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Die ukrainische Künstlerin Anna Sarvira

2025/6/14
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Bücher für junge Leser

AI Deep Dive AI Chapters Transcript
Topics
Anna Savira: 我在2009年从艺术学院毕业后就开始制作儿童书籍。当时的市场并不差,但我们的创作空间有限,风格尝试的机会不多,愿意出版创新作品的出版商也很少。大多数出版社专注于经典或现实主义风格,缺乏漫画和图画书。过去15年里,风格变化不大,这让我觉得有点无聊,因为我想尝试新事物时,出版商并不愿意。直到2013、2014年,插画市场才开始出现变化。

Deep Dive

Chapters
Die Sendung beginnt mit der Beschreibung des ukrainischen Künstlerkollektivs Pictoric Illustrators Club und seinen Anfängen. Es wird die Situation der Illustrationskunst in der Ukraine Mitte der 2010er Jahre beleuchtet, die durch klassische Stile und wenig Experimentierfreude geprägt war. Die Gründung von Pictoric als Reaktion auf diese Situation und der Erfolg der ersten Ausstellung werden beschrieben.
  • Gründung des Pictoric Illustrators Club 2014 in Kiew
  • eingeschränkter Handlungsspielraum für ukrainische Illustratoren
  • erste Ausstellung mit polnischen und ukrainischen Illustratoren
  • erfolgreiche Präsentation auf der größten Buchmesse der Ukraine

Shownotes Transcript

Translations:
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Deutschlandfunk Büchermarkt

Blau-gelb sind die Farben der Ukraine. Blau wie der Himmel, gelb wie die Weizenfelder. Yellow Blue hieß das erste Projekt des 2014 in Kiew gegründeten Illustratoren-Kollektivs Pictoric Illustrators Club. Das Kollektiv damals etwa 30 ukrainische Illustratorinnen, Grafikdesignerinnen und Künstlerinnen und Künstler. Später auch unter ihnen die in Deutschland bekannten Sachbuchkünstler Romana Romanicin und Andrei Lessev.

Das Anliegen des Kollektivs? Aufmerksamkeit auf ukrainische Illustrationskunst zu lenken. Es organisierte Ausstellungen, Workshops, Vorträge und Meisterklassen, plante Gemeinschaftsprojekte und präsentierte sich bereits in vielen Ländern. Auf den Buchtagen in Georgien, auf dem Plakat- und Typografie-Festival in Turun in Polen, auf der Frankfurter Buchmesse und der Internationalen Kinderbuchmesse in Bologna sowie in Südkorea. Die Gründer?

Olena Starancuk, Oleg Grishenko und Anna Savira. Anna Savira ist Zeichnerin, Künstlerin und lange schon tätig auch im Bereich des Animationsfilms. Zuletzt hat sie im Kölner Rautenstrauch-Just-Museum in einem Raum für Kinder eine große Wand gestaltet. Sie lebt seit Kriegsbeginn 2022 in Köln und ist heute Gast im Studio. Wir sprechen unter anderem über die Situation der Illustrationsszene in der Ukraine vor dem Krieg

und wie sich der Krieg auf das Kollektiv, die Themen, die Arbeitsmöglichkeiten und die Kreativität ausgewirkt hat. Es begrüßt sie Ute Wegmann. Anna Savira, wie stellte sich der Markt in der Ukraine dar? Wie war die Situation des Kinderbuchs zum Beispiel Mitte der 2010er Jahre? Ich habe 2009 von der Kunstakademie graduiert und ich habe meistens Kinderbücher gemacht.

2009 habe ich gerade meinen Abschluss an der Kunsthochschule gemacht und Kinderbücher bebildert. Darum erinnere ich mich sehr gut an die Situation. Es war nicht schlecht, aber wir hatten nicht viel Handlungsspielraum, nicht so viele Möglichkeiten, Stile auszuprobieren, nicht so viele experimentierfreudige Verleger, die auch mal was Verrücktes publizieren würden. Die

Die meisten konzentrierten sich auf klassische Stile oder realistische Bilder. Es gab keine Comics und keine Bilderbücher. Das entwickelte sich in den letzten 15 Jahren. Die Stilvarianten änderten sich geringfügig. Für mich als Illustratorin war das ein bisschen langweilig, denn wenn ich etwas Neues ausprobieren wollte, waren die Verleger nicht bereit. 2013, 2014 änderte sich etwas auf dem Illustrationsmarkt.

