Das Politikteil, der wöchentliche Politik-Podcast von Zeit und Zeit Online. Herzlich willkommen bei Das Politikteil, dem politischen Podcast von Zeit und Zeit Online. Schön, dass Sie heute wieder dabei sind. Mein Name ist Iliana Grabitz. Und ich bin Peter Dausend.
Ja, diese Woche ist geprägt von den heftigen Militärschlägen der USA auf die Atomanlagen im Iran. Eigentlich wollte sich US-Präsident Donald Trump ja als Friedensfürst verkaufen und sich als der große Dealmaker mal wieder inszenieren, der die Kriege und Konflikte in der Ukraine und im Nahost im Handumdrehen befriedet, seine Streitkräfte nicht mehr in aller Welt einsetzt und dafür mit dem Friedensnobelpreis am Ende beschert wird. Doch nun, Peter, ist es ganz anders gekommen.
In der Tat ist es anders gekommen. Mit bunkerbrechenden Bomben hat sich der America-First-Präsident in den Krieg zwischen Israel und Iran eingeschaltet und gleich ein Dutzend dieser 13 Tonnen schweren Bomben auf die Atomanlage von Fordow, die ja tief in einen Berg hineingebaut ist, hinabregnen lassen. Mit ungewissem Ausgang allerdings. Denn Trump selbst hat die Aktion, natürlich möchte man sagen, als großartigen Erfolg gefeiert, aber...
Als die komplette Zerstörung des iranischen Atomprogramms, aber die US-Medien berichten, das Programm sei durch den Angriff lediglich um einige Monate zurückgeworfen worden. Ja und angesichts all dessen fragt man sich, was stimmt denn jetzt eigentlich? Mit dieser Frage wollen wir uns heute auch beschäftigen, sofern man sie überhaupt zum jetzigen Zeitpunkt beantworten kann. Doch unser Schwerpunkt in der kommenden Stunde soll der Iran selber sein. Wir wollen darauf schauen, wie die Lage im Land nach zwölf Tagen Krieg mit Israel und am Tag 5 nach den US-Schlägen ist.
Der Iran scheint schwach wie nie, seitdem die Mullahs dort herrschen. Aber sind die Hoffnungen auf einen Regime-Change begründet oder stabilisieren die Angriffe am Ende das System?
Ja, wir wollen uns auch anschauen, wie das Regime nach innen reagiert, wie es mit der Opposition umgeht, ob die Repressalien nun zunehmen oder nicht, in welchem Zustand ist die Opposition überhaupt. Und zum Schluss wollen wir auch nochmal uns anschauen, wie die Europäer und insbesondere die ja immer noch relativ neue Bundesregierung in dieser Krise agiert hat und weiterhin agiert. Spielen sie künftig überhaupt noch eine Rolle in dieser Krise oder sind sie zum Dasein als Zaungast verdammt?
Und besprechen wollen wir das alles mit einem Gast, die den Iran nicht nur aus eigener Erfahrung bestens kennt, sondern auch aus wissenschaftlicher Perspektive. Unser Gast hat deutsche und iranische Wurzeln. Sie ist Professorin für Islamwissenschaften an der Uni in Köln, hat über das Denken und Wirken eines iranischen Philosophen im Iran promoviert, was sehr spannend klingt.
Und über einen schiitischen Theologen habilitiert. Und sie hat vor ihrer akademischen Karriere als Journalistin gearbeitet und auch für die Zeit geschrieben. Ganz herzlich willkommen im Politikteil Katajun Amipur. Toll, dass Sie da sind. Dankeschön, Frau Gabitz. Ja, und wie das bei uns üblich ist, beginnen wir mit dem Geräusch, das unser Gast mitgebracht hat. Und das wollen wir jetzt erstmal anhören.
Ja, das hört sich sehr schön an. Ein Lied haben wir da gehört. Was ist das für ein Lied und was wurde da eigentlich gerade gesungen? Das ist ein Lied von Ali Azimi. Der hat das aufgenommen ein paar Monate nach den Protesten im Jahre 22. Im Herbst 22 haben wir ja ein sehr großes Aufbäumen der Protestbewegung gesehen. Und das ist ein Lied, das wir da gehört haben.
Er hat das dann ein paar Monate später aufgenommen. Wir haben uns das in diesem Jahr zu den iranischen Nodus-Feierlichkeiten, den Neujahrsfeierlichkeiten zum 20. und 21. März alle gegenseitig zugeschickt und haben gesagt, guck mal, was wäre das schön, wenn sich bewahrheiten würde, was er da singt. Und in dem Text geht es im Wesentlichen darum, der Refrain lautet, stellt euch vor, wir wachen auf und die sind nicht mehr da.
Also sprich das Regime. Dann könnten wir in einer friedlichen Welt leben, wo niemand mehr unser Feind ist, wo niemand mehr uns Repressalien androht, wo niemand mehr unsere Kinder umbringt.
Und unterlegt ist das ganze Video dann mit Bildern von den Menschen, die im Herbst 22 zu Tode gekommen sind. Von den Bildern, die wir alle kennen, auch hier im Westen, also quasi auch von den bekanntesten Menschen. Ein Bild ist Kian Piersch-Fallack. Das war ein achtjähriger Junge, der erschossen worden ist im Zuge dieser Proteste. Und das ist herzergreifend, wenn man es hört, wenn man den Text hört, wenn man die Bilder sieht.
Und ja, wie gesagt, alle, die es gesehen haben, haben geheult, es weitergeschickt und gesagt, Mensch, was wäre das schön, wenn wir aufwachen eines Tages und die sind nicht mehr da. Besser könnte man eigentlich die Folge heute gar nicht starten, weil das ist ja genau das, worüber wir heute sprechen wollen, ob es Anlass für die Hoffnung gibt in dieser Situation, in der wir uns gerade befinden.
Ich denke, der Krieg endete, als wir die...
Die US-Angriffe am Wochenende sollen die iranischen Atomanlagen ausgelöscht haben, so die Aussage von Präsident Trump. Doch ein US-Geheimdienstbericht kommt vorläufig zu anderen Schlüssen. Demnach haben die Angriffe Irans Atomprogramm nur um einige Monate zurückgeworfen.
Ja, Frau Amipour, wir haben es gehört. Die Lage ist, so viel kann man auf jeden Fall sagen, verworren und keiner weiß nichts Genaues. War der US-Schlag nun ein Erfolg oder nicht? Da gibt es auch heute, wir zeichnen am Donnerstag auf, Beratungen und PKs, Pressekonferenzen dazu in Amerika. Vielleicht wissen wir am Ende des Tages mehr. Sind die Atomanlagen zerstört oder nur beschädigt?
Und wenn letzteres wie sehr, das sind im Grunde genommen die Fragen, an denen wir bemessen können, wie erfolgreich am Ende auch diese Militärschläge waren. Jetzt sehe ich bei Ihnen, Frau Amipour, leider auch keine Glaskugel, aber wir fragen jetzt trotzdem mal nach, weil Sie ja vielleicht doch noch ein bisschen näher dran sind und eine andere Warte mitbringen können. Nach allem, was Sie wissen und hören, sind Sie eher auf der Seite komplett zerstört oder im Team nur beschädigt? Also rein mit Blick auf die Atomanlagen.
Ich habe auch keine besseren Informationen als die amerikanischen oder israelischen Geheimdienste, aber ich wäre eindeutig im Team nur beschädigt. Das scheint mir durchaus logischer und nachvollziehbarer.
Die Iraner hatten ja relativ viel Zeit, sich dann vorzubereiten auf die Militärschläge der Amerikaner. Damit konnte man ja im Grunde genommen rechnen. Also es waren ja dann in den Tagen zuvor schon Bilder zu sehen von Lastwagen, die vor den Nuklearanlagen in Fordow und Natanz und Isfahan standen. Also man konnte annehmen, dass die dabei sind, diese 400 Kilo Uran wegzuschaffen, von denen man ja bis heute nicht weiß, wo sie abgeblieben sind.
Das ist das eine und vor allem aber denke ich, dass selbst durch die Beseitigung von zahlreichen Atomwissenschaftlern, die ja passiert ist in diesem Zwölftagekrieg, wie Trump ihn so schön nennt, dann sind zwar einige namhafte Experten dieses Programms weggebombt worden, aber das atomare Wissen ist ja durchaus noch vorhanden in Iran und insofern,
kann man natürlich auch in die Zukunft blicken, davon ausgehen, dass Iran weiter basteln wird. Haben wir nochmal ganz kurz in die Vergangenheit geblickt, bevor wir in die Zukunft blicken. Es gibt ja auch sehr unterschiedliche Einschätzungen darüber, wie nah der Iran wirklich war an der Bombe. Standen sie jetzt unmittelbar davor oder...
Es gibt ja auch US-Geheimdienstberichte, die gar nicht so alt sind, die gesagt haben, da fehlen noch Trägersysteme, das wird noch ein paar Jahrchen dauern. Was ist denn da Ihre Einschätzung? Waren Sie wirklich kurz davor? War das jetzt der richtige Zeitpunkt, so loszuschlagen? Oder hätte man das eigentlich noch durch Verhandlungen anders auch lösen können?
