In jeder Sprache kann man leidenschaftlich diskutieren. Hier auf Spanisch beim Wahlkampf in Kolumbien. Oder auf Französisch in einer Fahrschule in Marseille. Eine Debatte im Parlament von Malaysia.
Auf Englisch über den Klimawandel. Und natürlich kann man in jeder Sprache auch Gefühle ausdrücken. Ich liebe dich so sehr in der Sprache der Maori. Und in allen Sprachen kann man sich freuen.
Inhaltlich können Sprachen dasselbe aussagen, aber sie klingen dabei sehr unterschiedlich. Manche Sprachen härter und kantiger, das sagt man ja auch dem Deutschen oft nach, andere vielleicht sanfter oder stiller. Auch die Grammatik ist unterschiedlich.
In der Wissenschaft gibt es die These, dass unser Denken nicht ganz unabhängig ist von der Sprache, die wir sprechen. Diese Idee, dass die Sprache den Gedanken beeinflusst, die ist sehr alt. Alexander von Humboldt hat die als erste in vielen Schriften im 19. Jahrhundert schon aufgeschrieben. Und da gibt es auch einen Begriff, der sagt, mit jeder Sprache kommt eine Weltsicht. Die Frage ist, wie können wir diese Effekte vermitteln?
Barbara Mertins ist Sprachwissenschaftlerin an der TU Dortmund. Sie hat uns geholfen herauszufinden, was es mit uns macht, wenn wir eine Fremdsprache lernen und sprechen. Denken und fühlen wir dann anders? Karl der Große hat behauptet, eine andere Sprache zu können, ist wie eine zweite Seele zu besitzen. Meinem Kollegen Dominik Kotzur ist diese Recherche quasi in die Wiege gelegt. Hallo Dominik. Hallo Max.
Er spricht fünf Sprachen. Kannst du uns in diesen Sprachen vielleicht mal begrüßen? Ja, das kann ich machen. Ich fange mal mit meiner Muttersprache an. Wie teilsche drodze suhatsche. Polnisch. Genau.
Und auf Spanisch? Auf Spanisch wäre das Bienvenidos, queridos oyentes. Und auf Portugiesisch ist es auch ganz ähnlich. Bembindos, queridos uvincis. Aber auf Englisch kannst du das bestimmt auch, Max. Hi, I'm Max Rauner and you're listening to Woher weißt du das? from Zeitwissen.
Wenn Menschen eine bestimmte Kleidung tragen, dann hat das einen Einfluss auf ihr Verhalten. Enclosed Cognition heißt das Phänomen, eingekleidete Wahrnehmung. Experimente zeigen, wenn man einen Arztgittel trägt, arbeitet man konzentrierter und sorgfältiger, als wenn man keinen trägt, und zwar nicht nur Ärztinnen und Ärzte. Kann man dieses Phänomen auf Sprache übertragen? Kann es sein, dass wir uns anders verhalten, wenn wir eine Fremdsprache sprechen? Das ist das Thema des ersten Beitrags.
Im zweiten Beitrag geht es um die Kommunikation zwischen Mensch und Tier. Hella Kemper und Dominik Kotzur waren bei der Pferdeflüsterin Andrea Kutsch und haben dort beobachtet, wie diese Kommunikation ohne Worte funktioniert. Und in seiner unmöglichen Kolumne geht Christoph Drösser dem Phänomen der Hyperpolyglottie nach. Es geht um Menschen, die zehn oder sogar zwanzig Sprachen sprechen. Wie ist das möglich? Werbung
Vor fünf Jahren begann in Deutschland der erste Corona-Lockdown. Zwei Jahre lang waren wir im Ausnahmezustand und das hat Spuren hinterlassen bis heute. Was können wir aus der Zeit lernen? In unserem neuen Podcast WADA WAS? Geschichte einer Pandemie diskutieren wir drüber. Unter anderem mit dem Virologen Christian Drosten, mit dem damaligen Chef des RKI Lothar Wieler und mit der Ethikerin Alena Bück.
