cover of episode Zum Hörspiel "Sturz in die Sonne" - Regisseur Stefan Weber im Gespräch

Zum Hörspiel "Sturz in die Sonne" - Regisseur Stefan Weber im Gespräch

2025/5/3
logo of podcast Ö1 Hörspiel und Radiokunst

Ö1 Hörspiel und Radiokunst

AI Deep Dive Transcript
People
S
Stefan Weber
Topics
Stefan Weber: 我选择改编Ramuz的《Sturz in die Sonne》是因为我非常喜欢这位作家,并且该书最近被翻译成了德语。Ramuz在法语区很有名,但在德语区却鲜为人知,直到他出现在200法郎的钞票上才被更多人认识。Ramuz的文字让我瞬间产生了画面感,激起了我的创作灵感。Ramuz创作《Sturz in die Sonne》的灵感来源于1921年洛桑的极端高温天气。Ramuz设想了一个并非人为造成的,而是由宇宙力量导致的灾难,导致地球坠入太阳。我将小说改编成了五个不同的声音,分别代表不同的视角和叙事风格。我将小说中的叙事风格归纳为五种,并将其分别赋予五个不同的声音角色。我让演员们在录音室里独自完成录音,并让他们自行想象其他声音的情感,从而营造出一种疏离感。Hör剧最终呈现出一种完全的疏离感,人们对彼此以及周围的一切都漠不关心。我在创作中使用了NASA提供的关于行星声音的数据,并将其与其他声音结合,创造出一种独特的音景。我通过使用几乎听不见的噪音和嗡嗡声来创造空旷的空间感。我用声音来表现场景的过渡,就像舞台剧中场景颜色的变化一样,让过渡自然而然地发生。我用声音来表现“Only with difficulty did the day break”这句话,营造出一种尘土飞扬、干燥、古老的氛围。在创作过程中,我会不断地添加和删除元素,直到达到满意的效果。作品的完成取决于截止日期,虽然作品永远不会真正完成,但必须在某个时间点完成。我认为这部1922年的反乌托邦作品具有永恒的价值,不应该被改编成现代背景。这部作品最好使用耳机收听,因为其使用了多声道和双声道录音技术,可以营造更强的沉浸感。这部作品的独特之处在于,它讲述了一个无法被讲述的故事,因为故事的结局是所有人物的死亡。在创作过程中,最令人欣慰的是能够创造出能够触动听众心灵的作品。我接下来的作品是关于罗伯特·瓦尔泽的《Gehülfe》,以及一个关于灵魂的24小时的音景作品。 Philip Scheiner: 作为访谈者,我引导了与Stefan Weber的对话,探讨了《坠入太阳》广播剧的创作背景、理念、技术以及与当下社会环境的关联。我提出了关于作品创作过程中的挑战、技术手段、以及作品主题与现实的联系等问题,促进了对作品更深层次的理解。

Deep Dive

Shownotes Transcript

Translations:
中文

Das Ö1 Hörspiel Ein Podcast als Stückeinführung. Willkommen zu einem kleinen Hintergrundgespräch über das Hörspiel Sturz in die Sonne von Stefan Weber nach einem Roman von Charles Ferdinand, Ramy. Das Hörspiel wurde am 3. Mai in Österreich 1 ausgestrahlt.

und unter diesem Datum finden Sie es noch bis Ende Mai auf sound.org.at. Der Sturz in die Sonne dauert ungefähr acht Tage. Es gab einen Unfall im planetaren Gravitationssystem, wie auch immer. Jedenfalls ist die Erde jetzt auf dem Weg zur Sonne. Und es wird jeden Tag ein Grad wärmer. Was das in diesem Roman in den Menschen so auslöst, können Sie im Hörspiel erleben, und zwar am besten per Kopfhörer. Es wird von dessen Vorzügen erzählt.