Jetzt haben Sie gesagt, Sie haben 2009 Ihren Master in Illustration gemacht und war es Ihr Wunsch, Film zu machen, also Animationsfilm oder Buch?

Ich wollte immer Bücher machen und begann damit bereits während meines Studiums und auch danach. Außerdem gab es damals noch keine ausgeprägte Animationsszene. Heute haben wir viel mehr Möglichkeiten. Ich war fokussiert auf Bilderbücher. Sie sind meine Leidenschaft, das muss ich zugeben. Es ist meine Leidenschaft durch alle Illustrationen.

Was war denn der Auslöser damals, Pictoric zu gründen? Und wie war die Reaktion der Künstlerinnen, als sie gefragt wurden? Gab es da viel Zuspruch?

Wir kannten uns damals nicht so gut, bis Lena und ich ein Residenzstipendium in Polen hatten. Wir fingen an, über die sehr starke Szene in Polen zu sprechen, die ganz anders ist als die in der Ukraine. Als wir zurückkamen, beschlossen wir, diese experimentierfreudigen Bilder, die nirgendwo gezeigt werden konnten, auszustellen. Unsere

Unsere erste Ausstellung war eine Gemeinschaftsausstellung von polnischen und ukrainischen Illustratoren. Alle Künstler, die wir eingeladen haben, waren überglücklich, weil keine Institution sich mit Illustration beschäftigte. Endlich konnten sie zeigen, was ihnen gefiel, und sie konnten zeigen, was sie wollten. Wenn man Illustrator ist, gibt man ihnen die Freiheit, was sie wollen. Ich denke, es war ein bisschen Glück.

Der Kultur- und Museumskomplex Mistetsky Arsenal in Kiew veranstaltet jedes Jahr eine Buchmesse. Es ist die größte Buchmesse der Ukraine, Book Arsenal. Obwohl wir neu und jung waren, haben sie uns vertraut und gaben uns den Raum für 200 Poster und Illustrationen. Eine wirklich große Ausstellung in einer riesigen Halle.

Wir hatten also direkt eine immense Aufmerksamkeit und viele Reaktionen. Einige fanden es gut, andere fragten, das nennt man Illustration? Eins ihrer ersten größeren Projekte 2016 war Yellow Blue, orientiert an den Nationalfarben des Landes.

40 unterschiedliche Künstlerinnen und Künstler zeigten die moderne und traditionelle Ukraine auf etwa 100 Plakaten, auf den Bildern Architektur, moderne Gebäude, aber auch historische Holzkirchen, kulturelle Attraktionen oder soziale Phänomene. Sie zeigten auch, was man nicht in Reiseführern findet, nämlich Rave-Partys, die Karpaten mit ihren Besonderheiten, Speisen, Rituale.

Zu dieser Zeit, 2016, für uns in Europa doch eigentlich noch verdrängt, befand sich ja die Ukraine bereits im Krieg mit Russland durch die Besetzung der Krim 2014. Vieles, was man auf den Postern dieses Yellow-Blue-Projektes sieht, steht für die kulturellen Wurzeln der ukrainischen Bevölkerung. War dieses Projekt damals schon eine Art Bekenntnis zur Kultur der Ukraine und wollten sie auch beobachten?

Sowas wie das Nationalbewusstsein stärken?

Das ist nicht ganz einfach zu sagen, also beides spielte eine Rolle. Aber 2016 haben wir auch angefangen, mit Organisationen im Ausland zusammenzuarbeiten und stellten fest, dass wir über die Ukraine sprechen möchten. Wir wollten die Ukraine zeigen, wie wir sie mögen und kennen. Nicht nur ernste Themen, sondern auch Rave-Partys oder unseren lustigen öffentlichen Verkehr oder die verrückte Kaffeekultur.

Wir wollten dadurch einen Dialog mit dem Ausland beginnen. Wir merkten, dass wir selbst einige Dinge gar nicht wussten. Zum Beispiel erzählten die Illustratoren von der Krim, dass es dort die längste Trolleybuslinie der Welt gibt. So haben auch wir das Land, in dem wir leben, besser kennengelernt. Hatte es in dem Sinne gar nichts mit der Besetzung der Krim zu tun, also war gar nicht politisch motiviert.

Es war erst einmal ein kulturelles Anliegen. Aber es ist ja unmöglich, unpolitisch zu sein.

