Gibt es Liebe auf den ersten Blick? Klar, die gibt es. Das sagt die Wissenschaft und das weiß jede Person, die sich mal Hals über Kopf verliebt hat. Aber gibt es auch Liebe beim ersten Hören? Ich meine damit jetzt nicht, dass man sich in eine Sängerin oder einen Sänger verliebt, deren Stimme man zum ersten Mal hört, sondern in ein Musikstück, in einen Song. Ja.
Das ist eine Aufnahme, die sehr viele kennen und mögen. Das ist Purple Rain von Prince aus dem Jahr 1984. Susan Rogers hat damals als Tontechnikerin für Prince gearbeitet. Heute erforscht sie, was im Gehirn passiert, wenn wir Musik hören. Gibt es Liebe beim ersten Hören? Ich habe es definitiv erlebt und ich bin sicher, dass Sie es auch haben. Liebt es nicht, wenn das passiert? Wenn Sie ein noveltes Rekord hören, ich meine ein Rekord,
Man hört eine Aufnahme zum ersten Mal und spürt sofort, diese Musik bedeutet mir etwas. Das ist meine Musik, ich habe mich verliebt.
Susan Rogers war eine der ersten Personen, die Purple Rain gehört haben im Plattenstudio. Wusste sie damals sofort, dass es ein Hit werden würde? Nicht mal Prince konnte das vorhersehen. Niemand kann einen musikalischen Welterfolg vorhersehen, oder? Nein.
Ich weiß nicht, ob irgendein Künstler, der jemals gesagt hat, dass das sicher ein Hit sein wird. Ich habe Geschichten gehört, dass Pharrell mit der Song Happy die Label überzeugte, dass das riesig sein wird, das mega Blockbuster Happy. Musik
Happy. Pharrell Williams war angeblich davon überzeugt, dass er die Massen begeistern wird. Meistens weiß man aber nicht, ob ein Song erfolgreich wird, weil die Konkurrenz ja auch nicht schläft.
Ich bin Hella Kemper und Sie hören, woher weißt du das? Von Zeitwissen. Wir fragen heute, was wir über eine Person sagen können, wenn wir ihren Musikgeschmack kennen.
Zeig mir deine Playlisten und ich sag dir, wer du bist. Ist das möglich? Und warum lieben Menschen so unterschiedliche Musik wie Heavy Metal, Free Jazz oder Beethoven? Das fragen wir Susan Rogers, die viele Jahre als Tontechnikerin gearbeitet hat und heute die besondere Beziehung von Mensch und Musik erforscht. Und Christoph Drösser geht in seiner unmöglichen Kolumne am Ende dieser Episode dem Rätsel von Urwürmern auf den Grund. Musik
Da, Boom.
Wir gehen wieder auf Tour. Das ganze Jahr über können Sie die Hosts Ihrer Zeitlieblings-Podcasts live erleben. Dabei sein, wenn neue Folgen von Zeitverbrechen, Alles gesagt, Servus, grüezi, hallo, das Politikteil oder Okay America entstehen. Leipzig, Hamburg, Basel, München, Düsseldorf, Zürich, Berlin und Wien. Wir freuen uns, wenn Sie dabei sind. Alle Termine der Zeit-Podcast-Tour 2025 finden Sie auf zeit.de slash podcasttour.
Hi Max. Hallo Hella. Was sagt mein Musikgeschmack über mich aus? Was hörst du? Das ist unterschiedlich. Also ich höre gern klassische Musik, aber ich mag auch sowas wie Bob Dylan, Leonard Cohen und natürlich auch, was meine Tochter so mit nach Hause bringt. Also ich greife jetzt mal Bob Dylan heraus. Ich habe Susan Rogers ja zusammen mit Chefredakteur Andreas Lebert interviewt.
Auch ein Bob Dylan Fan, wie du weißt. Deswegen haben wir über Bob Dylan gesprochen. Es geht um die Frage, worauf achten wir, wenn wir Musik hören? Und natürlich, wenn ich Bob Dylan höre, möchte ich diese Lieder. Ich will nicht von einem schweren Rhythmus-Trick enttäuscht werden. Wenn du einen Bob Dylan-Rekord produzierst, musst du ein kräftiges Ohr auf die Musiker halten und sicher machen, dass niemand aussteht.
