Das Politik-Teil, der wöchentliche Politik-Podcast von Zeit und Zeit Online. Hallo liebe Hörerinnen und Hörer, hier ist der Politik-Teil Roundtable. Ja, Sie haben richtig gehört, wir sind hier wieder an dem runden Tisch versammelt, obwohl es Donnerstagvormittag ist. Und wir am Donnerstagvormittag ja normalerweise immer das Politik-Teil aufnehmen, also unseren Klassiker, mit einem Thema, einem Gast, einem Geräusch und das Ganze in einer Stunde.
Wir haben aber am vergangenen Montag, also am Tag nach der Bundestagswahl, bereits eine Sonderausgabe von Das Politikteil aufgenommen mit dem Politikwissenschaftler Herfried Münkler. Ich hoffe, Sie haben das schon alle gehört. Und deshalb ist heute außerplanmäßig der Roundtable dran. Und wenn Sie jetzt, liebe Hörerinnen und Hörer, verwirrt sind, dann passt das wunderbar zur Gemütslage der Moderatoren hier. Es passt aber auch ganz prima zur politischen Lage.
Wir sind nun am Tag 4 nach der Wahl. Einiges hat sich zwar schon gelichtet, so wissen wir, dass eine weitere Dreierkoalition dem Land und uns erspart bleibt. Wir wissen auch, dass es wohl auf ein schwarz-rotes Bündnis hinausläuft. Früher hätte man das ja mal große Koalition genannt, aber da zwei mittelgroße Parteien keine große Koalition ergeben können, nennen wir es künftig nur noch schwarz-rotes Bündnis.
Und dass der kommende Kanzler wohl Friedrich Merz heißen wird, das ist uns auch schon bekannt. Aber manches liegt auch noch im Dunkeln und wir wollen nun heute hier ein wenig dieses Dunkel ausleuchten. Aber zuerst sollten wir uns vielleicht mal vorstellen, wer überhaupt heute hier an den Mikros ist. Ich bin Peter Dausend, Korrespondent im Hauptstadtstudio der ZEIT.
Und ich bin Tina Hildebrandt, ich bin eine von zwei, jetzt wird es schwierig, Leiterinnen des Politikteils der gedruckten Zeit und der zweite ist …
Das sind wir bei aller Heinrichsgott auf der Mandatiner Seite schon. Moment, Moment. Ja und dann begrüßen wir heute noch einen Gast. Eliana Grabitz kann heute bedauerlicherweise nicht da sein. Sie ist uns irgendwie abhandengekommen. Und um sie einigermaßen adäquat zu ersetzen, müssen wir schon ganz ins oberste Fach der Zeit greifen. Und deshalb freuen wir uns sehr, dass Martin Marowitz, der stellvertretende Chefredakteur der Zeit,
heute unser Gast ist und für Sie einspringt. Herzlich willkommen im Roundtable, lieber Martin. Hallo und ganz lieben Dank für die Einladung in diese, wie man mir sagte, wohl wichtigste Talk-Sendung im deutschen Fernsehen- und Podcast-Bereich. Ich finde es sehr schön, dass wir so harmonisch starten. Ich teile diese Einschätzung vollkommen und die beiden anderen, glaube ich, auch. Und weil du so nett mit uns hier umgehst, kriegst du auch gleich die erste Frage.
Was hat dich eigentlich, lieber Martin, am Wahlabend am meisten überrascht und was hat dich auch geärgert womöglich? Naja, also geärgert, das ist leicht zu sagen. Das ist der Umstand, dass die AfD nicht nur bundesweit bei 20 Prozent lag, sondern auch in Ostdeutschland, wo ich herkomme, in manchen Bundesländern bei 40. Und das ist jetzt nicht so überraschend gewesen, weil die Umfragen das prognostiziert hatten, aber...
Wenn man dann mal diese blaue Karte sieht und diese blaue Welle richtig wahrnimmt, dann ist es schon nochmal krass und geht nochmal ganz anders in die Knochen. Also das war für mich schon nochmal neu erschütternd. Überrascht hat mich mehreres. Also mich hat überrascht, klingt jetzt für euch vielleicht blöd, aber dass die FDP tatsächlich dann doch unter 5% gelandet ist. Ich hätte gedacht, sie kommt noch rein. Mich hat auch überrascht, dass die CDU unter 30% gelandet ist, weil ich mir eigentlich sicher war, dass sie besser abschneiden würde als in den letzten Umfragen.
Und mich hat so ganz explizit noch überrascht, dass den Aussagen von Robert Habeck alle an diesem Grünen nicht Wahlsieg schuld waren, außer die Grünen und Robert Habeck. Das fand ich auch interessant. Das war aber erst am Tag danach, oder? Ah, stimmt. Siehste, das bringe ich jetzt schon durcheinander, die zeitlichen Ebenen.
War das bei euch beiden, Tina und Heinrich, ähnlich oder gibt es andere Dinge, die euch überrascht haben? Ähnlich. Mich hat überrascht, dass das BSW dann doch noch so nah an die Fünf-Prozent-Hürde gekommen ist und am Wahlabend relativ lange ja auch so aussah, als kämen sie rein. Das hätte die Dinge noch ein bisschen komplizierter gemacht, als sie ohnehin schon sind.
Deswegen habe ich da den ganzen Wahlabend relativ schlecht lauend drauf geguckt, muss ich sagen. Aber das war für mich so eine Überraschung neben denen, die Martin gesagt hat. Und klar, was ärgert einen, was schockiert einen? Na, schockieren ist nicht mehr das richtige Wort, weil wir das ja irgendwie in den Umfragen schon vorher gesehen hatten. Ich hatte eigentlich die AfD fast auch noch stärker.
Nicht erwartet, aber befürchtet. Tina? Mich hat überrascht, dass man fast schon erleichtert ist, dass die AfD nur 20 Prozent hat. Das ist natürlich irre, weil sie sich verdoppelt hat. Aber es ist so, wie du sagst, Heinrich, ich hatte eigentlich auch
gedacht und gehofft, dass sie da ist, aber man hat es auch für sehr gut möglich gehalten, dass sie höher geht und deswegen war man fast ein bisschen froh und muss dann natürlich sich gleichzeitig schon wieder selbst einen Wickel packen und sagen, wie verrückt ist das eigentlich. Ich hatte auch gedacht, dass die Union stärker ist, dass da vorne eine 3 steht.
Und ich glaube, das hatte noch gar keiner von euch gesagt, ich war schon auch überrascht, wie stark die Linke ist. Also dass sie einen Trend haben, das war ja absehbar, dass sie im Aufwind sind, aber dass es dann so viel geworden ist, das fand ich überraschend, damit hatte ich nicht gerechnet. Und du, Peter? Ja, ich war ja am Wahlabend, war ich am Willy-Brandt-Haus und da bin ich ja schon seit Jahren immer an Wahlabenden. Und mich hat überrascht die Reaktion der SPD, also der versammelten Genossen im Willy-Brandt-Haus auf dieses historisch schlechte Ergebnis.
Ich habe schon andere historisch schlechte Ergebnisse dort erlebt mit Herrn Steinbrück, mit Herrn Steinmeier, mit Herrn Schulz als Kanzlerkandidaten. Und da war es so, als sie dann auftauchten, wurde immer frenetisch gejubelt, was sehr absurd war. Und dann war aber um sieben Uhr das Willy-Brandt-Haus eigentlich leer. Da sind die alle nach Hause gegangen, weil sie sehr frustriert waren ob dieser Niederlage. Und diesmal war es so, es wurde weniger frenetisch gejubelt.
Aber die Genossen sind viel länger geblieben, als ich um neun dann zu unserer Konferenz, wir hatten ja abends um neun Uhr noch eine Konferenz, aufgebrochen bin, waren noch sehr, sehr viele Genossen da und die waren irgendwie erstaunlich entspannt. Also irgendwie ist das kein gutes Zeichen, wie ich finde, dass man sich über Niederlagen, auch von diesem Ausmaß, nicht mehr wirklich ärgert. Das hat mich echt überrascht, muss ich sagen.
Und geärgert hat mich, dass unser Wahltipp noch nicht ausgewertet wird, weil ich glaube, ich habe den nämlich gewonnen. Wieder, Peter. Du bist ja unser, wie heißt dieser Krake? Krake Paul. Du bist unser... Krake Peter. Krake Peter. Krake Peter war doch der Einzige, der vor drei Jahren den Wahlsieg von Scholz vorausgesagt hat. In ganz Deutschland, glaube ich. Aber diesmal hast du nicht an ihn geglaubt, oder? Nee, nee, diesmal nicht. Aber jetzt genug des Selbstlobs. Darf ich eins noch sagen, Peter? Weil du das gerade von der SPD erzählt hast. Das hat mich im Verlauf des Wahlabends
Und dann zugegeben, da sind auch am Montag und Dienstag danach überrascht,
Die FDP ist rausgeflogen und zwar sehr deutlich, aber die tun so, als wären sie bei 5,6 und reden jetzt so ein bisschen darüber, wer könnte der nächste Parteichef werden, als sei irgendwie nichts passiert. Ich erinnere mich daran, wie sie das erste Mal rausgeflogen sind und da war es so ähnlich, wie du sagst, bei SPD-Wahleniederlagen, es war eine absolute Erschütterung in dem Raum zu spüren und nach 30 Sekunden war der Raum leer und keiner war mehr da.
