetzt mal, bei Betrügern insgesamt, unabhängig von Markus Braun, kenne ich das so, dass die unglaublich charismatisch sind. Dass deren Stimme den Raum erfüllt, dass sie super gut reden können und Leute von sich und von dem, was sie verkaufen wollen, total gut überzeugen können. Aber so hast du Markus Braun nicht erlebt, oder? Ja.

Nein, so habe ich ihn überhaupt nicht erlebt. Er kann mit Widerspruch überhaupt nicht umgehen. Er nimmt sein Gegenüber gar nicht wahr. Ich erinnere mich an ein Telefonat mit ihm, wo ich ihm etwas vorgehalten habe und er schlichtweg behauptet hat, es stimmt nicht und konnte nicht sein, weil ich hatte das, worum es ging, auch vor mir liegen tatsächlich. Es ging um eine Strafanzeige. Er nimmt überhaupt nicht wahr. Also er nimmt das Gegenüber überhaupt nicht wahr. Er sendet nur. Er empfängt überhaupt nicht und er

Und er glaubt auch, er ist schlauer als sein Gegenüber. Er hält sich seinem Gegenüber für überlegen. Er sagte ja auch bei einem Aktionärstreffen, sagt er auch einmal, ich habe absolutes Herrschaftswissen. Ich weiß alles, ich bin über alles informiert, was bei Wirecard passiert. Hätte er heute rückblickend lieber nicht gesagt, wird ihm gerade vor Gericht zu Verhängnis dieser Satz.

Aber er ist jemand, er ist kein Verkäufer. Er kann auch nicht unbedingt Menschen für sich gewinnen. Das war zumindest immer mein Eindruck. Was er aber hatte, er hatte eine, in seiner merkwürdigen Art hatte er doch eine Vision und die war es, wir wachsen jedes Jahr um 10, 15 Prozent und das machen wir einfach. Und das gelingt uns, weil ich gebe das so vor und ich weiß, wie es geht.

Das hat er ausgestrahlt. Also letzten Endes steht er dafür, weil Wirecard ist auch die Geschichte von Gier. Letzten Endes steht er dafür, dass er sagt, ich mache dich reich.

Aber das ist doch gerade verrückt, oder? Also dass man sagt, man hat dann irgendwann diese Aktionäre, die eher Fans waren und Jünger einer Sekte, aber dieser Sekte steht nicht etwa der charismatische Sektenführer vor, sondern der eiskalte Geschäftsmann. Ich habe mir im Vorfeld für diesen Podcast auch nochmal so ein paar Videos von ihm angeschaut und ich finde, da sieht man sehr gut das, was du gerade beschreibst. Der hat so unheimlich durchdringende, fast so husky-hafte Augen. Wenn der vor einem steht, so stelle ich es mir vor jedenfalls, der guckt einfach durch dich durch.

Du fühlst dich nicht gesehen von dem. Wie kann aber denn so jemand, ausgerechnet so jemand, so eine ganze Gemeinde um sich scharen, die wie eben an diesen großen Sektenführer, an dieses Unternehmen glauben? Wie ist denen das gelungen, ja nicht nur die Leute, sondern auch im Grunde genommen die ganze deutsche Politik und die BaFin und so weiter und so fort, wir kommen ja noch zu den Details, die alle so für dieses Unternehmen zu begeistern? Ich kann es mir nun dadurch erklären, dass

In diesem Bereich, wenn es um Geldanlage, um Unternehmenserfolg geht, dann ist doch der, der Erfolg hat, recht hat. Die Leute, denen er die Aktien angedreht hat, die gucken auf die Dividendenausschüttung einmal im Jahr, die gucken drauf, die sehen, ich habe für 80 gekauft im Januar, jetzt bin ich bei 120. Dann ist mir doch egal, was das für ein Typ ist. Ich kann es wirklich nur so erklären.

Und diese Vision in der Firma zu sagen, wir werden jedes Jahr größer, wir stehlen jedes Jahr mehr Leute ein. An einem gewissen Punkt der Hybris war man ja dort angekommen, dass man sagte, wir kaufen die Deutsche Bank. Das war ein ernst gemeinter Plan. Hätten sie das geschafft, darüber können wir später nochmal reden, dann wären sie auch wahrscheinlich mit allem durchgekommen, dann wäre keiner von denen heute angeklagt. Dann hätte man alles unter den Teppich kehren können. Es hat nicht funktioniert. Aber mit solchen Visionen jetzt aufzunehmen,

arbeite ich vielleicht wo, mache einen Job. Da ist ein Typ, ja, der ist, wie du ihn beschreibst, der guckt durch einen durch, der ist kein großer Redner, aber er hat doch diese Vision, wir kaufen die Deutsche Bank. Aber das ist ja megalomanisch. Aber da kann ich mir schon vorstellen, dass jemand, der so

so eine Firma so autoritär führt und fast so eine Art Einpeitscher ist, dass der es wirklich schafft, die Massen, also ich meine jetzt die Mitarbeiter hinter sich zu scharen, so wir haben ein Ziel, wir sind eine Gemeinschaft und wir schaffen das gemeinsam. Und wahrscheinlich mussten die ja auch relativ viel arbeiten. Also wenn du dann eh den ganzen Tag da bei der Arbeit bist, die ganze Zeit miteinander rumhängst. Ich kann mir schon vorstellen, dass sich da so eine Gruppendynamik entwickelt,

Und dass es da dann schon nochmal eine ganz, ganz andere Art von Zug gibt in so einem Unternehmen, als es jetzt in demokratisch geführteren Firmen vielleicht der Fall sein kann. Natürlich und ich glaube, man muss natürlich auch auf die Investorenbranche gucken, auf die Bankenbranche gucken. Da ist einfach ein Unternehmen, die plötzlich wahnsinnig im DAX plötzlich...

Wirecard ist auch der Fall eines Unternehmens, von dem viele Menschen wollten diese Geschichte einfach glauben. Die Politik wollte an das Fintech-Wunder glauben. Also ein deutsches Unternehmen, das in der Finanzwelt so erfolgreich ist. In der digitalen Finanzwelt, genau. Silicon Valley in Bavaria. Exakt, wobei sie hatten keine gute Technik. Es ist auch nicht besonders hochtechnologisch, was sie da haben. Es ist ein reines Margengeschäft. Das

Das wollte man aber nicht sehen. Man wollte einen Star haben, man wollte einen, was hat denn Deutschland digital, SAP, eine Buchhaltungssoftware. Und da kommt der Deutsche. Das einzige Wort, das wir international reüssieren in dieser digitalen Welt, ist Buchhaltung. Exakt. Und da ist plötzlich dieser Markus Braun kein mitreißender Redner, aber sind ohnehin auch, ich glaube, vielleicht muss man auch überlegen, womit man das vergleicht.

Welcher Unternehmensvorstand eines DAX-Konzerns fällt einem ein, der ein wilder Redner ist? Also ich komme auf keinen. Das war früher mal. Das gibt es irgendwie nicht mehr. Wenn wir auf Wirecard schauen, haben wir, wenn wir das Personal uns angucken, noch jemand Zweites. Und der ist, glaube ich, ganz anders, oder? Wie ist denn der Jan Marsalek? Jan Marsalek ist ein ganz anderer Typ.