Ich bin Maria Mast, Wissensredakteurin bei Zeit Online und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie reinhören. Waderbas hören Sie auf Zeit Online und überall da, wo es Podcasts gibt. Dominik, ganz klischeehaft. Könnte es sein, dass ich temperamentvoller wäre, wenn ich Italienisch sprechen würde und dass eine Italienerin, wenn sie Deutsch als Fremdsprache beherrscht, sich im Deutschen direkter verhält, schneller zum Punkt kommt als in ihrer Muttersprache? Was weiß die Wissenschaft darüber?
Lass uns direkt mal mit ein paar Beispielen anfangen, die dieses Phänomen erforschen und ziemlich kurios sind. Die Sprachwissenschaftlerin Barbara Mertins zum Beispiel der TU Dortmund erforscht die Wahrnehmung von Bewegung. Also wie Menschen Bewegung im Raum wahrnehmen und dann versprachlichen.
Dazu hat sie ein Experiment mit Versuchspersonen gemacht, die unterschiedliche Muttersprachen sprechen und ihnen dabei ein Video gezeigt. Sie sehen irgendwie zwei Menschen auf dem Weg laufen von einem bestimmten Ausgangspunkt, der ist nicht klar. Wir haben Menschen diese Videos vorgespielt, wobei das, was quasi zu erreichen war, in dem Video nicht als erreicht dargestellt wird.
Das heißt, sie haben nur zwei Menschen gesehen, die liefen. Danach wurden sie befragt und die Mehrheit der deutschen Versuchspersonen haben angegeben, dass sie zwei Menschen gesehen haben, die in Richtung eines Hauses oder sogar in ein Haus gelaufen sind. Obwohl es das Haus in dem Video gar nicht gab. Genau, die Probanden haben das Haus gar nicht in dem Video gesehen. Es gab es gar nicht in dem Video. Also haben sie sich ein Haus ausgedacht, ein imaginäres Haus. Mhm.
Und das lag an der Sprache? Genau, das liegt an der Grammatik, denn im Deutschen ist es wichtig für das Ereignis selbst zu wissen, wohin ich gehe, also das Ziel der Bewegung im Blick zu haben. Im Englischen haben wir diese ING-Form, die kennst du bestimmt von I am walking oder im Spanischen gibt es die auch bei estoy andando.
Also im Englischen sind alle zufrieden, wenn man sagt, I'm walking. Im Deutschen, wenn man sagt, ich gehe, dann steht immer die Frage im Raum, wohin gehe ich? Und das beeinflusst die Wahrnehmung. Und sie haben bei dem Experiment auch noch weiter geschaut. Sie haben ganz viele Eye-Tracking-Daten von den Probanden gemessen. Also Augenbewegungen. Genau, also Augenbewegungen verfolgt und hinter die Kulisse geschaut, um herauszufinden, was eigentlich in unserem Gehirn passiert, wenn wir eine Situation oder wie in diesem Fall dieses Video beobachten.
Also sehr, sehr viele Probanden, 120 pro Sprache und haben festgestellt, der Mensch, der den Endpunkt braucht, also ein Deutschsprachiger, der guckt sich den auch mehr an.
Deswegen konzentrieren wir Deutsche uns auch eher auf einen Endpunkt der Handlung. Also wir denken uns zum Beispiel ein imaginäres Haus aus, das gar nicht da ist. Während englischsprachige Menschen zum Beispiel mehr den Verlauf im Visier haben. Also diese Unterschiede in Struktur und Grammatik unserer Sprache hat definitiv einen Einfluss, wie wir Bewegung im Raum wahrnehmen. Die Linguisten würden jetzt sagen, wie wir die außersprachliche Wirklichkeit wahrnehmen.
Und natürlich, wenn Sie jetzt multilingual sind, da kommt einfach ein Reichtum zustande an Perspektiven,
die natürlich zum Teil vielleicht auch gleich sind. Also nicht jede Sprache ist von der anderen unterschiedlich. Aber wenn wir jetzt die Bewegung betrachten, dann ist klar, dass wenn sie die Sprache sich aneignen oder gar multilingual, bilingual sind, dass sie dadurch mehr Wahrnehmungsmöglichkeiten haben. Das ist ganz sicher. Also man kann definitiv sagen, je mehr Sprachen wir sprechen, desto mehr Perspektiven erlangen wir.