Bei einer Bob Dylan-Aufnahme willst du im Prinzip in der Lage sein, seine klugen Texte zu verstehen. Das heißt auch, dass da kein schwerer Bass drunter liegt oder irgendwelche Instrumente sich nach vorne drängeln. Kennst du den? Nee. Das ist Tom Stone Blues vom Album Shadow Kingdom. Man versteht so gut wie jedes Wort.
Achtest du auf den Text bei Bob Dylan? Na ja, klar. Ist ja Literatur-Nobelpreisträger. Susan Rogers spricht da gerne vom Spotlight of Attention, also dem Fokus oder Scheinwerfer unserer Aufmerksamkeit. Du kannst diesen Scheinwerfer auf den Text richten, wie hier bei Bob Dylan, auf die Harmonien, auf den Rhythmus, auf die Melodie.
Diese Features von Musik werden im Gehirn unterschiedlich verarbeitet. Melodie vor allem in der rechten Gehirnhälfte. Der Text wird im Sprachareal in der linken Gehirnhälfte verarbeitet, Rhythmus eher im oberen Bereich, im motorischen Cortex.
Der steuert ja auch Bewegung und Tanzen also. Das ist das Steuerzentrum für bewusste Bewegungen. Viele, viele Zuschauer, ich selbst inklusive, haben viele visuelle Bewegungen.
Und dann gibt es noch die inneren Bilder, die beim Musikhören entstehen. Dazu können wir ein kleines Experiment machen, das auch in Susan Rogers Forschung vorkommt. Die haben Versuchspersonen in einen Hirnscanner gelegt und ihnen Musik vorgespielt und anschließend gefragt, was die Leute vor ihrem inneren Auge gesehen haben. Ich spiele dir jetzt mal zwei Songs vor.
Mach mal die Augen zu. Ja, mache ich. Was siehst du vor deinem inneren Auge? Ayers Rock in Australien. Was ist das?
Der große, große Stein dort. Also mitten in der Wüste, im Nichts. Gut, also du siehst da so ein Naturphänomen, einfach ein Stein. Großartige Natur sehe ich vor mir. Das war Born on the Bayou von Creedence Clearwater Revival. Ich sage gleich noch was dazu. Erstmal der zweite Song. Okay, ich mache die Augen wieder zu. Ich sehe mich nachts in Florida an.
durch die Dunkelheit irren auf der Suche nach einer Busstelle. Okay. Das sind sehr spezielle Assoziationen. Also das war jedenfalls The Grid von Daft Punk. Im Experiment würde man jetzt die beiden Songs auch länger spielen.
Es geht bei diesen Assoziationen jetzt nicht wahr oder falsch. Diese beiden Stücke liegen an den entgegengesetzten Enden einer Musikdimension, die Susan Rogers die Realismusachse nennt. Also wie realistisch oder wie abstrakt klingt ein Stück?
Also realistisch heißt jetzt, ich höre da akustische Instrumente? Ja, wenig verfremdet, Gitarre, Schlagzeug, du hörst sofort, was für Instrumente da spielen. Abstrakt ist Musik, die am Computer entsteht, elektronische Musik. Was in dem Experiment herauskam, wenn die Versuchspersonen ihre Lieblingsmusik hören, stellen sich 19 Prozent zu dem Text, der gesungen wird, eine Geschichte vor. 11 Prozent sehen sich selbst singen.
Nur ein Prozent sieht abstrakte Farben oder Formen. Also diese Naturgeschichten, die du jetzt erzählt hast, oder Szenen, das kam dabei nicht raus. 17 Prozent stellen sich die Musiker auf der Bühne vor. Susan Rogers selbst hat eine klare Vorliebe. Für mich, ich habe immer die Performer visualisiert. Das ist seit ich ein kleines Kind war. Wenn ich elektronische Musik höre,
Sie stellt sich die Band gerne auf der Bühne vor, deshalb mag sie realistische Musik mehr als abstrakte Musik. Aber bei vielen Menschen ist es genau andersherum. In welchem Fall ...
