Poké Lafarge hat Rotterdam hier besungen. Ist die Welt noch zu retten? Das Radio 3 Klimagespräch. Die Sonne scheint, schön fürs Gemüt, vor allem, wenn es noch kalt ist im Winter und im Frühjahr. Aber der Winter war laut Wetterdienst in Brandenburg so trocken wie in keinem anderen Bundesland. Die Wintersonne schien gut 30 Stunden länger als gewöhnlich.
Was das für Folgen hat für die Umwelt und für uns Menschen und was wir tun können, um dem zu begegnen, dazu können wir jetzt Irina Engelhardt hören. Sie ist Professorin und leitet das Fachgebiet Hydrogeologie an der Technischen Universität Berlin. Herzlich willkommen auf Radio 3.
Ja, vielen Dank für die Einladung. Frau Engelhardt, am Wochenende konnte man die Meldung lesen, keine Milchkühe und Ziegen mehr im Brandenburger Ökodorf Brodowien. Da spielt natürlich auch die pflanzliche Milch eine große Rolle, so heißt es von dort. Aber vor allem auch die Frage, wie teuer es ist, im trockenen Brandenburg Milchviehhaltung zu betreiben. Wiesen, Weiden oder Felder zu bewässern, das sei für viele Bauern unwirtschaftlich. Ist das ein weiteres Zeichen, Frau Engelhardt, wie trocken die Region ist?
Ja, also ich würde schon sagen, denn letztendlich, wir haben verschiedene Wassernutzer in der Region. Dazu gehört natürlich einmal unsere Haushalte, die Industrie und die Landwirtschaft. Und wir haben aktuell sogar noch relativ geringe Wasserentnahmen für die Landwirtschaft. Und in der Tat, wenn zukünftig der Wasserbedarf der Landwirtschaft steigt,
ist zu vermuten, dass wir diesen Wasserbedarf tatsächlich in Brandenburg so nicht komplett befriedigen werden können. Könnte man da tiefer nach Grundwasser graben? Wäre das eine Möglichkeit?
Naja, das tun wir ja eigentlich schon. Also wir haben letztendlich in Brandenburg und das gleiche gilt auch für das Land Berlin einen sogenannten Stockwerksbau. Also das heißt, wir haben einen ganz oberflächennahen Grundwasserleiter, den wir so gut wie nicht nutzen. Also hauptsächlich nutzen das die Ökosysteme. Wir haben dann den sogenannten Hauptgrundwasserleiter. Der liegt häufig schon in so Tiefen von 30, 40 oder auch noch mehr, 50.
60 Meter Tiefe. Und das ist auch unser Grundwasserleiter, den wir für die Trinkwasserversorgung nutzen und die zum Beispiel auch die Industrie
oder auch die Landwirtschaft, wenn sie nicht aus Oberflächengewässern entnimmt, anzapfen. Und dann haben wir noch einen ganz tiefen Grundwasserleiter, den wir derzeit nicht nutzen. Das heißt, wir sind eigentlich schon, also im Land Brandenburg, in der Nutzung dieses tiefer liegenden Grundwasserleiter angekommen. Und dieser Grundwasserleiter, dieser tiefer liegende, der zeigt auch schon die Absenkungen. Also das heißt, alleine tiefer gehen reicht erstmal nicht aus, weil wir eigentlich schon in einem tieferen Stockwerk sind.
Das Grundwasser in der Region Berlin-Brandenburg, das ist einer Ihrer Forschungsschwerpunkte. Worauf müssen wir Menschen in Brandenburg uns denn einstellen, außer dass es jetzt keine Brodovina-Milch mehr gibt?
Naja, also es kann halt zum Beispiel sein, das könnte ich mir schon für manche Wasserstressgebiete vorstellen, dass wir gewisse, wie soll ich das sagen, Nutzungshierarchien oder Prioritäten bekommen könnten. Also das heißt, dass nicht mehr alle Wassernutzer, also eben Haushalte, Industrie, Landwirtschaft, Tourismus, vielleicht Fischerei, Schifffahrt gleichberechtigt nebeneinander existieren können, sondern dass wir uns gegebenenfalls
für bestimmte Nutzergruppen entscheiden müssten, die prioritär versorgt werden und vielleicht auch andere in den Hintergrund gehen. Und wer sollte über diese entscheiden? Im Allgemeinen sind das politische Entscheidungen.
Wir haben ja auf Bundesebene unser Wasserhaushaltsgesetz und auch nochmal unsere Landeswassergesetze und da ist schon drin festgeschrieben, dass die menschliche Gesundheit, also letztendlich unsere Trinkwasserversorgung, die höchste Priorität hat.
Danach haben wir aber eben alle anderen Nutzer derzeit im Wasserrecht auf gleicher Stufe. Also Industrie und Landwirtschaft. Ja, ist alles auf gleicher Stufe. Und das sind letztendlich dann Entscheidungen, die muss die Landesregierung treffen, wo sie Schwerpunkte setzen muss. Und es gibt noch einen weiteren Wassernutzer, den habe ich jetzt eben nicht genannt. Das ist nämlich die Natur und die Ökosysteme. Die haben natürlich auch einen Wasserbedarf.