In diesem Fall beeinflusst ja Sprache so ein ganz bestimmtes Phänomen oder Ausschnitt der Wirklichkeit, also Bewegung. Kann man auch sagen, dass sich die Persönlichkeit verändert, wenn wir eine andere Sprache sprechen? Du hast in Kolumbien gelebt und dort ja auch einen Podcast auf Spanisch moderiert. Hast du das Gefühl, dass du im Spanischen ein anderer Mensch bist?
Also wenn ich Spanisch spreche, dann kriege ich oft so einen kleinen Energieschub. Also ich rede definitiv schneller und verschlucke Wortendungen. Und um ehrlich zu sein, also es ist auch super klischeehaft, fühle ich mich irgendwie sexy. Und ich habe das Gefühl, in eine andere Version meiner selbst zu schlüpfen. Ich bin auch selbstbewusster. Ich würde Menschen auch eher auf der Straße ansprechen, wenn ich sie auf Spanisch anspreche. Im Polnischen?
Im Polnischen ist das anders, denn diese Sprache spreche ich eigentlich nur, wenn ich mit meiner Familie rede. Also ich habe das Gefühl, dass ich freundlicher bin. Und genau zu diesem Thema, ob und wie weit Sprache unsere Persönlichkeit beeinflusst, dazu haben Wissenschaftler der FU Berlin eine Untersuchung durchgeführt.
Sie haben mit deutschen und spanischen Muttersprachlern einen Persönlichkeitstest gemacht. Also die Versuchspersonen haben den Test einmal in ihrer Muttersprache und ein anderes Mal in der Fremdsprache ausgefüllt. Also einmal jeweils in Deutsch und dann in Spanisch. Was für ein Test war das? Was waren da für Fragen? Das waren Fragen wie zum Beispiel, fühlst du dich auf Partys oft im Mittelpunkt oder wechselst du deine Laune oder hast du häufig Streit mit Menschen?
Und dabei kam heraus, dass sowohl die Deutschen als auch die spanischen Teilnehmer sich extrovertierter einschätzten, wenn der Test auf Spanisch formuliert war. Sie schätzten sich zum Beispiel dann gesprächiger und dominanter ein.
Ich finde ja die spannende Frage hier, verändert allein die Struktur der Sprache mein Denken, also wie in dem Beispiel mit der Grammatik? Oder verändert mich eine Fremdsprache, weil die Sprache immer so eng mit einer bestimmten Kultur verknüpft ist, von der ich bestimmte Bilder oder auch Klischees im Kopf habe? Also in diesem Persönlichkeitstest, da wird klar, dass über die Sprache kulturelle Konzepte, Werte und Rollen übermittelt werden können.
Also hier nicht so sehr die Grammatik oder die Struktur? Genau, gar nicht die Grammatik. Wir passen uns eher an die Stereotype, diese kulturellen Codes, die wir in unserem Kopf von einer Sprache haben und mit dieser verbinden an.
Und ehrlich gesagt, ich fühle mich auch nicht die ganze Zeit so. Also natürlich bin ich auch mal ruhig oder introvertiert im Spanischen, möchte Leute auf der Straße nicht ansprechen und mal für mich sein. Und auf Polnisch schimpfe ich auch mal mit meiner Familie, wenn ich sauer auf sie bin. Und deswegen kann man nicht unbedingt sagen, dass es immer so ist.
Also eine andere Sprache verändert die Persönlichkeit nur vorübergehend, jetzt nicht permanent und nicht sehr drastisch. Ich würde es ein bisschen anders formulieren, Max, denn es verändert die Persönlichkeit nicht ganz, nein. Aber eine Fremdsprache kann definitiv neue und unbekannte Facetten der Persönlichkeit hervorbringen, die wir mit einer Kultur in Verbindung bringen. Und trotzdem bin ich der Auffassung, dass sich die Welt mit jeder Sprache ein wenig besser verstehen kann.