Natürlich machten wir auch Poster zu Krim oder zum Donbass, vor allem, weil wir dort nicht mehr hinfahren konnten. Wir wollten auch damit etwas bewahren und es anderen zeigen. Sie lebten zu dieser Zeit in Kiew. Hat sich denn die Bedrohungslage durch Russland zwischen 2014 und 2022 merklich und auch im Alltag wahrnehmbar verändert?

Es war schon bedrohlich, besonders am Anfang, weil wir nicht wussten, was passieren wird. Aber das war das Problem, dass die Menschen sich in den acht Jahren wieder beruhigt haben. Darum war es für mich Ende 2021 ziemlich hart, als man begann, vom Angriffskrieg zu sprechen. Auf jeden Fall hat aber ab 2014 eine starke Trennung von Russland stattgefunden. Wer

Wir haben begonnen, unabhängig zu werden. Bis 2014 gab es eine enge Zusammenarbeit mit Russland. Das hat sich komplett verändert. Wir machen jetzt unsere Sachen. Das hatte natürlich auch einen Einfluss auf die Illustration oder auf die ganze Buchszene. Neue Autoren tauchten auf, die vorher in Russland veröffentlicht haben.

Und wir konzentrierten uns jetzt auf unsere Künstler. Das war interessant.

Sie haben Ihre persönliche Empfindung in einem Comicstrip festgehalten. Sie erzählen in Bild und Text, was es bedeutet, mit der Kriegsbedrohung in Kiew zu leben. Acht Bilder, genannt der Plan, auf den Sie sich mit der Frage beschäftigen, was werde ich im Kriegsfall tun? Werde ich fliehen? Werde ich kämpfen müssen? Werde ich rechtzeitig den Schutzbunker erreichen? Was benötige ich zu Hause? Reis, eine Axt, Taschenlampe? Was ist das, was Sie in Ihrem Film sehen?

Dieses Projekt haben Sie auf Anfrage gemacht und diese Anfrage kam vom MoMA aus New York. Wie war das damals? Wie war die Situation?

Ich bekam eine Mail und das war wirklich verrückt. Als Illustratorin hast du eine Liste von Organisationen, mit denen du arbeiten möchtest, aber ans MoMA habe ich nie gedacht. Ich wusste nicht mal, dass sie mit Illustratoren arbeiten. Das hat mir schon ganz schön Druck gemacht, von einem solch großen Museum angefragt zu werden. Oh mein Gott.

Außerdem fühlte ich mich als Ukrainerin gefragt, stellvertretend für die Ukraine zu sprechen. Und ich dachte, was erzähle ich? Ich habe dann beschlossen, meine Erfahrungen mitzuteilen. Und so erzählt der Comic, wie ich mich fühlte und wie verloren ich war. Das MoMA war glücklich mit dieser Perspektive. Ich habe also nicht über Politik geschrieben, sondern über das tägliche Leben, mein Leben in Kiew.

Während ich darauf wartete, dass womöglich der Krieg beginnt. Zu sehen ist der Comic unter anderem auch in dem Buch Bilder gegen den Krieg aus dem Schallzeitverlag, das im Übrigen auch von der Bundeszentrale für politische Bildung spricht.

aufgelegt wurde, also auch in Schulen benutzt werden kann. In 2021 erschien ein großformatiges, wunderbar hergestelltes Buch mit den Künstlerinnen des Pictoric Illustrators Club. Werke, Kurzbiografien, Technik werden vorgestellt. Hier zeigen sich in diesem Buch Vielfalt und hohe Qualität der Arbeiten. War dieses Buch gedacht als eine Art Visitenkarte für das Ausland?

Ich sage immer, dass wir viel Glück hatten, weil wir Menschen trafen, die uns vertrauten. So war es auch mit der Verlegerin dieses Buches. Ja, wir wollten auch im Ausland zeigen, welche Künstler wir haben.

Es war dennoch hart, weil wir 30 auswählen mussten. Aber jetzt haben wir eine großartige Dokumentation der Illustrationsszene im Jahr 2021. Es war eine große Sache für uns. Wir hätten das nie alleine stemmen können. Und das Buch war sofort ausverkauft.

Dann 2022 Februar, als der Angriffskrieg der Russen begann, waren Sie in Köln bei Ihrem Mann, Ihre Familie in der Ukraine. Mit welchem Gefühl sind Sie hier geblieben und konnten Sie überhaupt weiterarbeiten?