Auch da weiß ich nicht besser Bescheid als die Geheimdienste. Aber anmerken kann man ja bei der Gelegenheit mal, dass Netanyahu schon 1996 vor dem US-amerikanischen Kongress gesagt hat, die Iraner sind kurz davor, die Bombe zu haben. Und diese Nachrichten, es dauert nicht mehr lange, sie haben es bald geschafft, die haben wir in den vergangenen Jahrzehnten sehr, sehr häufig gehört. Also dieses Mal sind die Angaben wahrscheinlich plausibler.
weil man eben jetzt wirklich dieses zu 60 Prozent angereicherte Uran hat. Da ist es nicht mehr weit bis zu 80 Prozent angereichertem Uran.
Und da sagen alle mehr oder minder übereinstimmend, da wären die Iraner gewesen. Was sie aber auch sagen ist, dass es ja nicht reicht, dieses hoch angereicherte Uran zu haben, sondern man müsste ja erstmal die Trägersysteme noch haben und bauen. Und da hätte man, also da gab es eine durchaus größere Zeitspanne als das, was von Netanyahu angegeben worden ist, als er gesagt hat, die sind jetzt kurz davor, die Bombe zu haben. Was
den Zeitpunkt anbelangt, der ist plausibel aus israelischer Sicht. Insofern war das jetzt auch nicht besonders unerwartet, dass Netanyahu gerade jetzt zuschlägt. Denn Israel hat ja im Oktober die iranische Luftabwehr weitestgehend ausgeschaltet.
Es war relativ klar, dass sie ungefähr bis Oktober diesen Jahres diese Luftabwehr wieder auf dem Stand hätten, die Iraner, auf dem sie zuvor waren. Und insofern war das jetzt das Window of Opportunity, wie es immer so schön heißt, für Netanyahu zuzuschlagen.
In der aktuellen Zeitausgabe haben wir ein Stück, das Reaktionen aus der iranischen Bevölkerung zusammenträgt. Und wir haben im Moment auch diese Völkerrechtsdebatte im erweiterten Sinne. Selbst Regimekritiker kritisieren das Vorgehen der USA-Massiv, da eben auch zivile Opfer in Kauf genommen wurden. Da wird gar nicht so viel darüber berichtet. Deckt sich das mit den Reaktionen, die Sie mitbekommen aus dem Iran?
Auf jeden Fall, das deckt sich damit. Wobei, wenn Sie sagen, da wird nicht so viel darüber berichtet und nach meinen Informationen fragen, kommen wir auf den wirklich wichtigen Punkt, dass man über Iran halt auch sehr, sehr wenig Informationen haben kann. Es gibt keine westlichen Journalisten in Iran. Seltsamerweise haben sie jetzt einen CNN-Reporter, Fred Pleitgen, ein Visum gegeben für einige Tage, der war da.
Aber ansonsten haben wir ja aus unabhängigen westlichen Quellen sehr, sehr wenig an Informationen. Die kommen noch einfach nicht raus. Die iranische Regierung hat das Internet tagelang lahmgelegt. Das heißt auch die Social-Media-Aktivisten, Journalistinnen, von denen wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer sehr, sehr viel an Informationen bekommen haben, die konnten nicht posten.
Und es waren einfach Menschen extrem schwer zu erreichen in Iran. Darauf beruht unter anderem auch unsere ganz, ganz große Informationslücke, was jetzt eigentlich geschehen ist mit den Menschen, wie die Menschen darauf reagieren. Insofern ist das sehr wertvoll, was Zeit Online da geleistet hat. Der Spiegel hat es auch geschafft, einige Originalstimmen zusammenzutragen.
Und wir waren alle in den letzten Tagen damit beschäftigt, dann eben doch auf Social Media zu suchen, nach Leuten, die es mal kurz zwischendurch geschafft haben, etwas zu posten.
beziehungsweise die sich getraut haben, etwas zu posten. Also schon einen Tag nach den israelischen Angriffen hat die Staatsanwaltschaft in Teheran gesagt, wer postet, hat mit Strafverfolgung zu rechnen. Sie haben direkt am ersten Tag eine 67-jährige Rentnerin festgenommen, die nur ein Bild ihrer zerstörten Wohnung gepostet hat.
Also man hat den Menschen ganz klar gesagt, dass ihr werdet straffällig damit, wenn ihr über das Ausmaß der Zerstörung berichtet, wenn ihr eure Storys postet, wenn ihr den Leuten in der Welt erzählt, was hier gerade passiert. Also sowohl die israelische Regierung wie auch die iranische Regierung hatten ein großes Interesse daran, dass eben keine Bilder und Geschichten aus Iran nach außen dringen.
Wir hören ja praktisch seit 1979, also seit der islamischen Revolution im Iran, sehr viele feindselige Äußerungen zwischen Iran und Israel hin und her. Da spricht ja sehr viel Hass heraus. Mir ist nicht ganz klar, ob dieser Hass, der zwischen den Regierungen ja immer wieder befeuert wird, ob der auch verankert ist in der Bevölkerung. Wie sieht die iranische Bevölkerung, wie blicken die eigentlich auf Israel?
Das ist in der iranischen Bevölkerung ganz und gar nicht verankert. Im Gegenteil. Je verhasster das Regime wurde, desto israelfreundlicher wurde die Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten. Wir haben zum Beispiel nach dem 7. Oktober Bilder aus Iran gesehen, wo Menschen, vor jedem Universitätsgebäude und vor vielen Verwaltungsgebäuden in Iran liegt die israelische Flagge als Fußabtreter aus.
Und wir haben dann Bilder zugespielt bekommen aus Iran, wo Menschen bewusst um diesen Fußabtreter, um die israelische Flagge herumgelaufen sind oder darüber gesprungen sind, um sich eben nicht die Füße an der israelischen Flagge abzuputzen. Es gab ein Spiel, ein sehr, sehr wichtiges Spiel in Iran, Persipolis gegen den anderen Hauptstadt-Perspektiv.
wo die Basijis, das ist die Inlandstruppe, die Aufstände niederschlägt in Iran, wo die aufgelaufen sind mit der Kofia um den Hals. Und da hörte man die Menschen im Stadion skandieren, steckt euch eure Schals sonst wohin. Um zu sagen, das, was ihr da betreibt, nämlich die Finanzierung der Hamas, der Hezbollah,
Das ist nicht das, was wir wollen. Und das ist eigentlich seit 2009 der Slogan, der am meisten gehört wurde bei regimekritischen Demonstrationen, nämlich weder Libanon noch Gaza, mein Herz gehört Iran. Und damit ist gemeint,
Wieso zahlen wir 30 Millionen im Monat zum Aufbau, zur Unterstützung der Hamas, anstatt es in unsere eigene Infrastruktur zu investieren? Das macht ihr doch nur, sagen die Menschen gerichtet an das Regime, um eure sogenannte Achse des Widerstands, die ja nur zum Erhalt von euch selber dient, von eurem Regime, das uns verhasst ist.
Die unterstützt ihr, aber ihr unterstützt uns nicht. Und der Kampf der Palästinenser ist nicht unser Kampf. Also es tat den Menschen natürlich dann immer mehr leid, was in Gaza passierte. Ich will damit nicht sagen, dass man kein Mitgefühl hat mit den Opfern in Gaza. Aber es war eine sehr, sehr starke Begegnung.
Zurückweisung gerade ab dem 7. Oktober der iranischen Politik gegenüber Israel zu spüren in der Bevölkerung. Ich habe noch einmal nachgefragt, also kann sich das jetzt ändern durch diesen sogenannten Zwölftagekrieg, dass diese Einstellung der Bevölkerung gegenüber Israel sich vom eher positiven ins negativen verkehrt?
Gegenüber der Regierung Netanyahu mit Sicherheit, zumal Netanyahu ja hingegangen ist, schon am ersten Tag, am 13.06. hat er gesagt, dieser Angriff richtet sich gegen das iranische Regime, er richtet sich nicht gegen die iranische Bevölkerung, schon das ist nicht angekommen in Iran. Also man hat zwar eine gewisse Genugtuung verspürt, als die militärischen Granden weggebombt wurden, das sind schließlich die, die verantwortlich sind für die Niederschlagung der Proteste in Iran.
Aber es hat eben sehr, sehr viele Zivilisten getroffen, schon in den ersten Stunden. Und die haben natürlich gesagt, es ist ein bisschen schwierig für uns, hinzugehen und zu merken, dass man hier differenziert zwischen dem Regime und uns als Bevölkerung. Hinzu kamen die Aufrufe von Netanyahu, die dann ja auch von Trump aufgenommen worden sind und auch vom Sohn des letzten Chars, von Reza Pahlavi, der in den Vereinigten Staaten im Exil lebt.
die gesagt haben, wir haben euch jetzt den Weg bereitet durch die Bomben, indem wir eure militärischen Granden weggebombt haben. Jetzt geht mal auf die Straße und stürzt euer Regime. Und das haben alle Menschen, kann man schlecht sagen bei 92 Millionen, haben viele als ausgesprochen zynisch wahrgenommen und uns gesagt, tolle Idee, ihr werft uns Bomben auf den Kopf und dann denkt ihr, dass wir noch irgendwie die Möglichkeit hätten, demonstrieren zu gehen. Die Menschen haben versucht,
Zu fliehen in den ersten Stunden, vor allem dann an dem Wochenende nach Kriegsbeginn, da gab es ja auch eine Evakuierungsaufforderung von Donald Trump. Das hat bei den Menschen die Bilder in Gaza getriggert. Auch da wurde ja immer zur Evakuierung aufgerufen.