Auch im Wirecard-Vorstand, ne? Jan Marsalek war im Wirecard-Vorstand. Genau, er ist die Nummer zwei der Wirecard. Er ist einer der Beschuldigten. Markus Braun ist ja angeklagt und beschuldigt, einer der Drahtzieher einer Bande zu sein. Und Marsalek wird dessen ebenfalls beschuldigt. Aber Marsalek ist verschwunden. Ihm ist es gelungen zu entkommen. Marsalek ist aber nicht so in der Öffentlichkeit damals aufgetreten. Marsalek war hinter den Kulissen. Marsalek ist ein... Leute, die mit ihm zusammengearbeitet haben...

der beschreibt ihn wirklich als Menschenfänger. Wenn man mit Marschallek gesprochen hat, man kam zu ihm ins Büro, dann sagte einer, klappt dir den Laptop zu, guckt einen in die Augen und man hat das Gefühl, das ist jetzt wirklich ein wichtiges Gespräch für ihn. Ah, also jetzt haben wir ihn ja doch, den Menschenfänger. Zumindest intern war einer am Werk. Zumindest intern und er war auch derjenige, der diese ganzen Angriffe, es gab ja nicht nur den Short-Angriff 2010,

16. Es gab dann auch noch andere, auch aus Zeitungen und so weiter, das würde ich jetzt nicht mal als Angriff bezeichnen, aber es gab natürlich mediale Vorwürfe. All das war die Aufgabe von Marsalek, das von Wirecard fernzuhalten. Marsalek war mutmaßlich einer der Drahtzieher des Betruges auch.

Er hat dieses Netzwerk gesponnen. Marsaleks Hobby waren die Geheimdienste. Was meinst du damit? Wie kann man Geheimdienste als Hobby haben? So wird es beschrieben von Leuten. Also Marsalek, jemand, der ihn sehr gut kennt, der lange mit ihm zusammengearbeitet hat, sagt, Marsalek kannte jede private europäische Ermittlungsfirma bei Namen und kannte deren Spezialität.

Der hat ein Faible dafür, für diese Welt jenseits dessen, was wir in unserem Alltag sehen können. Er hat sich da auch vorgearbeitet, er hatte da auch gute Kontakte. Er ist ja Österreicher, zum österreichischen Geheimdienst. Beide sind Österreicher. Braun ist auch Österreicher, beide sind Österreicher. Marschallek hat beim BVT, beim österreichischen Geheimdienst, Informationen eingekauft über mögliche Gegner, über Leute, die ihn interessiert haben, über Geschäftspartner.

Man muss in der österreichische Geheimdienstwahl, das ist noch gar nicht so lange her, das war bekannt, eine Stelle, wo man, wenn man über Personen bestimmte Sachen wissen wollte, konnte man sie dort kaufen. Das muss man sich mal kurz auf der Zunge zergehen lassen, weil wir haben das ja immer so en passant, jetzt hat Ingo das gerade miterzählt, der hat sich da beim Geheimdienst in Österreich Informationen gekauft. Nein, das ist nicht der übliche Weg, wie Geheimdienste funktionieren, dass man da anruft beim Bundesamt für Verfassungsschutz.

in Deutschland oder bei BND oder so und sagt, ach, ich mag hier den Klaus nicht so gern. Habt ihr was über den Klaus? Hier habt ihr 50 Euro. In Österreich war das durchaus eine Zeit lang gang und gäbe, dass es so oder so ähnlich, nicht ganz so plump, wie ich es gerade formuliert habe, tatsächlich funktioniert hat. Ja, und einer der Kunden war Jan Marsalek.

Offenbar war es auch so, dass der österreichische Geheimdienst auch, hat man es toleriert oder hat man es nicht toleriert, jedenfalls die Leute, die dort tätig waren, konnten auch freiberuflich arbeiten.

Und so kam es dann zu diesem Ding. Diese Welt hat Marsalek unheimlich fasziniert. Der Zugang, das gibt einem ja auch Macht. Das wertet einen ja selbst auch auf. Ich komme an Sachen ran, ich kann Sachen kaufen, an die kommt sonst niemand ran. Ich weiß was, was du nicht weißt. Damit hat er viel gearbeitet, genau damit, Daniel. Und er kannte Londoner Firmen, er kannte Wiener Firmen, er kannte viele Firmen, die im Bereich der privaten Ermittlungen tätig waren. Und die hat er ausgesucht.

Wirklich hat sehr, sehr viele Firmen darauf angesetzt, damals Zatara zu finden.

Das war wirklich, man konnte sich im Jahr 2016 kaum davor retten, wenn man für so eine Firma tätig war, keinen Auftrag von Wirecard zu bekommen. Es wurden Mobiltelefone geortet in diesem Zusammenhang, es wurden Leute beschattet, es wurde auch alles nicht so richtig, so wahnsinnig gut von ihm koordiniert, so erzählen es Leute. In einem Fall soll es so gewesen sein, dass man in Paris jemanden beschattet hat, der dann ins Flugzeug gestiegen ist.

Und nach Genf geflogen ist und dann hat man schnell in Genf angerufen, ein Observierungskommando an den Flughafen geordert und gesagt, ihr müsst jetzt diese Person abfangen und beobachten. Man hat aber kein Foto mitgeschickt. Die einzige Information, die die Leute dort bekommen haben, war wahrscheinlich arabischer Herkunft. Nun ist am Flughafen in Genf eine Maschine aus Paris. Man steht ja auch nicht direkt am Ausgang, sondern irgendwo in der Empfangshalle.

Könnte noch ein zweiter rausgekommen sein, auf den es zutrafft.

Was man dann gemacht hätte, wenn man ihn gehabt hätte. Also wahrscheinlich hätte man ihm sehr viel Geld geboten, dass er das zurückzieht.

Ingo, bei der Frage, wie konnte das so lange unentdeckt bleiben, könntest du uns einmal das gesamte Panorama aufblättern von Wirecard. Also was sind wichtige Momente? Wir haben über den Zatara-Report 2016 gesprochen. Gab es schon davor, gab es danach wichtige Momente? Und wie um alles in der Welt konnten die Einzelnen

Wirtschaftsprüfer, Finanzaufsicht, alle entscheidenden Personen, Politiker in Politik und in Wirtschaft täuschen. Wie war das möglich? Ich glaube, man muss unterscheiden, wie war es möglich und wie haben sie gearbeitet intern?

Und was passiert dann draußen, außerhalb? Also der Zatara-Report war 2016 wahrscheinlich der wichtigste und bedeutendste Angriff, den es gab. Danach war es dann Sache von Journalisten, die recherchiert haben, da stückchenweise immer weiter was aufzudecken. Aber damals war die Reaktion,

dass die Finanzmarktaufsicht BaFin damals eine Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt hat. Also die haben nicht etwa gegen Wirecard ermittelt, sondern gegen die Urheber des Reports. Richtig. Und in der Strafanzeige formulierte damals die BaFin auch noch, dieser Report hatte ja so viele Fußnoten und damit soll wohl die Seriosität gezeigt werden, dargestellt werden. Die Fußnoten in dem Report, das waren halt die Angaben zu den Quellen, die man hatte. Also

Man hat den Report zwar genau gelesen, hielt es aber einfach nur, und das war ein ganz interessanter Moment zur Frage, wie konnte das damals passieren, da hatte die deutsche Bürokratie wirklich das Gefühl, wir müssen ein deutsches Unternehmen schützen vor angelsächsischen Spekulanten, die man dahinter vermutet hat.

