Deutschlandfunk Kultur Diskurs Fünf Jahre ist es her, da wurde die Friedhofskultur in Deutschland in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Das ist unser Anlass, uns der Friedhofskultur zu widmen, uns ihre kulturelle Dimension vor Augen zu führen, die Herausforderung in den Blick zu nehmen und einen Ausblick zu wagen.
Dazu begrüße ich Kirsten Fehrs, die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Britta Behrendt, Staatssekretärin für Klimaschutz und Umwelt in der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt des Landes Berlin.
Tobias Pehle, den Geschäftsführer des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur. Das ist der Partner der Deutschen UNESCO-Kommission für diese Kulturform. Und Olaf Zimmermann, den Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Herzlich willkommen, schön, dass Sie da sind. Mein Name ist Hans-Dieter Almendahl. Ich bin der Kulturkoordinator des Deutschlandradios. Wir haben einen besonderen Ort gewählt. Wir sitzen zusammen in der Kapelle des Dorotheenstädtischen Friedhofs.
Wir sind damit zu Gast beim Evangelischen Friedhofsverband Berlin-Mitte. Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft. Und damit sind wir auf einem besonderen Friedhof, auf dem prominente Persönlichkeiten ruhen, von Schinkel, Hegel, Fichte bis zu Berthold Brecht und Helene Weigel.
Dieser Friedhof, wie auch andere Friedhöfe in Mitte, spielt eine besondere Rolle in diesem atmosphärischen Ensemble, das diesen Stadtbezirk ausmacht. Zwischen Prachtboulevard mit Museen, Theatern, Humboldt-Universität und Humboldt-Forum.
Der Spree und den Wohnquartieren hier weiter im Norden, wo der Dorotheenstädtische Friedhof liegt. Hochgeschwindigkeitszonen urbaner Prägung und Zonen für ein etwas geringeres Tempo, wo Menschen auch ihren Alltag verbringen.
Und wir sind aber auch in einer besonderen Kapelle, die 2015 neu gestaltet wurde und ein weltweit bekanntes Lichtkunstwerk beherbergt, nämlich James Turrells Installation Luthers Light. Herzlich willkommen, schön, dass Sie da sind hier bei uns in der Kapelle. Christen Fehrs, mit Ihnen will ich beginnen. Schauen wir doch erstmal persönlich. Sie sind Bischöfin in der nordelbischen Kirche im Sprengel Hamburg und Lübeck.
und Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Als Theologin haben Sie ein besonderes Verhältnis zu Friedhöfen, das unterstelle ich jetzt einfach mal. Aber wie weit gehören denn Friedhöfe zu Ihrem kulturellen Kanon? Gehen Sie auch auf Friedhöfe, wenn Sie in fremden Städten sind?
Unbedingt. Das ist manchmal mit der erste Ort, weil es eben gerade in Städten auch ein Friedensort ist. Also man merkt sofort, dass der Lärm der Außenwelt in einem Friedhof wie in einem eigenen Refugium auf einmal zur Stille kommt.
Und das in einer Stadt zum Beispiel zu erleben, wie auch sich dort Kultur widerspiegelt. Es ist eine Besonderheit, wenn man zum Beispiel in südlichen Ländern auf Friedhöfe geht und wenn man das vergleicht jetzt mit nordischen. Das ist schon auch eine Prägung, die darin deutlich wird.
Und ja, was mich persönlich immer sehr fasziniert, sind eben die künstlerischen Grabsteine und Kreaturen.
Der Versuch, es auch in eine Sprache zu bringen, was manche so sprachlos macht im Raum des Todes. Also wenn man zum Beispiel trauernde Engel sieht oder Formen der Namenszüge. Und wie das auch hier im Dorotheenfriedhof, kann man das ja auch sehen, wie das schon eine ganz besondere Ausstrahlung hat, die auch mir persönlich auch immer Ehrfurcht einflößt. Danke.
Britta Behrendt, zu Ihrem Aufgabenbereich als Staatssekretärin für Klimaschutz und Umwelt in der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt des Landes Berlins gehören auch die Friedhöfe. Gehen Sie denn auch ohne beruflichen Anlass gern auf Friedhöfe?
Ja, uneingeschränkt ja, auf jeden Fall. Und ich bin wirklich schon immer sehr gern auf Friedhöfe gegangen. Sogar als ich noch ein kleines Kind war, hatte ich irgendwie eine Faszination für Friedhöfe und das hat sich einfach so weiterentwickelt. Also in meiner Jugend, jetzt verrate ich was, was nicht viele wissen, war ich Grufti. Wer nicht weiß, was das ist, das ist so ähnlich wie Punk, nur dass man nur schwarz angezogen ist.
Und da hatte ich einfach auch so einen Sinn für dieses etwas Dunkle und Düstere, aber auch diese besondere, sagen wir mal, spirituelle Atmosphäre letztendlich auf Friedhöfen. Und es ist bei mir immer noch so, wenn ich in anderen Städten unterwegs bin,
Auch im Ausland ist das wirklich ein Platz, wo ich gerne hingehe. Und ich glaube, so ein Friedhof spiegelt ja auch immer die Kultur, wie Menschen miteinander leben, in einer unnachahmbaren Weise. Und deswegen bin ich sehr gern auf Friedhöfen und bin ehrlich gesagt auch ein bisschen stolz, dass ich jetzt auch in Berlin für die Friedhöfe zuständig bin. So viel vielleicht fürs Erste.
Dankeschön. Olaf Zimmermann, als Geschäftsführer des Kulturrates könnte auf Ihrer Visitenkarte stehen, nichts Kulturelles ist mir fremd. Wie vertraut ist Ihnen denn der Kulturraum Friedhof? Gehen Sie da auch ohne Trauerfall gerne hin? Also erstmal ja. Und dieser Friedhof hier, also der dorotheenstädtische Friedhof, auf dem wir jetzt hier sind, ist eigentlich so ein bisschen mein Friedhof. Also...
Ich habe den immer toll gefunden. Und wie wir als Deutscher Kulturrat neue Büroräume gesucht haben, habe ich erst mal geguckt, gibt es eigentlich in der Nähe des Friedhofs Büroräume? Und dann habe ich das unglaubliche Glück gehabt, dass wir direkt gegenüber dieses Friedhofs jetzt unser Büro haben. Und von meinem Büro aus gibt es einen kleinen Balkon.
Und da sitze ich sehr oft drauf und schaue genau auf diesen Friedhof und sehe die gesamte Entwicklung, also Herbst, Winter, Frühling. Jetzt wird es ja wieder ein bisschen grün, zumindest die Kokusse sind da, die Schneeglöckchen sind schon wieder weg. Und bald wird es dann auch an den Bäumen grün. Und das ist etwas, was mich quasi immer wieder umtreibt. Also dieser Friedhof ist für mich etwas,
Nicht nur der Ort, wo die Toten sind, sondern wo eben auch Leben ist. Also wo letztendlich hier mitten in der Stadt alles stattfindet, was auch in der Natur stattfindet. Also für mich total wichtig und einfach ein unglaubliches Privileg, direkt gegenüber zu sein. Und das heißt, wenn man einfach mal will, auf diesen Friedhof zu gehen und zu sagen, ist mein Friedhof mein persönlicher Park. Dankeschön.
Tobias Pehle, Sie sind Geschäftsführer des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur. Da unterstellt man Ihnen natürlich ein enges und professionelles Verhältnis zur Friedhofskultur. Haben Sie auch. Aber so habe ich gelernt, im Grunde ist es umgekehrt. Die Aufgabe folgte der Neigung. Denn Sie haben als Journalist schon seit 2014 einen Schwerpunkt in der Friedhofskultur gehabt.