Du hast noch ein anderes Beispiel mitgebracht von deinen Weltreisen. Auf meiner Reise habe ich noch eine Person getroffen, die sich buchstäblich durch Sprachen und auch durch Kleidung in andere Charaktere verwandelt. Das ist die Opernsängerin Connor Locke. Sie ist Sängerin im Opernchor am Salzburger Landestheater und Mezzosopranistin. Sie hat sich für das aktuelle Stück der Freischütz in einen neuen Charakter hineinversetzt. Welche Sprachen spricht sie?
Es hat definitiv meine Weltwahl geholfen, weil es eine andere Perspektive ist und ich
Sehr schöner amerikanischer Akzent natürlich. Weißt du, aus welchem Bundesstaat sie kommt? Sie kommt aus Kansas City, also aus Kansas im mittleren Westen der USA. Was hat sich für sie dadurch geändert, dass sie Deutsch gelernt hat?
Natürlich versteht sie jetzt die deutschsprachigen Texte mehr und erlebt die Musik auf einem anderen Level, wie sie es beschrieben hat. Aber sie kann sich auch besser in eine Rolle hineinversetzen. Sie sagt, sie hat gelernt, empathischer zu sein. Wenn man besonders in einem Charakter ist und versucht, zu verstehen, warum der Charakter bestimmte Entscheidungen macht und warum diese Worte spezifisch gesungen werden,
Sie kann besser nachvollziehen, warum eine Figur bestimmte Entscheidungen trifft, aber macht sie das jetzt zu einer besseren Sängerin? Ja, definitiv. Ich meine, wenn du die Sprache wirklich verstehst und die kleinen Dinge, die sie anders sagen, wenn du es direkt auf Englisch übersetzt, macht es keinen Sinn. Aber wenn du die Sprache tatsächlich sprichst und du es tatsächlich weißt...
Sie sagt, dass sie dadurch, dass sie die Sprache gelernt hat, diese versteckten Bedeutungen und Emotionen, die in den Texten und Charakteren stecken, besser verstehen kann. Und ich vermute jetzt.
Also, Fremdsprachen verändern uns ein bisschen und wir können uns in Menschen, die diese Sprachen sprechen, besser hineinversetzen. Jetzt ist es aber super aufwendig, eine neue Sprache zu lernen und es ist viel einfacher, mit Google Translate oder einer anderen Übersetzungs-KI durch die Welt zu reisen. Und dadurch gehen uns dann manche Feinheiten in der interkulturellen Verständigung verloren.
Es ist wirklich unglaublich, was KI mittlerweile kann. Und wenn es vor fünf Jahren schon so gut gewesen wäre, dann hätte ich mir definitiv viele Missverständnisse erspart. Ich habe dir mal ein Beispiel mitgebracht. Als ich in einer Schule in Spanien gearbeitet habe, habe ich einmal eine Lehrerin gefragt, ob sie horny ist. Oh. Estás caliente, habe ich gesagt. Aber ich wollte eigentlich fragen, ob ihr warm ist. Also tienes calor. Das ist dann aber ziemlich in die Hose gegangen. Wie hat sie da reagiert?
Sie war auf jeden Fall sehr überrascht, aber wusste, dass ich noch nicht gut Spanisch spreche. Deswegen hat sie es ganz locker genommen. Ich kann jetzt auch nicht sagen, ob Google das besser gemacht hätte. Ich habe es noch nicht ausprobiert, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es besser kann. Die Frage ist aber, mal abgesehen von solchen Fettnäpfchen, was verlieren wir eigentlich, wenn wir aufhören, Sprachen zu lernen und uns nur auf Online-Übersetzungstools verlassen? Also ich finde es echt erstaunlich, wie gut KI ist. Also ich bin Übersetzerin und Dolmetscherin.