Wir lassen uns ein deutsches Unternehmen jetzt nicht von irgendwelchen geldgierigen britischen oder amerikanischen Hedgefonds-Millionären kaputt machen. Das ist echt irre, oder? Man denkt doch so, Leute funktionieren abgebrüht und rein analytisch und schauen überhaupt nicht auf die Person oder auf die Herkunft. Und jetzt sagst du, nein, die deutschen Behörden wollten wirklich ein deutsches Unternehmen schützen. Ja.

Ein anderes Motiv kann ich nicht erkennen. Was würdest du sagen, waren das dann die einzelnen Sachbearbeiter, die das aus sich heraus so entschieden haben? Oder gab es quasi so eine Art Direktive in der BaFin bei Wirecard-Freunde, da müssen wir ganz doll aufpassen, die sind unser Unicorn, die müssen wir schützen? Genau reingucken kann man ja nicht. Aber Herr Hufeld, der damalige BaFin-Chef,

Der musste auch über Wirecard dann seinen Job abgeben am Ende. Das beantwortet vielleicht ein bisschen die Frage. Es kann nur sein, der Fall war derart groß und der war derart wichtig, dass man sich nicht vorstellen kann, dass da einfach ein Sachbearbeiter, wie wenn du deine Steuererklärung abgibst und beim Finanzamt sitzt jemand, der denkt, mein Gott, ja,

das erkenne ich ihm alles nicht an oder sonst was und es dann wirklich auf einen Sachbearbeiter zurückfällt, aber ohne dir zu nahe zu treten, du hast für das Finanzamt in Berlin hier wahrscheinlich nicht die gleiche Bedeutung wie Wirecard für die Bundesrepublik Deutschland. Oder Daniel? Jedenfalls wüsste ich nichts davon.

Also ich glaube, es war fast schon patriotisch, diese Verteidigungshaltung. Wir erinnern uns an Franz Müntefering, Private Equity seien Heuschrecken. Also Franz Müntefering, der damalige Finanzminister, der gesagt hat, Finanzinvestoren seien Heuschrecken, die übers Land herfallen. Es gab sozusagen wirklich eine Missgunst. Er sagte, das ist ja schon länger her, weil in Deutschland, glaube ich, es gibt keine Kapitalmarktkultur und man kann auch nicht zugestehen, dass da Leute sitzen, die vielleicht auch mal Recht haben. Kann durchaus so sein.

Dieses stolze deutsche Unternehmen, das man schützen wollte. Und es gibt eben doch gewisse Vorbehalte, ob zu Recht oder Unrecht, gegen einen angelsächsisch getriebenen Finanzmarktkapitalismus. Und den sah man da gerade als Angreifer auf das deutsche Modell. Und ich glaube, das war, was bei der BaFin eine Rolle gespielt hat. Und kann es auch sein, das kann man der BaFin natürlich nicht unterstellen, aber kann es auch zumindest bei den Aktionären sein, dass man es halt einfach auch nicht so richtig verstanden hat, was die da machen? Natürlich nicht.

Die Frage ist noch eine weitere. Haben sie es richtig verstanden? Wollte man es überhaupt verstehen? Könntest du uns vielleicht einmal an einem Beispiel die Täuschungsmanöver erläutern, die Wirecard vorgenommen hat? In Dubai gab es ein Unternehmen, die hießen Alalam. Das wurde geleitet von Oliver Bellenhaus. Oliver Bellenhaus sitzt heute auch in Stadelheim. Er ist der Kronzeuge. Also er sitzt in U-Haft. Er sitzt vor Gericht. Er ist inzwischen draußen. Er ist nicht mehr in U-Haft. Er hat Drehkontrolle.

drei Jahre, sieben Monate in Untersuchungshaft verbracht und er hat Al-Alam geleitet. Also in Dubai. Für Bayakat? Für Bayakat.

Ja, und da wird die Antwort schon schwierig. Ihr merkt es schon. Aber es ist doch wirklich, weil man es nicht versteht. Und deswegen funktioniert so ein Betrug, weil es so kompliziert ist. Aber erzähl mal. Genau, man geht halt einfach raus. Gedanklich geht man dann irgendwann raus, wenn man sagt, ach, das ist ein Wirecard-Unternehmen. Ja, nee, so kann man es nicht sagen. Dann sieht man schon den BaFin-Typen aus seinem Büro laufen und sagen, lass die doch machen, was sie wollen.

Alalam gehörten zu Wirecard, das auf jeden Fall, natürlich. Sie waren ein sogenannter Drittpartner. Das ist eine Erfindung von Wirecard. Die gibt es gar nicht. Drittpartner sind nicht existent. Drittpartner waren Unternehmen. Wirecard hat ja Kreditkartenzahlungen abgewickelt und das haben sie auf ihren eigenen Systemen gemacht, da in diesem Münchner Vorort. Aber nun gibt es Länder, so sagten sie, für die hätten sie gar keine Lizenz zur Zahlungsabwicklung.

Wenn Sie jetzt in diesen Ländern Geschäfte machen wollten, so sagten Sie immer, dann brauchen wir Drittpartner. Ah. Und einen solchen. Dann hat man jemanden erfunden. Und dann hat man einen erfunden, Alalam. Alalam hat angeblich für Wirecard in Ländern die Geschäfte abgewickelt, wo sie keine Lizenz haben. Das Geld, das sie damit verdient haben, haben sie aber jetzt nicht direkt nach München überwiesen, sondern nach.

angeblich auf ein Treuhandkonto in Singapur.

Was schon relativ clever ist, weil man behauptet, man verdient Geld. Das gehört einem auch irgendwie. Aber erst mal legt man es auf ein Treuhandkonto an, dass man nicht rankommt. Erklärst du mal kurz, was ein Treuhandkonto ist? Ein Treuhandkonto ist ein Konto, das jemand anderes für mich verwaltet. Also ich will eigentlich nichts mit der Sache zu tun haben. In dem Fall ist es anders. Wir haben das Treuhandkonto so gerechtfertigt, dass wir gesagt haben, es kann ja auch wieder Rückerstattungen aus diesen Zahlungen geben. So wie bei den Pornos. So wie bei den Pornos, genau. Und

Deshalb können wir das Geld jetzt nicht sofort kriegen. Das verwaltet jetzt ein Notar oder jemand anderes für uns. Wir haben da erstmal keinen Zugriff, falls diese Rückerstattungen kommen, aber irgendwann haben wir darauf Zugriff. Es ist ein Konto, auf dem Geld ist, das mir gehört, aber über das erstmal jemand anderes bestimmt. Und dann hat man aber die Geschäfte von Alalam. Die Umsatzzahlen hat man alles schön in die Wirecard-Bilanz einfließen lassen.

Und wenn du jetzt fragst, wie hat man jetzt dann eigentlich konkret gefälscht? Man hat eigentlich nichts anderes gemacht, als eine Excel-Tabelle auf dem Computer geöffnet, hat Zahlen eingetragen, die hat man sich ausgedacht und hat sie gesichert und hat sie dann nach München geschickt und hat gesagt, das sind die Umsatzzahlen von Alalam. Und dafür haben sie was bekommen? Wirecard hat dafür erstmal nichts bekommen, sondern sie konnten aber dann...

Es geht ja immer nur darum, man darf nie vergessen, es geht ja immer nur um das eine, den Wert der Aktie hochzuknüppeln. Es geht eigentlich um einen fiktiven Wert. Genau, man hat diese erfundenen Umsätze genommen und hat gesagt, wir haben jetzt in Dubai mit Al-Alam so und so viele Millionen Umsatz gemacht im letzten Quartal. Das waren wieder 20 Prozent mehr. Es war alles eine Fiktion. Es war alles eine Geschichte. Das ist ja irre, ne?