hier noch die Rede sein und zwar mit Stefan Weber, mit dem ich jetzt auf elektronischem Wege in Verbindung bin. Stefan Weber ist der Regisseur und Klangkünstler und Produzent in diesem Hörspiel, das er für den Schweizer Rundfunk gemacht hat. Der Leiter der Hörspielredaktion im SRF, Wolfram Höll, hatte den Anstoß gegeben. Und dann ging es über Monate, in denen zuerst die Hörspielfassung des Romans aus dem Jahr 1922 zu erstellen war und

die Zeit danach, die Zeit der Produktion, des Findens von Klangvorstellungen und des Aufnehmens der Schauspielerinnen und Schauspieler und der ersten Umsetzung der Klangvorstellungen und der ganzen weiteren Versuche, einem Klangbild nahezukommen, das sich eigentlich gerade entwickelt. Über diese Zeit vom ersten Ton bis zum letzten Schliff munkelt man, es seien auch in diesem Fall mindestens sechs Monate gewesen.

Stefan Weber, wie bist du zu diesem Text gekommen und was hat er in dir angerichtet? Die Geschichte ist die, dass das Schweizer Radio mich gefragt hat, was ich gerne produzieren möchte und habe dann eigentlich Ramy vorgeschlagen, weil ich diesen Dichter einfach sehr, sehr liebe.

und habe aber eigentlich so an Derborance oder Fariné oder an ein relativ bekanntes Buch gedacht. Ramy deswegen auch, weil er zwar in der Romandie berühmt und bekannt ist, aber in der

deutschen Schweiz eigentlich nicht bekannt ist, ausser dass er einmal bei einer 200-Franken-Ausgabe darauf abgebildet war. Deswegen hat man ihn gekannt in der deutschen Schweiz, aber nicht wegen seinen Büchern. Und dann hat der Wolfram Höll eben vorgeschlagen, ob wir nicht an «Sturz in die Sonne» denken könnten, weil der ganz frisch übersetzt worden ist ins Deutsche.

Und zwar erstmalig. Es gab eine englische Übersetzung, aber im Deutsch nicht. Und wie der Roman dann herausgekommen ist, hat das eigentlich ein recht gutes und grosses Echo ausgelöst. Und dann haben wir beschlossen, mal da reinzugucken. Oder ich habe beschlossen, da mal reinzugucken und

Ja, das sind dann eben so diese seltsamen Momente, wo man so gefangen wird ganz schnell von einem Roman, also vor allem von der Sprache her, dass da sofort Bilder aufgehen oder es klingen die Glocken in den Ohren und es beginnt etwas, ja, sich zu tun im Herz und im Bauch. Und dann haben wir beschlossen, das zu produzieren. Was weisst du darüber, warum...

Charles Ferdinand Rameau diesen Text damals geschrieben hat? Naja, es war so, dass er 1921 in Lausanne gelebt hat und da war eine Hitzewelle. Und die muss für die damalige Zeit, also 1921, relativ extrem gewesen sein. Die Temperaturen, ich habe das dann mal nachgeschaut,

Wir lagen doch da bei 36, 37 Grad über dem Genfer See. Und das hat ihn sehr beeindruckt. Und die Leute hat das auch sehr beeindruckt. Und er hat dann auch aus dem Bauch heraus im Prinzip diese Dystopie entwickelt mit einem eben relativ einfachen Gedanken, was ist, wenn es dann halt immer wärmer wird und

hat sich dann aber nicht eine Klimakatastrophe, wie das oft als Vergleich herangezogen wird, vorgestellt, sondern er hat sich dann einen Unfall im Gravitationssystem vorgestellt. Also nicht von Menschenhand gemacht, sondern von einer

sagen wir mal, überirdischen Macht, hat sich da ein Fehler eingeschlichen, der zum Ende der Menschheit führt. Und das aber eigentlich in relativ wenigen Tagen, vielleicht acht Tage oder so. Also der Untergang ist steil und schnell.