Das ganze Buffet musste von den Journalisten alleine aufgegessen werden. Schlimm. Ja, wir haben uns aber tapfer der Aufgabe gestellt und dann tauchte Philipp Rösler nochmal kurz auf, ging irgendwie so irrlich dann durch den Saal und war auch nach 30 Sekunden wieder weg. Also ich finde die ganze Reaktion bei der FDP, wo ist eigentlich die Erschütterung, Fragezeichen.
Ja, man muss den Leuten gleich mal erklären, wer eigentlich Philipp Rösler war. Das hat man wahrscheinlich auch nicht vor dem Schirm. Schon lange her. Der war mal Parteivorsitzender. Ich habe ja heute in der heutigen Ausgabe der ZEIT, die ja heute erscheint, die große Freude, mit Tina gemeinsam ein Stück schreiben zu dürfen. Und Mariam Lau durfte diese Freude mit mir teilen. Und der Beginn der Einstieg...
Ich glaube, wir müssen langsam wieder ein bisschen kritischer hier werden. Es ist zu harmonisch alles. Ja, das können wir gleich legen. Der Text beginnt mit Scholz weg, Lindner weg, Habeck weg.
Wen von den drei werdet ihr denn am ehesten vermissen? Puh. Also ich sage mal keinen. Ich finde es total plausibel. Ich finde es ist so ein bisschen wie bei Angela Merkel. Man kann ja jemanden schätzen, auch als Politiker schätzen und trotzdem hat das eine totale Plausibilität, dass er oder sie aufhört. Und so finde ich ist es bei den dreien. Die waren ja im Prinzip...
Und fertig und sind trotzdem nochmal angetreten. Das hat ja auch so viele Leute verärgert. Und deswegen glaube ich, ich werde keinen vermissen. Nicht mal Robert Habeck, da gibt es ja jetzt sogar eine Petition, dass der weitermacht. Aber ich finde auch in seinem Fall hat das einfach, sagen wir mal, so etwas wie eine innere Logik, dass er jetzt sich erstmal zurückzieht, vielleicht nicht für immer.
Achtung Tina, dann sage ich jetzt alle drei. Alle drei. Das kann man ja noch einmal kurz festhalten. Diese drei haben ja wirklich die Bundespolitik in den letzten zehn Jahren maßgeblich geprägt. Lindner hat die FDP komplett auf sich ausgerichtet. Habeck war der Hoffnungsträger der Grünen. Wir schreiben ja diese Woche auch in der Zeit, dass es sozusagen eine von drei grünen Ehren war, die Ära Habeck. Also es war offenbar ja wirklich eine Lichtfigur für diese Partei.
Und Scholz hat es immerhin geschafft, die SPD noch einmal, wenn auch nur kurz, aus der Versenkung zurückzuholen und gegen alle Wahrscheinlichkeit Kanzler zu werden. Und das war ja alles vor drei Jahren durchaus aufregend und dass es dann so schnell zu Ende gegangen ist, ist auch krass. Und ich bin bei allen drei Parteien, am meisten aber bei den Grünen,
auch gespannt, wie sie diese Lücke jetzt füllen werden. Und so ganz selbstverständlich, dass sie das hinkriegen, scheint es mir auch nicht zu sein. Also ich meine, die FDP ist jetzt eh in der Opposition, da ist es vielleicht nicht ganz so wichtig. Aber wer jetzt die prägenden Figuren der Grünen werden und sein sollen, das ist mir noch nicht ganz klar. Und
Vielleicht noch einen Nachtrag zur Erklärung der grünen Wahlniederlage. Also Habeck hat das tatsächlich am Wahlabend schon gesagt, dass er glaubt, dass Friedrich Merz' Move mit der AfD gemeinsam abzustimmen den Grünen geschadet habe, weil es die Leute von den Grünen zu den Linken getrieben habe. Das ist wirklich eine hervorragende Dialektik und daran sieht man schon wieder, uns fehlt einfach dann auch künftig ein begnadeter Rhetoriker, der aus jedem Mist Gold reden kann.
Heinrich?
Ich bin auch nicht ganz sicher, dass wir dann in Jubelschreie ausbrechen werden. Aber ich verweigere die Aussage eigentlich. Ja, dann steht es jetzt 2-2. Ich bin ehrlich gesagt eher bei Martin. Was ein bisschen peinlich ist, dass man einem bestellvertretenden Chefredakteur recht geben muss. Nein, das muss auch mal sein. Das muss auch mal sein? Mir gibt nie jemand recht, Peter. Ich bin so dankbar.
Also ein bisschen anderen Grund. Also ich glaube ja, wenn man sich umschaut, was gerade in der Welt passiert, das ist ja wirklich weltstürzend im wahrsten Wortsinne. Und da gehen drei Politiker gleichzeitig von der Bühne oder zumindest mal sehr weit nach hinten in den hinteren Bereich der Bühne für Scholz, der bleibt ja noch Bundestagsabgeordneter, bei Habeck weiß man es noch nicht genau. Aber die verschwinden sozusagen als große Akteure und man bräuchte vielleicht in dieser Phase, in diesem Zeitpunkt auch Erfahrung.
Und die geht verloren. Und da wir ja noch nicht wissen, Martin hat es ja auch angesprochen, wer folgt in dieser schwierigen Zeit? Profilierte Politiker wären mir da schon auch ganz lieb, ehrlich gesagt.
Das klingt so ein bisschen danach, als könnten da auch Comebacks kommen. Du meinst so irgendwann, Habeck bietet an, ich kann es nochmal machen. Großes Interview bei uns und dann ist er wieder da. Das zeichnet sich ja schon fast ein bisschen ab bei ihm, finde ich. Also er hat ja auch bei X einen großen Austritt verkündet und ist dann wieder zurückgekommen. Und ich glaube, wenn jetzt ganz viele Leute sagen, Robert, du musst zurückkommen, das wird auch nicht spurenlos angekündigt werden. Dann kann er sich nicht wehren. Dann kann er sich nicht verweigern.
Und der Christian natürlich auch nicht. Also das ist so, wenn die FDP ruft. Ich glaube, der wird eher raus sein. Bei Scholz ist ja klar, den sehen wir nicht wieder. Du meinst, es gibt keine Petition? Warum sollte ein ehemaliger Kanzler, für den es nicht mal eine Petition gibt, nochmal zurückkehren auf die Bühne? Ich halte es aber bei Lindner jetzt auch nicht viel wahrscheinlicher. Ich könnte mir eher vorstellen, dass es den jetzt schnell ins Geldverdienen zieht und dann...
das politische Comeback umso ausgeschlossener ist. Ja, aber die Scheinwerfer wird er sehr vermissen, das glaube ich schon. Und vielleicht die Sucht danach oder der Wunsch, da wieder reinzutreten zu können, in dieses Scheinwerferlicht, aber wir werden es sehen. Aber lassen wir uns mal zum werdenden Kanzler, muss man ja sagen, kommen. Tina, du kennst ihn ja von uns allen hier, die hier versammelt sind, am besten. Du hast ja
früher auch schon oft über ihn geschrieben, als er noch in seiner ersten politischen Karriere präsent war. Er ist ja jetzt mit zarten 69 Jahren so am Ziel seines Lebenstraums, nämlich Kanzler zu werden. Wie schätzt du das ein? Was überwiegt bei ihm jetzt gerade sozusagen? Die Freude, das geschafft zu haben oder doch eher die Bürde, dass er weiß, in superschwierigen Zeiten...
das Land aus einer großen Krise führen zu müssen. Wie ist da dein Blick auf ihn? Er ist übrigens ja, weil Martin das sagte, er ist ja einer, der zwischendurch Geld verdient hat und dann zurückgekommen ist. Stimmt. Im zarten Alter von 69, also es ist nicht ausgeschlossen. Ja, es ist ganz witzig. Ich kenne ihn tatsächlich seit 25 Jahren.
aus seiner ersten Zeit und fand es zwischendurch immer so lustig. Er war ja so eine Sehnsuchtsfigur der Konservativen geworden und es verband sich mit ihm die Idee, der greift durch, der ist total klar im Kopf, der führt. Und wenn man Artikel rausholt oder die noch im Kopf hat, die damals geschrieben worden sind, dann war das eigentlich ein ganz anderes Bild. Dann war er nämlich gar nicht so sicher. Es wurde ihm vorgeworfen, dass er zu sehr zaudert. Und deswegen fand ich es immer sehr witzig, diese beiden Märze, die passen gar nicht so richtig zusammen.
Und auf deine Frage, Peter, ich glaube, beides steckt in ihm. Ich glaube, der ist im Moment, der brennt vor Adrenalin, der ist jetzt total unter Spannung und ahnt, glaube ich, was auf ihn zukommt, weiß es noch nicht.
ist, glaube ich, ganz, ganz sicher, dass er das machen will und machen kann. Aber alleine jetzt, wir haben das auch beschrieben in dem Text, was im Moment passiert, ja so unfassbar viel gleichzeitig auf vielen Ebenen, im Inland, im Ausland, kleine Sachen, große Sachen. Und das alles, da den Überblick zu behalten oder zu gewinnen, das ist schon eine mordsmäßige Aufgabe. Und ich stelle mir schon vor, dass der manchmal auch so denkt, oh, hoffentlich kriege ich das hin.