Eine Excel-Tabelle mit erfundenen Zahlen treibt den Wert der Aktie nach oben und so werden die Wirecard-Aktionäre reich. Man kann ja nicht einfach nur Zahlen erfinden. Man braucht ja auch irgendwen, der dieses Geld vermeintlich da hingeleitet hat. Das heißt, man muss ja eigentlich auch noch Firmen erfinden oder Kunden erfinden, oder? Das hat man auch. Da fing es dann auch an schief zu gehen langsam, ein bisschen schief.

Es braucht natürlich ein paar Komplizen. Es gab in Singapur einen Treuhänder, der hat immer Briefe geschrieben, die hat er unterschrieben. Da stand dann drauf, auf dem Treuhandkonto sind jetzt inzwischen so und so viele Millionen und drei Monate später sind es so und so viele Millionen.

Manche nennen das einen Job. Seine einzige Tätigkeit war es, da zu unterschreiben. Nebenbei hat er einen Nachtclub besessen in Singapur und war jetzt auch in der doch wirklich eher konservativen, hochseriösen Finanzbranche Singapurs eher ein Unbekannter. Vorsichtig gesagt. Und

Das war eben eine der Geschichten, wo man wirklich einfach nur Zahlungen erfunden hat. Man hat da schon hohe Millionenbeträge erfunden und solche Drittpartner gab es insgesamt drei, die das gemacht haben. Damit hat man das hingekriegt. Man braucht dann immer gute Ausreden, wenn die Wirtschaftsprüfer fragen, wo liegt denn das Geld und was habt ihr denn da?

richtig drauf geguckt, haben die offenbar nicht. Es gibt wohl, vor Gericht kam das raus, man ist wohl auch einmal in eine, in die Bank dann nach Singapur, man ist auch schon mal in die Bank gefahren, man stand da in der Schalterhalle, hat festgestellt, es gibt die Bank, man ist wieder nach Hause gefahren. Also es haben auch viele Leute... Das hat schon gereicht. Das hat schon gereicht, zumindest in dem Fall. Also man hätte sich doch gewünscht, dass man doch noch ein bisschen genauer drauf guckt, weil es ging am Ende schon darum, gibt es

dieses Treuhandkonto oder gibt es das nicht? Es gab es mit ziemlicher Sicherheit nicht, sagte Weikart auch selbst. Das Ende dann damit waren 1,8 Milliarden Euro, die man eigentlich gehabt haben sollte, weg. Bevor wir jetzt einmal dazu kommen, wie alles aufgeflogen ist,

müssen wir noch mal festhalten. Es gibt eine Excel-Tabelle mit erfundenen Zahlen. Es gibt einen Nachtclub-Besitzer in Singapur, der Briefe unterschreibt, auf denen ebenfalls erfundene Zahlen stehen, die auf dem Treuhandkonto angeblich sind, dass es wahrscheinlich auch nicht gibt. Und es gibt jede Menge erfundene Drittpartner, Drittfirmen. Wie erfunden

Um alles in der Welt ist dieses Kartenhaus in sich zusammengestürzt. Also ich finde, ich muss ja wirklich sagen, je mehr man sich damit beschäftigt und je mehr man jetzt so im Nachhinein liest, desto mehr muss man doch sagen, irgendwie waren die schon clever. Ich wollte gerade sagen, ihr könnt Ingo jetzt nicht direkt sehen, wenn er spricht, aber er hatte gerade sehr viel Respekt in den Zeitungen gesehen. Man muss sagen, Respekt, Leute, Respekt.

Sie haben das schon gut gemacht. Überall das Internationale wahrscheinlich auch. Oder Sie haben es nicht alles an einem Ort gehabt, sondern Sie haben es verstreut auf der ganzen Welt. Und Sie haben auch die unterschiedlichen Orte gut rausgesucht. Singapur hat ein sehr strenges Bankgeheimnis. Strenger als die Schweiz. Dann kommen Wirtschaftsprüfer und wollen da auf das Konto gucken. Also überall waren Dinge eingebaut, die die Sachen schwerer gemacht haben. Sie waren schon anwaltlich gut beraten weltweit.

Sie haben über Jahre hinweg wirklich Behörden weltweit, nicht nur deutsche, sie haben Finanzmarktanalysten, sie haben Investoren, sie haben Aufseher wirklich genarrt. Der Druck ist auf Wirecard schon sehr groß geworden. Es gab dann einen Whistleblower, der in Dubai Daten geleakt hat und man da schon sehen konnte, da war zum Beispiel der Bericht einer Anwaltskanzlei, das war eine interne Untersuchung.

die das Drittpartnergeschäft mal unter die Lupe genommen haben und die festgestellt haben, die Firma gibt es nicht, die Firma gibt es nicht, hier konnten wir niemanden antreffen, dann stieg der Druck tatsächlich immer stärker. Und dann gibt es auch noch einen Aufsichtsrat, die irgendwann auch mal gedacht haben, wir haben auch hier eine gewisse Verantwortung. Und am Ende war es dann eine andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, KPMG, die reingeholt wurde,

Um das Drittpartnergeschäft und andere Dinge konkret zu untersuchen. Zuerst gab es eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, die die ganze Zeit das haben durchgehen lassen. Genau, Ernst & Young, inzwischen heißen sie EY. Auch dort ist man schneller und sportlicher geworden. EY hat jedes Jahr die Bilanzen abgezeichnet.

Es ist schon unfassbar. Wirtschaftsprüfer wird man nach einer sehr langen und harten Ausbildung. Wenn man es dann ist, zählt man sich freimütig zu einer Elite der deutschen Wirtschaft. Man gehört wirklich zu den am besten Verdienenden. Man wird reich, ohne dass man unternehmerisches Risiko angeht. Man ist ja nur Angestellter. Und diese Leute haben ja wirklich nun mal eine Funktion, dass sie arbeiten.

die Bilanzen eines Unternehmens prüfen, ihren Stempel draufsetzen und ich als jemand, der meine Rente irgendwo anlegen möchte, gehe davon aus, wenn die Bilanzen geprüft sind, dann ist das jetzt alles auch in Ordnung. Also ich vertraue diesen Leuten. Diesen Leuten hat auch die Staatsanwaltschaft lange erst vertraut, die gesagt haben, in den Anfangstagen sagte die Staatsanwaltschaft,

Ich erinnere mich da auch noch an ein Gespräch. Wir sind keine Wirtschaftsprüfer, wir sind Staatsanwälte. Wir verfolgen Verbrechen. Bilanzen prüfen ist nicht unser erster Job. Das ist auch wieder dieses Ding. Man versteht es halt nicht so richtig. Und man überlässt es den Leuten, die es verstehen. Und die haben hier einen Stempel drauf gemacht, die haben unterschrieben.

Und sie haben aber einfach eben nicht genau hingeguckt. Und es ist natürlich eben... Haben sie nicht genau hingeguckt oder wollten sie nicht genau hingucken? Hatten die auch ein patriotisches Gefühl? Das ist Spekulation. Aber so mein Eindruck ist, man hat da so ein Buddy-Netzwerk.