Ich habe mich total verloren gefühlt. Es war eine verrückte Diskrepanz zwischen dem, was ich auf meinem Handybildschirm sah, und dann ging ich nach draußen. Es war ein herrlicher Frühling, die Leute saßen in der Sonne. Und dann las ich, was in Mariupol passierte. Ich sah Kinder auf dem Spielplatz, holte mir einen Kaffee und bekam Nachrichten von Lena und Oleg. Das war eine sehr schöne Zeit.

dass sie sich bei Verwandten verstecken mussten. Es war eine verrückte Widersprüchlichkeit, wie meine Familie und meine Freunde lebten und ich. Aber das Einzige, was ich tun konnte, war zeichnen über die Ukraine. Und was mir auch hier in Deutschland half, waren die Menschen, wonach sie fragten und was sie wissen wollten. Und da beschloss ich, diese Themen zu zeichnen. Warum wir nicht aufgeben. Ich nutzte Instagram als Plattform, wie alle anderen Illustratoren auch.

Die meisten waren in der Ukraine. Sie zeichneten sehr realistische Situationen, wie sie im Bunker sitzen, während ich Motive suchte, die für Menschen im Ausland darüber hinaus informativ sein könnten. Viele Orte des Yellow-Blue-Projekts lagen jetzt in Trümmern, wurden Schauplatz von Kriegsverbrechen, Harkiv, Zimbabwe.

Kiew, der Donbass, die Krim, Lviv, Odessa, Mariupol. In den Medien tauchten diese Orte ihrer Poster jetzt plötzlich wieder auf. Zerstört von der russischen Armee, die Zivilbevölkerung ermordet. Das Kollektiv, also Pictoric, startete dann die Aktion Bilder gegen den Krieg, eine Art Kriegstagebuch. Und zu sehen waren die Bilder online oder über Facebook.

Sie haben jetzt von Ihren Illustrationen schon gesprochen, die Sie auf Instagram oder auch auf Facebook gepostet haben.

Andere haben dann Illustrationen gepostet und auf den Illustrationen sah man die Flucht mit Auto oder Bahn, Menschen in Kellern, in Bunkern, in der U-Bahn. Man sah Verletzte, Tote. Sie zeigen russische Soldaten, die ihre Gewehre und Panzer gegen Zivilisten richten und von ihnen mit bloßen Händen zurückgedrängt werden. Sie zeigen immer wieder Kinder, verletzt, zusammengekauert mit Haustieren, mit Kuscheltieren. Immer wieder aber auch die ukrainischen Farben, immer wieder die Farben,

Immer wieder formuliert der Wunsch nach Frieden und Gerechtigkeit und vor allen Dingen sind diese Illustrationen auch ganz oft eine Dokumentation des Zusammenhalts. In den Techniken, in Farbwahl, in Stil, in Motivwahl spiegeln sich die Gefühlslagen der Künstler. Und nicht immer trägt die Friedenstaube so eine ihrer Illustrationen, den Olivenzweig. Sie kann auch mit Bändern der russischen Nationalflagge an ein Kreuz gebunden sein.

Wie wichtig war zu dieser Zeit das Kollektiv? Ich kann nur für mich sprechen, aber ich glaube, es war für alle gut, Teil des Projektes zu sein. Anfangs war es auch eine Art Therapie. Alles, was man sah, kam auf Papier und es war unsere Art, darüber zu sprechen. Wir fühlten uns auch als Gemeinschaft, weil wir gemeinsam etwas unternehmen konnten.

Das war wunderbar, weil wir alle irgendwie verloren waren. Du bist Illustratorin, der Krieg beginnt und du fühlst dich sehr nutzlos. Aber wir fanden Möglichkeiten, wie wir die Ukraine unterstützen konnten, um auf die Situation aufmerksam zu machen, aber auch Geld zu sammeln. Und viele Künstler, die wir nicht kannten, meldeten sich bei uns, wollten uns unterstützen.

Diese Arbeit hatte zwei Seiten, auf die Situation im Land aufmerksam zu machen, aber auch den Künstlern zu helfen, nicht verrückt zu werden, weil sie etwas Wichtiges beitragen konnten. Es war sehr wichtig, von beiden Seiten zu helfen, Ukraine zu helfen, aber auch, dass die Künstler nicht zu verrückt sind und dass sie auch etwas Wichtiges tun.

Nun haben wir vorhin gesagt, Sie haben mit 30 Künstlerinnen gestartet. Das heißt, Sie haben dann in dieser Zeit neue Leute ins Kollektiv auch aufgenommen für dieses Projekt, richtig? Ja.

