Deutschlandfunk, Büchermarkt. Bastelbücher kommen in unserer Sendung nicht oft vor. Die Bücher von Sabine Lohf sind aber etwas Besonderes, weil sie mit einfachen Mitteln die Lust am Selbermachen wecken und den Blick dafür schärfen, selbst in den alltäglichsten Dingen Inspiration für das nächste Bastelprojekt zu sehen. Außerdem ist die Künstlerin erst kürzlich 70 Jahre alt geworden und hat in den letzten zwölf Jahren über 20 Bücher veröffentlicht, die sie selbst entwickelt, geschrieben und illustriert hat.
Sabine Lohf war lange verantwortliche Redakteurin der Zeitschrift Spielen und Lernen und arbeitete als freiberufliche Grafikerin, Fotografin und Illustratorin. Heute ist sie vor allem für ihre Bastelbücher bekannt. Diese sind immer aufwendig mit Fotos der Werke illustriert. Gebastelt wird zum größten Teil aus Naturmaterialien und Dingen, die jeder zu Hause hat, wie Milchpackungen, Klopapierrollen und Pappe.
Frau Lohf, Sie haben Kunst studiert an der renommierten HDK, heute heißt sie UDK Berlin, mit den Schwerpunkten Malerei, experimentelle Grafik und Fotografie. Im Grunde ist das ja schon genau die Mischung, die Ihre Bücher auch heute ausmacht. Künstlerische Freiheit, gestalterisches Geschick und kreative Fotografie. Hatten Sie denn damals schon vor, Ihre eigenen Bücher zu machen?
Nein, ich hatte gar nicht geplant, überhaupt in die Kinderbuchbranche zu gehen. Ich hatte überhaupt nicht geplant, Bücher zu machen. Ich wollte eigentlich mich erst orientieren und dann kam das Angebot der Zeitschrift Spielen und Lernen, ob ich bei denen nicht mal eine Zeit lang arbeiten möchte, weil ich so schöne Fotografien mache von Kindern und so weiter.
Und bei diesem Kinderteil war so eine Kreativseite. Und die habe ich im Grunde gleich bedient. Und das stieß auf Begeisterung. Und dann hat man zu mir gesagt, man würde mich sehr gerne fest anstellen. Und das habe ich mir noch eine Weile überlegte.
Und bin dann aber doch zu dem Entschluss gekommen, okay, ich ziehe von Berlin in die Nähe von Hannover und versuche das mal ein Jahr lang. Und daraus ist dann eine ganz, ganz lange Geschichte geworden. Also ich bin dabei geblieben und habe mich verliebt in diese Kinderbuchgeschichten und habe auch lange eben als verantwortliche Redakteurin den Kinderteilspielen mitbedient.
Und daraus wurde dann immer mehr. Und auf einmal wurde ich gefragt von Verlagen wie Ravensburger, ob ich für die nicht auch arbeiten möchte. Und so habe ich mich immer weiter in die Selbstständigkeit dann entwickelt. Sie gehen an Ihre Bastelbücher ja ganz anders heran, als das herkömmlich so der Fall ist. Es gibt zum Beispiel bei Ihnen gar keine Schablonen oder Malvorlagen. Warum machen Sie das so?
Ja, das ist über so Erfahrungen gekommen. Also während meiner Zeitungsarbeit bin ich auch in Schulen gewesen oder Kindergärten und habe denen meine Vorlagen gezeigt. Und die Kinder haben einfach frei nach ihrem Wissen und Gewissen einfach drauf losgebastelt. Und dann habe ich gedacht, ach, guck mal an, aus deiner Eule werden auf einmal 22 andere Modelle. Und da habe ich gedacht, ich lasse denen die Freiheit.
Und ich sehe meine Bücher auch mehr als Inspiration. Und ich habe auch Kinder dabei beobachtet, wie sie diese Bücher benutzen. Also sie blättern da drin. Meine Tableaus erzählen ja teilweise auch kleine Geschichten. Und auf einmal läuft ein Kind los und sagt, gib mir mal eine Zitrone. Ich muss mal so einen Zitronenmann basteln. Ich bin sehr dafür, also dieses Kreative einfach freizulassen und nicht in Schablonen zu pressen.