Aber er hat auch ein enormes Selbstbewusstsein. Das würde mich echt von dir als Merz-Kennerin interessieren, ob er wirklich mit so ein bisschen auch wackeligen Beinen in dieses Kanzleramt geht und auch demütig vor dieser Wahnsinnsaufgabe ist und sowas wie Sorge, ob er das wohl hinkriegt, kennt oder ob der einfach völlig unbetrübt von Befürchtungen, er könnte das vielleicht nicht können, da reinmarschiert.
Ich glaube, fast keiner, der nicht ein wirklich ausgeprägter Narzisst ist, kennt solche Sorgen nicht. Ich glaube, dass er die auch kennt. Ich glaube, dass er die auch wegschiebt. Er hat sich ja jetzt auch lange vorbereitet. Er hat sich diese Frage gestellt, das hat er auch in vielen Podcasts gesagt, auch bei Alles gesagt, war er ja lange zu hören und da hat er genau darauf auch gesagt, er hat sich vorbereitet.
Diese Frage eben gestellt, willst du das, kannst du das? Aber es ist natürlich immer was anderes, sich eine Sache vorzustellen und sie passiert dann und sie passiert dir und du bist mittendrin und alles geht durch dich durch. Aber ich glaube nicht, dass er einer ist, der nicht so, der sich, also Zweifel, er glaubt, dass er es kann, aber dass er sich diese Fragen nicht stellt, das glaube ich bei ihm eigentlich nicht, weil ich glaube, er ist nicht so dieser Typ des Narzissten, den wir ja jetzt reichlich kennengelernt haben in den letzten Jahren, vor allem in anderen Ländern.
Ich frage mich, was macht das eigentlich mit jemandem? Also du bist jetzt auf dem Weg zur Kanzlerschaft und du guckst dir ja mit Sicherheit mal die Zeitungen an, was da so geschrieben wird. Überall siehst du dein Porträtbild und dann steht drüber, bei uns in der jetzigen Ausgabe, in der aktuellen Ausgabe, bloß nicht scheitern. Im Stern habe ich gelesen, mach es besser mit einem großen Bild von ihm und dann irgendwo anders noch scheitern verboten. Also so der Druck ist doch wahnsinnig. Ich frage mich, ob er sich dem schon bewusst ist, welche Erwartungshaltung ihm gegenüber gebracht wird. Ich
Ich finde, der Druck ist irre. Man müsste eigentlich fast auch mal so eine kleine Liebeserklärung für alle Politiker machen, die sich dem aussetzen, weil ich glaube, das wissen viele oft nicht, also wie wirklich unglaublich groß dieser Druck ist, nicht nur auf ihn, auch auf viele andere.
Eine kleine Anekdote. Ich habe mit jemandem gesprochen, der ihn auch lange kennt, der ihn jetzt auch erlebt hat in letzter Zeit, der nicht in seinem Lager ist in der CDU und der sagte, ich dachte eigentlich immer, der hat eine klare Meinung und immer das Gegenteil von meiner. Und das, was mich am meisten überrascht hat, so waren seine Worte, ist, dass er ganz oft keine Meinung hat. Das fand ich sehr interessant. Ist aber manchmal auch eine ganz gute Eigenschaft, oder? Ja.
Es steht aber ein Widerspruch zu diesem Entschiedenheitsgestus, den er ja sehr oft hat im öffentlichen Auftritt. Ich muss ehrlich sagen, ich bin ein bisschen verwirrt über diesen Auftritt in den letzten Tagen, fand ich ein bisschen merkwürdig. Er hat ja vor der Wahl zunächst einmal seinen künftigen Koalitionspartner mit abgewatscht, mit diesem Auftritt da im Löwenbräukeller, wo er von linken Spinnern, linken und grünen Spinnern gesprochen hat.
Dann hat er dem noch antierenden Kanzler ja ein Memorandum of Understanding zukommen lassen, also so eine Art Absichtserklärung für den Übergang, wie er sich zu verhalten hat, in einem Ansageton. Das kam da irgendwie nicht so wahnsinnig gut an. Dann hat er gesagt, Benjamin Netanjahu soll ruhig nach Deutschland kommen, obwohl es einen internationalen Haftbefehl gegen ihn gibt vom internationalen Strafgerichtshof. Er kann kommen, er kann auch unbehelligt wieder abreißen, also wir
Wir plädieren ja immer dafür, dass man sich an diese viel zitierte, regelbasierte Ordnung halten soll. Und dann sagt er, das interessiert mich nicht, weil es mir politisch nicht passt. Ja, und dann lässt er jetzt noch, will er das Wahlrecht ändern. Ich finde das ja eigentlich ganz gut, dass der Bundestag irgendwie wieder geschrumpft ist und dass wir bis 630, dass das wieder überschaubar. Und als erstes kündigt er das an und lässt auch jetzt noch die Finanzströme flotten.
Bei Organisationen überprüfen, die ihm nicht gefallen, die jetzt zusammen sich gefunden haben, um gegen rechts zu protestieren. Also ich finde, setzt er in den ersten Tagen, setzt er da die richtigen Prioritäten oder verrennt er sich da in Kleinigkeiten? Heinrich, ich will super gerne wissen, was du zu der Netanjahu-Sache sagst.
Darüber machen wir, glaube ich, einen eigenen Podcast. Ich glaube, das geht nicht, was er da angekündigt hat. Also mir ist es sympathisch, aber er kann es gar nicht garantieren, oder? Nee, ich glaube auch nicht. Das war, glaube ich, echt ein Fehler. Aber die anderen Sachen. Er nennt die linken Spinner. Die linken Spinner haben ihn vorher, also erstmal ging es, glaube ich, um Demonstranten und nicht um die SPD. Ich bin jetzt gar nicht sein Pressesprecher und müsste das nicht, aber so ein bisschen doch mal Widerrede hier.
Diese linken Spinner in der SPD hatten vorher gesagt, du hast das Tor zur Hölle aufgestoßen, lieber Friedrich Merz. Also ich finde, das ist erstmal pari pari. Er lässt die NGOs nicht überprüfen, sondern seine Fraktion hat eine kleine Anfrage gestellt, als auch nochmal ein bisschen was anderes anzuschauen.
Ich finde, man kann die Geschichte auch ein bisschen anders erzählen. Er war gestern Abend, glaube ich, also wir nehmen am Donnerstag auf, am Mittwochabend war er in Paris. Das zum Beispiel finde ich einen extrem cleveren Move, sofort nach Frankreich zu fahren, gerade weil die Dinge so schwierig sind in der Welt, weil Macron gerade im Weißen Haus war und First-Hand-Experience mit Donald Trump hat und weil es für alles, was jetzt kommt, in Europa, glaube ich, darauf ankommt, dass
Paris und Berlin wieder ein bisschen besser zusammenarbeiten. Da war Scholz, glaube ich, der Totalausfall. Das finde ich zum Beispiel ein Move, der genau richtig ist und der für mich viel wichtiger ist als das, was du gerade aufgezählt hast.
Ich bin nur ein bisschen hin und her gerissen. Also ich stelle mich jetzt mal zwischen eure Positionen. Der Redakteur vermittelt, das finde ich gut. Mir ist ganz klar, warum er das jetzt alles macht. Es geht halt darum, schnell ins Machen zu kommen, zu zeigen, dass es schnell eine Veränderung gibt, dass Deutschland irgendwie nicht gelähmt ist angesichts dieser krassen Weltlage, sondern handlungsfähig. Nur er ist ja trotzdem immer noch nicht Kanzler und es gibt noch einen anderen. Und die Art und Weise, wie er so von Tag 1 an so tut, als wäre er es schon, finde ich auch unglaublich.
irgendwie merkwürdig, zumal er ja die Partei, die gerade noch den Kanzler stellt, dafür braucht, Kanzler zu werden. Also ich bin nicht ganz sicher, ob das jetzt taktisch und strategisch für die Koalitionsverhandlungen und alles, was da so kommt, so dolle, intelligent ist, diesen Memorandum ins Kanzleramt zu schicken, nach Frankreich zu fahren, als wäre man schon im Amt und so weiter. Und das kann sich ja im schlimmsten Fall alles noch in eine riesengroße Blamage verwandeln, wenn bei diesen Verhandlungen doch irgendwas schief gehen sollte. Also
Das ist sozusagen meine Skepsis an diesem Auftreten. Was ich gut finde und was mir als Bürger dieses Landes doch ein bisschen Optimismus stiftet, ist halt, dass er ganz offensichtlich riesigen Bock hat, was anzupacken. Dass er das ernst meinte, was er vor der Wahl gesagt hat, nämlich, dass irgendwie ein neuer Zug reinkommen wird. Das Mitgefühl oder Mitleid mit ihm, dass die Erwartungen so groß sind, habe ich, weil die Weltlage so krass ist. Andererseits hat er das auch selber geschürt. Also er hat einfach vor der Wahl so geschürt,
große Disruption und Veränderung versprochen und es war vor der Wahl schon klar, er wird ja wohl doch einen Koalitionspartner, mindestens einen brauchen, dass er dieses scheitern, dass der zwangsläufig kommen wird, denn es wird einen Kompromiss geben in allen Politikfeldern im Koalitionsvertrag, dass er daran scheitern wird, das war halt abzusehen und das hat er sich dann selber eingebrockt. Also natürlich werden die Leute enttäuscht sein, dass er seine ganz, ganz großen Versprechen in der Migrationspolitik zum Beispiel, in der Wirtschaftspolitik nicht zu 100% durchsetzen kann.