Und Ihrer Initiative, nicht nur Ihrer allein, aber auch Ihrer Initiative ist es zu verdanken, dass die Friedhofskultur vor fünf Jahren in das Verzeichnis der immateriellen Kulturerbestätten aufgenommen wurde. Woher kommt Ihre besondere Verbundenheit mit der Friedhofskultur? Ja, so eine Faszination für einen Kulturraum ist ja selten monokausal. Ich denke, es ist einfach so, dass dieser Kulturraum so viele Facetten hat,
Meine persönliche Geschichte spielt auch eine ganz wesentliche Rolle. Als mein Vater vor zehn Jahren verstarb, hinterließ er mir einen Brief und der letzte Satz in dem Brief war, komm mich mal auf den Friedhof besuchen.
Und das hat bei mir ganz, ganz tief was ausgelöst. Und gegen Ende meines Berufslebens wollte ich nochmal was machen, was vielleicht ein bisschen gesellschaftlichen Relevanz und ein bisschen mehr Sinn hat. Und ich habe gedacht, vielleicht den Wert der Friedhöfe für unsere Menschen und unsere Gesellschaft irgendwie ein bisschen sichtbarer zu machen, wäre doch eigentlich eine sehr reizvolle Aufgabe. Und ich freue mich deshalb besonders, dass wir aus dieser Sichtweise heraus heute über die Friedhofskultur in der Form sprechen können, in der wir heute hier zusammensitzen.
Schön, danke. Wenn man auf die Webseite für das immaterielle Erbe Friedhofskultur geht, wird dann erklärt, dass die Friedhofskultur im Wesentlichen zwei Themenfelder umfasst. Zum einen gehe es darum, was wir auf dem Friedhof tun, trauern, erinnern, gedenken, aber eben auch gestalten, pflegen und bewahren.
Und zum anderen geht es um das Erbe, um den vielfältigen Wert der Friedhofskultur für unsere Gesellschaft. Die kulturelle, soziale, historische Dimension, aber auch das, was Friedhöfe in Bezug auf Klima- und Naturschutz auch im Hinblick auf gesellschaftliche Integration und nationale Identität widerspiegeln. Auf diesen Stichworten würde ich mich gerne ein bisschen bewegen.
Sprechen wir doch mal über, Sie haben diese Formulierung benutzt in einem Artikel, Herr Pehle, über Friedhöfe als gesellschaftlicher Seismograph. Was genau meinen Sie damit?
Naja, wir sehen zum Beispiel gerade heute, in unserer Gesellschaft hat sich das Bild vom Friedhof verändert. Zum Beispiel dadurch, dass Menschen nicht mehr immer an demselben Wohnort leben, an dem sie geboren wurden, an dem die Eltern waren. Wir sind eine mobile Gesellschaft, also brauchen wir Angebote für Menschen, die nicht mehr dort leben, wo zum Beispiel ihre Eltern begraben werden. Stichwort ist pflegefreie, pflegearme Gräber.
Oder wir gucken auf unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die jetzt in unserem christlich-abendländisch geprägten Kulturraum ebenfalls ihren Platz suchen und bekommen sollen. Und all das zeigt ziemlich genau auf, worum es eigentlich gerade so spannend ist, sich die Friedhofs-Kultur anzugucken, weil sie nämlich genau auf das alles zu reagieren hat, was in unserer Gesellschaft heute vielleicht sich verändert hat.
Und unsere Gesellschaft wird bunter und ich glaube, dieser Seismograph, der zeigt gerade sehr gut an, wie wichtig es auch ist, genauer hinzuschauen, was Menschen an Bedürfnissen und an Wünschen haben, auch in Bezug auf ihren letzten Ruheort und auf Bestattung.
Kirsten Fehrs, die erste Assoziation, die mich so befällt, wenn ich über Friedhöfe nachdenke, ist wirklich diese historische Dimension. Man steht vor Gräbern, man guckt sich die Lebensdaten an, man gewinnt so eine Form von tiefen Dimensionen, Gedächtnislandschaft. Ist das etwas, was sonst in unserer Umwelt, in den Räumen, in denen wir uns bewegen, einfach zu wenig vorkommt? Ist das einer der Gründe, warum wir häufiger vielleicht mal die Nase auf einen Friedhof stecken sollten? Aus Ihrer Sicht spielt das für Sie auch noch eine Rolle?
Ja, unbedingt. Denn wenn man so will, kann man sagen, Friedhöfe sind der Ort, wo Zeit auf Ewigkeit trifft. Oder wenn ich es theologisch formuliere, wo die Endlichkeit des Menschen in Kontakt kommt mit der Unendlichkeit Gottes. Also das ist schon auch etwas demütig macht, dass das Leben auch ein begrenztes ist und es deshalb auch nochmal neu auf das Leben schauen lässt. Also insofern finde
Olaf Zimmermann ist da recht zu geben, es ist auch ein Ort für die Lebenden, in dem sie die Toten ehren. Und dass das für einen Trauerprozess, der ja letztlich so etwas ist, in aller Krise und in aller Traurigkeit, auch so etwas ist wie eine Krisenbewältigung hin zum Leben.
Und das deshalb auch vor Gräbern zu stehen, manchem Leben auch nachzudenken, dieses Leben damit zu würdigen, indem man es bedenkt, den Namen zu sehen, also die Einmaligkeit eines jeden Menschen auch nochmal mit großer Zuneigung, Würdigung, auch bei denen, die man nicht kennt, mit all dem, was man denkt, was dieser Mensch alles getan hat.
in welcher Zeit er gelebt hat und so weiter, dass das schon auch eine tiefe Demut dem eigenen Leben gegenüber geben kann. Und deshalb finde ich, in einer Zeit, in der überhaupt nicht mehr diesem nachgedacht wird, was Leben bedeuten kann,
Und dass Schutz von Leben eine im Moment prioritär zu bedenkende und Menschenwürde eine prioritär zu bedenkende Ansicht ist, das finde ich, kann man in diesen Erinnerungsorten in besonderer Weise erleben.
Das schneiden sich wirklich viele kulturelle Dimensionen. Ich trete jetzt nochmal einen Schritt zurück und gehe mal auf die sozusagen Naturebene. Britta Behrendt, unterscheiden sich Friedhöfe eigentlich aus organisatorischer Sicht von anderen Parks oder ist das vergleichbar?
Also im Hinblick auf die Pflege sind die Friedhöfe wesentlich komplizierter zu pflegen, weil man ja eine Mischung hat, meistens aus Orten, wo wirklich auch noch Bestattungen stattfinden und dann Teile des Friedhofs, wo eben keine Bestattungen stattfinden. Und insgesamt muss man sagen, dass die Friedhöfe in Berlin...
einen ganz wesentlichen Beitrag leisten zum Thema Naturschutz, Umweltschutz und natürlich auch Anpassung an den Klimawandel. Wir haben in Berlin 222 Friedhöfe. Ungefähr 10 Prozent unserer grünen Flächen sind Friedhöfe und das ist 1 Prozent der Landesfläche insgesamt in Berlin. Und wir haben es da aber mit einer ganz dramatischen Transformation gerade zu tun. Und deswegen ist es eigentlich auch ein sehr spannender Zeitpunkt, heute darüber zu sprechen.