Also könnte man das vergleichen mit der bildenden Kunst? Also manche Menschen mögen lieber realistische Malerei und andere eben eher abstrakte?
Ja, man kann es auch, glaube ich, mit Architektur vergleichen. Da gibt es Ähnliches oder mit Literatur. Wobei, auch dazu gibt es Studien, diejenigen, die abstrakte Kunst mögen, nicht automatisch abstrakte Musik bevorzugen. Und wovon hängt es jetzt ab, welche Musik ich mag?
Das ist natürlich mal wieder diese Frage Gene oder Umwelt. Der genetische Effekt von Musikgeschmack, die Erblichkeit, ist eher klein. Da gibt es einen Zusammenhang mit Intelligenz, zeigen Zwillingsstudien. Grob gesagt, wenn du einen hohen IQ hast und ein gutes Arbeitsgedächtnis, beides hat ja auch eine genetische Komponente, dann kannst du komplizierte Musik mehr genießen. Es hilft, ziemlich hell zu sein, wenn du dir die Musik liebst.
soll man sagen, sophisticated oder komplex Musik sein?
Aber der Einfluss der Umwelt auf den Musikgeschmack, der ist größer als der der Gene. Die Musik, die du als Kind oder Jugendliche gehört hast, prägt deinen Geschmack. Du bist vier Jahre alt und fährst mit der Familie in den Urlaub. Und die Radio ist auf.
Und eine Song kommt an. Und diese Song klingt, wie du dich fühlst. Sie klingt glücklich. Du fühlst dich glücklich. Dein kleines Gehirn und dein System erleben fühlende Neurotransmitter. Als du diese Song präzisierst,
Also mir reichte es schon, diese schöne Stimme von Susan Rogers zu hören. Da werde ich schon glücklich. Leider hat sie keine Band, weil sie total unmusikalisch ist. Das kann man gar nicht glauben bei der Stimme.
Heute wird man ja auch eher nicht Radio hören wahrscheinlich beim Autofahren, sondern irgendeine Playlist, oder? Ja, vielleicht hätte die Vierjährige auch ihre eigenen Kopfhörer auf und würde auf ihr Smartphone schauen, während die anderen im Auto Podcast hören. Egal, jedenfalls, du bist glücklich, es geht in den Urlaub. Das wird den Prozess starten, den Auditorium zu formen, um auf Alarm zu sein.
für mehr Musik wie diese. Ob es die Beatles oder die Beach Boys oder Taylor Swift oder wer auch immer du nennen möchtest,
Also diese schönen Urlaubsgefühle werden mit Musik assoziiert und das prägt dich bis ins Erwachsenenalter. Und wenn du diese Musik wiederhörst, versetzt dich das in deine Kindheit zurück. Das ist die Theorie. Und das ist auch mit ein Grund, warum Musik so gut Erinnerungen wachrufen kann, weil sie mit diesen Emotionen verbunden ist. Okay.
Okay, ich fasse nochmal zusammen. Unser Musikgeschmack ist stark von Erfahrungen in der Kindheit geprägt. Rhythmus, Melodie, Text werden in unterschiedlichen Gehirnregionen verarbeitet. Und jeder Mensch hat spezielle Vorlieben, wie realistisch Musik klingen sollte. Jetzt aber nochmal die Frage, was sagt mein Musikgeschmack über mich aus?
Ein Teil der Antwort ist, dass dein Musikgeschmack etwas über deine früheren Musikerfahrungen verrät, mit welcher Musik du sozialisiert worden bist. Aber am liebsten wollen wir natürlich wissen, kann man von einer Playlist auf bestimmte Charaktereigenschaften schließen? Kann ich mir von jemandem die Playlist zeigen lassen oder das CD-Regal meinetwegen in unserer Generation und danach sagen, ob man gut zusammenpasst oder nicht?
Tatsächlich hat die Wissenschaft nach Zusammenhängen von Musikgeschmack und Persönlichkeitsmerkmalen gesucht. Anfang der Nullerjahre, als sie studiert hat, gab es viele Studien über Musik und Persönlichkeit. Und eine großartige Studie von Rensselaer.
