Ist die Welt noch zu retten? Das Radio 3 Klimagespräch. Es wird sommerlich in diesen Tagen in Berlin und Brandenburg. Für dieses Jahr ist ein heißer und trockener Sommer angekündigt worden. Wieder einmal.
Am morgigen Hitzeaktionstag 2025, da weist ein Bündnis von über 50 Organisationen auf die Folgen für die Gesundheit jedes Einzelnen und auf das gesamte Gesundheits- und Sozialsystem durch starke und lang andauernde Hitze hin. Mitbegründer des Aktionsbündnisses Hitzeschutz Berlin ist der Arzt Max Birk-Gemasma und ihn begrüße ich jetzt auf Radio 3. Guten Tag.
Guten Tag, Frau Kuppers. Max-Birk Gimmasma, Sie sind Allgemeinarzt. Wie sind denn Ihre Erfahrungen in den letzten Jahren gewesen? Mit welchen Problemen kommen tatsächlich Patientinnen und Patienten in Hitzeperioden zu Ihnen? Ja, ich bin lange niedergelassener Hausarzt und was wir gesehen haben, ist halt, dass es in den letzten Jahren doch wärmer wird und dass wir
aber bisher auch als Ärzte sozusagen das Hitzeproblem gar nicht so auf dem Schirm hatten und jetzt doch merken, wenn wir da mehr darauf achten, dass ein Großteil der Beschwerden bei diesen heißen Tagen doch mit Hitze zusammenhängt. Das sind oft auch junge Menschen, die Kreislaufbeschwerden haben, denen es schwindelig ist. Das sind Kinder, die unter der Hitze kollabieren oder eben auch vor allem ältere Menschen,
die dann gar nicht mehr aus ihrem Haus rausgehen können und dann Hilfe suchen. Hoffentlich noch Hilfe suchen, um dann besser klarzukommen. Hoffentlich noch Hilfe suchen. Sagen Sie gerade, ab welchem Punkt wird dann die Hitze gefährlich?
Das ist ein bisschen so wie beim Bergsteigen. Sommer ist schön, alles wunderbar. Aber wenn es extrem wird, dann wird es plötzlich gefährlich. Und wenn einfach Temperaturen sind, wir haben ja diese Warnungen vom Deutschen Wetterdienst, Temperaturen über mehr als zwei Tage 32 Grad oder dann im extremen Fall Temperaturen an zwei Tagen über 38 Grad ohne nächtliche Abkühlung. Da wird es dann richtig gefährlich. Vor allem eigentlich im Prinzip grundsätzlich für alle Menschen.
Aber es gibt eben Menschen, die besonders gefährdet sind. Das sind natürlich vor allem die alten Menschen ab 65 aufwärts und ab 80 ganz gefährlich. Es sind aber auch Kinder, kleine Kinder, Babys, die können noch nicht gut schwitzen, die sind gefährdet. Schwangere Menschen, die draußen arbeiten müssen oder obdachlose Menschen, die gar keine Schutzräume haben.
Oder auch Sportler, die sich unvernünftigerweise bei extremer Hitze noch zu sehr verausgaben. Die sind gefährdet. Interessant, dass Sie die Obdachlosen angesprochen haben, die man ja meistens nur mit der Kälte in diesem Zusammenhang nennt, wenn es um das Klima geht. Aber natürlich ist auch Hitze ein Problem. Sie haben nun schon einige Dinge genannt, Dehydrierung, Kreislaufprobleme.
Was soll mit dem Hitzeaktionstag nun bewirkt werden? Also wir haben ja dieses Aktionsbündnis Hitzeschutz vor drei Jahren gegründet, weil wir gesehen haben, dass im Gesundheitsbereich eigentlich viel zu wenig passiert, dass bei den Hitzeaktionsplänen, die bundesweit ja empfohlen sind und erarbeitet werden müssen, der Gesundheitsbereich überhaupt nicht mitgedacht wurde. Und wir
Wir haben dann in Berlin relativ schnell ein größeres Bündnis erreicht und das hat sich dann über die Bundesärztekammer, über viele, viele Akteure dann sehr, sehr ausgeweitet. Also Sie sagten schon über 50, also aktuell sind es über 100 Akteure.
Mitgliedsorganisationen, große Spitzenverbände, die diese Sache inzwischen verstanden haben, dass Hitze eben ab einer bestimmten Situation nicht mehr lustig ist, sondern eine ernste Gefahr wird und einfach in Deutschland 5.000 bis 10.000 Menschen jedes Jahr an Hitze oder hitzeassoziiert sterben, die eigentlich nicht sterben müssten, wenn wir einen guten Hitzeschutz praktizieren würden.
Sie sind sehr engagiert in diesem Themenfeld, unter anderem stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit. Jetzt senden wir für eine Region, die ja sehr unterschiedlich bestückt ist, Berlin und Brandenburg. Da haben wir ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit dem RBB. Eben sind wir vor Ort, aber einmal ist es die Großstadt und zum anderen ist es die ländliche Region. Welche unterschiedlichen Herausforderungen gibt es denn da in Sachen Hitze?