Also die Erde stürzt in die Sonne und Ramy führt uns dann einige Charaktere vor, anhand derer oder mit Hilfe derer wir diesen Prozess dann begreifen. Welche Charaktere sind das und welche Szenen werden da dargeboten? Ja, es ist so, das war so eine erste Entscheidung, dass man eine gewisse Rollenverteilung machen musste. Im Original

sind es so kleine Mosaiksteinchen von Szenen mit kleinen Dialogen, kleinen Begebenheiten, manchmal beschrieben, manchmal mit Dialogen geschrieben. Es geht aber ihm, glaube ich, grundsätzlich ums grosse Ganze. Also es gibt diesen alter Ego von Ramy, der da auf jeden Fall mitschwingt, der auch

seitenlange philosophische Gedanken über das Menschsein entwirft und sie dann aber natürlich eben auch wieder zerwerfen oder verwerfen muss, weil es führt ja alles in dem Sinn nur zum Tod. Und als ich die Fassung geschrieben habe,

sind mir so Stilrichtungen aufgefallen und das sind im Prinzip fünf verschiedene Stile oder Betrachtungsweisen, Arten von Betrachtungen, die er benutzt hat. Da bin ich dann eben auf fünf Stimmen gekommen. Es gibt die Rolle des Militärs, der militärischen Öffentlichkeit und

Da habe ich dann einen Militärchronisten, so quasi metaphorisch entwickelt, daraus. Und es gibt die allgemeine Erzählerin. Die Erzählpassagen im Roman sind auch sehr ausschweifend, sehr präzise, auch sehr verworren zuweilen. Also so eine allgemeine Erzählerin kann dann als zweite metaphorische Stimme dazu kommen.

Und dann ein relativ wichtiger Aspekt beim Ramy war dann immer dieses Hinterfragen, was ist denn das genau?

Könnte es nicht so sein, diese ganz seltsamen, geheimnisvollen Fragen oder Bemerkungen, die dazwischen geworfen werden, zum Teil auch in Spielszenen, aber trotzdem konnte man sie gut in eine Stimme zusammenfassen. Das ist dann die geheimnisvolle Stimme quasi und

Als vierte Stimme war es dann so quasi eine Zusammenfassung der Metaphorik der lyrischen, sehr gemalten Aspekten des Untergangs, wo auch eine ziemliche Stärke bei Ramy da ist, wie er sagt,

die Sachen literarisch malen kann. So ist dann die Lyrikerin und Malerin als Stimme dazugekommen und zu guter Letzt der eben wieder schon erwählte alter Ego Ramy, der von sich aus erzählt. Das hat sich dann so entwickelt, dass diese am Anfang

die erahnbaren, klaren Positionen in der Erzählweise und in der Haltungsweise, dass die sich dann auch immer mehr näher kommen oder sich separieren oder sich halt auch vermischen, sodass man am Schluss wie eine gemeinsame Verlorenheit findet, wenn es dann wirklich in die letzten Minuten geht.

Ja, weil die Menschen, die da beschrieben werden, die wollen ja nicht wahrhaben, was ihnen geschieht oder was ihnen eigentlich vielleicht schon auch widerfahren ist. Wie inszenierst du diesen Umstand? Wohin haben die Schauspielerinnen und Schauspieler dazu gehen müssen?

Es gibt für mich einen zentralen Satz, da wird eine Szene eines Bauernmeisters am Feierabend beschrieben, wie er die Nachricht in der Zeitung liest und Ramy schreibt dann dazu, es ist zu gross für ihn, er versteht es nicht, es ist zu gross.

Und für mich war das so eigentlich dieser Satz, der mich angesprungen hat, weil wir im Moment ja auch in einer Welt leben, wo vieles zu gross ist für uns und wir auch vieles halt einfach nicht verstehen und nicht verstehen oder wahrhaben wollen. Und das war dann eigentlich auch die Aufgabe an die Schauspieler, die ich getrennt aufgenommen habe.

und auch ohne zusätzliche Technik. Das hatte zur Folge, dass wir in einem Aufnahmeraum in Basel saßen und nur einander hatten. Man hat den jeweiligen Stimmen auch nicht beschrieben, wie die andere Stimme sich fühlen soll. Man konnte nur «Sie bitten, sich ihr Bild»

zu den anderen vier Stimmen zu machen, sodass sie eigentlich dann auch ihr imaginäres Bild hatten, das sie mir dann ganz allein im Aufnahmeraum erzählt hatten. Und da entstand einfach so eine gewisse Abwesenheit, weil sie sich ganz viel überlegt haben dazu, in welche Welt, die jetzt gerade sterben wird, spreche ich das eigentlich?