Peter, Renfro und Samuel Gosling. Die haben den Musikgeschmack und Persönlichkeitsmerkmale von mehr als 3500 Menschen analysiert. Das
Das waren Versuchspersonen sehr unterschiedlicher Herkunft, aber alles Bachelorstudierende. Die kosten nicht so viel. Ja, was machst du als Psychologie-Professor, wenn du nicht so viel Forschungsgeld hast? Du hängst einen Zettel ans schwarze Brett und rekrutierst Studierende vom Campus. Heißt jetzt nicht, dass es unseriös ist, aber es ist halt ein Bias, dass man oft so sehr junge Menschen da hat. Was haben die herausgefunden?
Menschen, die extrovertierter und offen für neue Erfahrungen sind, hören mehr Hard Rock, Rock und Alternative. Dazu zählten die damals in ihrer Studie 2003 Stücke von Nirvana, R.E.M., Pearl Jam, Pink Floyd, Led Zeppelin, Rolling Stones.
Außerdem gab es eine Korrelation von Extrovertiertheit und Hip-Hop, Funk, Soul und elektronischer Musik. Menschen, die emotional stabil sind und die sich selbst dem konservativen Spektrum zuordnen, die hören eher Popmusik, Country oder religiöse Musik – daran sieht man hier, dass es eine amerikanische Studie ist –
Als Beispiele stehen in dem Paper The Jacksons, Britney Spears, Madonna, Backstreet Boys. Das ist jetzt nicht so überraschend? Das ist ziemlich erwartbar, ja, das stimmt. Überraschend ist aber, dass Susan Rogers sagt, diese Forschungsergebnisse seien inzwischen überholt.
Persönlichkeitsmerkmale seien viel flexibler und kontextabhängiger als lange gedacht.
In manchen Situationen ist man schüchtern, in anderen mutig. Es ist riskant zu sagen, dass dieser Typ von Person diesen Typ von Musik mag. Es ist sehr viel aufgrund des Kontextes, unserer Generation, des Abenteuers für Risiko, des Chancen-Erkennungsverhältnisses basiert. Zufallsbegegnungen, nicht nur mit Menschen, sondern auch mit Musik. Du kannst dein Set von Musik haben und deine Idee, was gut ist, und dann kommt ein neues Rekord, das total gut ist.
Was hört Susan Rogers eigentlich selbst? Berufsbedingt alles Mögliche. Sie unterrichtet ja auch noch Produktionstechnik am Berklee College of Music.
Sie sagt, hunderte Songs sind ihre ständigen Begleiter. Die sind da wie gute Freunde. They're just always there. Going through my head recently was, we lost her. She passed away a few months ago, but the great Angela Beauphil. Vor kurzem gestorben, Angela Beauphil. Das ist ihr Song Rough Times von 1978. Ain't nobody got nothing good.
Susan Rogers hat ein Buch über Musikgeschmack und Musikidentität geschrieben. Es heißt This is what it sounds like und wir verlinken es in den Shownotes. Das große Zeitwissengespräch von Max Rauner und Andreas Lebert mit Susan Rogers finden Sie im aktuellen Zeitwissen-Magazin, ein kostenloses Probeheft unter zeit.de slash wissen minus testen. Danke, dass du hier warst, Max. Sehr gerne.
Musik
Beim Stichwort Recycling denkt man erstmal an gelbe Säcke und Altglaskontainer. Aber auch in der Popindustrie finden wir die Kreislaufwirtschaft. Wer da gern in den Archiven wühlt und wie die Wiederverwertung von Musik funktioniert, das hat mein Kollege Noah Hildebrandt recherchiert. Elton John und Dua Lipa haben 2021 einen Superhit gelandet. Der Song Cold Hard wurde seitdem allein bei Spotify schon über zwei Milliarden Mal gestreamt.
Manchen dürfte dieser Song älter vorkommen als er ist, denn seine Einzelteile sind es auch.