Also ich bin auch so ein bisschen zwischen euch allen. Ich finde diese, also die ganzen einzelnen Themen finde ich auch nicht so schockierend oder so. Diese kleine Anfrage ist vermutlich ja auch vor der Wahl. Die ist vermutlich nicht in den letzten zwei Tagen geschrieben worden. Trotzdem ergibt sich daraus, finde ich, ein unglückliches Bild. Nicht nur in Bezug auf den Koalitionspartner, sondern einfach in Bezug auf die Priorisierung.
Wahlrecht, klar, es ist wirklich problematisch, wenn Leute direkt gewählt sind und kommen nicht in den Bundestag, während andere, die ganz schwach abgeschnitten haben, da weiter Spitzenposten bekleiden. Trotzdem ist das Bild, das erste, was mir einfällt, das sind meine eigenen Beleidigtheiten oder wo ich mich gekränkt oder ungerecht behandelt fühle und meine Besitzstände, meine politischen. Das finde ich, ist kein richtig glückliches Bild und es stimmt, was du sagst, Heinrichs, es ist
Aber in Frankreich geht es nicht unter.
Aber ganz kleiner Widerspruch dagegen. Erstens, glaube ich, geht es wirklich nicht unter. Und zweitens hat das nicht auch ein bisschen was damit zu tun, worauf wir Medien jetzt gucken. Und wir stürzen uns dann halt jetzt doch auch vielleicht ein bisschen mehr auf diese vermeintliche Kampagne gegen die Omas, gegen rechts. Ja, aber das musst du doch wissen. Also du musst doch wissen, dass in dem Moment, wo er als Kanzler sozusagen elekt irgendwie agiert, dass dann ein ganz anderer Fokus nochmal auf ihn geschaut wird als vorher. Also nachher finde ich das so ein bisschen merkwürdig. Ich habe gestern
einen grünen Politiker gesprochen und der sagte irgendwie,
Ein Anbruch nach dessen, wie Merz in den letzten Tagen agiert hat, was wir gerade besprechen hier, hat er gesagt, wir werden Olaf Scholz noch vermissen. Wollte ich gerade sagen. Alle haben sich immer darüber beklagt, dass Olaf Scholz immer nur gesagt hat, nö, ich will nichts sagen, nö. Europawahl-Niederlage seiner Partei, nö. Aber die Frage, die ich damit verbinden will an euch sozusagen, ist halt, muss er, der hat ja so ein wahnsinniges Erregungspotenzial und aus der Erregung heraus...
Verkündet er dann große Dinge, die er dann teilweise wieder zurückholen muss und vieles von dem, was er angekündigt hat, hat er ja auch schon wieder zurücknehmen müssen. Also müsste der wirklich in der Tat sozusagen ein bisschen scholziger werden, um ein wirklich guter Kanzler zu sein. Also dass er diese Energie hat, finde ich ja auch gut, dass er was will, spürt man ja.
Aber dieses Überstürzende ist mir ein Stück weit zu viel. Ja, aber da gehen wir jetzt auch schon wieder ein bisschen weit. Also so erregt ist er nun auch wirklich nicht dauernd. Also da wird jetzt auch ein Bild gezeigt, dass dann, du hast ja auch immer gesagt, dem Scholz wird Unrecht getan, wenn er so als Scholz-Format dargestellt wird. Und das stimmte sich ja auch. Aber da geht jetzt auch schon wieder, das geht jetzt in Richtung von so einem Bild, als ob der also total planlos und heißblütig agiert. Ich glaube, dass, wenn man ihn mal so ein bisschen erlebt hat, den Eindruck vermittelt er eigentlich nicht so stark.
Wir hatten jetzt zwei Kanzler hintereinander, also eine Kanzlerin, einen Kanzler, die wirklich viel zu wenig kommuniziert haben aus meiner Sicht, die viel zu wenig an öffentlichen Debatten teilgenommen haben, sich in den entscheidenden, auch ihre Karriere prägenden Politikfeldern
Bei Merkel denke ich natürlich zunächst an die Migrationspolitik, überhaupt nicht daran beteiligt haben, mit den Leuten irgendwie einen Diskurs anzufangen. Und das ist ja bei Merz ganz erkennbar anders. Der ist einfach sehr interventionsfreudig, auch wenn es darum geht, mal öffentlich ein Wort zu sagen. Seine Interviews, finde ich, lesen sich interessanter, seine Bundestagsreden sind interessanter.
Und das ist in diesen Zeiten, in denen auf allen Wellen von allen Politikern irrsinnig gesendet wird, in denen wir uns mit Trump auseinandersetzen müssen, der jeden, also man wacht ja jeden Morgen auf und es ist irgendwas Neues, Wahnsinniges von Trump verkündet oder sogar ins Werk gesetzt worden. Dass wir da jetzt einen Kanzler haben, der ein bisschen mithalten kann, finde ich ehrlich gesagt richtig. Ich sehne mich da nicht nach einem Gegenpol und nach einem Sonderweg, sondern ich sehne mich nach jemandem, von dem ich das Gefühl habe, zumindest hat er das Temperament und
die Leidenschaft, sich da reinzustürzen. Und wenn dann ab und zu mal ein Fehler passiert, ich glaube, da fängt auch unsere Verantwortung als Journalisten ein bisschen an,
Klar, wenn wir uns auf jeden verrutschten Satz stürzen wie die Geier, dann werden wir vier unterhaltsame Jahre haben, aber vielleicht auch nicht nur für gute Folgen sorgen. Ich glaube, dann werden wir auch nicht vier Jahre haben, Martin. Überhaupt nicht. Also man muss dann vielleicht auch, die Leute wünschen sich mehr Diskurs, man muss dann auch gucken, dass man ihn zulässt und nicht auf alles einprügelt, was mal so ein bisschen schief rutscht. Davor habe ich auch Sorge in den nächsten Jahren.
Und wenn er wirklich ins Kanzleramt kommen sollte, Tina hat ja eben schon die leichte Möglichkeit angedeutet, dass ja auch noch alles schief gehen könnte. Wenn er ins Kanzleramt kommt, dann ändert sich halt auch seine Rolle total. Dann muss er halt regieren. Jetzt als Oppositionsführer muss er immer reden. Und jedenfalls im Bundestag war er immer ein sehr guter Redner. Ich würde sagen, vielleicht ist er auch so ein bisschen von seinen eigenen rhetorischen Fähigkeiten im Moment gerade überwältigt.
Aber dann kommt es halt nicht mehr nur darauf an, was er sagt, sondern vor allen Dingen, was er tut, entscheidet, welche Moves er macht. Vielleicht ergibt sich dann nochmal ein anderer Blick auf ihn.
Hallo, hier ist Eliana Grabitz von Das Politikteil. Bevor wir gleich weiter über unser heutiges Thema sprechen, wollten wir gerne einmal kurz erwähnen, dass wir in der Zeit und auf Zeit Online ständig ausführlich über das politische Geschehen berichten, über Hintergründe und Zusammenhänge, wie Sie es aus Das Politikteil auch kennen. Wenn Sie mögen, lernen Sie doch kostenlos unser Angebot kennen. Sichern Sie sich unter abo.zeit.de slash politikteil ein gratis Probeabo.
Ich würde sagen, lasst uns mal von Merz, wir werden noch viel Gelegenheit haben, über ihn zu reden, mal auf die Koalition schauen, die er höchstwahrscheinlich anführen wird. Das ist ja schwarz-rot, wie wir jetzt sagen. Als man noch große Koalitionen, diese Kombination genannt hat, da haben die ja in den letzten 20 Jahren dreimal regiert.
Und danach hat man dann doch überrascht festgestellt, da ist ja wahnsinnig viel liegen geblieben. Ich sage mal Schlagworte Digitalisierung, Bildung, Infrastruktur. Wurde nicht viel gemacht. Eins hat man ja völlig verbaselt. Das ist völlig schief gelaufen. Man hat sich in eine Abhängigkeit von russischem Öl und Gas begeben. Also die Bilanz der GroKo, wenn man das zusammenschaut, diese drei Regierungsperioden, ist nicht berauschend. Was stimmt euch denn froh? Heinrich, vielleicht fangen wir mal mit dir an.
Was stimmt dich denn froh, dass dieses schwarz-rote Bündnis besser sein wird? Erstmal, wir haben alle relativ viel Regierungserfahrung. Das stimmt mich erstmal zuversichtlich. Das hatten sie vorher auch zugegeben.
Dann habe ich den Eindruck, alle haben den Schuss gehört, also alle führenden Sozialdemokraten und CDU, CSUler. Also ich will sagen, die haben einerseits kapiert, dass wir in einer extrem aufgeladenen, anspruchsvollen, gefährlichen Weltlage sind, in einer Krise, wie es sie vielleicht noch nie gab seit 1945. Das haben die kapiert, glaube ich.