Und das war eine ziemlich grosse Anstrengung für die Leute, in der sie sich aber dann zunehmend wirklich wohlgefühlt haben. Und jede Stimme auf ihre Art hat begonnen zu blühen und gleichzeitig auch zu verwelken. Es ist immer beides auch ein bisschen hörbar im Hörspiel. Was bei mir passiert, ist so ein Eindruck von kompletter Entrücktheit und überhaupt keine...

Zugewandtheit zueinander mehr und zu gar nichts mehr, außer zu vielleicht der Sonne, in die man da stürzt. Ja, es ist eben diese seltsame Form vom finalen Existenzialismus, der fängt ja einem ja auch in der Situation und lässt einen nicht mehr frei und

passieren ab und zu in der geschilderten Gemeinsamkeit als Gesellschaft, wenn sie beginnt auszuscheren und gewalttätig zu werden.

beginnen irgendwie so ganz todesverachtliche Hoffnungen und Rettungswahnsinnsideen, um aber sich selber zu retten. Ich habe das Gefühl gehabt, dass die fünf SchauspielerInnen da auch extrem begonnen haben, darin zu leben und

dann ist es nicht mehr nötig, dass man es der Öffentlichkeit erzählt. Es ist dann eine seltsame innere Sprache, die aber überhaupt nicht an einen inneren Monolog erinnert. Das ist wieder ein Stück mit sehr vielen akustischen Tiefen und Welten und Räumen und vor allem mit leeren Räumen, über die du vielleicht auch gerne sprechen könntest.

Wie hat sich im Laufe der Arbeit, die ja, glaube ich, über einige Monate gegangen ist, wie haben sich diese Welten aufgebaut und haben sich die auch wieder abgebaut? Naja, das Erste, was ich wusste, ist, dass keine Hitze da stattfinden darf, sondern ich ging als erstes mal ins Gegenteil und habe versucht, nach einer absoluten Kälte zu suchen und bin da dann in diesen

Klangrecherchen auf Daten und Dateien der NASA gestossen, die gewisse Töne von Jupiter und Venus und Mars und dem Mond und das Magnetfeld der Erde, die sie hörbar gemacht haben. Es gibt aber auch die Dateien dazu. Das war eine erste Herangehensweise, sich an den absoluten Nullpunkt zu

Meine ersten Klänge haben immer minus 273 Grad geheissen. Das ist der absolute Nullpunkt, den es gibt. Temperaturnullpunkt, den es gibt. Und

Dann habe ich gemerkt, dass es nicht nur eigentlich um diese Technik geht. Die waren wunderbar als so kleine Interferenzen oder Interruptionen und

Ich habe aber dann so ein Gefühl eines quasi Antiklangs entdeckt gehabt und habe dort dann weitergesucht, indem ich ganz normale Atmos oder Geräusche

zuweilen mit diesen NASA-Klängen verbunden habe oder irgendwie gemacht habe, dass diese NASA-Dateien dann eine Atmosphäre digital rechnen. Und diese Atmosphären oder diese Klänge hat es dann einfach zerlegt. Und da sind dann so ganz viele Ordner, Klangordner entstanden, die lustigerweise

sehr viel miteinander zu tun hatten und was weiss ich, ich weiss, nach vielleicht zwei Monaten hatte man so ein Dateienarchiv zur Verfügung, das man dann als Gedanke zumindest einfach mal einsetzen konnte, habe das dann auch den Schauspielern zuweilen gezeigt und

Natürlich mit dem Hinweis darauf, dass das nicht die fertigen Klänge sind. Dann haben wir aber mit dem Wissen um dieses erste Archiv, sagen wir es mal so, haben wir dann die Sprachen aufgenommen. Und die Sprachen haben dann einfach nochmal ganz viel bewirkt an Änderungen. Wie macht man Übergänge, wie kommt man mit relativ absurden Wörtern

und Klängen in eine Szene rüber, wo es ganz anders klingt, aber man will keinen Schnitt, sondern eben einen Übergang bauen. Und da begann dann eigentlich die grosse Arbeit an, wie zerlegt man Klänge in sich selbst und baut sie wieder neu zusammen. Das war so ein Werdegang von, ich sage jetzt mal, ein halbes Jahr. Und kommen wir nochmal auf die Lernräume zurück.