Das ist Rocketman, auch von Elton John. Die beiden Songs klingen sehr ähnlich und das ist kein Zufall. Das Prinzip heißt Pop-Recycling. Dabei werden alte Songs wieder zu neuen zusammengebastelt. Um Altes neu zu verwerten, gibt es drei Möglichkeiten. Covern, Samplen und Interpolieren. Beim Covern singen und spielen MusikerInnen einfach den bereits veröffentlichten Song einer anderen Person nochmal.
Manchmal sind die Ergebnisse dann fast deckungsgleich. Manchmal bewegen sich Cover aber auch sehr weit vom Original weg. Wie zum Beispiel bei With a Little Help from My Friends. Die Beatles haben hier 1967 im Viervierteltakt vorgelegt. Und Joe Cocker hat nur ein Jahr später mit jeder Menge Soul im Sechsachteltakt nachgezogen. I will try not to sing out of key. I say I'm gonna get high.
Die zweite Option des Pop-Recyclings ist das Samplen. Ein Sample ist ein direkter Klang-Ausschnitt aus einem bestehenden Klang-Kontinuum. Und dieser Klang-Ausschnitt wird als Kopie benutzt. Georg Fischer ist Soziologe an der Freien Universität Berlin
und hat über Urheberrecht und Kreativität in der samplingbasierten Musikproduktion promoviert. Diese Kopie wird zum Beispiel dann in einem neuen Stück verwendet. Und das Besondere ist halt, dass die originale Aufnahme dafür benutzt wird. Also in vielen Hip-Hop-Tracks hat man dann zum Beispiel noch das Knistern des Vinyls oder andere Aufnahmespezifika. Also sind Samples Audioschnipsel aus der Originalaufnahme eines Songs, die dann in einen neuen Song eingearbeitet werden.
Dabei können sie nahezu unbehandelt zweitverwertet werden. So geschehen beim Song Tondo Homba des kamerunischen Sängers Echo Roosevelt Luis. So beginnt das Original. Tondo Mbaye, Tondo Mbaye, Tondo Mbaye.
Der Song erschien ursprünglich in den 1970ern und galt jahrelang als verschollen. 2015 tauchte er auf einer Compilation kamerunischer Discosongs wieder auf und wurde 2020 vom britischen Geschwisterpaar Disclosure noch ein wenig schneller gemacht. Heraus kam der Song »Tondo«.
Wer lieber selbst Instrumente spielt, anstatt Songs am Computer zu bauen, kann die dritte Recycling-Methode verwenden, das sogenannte Interpolieren. Und eine Interpolation ist in gewisser Weise etwas, was so dazwischen liegt. Dabei wird kein Audiosnippet des Originals erneut genutzt wie beim Samplen.
Es wird auch kein Song nochmal zur Gänze reproduziert wie beim Covern. Also es ist keine Kopie der Klangaufnahme, sondern es wird im Studio zum Beispiel nachgespielt, sodass es möglichst ähnlich klingt. Und man kann auch einzelne Instrumente, zum Beispiel eine Bassspur, interpolieren. Ein besonders bekanntes Beispiel für eine interpolierte Bassspur ist der Discosong Good Times der Band Chick, der im Juni 1979 erschienen ist. Achten Sie mal auf den Bass. Musik
Und schon drei Monate später veröffentlichte die Rap-Formation Sugarhill Gang dann ihren Song Rapper's Delight, mit dem sie den Durchbruch schafften und zu den Urvätern des Hip-Hops wurden.
Der Basslauf ist genau der gleiche wie bei Good Times, wurde aber neu eingespielt. Eine Interpolation. Poprecycling kann also enorm erfolgreich sein. Aber darf man überhaupt so schamlos kopieren? Bei Covern und Interpolationen regelt das in Deutschland die Verwertungsgesellschaft GEMA. Wenn Band A einen Song von Band B ganz oder teilweise nachspielt, zahlt sie Lizenzgebühren an die GEMA, die das Geld dann an Band B ausschüttet.