Denn wir haben ja immer weniger Bestattungen. Die Form der Bestattung hat sich wahnsinnig verändert. Wenn wir nachdenken über Feuerbestattungen, Urnengräber brauchen viel, viel weniger Platz als herkömmliche Gräber. Viele Menschen, sagen wir mal, wählen auch ganz andere Formen der Bestattung. Also sagen, sie möchten eine Seebestattung oder in einem Wald, Beerdigungswald, Friedhof. Das ist ja eine Riesenauswahl, die man heute hat. Die hatte man ja vor 30 Jahren noch nicht.
Und ich sage mal, diese Entwicklung, ich gucke mal in Richtung von Herrn Wagner vom Evangelischen Friedhofsverband, die stellt natürlich vor allem die Träger vor ganz große Herausforderungen, gerade wenn es darum geht, die Pflege weiterhin zu gewährleisten der Friedhöfe, denn wir haben es da einmal mit der Pflege im klassischen Sinn zu tun, aber auch mit der Verkehrssicherungspflicht, denn
Denn dafür sind ja die Träger dann auch zuständig und das kostet leider alles richtig viel Geld. Aber ich denke, dieses Geld ist sehr gut investiert und wir müssen uns aber, und wir kommen bestimmt noch zu dem Thema, auch ganz, ganz kräftig Gedanken machen, wie wir diese Finanzierung auch künftig gewährleisten können.
Olaf Zimmermann, Sie sind Nachbar des Friedhofs, haben Sie vorhin verraten. Gucken Sie darauf auch als, um ein weiteres Stichwort noch mal zu bemühen, als eine Art von Skulpturengarten, als eine Art von kulturell gestalteter, geschichtlich geprägter Art und Weise zu gedenken? Oder gucken Sie stark auf den Naturraum? Ich weiß, dass Sie dem Naturschutz verbunden sind. Was liegt oben auf?
Für mich ist ein Friedhof nicht nur eine schöne Parkanlage, sondern das ist schon was ganz Eigenes und was ganz Besonderes. Man kann das hier an diesem Friedhof, finde ich, von wenigen Metern von hier entfernt sehen. Da gibt es ein Unternehmer-Ehepaar, das hat sich ein Grabmal gestaltet. Und dann steht da, dass innerhalb von wenigen Wochen ihre vier Kinder an Schallach gestorben sind und dort begraben wurden.
Also mich nimmt das immer noch mit, wenn ich das sehe und wenn ich das lese. Und zwar jedes Mal, obwohl ich es schon so unglaublich oft gelesen habe. Und trotzdem nimmt es mich mit. Oder auch nicht viel weiter weg ist das Grab von Bertolt Brecht, wo ganz viele Menschen auch hinpilgern.
Und ich glaube, wie auch ich manchmal die Frage stellen, hey, was würdest du denn zu den Sachen sagen, über die wir uns gerade im Moment Gedanken machen? Wie würdest du auf das oder jenes jetzt reagieren? Also ich finde, das Besondere ist,
dass hier ja wirklich Menschen begraben worden sind. Menschen mit Geschichte, Menschen mit einer Vita. Und das unterscheidet Friedhöfe von allen anderen Orten, in denen wir sonst sind. Und dann gibt es eben die Natur auch drumherum. Es gibt natürlich auch die Frage, manche Menschen,
Der Grabmale sind richtig toll, schön. Es gibt auch unglaublichen Kitsch, wie überall. Aber auch das gehört zu dieser Vielfalt letztendlich dazu. Aber das Ganze macht aus, dass das ganz besondere Orte sind, die nicht mit irgendwelchen anderen Orten zusammenhängen.
zu vergleichen sind. Und deswegen finde ich auch die Frage, was machen wir mit diesen Orten mitten in der Stadt, total spannend. Und ich finde gerade auch, sie jetzt nicht nur als Kulturorte, nicht nur als Naturorte, nicht nur als Orte des persönlichen Gedenkens zu sehen, sondern dieses Konklomerat aus alledem, das ist das total Spannende und das findet man nirgendwo anders.
Dann schreiten wir dieser Transformation nochmal nach. Ich glaube, wir haben gut die Dimensionen ausgeleuchtet. Tobias Pehle, Sie haben ja einen ganz guten Überblick über sehr unterschiedlich angelegte und ausgerichtete Friedhöfe. Wenn Sie jetzt dieses Stichwort der Transformation von Britta Behrendt aufnehmen, nach Ihrem Eindruck, wann geht es denn leichter mit der Organisation eines Friedhofs und wann ist es schwierig?
Also ganz grundsätzlich ist schon mehrfach hier gesagt worden, dass Friedhöfe, anders als man meistens denkt, doch Orte der Lebenden sind. Und die Lebenden gestalten die Friedhöfe, nutzen sie, bespielen sie in irgendeiner Form, wie man es auch immer nennen mag. Und so ist es natürlich auch ein Abbild, alle Friedhöfe sind natürlich auch ein Abbild all der Menschen, die sich um diese Friedhöfe zu kümmern haben und die sie auch vielleicht freiwillig gestalten und nutzen.
So und da sieht man ganz deutlich, wo zum Beispiel Kommunen, wo Kirchengemeinden einen Fokus auf die Friedhofskultur werfen und auch die Verantwortung, die damit verbunden ist, auch ernst nehmen und auch dort dann wirklich für sich auch kämpfen ein Stück weit für die Friedhofskultur.
Denn nichts geht wie überall auf der Welt von ganz alleine, sondern wir brauchen Engagement, wir brauchen Ideen, wir brauchen gerade in der Zeit, in der die Dinge sich verändern, vor allen Dingen auch eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Dingen und wir brauchen, das glaube ich auch, Unterstützung.
Also die Friedhofskultur nur auf das zu reduzieren und die Verantwortung auf diejenigen, die die Verwaltung zum Beispiel machen, reicht nicht aus. Ich glaube, Friedhofskultur ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und wenn wir uns dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe nicht stellen, sondern sie weiterhin irgendwo partiziell abladen, beispielsweise auf ein Presbyterium in einer kleinen Kirchengemeinde auf einem Dorf, das überhaupt keine Ressourcen und gar keine Möglichkeiten hat, wirklich gestaltet tätig zu werden,
dann wird es schwierig. Aber ich sehe auf der anderen Seite große Chancen darin, wenn wir zusammensitzen und darüber sprechen, was wir alles gemeinschaftlich machen können. Und ich würde noch mal gerne betonen wollen, dass die Friedhöfe nicht in einem Tal des Jammerns sich befinden, sondern sie befinden sich eigentlich auf einer
ich sag mal, anhöhe oder auf einem Hochplateau der Kultur und der Menschlichkeit. Und wenn wir uns das vergegenwärtigen und wenn wir da einen Schritt weiter gehen und das auch annehmen, dann sehe ich sehr, sehr positive Entwicklungen voraus. Ich würde gerne nochmal reagieren auf die Kultur der Menschlichkeit, weil es tatsächlich auf Friedhöfen ja auch darum geht, immer berührbar zu bleiben von dem, was Menschen erleiden.
und auch, dass man es überstehen kann. Mich reißt zum Beispiel das wirklich im Herzen, wenn ich Kindergräber sehe. Und sehe ja manchmal, wenn wir auch gerade Sternenkindergottesdienste oder so machen, zu merken, was dann dieser Ort auch an Gemeinschaft schafft. Also dass ich eben mit einer Trauer nicht alleine bin, sondern dass es auch andere Menschen gibt, die da direkt nebenstehen, die genau wissen, was es bedeutet und was das für ein tiefer Riss im Leben ist.
wenn man einen Menschen, den man so liebt, nicht wieder ins eigene Leben zurückholen kann. Und dann bleibt natürlich noch die Liebe, aber es ist eben eine andere Form des Lebens, die dann weitergeht. Und dass es weitergeht, dass es auch vielleicht sogar mit der Gemeinschaft der Trauernden weitergeht, ist in diesem Ort des Friedhofs verankert.