Und die Menschen haben gedacht, was bedeutet das? Wollen die jetzt das mit uns machen, was in Gaza passiert ist? Und es hat natürlich die Bilder an den iranisch-irakischen Krieg, der von 1980 bis 1988 gedauert hat, getriggert. Und es sind zwar 70 Prozent der iranischen Bevölkerung jünger als 30 Jahre, aber es gibt natürlich auch eine ältere Generation, die in diesem Krieg geboren ist und aufgewachsen ist.
Und die sich denkt, um Gottes Willen, jetzt kommt das wieder. Jetzt haben wir genau diese Bilder wieder im Kopf, die uns nur allzu bekannt sind. Damit hat sich Netanjahu wirklich sehr unbeliebt gemacht. Und er ist ja sogar hingegangen und hat den Slogan der iranischen Protestbewegung des Jahres 22, Frau Leben Freiheit, gekapert quasi, hat ihn auf Persisch ins Mikrofon gesagt und
Und damit war den Menschen klar, dass sie jetzt natürlich auf jeden Fall, wie das sowieso schon in den Jahrzehnten zuvor der Fall war,
als israelische Spione denunziert werden, als jemand, der dem Feind in die Hände spielt, wenn sie auch nur die kleinste Kritik üben, den kleinsten Dissens äußern. Also insofern hat er damit der Protestbewegung tatsächlich einen Bärendienst erwiesen und das sagen die Menschen ja auch ganz offen. Also wir haben zahlreiche Stellungnahmen von namhaften Persönlichkeiten aus Iran, von Narges Mohammadi beispielsweise, der Friedensnobelpreisträgerin,
des Jahres 23 oder von den beiden in Deutschland ja auch ausgesprochen bekannten Regisseuren Jafar Panahi und Mohammad Jasulov. Mit seinem Film sind wir ja ins Oscar-Rennen gegangen, die gesagt haben, also Krieg ist nun sicherlich nicht das, was wir brauchen als Unterstützung aus dem Westen. Damit legt ihr uns eher lahm.
Wir wollen ja gleich im zweiten Teil des Podcasts uns nochmal eingehen, damit der Opposition auseinandersetzen, sowohl im Iran selber wie auch im Exil. An dieser Stelle nochmal eine Frage, was macht denn diese Demütigung, die da stattgefunden hat, also diese Militärschläge sowohl von israelischer als auch von US-Seite mit dem Selbstbewusstsein der Mullahs? Also man muss sich ja vorstellen, dass seit der Revolution 79 der Iran sich als Gegenentwurf zu den USA versteht und jetzt wird auf einmal in einer Nacht oder in ein paar Nächten, in zwölf Tagen,
greift die USA die Atomanlagen in Fordow, Nathans und Isfahan an und der Iran steht im Grunde genommen völlig mehr oder minder machtlos da, denn der Gegenschlag war ja auch eher bescheiden, muss man sagen.
Ich würde in dem Zusammenhang weniger von dem Selbstbewusstsein der Mullahs sprechen. Also wir gehen hier im Westen immer hin und sagen, das Mullah-Regime und der Mullah-Staat und so. Aber letztlich wird dieser Staat ja noch viel entscheidender gelenkt von den Revolutionsgarden. Also wir fragen uns eigentlich schon seit Jahren, kontrolliert der oberste Mullah, um das nochmal aufzunehmen, also der oberste religiöse Führer Ali Khamenei, kontrolliert der noch die Revolutionsgarden oder ist es eher umgekehrt, dass die Revolutionsgarden ihn kontrollieren?
Aber um zurückzukommen auf das, was macht das mit denen? Das ist natürlich eine herbe Demütigung und eine derbe Blamage, die sie dadurch erlitten haben. Es hat sich ja gerade in den ersten Stunden gezeigt, wie stark der Mossad Iran unterwandert haben muss, denn sie haben nun wirklich...
Genau gewusst, wo befinden sich diese Militärgranten, wo befinden sich diese Atomwissenschaftler, die sie ausschalten wollten. Es muss ja, ich weiß gar nicht, ob Ali Khamenei inzwischen schon aus seinem Bunker zurückgekehrt ist, er ist ja einer der wenigen, die in einem Bunker saßen, da es in Iran keine Bunker gibt.
Aber er muss sich ja selbst in seinem Bunker gedacht haben, weiß ich, ob mein Bodyguard nicht auch in irgendeiner Weise mit dem Mossad affiliiert ist. Also wir haben ja schon im letzten Sommer gesehen, als Ismail Haniya, der damalige Chef der Hamas, mitten im Teheran, mitten im Hochsicherheitstrakt war,
ermordet worden ist, sehr gezielt durch den Mossad. Schon da musste man sich ja fragen, mein Gott, wie gut wissen die Bescheid über all das, was in Iran passiert, wer wo ist. Und das ist natürlich die größte Demütigung der Revolutionsgarden und des Revolutionsführers.
auch gegenüber der eigenen Bevölkerung. Auch die iranische Bevölkerung wusste natürlich, wie stark das Regime außenpolitisch geschwächt ist. Dadurch, dass die Hamas als Alliierter mehr oder minder weggefallen ist, die Hezbollah ebenso ausgeschaltet wurde. Also die wichtigsten Bestandteile der Achse des Widerstandes existieren ja nun schon seit einiger Zeit nur noch als Schatten ihrer selbst. Also insofern war die außenpolitische Schwäche bekannt.
Aber dass es so eklatant ist, dass die Regime-Granten nicht mal in der Lage sind, sich selber zu schützen ...
Das ist dann schon nochmal auch in Richtung Bevölkerung ein Beweis gewesen, wie schwach ihr Regime eigentlich ist. Und dann aber auch eben wieder nicht schwach. Ja, da habe ich gleich zwei Nachfragen, wenn ich nochmal einhaken darf. Das eine ist, Sie haben anfangs gefragt, also Sie fragen sich selber, ob jetzt Ali Khamenei noch die Revolutionsgarten kontrolliert oder die Revolutionsgarten den obersten Religionsführer kontrolliert.
Was ist denn Ihre Antwort darauf? Und das Zweite ist, glauben Sie, dass der Mossad sehr erfolgreich die Revolutionsgarden unterwandert hat? Das wäre ja ein Zeichen für totalen inneren Zerfall. Also die erste Frage kann Ihnen niemand beantworten. Da haben sogar die Spezialisten, die im Wesentlichen zu Revolutionsgarden und solchen Sachen forschen, was ich nicht mache, ich mache irgendeine intellektuelle Geschichte, auch die sagen, das kann man wirklich so genau nicht beantworten. Wer treibt jetzt wen vor sich her? Zu der...
Zweite Frage. Ja, also man kann nur nicht genau sagen, wie genau und was, in welchem Ausmaße sie unterwandert worden sind. Aber dass sie unglaublichen guten geheimdienstlichen Intel haben, das haben sie ja dadurch bewiesen. Dass sie einfach genau wissen, wer wo ist. Und auch Trump hat ja gesagt, wir wissen genau, wo Al-Khamenei sich befindet. Man hätte ja meinen können, dass sie wenigstens den obersten religiösen Führer an einen Ort bringen, der nicht aufspürbar ist.
Aber da glaube ich ausnahmsweise mal Donald Trump in seiner Einschätzung, dass sie wirklich wissen, wo er sich befindet und aus ihren eigenen Gründen beschlossen haben, ihn nicht umzubringen.
Sie haben ja eben schon darauf hingewiesen, die Reaktion des Iran war fast schon erschreckend, also im wohlverstandenen Sinne schwach. Im Grunde genommen gab es dann einen Angriff auf den US-Stützpunkt in Katar, aber der wurde auch eigentlich vorher angekündigt, sodass sich auch alle vorbereiten konnten und seitdem ist nichts mehr passiert. Denken Sie, das war es jetzt oder müssen wir da vielleicht doch noch mit härteren Gegenschlägen rechnen?
Die Iraner bemühen sich ja, aus dem großen Krieg mit den USA herauszubleiben. Den wollen sie nicht provozieren. Und ich glaube, deswegen war das jetzt der wohl kalkulierte, wohl kalibrierte Gegenschlag.
Mit dem kann man nach innen behaupten, man habe zurückgeschlagen. Es kursieren ja jetzt schon Bilder von Siegesfeiern in Teheran. Es gibt ein Bild, das fand ich relativ spektakulär, wo ein wirklich niedergedrückter Trump zu einer riesen Khamenei-Statue bettelnd aufblickt und sagt, also in Iran wird das Ganze jetzt als totaler Sieg.
Dass die USA aufgehört haben zu bomben und dass man ja eben gezeigt hat, dass man zurückschlagen kann. Es wird ja auch von der iranischen Regierung nicht verkündet, wie wenig der abgeschossenen Drohnen und Raketen wirklich ihr Ziel getroffen haben. Man darf ja nicht vergessen, dass da eine Regime-Propagandamaschine am Werk ist, die so quasi alles als eigenen Sieg verkauft.
Also ich glaube, dass die großen Vergeltungsmaßnahmen, von denen man immer gesprochen hat, nämlich, dass weitere oder dass noch Angriffe folgen könnten auf amerikanische Militärbasen. Das war das eine, das haben wir gesehen, das haben sie in einem ganz kleinen Maße gemacht. Ich glaube, das ist jetzt damit gegessen von iranischer Seite. Dann als Vergeltungsmaßnahme die Schließung der Straße von Hormuz.