Und den zu quantifizieren ist sogar unglaublich schwierig. Und natürlich braucht es auch den an irgendeiner Reihenfolge der Priorisierungen oder in bestimmten Regionen vielleicht als primär relevant in der Einstufung.
Jetzt schaue ich doch nochmal zurück auf den vergangenen Winter. Also es hätte einem ja auch so vorkommen können, trotz der 30 Sonnenstunden mehr, dass es einigermaßen geregnet hat. Also das täuscht, ja? Oder sind die Wasserspeicher nach wie vor leer nach den Dürren, die wir hatten in den vergangenen Jahren?
Ja, das ist nicht ganz so. Also wir sehen schon noch, und das ist auch das Positive an der Region, dass tatsächlich im Herbst, Winter wir auch ganz gute Grundwasserneubildung haben in vielen Gebieten und auch unsere Grundwasserspiegel dann zum Teil auf jeden Fall in den oberflächennahen Bereichen auslaufen.
auch wieder etwas ansteigen. Also es ist jetzt nicht so, dass kontinuierlich die Grundwasserspiegel abfallen, sondern wir haben schon eine oszillierende Bewegung da drin, wo wir auch auf Niederschlagsereignisse dann eine positive Rückmeldung im Grundwasserleiter sehen. Was würden Sie sagen, was wären denn jetzt die dringendsten Maßnahmen?
Welche Möglichkeiten könnte es geben, um das Grundwasserangebot zu stärken? Sie haben ja vorhin gesprochen von einer Staffelung des Bedarfs. Wer hat als erster Zugriff, dass das die Politik entscheiden muss? Aber welche Möglichkeiten gäbe es, das Grundwasserangebot zu stärken?
Also genau, also erstmal diese unterschiedliche Priorisierung, die wird voraussichtlich, ob man es möchte oder nicht, vielleicht kommen. Was wir natürlich dann immer sagen, dass wir immer noch in unserem Humidenklima haben wir noch Überschuss.
Also das heißt eigentlich der Herbst, Winter, da haben wir immer noch sehr, sehr gute Niederschläge. Und diese Niederschlagsperioden, die sammeln sich ja letztendlich in unseren Fließgewässern, dass wir die abfangen sollten und entsprechend in den Untergrund einbringen. Also sei es durch Infiltrationsbecken, sei es durch Schluckbrunnen, wo wir das in den Untergrund einbringen.
Das heißt, dass wir diese Überschussperiode nutzen, um die tieferen Bereiche entsprechend mit Wasser anzureichern, sodass dieses Reservoir dann später in den Trockenperioden, also wenn der Sommer kommt, dann entsprechend besser aufgefüllt ist und genutzt werden kann. Sieht es denn in Berlin im Vergleich zu Brandenburg ganz ähnlich aus? Ja, in Berlin ist tatsächlich glücklicherweise die Situation etwas entspannter.
Das liegt daran, dass wir ja zu 60 Prozent in Berlin die Uferfiltration betreiben. Die Uferfiltration? Genau, das heißt, wir ziehen ja über unsere Bohnen quasi Wasser aus Spree und Havel in die Förderbohnen rein. Das heißt, Oberflächenwasser, das so in mehr oder weniger kürzerem Weg in die Trinkwasserversorgung reinkommt, umgekehrt.
Und damit haben wir natürlich eine gewissere Unabhängigkeit von dem Grundwasserdargebot, weil wir indirekt eigentlich eben über dieses Uferfiltrat einen relativ konstanten Zufluss aus den Oberflächengewässern haben. Und dann haben wir in Berlin auch noch den Vorteil, dass wir sehr, sehr viel Wehre und Schleusen haben. Das heißt, wir können natürlich auch versuchen, so eine Stauhaltung, also das probiert man ja auch,
dass man versucht, den Wassereinstau quasi in den Fließgewässern höher zu bringen, darüber quasi die Stadt so ein bisschen wie Art abriegelt vom Brandenburger Umland. Also Sie sagen, Wasser gibt es derzeit noch genug, man muss es nur klug sammeln.
Ich denke schon. Also wir haben ja jetzt auch aktuell in unserem Forschungsprojekt uns die Prognosen für die Zukunft angeschaut. Und die sehen für die Region eben so aus, wenn wir uns die Klimaparameter anschauen. Unsere Temperatur wird ansteigen, eigentlich egal in welches Szenario wir uns begeben. Das heißt, wir haben ganz sicher einen Anstieg der Verdunstung. Aber der Niederschlag wird voraussichtlich in der Jahressumme
so mehr oder weniger gleich bleiben. Es verschiebt sich eben nur zwischen Sommer und Winter stärker, sodass wir diese ausgedehnteren Trockenperioden bekommen. Das heißt, es ist also ganz wichtig, diese feuchten Herbst-Winter-Perioden zukünftig besser zu nutzen. Sagt Irina Engelhardt. Sie leitet das Fachgebiet Hydrogeologie an der Technischen Universität Berlin. Und im Klimagespräch auf Radio 3 haben wir über die Trockenheit in unserer Region gesprochen. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank für die Einladung.