Und ich benutze es zur Arbeit auf jeden Fall auch total viel. Das ist Christina Wesper. Sie hat Konferenzübersetzen studiert und dolmetscht oft für Menschenrechtsorganisationen. Ich finde aber, dass es noch nicht perfekt ist. Also meistens ist es halt so, dass die Inhalte ganz gut transportiert werden. Es gibt immer so grobe Schnitzer, die dann auch drin sein können in der KI-Übersetzung. Aber...
Ich finde, was KI nicht so gut kann und das kann eben eine Übersetzerin ist, dieses sich fragen, was soll das eigentlich? Also ich habe jetzt beispielsweise einen Text und der sagt irgendwas, aber was genau will der eigentlich damit sagen? Also die KI kann nicht zwischen den Zeilen lesen. Die KI kann noch nicht diese versteckten Zusammenhänge, Konnotationen und Emotionen einer Sprache verstehen, ausdrücken.
Außerdem musst du ehrlich sagen, im Urlaub ist es auch ziemlich stressig und unangenehm, die ganze Zeit am Handy zu sein und irgendwas einzutippen oder einzusprechen. Also Max, wenn du jetzt zum Beispiel nach Vietnam reist und nur ein paar Wochen unterwegs bist, da reichen die Übersetzungstools auf jeden Fall. Danke. Es ist ja schön, dass es sie gibt.
Aber wenn eine wichtige Person in dein Leben kommt, die eine andere Muttersprache spricht als du, dann kann es definitiv nicht schaden, eine neue Sprache zu lernen. Du wirst diese Person besser kennenlernen. Da kann man ja auch mit »Ich liebe dich so sehr« anfangen und darauf aufbauen.
Ist jetzt gerade nicht so wahrscheinlich, aber wir hatten ja tatsächlich überlegt, ob wir das Thema zweisprachiger Beziehungen auch noch mit aufnehmen in diese Folge. Das wäre ausgeufert, ist vielleicht eine eigene Folge wert. Also wenn Sie, liebe Podcast-Hörerinnen und Hörer, dazu etwas zu sagen haben, dann schreiben Sie uns an podcast-wissen.de.
Wie kommuniziert man als Mensch am besten mit Pferden? Das kann die künstliche Intelligenz noch nicht und dafür gibt es auch noch keine Übersetzungs-App. Aber das kann eine Frau, die südlich von Bremen auf einem Gutshof junge Pferde für den Reitsport ausbildet. Dominik Kotzur und Hella Kemper haben sie besucht. Wie war das? Also wir durften einen Tag lang bei der Ausbildung von 26 Stuten und Hengsten dabei sein. Die Trainerin heißt Andrea Kutsch. Vielleicht hast du schon mal von ihr gehört?
Nee, habe ich noch nicht. Das heißt aber nichts. Ich bin jetzt nicht so ein Pferde-Fan. Sie hat auf jeden Fall bei dem berühmten amerikanischen Pferdeflüsterer Monty Roberts gelernt, den man aus der Verfilmung seines Lebens mit Robert Bradford kennt. Aber Andrea Kutsch würde sich jetzt nicht mehr als Pferdeflüsterin bezeichnen. Sie hat nämlich in Kooperation mit drei Hochschulen vor einigen Jahren eine wissenschaftlich fundierte Pferdeausbildung entwickelt und seitdem flüstert sie nicht mehr. Sondern was macht sie?
Ja, sie bildet aus und das ist was ganz anderes. Da kommen wir vielleicht gleich nochmal drauf zu sprechen. Erstmal, das Verblüffende bei unserem Besuch auf dem Gestüt geschah eigentlich gleich am Anfang. Dominik und ich, wir waren drei Stunden mit dem Auto durch Niedersachsen gefahren und sind dann an diesem Hof Brüning angekommen und der liegt da so ganz einsam in der Landschaft.
Wir steigen aus, um das Hoftor zu öffnen und reinzufahren. Da springen schon die jungen Pferde auf der Weide herum und dazwischen drei junge Pferdeausbilderinnen. Hinterher haben wir gehört, dass sie Anna, Madita und Lea heißen. Und ansonsten war es auf diesem Hof und weit und breit, es war einfach nur still. Sehr, sehr still. Kenne ich. Ich bin auch vom Dorf in Niedersachsen. Wir können Stille hier aber nicht senden im Podcast. Doch, wir haben dir was mitgebracht. Hör mal.