Wie baut man einen leeren Raum? Ja, dass man versucht, das Gefühl von Leere zu erzeugen, natürlich mit Tönen, die aber eigentlich scheinbar nichts sagen. Also ein Konglomerat von Tönen,

Klänge zu finden, die nicht gleich etwas vorschlagen, wie man es hören soll oder was es heissen würde. Oftmals sind das nur fast nicht hörbare Rauschen, Summen,

die man dann ständig verändert, indem man dieses Summen oder dieses Rauschen in sich ständig verändernde akustische Räume setzt, dass irgendetwas sich nur gefühlsmässig bewegt. Und über dieses Bewegen kann man dann so die Verführerklänge oder Geräusche legen,

die suggerieren, ob sie jetzt feucht ist oder trocken oder kalt oder warm. Und das Wichtigste, glaube ich, an der Lehre ist die ständige Veränderung, wo man aber die Veränderung als solche nicht hört, sondern nur wahrnimmt.

Es ist so vielleicht wie eben auf der Bühne, wenn eine Szene auf der Bühne in Blau gehalten ist und die nächste kommt in Rot und man macht diesen Übergang von Blau nach Rot, ohne dass der Übergang merkbar ist, sondern man findet sich plötzlich in der roten Szene wieder. Wie vertont man dann so einen Satz wie «Nur mit Mühe brach der Tag an»?

Für mich war das ein relativ klares Bild voller Staub. Also ganz staubig, sodass man einen ganz trockenen Mund hat, dass man schmutzig wird auf der Haut. Und darüber hinaus hat sich dann eine Zeitenverschiebung bei mir eingestellt. Das wurde für mich so etwas wie Mittelalter, also gestorben.

Deswegen kamen dann auch Pferde dazu. Und dann hat man also diesen Staub, das sind so Transientencluster, nennt man das. Das sind so ganz kleine Partikel, die man setzen kann, also programmiert setzen kann.

Und dieses Rauschen, was da ist, und dann irgendwo in einer hohlen Gasse ein Pferd, was vorbeigeht. Und dann kamen noch zwei, drei Klänge dazu, die dann auch relativ düster daherkommen. Und dann war die Mühe für mich irgendwo grundsätzlich mal geboren. Aber das sind einfach wie eigene Bilder, die man hat,

die man dann aufbaut und die eigenen Bilder beginnen, einen dann auch immer mehr zu erzählen und werden klarer. Und deswegen war für mich da der ganze Anfang ganz losgelöst von der Zeit, also weit, weit zurück. Also nicht nach vorne gedacht, sondern wirklich nach zurück gedacht, ohne Nostalgie. Hat es bei dir...

in dieser Arbeit jetzt auch wieder gröbere Rückbauten geben müssen in einer Phase des Prozesses? Ja, das ist immer so. Man wird so selbstverliebt. Man findet sich dann

irgendeinem Punkt, also die Aufnahmen sind gut und die Takes funktionieren, man kann da mit allem gut spielen und dann tut man da noch etwas und da noch was dazu und dann wird es so richtig dicht und man hat eine schöne Tiefenstaffelung und dann ist man irgendwie ganz aufgeregt und dann

ja, wenn man das dann irgendwann mal jemandem anderen sagt, was meinst du jetzt dazu? Und dann entsteht dieser ganz komische Moment, dass man selber es ja auch mit den Ohren des anderen oder der anderen mithören will und dann bricht ganz schnell ganz viel zusammen und dann weiss man, dass man jetzt wieder viel zu weit gegangen ist und da muss man so ausmisten und

eben wieder ganz fest an den leeren Raum denken. Und dann kommt es manchmal gut, manchmal nimmt man das Falsche raus, dann muss man wieder aufbauen und dann wieder zurückbauen, bis man dann so einen grossen oder zumindest akzeptablen grossen Bogen sicher erarbeitet hat. Wann weisst du, dass es genug ist?

Ja, wenn Abgabetermin ist. Kunst ist fertig werden. Ja, da muss es fertig werden. Ein Stück ist ja nie fertig. Man gibt immer Stand der Dinge ab. Wenn ich es jetzt nach ein paar Monaten wieder anhörche, ist man ja schon wieder voll von Ideen und was man da noch hätte und was man da noch sollte und so.