Da konnte man immer schon entgegnen. Das wäre aber ja auch etwas gewesen, was der iranischen Wirtschaft selber total geschadet hat. 80 Prozent der iranischen Ölexporte in Richtung China laufen durch diese Straße. Das hätte wieder mit sehr großen Gegenmaßnahmen der Amerikaner, die hätte das zur Folge gehabt. Sowas glaube ich nicht. Ich glaube dann eher an Cyberattacken.
die sie versuchen durchzuführen oder terroristische Anschläge. Das ist nun das, womit sie in den vergangenen Jahrzehnten auch immer reagiert haben.
wenn sie Stärke demonstrieren wollten nach außen. Aber im Prinzip werden die Iraner, denke ich, jetzt alles tun, diese Waffenruhe einzuhalten. Das iranische Regime sieht das quasi als eine Ruhepause, als eine, wie man wieder zu Kräften kommen kann. Man ist ja auch bereit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Das ist letztlich alles etwas, um ...
Ja, um Zeit zu gewinnen. Zeit zu gewinnen für die nächsten Schritte. Denn ich denke nicht, dass man das Vorhaben aufgegeben hat, beziehungsweise dass man sogar eher darin bestärkt worden ist, jetzt wirklich eine Atombombe zu bauen. Da wollen wir an dieser Stelle mal den von Ihnen eben schon so wertschätzend genannten Donald Trump hören. Wir haben zwei Länder, die so lange und so hart kämpfen, dass sie nicht wissen, was sie tun. Verstehen Sie das?
Ja, das war eine Aushörung von Trump am vergangenen Dienstag, glaube ich, auf dem Weg zu seinem Helikopter.
Da sagte er so sinngemäß, wir erleben hier zwei Länder, Israel und Iran, die schon so lange miteinander kämpfen, dass sie, what the fuck, übersetzen wir mal mit was zum Teufel, dass sie nicht mehr wissen, was zum Teufel sie denn hier so tun. Glauben Sie, dass er da einen Punkt hat, also dass er Hassi so fast selbstständig hat, dass er auch sozusagen jetzt weitergetragen wird? Oder kann diese Aktion der Amerikaner nicht vielleicht doch dazu führen, dass der Iran jetzt mal neu denkt und vielleicht irgendwie sagt,
Wieso sollten wir nicht mal auf einen Ausgleich mit Israel setzen? Ist das irgendeine Chance oder eine Variante, die möglich sein könnte? Also der iranische Präsident Mahmoud Pesachian hat ja gesagt, er kehrt an den Verhandlungstisch zurück, beziehungsweise schickt seinen Außenminister dahin. Die Verhandlungen, die ja auch angesetzt waren für den Sonntag, bevor dann am Freitag Netanyahu beschlossen hat, er setzt nicht auf Verhandlungen, er traut diesen Verhandlungen nicht über den Weg.
sondern bombardiert noch bevor die Amerikaner eine Chance haben, jetzt weiterhin mit den Iranern zu reden. Diese Verhandlungen birgen ja eine große Krux in sich, nämlich dass Trump sich auf die Maximalforderung von Netanyahu angelassen hat, dass Iran nicht mal zur zivilen Nutzung von Atomkraft in der Lage sein darf, dass ihm das auch nicht erlaubt werden darf.
Und das ist ein Punkt, wo man eigentlich von Anfang an sagen konnte als Außenstehender, darauf werden sich die Iraner niemals einlassen. Das ist ihnen erlaubt, sie sind dem Kernwaffensperrvertrag beigetreten, sie haben IAEA-Inspektoren ins Land gelassen, haben sie jetzt im Moment suspendiert und sie haben das in der Vergangenheit sehr eingeschränkt, den Zugang zu den Atomanlagen der IAEA-Inspektoren eingeschränkt.
Aber sie sind offiziell mit an Bord. Und dieses An-Bord-Sein heißt, dass man Uran anreichern darf bis zu einer Grenze von 3%. Wenn Trump sich jetzt auch dauerhaft diesen Forderungen von Netanyahu anschließt, dass die Iraner das nicht dürfen, dass sie quasi alles auslagern müssen, dass alles in Iran abgebaut wird, dann sehe ich keine Chancen für diese Verhandlungen. Und diese Verhandlungen wären ja quasi der erste Schritt dorthin,
Das Spannende an diesen Verhandlungen, die Trump führen wollte, ist ja, dass sie beobachten,
letztlich nur das wieder verhandeln, was 2015 ja bereits beschlossen worden ist durch den JCPOA, wo die USA mit an Bord waren, ebenso Russland und China und die EU3, wo sich alle darauf geeinigt haben, dass es eine zivile Nutzung geben darf für die Iraner. Und Trump war es, der 2018 aus dem Deal ausgestiegen ist mit dem Argument »Shittiest Deal Ever«.
weil er eben nur das Atomprogramm betrachtet habe und nicht das ballistische Raketenprogramm der Iraner. Und das ballistische Raketenprogramm der Iraner wird aber jetzt auch außen vor gelassen. Und das ist natürlich das, wodurch die Israelis sich was genauso bedroht sehen wie durch eine vermeintliche Atombombe. Wenn das nicht verhandelt wird, sind diese Verhandlungen für die Israelis nutzlos gewesen.
Und insofern sehe ich nicht, wie man da auf dem Verhandlungswege wirklich zu einer Lösung kommen könnte. Außer, dass mal von diesen Maximalforderungen abgesehen wird und dass man den Iranern wirklich zutraut, dass sie sich an die Einschränkungen halten werden. Die in dieser Zeit, bevor Iran dann nach dem Trump ausgestiegen ist, also ein Jahr später haben auch die Iraner sich nicht mehr ans JCPOA gehalten. Da sind dann die Parteien,
der IAEO wesentlich weniger gut durchführbar gewesen. Früher konnten sie also in dieser Zeit bis 2020
2019 konnten sie auch unangemeldet ins Land kommen und konnten wesentlich besser kontrollieren, was die Iraner da so treiben. Das ist dann ausgesetzt worden, 2019 von den Iranern. Und dementsprechend konnten sie das überhaupt erst entwickeln, was Netanyahu und Trump jetzt behaupten, ausgelöscht zu haben. Also da müsste man quasi wieder ansetzen, hat es aber eben versäumt.
in der Vergangenheit wirklich an einem Deal festzuhalten, der jetzt im Nachhinein ja dann doch gar nicht so ein schlechter war.
Hallo, hier ist Eliana Grabitz von Das Politikteil. Bevor wir gleich weiter über unser heutiges Thema sprechen, wollten wir gerne einmal kurz erwähnen, dass wir in der Zeit und auf Zeit Online ständig ausführlich über das politische Geschehen berichten, über Hintergründe und Zusammenhänge, wie Sie es aus Das Politikteil auch kennen. Wenn Sie mögen, lernen Sie doch kostenlos unser Angebot kennen. Sichern Sie sich unter abo.zeit.de slash politikteil ein gratis Probeabo.
Ich würde jetzt an dieser Stelle gerne noch einmal den Bogen schlagen zu Beginn der Sendung, zu dem schönen Lied, was Sie uns mitgebracht haben, Frau Amipour, mit dem Tenor »Was, wenn es jetzt endlich vorbei wäre?«, »Der ganze Schrecken«.
Und es ist ja, vielleicht guckt man heute ein bisschen anders drauf, aber zu Beginn der Woche zumindest hatte man den Eindruck, diese Hoffnung, dieses Szenario könnte näher da sein, als man zu hoffen gewagt hätte vorher. Also nämlich, dass der Gottesstaat, die Mullahs mit den Revolutionsgarden vielleicht doch irgendwie zusammenbrechen könnten und am Ende sein könnten.
Wie blicken Sie selber darauf? Was halten Sie jetzt für ein realistisches oder halten Sie das noch für ein realistisches Szenario, auch vor dem Hintergrund, was Sie eben erzählt haben, dass die Opposition eigentlich immer gesagt hat, ein Krieg ist eigentlich das Schlimmste, was passieren kann. Damit ist uns ein Bärendienst erwiesen worden.
Also ich habe das schon vor einigen Tagen nicht für ein realistisches Szenario gehalten, eben aus den schon angeschnittenen Gründen. Man kann natürlich nicht auf die Straße gehen und demonstrieren, wenn eine Bombe auf den Kopf fallen. Hinzu kommt ja auch, es wurden zwar sehr viele militärische Führer ausgeschaltet, aber es gibt genügend Leute, die sehr, sehr schnell nachrücken können. Das kann dann im Übergang mal passieren.
zu Unruhe führen, aber die Nachfolger sind ja da und die Strukturen sind vorhanden und die Strukturen sind intakt. Und es sind eben immer noch, selbst wenn man einige Granten ausschaltet, sie haben eine Million Männer unter Waffen. Wenn wir ausgehen von einer Bevölkerung von 92 Millionen in Iran, dann reicht das natürlich, um alles an Aufständen niederzuschlagen, was denn da jetzt noch kommen könnte.