Bei uns hieß das dann tote Hose auf dem Dorf. Aber das ist da genau das Gegenteil, weil diese Pferde, die sind wirklich das blühende Leben. Die werden ab einem Alter von sechs Monaten ausgebildet. Das ist zu dem Zeitpunkt, wenn sie auch von der Mutter abgesetzt werden und nicht mehr gesäugt werden. Und dann lernen sie in knapp drei Jahren, allein in der Box zu stehen, geführt zu werden, einen Sattel zu tragen und irgendwann auch eine Reiterin.
Bei diesem Training, was Andrea Kutsch da macht, da geht es ganz viel um Körpersprache. Und bei dem hier hört man jetzt, dass er ein bisschen aufgeregter ist. Das hört man am Atem. Das ist ein Hengst, der ist anderthalb Jahre alt, so wie alle Pferde dort. Und Andrea Kutsch führt ihn hier gerade am Halfter. Und jetzt merkt man halt, wie der den Kopf jetzt normal hält, eben der Kopf von meinem Pferd noch so weit oben drüber.
hat schneller geatmet, die Luft ein bisschen angehalten und jetzt normalisiert er sich hier. Das heißt, jetzt kommen wir in den für ihn bekannten Bereich sozusagen, dass er sagt: "Ach, wir machen das mit dem Führen, das kenne ich ja schon. Ach ja, super!"
Also was ist da jetzt anders bei dieser Methode, wenn man das vergleicht mit diesem klassischen Pferdeflüstern? Ja, beim Pferdeflüstern ist ein Punkt entscheidend. Die Trainerin, die unterwirft das Pferd. Und sie erlangt die Dominanz, indem sie das Pferd von sich, der Kleinstherde, wegschickt. Und das macht sie, indem sie sich wie ein Raubtier ganz frontal dem Pferd gegenüberstellt, mit beiden Schultern und direktem Blick. Und
Und unter diesem Druck wird das Pferd sich instinktiv von der Pferdeflüsterin wegbewegen. Das hat sicherlich evolutionäre Wurzeln. Und wenn man sich dann wieder etwas zur Seite dreht, also die Pferdeflüsterin, und nur noch die Schulter seitlich zeigt, dann bietet sie dem Pferd damit an, dass es wieder zu ihr kommen darf. Aber der Nachteil dabei ist, dass es immer noch eine Methode ist, die mit Druck funktioniert. Andrea Kutsch hat herausgefunden, dass das Training aber auch ohne Unterwerfung geht.
Ja, das macht nämlich dieses ganze Wegschicken und Demütigen des Pferdes überflüssig. Und außerdem hat man beim Pferdeflüstern keine Kontrolle über das, was das Pferd tatsächlich lernt.
Denn Lernen heißt ja eine lang anhaltende Verhaltensänderung. Und die erreicht man nur mit Übung. Also das Wichtigste ist eben halt so eine Routine immer zu finden. Und darum habe ich das jetzt gerade korrigiert. Umso mehr Routine die kriegen und wir Abläufe immer gleich machen, umso besser für die Pferde zu verstehen. Weil wir brauchen im Lernprozess Wiederholungen. Pferde brauchen nur ganz wenige Signale, um zu verstehen, was der Mensch von ihm will. Und das sind...
Fast immer körperliche Bewegungen, kleinste Bewegungen oder ein kurzes, leises Geräusch. Und ein natürliches Geräusch aus der Natur wäre dann das Schnalzen. Es kann also sein, dass ich dann mal so mache und der Ton hört sich an und darauf bewegt sich jedes Pferd natürlicherweise vorwärts.