Das sind aber nicht Fehler, sondern der Stand der Dinge wird dann einfach, es ist wie am Theater, wenn die Probezeit durch ist, dann ist die Premiere. Und man muss tunlich darauf achten, dass man irgendwo zu rechter Zeit auf ein Level oder auf ein Niveau gekommen ist, wo man sagt, ja, es ist eigentlich vertretbar. Aber das ungute Gefühl bei einer Abgabe ist natürlich immer da.

Du hast vorher schon erzählt, warum ihr das produziert habt. Das Buch ist erschienen, aber warum hat der SRF das produzieren lassen? Die Parallelen zu heute liegen auf der Hand, aber ich würde sagen, viele deutschsprachige Redaktionen, Hörspielredaktionen setzen ja eher auf konsumentenfreundlichere, konsumentinnenfreundlichere Formate und Inhalte.

Der Sturz in die Sonne bricht, ja, mit der Hoffnung an sich und passt eigentlich in diesen ganzen Kanon da momentan überhaupt nicht rein. Also warum wurde das produziert? Da ging es doch noch um etwas anderes, oder? Naja, weil, also meine, es war, natürlich waren wir ganz am Anfang, haben wir uns überlegt, gibt es eine Aktualisierung, tun wir es ins Heute, übersetzen, machen wir eine Vorlage nach Ramyu,

Meinerseits war es immer irgendwie klar, dass diese Dystopie von 1922, die steht so unglaublich für sich, dass man die unbedingt, unbedingt bewahren muss. Eine Zeitversetzung ins Moderne wäre der Tod der Geschichte gewesen.

Da landet man irgendwo bei Netflix und das ist nicht in Ordnung. Das ist eine literarische Vorlage, die im Laufe der Zeit so eine Weisheit gekriegt hat, eben im Sinn von «Es ist zu gross, wir verstehen es nicht, es ist zu gross».

Und das war die einzige richtige Sache, es allenfalls zeitlos zu machen, aber nie aus der Irrenzeit herauszunehmen. Wirklich dort bleiben. Und die Auswahl der Stellen haben auch so gemacht, wie er eigentlich das Buch geschrieben hat. Er hat das so aus dem Bauch herausgeschrieben,

und hat die Szenenfolge oder die Kapitelfolge, es sind 30 Kapitel im Original, er hat diese Kapitelfolge ständig wieder geändert. Es sind kleine oder grössere Szenen, die aufeinander folgen können, parallel laufen können, nacheinander kommen können. Es ist ja eigentlich ein Zustandsbericht, ein Zustandsbericht des Verlorenseins, der Hoffnungslosigkeit.

und das Nicht-Akzeptieren von dem. Wenn man das in die heutige Zeit macht, da kann ich um eine Häuserecke herumschauen und dann kann ich eine Aufnahme machen und dann bin ich dort. Also da brauche ich nicht eine acht-tägige Dystopie von Ramy. Die Stärke liegt in der Vergangenheit. Und ich glaube, das hat auch das Buch, also das Buch wurde sehr aufmerksam verfolgt und

Es wurde klar literarisch besprochen und so sollte das Hörspiel unbedingt auch sein. Es hätte Kraft verloren, wenn man es aus der heutigen Sicht betrachtet hätte. Die Stärke des Textes und des Stückes liegt ja eben, wie du sagst, in der Vergangenheit, aber sie liegt ja auch im Klang und wir sprechen jetzt schon darüber.

eine dringende Empfehlung aus dem Stück über Kopfhörer zu hören und zwar warum? Was hast du technisch unternommen, damit der Hörgenuss über Kopfhörer möglichst groß ist? Ja, also ich meine grundsätzlich kann man es auch über normale Lautsprecher hören. Es ist nur so, dass es gewisse Aspekte gibt innerhalb der Produktion, die mehrkanalig oder binaural aufgenommen worden sind,

die dann im Kopfhörer, die Tiefenstaffelung, was ist vorne, was ist hinten, was ist vielleicht sogar ein bisschen oben oder hinter einem, es wird einfach viel deutlicher und man selber als Zuhörerin ist ganz eindeutig mitten in einem Geschehen. Das hat aber nicht mit einer nur binauralen Arbeitsweise zu tun, sondern das hat

mit der Verbindung von ganz verschiedenen Techniken zu tun, die eben durch diese nur annehmbaren, ganz wenig wirklich bewusst hörbaren, ständigen Veränderungen der Räume, der Tiefen, das hört man einfach viel deutlicher und das macht einen selber dann zu einem noch grösser verlassen werdenden Zentrum.