Bei Samples gibt es da keine eindeutige Regelung, sagt Georg Fischer. Beim Samplen gibt es keine Pauschallösung. Es gibt aber seit 2021 im deutschen Urheberrecht die sogenannte Pastiche-Regelung. Pastiche ist französisch und heißt Gemisch. Die Pastiche-Regelung erlaubt MusikerInnen gewisse Freiheiten. Das Pastiche, das entstehende Werk, das muss eigenständig genug sein. Also es muss unterscheidbar sein von den Regeln.
original Quellen und zweitens es darf die Verwertung des Originals nicht negativ beeinflussen. Also das darf jetzt nicht dazu führen, dass wenn du ein Pastiche von meinen Werken machst, dass meine eigenen Einnahmen dadurch sinken.
weil zum Beispiel die KonsumentInnen verwechseln, wer hier eigentlich der Autor ist. Songwriting-Credits müssen aber trotzdem ausgewiesen werden. Und das passiert oft nicht, wie zahlreiche Urheberrechtsklagen zeigen. Sogar Popgrößen wie Sam Smith oder Bruno Mars mussten sich vor Gericht verantworten. Häufig kommt es zur außergerichtlichen Einigung und die gezahlten Summen bleiben geheim. Ein spektakulärer Fall, der zur Gänze gerichtlich geklärt wurde, dreht sich um den Song Blurred Lines von Robin Thicke, Pharrell Williams und T.I.
Das klang sehr ähnlich wie Got to give it up von Marvin Gaye. Marvin Gaye ist lange tot, aber seine Erben klagten erfolgreich wegen Urheberrechtsverletzungen. Robin Thicke und Co. mussten 5,8 Millionen US-Dollar zahlen. Es traf nicht die Ärmsten.
Beim Ideenklau spielen immer auch soziale Machtverhältnisse eine Rolle, sagt Georg Fischer. Es gibt halt immer so Hierarchien, so soziale Hierarchien zwischen denen, die samplen und denen, die gesampelt werden. Es ist zum Beispiel für die Rolling Stones total einfach gewesen, als weiße Band schwarze Bluesmusik zu übernehmen, weil sie einfach die gesellschaftlichen Ressourcen dafür hatten und aber sich die Gesampelten oder die Ausgebeuteten sich schlechter gegen wehren konnten.
Kunst, und dazu gehört auch Musik, entsteht nie im Vakuum und die Grenzen zwischen Inspiration und Imitation sind schon immer unscharf gewesen. Die Geschichte der Popmusik wäre anders verlaufen, wenn es kein Recycling gäbe. So aber entsteht eine kulturelle Kreislaufwirtschaft. Das heißt, dass zum Beispiel der Hip-Hop aus den 80er, 90er Jahren war so eine Wiederverwurstung, Recycling von dem Funk, der davor kam. Die Hausmusik aus den 80er Jahren war ein Recycling von Discomusik.
Und so Hausmusik und Technomusik verwendet teilweise auch wieder Elemente aus dem Hip-Hop aus den 90er Jahren. Also es sind immer so Zyklen, die da dahinter stecken. Trends verlaufen in Zyklen. Das ist nicht nur in der Mode und bei Frisuren so, sondern auch in der Musik. Das Recycling ist ein Millionengeschäft, das aber auch viele Kreative in ihrer Existenz bedroht. Schon jetzt kann künstliche Intelligenz Songs produzieren, die man nicht mehr von menschengemachter Musik unterscheiden kann.
Die GEMA hat mehrere Unternehmen verklagt, weil sie mutmaßlich Songs deutscher MusikerInnen verwendet haben, um ihre KI-Modelle zu trainieren. Darunter ist auch JetGPT-Entwickler OpenAI. Die GEMA schätzt die Einnahmeverluste der MusikerInnen durch KI bis Ende 2028 auf eine Milliarde Euro. Was wir nicht erklären können Die unmögliche Kolumne von Christoph Drösser
Heute, woher kommen Ohrwürmer? Vor einigen Jahren schaute ich an einem sonnigen Spätwintertag aus dem Fenster und sah die ersten Schneeglöckchen sprießen. Erst etwa eine Stunde später wurde mir bewusst, dass in meinem Kopf ein Lied in Dauerschleife lief. Schneeglöckchen, Schneeglöckchen im Maul.