Und da zu merken, es wird auch andere Menschen berühren und nicht nur alleine mich, die es betrifft. Und dass das geteilt wird, dass also auch Schmerz geteilt wird, damit er zu bewältigen ist. Das finde ich ist eine enorme Kraft, die in diesem Kulturort steckt. Ist das an einem, ich weiß jetzt nicht genau, was für Möglichkeiten da,
Friedhöfe als Orte für Lebende zu entwickeln, schon genutzt, gesucht und gefunden wurden. Aber wenn ich Ihnen zuhöre, Frau Feers, dann habe ich das Gefühl, dass er als Schutzraum für Trauernde auf jeden Fall funktionieren muss oder soll.
Und das würde ja vielleicht auch für die eine oder andere Initiative, die sich Lebende wünschen würden für den Friedhof gegenüber von Ihrem Balkon, Folgen haben, oder?
Ich bin jetzt vor kurzem mit einer Jugendgruppe in St. Pauli auf einem Friedhof gewesen in Altona. Das ist ein sehr besonderer Friedhof. Und ich habe dabei zwei Beobachtungen gemacht, die ich ganz faszinierend fand. Vorher großes Gewirbel, Geschnatter. Und in dem Moment, wo man auf diesem Friedhof war, wurden die Jugendlichen leise. Also es hat sich sozusagen die Stille übertragen.
Und es ist was Unbewusstes. Das heißt, es hat was stattgefunden, dass die Jugendlichen sofort verstanden haben, an diesem Ort geht es um Respekt. An diesem Ort geht es um eine Würdigung. Das haben sie sofort verstanden. Und dann war eine der ersten Fragen an mich, was eigentlich Trauern ist. Es ist nicht mehr klar,
Dass Emotionen, das Weinen, das Trauer, die ja oft verbunden ist mit ihrer Schwester, der Wut oder der Ohnmacht, also all die Gefühle, die heute unter der Kategorie Losen stehen, der Loser, dass das aber dazugehört zum Menschsein und dass das an diesem Ort eine Berechtigung bekommt, eine Erlaubnis bekommt.
Und das hat mich nochmal richtig neu darauf aufmerksam gemacht, die ich aufgewachsen bin, gegenüber von einem Friedhof und die ich noch kenne aus Kindertagen, was es heißt, dass Menschen aufgebahrt wurden und sich ein Dorf verabschiedet hat.
Also das heißt, wo der Tod tatsächlich noch im Leben einen Platz hatte und der Schmerz und die Trauer und das Weinen einfach dazugehörte, genauso wie der sogenannte Leichenschmaus hinterher, der ja eine ganz große psychologische Rolle darin findet, dass man sich auch wieder entlastet. Also das heißt, das Leben hat auch dann wieder seinen Zugang zum Leben.
In diesen Ritualen ist ja ganz stark verdichtet, was der Mensch braucht, um leben zu können. Also um auch mit dem Tod leben zu können und um Trauer überhaupt, das ist ja der Begriff, bearbeiten zu können. Es ist eine Seelenarbeit. Und dass die Jugendlichen das nochmal erfragt haben an dem Ort,
war für mich genau der Hinweis, dass je mehr Menschen einen Friedhof besuchen, umso mehr auch Kontakt bekommen zu dieser Seite des Lebens, die zu sehr verdrängt wird und damit auch ein Problem besteht. Also ein Ort, der Perspektiven auf das Leben nahelegt, die wir vielleicht sonst nicht so empfinden.
Britta Behrendt, helfen Sie unserem kleinen Workshop für die Gestaltung der Transformation der Friedhöfe nochmal mit ein paar Eckpfeilern. Also wir haben von Ihnen gelernt, die Zahl der Bestattungen geht zurück. Wenn ich jetzt als frischgebackener neuer Verantwortungsträger eines Friedhofes vor Ihnen stünde,
und ratlos wäre, was würden Sie mir an die Hand geben? Was würden Sie sagen, sind gute Perspektiven, die ich mal einnehmen sollte? Wann entwickeln sich Friedhöfe gut? Was ist dafür nötig? Also dann würde ich Ihnen empfehlen, seien Sie vor allem offen. Jedenfalls, wenn Sie diesen Friedhof in dieser Stadt betreiben wollen. Denn ich finde, das ist ja auch ganz typisch für Berlin, dass wir eben eine sehr multikulturelle Stadt sind. Also wir kratzen ja gerade so an der Vier-Millionen-Grenze ab.
Und 39 Prozent der Menschen, die in Berlin leben, haben einen Migrationshintergrund und 19 Prozent einen muslimischen Migrationshintergrund. Das heißt, dass wir natürlich diesen Wandel überall in der Stadt sehen, aber eben natürlich auch auf unseren Friedhöfen. Und das ist ja eigentlich auch eine sehr positive und schöne Nachricht. Wir
Wir beobachten, dass die Menschen, die aus muslimischen Ländern kommen, zunehmend nicht mehr, wie es früher der Fall war, sich zum Beerdigen in die Heimat zurück haben bringen lassen, weil sie in der Heimaterde begraben sein wollten, sondern sie wollen zunehmend in Berlin begraben werden, weil das ist ihre Stadt, das ist ihre Heimat und sie möchten auch, dass ihre Verwandten sie auch besuchen kommen können.
Und das finde ich ist erstmal eine sehr gute Botschaft für uns alle, denn das hat ja ganz schön viel Aussagekraft auch über das Ankommen in dieser Stadt. Und ehrlich gesagt, für mich hat diese Möglichkeit, sich auch nach dem eigenen Ritus begraben lassen zu können, ganz viel mit Menschenwürde zu tun und das betrifft so den innersten Kern des menschlichen Daseins.
Und das merken sie spätestens dann, wenn sie bei einem runden Tisch zu muslimischen Bestattungen mit den Betroffenen sprechen. Und sie gucken in Augen, die immer noch den Schrecken widerspiegeln aus der Corona-Zeit zum Beispiel, wo auf einmal so viele Sterbefälle da waren und die Menschen nicht mehr in der Lage waren, ihre Angehörigen in der nach dem muslimischen Ritus gebotenen Zeit unter die Erde zu bringen.
Und das ist wirklich, da denken sie, das kann eine Stadt nicht zulassen. Da müssen wir wirklich gemeinsam ran, um da die Möglichkeiten zu schaffen. Und als Stadt tun wir da viel. Wir unterstützen auch finanziell.
Aber wichtig ist natürlich auch, dass wir die Friedhofsträger davon überzeugen. Denn es ist auch nicht so einfach. Sie müssen ganz viel anders machen, wenn sie auch muslimische Bestattung anbieten wollen. Und da gibt es natürlich auch Berührungsängste, dass man was falsch macht. Und am Ende des Tages müssen sie auch da gewährleisten, dass alle, die dann praktisch auf den Friedhof kommen, friedlich und konsensual miteinander trauern können.