Ja, viele haben etwas zur aktuellen Situation gezeichnet. Aber viele waren auch paralysiert 2022, konnten gar nicht arbeiten. Andere brachten neue Perspektiven mit. Die einen waren in Kharkiv, das war hart. Andere in Lviv, das war was völlig anderes.

Wieder andere waren im Ausland, zum Beispiel in Kanada. Auch das ist eine völlig andere Perspektive, als in Deutschland zu sein. Und das war sehr wichtig. Sie waren ja zu der Zeit in Köln und haben in Köln begonnen, mithilfe von Unterstützern Ausstellungen zu planen, um auf die Ukraine aufmerksam zu machen und auch, wie Sie vorhin schon gesagt haben, Geld zu generieren.

Bilder, die sich mit der aktuellen Kriegssituation auseinandersetzen und Bilder aus dem Yellow-Blue-Projekt wurden unter dem Titel »Ukraine gestern und heute« als digital gefertigte Poster in verschiedenen Institutionen, Museen oder auch auf Außenflächen gezeigt. Also zum Beispiel im Bilderbuchmuseum in Trostdorf, im Open Space der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, als Plakatwand und in Vitrinen in Köln und natürlich auch auf internationalen Buchmessen in Frankfurt und Bologna.

Wie wichtig waren diese Präsentationen? Es war wunderbar, dass uns so viele Menschen helfen wollten, die Poster auszustellen. Am Ende war es gut, alles unter dem Titel Ukraine gestern und heute zu zeigen und nicht nur die Kriegsbilder.

Denn viele, die die Ausstellungen besuchten, wussten zwar von dem Krieg, aber sie wussten nicht viel über die Ukraine und ihre reiche Kultur. Und klar, das war auch manchmal traurig, weil die Bilder die Städte vor und während des Krieges zeigten.

Wir wollten den Dialog starten, warum Russland an der Ukraine interessiert ist. Wir wollten über das Land sprechen. Das war eine großartige Gelegenheit, all das zu zeigen. Parallel dazu fanden ja auch noch Ausstellungen, man kann eigentlich sagen, auf der ganzen Welt statt.

Später haben sie aber ein neues Projekt mit internationalen Künstlern begonnen. 2022, 2023 haben wir meistens die Kriegsbilder zusammen mit den Yellow-Blue-Postern gezeigt. Und dann merkten wir, dass wir was Neues machen müssen.

Wir wollten nicht mehr nur mit ukrainischen Illustratorinnen arbeiten. Und außerdem wurde auch das Publikum müde, immer wieder etwas über den Krieg zu hören. Klar, im ersten Jahr war es ein Schock, auch für mich. Aber dann, wenn du die Bilder jeden Tag siehst, das klingt zwar schrecklich, aber man gewöhnt sich daran.

Wir haben dann angefangen, mit internationalen Künstlern zu arbeiten und haben Themen vertieft, zum Beispiel Far From Home mit einem niederländischen Magazin. Einige hatten die gleichen Erfahrungen wie wir. Es ging dabei gar nicht ausschließlich um Krieg, sondern auch um die Tatsache, dass man sein Land verlassen hatte. Oder wenn Everything Matters. Dabei ging es darum, was der Krieg verändert haben könnte oder eben auch nicht. Die

Die unterschiedlichen Perspektiven zu vergleichen, ist interessant. Es war eine Art visuelle Recherche. Und es ist für uns alle, auch für die Ukrainerinnen wichtig, etwas Neues zu sehen. Deshalb machen wir das.

Sprechen wir nochmal über Sie und über Ihre Illustrationen. Für die Europäische Union haben Sie 2023 ein Kinderbuch mit dem Titel »The Girl Who Kept Her Eyes Open« bebildert. Text von Philippe Tito, eine Fluchtgeschichte, in deren Mittelpunkt ein sehr aufmerksames Mädchen steht, die in ihrer Klasse.

einem neuen ukrainischen Mädchen begegnet, die nie spricht. Alina wird Sophie helfen, in dem neuen Land anzukommen. Das Buch ist in 13 Sprachen erschienen, kostenfrei und kann auf Englisch heruntergeladen werden. Wenn man sich dieses Buch anschaut, das sind typische Anna Savira-Figuren. Man erkennt sie an ihrem Gestus, ihren Gesichtern und auch an der Farbgebung, einer intensiven Farbgebung. Eine ihrer bevorzugten Farben ist Pink-Rosa.