Und sie haben, glaube ich, auch kapiert, dass wenn sie jetzt scheitern, ja, gute Reise, dann ist die AfD wahrscheinlich bei 30 Prozent. Und das haben sie, glaube ich, kapiert. So habe ich jedenfalls die ersten Signale am Wahlabend und in den ersten Tagen danach gelesen. Dann fängt gerade bei der SPD, sprechen wir gleich noch drüber, dieses Spiel an. Ja, wir müssen ja auch die Basis mitnehmen, deswegen müssen wir jetzt ganz widerborstig sein und uns nicht alles bieten lassen von der CDU und so.
Aber so das ist der Zweig, der eigentlich ganz zuversichtlich stimmt, dass es funktionieren könnte und dann ist es so ein bisschen Daumen drücken, Fingernägel kauen, es muss klappen, weil es keine richtige andere Alternative mehr gibt.
Es gibt keine zweite mögliche Koalition, die noch bereit stünde, die man dann auch noch machen könnte. Ja, Friedrich Merz sagt ja, es ist, sagen wir doch wieder bei Merz, aber er sagt ja, die wichtigste Aufgabe der kommenden vier Jahre ist ja Außen- und Sicherheitspolitik. Ja, ist ja vollkommen richtig, das teile ich total. Und wir sehen ja, was gerade passiert, also wie sehr Trump die Weltpolitik stürzend auf den Kopf stellt. Und ich glaube, das ist etwas, was die beiden wirklich,
verstanden haben, also die Parteispitzen verstanden haben, dass man jetzt an Europa, das große Projekt Europa, so schnell wie möglich sicherheitspolitisch fit zu machen, das einigt die und daneben werden viele Punkte, die für die Menschen im Alltag wirklich wichtig sind, ich möchte da gar nicht kleinreden, aber die wirken dann nicht mehr so bedeutend bei diesen Koalitionsverhandlungen, würde ich sagen, weil das große Projekt
große Ziel, das man hat, ist so überwältigend, dass man dahin gehen muss. Und das wissen alle. Das darf nicht scheitern und deshalb wird es auch nicht scheitern. Und ich glaube, aus dieser sozusagen Bedrängnis heraus...
Kann aber auch eine positive Energie entstehen. Deshalb bin ich eigentlich ganz zuversichtlich, dass dieses schwarz-rote Bündnis besser sein wird als die in der Vergangenheit. Ich weiß nicht, ob ihr das teilt oder ob Wiederrede zu erwarten ist. Hast du denn den Eindruck, Peter, also das beschwören wir ja jetzt immer, die großen Herausforderungen und so und das ist ja auch alles richtig, aber hast du denn, weil du sagst, alle haben den Schuss gehört.
Man kann aber den Schuss gehört haben und trotzdem einfach irgendwie so weitermachen wie bisher. Hast du denn den Eindruck, dass die SPD so agiert im Moment? Also ich habe so ein bisschen den Eindruck, da kommt auch nicht so richtig ein Impuls. Frau Esken macht einfach weiter, Klingbeil macht weiter und hat sich noch einen Job besorgt.
Ich verstehe auch, warum er da nicht verzichtbar ist. Aber irgendwie, ich weiß nicht, ich habe schon den Eindruck, die sind doch auch sehr, und das ist ja manchmal bei der SPD so, sehr mit ihrem eigenen Orbit nach wie vor beschäftigt. Du sprichst ja dauernd mit allen. Also ich habe schon sehr stark den Eindruck, dass halt an der Spitze der Partei, also von Klingbeil bis Pistorius und viele andere auch, genau diesen Schuss gehört haben. Aber sie wissen genau,
Sie wissen genau, dass es große Skepsis an der Basis gibt und die SPD hat immer zuletzt eine Mitgliederbefragung machen müssen, bevor sie ein schwarz-rotes Bündnis eingeht. Das werden sie auch diesmal machen müssen, da kommen sie überhaupt nicht drum rum. Das Problem ist nur, dass sie selbst im Wahlkampf ein Bild von Friedrich Merz entworfen haben, so als das große Feindbild im Prinzip.
Und das behindert sie jetzt auf dem Weg zu einem schnellen Bündnis. Deshalb müssen sie diese Vorbehalte, die sie selber aufgebaut haben, jetzt wieder abbauen. Und das ist natürlich ein Prozess, der ein bisschen dauert. Auf der anderen Seite finde ich es aber auch vollkommen in Ordnung, dass eine Partei, die ein Bündnis eingeht, sagt, es kann nicht so sein, nur weil wir der kleinere Partner sind, dass ihr jetzt meint, wir müssen alles unterschreiben, weil dieser Habitus geht ja von März so ein bisschen aus. Ich habe hier fünf, sieben Punkte.
Die müsst ihr unterschreiben, dann dürft ihr mit mir regieren und die SPD sagt, Moment mal, wir sind der einzige Koalitionspartner, wir haben hier drei Punkte, die uns so treibig sind, die musst du uns geben, damit wir in diese Regierung kommen. Dieses Spiel ist ja bekannt, das gehört auch mit dazu, das gehört auch in jeder Lage, glaube ich, mit dazu. Man kann jetzt nicht von einem Partner erwarten, nur weil er der kleinere ist, verzichtet er auf alles und wir müssen jetzt eine schnelle Regierung bilden.
damit die Europäer zufrieden sind und wir gemeinsam dann voranschreiten können. Also so geht es halt nicht. Es muss von beiden Seiten von vornherein eine große Bereitschaft da sein, aufeinander zuzugehen, aber auch von beiden Seiten. Und dann wird das auch gelingen. Das glaube ich halt schon. Und ich glaube auch, dass es bis Ostern gelingen kann. Das ist ja das Ziel von März. Ich finde es halt toll, wenn das mal Koalitionsverhandlungen wären, die darin münden, dass jeder die Punkte, die ihm wichtig sind, so weit kriegt, dass sich da Wünsche wirklich erfüllen können.
Dafür ist natürlich auch nötig, dass man der anderen Seite was gibt, was man vielleicht selber sonst nicht so wichtig gefunden hätte. Aber wenn man jetzt wieder überall nur so halbgare Kompromisse auf jedem einzelnen Politikfeld hinbekommt, dann kommt natürlich auch keine Veränderung. Also
Vielleicht gibt es ja eine Welt, in der Merz von der SPD mehr in der Migrationspolitik bekommt und die SPD mehr von der CDU auf dem Feld der Rente zum Beispiel. Vielleicht ist das eine naive Vorstellung von Koalitionsverhandlungen, aber sich gegenseitig mehr zu lassen für die jeweilige Partei zentralen Feldern, das finde ich einen Ausgang, auf den ich jedenfalls hoffen würde. Und ich sehe das wie ihr. Die Lage ist einfach so krass.
Die Ernsthaftigkeit, in die sich diese Regierung jetzt rein bewegt, von rechts und von links und von Westen und von Osten unter Druck, die gab es ja bei vorherigen Bundesregierungen noch gar nicht. Und frühere GroKos konnten vielleicht auch einfach ein bisschen weniger ernst an die Sache rangehen.
Und das ist ein Druck, der mir auch Hoffnung macht, dass es diesmal besser wird. Andererseits ist die Befürchtung umso größer, weil wenn es diesmal nicht klappt, dann geht es halt möglicherweise in vier Jahren richtig schief. Aber das haben ja lustigerweise irgendwann alle Spitzenkandidaten oder Kanzlerkandidaten angefangen zu erzählen. Also dieses, das ist die letzte Legislatur, in der wir noch was reißen können, das war ja so die Geschichte des Wahlkampfes irgendwann.
Und scheint mir verinnerlicht zu sein. Und wenn es wirklich verinnerlicht ist, dann wird es vielleicht auch eine gute Legislatur. Ja, ich glaube, da hat Tina aber recht. Also man kann sich das vornehmen und dann geht es doch schief. Klar, eine Garantie gibt es nicht. Das fiel mir gerade noch ein, weil du gesagt hast, wie kann man gute Koalitionsverhandlungen führen. Ich glaube, das Beste an der Ampel waren ja deren Koalitionsverhandlungen. Die haben ja richtig gut funktioniert. Es ist nichts nach draußen gedrungen. Es ging relativ schnell los.
Man hat wahrscheinlich für damalige Verhältnisse einen ganz guten Koalitionsvertrag gemacht und hat sich dann doch trotzdem komplett zerlegt. Also das ist so ein bisschen das Problem.
das ist doch eigentlich genau, was ich wollte. Und vielleicht muss man es wirklich so machen, dass man es auf wirklich ein Minimum reduziert und sagt, das sind die wichtigen Sachen und alles andere ist nicht so wichtig oder da dürfen Koalitionspartner auch in ihren Ressorts dann
Dinge machen, die ihnen wichtig sind. Eine kurze Anmerkung noch zu dem, was Martin gesagt hat. Diese neue Welt, also Koalitionswelt, wo man sich so gegenseitig Bereiche überlässt. Die SPD würde dann den einen Bereich bestimmen und die CDU den anderen Bereich. So etwas gab es ja mal in Österreich, und zwar bei einem schwarz-grünen Bündnis. Das ist eine Zeit lang gut gegangen. Und dann hat es letztendlich in der Migrationspolitik
ist es dann gescheitert, weil halt dann die grüne Basis schwer rebelliert hat gegen das, was ihre Regierungsmitglieder mitgetragen haben. Also das hört sich eigentlich total vernünftig an, ist aber in der Praxis wahnsinnig schwer durchzuhalten, glaube ich. Klar, am Ende ist man ja doch eine Regierung und man steht auch für das, was die andere Seite tut, irgendwie mit ein. Gleichzeitig sind ja gerade in der Migrationspolitik SPD und CDU-Basis, wie wir aus den Wahlumfragen wissen, gar nicht so weit voneinander entfernt.