Ach, der Marschallek, der lädt mich mal zum Abendessen ein, da gehen wir mal einen Wein trinken. Oh, der hat ja solche Probleme, der ist ja auch ganz schön unter Druck gerade. Ach so, die waren auch in München. Wo jetzt die EY-Prüfer genau herkamen, weiß ich nicht. Aber über so eine Prüfung hinweg hat man sehr lange miteinander zu tun. Man ist ja direkt auch beim Kunden, wie die Österreicher sagen, Freundolwirtschaft.

Genau, also ich glaube, dass das dort eine große Rolle spielte. Und dann ist natürlich auch so, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verdienen in der Prüfung nicht so viel Geld, so eine Prüfung bei Wirecard nicht.

Ich glaube, ein bis zwei Millionen verdient man. Man verdient viel mehr Geld und viel besseres Geld, wenn man ihnen noch Beratungsdienstleistungen nebenher verkauft. Ah, das ist eine Vetternwirtschaft. Also die Person, die mich prüft, kann ich auch noch beschäftigen. Nicht dieselbe, aber das Unternehmen. Das Unternehmen. Also ein bisschen so wie beim Geheimdienst. Ich darf nur frei arbeiten. Ich sage es nochmal, das geht normalerweise nicht beim Geheimdienst. Beim österreichischen Geheimdienst.

Die Struktur war damals einfach so, es gab da immer Interessen bei allen Prüfgesellschaften, nicht nur bei EY, da gibt es Interessenkonflikte. Man hat dann einfach nicht genau hingeguckt und dann ist es natürlich auch wahnsinnig kompliziert. Am Ende gibt es auch, das sind so systemische Sachen, am Ende gibt es einen Partner, der unterschreibt, aber die Arbeit machen irgendwelche jungen Leute, die kommen gerade frisch von der Universität, haben irgendwie, es ist ihr erster Job.

Und dann sollen die vielleicht, so stelle ich mir es vor, in einem Besprechungsraum treffen sie dann auf einen Typen wie Marsalek und sagen ihnen, Herr Marsalek, wir verstehen Ihre Zahlen hier gar nicht. Null Chance, da sich durchzusetzen. Weil er dann über die drüber redet. Natürlich, der wickelt die ein. Was hat der Marsalek für eine Ausbildung? Der hat nicht studiert, ist ein Schulabbrecher. Marsalek hat sich einfach durchgesucht.

seine Cleverness zum Konzernvorstand hochgearbeitet. Und Marschallek kann gut reden. Alle, die mit ihm länger gesprochen haben, sagen, er kann gut reden. Da muss man ja auch mal sagen, in diesen Eliten, bei solch großen Unternehmen, es da hinzuschaffen ohne einen Schulabschluss, das gelingt nun wirklich den Allerwenigsten. Das ist ja fast so ein bisschen Catch-me-if-you-can-mäßig. Er brachte halt die Eigenschaft mit, er kann super organisieren.

Er war pausenlos unterwegs. Er war bis auf eine Zeit lang, wo er, ich glaube, Bandscheibe hatte. Er war pausenlos im Flugzeug. Er war eines der Gehirne hinter diesem System. Der hatte das alles im Kopf. Es gibt Telegram-Nachrichten, die man zu dieser Ermittlung jetzt einsehen konnte. Wenn es Probleme gab, wurde immer nach Marsalek gerufen. Und Marsalek war wirklich der Problemlöser. Wie diese...

Dieser Typ in Pulp Fiction, so muss man sich vorstellen, der immer wenn es brannte, Marsalek und er, hatte immer irgendeine Idee. Am Ende wurde es halt tatsächlich eng, als man schon den Verdacht hatte, als sich so die Vermutung nicht nur bei einigen argwöhnlichen Journalisten durchgesetzt hat, ein paar einigen Schorzellern. Also bei dir auch zum Beispiel? Ich hatte schon lange die Vermutung, dass es ein großer Betrug ist, aber...

Kurz vor Schluss hat sich das auch woanders noch stärker durchgesetzt und dann kam KPMG, eben eine andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Sonderprüfung vorgenommen haben und konnten tatsächlich auch viele der Vorwürfe, die es vorher gegen Wirecard gab, bestätigen und haben die ebenfalls erhoben. Und ganz zum Schluss sollte dann eben eine Bankbestätigung aus Singapur kommen zunächst.

Da stellte sich heraus, das Treuhandkonto ist nicht mehr in Singapur, es ist auf die Philippinen umgezogen. Auch das eigentlich ein Wahnsinn. Man zieht 1,9 Milliarden Euro einfach mal so in die Philippinen um und die sagten dann am Ende, Wirecard ist gar nicht Kunde bei uns. Liebe Hörerinnen und Hörer von Zeitverbrechen, wir wollen euch auf ein Angebot aufmerksam machen.

In der ZEIT und auf ZEIT online berichten wir über Kultur, Politik, das Weltgeschehen und immer wieder, ihr wisst es, auch über Verbrechen. Ein gratis Probeabo mit unbegrenztem Zugang, digital oder ganz klassisch gedruckt, gibt es unter abo.zeit.de slash Verbrechen. Und jetzt geht's weiter mit der heutigen Folge. Musik

Wahnsinn. Ganz kurz nochmal, du hast Vincent Vega quasi angesprochen bei Pulp Fiction, den Regler. Du hast erzählt vorhin, wie Markus Braun vor seinen Leuten stand und im Grunde genommen die Weltherrschaft ausgerufen hat. Wir haben gehört beim Satara-Bericht, wie die den Matt Earl gejagt haben, um ihn zu finden. Sind die oder wären sie in diesem Moment, wo sie wie so ein Raubtier, das in die Enge getrieben wurde,

Wären sie aus deiner Sicht über Leichen gegangen oder sind sie womöglich sogar über Leichen gegangen, um diese große Scharade aufrecht zu erhalten? Sie haben zumindest bis zum Schluss, bis zum Schluss alles versucht. Sie hatten sehr skrupellose Firmen angeheuert. Über Leichen gehen, wenn man es beim Wort nimmt, sie hätten niemanden umgebaut.

Aber Sie hatten schon so einen Profiboxer, oder? Den Sie eingesetzt haben, um Kritiker, ich sag's mal, einzuschüchtern. Den Fall gab es, ja. Der ist tatsächlich...

Eine Weile her, das war in der Anfangszeit. Aber wurde nicht auch Matthew Earle, also der Autor des Zatara Reports, wurde der nicht auch verfolgt? Der wurde verfolgt. Also Matt Earle wurde 2016 und später übrigens auch noch, er wurde beschattet. Er fand eine Kamera gegenüber seiner Wohnung. Er wurde beschattet.

Man hat alles versucht, über ihn rauszufinden. Es gab unfassbar viele Phishing-Attacken mit sehr persönlichen und privaten Informationen über ihn, die man mit legalen Mitteln nicht erlangen kann.

Und er hat ja, um das auch nochmal aufzulösen, also hat er mit dir darüber gesprochen, warum er diesen Report geschrieben hat? Earl ist jemand, ich glaube, er hat ihn geschrieben, zum einen, er hatte Spaß daran. Das ist sein Beruf. Er ist schon auch jemand, der daran glaubt, dass man die Dinge richtig tun muss, dass man nicht bescheißen soll im Geschäftsleben. Aber natürlich ist er auch ein Short-Seller. Also natürlich, er hat...

diesen Bericht geschrieben mit der Absicht,

dass die Aktie fällt und damit Geld zu verdienen. Und er hat damit auch Geld verdient, oder? Und er hat damit auch Geld verdient. Richtig viel Geld. Wie viel es ist, weiß ich nicht. Er hat den Bericht in seinem Schlafzimmer geschrieben. Er hat früher als Analyst bei einer Bank gearbeitet und hat dann sich selbstständig gemacht, hat auf eigene Rechnung gearbeitet, hatte in seinem Schlafzimmer einen Schreibtisch und hat dort die Arbeit gemacht. Er hat damit Geld verdient, das auf jeden Fall. Und das war auch von Anfang an die Absicht.