was das Ziel ist. Sein Muss, weil man ist ja als Zuhörerin die einzige Person, die es hören kann, weil eigentlich ist das Stück ja gar nicht erzählbar, weil sie sind ja alle tot am Schluss und da passieren viele Sachen im Präsenz und in dem Moment, wo es die Geschichte zu erzählen gibt,

ist sie eben vorbei und die Leute sind tot. Und das kommt mir jetzt noch in den Sinn. Das ist etwas ganz Spannendes bei Ramy.

dass er mit den Erzählzeiten ganz, ganz wild um sich geschlagen hat. Also Präsenz mit der Vergangenheit, passez, composé, diese Zeiten wechseln sich unablässig ab. Also es ist eine zeitgrammatikalische, unglaubliche Unruhe, die aber extrem genau von ihm gesetzt ist.

Diese Unruhe ist vielleicht sein literarisches Mittel meiner sich ständig wechselnden, nur wahrnehmbaren Räume unter einem Klanggeschehen. Vielleicht sind es auch diese Wechsel von Zeiten, die übrigens mit schuldig waren, dass das Buch 1922, als es herausgekommen ist, zu einem Flop geworden ist.

Stefan, zum Abschluss, was waren denn für dich während der Arbeit die gross beglückenden Ereignisse und Veränderungen? Dass für mich plötzlich Bilder entstehen konnten, die während dem Moment, wenn ich eine Szene anhörche und so frei ich kann als Produzierender und ich wirklich jenseitiges Hören vernommen habe.

wo ich gedacht habe, das ist etwas, was die Leute mitnehmen könnten, diese Gottverlorenheit, wo die Leute da drin sind. Und da hat es für mich eine wahnsinnig schöne Aktualität gekriegt, ohne dass man es modernisieren musste. Danke, Stefan. Magst du erzählen, was du als nächstes an Hörspielen vor dir hast?

Ja, also wo ich jetzt gerade begonnen habe mit Schreiben, das ist der Gehülfe von Robert Walser. Das ist eine Geschichte, die ist vielleicht noch 20 Jahre älter als Ramy, also Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben. Auch ein ganz stiller walserscher Beschrieb eines Niedergangs,

eines im weitesten Sinn Hochstapels, aber nicht, weil er bewusst betrügen will, sondern er sich in der Gesellschaft über Wasser halten will. Das ist ein ähnliches Prinzip wie beim Rameau. Da schaut man jemandem zu, der im weitesten Sinn die moralische Welt verlässt oder dann eben von ihr überholt wird. Das ist das Nächste.

Und eine Klanggeschichte für ein Ohrreff, so quasi 24 Stunden im Leben einer Seele. Das ist eine ganz freie Kompositionsgeschichte mit wenig Text. Das ist auch einfach gerade am Starten. Wir planen weit voraus, wann ist damit zu rechnen, mit dem Walser und mit dem Klangstück? Ende Jahr.

Sag ich jetzt mal. Vielen Dank, Stefan, für deine Auskünfte. Danke dir, Philipp und Papa. Das war der Regisseur, Klangkünstler und Produzent Stefan Weber, dessen Hörspiel Sturz in die Sonne noch bis Ende Mai auf sound.org.at verfügbar ist. Wie gesagt, am besten über Kopfhörer zu genießen.

Einblicke ins Hörspielprogramm des Folgemonats schicken wir Ihnen per Newsletter. Sie können die Ö1 Hörspielpost abonnieren, am leichtesten zu finden über den Begriff Ö1 Hörspielpost in jedweder Suchmaschine. Am Mikrofon war Philipp Scheiner.