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AUSGABE 198 (Israel und das Völkerrecht – mit Kai Ambos)

2025/6/19
logo of podcast LANZ & PRECHT

LANZ & PRECHT

AI Deep Dive AI Chapters Transcript
People
K
Kai Ambos
M
Markus Lanz
R
Richard David Precht
Topics
Kai Ambos: Meiner Meinung nach muss der Angriff Israels auf den Iran völkerrechtlich eingeordnet werden. Das Gewaltverbot ist eine Fundamentalnorm, die wir beachten müssen. Statt militärischer Gewalt sollten wir auf Diplomatie und Dialog setzen. Es gibt Voraussetzungen für präventive Selbstverteidigung, die hier möglicherweise nicht erfüllt sind. Der Angriff könnte laufende Atomverhandlungen gefährden. Militärische Gewalt sollte immer die letzte Option sein. Wenn jeder Staat selbst entscheidet, wann ein Selbstverteidigungsfall vorliegt, wird das Völkerrecht untergraben. Israel hat die Beweislast für die Notwendigkeit seines Angriffs. Ich sehe alternative Argumentationen, die den Angriff als Teil eines bestehenden Konflikts sehen. Es gibt Möglichkeiten, den Iran durch Sanktionen und diplomatische Prozesse unter Druck zu setzen. Militärische Schläge könnten den Iran nicht von seinem Atomprogramm abhalten und zu weiteren negativen Konsequenzen führen. Viele Israelis sind gegen die Gewaltanwendung. Die Zivilbevölkerung leidet unter militärischen Aktionen. Es gibt Spekulationen, dass Netanjahus Motive in seinem Machterhalt liegen könnten. Ein Regime-Change von außen ist völkerrechtlich nicht vorgesehen. Richard David Precht: Ich finde, es gibt einen Unterschied zwischen Putins Aggression in der Ukraine und Netanjahus Vorgehen gegen das iranische Atomprogramm. Israel sieht sich durch das iranische Atomprogramm bedroht. Es ist verständlich, dass Israel angesichts der Bedrohung handelt. Israel sollte nicht warten, bis der Iran in der Lage ist, Atomwaffen einzusetzen. Israel, ein kleines Land, fühlt sich seit Jahren vom Iran bedroht. Die Verengung politischer Prozesse auf das Völkerrecht funktioniert möglicherweise nicht mehr. Es ist wichtig, an der Verbindlichkeit des Völkerrechts festzuhalten, um internationale Regeln zu haben. Ohne internationale Regeln wird die Welt instabil. Gerade weil die Welt instabil ist, ist es wichtig, am Völkerrecht festzuhalten. Ich finde es wichtig, das große Bild der Weltordnung nicht aus den Augen zu verlieren. Dem Westen werden oft doppelte Standards vorgeworfen. Die Amerikaner haben in der Vergangenheit oft Dinge getan, für die sie und andere einen hohen Preis bezahlt haben. Deutschland stand im Vietnamkrieg auf der falschen Seite der Geschichte. Wenn man im Schema von Gut und Böse denkt, ist jedes Mittel recht. Man sollte schon in der Situation darüber nachdenken, ob man richtig handelt. Eine grundsätzliche Solidarität mit einer Seite kann nicht alle eingesetzten Mittel legitimieren. Man muss sich immer fragen, ob jedes Mittel gerechtfertigt ist, auch wenn es gegen das Böse geht. Europa sollte sich für Menschenrechte einsetzen und dabei keine Doppelmoral kennen. Die Wortwahl des Bundeskanzlers in Bezug auf Gaza ist ein Euphemismus. Israel verteidigt sich in einer Zeit, in der seine demokratischen Grundlagen von innen heraus ausgehöhlt werden. Die Bilder von der Räumung der Siedlungen im Gazastreifen wirken bei den Fanatikern immer noch nach. Der historische Kontext erklärt die Brutalität im Umgang mit Gaza. Markus Lanz: Ich finde, die Wahrnehmung eines Völkerrechtsbruchs mit Dankbarkeit und Respekt durch einen deutschen Bundeskanzler ist bedenklich. Kai Ambos ist ein unbestechlicher und klarer Richter. Was hätte Israel angesichts der Bedrohung durch den Iran tun sollen? Sanktionen treffen oft die Falschen, wie das Beispiel Syrien zeigt. Es ist unklar, ob Israels Motiv für den Angriff tatsächlich in der Selbstverteidigung bestand. Deutschland wäre verpflichtet, Netanjahu festzunehmen, wenn er nach Berlin käme. Das Thema Westjordanland wird oft ausgeblendet. Deutschland hat seit 1967 nichts Ernsthaftes unternommen, um die Siedlungspolitik im Westjordanland zu stoppen. Sollte Deutschland seine bisherige Israel-Politik revidieren?

Deep Dive

Shownotes Transcript

Israel bezeichnet seinen Angriff auf den Iran als Präventivschlag, um der atomaren Bedrohung Teherans zuvorzukommen. So nachvollziehbar Israels Motive sind, entspricht der Luftschlag auch dem Völkerrecht? „Militärische Gewalt ist immer die letzte Option,“ meint Kai Ambos, Professor für Straf- und Völkerrecht, der in dieser Folge *zu Gast ist. Zwar mahnen Politiker oft an, dass „die Stärke des Rechts“ nicht dem „Recht des Stärkeren“ weichen dürfe, aber was hätte Israel denn tun sollen, fragt Markus Lanz? Richard David Precht findet, dass „die Welt dabei ist, irrsinnig instabil werden“, gerade deswegen ist es so wichtig, dass sich alle Staaten an das Völkerrecht halten.