Und es kam noch dann, 2020, als alles zusammengestürzt ist, da kannst du gleich gerne noch ein bisschen mehr erzählen, hat sich doch dann retrospektiv bewahrheitet, dass das, was da in diesem Report steht, dass es stimmt, oder? Dass weitgehend die Angaben alle richtig waren, ja. Also natürlich gab es auf 80 Seiten den einen oder anderen Fehler, aber…

weitgehend stimmte das, was da drin stand. Kannst du uns von diesem Einsturz, von diesem Erdbeben, von diesem Einbruch einmal erzählen? Also es war das Jahr 2020. Es war das Jahr 2020 und die Wirtschaftsprüfer von EY haben gemerkt, konnten wirklich nicht mehr den Jahresabschluss unterzeichnen. Sie konnten es nicht mehr nicht mehr. Und sie waren ganz schön unter Druck und sie verlangten

Eine Bankbestätigung eben über dieses Treuhandkonto, diese 1,8 Milliarden. Nach dieser Sonderprüfung, die die andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgenommen hat. Genau, nach dieser Sonderprüfung, die die KPMG, die andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgenommen hat. Und die Veröffentlichung der Jahresergebnisse wurde immer weiter verschoben, immer weiter verschoben. Inzwischen weiß man auch warum, weil man irgendwie versucht hat,

Wo kriegen wir jetzt eine Bankbestätigung über 1,8 Milliarden her? Also es ging am Ende eben um diese Bank auf den Philippinen, die gefragt wurde, gibt es bei euch ein Konto über 1,8 Milliarden? Und dann sagten sie, dieses Konto gibt es bei uns nicht. Wirecard ist noch nicht mal Kunde bei uns.

Daraufhin hat EY gesagt, dann können wir das Testat, Testat heißt, dass wir können die Abschlüsse nicht unterschreiben. Dann ging es sehr, sehr schnell. Dann gab es diese letzte Pressekonferenz von Markus Braun, in der er sagte, Wirecard funktioniert.

wurde, ich kriege den ganzen Wortlaut nicht genau hin, aber wurde höchstwahrscheinlich oder es ist gut möglich, dass Weikert Opfer eines Betruges wurde. Mit dem er natürlich nichts zu tun hat. Marsalek stand da schon gar nicht mehr dabei. Die Vorstände standen da alle vor der Kamera. Marsalek war schon weg. Er hatte schon seine Taschen gepackt und war auf halbem Weg nach Weißrussland. Also ich glaube offiziell wollte er in die Philippinen das Geld suchen, aber er war wahrscheinlich schon auf dem Weg nach Weißrussland. Er ist

von Österreich mit einem Privatjet nach Minsk geflogen. Und da ist er immer noch. In Minsk verliert sich die Spur. Es gibt sehr starke Hinweise darauf, dass er in Moskau ist. An dem Tag, ich weiß noch als dann, ich vergesse den Tag wirklich nicht, weil ich wollte mir gerade ein neues Fahrrad kaufen. Ich stand im Fahrradladen und dann klingelt mein Telefon. Dann ruft Matt Earl an, mit dem ich sehr viel gesprochen hatte. Also der Autor des Zatara-Berichts? Der Autor des Zatara-Berichts ruft mich an und sagt, it's game over.

Und er war natürlich sehr zufrieden damit, weil im Zatara-Bericht gab es eine, das hat ihm dann die Wafin auch hart angekreidet, als man ihn damals verfolgt hat, aber im Zatara-Bericht gibt es auf der zweiten oder dritten Seite ganz oben steht,

Wir schätzen, dass der Wert der Aktie null ist. Das ist eine schallende Ohrfeige. Und vier Jahre später hat er Recht bekommen damit. Und in diesen vier Jahren wurde er staatsanwaltschaftlich gegen ihn ermittelt. Er hat einiges durchgemacht hinter sich und am Ende dann Recht behalten. Also das war der Tag, der...

An dem dann klar war, es war ein Betrug. Das war an dem Tag wirklich jedem klar. Es gab einen Interimschef. Man hat nur noch die Insolvenz abgewickelt und der Schaden war immens. Kannst du einmal uns gerne auch so stichwortartig auflisten, wer alles versagt hat? Die BaFin. Die Finanzaufsicht? Die BaFin Finanzaufsicht, die Wirtschaftsprüfer. Also EY. EY.

Analysten bei Banken, die Kaufempfehlungen gegeben haben, Mitarbeiter in Kreditabteilungen von Banken, die Wirecard-Kredite gegeben haben. Aber versagt hat auch, weil so einfach darf man es nicht machen, jeder Kleinanleger, der sein Geld da reingesteckt hat, der gedacht hat, ich weiß es besser, der sich von der Gier hat trieben lassen. Es gab genug Berichte und man hat genug lesen können.

warum man sein Geld dort nicht hat reinstecken sollen. Jetzt ist es ja so, Ingo, dass du als Wirtschaftsjournalist es viel mit so Scams und Betrügereien zu tun hast.

Würdest du sagen, und ich glaube, du hast es vorhin schon angedeutet, als dieser Respekt in deinem Gesicht stand, würdest du sagen, dass es ein besonders guter Scam war, Wirecard? Es war, glaube ich, ein sehr guter Scam. Ich glaube, es war sehr gut. Man muss über die vielen Jahre hinweg, wenn man sich überlegt, Lügen ist ja ein kognitiver Hochleistungssport. Man muss sich immer wieder daran erinnern, was habe ich wem wann gesagt, was habe ich wo gesagt.

ausgesagt, was habe ich wo aufgeschrieben, welche Beweise habe ich möglichst irgendwo liegen lassen. Ja, das ist irre schwer, eine gute Lüge zu machen. Da haben wir hier im Podcast schon ganz viel darüber gesprochen. Das ist unendlich schwer, eine gute Lüge aufrecht zu erhalten. Und jetzt muss man sich vorstellen, wenn man davon ausgeht, was eine Schätzung ist, dass Sie 2011 angefangen haben, Geld zu erfinden, weil Sie haben ja nichts anderes gemacht, als Cash zu erfinden, zu behaupten,

Wir haben das und haben das irgendwie versucht zu rechtfertigen. Von 2011 bis 2020, das sind neun Jahre lang, immer so tun, als würde man wahnsinnig viel Geld verdienen und alle, mit denen man zu tun hat, darin einzuwickeln. Also das verdient durchaus, ich kann mir nicht helfen, aber es verdient Respekt. Ja, zum

Zumal es ja nicht eine Currywurstbude in Essen-Krei ist, die einfach sagt, wir verkaufen hier jeden Tag 300 Würstchen statt 100 und dann guckt man vielleicht nicht so genau hin und denkt, vielleicht auch sehr lecker da, kann ja passieren, sondern ein weltumspannender Betrug mit Betrug in so vielen Ländern, in so vielen Institutionen.