Und wir reden, das kommt hinzu, ja nicht nur von einer Million Männer unter Waffen. Wir reden auch davon, dass die Revolutionsgarden nicht nur eine militärische Kraft und Macht sind, sondern eben auch eine wirtschaftliche. Sie kontrollieren, darauf gehen Schätzungen zu, bis zu 80 Prozent der iranischen Wirtschaft. Das heißt, sie alimentieren durch ihre Wirtschaftskraft Menschen.
auch noch sehr, sehr viele Menschen. Das ist zum Beispiel ganz, ganz anders als in Syrien, auch als Syriens Diktator Bashar al-Assad gestürzt wurde. Da hatte man ja für einen kurzen Moment die Idee, Mensch, wenn die Syrer das schaffen, dann schaffen wir das doch auch als Iraner. Aber Bashar al-Assad hat nämlich genau diesen Fehler gemacht, dass er seine Leute nicht alimentiert hat.
Das tun die Revolutionsgarden durchaus und dementsprechend gibt es 10 bis 15 Prozent, die auf jeden Fall wollen, dass dieses Regime an der Macht bleibt und die auch noch mit dem Rücken an der Wand kämpfen werden und alles dafür tun werden, dass das Regime an der Macht bleibt.
Also das ist keine Variante, die jetzt in irgendeiner Art und Weise wahrscheinlicher geworden ist, dass dieses Regime einfach irgendwie so in sich zusammenfällt. Man hatte vor den Angriffen auf Israel, so in den Monaten davor, gab es immer mal Diskussionen darüber, gibt es nicht auch Risse im Regime? Das kann man alles nicht so richtig belegen. Das sind dann immer mal Gerüchte, die auftauchen, wo es heißt, also es gibt schon auch Leute im Regime,
selbst unter den Revolutionsgarden, die sich sagen, das kann ja so nicht weitergehen, die vor allem auch von ihren Kindern hinterfragt werden. Ich finde, Mohammad Rasulov hat das in seinem Film sehr schön dargestellt. Da geht es ja um so einen Generationenkonflikt. Und als Rasulov gefragt wurde, was ihn auf die Idee gebracht hat, diesen Film zu machen, hat er gesagt, ich saß im Gefängnis
Und ein Gefängniswärter hat zu mir gesagt, meine Kinder fragen mich jeden Tag, wenn ich zu meiner Arbeit gehe, sag mal, was machst du da eigentlich für einen miesen, schrecklichen Job? Wie kannst du das tun, dass du diese Leute ins Gefängnis wirfst, zu denen wir aufsehen, die Teil unserer Protestbewegung sind? Also diese jungen Leute kommen ja teilweise auf ...
genau aus, sind die Kinder der Revolutionsgarden, die wir da auf den Straßen gesehen haben zum Teil. Also das waren Risse, von denen wir immer gehört haben, auf die wir dann so ein bisschen Hoffnung gesetzt haben, so à la Gorbatschow, dass es da zu was kommen könnte. Aber diese Reihen der Revolutionsgarden oder des Regimes, die haben sich jetzt natürlich geschlossen.
Es haben sich nicht alle reingeschlossen, das ist auch eine Frage, die immer gestellt wird, so rally around the flag, passiert das jetzt in der Bevölkerung? Nein, die Bevölkerung ist deswegen nicht dem Regime freundlicher gegenüber eingestellt, als es das vorher war durch die Angriffe.
Was auch, auch das dann hinzuzufügen, aber auch nicht heißt, man lässt sich halt eben auch nicht gerne angreifen. Das ist schon auch eine große Form von Nationalismus und Patriotismus, der dann aufkommt, wenn man von außen angegriffen wird. Und da gibt es auch viele historische Beispiele dafür, dass sich Iraner und Iranerinnen, dass sie sich nicht besonders gerne gefallen lassen.
Es gab ja auch ein bisschen Hoffnung im vergangenen Jahr, dass die Veränderung im Regime ja auch von oben kommen könnte. Wir hatten ja einen neuen Staatspräsidenten, der gewählt wurde, weil der Raisi ist ja bei einem, der vorherige, ist bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen und da wurde Massoud Pesekian gewählt und der gilt als Liberaler. Hat sich denn in dieser Zeitspanne jetzt, bis sich das so zugespitzt hat in den vergangenen Wochen, hat sich da eigentlich was verändert im liberalen Sinne innerhalb des Regimes?
Haben Sie das Liberale jetzt gerade groß geschrieben im Kopf oder war das nur... Vergleichsweise klein. Vergleichsweise ein bisschen weniger restriktiv als Raisi, so würde ich das mal formulieren. Also als...
Besonders liberal hat ihn eigentlich keiner konnotiert. Er ist im zweiten Wahlgang gewählt worden, weil die Leute sich gedacht haben, es kann eben noch schlimmer kommen. Wir haben sehr, sehr viel gesehen an der Verweigerung, überhaupt noch an die Urnen zu gehen in Iran. Und jedes Mal, wenn man dachte, hat ja keinen Sinn, den etwas Besseren, also das etwas kleinere Übel zu wählen, hat man dann gemerkt, oh Gott,
Es wird dann tatsächlich immer noch ein bisschen schlimmer. Also ich glaube, allzu große Hoffnungen hat man in Pesachian nicht gesetzt. Er ist trotz alledem ein Mann des Regimes, das wussten auch alle. Wenn Khamenei ihn überhaupt zulässt zur Wahl, ist klar, das ist auch sein Mann. Aber es macht natürlich einen Unterschied, schon rein atmosphärisch, wenn es dann doch mal so ein bisschen offener zugeht. Also wenn die Polizei nicht ganz so hart durchgreift,
wenn nicht sofort jeder Dekan, der ein bisschen mehr Austausch mit dem Westen ermöglichen möchte, abgesetzt wird. Das sind für die Menschen, die in Iran leben, Mini-Steps. Aber es sind natürlich sehr, sehr wichtige Mini-Steps. Und für uns, die wir schön in Deutschland am Stammtisch darüber diskutieren können, wer ist wählbar, wer ist nicht wählbar, geht doch bitte alle gar nicht zur Wahl. Für uns ist es sehr einfach, diese Klärung,
kleine Mini-Steps nicht wahrzunehmen und zu sagen, das trägt längerfristig zum Bestand der Islamischen Republik bei. Aber dass Pesesh Giyan jetzt wirklich einer wäre, auf den man Hoffnungen gesetzt hätte, dass sich da im Großen was tut, das war eigentlich von vornherein ausgeschlossen, auch von der Bevölkerung in Iran. Werbung
Hallo, ich bin Maria Rosbauer. Und ich bin Florian Zinnecker aus dem Hamburg-Restaurant Zeit. Wir machen einen Podcast namens Elbvertiefung. Da sprechen wir jede Woche über das, was Hamburg bewegt. Mal über Fahrradwege, Wohnungsbau oder Kiezkultur. Und mit dem Elbvertiefungs-Newsletter bekommen Sie von Montag bis Samstag alle News aus der Stadt direkt morgens um 6 Uhr in Ihr Postfach. Jetzt anmelden unter zeit.de slash hamburg minus newsletter. Und natürlich reinhören in den Podcast.
Was weiß man denn über die Repressionen gegenüber der Opposition in Iran zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt? Man könnte ja meinen, die Mullahs, die Revolutionsgarden sind vor allem mit sich selbst beschäftigt angesichts dieser großen geopolitischen Lage, in der sie stecken. Jetzt gibt es aber erste Berichte, wo nun denen zufolge besonders erbarmungslos gegen Oppositionelle vorgegangen wurde. Was hören Sie da? Stimmt das? Ja, das höre ich auch.
dass ich jetzt schon eine sehr große Verhaftungswelle eingesetzt habe. Die hat es sogar in den zwölf Tagen des Krieges schon gegeben. Auch da ist man gegen die ethnischen Minderheiten, die religiösen Minderheiten vorgegangen. Zuvor das gegen die balutschen Kurden, die Baha'is. Die Israelis haben ja das Evin-Gefängnis gegründet.
Ich weiß wirklich nicht, was sie sich dabei gedacht haben. Vielleicht haben sie sich gedacht, wenn man das Tor sprengt, dann laufen die Gewärter davon und geben den Gefangenen vorher die Waffen in die Hand. Das sind die politischen Gefangenen. Das ist quasi die politische oppositionelle Elite, die in diesem Gefängnis einsitzt.
Hat nicht geklappt, was eigentlich auch vorhersehbar. Man hat 80 bis 200 Menschen aus diesem Gefängnis unter demütigendsten Bedingungen schwer verletzt und schwer verwundet in andere Gefängnisse gebracht. In ein Gefängnis, aus dem alle wissen, da kommt man lebendig mehr raus. In ein anderes Gefängnis, wo sie dann mit Verbrechern und Vergewaltigern in eine Zelle gesperrt werden mussten.
Also das hat dann schon mal zu den ersten Folgen geführt für diese regimekritische Elite, die im Übrigen das politische Personal Irans ist für eine demokratische Zukunft. Also wir reden immer davon, wir haben genügend politisches Personal in Iran selbst, da brauchen wir die Auslandsopposition wirklich gar nicht für. Aber das sind genau diese Leute, die in diesem Gefängnis leben.
Und um die macht man sich jetzt die allergrößten Sorgen in der iranischen Diaspora unter den Social Media Aktivistinnen, Journalistinnen, aber eben auch unter der Zivilbevölkerung in Iran, was jetzt mit denen geschehen wird.