Hier in diesem Buch haben die westeuropäischen Menschen alle rosa Gesichter. Immer ist auch etwas anderes noch pink, zum Beispiel ein Pullover oder ein Zelt oder ein Eis, aber sogar auch mal ein ganzer Bildhintergrund.

Welche Bedeutung hat Pink für Sie? Ich mag grundsätzlich leuchtende Farben. Die einzige Zeit, wo ich sie nicht benutzte, war 2022. Mir fällt es schwer, für Kinder den Krieg zu zeichnen. Ich hatte Angst vor diesem Projekt. Pink wird so eine Farbe der Hoffnung und Freude. Ich finde, man muss Kindern nicht alles Schreckliche zeigen. Man kann metaphorisch darüber sprechen.

Das habe ich versucht und die Illustrationen auch freudvoll gehalten. Das Buch erzählt ja davon, wie man mit Flüchtlingskindern umgeht. Es sollte Spaß machen, aber man lernt auch etwas Wichtiges. Ich denke, so sollte man mit diesen Themen umgehen.

Sie werden in Deutschland bleiben. Auch Ihre Familie lebt nun hier in Köln und in der Nähe von Köln. Was Ihre Arbeit betrifft, sind Sie international vernetzt und erfolgreich. Wie ist denn die Illustrationsszene jetzt? Können denn die Illustratorinnen, die in der Ukraine geblieben sind, können die arbeiten? Es hängt von der Technik ab.

Im letzten Jahr waren immer wieder lange Blackouts. Wenn du dann digital arbeitest, ist es schrecklich. Du hast ja Deadlines. Aber ja, 80 bis 90 Prozent der Pictori-Künstler arbeiten in der Ukraine. Die wirtschaftliche Lage ist nicht besonders vielversprechend. Es gibt natürlich im Land wenig Produktionsmöglichkeit. 2022 wurden viele Projekte gecancelt. Noch mehr sind in der Ukraine.

90 Prozent meiner Kunden machen nichts mehr. Oder nur noch sehr selten. Viele Illustratoren arbeiten jetzt international. Das ist gut und sie machen coole Sachen. Ich finde es nur traurig, dass sich die internationale Zusammenarbeit erst durch den Krieg ergeben hat.

Andererseits ist es gut, dass es überhaupt jetzt passiert. Die ukrainischen Künstler sind nun überall auf der Welt, auch online. Du siehst ihre Bücher überall, das ist schön.

Wir glauben an die Kraft der Kunst, dass sie eine Vermittlerin sein kann, um im Dialog zu bleiben und eine Möglichkeit, das kritische Denken zu fördern. So sagten es die Pictoric-Künstlerinnen zu Beginn des Krieges. Was sagen sie heute? Ich glaube an Frieden, der durch Gerechtigkeit hergestellt wird, was gerade nicht passiert.

Aber woran ich definitiv glaube, dass wir einen guten Dialog begonnen haben, wir, die Ukraine, wir, Piktorik und ich als Künstlerin. Und das ist wichtig. Wenn du dein Wissen und deine Kultur teilst, wird alles einfacher. Denn bei allem, was wir tun, geht es darum, verstanden zu werden.

Wir machen die Ausstellungen, weil wir Leuten vermitteln wollen, wer wir sind und warum wir handeln, wie wir handeln. Und das ist einfacher, die Ukraine zu verstehen und zu unterstützen, wenn man weiß, wer wir sind, wer Pictoric ist, wer ich bin.

Das ist das, was sich verändert hat in den letzten Jahren, dass Menschen uns besser verstehen als vorher. Es gibt immer noch viel zu tun, aber wir haben angefangen. Und hoffentlich, wenn der Krieg vorbei ist, werden die Leute wissen, dass die Ukraine ein interessantes Land ist, mit einer interessanten Kultur, mit gutem Essen, tollem Kaffee, guten Rave-Partys und mutigen Menschen. Und sie werden sich daran erinnern, dass die Krieg stattgefunden hat und sie stoppt wurden.

Ein schönes Schlusswort. Es ist Ihnen gelungen, mit dem Kollektiv in Dialog zu kommen mit Deutschland, mit deutschen Künstlern, aber natürlich auch mit international sehr vielen Institutionen und Künstlern und das ist wunderbar. Ganz herzlichen Dank, Anna Savira, für das Gespräch, dass Sie ins Studio gekommen sind. Das war der Büchermarkt mit der ukrainischen Künstlerin Anna Savira, nachzuhören in unserer Deutschlandfunk-App.

Es folgt jetzt Computer und Kommunikation. Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen Ute Wegmann.