Das ist schon wirklich ein gigantisches Scheradenwerk, was da aufgezogen wurde. Und deswegen verstehe ich auch, wenn du sagst als Experte, das ist ein besonders guter Scam gewesen. Jetzt hast du gerade schon mal gesagt, die Kleinanleger

Die müssten sich schon auch eine Mitschuld geben, weil sie nicht genau hingeguckt haben und weil sie sehr gierig waren. Jetzt gibt es aber natürlich nicht nur die Leute, die das aktiv betreiben, sondern Menschen, die gutgläubig irgendwelchen Bankberatern und so weiter vertrauen, ihre Pension anvertrauen, das letzte Gesparte, was sie haben und die sagen denen, hey, wir haben hier dieses super Unicorn-Modell.

Wirecard, also damit könnt ihr gar nichts falsch machen, da investieren wir. Diese Leute haben ja teilweise alles verloren, was sie hatten. Wie groß ist der Schaden für die Anleger insgesamt und kriegen diese Anleger und diese Kleinstanleger irgendetwas davon wieder? Wer haftet denn jetzt eigentlich? Das Geld ist weg.

Ich gebe dir da auch vollkommen recht, Daniel. Und gut, dass du es auch noch mal so aufziehst. Es ist eine Riesensauerei, weil ich mein Geld verliere, weil ein Bankberater sagte, ich habe hier dieses, empfehle ich Ihnen schon mal Wirecard. Es ist eine Riesenschweinerei. Und es gibt natürlich dann auch die Bankanalysten. Die Commerzbank hat ja Wirecard zum Beispiel auch über Jahre hinweg hochgeschrieben. Also ja, sollte man es sich nicht zu leicht machen. Die Leute bestimmt wieder noch Geld verloren haben. Das stimmt schon. Da wurden auch viele, viele reingelegt. Das Geld ist weg. Das Geld kommt nicht wieder.

Das Unternehmen ist insolvent. Als Aktionär habe ich keinen Zugriff auf die Insolvenzmasse. Ich habe als Bank, die dem Unternehmen Geld geliehen hat, habe ich eine Chance, was zu kriegen. Vielleicht habe ich als Mitarbeiter eine Chance, habe ich als Lieferant eine Chance. Aber als Aktionär, das ist weg. Was ich jetzt machen kann, ich kann Braun und Marschallek auf Schadensersatz verklagen. Braun behauptet, er hätte kein Geld mehr.

Ob das stimmt, müssen wir mal sehen. Also ich meine, allein sein Immobilienvermögen, habe ich gelesen, wird doch schon auf weit über 30 Millionen Euro geschätzt, oder? Genau, das ist arrestiert im Moment. Er sagt, jenseits des arrestierten Vermögens hätte er kein Geld mehr. Natürlich kann ich in einem Zivilprozess versuchen, einen Titel zu erwirken gegen Braun.

Ja, viel Spaß. Zumal wir ja über welche Summe reden, also da kommen wir auch mit 30 Millionen glaube ich nicht weit. Nein, das geht in die Milliarden, die Verluste an den Märkten. Zwei-stelliger Milliardenbereich, oder?

Die haben wirklich nur den Schaden und sie sind ein Opfer des Aufsichtsversagens, sie sind ein Opfer der Wirtschaftsprüfer und sie sind ein Opfer ihrer Berater und natürlich dieser Bande, der jetzt zum Teil in Stadelheim der Prozess gemacht wird. Würdest du eigentlich sagen, Ingo, wenn du da so drauf schaust als Beobachter und als Begleiter dieses Skandals und dieses Prozesses,

Dass es ein Betrug ist, der gut in unsere Zeit passt. Weißt du, in einer Zeit, in der wir es mit Leuten zu tun haben, die Fake News verbreiten und damit irgendwie durchkommen,

in der wir uns auch manchmal blenden lassen vielleicht von einer Eigenschaft von jemandem, von einer Person oder von einer Firma und die dann alles andere so überstrahlt. In gewisser Weise schon. Social Media war ein wichtiges Element, auch Fake News, mit denen man gearbeitet hat während dieses Betruges. Insofern stimmt das schon. Also es passt sehr gut in unsere Zeit, aber...

Der Anlagebetrug als solcher ist mehr als 100 Jahre alt. Also das Ponzi-Scheme, das man kennt, das ist schon ein paar Jahre älter, dass bei dem ein Herr Ponzi Geld eingesammelt hat von Anlegern und die dann schon länger dabei waren, dann mit dem neu eingezahlten Geld ausgezahlt hat. Und man nennt es ja auch Schneeballsystem. In jeder erdenklichen Form kommt das vor.

Man hat einfach so getan, man hätte eine Technik, man hätte ein wahnsinnig gutes Geschäft und man ist auf dieser Internetwelle geritten und hat wirklich die Social-Media-Kanäle gesteckt.

und Legenden erfunden und das alles dazu genutzt, um das Ding durchzuziehen. Das schon. Man kann auch diesen Betrug, den sie hatten, nun ging es ja auch um digitale Zahlungen, die man sich überhaupt nicht vorstellen kann. Ich hatte am Anfang immer das Problem, man kann Wirecard nicht anfassen. Man kann das, womit sie Geld verdienen, überhaupt nicht anfassen, gar nicht begreifen. Weil es nicht da ist. Kann man gleich im doppelten Sinne. Es geht ja um Zahlen, die aus irgendwelchen Maschinen rauskommen,

Und mein Gott, was weiß ich denn, wie soll ich die denn überprüfen? So ging es wahrscheinlich sehr vielen. Insofern, es ist ein Betrug, der sich diese hochtechnologisierende Wirkung wirklich zu eigen gemacht hat. Und das hat lange Zeit ja super funktioniert.

Sag mal, das Personal von Wirecard. Also du hast ja gesagt, Jan Marsalek, da verliert sich die Spur in Weißrussland und er ist vermutlich in Moskau. Was ist denn mit Markus Braun? Wie steht er denn aktuell im Prozess da? Markus Braun sitzt seit fast vier Jahren in Untersuchungshaft. Zweimal die Woche muss er durch einen unterirdischen Tunnel von der Justizvollzugsanstalt Stadelheim in den Gerichtssaal Stadelheim, der auch unterirdisch ist.

Er trägt immer einen grauen Anzug, zuletzt öfter mal ein rosafarbenes Hemd. Und er sitzt dort relativ teilnahmslos. Wobei...

Ja, er hatte sich am Anfang ja eingelassen. Also er hat am Anfang was gesagt. Er hat am Anfang was gesagt. Er hat gesagt, ich war es nicht. Er ist ein Opfer des Betruges der Bande um Marsalek und Bellenhaus. Also Marsalek, seine Nummer zwei soll auch ihn betrogen haben und getäuscht haben. Genau, und er war das Opfer. Und Bellenhaus, nur ganz kurz nochmal, weil das ja so kompliziert ist, war der Mann in Dubai quasi.