Also an dem Thema dürfte es dann eigentlich nicht so brechen, aber wir werden genügend andere finden, an denen es kribbelig wird. Noch einen letzten Punkt, bevor wir dann zur AfD kommen gleich, würde ich mal fragen. Es gibt ja, also Politik, der Erfolg von Politik hängt natürlich auch immer von Personen ab und jetzt haben wir einen Deutschlands beliebtester Politiker, ist ja seit drei Jahren oder seit zweieinhalb, solange er in der Politik ist, ist ja Boris Pistorius mit Abstand, hat sich gehalten.
Glaubt ihr dann, dass er Vizekanzler und starker Minister in dieser Regierung werden muss, damit halt auch bei der Bevölkerung irgendwie so ein Signal ankommt, ja, es gehen wirklich die besten Leute hier in die Verantwortung rein? Ist da sowas von nöten? Oder wären die alle frustriert, wenn der Klingbeil sich sozusagen in diese Rolle hinaufschwingt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPD zum zweiten Mal gegen den erklärten
Willen der Wählerinnen und Wähler eine Personalentscheidung trifft, aber irgendwie scheint das ja in der Struktur dieser Partei zu liegen. Also Beliebtheit spielt jetzt nicht die Riesenrolle. Beliebtheit macht verdächtig. Potenzial erfolgt bei den Leuten zu haben, offenbar auch. Aber nachdem man ja jetzt irgendwie einhellig erkannt hat, dass es vielleicht doch nicht ganz perfekt war, nicht Pistorius statt Scholz aufzustellen,
Kommt jetzt sozusagen zum zweiten Mal eine Entscheidung, die auf einen Politiker hinausläuft, der eher für den Misserfolg als für den Erfolg steht? Das fände ich irgendwie wirklich komisch, aber vielleicht ist das auch Sozialdemokratie.
Ich glaube, es wäre super, wenn es ein Duo März-Pistorius gäbe. Aber ich glaube, die Logik, also Peter, du weißt es besser, aber könnte anders laufen in der SPD. Nämlich von der Frage, müssen wir das Finanzministerium nehmen? Und da gibt es, glaube ich, viele, die finden, man muss das nehmen. Ich glaube auch, dass richtig ist.
Und dann müsste Klingbeil das machen. Der will das ja gar nicht, aber ich glaube, der müsste das dann machen, weil Pistorius es auch nicht machen will. Und dann wäre es auch komisch, wenn der Finanzminister nicht der Vizekanzler wäre. Und auf die Art, glaube ich, könnte es genauso kommen, Martin, dass dann der beliebteste Politiker zwar dabei ist, aber nicht Vizekanzler. Und wer wäre der Finanzminister? Das müsste dann Lars Klingbeil vielleicht machen. Kennt er sich damit aus?
Nein. Unser Kollege Marc Schieritz, der das Finanzministerium seit vielen Jahren begleitet und ungeschlagener Fachmann in diesen Fragen ist, sagt, das kann jeder Spitzenpolitiker, weil das einfach natürlich auch ein Apparat ist. Da rechnen Leute für dich Sachen aus, wie das ja in jedem Ministerium ist. Also dieser Beamtenapparat, der ist ja unheimlich stark.
Naja, ich glaube, du wirst aber von deinem Apparat auch vorgeführt, die wünschen sich natürlich schon jemanden, mit dem sie an der Spitze dann auf Augenhöhe reden können. Oder du wirst der politische Widersacher, nutzt das total aus. An der Ampel hat das ja Scholz zuletzt dann immer wieder gemacht, indem er öffentlich erklärt hat, er musste dem Lindner erklären, was man im Finanzministerium zu tun hat. Also von daher, ich schätze Marc natürlich über alle Maßen, er hatte viel mehr Ahnung davon als ich, aber ich glaube nicht, dass das stimmt. Also politisch stimmt das nicht.
Politisch machst du dich wahnsinnig angreifbar. Und das stimmt natürlich, was du gesagt hast, mit dem Finanzministerium. Das Problem ist nur, die zwei starken Spieler, die die SPD momentan hat, der Pistorius aus seiner Beliebtheit heraus und der Klingbeil aus seinem taktischen Agieren heraus. Also es ist ja nicht so, dass er von seiner Partei jetzt wahnsinnig getragen wird. Der hat gestern bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden oder am Mittwoch
bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden 85 Prozent bekommt. Das hört sich gut an, aber Mützenich hatte immer 97 Prozent, 97, 98 Prozent. Also von daher, der ist nicht in einer so starken Position, dass er getragen wird von der Partei, aber er ist in einer starken Machtposition, die er sich jetzt angeeignet hat. Und die beiden Politiker sind ausgewiesene Außen- und Sicherheitspolitiker. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass einer von beiden letztendlich
auf dem Finanzministerium sitzt. Und ich glaube auch, dass das Außenamt wieder deutlich wichtiger wird, als es zuletzt war. Nicht bei Merz. Ja, Merz will in Sicherheit, das mag sein. Trotzdem braucht er ja auch seinen Partner. Also ich glaube schon, dass letztendlich einer der beiden auf jeden Fall ...
Außenminister wird. Einen Satz dazu vielleicht. Ich finde es ja, also dieser Machtmove jetzt von Klingbeil, sich an die Spitze der Fraktion zu setzen, irgendwie beeindruckend, aber auch schon ganz schön kalt.
Ich fände es echt krass, wenn zwei Wochen später oder zwei Monate später auf diesem Move folgen würde, dass dieser Fraktionsvorsitz jetzt auch nur so ein Zwischenstep war und dann geht es als Minister weiter und da wird nochmal munter gewechselt. Ich fände das ehrlich gesagt dann eine Spur zu kalt. Das würde mich echt irritieren.
sich jetzt den Fraktionsvorsitz zu sichern und dann irgendwie in zwei Monaten nochmal Minister zu werden, nachdem es eh schon umstritten ist, ob er nicht eher zu den Architekten der Wahlniederlage gehört. Also krass.
Das teile ich total und mit dieser Einigkeit gehen wir jetzt zum nächsten Themenkomplex sozusagen. Wenn vier Menschen wie heute hier so um einen Tisch sitzen und einer der vier kommt aus dem Osten, dann wird ja immer gefragt, warum so unfassbar viele Menschen im Osten die AfD wählen. Nervt dich das eigentlich lieber Martin? Und eine Frage hinterher geschoben, warum wählen eigentlich so unfassbar viele Menschen aus dem Osten die AfD? Nein Peter, es nervt mich nicht vor allem nicht, wenn du fragst.
Ich kann ja die Frage auch nicht so einfach beantworten. Es ist einfach irrsinnig kompliziert. Die Frage wird mir tatsächlich schon seit 10, 12 Jahren gestellt und die Antworten haben sich im Laufe der Jahre auch verändert, weil sich tatsächlich die Antworten auch verändert haben.
Ich glaube, der Kollege Pollmer, der unser Leipziger Büro leitet, schreibt das heute auch in seinem Leitartikel. Ich glaube, dass aus Protestwählen Überzeugungswählen geworden ist, dass viele Leute anfangs AfD gewählt haben, weil sie damit Unzufriedenheit ausdrücken wollten und vieles scheiße fanden und das einfach mal zeigen mochten.
Ich glaube, dass sie gemerkt haben, dass sie damit irrsinnigen Erfolg haben. Im Sinne von, die Aufmerksamkeit war plötzlich riesig. Das ganze Land hat hingeschaut und hat sich gefragt, oh, was können wir nur tun, um das wieder zu verkleinern? Und was nicht so richtig gemacht wurde, ist die Probleme lösen, die die Leute artikuliert haben. Also in der Flüchtlingspolitik, bei der Infrastruktur, kann jetzt in den ganzen Politikfeldern durchgehen, wie Klimapolitik gemacht wird. Da gibt es ja einfach...
in Ostdeutschland vielfach eine andere Ansicht als in Westdeutschland. Diese Probleme wurden nicht gelöst. Das Protestwählen hat eine irrsinnige Aufmerksamkeit nach sich gezogen. Die einzige Reaktion war so ein moralisches Verurteilen dieser Wahlentscheidung und die Leute haben sich dann einfach so eingegraben darin und es hat sich verfestigt und irgendwann haben die gesagt, die AfD ist unsere Partei und jetzt gibt es einfach
40 Prozent der Leute, die sie wählen und ich bin mir sicher, dass bestimmt die Hälfte davon die AfD wirklich aus totaler Überzeugung, dass das jetzt das Richtige wäre, wählt. Und ich fürchte, dass man auch nicht verhindern können wird, dass diese Partei in den nächsten Jahren irgendwo in einem ostdeutschen Bundesland an die Regierung kommt. Was wird denn dann passieren, Martin? In unseren Diskussionen sagst du das ja öfter mal, darauf wird man sich einstellen müssen. Was ist dann, wenn die regieren? Wie stellst du dir das vor?