Und es sind eigentlich alle davon überzeugt, dass sich das Regime jetzt zuvorderst an den eigenen Leuten rächen wird. Also da kursieren schon die schlimmsten Karikaturen im Internet, wo Ali Khamenei aus seinem Bunker kommt, ihm wird gesagt, Trump hat die Waffenruhe verkündet und er sagt, oh super, dann habe ich jetzt ja Zeit, mich mit dem Töten meiner eigenen Bevölkerung zu beschäftigen. Also da...
Nein, ich würde nicht sagen, dass die Revolutionsgarden nur, wenn sie selber beschäftigt sind, sondern die sind jetzt frei losgelassen auf die iranische Zivilbevölkerung. Was Sie gerade gesagt haben, also die Regimegegner oder Oppositionellen, die im Gefängnis sitzen, wäre das dann die Elite, die bei einem etwaigen Sturz das Land führen würden? Oder was käme denn, wenn dieses Regime stürzen würde, was käme denn danach? Wie kann man das beschreiben? Ist das überhaupt in irgendeiner Form ausgemacht, was dann passiert?
Nein, das ist in keinster Weise ausgemacht, was dann passiert. Aber diese Menschen, von denen ich da gerade spreche, von denen manche tatsächlich auch gerade im Hafturlaub waren, zum Beispiel Naghes Mohammadi, die Friedensnobelpreisträgerin, oder auch Nasrin Soutoudi, die Trägerin des Alternativen Nobelpreises, das sind integre Persönlichkeiten, die großes Vertrauen in der iranischen Zivilbevölkerung genießen.
Eben weil sie in Iran geblieben sind, weil sie ihren Kampf für Menschenrechte und Bürgerrechte in Iran fortgesetzt haben. Von Naghez Mohammadi wissen wir ja ziemlich genau, sie wurde entlassen vor einigen Jahren aus dem Gefängnis und man hat ihr gesagt, geh, wir zeigen dir die Fluchtroute.
Und es ist klar, dass das iranische Regime ist froh, wenn diese Leute weg sind. Im Ausland sind die viel, viel ungefährlicher für das iranische Regime. Das hat sie nicht gemacht. Ihre Kinder, ihr Ehemann sind gegangen. Die hat sie seit fünf Jahren nicht gesehen. Oder sieben sind es inzwischen. Das war zum Zeitpunkt des Nobelpreises, waren es fünf Jahre. Also das ist natürlich etwas, was immens viel Integrität bringt und Vertrauen bringt.
In der iranischen Bevölkerung. Und das wären die Leute, auf die man setzen kann. Hinzu kommt ja eine Zivilbevölkerung, die seit 47 Jahren in einem undemokratischen Staat lebt.
aber auf der anderen Seite über Internet und auch über die universitären Strukturen einen sehr, sehr hohen Bildungsstandard erreicht hat. Es werden Bücher ins Persische übersetzt und an den Universitäten diskutiert, wie Karl Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Hannah Arendts Totalitarismus-Dokument.
Bücher werden dort übersetzt und diskutiert an den Universitäten. Habermas war 2002 in Iran und hat vor einem riesen Publikum gesprochen und kam damals wieder und hat gesagt, ich glaube, ich war in dem einzigen Land, wo meine Bücher gelesen werden. Also die Frankfurter Schule in Iran beispielsweise hat immense Anhänger. Wir haben eine hochgebildete Bevölkerung, die weiß wirklich inzwischen, was ein Rechtsstaat ist, was Demokratie bedeutet.
Und die wollen das alles haben. Also das ist, finde ich, ein immenses Human Capital, was wir da haben in Iran.
Und die könnten es eben wirklich bringen. Das wäre die große Hoffnung, die man sowohl eben auf die in Iran einsitzenden oder auch gerade zufällig mal nicht einsitzenden Oppositionellen setzen kann und auf die iranische Bevölkerung, die sich zu 80, 90 Prozent von diesem Regime und mit dem, was damit einhergeht, nämlich die Unteilbarkeit von Staat und Religion, wie das Regime sie propagiert. Also das sind Menschen, die einen säkularen
demokratischen Staat sich wünschen. Und da liegen meine Hoffnungen weit eher als auf Leuten, die sich jetzt geäußert haben im Exil, wie der Sohn des letzten Schahs, Reza Pahlavi, das eben, wie schon gesagt, im Einklang mit Netanyahu
Oder auch die Präsidentin des sogenannten Nationalen Widerstandsrats in Iran nennt, ist ja eher bekannt unter den Volksmujahideen, einer im Volk verhassten Gruppierung, weil sie 88, nachdem der Krieg beendet war, zwischen Iran und Irak vom irakischen Territorium in Iran einmarschiert sind. Also das sind so die Leute, die sich hier im Moment zu Wort melden, die aber in Iran über eine ausgesprochen geringe
Anhängerschaft verfügen. Auf die kann man nicht setzen. Ja, aber ich höre aus allem, was Sie da gesagt haben, höre ich so ein bisschen raus, dass Sie nicht befürchten, dass so ein Chaos, wie es ja bei anderen Regime-Changings, die wir erlebt haben in dieser Region, in Afghanistan, im Irak und in Libyen, dass es zu mehr Unsicherheit und größerer Instabilität geführt hat. Diese Befürchtung haben Sie bei einem Regime-Change im Iran nicht. Ist das richtig?
Das kommt so ein bisschen darauf an, was man mit diesem Begriff meint, der in diesem Zusammenhang immer genannt wird, der da heißt Bürgerkrieg. Das ist ja das, was immer als Schreckensszenario an die Wand gemalt wird, beziehungsweise auch als Begründung angeführt wird, warum man jetzt doch lieber Khamenei nicht ausschaltet, da weiß man wenigstens, was man hat. Und dieses Bürgerkriegsszenario beruht ja so ein bisschen auf dem, was im Irak passiert ist 2003, nachdem Saddam Hussein entmachtet worden ist.
Da hat man allerdings den großen Fehler begangen, dass es am Ende des Sturzes von Saddam Hussein noch jede Menge Männer unter Waffen gab, die aber keinen Job mehr hatten und die sich dann natürlich gegen eine neue demokratische Ordnung zur Wehr gesetzt haben. Das müsste man in Iran verhindern, denn sonst hätten wir genau diese revolutionären Garden im Untergrund, die gegen ein...
Wenn denn da demokratischen Staat agieren würden. Also diese Gefahr müsste irgendwie gebannt werden. Ich weiß nicht wie, durch eine Frau-Wahrheits-Kommission wie in Südafrika, in dem man...
sie doch irgendwie mit einbezieht durch Formen von Generalamnesie für das Fußvolk der Revolutionsgarden. Alles ein bisschen unvorstellbar bei dem, was sie angerichtet haben. Aber irgendwelche Ideen müssten da aufkommen. Und die sind im Übrigen auch von der Exil-Opposition bisher noch nicht vorgelegt worden, wie sowas sein könnte. Das, was aber der zweite Teil dieses Narrativs ist, dass es immer heißt, Iran ist ein Viervölkerstaat.
Das könnte ganz schnell auseinanderbrechen und es könnten die unterschiedlichen Ethnien anfangen, sich gegenseitig zu bekämpfen. Das ist ein Narrativ, das auch vom iranischen Regime immer aufgestellt wurde, immer genährt wurde. Da wurde immer gesagt, ihr seid besser dran mit uns, weil sonst bekämpfen die sich alle gegenseitig, wie sie da sind.
Und es ist so, dass in der Tat nur 50 Prozent der iranischen Bevölkerung Persisch als Muttersprache sprechen, quasi der Nukleus Irans. Das ist die Provinz Fars, wo Menschen Persisch sprechen. Drumherum sehen die Turkmenen, die Asaris, die Kurden, die Araber, die haben auf der anderen Seite auch jeweils häufig Brudervölker, sogenannte Brudervölker. Und man unterstellt ihnen, weil sie sprachliche und ethnische Minderheiten sind, dass sie gar nicht so richtig dazugehören wollen zu diesem iranischen Staatenverbund.
Das halte ich für ein falsches Narrativ, das aus genau diesem Grund genährt wird, damit man sich eben denkt, dann nehmen wir doch lieber diesen autokratischen, diktatorischen Herrscher, der das wenigstens alles zusammenhält.
Ich habe speziell im Herbst 2022 ein sehr, sehr starkes Verbundenheitsgefühl gesehen unter all diesen Menschen. Das war ja ein Protest, der nicht nur alle Schichten ergriffen hat, weil sie gesagt haben, das könnte jetzt genauso mir passieren, was Gina Massa-Aminida passiert ist, die im Gewahrsam der Sittenpolizei umgekommen ist.
Also es war nicht nur schichtenübergreifend, sondern es war wirklich bevölkerungs- und ethnienübergreifend. Der wichtigste Slogan dieser Bewegung war damals von Sahedan, das ist ganz im Osten Irans, in der Provinz Sistan-Baluchistan, bis Kurdistan, was im Westen liegt, mein Herz gehört Iran. Und damit hat man ein Zusammengehörigkeitsgefühl.
ausdrücken wollen, dass wir sagen, wir sind alle zusammen. Wir sind alle Iraner letztlich. Also egal, ob tukmenischer Iraner oder aserbaidschanischer Iraner oder arabischer Iraner, aber Iraner sind wir alle und wir stehen alle zusammen in diesem Protest gegen unser eigenes Regime.