Und Sie haben ja eben gesagt, wenn die Kinder auf den Friedhof kommen, dann sind sie still. Aber ich sage mal, still sind nicht alle in der Trauer. Es gibt ja ganz unterschiedliche Formen des Trauerns. Und wenn Sie mal schauen, wie Menschen auf dem muslimischen Friedhof, dann sitzt man da und spricht und spielt Karten. Das ist einfach eine ganz andere Form des Umgangs mit Trauer. Und das hat natürlich seine Existenzberechtigung. Es ist auch schön,
Das müssen Sie aber miteinander irgendwie verbinden, sodass alle friedlich miteinander auch auf dem Friedhof umgehen können. Deswegen, wenn Sie einen Friedhof aufmachen würden, würde ich sagen, gucken Sie sich erst mal die Menschen in dieser Stadt an und überlegen Sie sich ein Angebot für die. Dann können Sie, glaube ich, auch ganz gut damit leben. Und ich weiß, der Evangelische Friedhofsverband hat ja auch genau das getan, hat sich geöffnet. Und ich weiß auch, wie schwierig das ist, denn Sie müssen wirklich sehr, sehr flexibel sein, müssen bereit sein, sich in die Menschen reinzudenken.
Und eben die Angebote auch wirklich ernsthaft zu machen. Und was ich auch empfehlen würde, dass sie auch andere Generationen auch direkt von Anfang an mitnehmen und sich auch nicht, sagen wir mal, innovativen Lösungen verschließen. Denn da haben wir in Berlin ja auch einige. Also wir haben ja zum Beispiel den Leisespielplatz. Ich weiß nicht, ob Sie den kennen, im Prenzlauer Berg. Da wurde ein Teil von einem Friedhof verkauft.
und einen Spielplatz errichtet. Aber nicht irgendeinen Spielplatz, sondern einen ganz besonderen Spielplatz, der leise Spielplatz. Und der ist eben neben dem normalen Friedhof da. Das erfordert natürlich auch wahnsinnig viel Toleranz von allen Beteiligten. Aber Toleranz ist ja was, was wir, glaube ich, gerade in diesen Zeiten auch nicht früh genug lernen können. Insofern, das wären so die ersten Ratschläge, die ich Ihnen geben würde. Und dann würde ich Ihnen ganz viel Glück wünschen und frohen Mut.
Vielen Dank. Das ist schon mal gut und das sind, glaube ich, wichtige Fingerzeige. Da gibt es einen Aspekt von Segregation in der Art und Weise, wie wir uns Bestattung wünschen, wie wir bestattet werden.
Da dividieren wir uns aus der Nachbarschaft vielleicht wieder in irgendwelche Religionsgruppen. Und dann gibt es das Gegenteil. Dann gibt es sozusagen auch diese Integration. Ist das ein Problem? Sie haben es eben angesprochen, dass es natürlich spezifische Erwartungen gibt, je nachdem, was für einen Ritus man sich wünscht und was für eine Form von Trauerprozess, von Beerdigung man sich verbunden fühlt.
Wie kann man denn sowas, sagen wir mal, für so eine multikulturelle Stadt in Deutschland, wie kann man denn sowas organisieren? Herr Pehle, Herr Zimmermann, haben Sie eine Idee? Ich würde gerne zumindest einmal ein bisschen...
Wasser in diesen Wein kippen, weil das mir jetzt ein bisschen zu ideal alles angehört hat bisher. Also das heißt, die Menschen kommen alle hierher, weil sie sich beschäftigen wollen, weil sie Trauer haben und so. Also wie ich gerade eben hier hingekommen bin, bin ich erst, also hier dem Dorontestetschen Friedhof ist der französische Friedhof vorgelagert, bin ich über den französischen Friedhof hineingegangen und dann saß da eine Gruppe und die trank kräftig Bier.
auf dem Friedhof. Also die Frage wird ja sein, wie weit wollen wir da gehen? Also das ist alles okay, ist eindeutig ein Teil der Stadtgesellschaft und eine Normalität in Berlin, ohne Zweifel. Aber wollen wir diese Normalität zum Beispiel auch auf einem Friedhof haben oder sagen wir, nee, auf einem Friedhof nicht? Wenn ich einen speziellen Spielplatz habe, wo leise gespielt wird, ist das ja schon eine Möglichkeit,
Ja, eine besondere Struktur, aber betrifft ja nicht wirklich Spielplätze. Also die meisten Spielplätze sind ja nun genau das Gegenteil davon. Das ist auch gut so, dass dort eher laut gespielt wird. Also die Frage ist ja, wenn wir diese Veränderungen auch von Friedhöfen haben wollen und wenn diese Friedhöfe nicht mehr alleine sind,
dann für die Menschen sind, die trauern und die, die da sind, dann ist ja schon die Frage, wie weit wollen wir da gehen? Wollen wir da Konzerte veranstalten? Wollen wir Ausstellungen veranstalten? Setze ich mich da hin, weil ich feiern will? Kann ich da vielleicht auch übernachten nachts? Also das sind ja Fragen, die ich finde, dass wir die dann schon auch ernsthaft beantworten müssen und sagen müssen, wie weit wollen wir an diesen spezifischen Orten hinweisen?
Und ich finde es schon wichtig, dass wir zumindest so etwas wie eine Grundehrfurcht erhalten bei diesen Orten und die nicht aufgeben, nur weil sie auch zum Teil der Stadtgesellschaft gehören.
Tobias Pehle, ist die Grunderfurcht in Gefahr, wenn Friedhöfe sich bunter aufstellen? Vorher sollte ich noch mal eben sagen, wir sprechen über das immaterielle Erbe Friedhofskultur, weil es seit fünf Jahren im bundesweiten Verzeichnis als immaterielles Kulturerbe aufgenommen ist. Mit dabei sind Britta Behren, die Staatssekretärin für Klimaschutz und Umwelt in der Senatsverwaltung in Berlin, Christen Pferst, die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Olaf Zimmermann, der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, den Sie eben gehört haben, und Tobias Pehle, der Geschäftsführer des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur, dem ich dann nochmal meine Frage zuwerfe. Gefährdet vielfältige kreative Entwicklungen der Friedhofskultur, dass es ein Schutzort für Menschen, für Trauernde bleiben kann?
Also mir spontan, als Herr Zimmermann vorhin was gesagt hat, der Satz eingefallen, Freiheit geht nicht ohne Verantwortung. Ich glaube, wenn wir mehr zulassen und wenn wir mehr öffnen und wenn wir mehr transformieren, dann müssen wir auf der anderen Seite auch schauen, dass es eine Kompetenz dafür gibt. Ich nenne das einfach mal so, eine Kompetenz, zum Beispiel andere zu respektieren.
hinzuschauen und nicht einfach nur immer zu gucken, was habe ich gerade für eine Lust, was möchte ich gerade tun, sondern vielleicht auch, was ist an diesem Ort angebracht und was brauchen Menschen, wir als Gesellschaft an diesem Ort.
Und ich glaube, es kann nur über einen gesellschaftlichen Konsens darüber funktionieren, was wir unter zum Beispiel Würde der Bestattung und des Gedenkens und Erinnerns insgesamt verstehen. Und wir haben bislang immer die Kirchen gehabt, die uns da einen, ich sage mal, moralischen, ethischen Kontext, einen Rahmen gegeben haben. Und dieser Rahmen existiert in der Form nicht mehr. Und ich denke, wir brauchen eine intensive Diskussion darüber, was wir unter Menschlichkeit verstehen müssen,
was wir unter Gemeinschaft verstehen und was wir auch untereinander unter Rücksichtnahme und Miteinander verstehen. Und auch da, Sie haben am Anfang gesagt, Seismograph der Gesellschaft, ich glaube, die Diskussion, die gerade jetzt in dieser Form darüber geführt wird, zeigt sehr deutlich auf,
wie relevant die gesamte Diskussion insgesamt bei uns zurzeit ist und da die Fragen eben von Respekt, von Würde, von Miteinander kontra eines übertriebenen Individualismus oder eines sogar schädlichen Egoismus. Ich sehe auch eine Chance darin und ich sehe uns da als Kirchen durchaus in der Bewegung und nicht nur als eine, die den Rahmen hält,
sondern auch natürlich die Individualisierung in den Trauerritualen, dem auch mit nachgeht. Denn es hat sich wirklich was verändert, auch weil Tod etwas so unglaublich Brachiales in der Lebenssituation ist und den totalen Ausnahmezustand darstellt.