Also ich fürchte, es wird aus Sicht der Leute, die da von der AfD regiert werden, gar nicht so schlimm kommen, sondern möglicherweise verändert sich nicht viel außer das Klima für diejenigen, die nicht in die Gunst des AfD-Programms fallen, sage ich jetzt mal. Diejenigen, die
sich bedroht fühlen von dieser Partei, die werden da keine gute Zeit haben und das ist schlimm genug. Ich glaube aber, dass die Disruption, die jetzt in einem Bundesland wie Sachsen zu erwarten wäre, wenn die AfD mitregiert, vielleicht aus Sicht der Sachsen gar nicht so riesig wäre. Und ob das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist, weiß ich nicht. Was das über die Gesellschaft aussagt, darüber kann man jetzt auch nur laut nachdenken.
Aber ich glaube nicht, dass die Welt untergeht und ich glaube auch nicht, dass wenn die einmal AfD gewählt haben, dass sie dann sagen, oh das war jetzt aber so schlimm, das machen wir nie wieder, sondern eher, ich glaube eher, dass sich das weiter verfestigen wird und weiter normalisieren und dass man dann so eine Österreich-Entwicklung haben wird, wo die FPÖ mal an der Regierung ist, mal nicht, in manchen Bundesländern sogar teilweise ja auf Bundesebene.
manchmal man mit der total unzufrieden ist und sie bei der nächsten Wahl wieder abstraft und dann man aber im nächsten Furor sie auch wieder zur stärksten Kraft wählt. Also sowas wird zumindest in Sachsen und Thüringen fürchte ich in den nächsten Jahrzehnten Normalität sein. Ich glaube, man wird dann auch, also ich will das gar nicht kleinreden, ich glaube, du hast es eben ja selber gesagt, für die Leute, die
von der AfD massiv bedroht werden und das sind ja viele, für die wird es zum Teil möglicherweise schrecklich werden. Aber man wird, glaube ich, auch feststellen, dass Landesregierungen halt so wahnsinnig viel gar nicht machen können oder dass sie in sehr, sehr vielen Bereichen einfach an Bundesregeln angedockt sind, dass sie ausführen, was in Berlin beschlossen wird. Also insofern ist, glaube ich, auch das Umsturzpotenzial nicht so riesig. Wäre jetzt ein bisschen meine
vielleicht formale Betrachtung und ganz am Schluss kann der Bund halt bei vielen Sachen einfach dann zur Not auch eingreifen und sagen, Freunde, so nicht. Aber wäre das nicht für den Osten selber ganz, ganz, also wenn ihr jetzt sagt, die Leute, die da nicht so in der Gunst sind,
Wer ist das denn? Das sind Migranten, das sind Frauen, das sind liberal linksdenkende Leute und wenn die alle weggehen, das ist ja schon das Problem. Darum ist ja die AfD auch so stark, weil schon so viele weggegangen sind. Zum Beispiel Frauen. Ich glaube, das ist wirklich ein Thema, dass da sind ja sehr viele, vor allem junge Menschen, aber auch sehr viele Frauen sind aus Ostdeutschland insgesamt weggegangen. Das wäre doch für den Osten selber oder für die Länder, in denen das passiert, selber unter Umständen eine ganz triste Perspektive.
Ich fürchte nur, dass mit den Frauen, also ja, es stimmt, viele Frauen sind weggezogen in den 90ern, auch einige Männer, vor allem eben junge Leute. Aber unter den AfD-Wählern, sonst gewinnt man auch keinen Wahlkreis und die AfD hat ja in Sachsen zum Beispiel fast alle Wahlkreise gewonnen. Es sind einfach inzwischen super viele Frauen. Also ich glaube, dass sich Männer und Frauen fast die Waage halten inzwischen in der Wählerschaft.
Auch das ist eine krasse Entwicklung. Also das war vor ein paar Jahren noch ganz anders. Und ja, der Migrationsanteil, Migrantenanteil in einem Bundesland wie Sachsen oder Thüringen ist halt wesentlich geringer als in
Allen westdeutschen Bundesländern. Lustigerweise ist auch der Mangel an Facharbeitskräften in diesen Bundesländern besonders groß. Der Bedarf in der Pflege ist besonders groß, im Krankenhauspersonal. Das ist eine krass alte Gesellschaft. Es fehlen immer mehr Leute, die die immer mehr alten Leute pflegen und sich um die kümmern.
Und wenn man dann ein Umfeld hat, das Leute, die zuwandern, eher abschreckt, dann tut man sich natürlich auch nicht nur einen Gefallen. Aber offenbar nehmen das die AfD-Wähler in Kauf oder finden es nicht so schlimm oder glauben, es entwickelt sich anders. Ich war jetzt ein bisschen überrascht, Martin, dass du auf Peters Frage nicht gesagt hast, ey, wieso, die AfD ist doch kein Ostproblem.
Die ist doch lange kein Ostproblem mehr. Und das stimmt ja auch. Da sind zwar die prozentualen Anteile besonders hoch, aber wenn man sich die Gesamtwählergruppe anguckt, dann kommen glaube ich inzwischen weit, weit mehr AfD-Wähler aus dem Westen als aus dem Osten. Deswegen war ich gerade auch ein bisschen unsicher, als du sagtest, was ist sozusagen ein Bundesland, ja?
Stimmt, ein Bundesland verändert die Welt nicht, aber wenn wir möglicherweise in vier Jahren nicht mehr 20, sondern wieso sollte das ausgeschlossen sein, 30 Prozent AfD auf Bundesebene haben, dann ist jede Koalitionsbildung, die jetzt schon brutal schwierig ist, auch auf Bundesebene plötzlich ein riesengroßes Problem. Und dann ist die AfD in einer Position der Stärke, die man sich...
kaum ausmachen kann. Also angenommen, die regiert wirklich in vier Jahren in zwei ostdeutschen Bundesländern, stellt sogar einen Ministerpräsidenten und hat dann irgendwie auf Bundesebene 30 Prozent. Also dann sind wir hier schon in einer Lage...
von der man vor ein paar Jahren noch gehofft hat, die würde sich nie einstellen. Die Frage ist halt, ob das noch diese AfD wäre. Also diejenigen, die das nicht so dramatisch finden oder die sich davon was erhoffen, glauben ja, dass die AfD sich in einer Regierung mäßigen muss. Das ist ja eigentlich der Weg, den viele europäische Radikale genommen haben. Anders als die AfD, die hatte sich ja immer weiter radikalisiert. Das wäre halt auch
Auch die Frage, wie sich die AfD selbst, wir reden jetzt über die AfD, die wir jetzt vor Augen haben, ob die sich dann verändern müsste. Aber einmal ganz kurz Widerspruch. Wir haben ja viel nach Österreich geguckt. Martin hat es eben auch angesprochen.
Auch die AfD ist ja wohl, wie man lesen kann, in intensivem Austausch mit der FPÖ. Und die Erfahrung der FPÖ ist genau das Gegenteil. Je mehr sie sich in der Mitte beim Regieren bewegt hat, desto schlechter war das für sie. Und deren Schlussfolgerung ist immer weitergehende Radikalisierung. Und bislang sehen wir das ja ehrlich gesagt bei der AfD auch. Die AfD hat sich seit ihrer Gründung permanent immer weiter, immer stärker radikalisiert.
Und ich sehe überhaupt nicht, wie sich das ändern würde.
Die Union hat sich ja zum Ziel gesetzt, in dieser Regierung die Migrationswende hinzubekommen. Das heißt also, die illegale Migration massiv zurückzudrängen. Wenn das gelingen sollte, ist es dann mit dem Höhenflug der AfD auch vorbei? Oder macht sich das auch, die AfD ist in anderen Themenfeldern so stark mittlerweile, dass das in keinster Weise irgendeine Form von Garantie dafür ist? Nee, es ist überhaupt gar keine Garantie. Also erstens werden die Leute immer untergebracht,
Ich muss vorsichtig formulieren, aber irgendwie auch zu Recht sagen, es war ja der Druck der AfD, die auch dafür gesorgt hat, dass das Thema ernster genommen wird.
Deswegen geht dann ein Erfolg auf diesem Politikfeld auch mit der AfD nach Hause. Das ist ein Dilemma. Ich finde, man muss auf diesem Politikfeld mehr tun und erfolgreicher sein als bisher. Aber da die AfD die Partei war, die das seit zehn Jahren schon extrem stark gemacht hat, wird es immer mit ihr nach Hause gehen, auch mit ihr nach Hause gehen, wenn da was bewegt werden kann von anderen Parteien.
Dann sind die Gründe, diese Partei zu wählen, einfach auch zu vielschichtig. Und es ist nicht so einfach, auf den Punkt zu bringen, dass es jetzt wegen eines Problems so ist. Also ich meine, Biden hat ja auch eine relativ restriktive Migrationspolitik gemacht. Zeitweise hat ihm gar nichts genutzt. Die Leute haben trotzdem Trump gewählt. Aus tausend Gründen. Wir wissen, wir haben viel darüber diskutiert. AfD-Wähler argumentieren ja ähnlich wie Trump-Wähler. Die sagen, wir können nicht mehr reden, wie wir möchten. Das ist mir alles zu vogue.