Dazu passen auch Ihre Pappbilderbücher, die Sie gemacht haben. Das sind auch Inspirationen zum Basteln, schon für Kinder ab drei oder vier Jahren. Was war denn da die Idee dahinter? Das habe ich vorher auch noch nie gesehen. Wenn Sie jetzt meinen ein, zwei, drei, vier Lieblingstier aus dem Gerstenberg verlag, das fand ich auch sehr schön, Tiere von A bis Z.
dass man mit ganz wenigen Mitteln aus einer Klorolle oder an Maiskolben meinetwegen Dinosaurier machen kann. Also mit vier Schritten kann man ganz einfach etwas gestalten. Ich will nicht nur die Kinder damit erreichen. Die sollen über die Bilder inspiriert werden, aber gerne auch die Erzieher oder Eltern, weil Eltern ja oft so eine Hemmung haben und sagen, ich kann nicht basteln, ich bin nicht künstlerisch und es dann verbieten.
Also einfach mal mitmachen, würde ich den Eltern sagen. Probier es doch mal aus in diesen vier einfachen Schritten. Das finde ich interessant, weil Sie in Ihren Büchern gerade auch in dem neuen gezielt die Kinder ansprechen. Und gleichzeitig, wie Sie schon sagen, werden ja vermutlich vor allem Eltern oder Erziehende zu Ihren Büchern greifen und sie auch wahrscheinlich vorrangig lesen. Ist das für Sie ein Widerspruch?
Nein, überhaupt nicht, weil kleine Kinder werden ja meistens von ihren Eltern begleitet. Und darum ist es mir eigentlich sehr, sehr wichtig, dass das auch den Eltern gefällt. Also da so eine bestimmte Ästhetik reinzubringen, dass die sagen, ich bin davon auch begeistert und ich animiere die dazu, sich einfach zu trauen. Meine Sachen sind eigentlich recht einfach angelegt und mit ein bisschen Mut kann jedes Elternteil einfach mitbekommen.
Also mir geht es auch um den gemeinsamen Spaß. Ich weiß, dass manche Eltern sagen, Basteln, das ist ja so anstrengend, das will ich nicht. Und ja, weil die immer dieses Perfekte im Kopf haben. Aber es geht mir ums Machen.
Jetzt sagen Sie gerade schon unperfekt oder das Perfekte. Da ist mir aufgefallen, dass Ihre Objekte oft Tiere sind oder andere Wesen mit Gesichtern und die sind auch nicht perfekt und gerade dadurch aber eben so charakterstark und sympathisch und besonders. Nähern Sie sich dadurch den Kindern an oder ist das Ihr eigener Stil?
Ich glaube, das ist beides. Es ist das Kind in mir, das ich immer geblieben bin. Ich habe so eine Fantasie. Ich sehe halt in allem etwas. In Baumstämmen sehe ich Gesichter, in Zweigen, Schlangen und so weiter. Und ich glaube, das tue ich mir selber zugefallen, dass ich das so gestalte. Da kann ich gar nichts dafür. Das kommt aus mir heraus.
Ihr neues Buch, das jetzt gerade im Gerstenberg Verlag erschienen ist, heißt Die große Gartenwerkstatt. Es geht ums Gärtnern. Sie geben wieder Inspirationen für Projekte in den verschiedenen Jahreszeiten dieses Mal. Mögliche Projekte sind dann zum Beispiel ein Pflanzplan, Dünger aus Brennnesseln, eine Igelvilla oder Samenbomben. Wie haben Sie für dieses Buch das Konzept entwickelt? Was war da der Ausgangspunkt?
Der Ausgangspunkt waren eigentlich die Jahreszeiten. Ich habe mich an den Jahreszeiten orientiert und weil ich hier ja auf dem Land lebe, sind die immer sehr präsent. Und da ich eine große Beobachterin bin, da habe ich gedacht, ach schau, jetzt kommen die Schneeglöckchen, jetzt kommt dies, also mehr diesen Jahreskreislauf hatte ich da im Kopf.