Und die beiden sollen ihn betrogen haben, um sein großes Herzensprojekt. Ungefähr, genau. So stellt er es dar. Und was sagt er am Anfang? Er ist selbst Opfer eines Betruges. Man könnte es auch daran sehen, er hätte ja noch Aktien gekauft, kurz vor der Pleite. Und er hat natürlich als Vorstandsvorsitzender diskutiert,

Welche Möglichkeit hat er, um sich zu verteidigen? Er hat zwei Möglichkeiten. Er kann sagen, er war entweder der kriminellste Vorstand eines deutschen DAX-Konzerns oder der dümmste. Als beides willst du nicht darstellen, oder? Als beides willst du nicht darstellen, aber der dümmste kommt vielleicht nicht in den Knast. Und deshalb hat er sich darauf zurückgezogen. Er sagt, er hat das alles nicht mitbekommen. Das ist natürlich dieser Satz, den er mal sagte vor Jahren. Ich habe absolutes Herrschaftswissen. Sehr verhängnisvoll. Aber

Er glaubt immer noch, er sei schlauer als das Gericht. Er hatte einen Spitzenanwalt, zumindest hat er den Ruf eines Spitzenanwalts, hatte er bis vor einiger Zeit. Der hat ihn jetzt verlassen. Jetzt hat er nur noch die Pflichtverteidigerin. Der Anwalt hat ihn verlassen. Aus welchem Grund? Er hat erklärt, dass Braun kein Geld mehr hat und es sei wirtschaftlich nicht mehr darstellbar. Hintergrund ist, Braun hat eine Managerhaftpflicht wie Klaus.

Die meisten Vorstände, die hatte eine Deckungssumme von 15 Millionen. Für Rechtsstreitigkeiten, die sind weg, die sind leer, die sind ausbezahlt. Nicht nur für Braun, die sind auch für die anderen Wirecard-Vorstände, aber trotzdem sind 15 Millionen Anwaltskosten eine ganze Menge. Das stimmt. Also insofern kann man sich vorstellen, das war eine lange Zeit wirtschaftlich sehr darstellbar, dieses Mandat. Und dann wurde es plötzlich nicht mehr darstellbar. Da möchte ich jetzt keine weitere moralische Aussage.

Jetzt hat er zuletzt wieder einen Antrag auf Haftprüfung gestellt, Markus Braun. Es wurde jetzt entschieden, er muss im Gefängnis bleiben. Wenn das Gericht nicht davon überzeugt wäre, dass er verurteilt würde, dann hätte man ihn rauslassen müssen. Er bleibt weiterhin in Haft.

Es sind jetzt die Internetzeugen aus dem Ausland geladen, viele von denen werden nicht kommen. Das heißt, wir werden vielleicht Dezember, wahrscheinlich im Januar, Februar, werden wir ein Urteil haben gegen Braun. Und wie das dann aussieht, muss man sehen als jemand, der dort oft sitzt in diesem Verfahren. Es ist mit einer Haftstrafe zu rechnen.

Es gibt einen Richter, der das Verfahren mit extremer Souveränität führt. Herr Födisch heißt der Vorsitzende Richter, der ist in allen Kleinigkeiten, der ist wahnsinnig vorbereitet, der weiß, wovon Braun spricht, wenn er sagt, in diesem und jenem Vorgang habe ich doch eine E-Mail geschrieben, in der steht das und er lässt sich nicht auf der Nase herumtanzen.

Und Braun hat es versucht, auch ihn zu belehren. Er hält sich ja schlauer als sein Gegenüber. Ach, er hält dann auch so Referate vor Gericht? Ja, genau.

Aber es hat ihm bislang nicht geholfen. Ich finde es schön, dass du auch mal herausstellst, die tolle Arbeit offensichtlich des Vorsitzenden Richters, weil wir haben es ja oft auch in der Öffentlichkeit bei Wirtschaftsstrafverfahren, gerade auch in Boulevardblättern, mit dem Vorwurf zu tun, die lässt man leicht vom Haken. Die zahlen dann irgendwie eine Ausgleichszahlung. Bernie Ecclestone war wahrscheinlich das berühmteste Beispiel und dann geht er einfach nach Hause, obwohl er mutmaßlich betrogen hat, ohne Ende und einen Riesenschaden angerichtet hat in der Gesellschaft, während

Während andere, die kleinen Leute hängt man. Das ist immer der Lieblingssatz des Boulevards, die kleinen Leute hängt man, die großen lässt man laufen. Das stimmt ein Stück weit insofern, das habe ich auch selbst, wenn ich Wirtschaftsstrafverfahren beobachtet habe, als die Leute, die darüber letztlich entscheiden müssen...

ja Juristen sind und keine Betriebswirtschaftler oder Volkswirtschaftler oder Wirtschaftsprüfer. Das verlangt von einem Juristen, von einem Richter eine derartige Tiefenarbeit. Das ist ja quasi nochmal ein Studium, was man oben draufsetzen muss, wenn man so ein komplexes Verfahren hat. Und da ist es ja erstmal schon ein tolles Signal, dass dieses Verfahren schon so lange geht. Ja, kostet jede Menge Geld dem Staat, aber...

So hat man auch das Gefühl, es wird richtig aufgearbeitet. Da arbeitet sich endlich mal jemand richtig ein. Und deswegen finde ich es schön, dass wir auch mal eine Lanze brechen für so eine Kammer, die eigentlich ja nicht notwendigerweise durch das Studium darauf vorbereitet ist, solche komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge strafrechtlich klären zu müssen. Und dementsprechend auch an alle, die immer schreiben, warum dauert das so lange, warum dauert das so lange? Weil es verdammt nochmal saukompliziert ist.

Und es ist gut, wenn die Leute sich Zeit nehmen, solche Vorgänge zu verstehen. Das sehe ich ganz genau so, Daniel. Es ist richtig, die Kammer nimmt sich Zeit. Die Kammer hat unfassbar viele Zeugen geladen. Aber er führt das Verfahren auch stringent. Er macht auf eine sehr angenehme Art und Weise klar, wer der Herr im Haus ist. Er hat auch noch mal Braun gefragt, fühlen Sie sich gut anwaltlich vertreten, nachdem sein bisheriger Anwalt ihn verlassen hat. Man kann sich das kaum vorstellen. Ich meine, wie...

lange man da braucht, sich da einzuarbeiten. Der liest ja keine Artikel, wo die Sachen zusammengefasst sind. Der fängt ja mit dem ersten Aktenband an, arbeitet da wirklich seriös, ist scharf.

Man kann gespannt sein, wie das weitergeht. Also ich glaube, an dem Punkt macht der Staat gerade gute Arbeit. Das kann man nicht bestreiten. Und natürlich kann es nicht Sinn dieses Verfahrens sein, wie manche hoffen, den ganzen Wildcard-Fall aufzuklären. Nee, Sinn des Verfahrens ist jetzt wirklich nur die individuelle Schuld dieser drei Angeklagten festzustellen und dann eine Strafe für sie zu finden oder auch nicht. Und das macht die Kammer gerade interessiert.

Sehr, sehr gut. Wer mir leid tut hingegen, sind die Chefen. Also man wird da zum Chefendienst bestellt in dieses Verfahren. Man sieht öfter mal Excel-Tabellen, die projiziert werden im Gerichtssaal. Es geht um hochkomplexe Geschäftsvorgänge. Respekt, Respekt. Zwei Jahre lang da zu sitzen, das ist schon anstrengend. Ingo, vielen, vielen Dank, dass du uns diesen Fall nicht nur mitgebracht hast, sondern auch näher gebracht hast, dass du ihn uns übersetzt hast.

Wie den Aliens, die wir ja alle ein bisschen sind, wenn es um Wirecard geht. Danke, dass du uns hast verstehen lassen, wie dieses Betrugsmodell funktioniert hat. Und ich hoffe, dass du bald wieder Gast bei uns im Podcast bist. Großen Spaß gemacht mit euch allen. Danke für die Einladung. Bis bald. Bis bald.