Und das heißt, die Trauerrituale verändern sich auch, weil sie der Versuch, eben immer der letzte Versuch sind, das Beste dem Liebsten mitzugeben. Und mir ist das besonders in der Pandemie aufgefallen, dass dann ja logischerweise draußen ganz oft, auch bei bitterkalten Temperaturen, draußen Trauerfeiern stattfanden. Und das hat gar nicht nur schlecht getan.
Weil nämlich zum Beispiel die Musik auf einmal draußen stattfand. Dass es Pavillons gab unter offenem Himmel, also wenn man so will, direkt unter dem Himmel, wohin ich ja auch dann denke, für viele Menschen ist das ja so, dass der gestorbene Mensch dort geborgen ist, ich sage in Gottes Hand. Aber das heißt, man hat ein Firmament, das sich aufspannt. Und damit deutlich zu machen, die Rituale brauchen eine dem Menschen auch...
bindende Kraft von Ängsten und von Ohnmacht. Und das hat was mit einer Kulturveränderung zu tun, die ich schon in vielen Friedhöfen wahrnehme und auch in vielen Ritualen und Zeremonien. Und das finde ich auch ist richtig so.
Mir ist nur gerade, musste ich etwas schmunzeln, als Sie das mit dem Bier sagten, denn leider mein Vater ist vor einigen Jahren verstorben, viel zu früh. Jedes Mal, wenn ich ihn, er war ein passionierter Biertrinker und jedes Mal, wenn ich ihn zu Hause in Koblenz auf dem Friedhof besuche, bringe ich ihm ein Bier mit und stelle es auf sein Grab.
Insofern, ich glaube aber, Sie meinten ja was anderes. Ich glaube, das sind auch so Aushandlungsprozesse. Da gibt es kein Falsch und Richtig. Wichtig ist, dass man gegenseitig mit Respekt umgeht und einfach versteht, offen ist. Wer ist denn da? Wie fühlt er sich?
Ich glaube, das ist das Einzige, was einfach angebracht ist. Und wenn wir uns die Geschichte angucken, wie oft haben sich denn Rituale verändert, ständig. Also im Mittelalter gab es ja auf Friedhöfen Märkte und da war ein wildes Treiben auf dem Friedhof. Das ist einfach ein stetiger Wandel und wir sind Teil davon und das ist auch das Spannende.
Darf ich da nochmal nachfragen? Gibt es, sagen wir mal, Ordnungsschwierigkeiten auf Friedhöfen? Und wenn ja, wie geht man damit um? Muss man dann irgendwie Personalbereit halten? Also ich bin ja nicht die Polizei.
Aber wir haben ganz viel mit so organisierter Kriminalität zu kämpfen, die wirklich gezielt Metalle klauen von den Friedhöfen. Und zwar, Sie kennen ja sicherlich alle den wunderschönen jüdischen Friedhof in Pankow. Da gibt es ja diese großen Grabmale, die sind ja wie so kleine Häuser letztendlich und haben oft auch so eine Metallkuppel obendrauf.
Und da wurden wirklich von diesen Kuppeln einige entwendet und man kann es sich gar nicht erklären, wie das überhaupt möglich war. Und das haben wir nicht nur in Berlin, sondern überall. Also wir haben ein ganz ernstes Kriminalitätsproblem. Ordnungsproblem haben wir wahrscheinlich auch, aber mir macht wirklich dieses Kriminalitätsproblem wirklich viel mehr Sorge.
Wenn ich noch kurz ergänzen darf, es ist natürlich immer dann sehr auffällig, wenn etwas auf Friedhöfen passiert. Beispiel der berühmte Hundehalter, der seinen Vierbeiner nicht im Griff hat und der über den Friedhof läuft und dann irgendwelche Gräber durchfliegt. Dann kommt ganz schnell der Wunsch auf, bitte schön Hunde auf Friedhöfen zu verbieten.
Jetzt gibt es auf der anderen Seite die Waltraud, die ihren Waldemar begraben hat und die haben die ganze Zeit mit dem Waldi zusammengelebt und für die Trauerverarbeitung von Waltraud ist der Waldi ganz, ganz wichtig.
Die Frage ist dann in unserer Gesellschaft, orientieren wir uns an den, ich nenne sie einfach mal Idioten, an den 1, 2, 3 Prozent, die einfach immer irgendwie Probleme verursachen, auch auf Friedhöfen, oder orientieren wir uns an der großen Masse der Menschen, die sich vernünftig verhalten und die respektvoll und gut umgehen.
Für mich ist natürlich die Kriminalität. Ich bin selber betroffen von Grabschändung, auch bei mir. Bei uns ist eine Figur von unserem Familiengrab geklaut worden. Das war fürchterlich.
Aber gleichwohl, Bandenkriminalität und organisierte Kriminalität ist ein Feld. Aber für die meisten und die entscheidenden Fragen gilt für uns doch eigentlich mehr, was geht es denn die meisten Menschen an? Und da ist eben ein doch sehr vernünftiges Verhalten auf Friedhöfen da. Ich denke, jeder, der friedhofsverwaltend ist, kann das auch bestätigen. Es sind eher die Ausnahmen als die Regel der Menschen, die sich da irgendwie daneben benehmen oder falsch benehmen.
Helfen Sie mir nochmal genauer zu verstehen, warum es weniger Bestattung gibt. Sterben weniger Menschen oder wählen weniger Menschen auf Friedhöfen bestattet zu werden? Oder sind gerade die Friedhöfe, die eine konfessionelle Ausrichtung haben, sozusagen weniger nachgefragt, weil die Mitgliederzahl sinkt? Oder woher kommen die quantitativen Schwierigkeiten?
Naja, ich glaube, es war viele Jahrzehnte so, ein bisschen so, dass man den Eindruck gewinnen konnte, die Menschen mussten für die Friedhöfe bzw. die Friedhofsatzungen da sein und weniger, dass die Friedhöfe für die Menschen da sind.
Ich glaube, gerade ändert sich eine ganze Menge. Die viele Friedensverwaltungen gucken sehr genau darauf, was es in ihren Umfeldern für Wünsche und Bedürfnisse von Trauernden und Hinterbliebenen gibt. Und je genauer sie hinschauen, desto weniger Abwanderung gibt es. Aber es gibt halt eben auch, das ist ein Teil der Wahrheit, viele Friedhöfe, die eben überhaupt nicht attraktiv sind, die keine Faszination haben.
die eigentlich schlichtweg nur verwaltet und nicht gestaltet worden sind, in denen nicht gelebt worden ist. Und von diesen Friedhöfen wenden sich viele Menschen ab. Und ein weiterer Punkt ist sicherlich, dass die Generationen vor uns alle auch
originäre Friedhoferfahrungen hatten, das heißt mit ihren Eltern, mit ihren Großeltern zum Beispiel auf Friedhöfen gegangen sind. Viele Menschen haben heute überhaupt keine Vorstellung mehr davon, was ein Friedhof ist und was er bedeuten kann. Zu diesem Transformationsprozess, den Sie angesprochen haben, gehört ganz bestimmt auch, dass wir die Notwendigkeit sehen, dass wir mehr Menschen auf die Friedhöfe mit ihren originären Erfahrungen bringen können. Es nützt nichts, das digital zu machen.