Und man darf nicht vergessen, wir reden hier nicht über einen künstlich zusammengestellten Vielvölkerstaat, sondern über eine 2500 Jahre lange Kultur. Also es ist ja immer so gewesen, dass Teile weggebrochen sind. Das heutige Land Aserbaidschan gehörte früher mal zu Iran, Armenien gehörte früher mal zu Iran. Es ist nicht so, als hätte man da künstliche Grenzen gezogen und irgendwelche Völker zusammengeschmissen.
Sondern die haben schon noch alle einen sehr, sehr großen Nationalstolz, sind stolz auf ihre gemeinsame Kultur, ihre gemeinsame Architektur, ihre gemeinsamen Dichter. Und deswegen glaube ich diesem Narrativ nicht, dass die sich alle bekriegen und bekämpfen würden. Die wären alle genau in diesem Sinne des Liedes, das wir zu Beginn gespielt haben, die würden sich einfach alle denken, ach was wäre das schön, wenn das Regime weg wäre. Mhm.
Was ist denn aus diesem Zusammengehörigkeitsgefühl geworden? Weil was Sie jetzt schildern, liegt ja bald drei Jahre zurück. Dieser Mord an der 22-jährigen Gina Massa Amini, haben Sie eben schon gesagt, die damals von der Sittenpolizei umgebracht wurde. Danach gab es große Protestbewegungen, darüber haben Sie jetzt gerade gesprochen.
Ein halbes Jahr später stürzte dann der Präsident Ebrahim Raisi nochmal ab im Mai 2024 bei einem Flugzeugabsturz. Da hatte man das Gefühl, da war nochmal sehr viel Hoffnung, dass möglicherweise der Iran liberaler werden könnte. Wo steht die Opposition heute und auch diese Zusammengehörigkeit? Ist das sozusagen agiler als je zuvor oder würden Sie sagen, das hat sich über die Jahre auch so ein bisschen verlaufen, einfach weil natürlich dann eben auch es nicht mehr wieder diese großen
Anlässe gab, wo sich dann diese Protestbewegung wirklich auf der Straße zeigen konnten. Die Idee ist nach wie vor vorhanden. Man kann Menschen umbringen und das hat das iranische Regime in großen Stile gemacht. Man kann Abschreckungsmaßnahmen einsetzen, wie das Regime das nach 22 gemacht hat.
Dementsprechend sehen wir solche großen Demonstrationen nicht mehr wie im Herbst 2022. Die sind mit einer solchen Repression vorgegangen. Es wurde systematisch Gas eingeleitet durch Klimaanlagen in den Schulen, um gerade junge Mädchen, die auf die Straßen gegangen sind, um zu demonstrieren, davon abzuhalten. Es wurde bei den Demonstrationen
den Leuten in die Augen geschossen und auf die Genitalien gezielt. Also es gab grausamste Bilder, grausamste Abschreckungsmaßnahmen dieses Regimes.
Deswegen ist klar, dass die Menschen sich nicht mehr auf die Straße getraut haben. Aber die Idee ist trotzdem vorhanden. Das sehen wir unter anderem an beschmierten Häuserwänden, an beschmierten Banknoten. Und was wir sehen, was, finde ich, eine Entwicklung ist, die zwar schon ein bisschen länger eingesetzt hat, die aber jetzt wirklich in einem großen Gemeinschaftsgefühl gelandet ist, ist, dass es ein Zusammengehörigkeitsgefühl gibt oder ein Gefühl davon, dass dieses Frauenproblem-Kopftuch
nicht nur ein Frauenproblem ist, sondern für das große Ganze steht. Dass dieses...
eigentlich alles symbolisiert, was den Menschen in Iran vorenthalten wird, im Namen eben des Rechts auf Selbstbestimmung. Sei es nun die Selbstbestimmung, dass ich meine Muttersprache in der Schule lernen darf, dass ich meine sexuelle Orientierung ausüben darf, dass ich als religiöse Minderheit wirklich gleichberechtigt bin mit einem schiitischen Muslim. All das komprimiert sich in diesem Kopftuch.
Und wir sehen eben, dass dieser Kampf für Frauenrechte ganz stark von Männern mitgetragen wird. Da gibt es immer wieder Bilder, dass Männer Frauen verteidigen, die dann doch von der Sittenpolizei abgeführt wurden. Es gab ein spektakuläres Video vor ein paar Monaten.
Wo Männer Joghurt auf einen Sittenpolizisten geworfen haben, als eine Frau in einem Lebensmittelgeschäft angehalten wurde, ihr Kopftuch ordentlicher zu tragen und all das. Also dieses Zusammengehörigkeitsgefühl auch zwischen Frauen und Männern, das wir früher so nicht hatten. Also selbst diese ganze religiöse
Reformbewegung, die in ihren Texten immer für Demokratie und Menschenrechte geschrieben hat, die haben die Frauenrechte systematisch ausgeklammert und haben dann gesagt, ja, das machen wir dann irgendwann mal. Also zuerst kommen diese Primärrechte
Wie die Demokratie und wenn wir die haben, dann schauen wir uns mal diese sekundären Probleme an, wie die von Frauen. Und da hat sich in den letzten Jahren so einiges getan. Also was ich damit im Großen sagen will, ist, dass der Grund und Boden wirklich da ist für ein demokratisches Iran. Nur sehe ich das jetzt kurzfristig eher nicht.
Okay, wir müssen jetzt aufs Gaspedal drücken angesichts der Uhrzeit. Und bevor wir gleich zu dem Flop 5 kommen, wollen wir ganz kurz auf die Rolle Deutschlands oder der Europäer schauen. Und da wollen wir erstmal unseren Bundeskanzler hören. Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle. Wir sind von diesem Regime auch betroffen. Ja, Israel macht die Drecksarbeit für uns. Das ist ja ein Satz von Merz, der für viele Schlagzeilen gesorgt hat. Wie haben Sie ihn empfunden?
Ich finde, eine solche Wortwahl ist eines Bundeskanzlers nicht würdig.
Viel spannender finde ich aber, wie die Menschen in Iran das wahrgenommen haben. Denn es ist ja nicht so, als würde man das nicht mitkriegen. Jetzt vor allem, wo das Internet wieder läuft, das Ding ist natürlich übersetzt worden und über die Social-Media-Kanäle zurückgespiegelt worden nach Iran. Und man kann sich vorstellen, welches Entsetzen es da ausgelöst hat, wenn die Menschen sich denken, wie genau meint ihr das jetzt bitte? Sind wir der Dreck, wir, die das jetzt ertragen haben? Wir sind der Dreck? Ja.
Also Peter, wenn du erlaubst, noch eine Frage, bevor wir dann wirklich zu unserer Flop5 kommen. Also Merz hat sicherlich nicht die richtigen Töne gefunden. Generell kann man sich darüber austauschen, wie schwach Deutschland eigentlich ist und was Deutschland und Europa vielleicht im Allgemeinen und was für eine schwache Rolle es spielt mit Blick auf die Geschicke im Nahen Osten. Und deswegen nochmal zuletzt die Frage an Sie. Was wünschen Sie sich von Deutschland, von Europa für eine Rolle in dieser Situation? Also wo könnten Hebel liegen?
um die Opposition in Iran zu unterstützen, ohne sie zu delegitimieren.
Also ich möchte da weniger meine eigenen Wünsche formulieren als das tun, was die iranische Protestbewegung immer als Forderung, als Aufforderung an uns formuliert hat, seit dem Herbst 22. Da hat man uns immer gesagt, bitte werdet tätig als Sprachrohr, als Lautsprecher unserer Interessen. Sagt euren Regierungen,
was wir brauchen und was wir uns von euch wünschen. Und das war immer Cash und VPNs. Cash in dem Sinne, es leben acht Millionen Iraner im Ausland und die gehören oft zu den sehr Wohlverdienenden in ihren jeweiligen Ländern, vor allem in den Vereinigten Staaten. Die wären sehr gerne bereit, ihre Familien in Iran mit Geld zu unterstützen und vor allem auch die Streikkassen zu füllen.
Das geht aber nicht, weil Iran nicht dem internationalen Bankensystem angeschlossen ist. Das heißt, wir können gar kein Geld nach Iran überweisen. Und das war immer eine zentrale Forderung, dass man gesagt hat, es müsste doch irgendeinen Weg geben, das zu ändern. Es muss irgendeinen Weg kriegen, wie eure Regierungen das hinkriegen, damit ihr, also wir als Auslandsiraler, die finanziell unterstützen können. Das zweite war VPNs.
Wenn man demonstrieren gehen möchte, wenn man Proteste machen möchte, dann muss man untereinander kommunizieren können. Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer wieder beobachtet, dass Iran das Internet massiv drosselt, wenn nicht gar abschaltet. Dass viele Internetseiten, viele Dienste wie Telegram, WhatsApp etc. dann immer nicht erreichbar sind. Elon Musk hat damals mal eine Idee gehabt, über Starlink das zu umgehen.
Auch ich weiß nicht, wie das technisch durchführbar ist, aber das ist das, was am meisten gefordert wurde in unsere Richtung, wie wir so etwas unterstützen wollen. Ansonsten hieß es immer, wir machen das alleine, wir brauchen euch nicht. Schön für euch, dass ihr wieder acht Jahre Krieg miterlebt habt, aber jetzt gebt uns bitte nicht vom deutschen Stammtisch aus gute Ratschläge, wie wir hier das in Iran zu bewerkstelligen haben. Das hört sich fast nach dem ersten Flop an, aber wir erwarten jetzt fünf andere von Ihnen. Musik
Die Flop5. Flops für die Leute, die das zum ersten Mal hören sollten. Was verstehen wir unter Flops? Wir verstehen unter Flops Sätze, Äußerungen, Einschätzungen, die unserem Gast im Zusammenhang mit unserem Thema auf die Nerven gehen und am liebsten nicht mehr hören würde. Was wäre denn der erste Flop?