Und ich habe natürlich auch hier Kinder, die das mit mir gemeinsam gemacht haben und die sind dann auch begeistert von kleinen Dingen oder jetzt speziell natürlich von so Sachen wie Brennnesseldünger oder Samenbomben. Das war natürlich fantastisch, weil wir die natürlich auch in der gesamten Gegend hier gleich verteilt haben.
Sie machen auch Veranstaltungen für Erzieherinnen und Eltern, habe ich gesehen. Und Sie haben ja gerade schon ein bisschen darüber gesprochen. Was sind denn häufige Fragen oder Probleme der Erwachsenen, die Sie an Sie herantragen?
Ja, dazu muss ich gestehen, ich habe das jetzt länger nicht gemacht. Aber ich habe mal für Buchhändler ein Seminar gemacht auch, was meine Bücher ausmacht, um denen die näher zu bringen. Und ich habe allen Erwachsenen Scheren und Papier in die Hand gedrückt und dann haben die sich erst wirklich geniert und dann aber eifrig mitgemacht.
Also ich möchte auch Erwachsenen und Erzieher, die Scheu davor nehmen, selbst zu gestalten. Weil wenn man das liebt, was man tut, dann kann man das auch super vermitteln. Und das sind so meine Ansätze dabei. Sie begeistern jetzt seit sehr vielen Jahren Kinder und Erwachsene dafür, mit der eigenen Fantasie Dinge zu erschaffen.
Sie haben jetzt erst kürzlich ihren 70. Geburtstag gefeiert und die Ideen scheinen Ihnen einfach nicht auszugehen. Inwiefern hat dann das Basteln und Ihre eigenen Projekte und die kreative Arbeit Ihr eigenes Leben bisher verändert?
Ich kann mich gar nicht als unkreativen Menschen denken. Das bin ich immer gewesen, von klein auf. Meine Großmutter war Schneidermeisterin und hatte einen riesen Gemüsegarten und da gab es immer was zu tun. Also ich bin mit auch handwerklichem Geschick groß geworden und das habe ich eigentlich immer beibehalten. Und mein Ziel war es schon als Kind, dass ich gesagt habe, ich will mal Kunst studieren, das ist mir ganz wichtig.
Und das habe ich dann immer beibehalten. Ich habe auch schon immer gerne dreidimensional gearbeitet. Ganz früher wollte ich auch mal Bühnenbildnerin werden. Und dass ich jetzt so eine Tableaus mache für meine Bücher, das ist ja wie so kleine Bühnenbilder, die ich erschaffe. Also ich bin damit sehr glücklich und die Ideen gehen mir tatsächlich nie aus.
Ich hatte Kinder, die haben hier auch wild gelebt und durften frei gestalten. Die durften durch mein ganzes Atelier Dinosaurier zeichnen, weil die ja nur 13 Meter lang sind. Und der Kindergarten bot ihnen dann diese Fläche nicht, haben die Kinder gesagt. Aber bei mir durften sie das.
Und das hat mich dann immer weiter inspiriert. Ich habe da riesen Spaß dran und ich habe inzwischen auch Enkelkinder und die basteln hier auch wie die Wilden. Denen stelle ich einfach mein ganzes Atelier zur Verfügung und ich bin erstaunt, was die einfach, wenn Material vorhanden ist, was die daraus machen.
Das wünsche ich mir eigentlich für jede Schule. Die müssten einen riesen Kunstraum haben mit einfach nur Material drin, wo die Kinder sich einfach frei bedienen können. Und das erzieht Kreativität, glaube ich, dass man die Möglichkeiten hat. Und die finde ich leider im Moment sehr beschränkt. Und darum mache ich einfach immer weiter. Das war Sabine Lohf. Wir sprachen unter anderem über ihr neustes Buch Die große Gartenwerkstatt. Gerstenberg Verlag empfohlen ab 6.