Wir müssen Angebote schaffen, wie Menschen Friedhöfe vielleicht auch neu erleben können und dann vielleicht auch dahin zurückfinden, zu dem, was wir als ganz positives Friedhofsbild in uns tragen. Ist das eine Form von
Vertraut werden durch persönliche Erlebnisse oder müsste man als Teil einer kulturellen Heranführung an die Gegenwart dann auch Friedhöfe in Augenschein nehmen? Sie haben erzählt, Sie waren, Kirsten Fehrs, mit einer Jugendgruppe dort. Das wird für die sicher so eine Form von Prägung gewesen sein auf Kultur. Was haben wir denn für praktische Möglichkeiten in dieser Weise, ohne da jetzt mit einer großen pädagogischen Keule zu reden?
zu operieren, Friedhöfe nahezubringen nach wachsenden Generationen mit anderen Ansprüchen.
Also ich kann jetzt für Berlin sagen, wir haben bei uns in der Verwaltung ein wahnsinnig engagiertes Team und die haben ziemlich früh erkannt, dass wir auch Werbung machen müssen für unsere Friedhöfe und auch deutlich machen müssen allen Beteiligten, was für ein Schatz das letztendlich ist, den wir in unserer Stadt haben. Denn wir sind eine sehr stark wachsende Stadt und das hat zur Folge, dass wir einen riesigen Konkurrenzdruck haben auf die Flächen, die wir haben. Das heißt, es gibt auch sehr große Interessen daran, auch Friedhöfe zu bebauen zum Beispiel.
Wir sind ja die Umweltverwaltung, deswegen möchten wir ganz gerne, dass möglichst viele Flächen natürlich nicht bebaut werden, haben aber auch durchaus Verständnis dafür, dass teilweise Flächen auch aus der wirtschaftlichen Not heraus der Träger auch teilweise bebaut werden müssen.
Aber die Frage war ja eigentlich, wie kann ich den Menschen Friedhöfe näher bringen? Und wir haben bei uns, ich glaube es war so 2021, eine eigene Homepage erstellt. Und zwar heißt die nämlich Mein Kiez, mein Friedhof.
Und da finden Sie ganz viele Informationen über die Friedhöfe in Ihrem eigenen Kiez. Und es ist vor allem auch ein Veranstaltungskalender, denn auf den Berliner Friedhöfen findet wahnsinnig viel statt. Lesungen, auch Konzerte, Yoga können Sie da auch machen. Also es ist ein ganz, ganz breites Angebot. Und da kann sich jeder kundig machen, was in seinem eigenen Kiez passiert.
Wir haben auch einen Tag des Friedhofs bei uns. Und zwar ist das immer der dritte Wochenende im September. Da gibt es in der ganzen Stadt Veranstaltungen auf den Friedhöfen. Und das ist auch immer wirklich wahnsinnig gut besucht. Und beim langen Tag der Stadtnatur im Juni haben wir auch immer ganz viele Angebote auf unseren Friedhöfen. Also ich glaube, man muss einfach den Menschen auch zeigen, was es für ein Schatz ist, den wir in der Stadt haben.
Ich würde gerne noch mal ein Stückchen weiter nach vorne schauen. Bevor ich Werbung für die Friedhöfe mache, geht es erst noch mal darum...
Ist es eigentlich wichtig, dass ich irgendwo begraben werde und auffindbar bin, dass ich dort begraben worden bin? Und das glaube ich ist schon eine ganz besondere kulturelle Frage, die man eigentlich so stellen kann. Das beginnt ja mit der Frage, wenn ich tot bin, soll es einen Ort geben, wo andere trauern können um mich?
Möchte ich, dass ich da auch mit meinem Namen zum Beispiel zu erkennen bin, was ja viele nicht möchten auch mehr. Also es gibt ja auch eine Entwicklung, wo man eben eher anonym bestattet werden will oder auch nicht auf einem Friedhof, sondern in einem Friedwald oder etwas Ähnliches. Das sind ja schon kulturelle Veränderungen. Also für mich ist es wichtig und das Besondere von Friedhöfen, sage ich auch sehr deutlich, ist auch der Name an einem Grabstein. Also das heißt, die Identifizierbarkeit
dass Menschen, ich sage mal, auch der Ort deutlich erkannt worden sind, wo sie auch wirklich beerdigt worden sind. Und das ist, finde ich, schon eine kulturelle Frage, weil ich glaube, dass auch Kulturentwicklungen etwas damit zu tun haben, dass Menschen
beim Namen genannt werden, dass sie quasi beim Namen gerufen werden. Diese klare Identifizierbarkeit, dass das bleibt. Und das sind für mich Friedhöfe. Ich sehe das immer mit großem Interesse, aber nicht mit großer Begeisterung, dass die anonymen Grabfelder quasi immer größer und größer werden. Was ich einfach schade finde, weil eigentlich, finde ich, gehört es dazu, dass wenn der Mensch stirbt, dass er eben nicht
auch nicht als Person, als benannte Person verschwindet, sondern dass er da ist. Es ist schon, finde ich, anstrengend genug, dass wir ja
im christlichen Glauben, wir Protestanten, finde ich, sehr radikal abräumen. Auch nach einigen Jahren, da gibt es ja andere Glaubensgemeinschaften, die da eine größere Dauerhaftigkeit haben. Aber jetzt ganz anonym quasi begraben zu werden, das finde ich, ist schon auch eine kulturelle Veränderung, die ich sehe, aber die ich zumindest für mich persönlich nicht als sehr gut empfände. Das ist ein Vers.
Bei uns auf dem Dorf früher war entscheidend, wie man sich um Grabpflege bemüht, der eigenen Angehörigen. Wehe, du hast das mit der Hecke nicht ordentlich hingekriegt. Das war Gesprächsstoff.
wochenlang und es war eine besondere Form des sozialen Miteinanders zu sagen, wo haben die Leute ihr Grab, also quasi ihre Angehörigen nicht gepflegt. Also jetzt auch im Totenzustand. Und dieses Aufeinanderachten, das hat ja eine hohe Achtsamkeit und dabei auch deutlich zu haben, das ist der Name und das ist auch die Geschichte dieses Menschen, der auch bekannt ist.
Hat sich in Zeiten, wo wir die größte Pest haben, in der Einsamkeit. Und ich glaube, dass viele Menschen aufgrund ihrer Einsamkeit genau diesen Entschluss fassen, anonym beerdigt zu werden. Und das, weil du nicht weißt, wer dein Grab pflegt. Weil du überhaupt nicht weißt, ob es noch jemanden gibt, der das machen will.
Und vor kurzem sagte mir jemand, dass sie deshalb eben sehbestattet werden möchte, weil sie keinem zur Last fallen will. Und das ist im Leben wie im Sterben eine ganz große Not, finde ich, in dieser Gesellschaft, dass Menschen nicht mehr wissen, in welchen Kontaktflächen sie noch gewürdigt überhaupt werden. Und als Menschen mit dem Namen Sehbestattung
gesehen werden. Das ist ein Teil dieser hochindividualisierten Gesellschaft. Tobias Pehle. Ich glaube, es hat doch ganz viel damit zu tun, wie wir selbst uns verstehen. Und ein ganz wichtiger Punkt für mich ist dabei, wie offen sind wir beim Thema Tod, Erinnern, Sterben, Miteinander darüber. Ich meine, man hätte es auch als soziale Kontrolle bei Ihnen auf dem Dorf auslegen können. Ja.