Also einer der Flops, das was Netanyahu sinngemäß gesagt hat, dieser Krieg richtet sich nicht gegen die iranische Bevölkerung, sondern nur gegen das iranische Regime. Warum das so ist, das haben Sie ja eben schon erläutert, deshalb können wir schnell zu Flop Nummer zwei übergehen.
Geht jetzt auf die Straße und befreit euch von diesem Regime. Ja, das war diese zynische Aufforderung auch von Netanyahu, dann wiederholt vom Sohn des letzten Chars, Reza Pahlavi aus den USA und selbst von Trump. Das empfinde ich, ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll, eine Mischung aus absurd, zynisch, lächerlich, grotesk. Ja, auch darüber haben Sie ja im Podcast schon gesprochen. Insofern weiter zum Flop Nummer drei.
Israel macht hier die Drecksarbeit für uns. Diese Aussage von Merz, da kann man nur mit dem Kopf schütteln, wenn man sowas hört. Sie waren gerade prophetisch in unserem Podcast, Peter. Darüber haben wir ja eben schon gesprochen. Was wäre denn Ihr vierter Flop? Das Ende des Mullah-Regimes ist nah. Das hören wir ja immer wieder mal da.
Frage ich mich, wieso man nicht mal ein paar Analysen, es gibt wirklich sehr, sehr viele renommierte Iran-Wissenschaftler, vor allem in den Vereinigten Staaten, was die dazu an Analysen in den letzten Jahren produziert haben. Das sollte man sich vielleicht mal durchlesen, bevor man eine solche Äußerung tätigt. Okay, da kommen wir vielleicht gleich noch ganz kurz drauf zurück, aber jetzt kommen wir zu Flop Nummer 5.
Frieden schaffen durch Bomben. Das ist für mich so zusammengefasst das, was Trump gemacht hat. Ich glaube nicht, dass es funktionieren wird. Also jetzt mal ganz davon abgesehen, dass man ja nicht...
Das Atomprogramm keineswegs ausgeschaltet hat. Da habe ich mich dann gefragt, als ich das zum ersten Mal gelesen habe, dass es nur noch sechs Monate dauert. Wie haben wir uns das jetzt denn vorzustellen? Gibt es denn jetzt im sechsmonatigen Abstand immer mal ein Bombardement der Israelis und der USA, weil man es immer nur um sechs Monate...
verzögern kann. Und davon abgesehen haben wir nun auch im Falle von Gaza und Israel gesehen, dass Frieden so nicht geschaffen wird. Dafür bräuchte es eine Verhandlungslösung, eine diplomatische Lösung. Im Moment ist Netanyahu in Gaza ja dabei, die nächste Generation von Terroristen zu züchten, die früher zur Hamas gegangen sind. Jetzt gehen sie zum islamischen Dschihad.
Wenn sie können, die noch radikaler ist, also dass man Frieden schaffen kann durch Bomben, da setze ich mehrere große Fragezeichen hinter. Und dann Frau Amipour fragen wir ja unsere Gäste, bitten wir immer um eine Prise Optimismus zum Schluss unserer sehr häufig relativ düsteren Sendungen, die wir hier abhalten, weil wir natürlich auch in düsteren Lagen unterwegs sind, in düsteren Zeiten unterwegs sind.
Und jetzt komme ich auf Ihren vierten Flop zurück, wo Sie gesagt haben, wie kann es denn eigentlich sein, dass alle Leute oder viele Leute sagen, bald sind die Mullers am Ende. Das haben Sie eingehend begründet hier auch bei uns, warum das sehr kurz gesprungen wäre, davon jetzt auszugehen und trotzdem bleibt ja die Hoffnung, ich schlage nochmal den Bogen zu Beginn unserer Sendung, was macht Ihnen denn, also zu Ihrem Lied, was Sie mitgebracht haben, was macht Ihnen persönlich denn Hoffnung, dass es der einst soweit sein könnte?
Die Betrunkung liegt auf der einst. Mir macht wahnsinnig viel Hoffnung. Ich glaube an diese Zivilbevölkerung.
die sich abgekehrt hat vom islamistischen Regime, die aufgeklärt ist, bildungsstark ist, für eine offene Gesellschaft eintritt, die die Erfahrung gemacht hat, was Islamismus, was Theokratie bedeutet, die weiß, was es bedeutet, sich quasi mit der gesamten Welt zu befähden und vor allem mit der Großmacht Amerika. Und auf die setze ich durchaus meine letzten zehn Cent. Ich bin mir sicher, dass ich irgendwann in Teheran auf dem Asadi-Platz, dem Freiheitsplatz,
tanzen werde können, was ich als Frau nicht darf und tanzen darf man sowieso nicht. Aber genau das ist ja das, was in unseren kühnsten Träumen wir uns dann immer ausmalen, wenn wir aufgewacht sind und die sind weg. Ich bin da längerfristig komplett optimistisch. Eigentlich liegen da alle Weichen für gestellt. Vorausgesetzt, man bombt Iran nicht in Grund und Brunnen.
Ja, wie kann man schöner enden als mit einem Tanz in Teheran? Also von daher ist das ein sehr schöner, sehr positiver und ja wunderbarer Ausblick nach vorne. Hoffen wir alle, dass wir ihn relativ zeitnah noch erleben.
Und damit sind wir zu Ende, am Ende unserer Sendung dieses Mal. Herzlichen Dank, dass Sie unser Gast waren, Frau Amirpour. Das war super spannend, super interessant. Und ich glaube, dass nach dieser Stunde viele Leute nochmal mit größeren Augen und noch interessierter als ohnehin schon in den Iran schauen. Wir haben viel gelernt und viele Punkte, finde ich, an denen man nochmal ansetzen kann, um sein eigenes Wissen über den Iran nochmal zu vertiefen. Herzlichen Dank dafür. Ich danke Ihnen.
Und liebe Zuhörer und Zuhörerinnen, wenn Sie Anregungen haben, Kritik oder Lob für uns, dann schreiben Sie uns gerne an unsere E-Mail-Adresse daspolitikteilatzeit.de. Und bevor der Peter jetzt gleich eine besondere Ankündigung machen darf zu der nächsten Folge, die er moderieren darf und ich leider nicht, sage ich noch eine Sache und zwar…
die vielleicht auch eher mich betrifft. Es war nämlich die letzte Ausgabe von Das Politikteil, in dem es heißt, das sei der politische Podcast von Zeit und Zeit Online.
Denn wir sind hier in den letzten Tagen, bevor Zeit online als Marke nicht mehr vorhanden sein wird. Ab 1. Juli sind wir alle die Zeit. Und das heißt, dann ist das Politikteil eben auch der politische Podcast der Zeit. Und wir hoffen mal, Peter, dass das hier bei uns alles so harmonisch abläuft wie zwischen uns beiden sowieso schon, oder? Ja, da bin ich sehr optimistisch, dass das so sein wird. Obwohl, das ist ja kaum zu toppen, wie harmonisch das zwischen uns abläuft. Eben.
Also, nächste Woche gibt es natürlich auch wieder eine neue Folge von Deines Politik-Teil. Und ich hätte beinahe gesagt, das wird eine besondere sein. Ist es auch, aber wir hatten jetzt auch gerade, finde ich, eine besondere gerade gehört. Ich fand das wirklich sehr spannend, sehr interessant. Wir werden bereits an diesem Samstag um 15 Uhr an der Uni in Hamburg die Lange Nacht der Zeit eröffnen und das mit einem Live-Podcast.
Zu Gast sind die Politikwissenschaftlerin und Sicherheitsexpertin Jana Puljerin. Und mit ihr reden wir über die Ergebnisse und Folgen des NATO-Gipfels von Den Haag, der wohl in die Geschichte eingehen dürfte. Wir heißen in diesem Fall, Iliana hat es ja schon angedeutet, leider nicht Iliana und ich, weil Iliana nicht kann. Es heißt auch nicht Tina und Heinrich. Deshalb haben wir uns eine Gastmoderatorin eingeladen. Das ist Anna Sauerbrei, die außenpolitische Koordinatorin der Zeit. Und sie wird mit mir gemeinsam Frau Puljerin befragen.
Ab nächster Woche Freitag werden Sie das hören. Und jetzt bleibt uns noch der... Oder Sie sind in Hamburg dabei.
Und jetzt bleibt uns noch der Dank an die Pool-Artists, wie immer, die diese Sendung hier technisch möglich gemacht haben. An Katja Pia und Ole von Zeit Online. An Katja Gerland, die uns bei den O-Tönen unterstützt hat. Und natürlich jetzt zurück zu Ihnen, Frau Amipour, die Sie hier so geduldig zugehört haben. Unser ewig langen Abmoderation. Allem voran bei Ihnen. Das war wirklich eine wahnsinnig spannende Stunde, aus der zumindest ich sehr viel klüger rausgegangen bin. Ganz vielen Dank. Ich auch. Ganz herzlichen Dank Ihnen beiden.
Das Politik-Teil ist ein Podcast von Zeit und Zeit Online, produziert von Pool Artists.