Ein alter Hit des Kinderstars Heinzje aus den 70er Jahren. Ich hatte mir einen Ohrwurm eingefangen. Glücklicherweise war der Spuk nach kurzer Zeit wieder vorbei. Das Problem
Praktisch jeder Mensch kennt das Phänomen. Wie aus dem Nichts beginnt im Kopf der Fetzen eines Liedes zu spielen. Immer wieder. Das kann angenehm sein und man summt mit, aber viele werden gequält von diesen Ohrwürmern, werden sie nicht wieder los. Über Stunden oder sogar Tage. Was macht unser Gehirn da mit uns? Was wir schon wissen. Musik
Der Ohrwurm ist ein spontanes Phänomen, man kann ihn nur bedingt gezielt hervorrufen, obwohl sich jetzt, wo ich drüber rede, Heint hier wieder in meinen Kopf schleicht. Hier sind ein paar Dinge, die man darüber weiß. Generell werden eingängige Melodien eher zum Ohrwurm als Komplexe. Meist ist es nur ein Teil eines Liedes von maximal 20 Sekunden, zum Beispiel der Refrain.
Ohrwürmer sind sehr individuell, sie kommen aus dem persönlichen musikalischen Lexikon im Gedächtnis. Als für eine Studie Menschen nach ihren hartnäckigsten Ohrwürmern gefragt wurden, wurden drei Viertel der Lieder nur ein einziges Mal genannt. Ohrwürmer könnten Songs sein, die man liebt, aber auch welche, die man hasst. Siehe die Schneeglöckchen. Hirnscans haben ergeben, dass bei diesen musikalischen Erinnerungen dieselben Regionen aktiv werden wie beim tatsächlichen Musikhören.
Es stellen sich zwei Fragen im Zusammenhang mit Ohrwürmern, die bisher nur teilweise oder gar nicht beantwortet sind. Erstens, wie entstehen sie? Eine Theorie besagt, wie auch andere spontane Erinnerungen, kramen wir sie hervor, wenn unser Gehirn mit Routineaufgaben beschäftigt ist und das Arbeitsgedächtnis wenig zu tun hat. Unter der Dusche, beim Kaffeekochen oder wenn wir spazieren gehen.
Sie können getriggert werden durch einen nichtmusikalischen Reiz, etwa die Schneeglöckchen. Forschungen weisen darauf hin, dass Menschen, die unter ADHS leiden, also Probleme haben, sich zu konzentrieren, eher weniger Ohrwürmer erleben, Menschen mit Zwangsneurosen eher mehr. Aber wirklich nachgewiesen ist das nicht.
Die zweite Frage, wie wirkt man die lästigen Würmer wieder los? Da wird eine ganze Reihe von Strategien empfohlen, etwa das Lied im Kopf konsequent zu Ende zu singen oder es sich anzuhören. Oder den Song mit einem anderen zu bekämpfen, der dann natürlich der nächste Ohrwurm sein kann. Das Gehirn mit einer anspruchsvollen, aber nicht zu anspruchsvollen Aufgabe zu beschäftigen, etwa ein Sudoku zu lösen.
Und 2015 fanden britische Forschende ein überraschendes Mittel, Kaugummi-Kauen. Ihre Vermutung, weil wir den Kauapparat auch beim Sprechen benutzen, wird damit das auditive Arbeitsgedächtnis blockiert. Also, der lästige Ohrwurm ist nicht völlig unerklärlich, aber es gibt noch eine Menge offener Fragen zu seiner Entstehung und dazu, wie man ihn wieder los wird. Musik
»Wird schon wieder«, heißt die Titelgeschichte im Neuen Zeitwissen-Magazin. Der Philosoph Tobias Hürther erzählt von Momenten in der Geschichte, in denen etwas gründlich schiefgelaufen ist und wie dann doch etwas Positives daraus erwachsen ist. Ein tröstender Blick zurück, der Mut macht.
Eine kostenlose Probeausgabe des Zeitwissen-Magazins können Sie bestellen unter zeit.de slash wissen-testen. Wir freuen uns wie immer über Feedback und Kritik. Am besten erreichen Sie uns unter podcast at zeit-wissen.de. Ich bin Hella Kemper. Bis zum nächsten Mal beim Zeitwissen-Podcast.