Was ist das eigentlich mit dieser Gleichstellungspolitik? Wieso wird zum Klimawandel an unseren Köpfen vorbei regiert? Wieso will der Bundeswirtschaftsminister in unseren Heizungskeller rein? Man kommt ja vom Hundertsten ins Tausendste, wenn man
sich anschaut, was sind Gründe fürs AfD-Wählen. Das ist eine kulturelle Sache. Wir sind da gerade in einer gesellschaftlichen Lage, die dieser Partei auf allen möglichen Gebieten Auftrieb verschafft. Und das wird so schnell nicht mehr aufhören, fürchte ich. Wir haben ja Alice Weidel in diesem Wahlkampf so oft im Fernsehen gesehen wie den Kanzler, den jetzt scheidenden Kanzler und den jetzt kommenden Kanzler.
Viele haben das ja als eine Normalisierung kritisiert und gleichzeitig auch für Harmlosung kritisiert. Wie ist eure Haltung dazu? War das okay, dass Sie da als Kanzlerkandidatin der AfD in diesen ganzen Duellen, Quadrillen oder wie das alles hieß, aufgetaucht ist? Oder hätte man Sie da eher raushalten sollen? Ich finde, man kann sie nicht raushalten. Also jedenfalls gerade bei den öffentlich-rechtlichen Sendern kann man sie nicht raushalten.
Mein persönlicher Eindruck war, dass sie da auch eher nicht gewonnen, sondern eher verloren hat. Viele der Auftritte waren, da kam sie für meinen Geschmack jedenfalls irgendwie barsch und unfreundlich und arrogant rüber. Hatte den Eindruck, dass ihr das eher schadet. Aber ich glaube, bei allen darf man überhaupt nicht vergessen, es gibt längst ein anderes Medienbiotop, das besteht neben all diesen Quadrelln und wie die alle heißen. Und da sind die stark präsent geworden.
TikTok ist jetzt immer genannt, aber die haben ihre ganze eigene Social-Media-Welt, über die sie direkt zu ihren Leuten sprechen können. Selbst wenn Alice Weidel nirgendwo aufgetreten wäre, sie wäre ja nicht weg gewesen. Das ist, glaube ich, so eine Blickverzerrung. Deswegen...
Ich glaube, es hat ihr jetzt nichts genützt. Ich glaube aber, es wäre noch schlimmer gekommen, wenn sie nicht überall hätte auftreten können. Weil die Erzählung der AfD, die grenzen uns als zweitstärkste Partei in den Umfragen aus ihren TV-Duellen aus, die verbreitet sich über Social Media natürlich ganz wunderbar. Und das wäre ein Erfolg, den man ihr damit bescheren würde. Sondergleichen, abgesehen davon, dass ich schon auch
wissen will, als Wähler der Mitte, was das für eine Partei ist, die da eine Kanzlerkandidatin stellt und von 20 Prozent der Deutschen offenkundig gewählt wird. Also ich habe schon selber als Zuschauer das Interesse zu sehen, wie die argumentiert und wie die sich da aufstellt. Also ich finde es auch journalistisch völlig richtig,
Okay. Wir müssen hier einen harten Cut machen. Wir hatten eigentlich noch auf unserem Zettel stehen, dass wir noch über den Erfolg der Linken reden wollten und über die Abstürze von FDP und Grünen noch ein bisschen intensiver. Das schieben wir...
Aber dann ist Ileana, ist Ileana wieder da? Das weiß ich gar nicht. Ja, super, sehr schön. Ileana ist wieder da. Tut mir leid, Martin. Da bist du wieder rausgekickt. Martin, er lässt einfach eine dienstliche Anweisung, dass er dabei sein darf.
Klagt sich rein. Idealdekret. Bei der Zeit heißt es ja noch Basisdemokratie. Nee, das heißt Richtlinienkompetenz. Die Richtlinienkompetenz hat hier aber der Host-in-Chief. Und den bin ja heute ich sozusagen. Aber wir dürfen ja nicht voneinander scheiden, ohne dass wir noch unseren Top der Woche...
Also was war jetzt bei der Wahl oder in den Tagen seit der Wahl für euch der Top, das beste Ereignis, das beste Ergebnis? Weil wir wollen ja im Unterschied zu unseren Flop5 einen positiven. Oh Peter, ich habe einen Flop, weil wir zuletzt hatten wir immer basisdemokratisch die Wahl. Da durften wir mal aussuchen, ob wir Tops oder Flops haben. Okay, dann mach halt einen Flop. Die Flop5
Ich fange mit meinem Flop an. Wir haben es schon leicht angetickt, deswegen kann ich es schnell machen. Ich finde es ehrlich gesagt ein Flop, wie sich die SPD verhält. Unbegrüßtester Kanzler seit Gründung der Bundesrepublik. Koalition total gegen die Wand gefahren. Historisch schlechtestes Wahlergebnis. Und was passiert? Nichts. Es passiert einfach gar nichts. Keiner übernimmt Verantwortung. Keiner ist es gewesen. Ich verstehe die ganze innere Logik. Aber Leute, 16 Prozent und es ist alles so wie vorher passiert.
Ist für mich ein Flop. Also mein Top ist, dass bei der SPD nichts passiert? Nein. Nein, mein Top ist, dass ich mir diese ganzen Fernsehsendungen nicht mehr angucken muss. Also wo die Kanzlerkandidaten da aufgetreten sind. Man fühlt ja so eine innere Verpflichtung, sich das alles anzuschauen, wenn es denn irgendwie möglich ist. Und das habe ich auch getan. Und es war ein Overkill. Also es war einfach...
zu viel und man meint den Wunsch für die Wahl in vier Jahren, man sollte wieder etwas abbauen, sozusagen. Mein Flop ist eine Sache, die ihr leider auch ein bisschen schon gesagt habt, will das aber gar nicht gegen euch gerichtet verstehen. Nämlich dieses, wenn es jetzt nicht klappt, dann sind wir total doomed. Und
Ich finde, wir haben ja darüber gesprochen, ich finde, es gibt schon ein paar Sachen, wo man jetzt so denkt, oh weia, hoffentlich geht das gut. Aber ich finde, wir müssen wirklich aufpassen, dass wir der Sache erstens eine Chance geben, dass wir nicht jetzt schon erklären, woran die Regierung gescheitert sein wird. Das ist ehrlich gesagt genau das, die letzte Generation, wir sind die Letzten und danach geht gar nichts mehr und so. Ich finde, es stimmt meistens einfach auch nicht. Also vielleicht ist es auch mehr Hoffnung als Realität, aber ich finde, wir sollten so nicht reden. Ja.
In deinem Flop steckt ja jede Menge Hoffnung und Positives, das finde ich total gut. Also sehr schön, bester Flop bisher.
Okay. Ich mache noch was Pastorales als Top am Ende. Es ist auch schon oft gesagt worden, es ist auch nicht super überraschend. Ich finde es aber wirklich toll, wie viele Leute sich aus dem Nicht-Wählen verabschiedet haben, sich wieder an dieser Demokratie sehr aktiv beteiligen, dass wieder leidenschaftlich diskutiert wird, dass es wieder um große inhaltliche Fragen geht und dass das zu einer Wahlbeteiligung weit über 80 Prozent führt. Das finde ich einfach ziemlich gut und das hat mich am Sonntag auch wirklich gefreut.
Ja, da kann sozusagen die Abmoderation direkt anschließen. Ich freue mich sehr, dass so viele Leute immer den Politikteil, auch den Politikteil Roundtable hören. Und wir bekommen ja, das darf ich mal verraten, sehr viel positive Resonanz in letzter Zeit und auch der Wunsch, dass es verlängert wird. Dazu sagen wir am nächsten Montag irgendwie mehr. Ja, uns bleibt im Endeffekt noch der Dank und die Kritik. Also wir wollen uns bedanken bei den Pool-Artists, bei Pia und Ole von Zeit Online und natürlich auch bei unserem Publikum,
Iliana-Ersatz Martin und es gibt natürlich in der kommenden Woche Er war doch so viel mehr als das, Peter. Er war nicht bloß ein Ersatz. Iliana ist meine Partnerin und das ist die Schickanz oben. Iliana ist unvergleichlich und einzigartig, das ist völlig klar. Aber Martin eben auch, oder? Martin hat das schon gut gemacht. Ich bin gerne Iliana-Ersatz. Danke euch jedenfalls sehr für die Einladung.
Also der nächste Roundtable kommt am kommenden Montag schon und da packen wir alles rein, was wir heute noch nicht geschafft haben. Vieles anderes noch mehr. Und am Freitag drauf ist dann auch der nächste normale Roundtable zu hören. Und wenn ich richtig informiert bin, wenn ich was im Kopf habe, werden dann Tina und Heinrich moderieren. Und wir freuen uns auf jeden Fall, wenn sie dann wieder uns einladen in ihr Ohr. Vielen Dank. Bis dahin. Tschüss. Danke. Ciao. Das Politik-Teil ist ein Podcast von Zeit und Zeit Online. Produziert von Pool Artists.