Ja, es war ja nicht nur irgendwie ein Miteinander so nach dem Motto, wir gucken da ganz positiv auf den anderen. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir anfangen, mehr darüber zu sprechen. Und wenn ich frage, wenn jemand sagt, ich möchte mich gerne anonym bestatten lassen und ich sage mal, ja, ich werde auch meinen Kindern nicht zulast fallen und dann ist meine Standardfrage, hast du denn mal mit deinen Kindern darüber geredet?
Und ist das denn wirklich das, was auch deine Familie, deine Freunde, all das dein Umfeld gerne sich wünscht? Und ich glaube, je mehr wir gesellschaftlich dahin kommen, dass wir wieder anfangen, auch den Tod als Teil dieses Lebens zu betrachten und darüber auch miteinander sprechen, desto einfacher wird auch wieder dieser Weg dahin, den sich Olaf Zimmermann wünscht, dass man halt eben sagt, okay, das ist ein Raum, an dem auch persönlich erinnert wird.
Und ja, dass man einen Ort als Trauernde hat, an den ich kommen kann, auch der Trauer Ausdruck zu geben, das kann ich unmittelbar, also als die, die zurückbleibt, bestätigen. Aber genau in ihre Richtung wissen das die Leute voneinander oder wissen das Menschen voneinander, die gar nicht mal unbedingt verwandt sein müssen. Und vielleicht ist das nochmal ein neuer Impuls, auch aus so einer Debatte herzustellen,
da den Friedhof stark zu machen als einen Ort, dass auch andere deinen Namen lesen und sagen...
Ein wertvoller Mensch liegt da. Deswegen, wenn ich das nochmal sagen darf, glaube ich, ist es auch wichtig, also hier ist es ja klar, also hier sind wir ja auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, sind unglaublich viele Ehrengräber und man kann auch hier an Informationstafeln lesen, wer denn warum hier quasi liegt. Aber was ich ganz spannend finde, gibt es ja auch immer öfter auch in, in Anführungsstrichen, normalen Friedhöfen, ja,
auch Informationen über die Menschen, die dort liegen, obwohl sie eben jetzt nicht berühmt waren. Und das finde ich spannend. Also bei den Berühmten könnte ich es mir auch bei Wikipedia durchlesen, wenn ich das unbedingt wissen wollte. Aber bei den weniger Berühmten ist vielleicht der Friedhof der einzige Ort, wo ich also das noch finden kann. Und ich finde das, also wenn wir über Zukunft von Friedhof reden, finde ich also eben auch spannend,
mal festzuhalten, auch dort für andere, nicht nur die Angehörigen, wenn sie über den Friedhof laufen, wer liegt denn dort? Was haben die eigentlich auch für ganz normale Tätigkeiten gemacht? Was hat den Menschen ausgemacht? Das würde ich total spannend finden. Gedächtnislandschaft nochmal neu gestalten, ja, ein schöner Gedanke. Britta Behren, Sie haben mich vorhin total verstört.
Ich habe mir, glaube ich, in meiner kindlichen Vorstellung, ich hätte es als Erwachsener besser wissen können, aber ich habe mir irgendwie vorgestellt, Friedhöfe sind ewig.
Dass man da ein Stück verkauft und daraus einen Spielplatz macht, also schön, ich freue mich über den Spielplatz, aber dass ein Friedhof am Ende dann doch auch eine Fläche ist, die ausgesetzt ist unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichen Interessen zugeführt werden kann, hat mich doch ein bisschen verstört. Unter was für Umständen können Friedhöfe bebaut? Können Friedhöfe aufhören, Friedhöfe zu sein? Gibt es da Auflagen? Gibt es Entweihungen oder sowas?
Ja, das gibt es. Und auch das ist natürlich ein Aushandlungsprozess. Also wir haben in Berlin einen Friedhofsentwicklungsplan, der wurde erstellt, ich glaube 2006, als man festgestellt hat, 2020.
Jedenfalls als man festgestellt hat, es gibt einfach nicht mehr so viele Bestattungen und man muss irgendwie überlegen, was machen wir denn mit den Flächen, die wir haben. Und wir haben eben darüber gesprochen, der Erhalt von Friedhöfen ist wirklich sehr teuer. Das ist eine ganz große Herausforderung für die Träger der Friedhöfe. Und ich glaube, man muss dann irgendwie auch miteinander ehrlich sein und sagen, wir können nicht verlangen, dass der Landesverband, zum Beispiel der Evangelische Landesfriedhofverband, uns das alles erhält.
Und auch wenn da keine Bestattungen mehr stattfinden, also es gibt ja diese Regelungen 20 Jahre und dann nochmal die Pietätsfrist von 10 Jahren. Bei muslimischen Bestattungen ist es was anderes, bei den jüdischen natürlich auch, da gibt es ja diese Ewigkeitsgarantie, das ist nochmal was anderes.
Aber bei den christlichen Beerdigungen ist das so, dass irgendwann ein Friedhof wird dann auch geschlossen und dann finden keine Bestattungen mehr statt. Und dann muss man überlegen, was wird aus den Flächen. Also wir haben uns in Berlin darauf verständigt, dass für uns die Nutzung optimal ist, dass man eine Grünfläche daraus macht.
Aber wir sind auch wirklich, haben erkannt, das geht nicht, dass wir die Träger sozusagen so binden, sie aber nicht entsprechend entschädigen, denn sie können diesen Unterhalt ja nicht über die Gebühren abbrechen, das geht rechtlich nicht, sodass wir einen Kompromiss miteinander oder eine Vereinigung gefunden haben, dass wir sagen, es ist möglich, auch auf gewissen Friedhöfen zu bauen, auf Teilflächen, nicht auf dem ganzen Friedhof,
Das ist aber ein ganz, ganz komplizierter Aushandlungsprozess, wo ganz viele Beteiligte mitmachen müssen. Die Bezirke, natürlich der Träger, die Kirchen.
Und auch die Anwohner, Naturschutz, Denkmalschutz, das müssen sie alles in einem ganz komplizierten Prozess miteinander übereinbringen. Aber ich glaube, wir müssen diese Lösungen finden. Denn auch wenn wir als Land, wir unterstützen ja auch finanziell die Träger, aber das reicht nicht, gerade im Hinblick auf den Klimawandel. Das wird alles noch viel schwieriger und teurer. Und ich glaube...
Es ist eine Transformation, die ist vielleicht nicht immer schön, hätte man sich vielleicht auch anders vorgestellt, aber ich glaube, so ehrlich müssen wir alle miteinander sein, dass wir den Weg eben auch teilweise miteinander gehen müssen und auch wollen und uns da auch gegenseitig unterstützen. Schnittstelle zwischen Leben und Ewigkeit, aber auch die will gestaltet werden.
Wir haben über Friedhofskultur gesprochen, denn vor fünf Jahren wurde Friedhofskultur aufgenommen in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes.
Mein Dank gilt Christen Fehrs, der Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Britta Behrendt, der Staatssekretärin für Klimaschutz und Umwelt des Landes Berlin, Tobias Pehle, dem Geschäftsführer des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur und Olaf Zimmermann, dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Diskussion.