Ja, es gibt natürlich in der Großstadt die typischen Wärmeinseln, die natürlich besonders gefährlich sind für Menschen, die dann dort leben. Das sind alte Menschen, die oft auch aus ärmeren Bevölkerungsgruppen kommen und unglücklicherweise manchmal auch in Wohnungen sind.
die nicht quer zu lüften sind, die einfach viel zu heiß werden im Sommer. Und wenn diese Wohnungen nicht barrierefrei sind und die alten Menschen dort nicht raus können, wenn es sehr heiß wird, dann ist das eine reelle Gefahr. Wir wissen das von Paris, wo sehr, sehr viele Menschen in ihren Wohnungen verstorben sind, 2003-2004.
Im ländlichen Bereich haben wir wieder andere Probleme. Da gibt es natürlich diese Problematik der Wassersituation, die ja damit assoziiert ist. Ich habe vor Jahren eine Beratung gemacht für den Landkreis Osnabrück zum Hitzeschutzplan und war dort überrascht, dass auch oft kleine Kommunen Hitzerootspots haben, wo es sehr heiß wird. Und wenn dort alte Menschen in diesen Wohnungen leben, sind die genauso gefährdet wie Menschen in der Stadt.
Grundsätzlich ist aber die Stadt in der Regel deutlich heißer als auf dem Land. Also viele Berliner fahren bei Hitze auch gerne raus, weil es einfach fünf bis acht Grad kühler ist draußen. Was dann schon eine Menge ausmacht. Ich glaube, es ist ziemlich deutlich geworden, dass die Hitze auch eine soziale Frage ist anhand ihrer Ausführungen. Mit anderen Worten, was sind denn aus Ihrer Sicht die wichtigsten Maßnahmen, die zum Schutz der Menschen vor Hitze ergriffen werden müssen?
Grundsätzlich brauchen wir viel mehr Informationen, auch breit gestreute Informationen. Deswegen sind so Sendungen wichtig. Die Menschen müssen die Gefahr kennen und sie müssen wissen, wie sie sich vernünftig halten können. Dass sie Hitze vermeiden, dass sie Schatten aufsuchen, kühle Räume suchen, wo es die gibt, aus heißen Wohnungen eventuell auch rausgehen und dass sie natürlich selber genug trinken, sich
eventuell aktiv kühlen. Und aber was das Soziale betrifft, ist vor allem, dass wir auf unsere Mitmenschen achten. Menschen, die der Hitze ausgesetzt sind, verlieren ja sozusagen Konzentrationsfähigkeit. Das Bewusstsein wird beeinträchtigt und es ist erheblich.
dass dann von außen sozusagen eingegriffen wird und geschaut wird. Das ist nicht nur bei Obdachlosen, das ist auch bei alten Menschen. Wenn die irgendwo auf einer Bank sitzen und schäfrig werden bei Hitze, dann sollten die angesprochen werden und auch geschaut werden, was dort mit diesen Menschen ist. Also die nachbarschaftliche Hilfe und auch die Hilfe von Angehörigen, von Freunden, die möglichst aufsuchend auch sein soll bei extremer Hitze, ist extrem wichtig.
Max-Birk Gemassmer, Sie haben unter anderem die Möckernkiez EG mitgegründet, ein sozial-ökologisches Wohnquartier. Nun sind auch politische Forderungen mit dem, was Sie tun, immer wieder im Boot. Welche sind das? Na ja, Hitzeschutz muss...
Das muss verpflichtend werden. Das braucht eine gesetzliche Grundlage, sonst wird das nicht gemacht. Und vor allem muss es finanziell und personell unterlegt werden. Es ist notwendig, dass dort entsprechende Ressourcen bereitgestellt werden, weil Hitzeschutz schützt nicht nur die Menschen, es spart auch jede Menge Kosten. Es ist billiger, Hitzeschutz zu betreiben, als ihn nicht zu betreiben.
Produktivität geht massiv runter. Wir haben sehr, sehr viel mehr Krankheitsfälle, weil durch Hitze bedingt, durch extreme Hitze verursacht. Das ist notwendig, das zu tun. Dann ist es notwendig, dass wir bei diesen ganzen Hitzenschutzplanungen
den Gesundheits-, den Pflege- und den Sozialbereich konsequent mitdenken und einbeziehen. Weil das sind die Akteure, die dann, wenn es richtig problematisch wird, gebraucht werden und die auch vor allem die Expertise haben, dort in dem Bereich die entsprechende Beratung und Empfehlungen auch rauszugeben und auch sagen können, worauf es dann an manchen Stellen auch ankommt.
Und darüber hinaus geht es natürlich immer auch darum, politisch zu schauen, wie die Erhitzung der Erde in den Griff zu bekommen ist. Morgen also ist bundesweiter Hitzeaktionstag. Viele Organisationen, Kommunen und Einzelpersonen engagieren sich bereits mit vielfältigen Aktionen, um auf die zunehmenden Gesundheitsrisiken durch extreme Hitze aufmerksam zu machen. Darunter auch der Arzt Max Birk-Gemmaßmahr. Er ist Mitbegründer des Aktionsbündnisses Hitzeschutz Berlin. Ich danke Ihnen für das Gespräch auf Radio 3.
Vielen Dank.