Aber ein Großteil des Trainings geschieht nicht verbal, also ganz ohne Sprache und ohne Geräusche. Der Zauber der Normverbalen Kommunikation unter Menschen gilt genauso für Pferde, weil sie haben ja das gesprochene Wort und die Stimmlage nicht. Sie haben nur zu 100 Prozent ihren Körper. Und wir haben sogenannte Ethogramme entwickelt, das heißt Verhaltenskataloge, in der wir jeder Geste des Pferdes eine Bedeutung zugeben.
zuteilen können und die gilt für jedes Pferd. Also Andrea Kutsch, die beobachtet die Pferde sehr genau. Sie guckt, ob die Ohren sich bewegen, die Nüstern, die Lippen und selbst die Augen, da achtet sie drauf. Wie hält das Pferd den Kopf? Wie verläuft die Halslinie oder was macht es mit seinem Schweif?
Oder schadet es sogar mit seinen Hufen? Wie sind die Muskeln? Sind die angespannt? Und wie geht der Atem? Auf das alles achtet sie. Sie hat aber auch selbst gesagt, das klappt auch nicht immer. Ja, es gibt Missverständnisse. Das kann zum Beispiel sein, dass ich eine Geste übersehe. Sagen wir mal, ich trenne das Pferd von anderen Pferden das erste Mal und äh.
Es zittert an der Schulter ein bisschen, man sieht, wie die vorsichtig auftreten. Das heißt, dass sie schon die Luft anhalten, dass sie in hohe Besorgnis kommen, sie haben angespannte Mundwinkel vielleicht sogar, haben auf einmal einen flachen Atem und dass ich das jetzt übersehe.
Dann ist das Missverständnis gewesen, dass ich die Angst des Scherdes vorher nicht erkannt habe, nicht noch einen Schritt zurückgegangen bin, um nochmal loszugehen, dass es wieder in den Atem kommt und realisieren kann, ach, es war ja gar nicht bedrohlich, ist ja alles in Ordnung, sondern dass ich es übergangen habe und dann tut es mir super leid. Ja, faszinierend fand ich auch noch etwas anderes, nämlich...
Letztlich dreht sich bei dieser Ausbildung alles um Angst bzw. um die Abwesenheit von Angst. Und das ist das Einzige, was Andrea Kutsch versucht sicherzustellen. Das Pferd hat nur eine einzige intrinsische Motivation, die Abwesenheit von Angst. Wenn wir jetzt hektisch hier rumspringen würden, wenn ihr laut schreien würdet, wenn ihr aggressiv wärt, und das reicht schon, deine innere Präsenz der Aggressionen.
Weil die sind ja Künstler im Lesen der nonverbalen Kommunikation. Mich hat neben dieser Art von nonverbalen Kommunikation aber noch etwas ganz anderes besonders beeindruckt. Und das war neben der Stille die Zärtlichkeit.
Sie bildet für mich so etwas wie das Zentrum der Ausbildung, quasi Streicheln statt Worte. Und ich habe noch nie gesehen, und ich bin lang geritten auch, dass Pferde so viel gestreichelt werden wie dort bei Andrea Kutsch. Und ich habe auch noch nie so entspannte Pferde gesehen. Es ist nicht aufgeregt. Es ist ein total meditativer Wenn-Ort.
Das ist so. Und die sind jetzt, die wissen, die haben Pause und in der Pause sind die in der Ruhe. Man muss die auch immer küssen zwischendurch. Pferde können gar nicht genug gegüsst werden. Und jetzt kommt der andere und sagt, wieso ich will auch gegüsst werden. Was macht ihr denn da? Ja, so wird es ab und kommt. Hallo Schatzi. Werbung.
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Was wir nicht erklären können Die unmögliche Kolumne von Christoph Drösser Heute, wieso können manche Menschen mehr als 10 Sprachen lernen? Musik
Die meisten Deutschen sprechen so ungefähr eineinhalb Sprachen. Ihre deutsche Muttersprache und ein bisschen Schulenglisch, mit dem sie sich im Urlaub einigermaßen verständlich machen können. Aber es gibt auch die Polyglotten, die mehrere Sprachen fließend sprechen. Und dann sind da die Hyperpolyglotten. Je nach Definition beherrschen die mehr als sechs oder sogar mehr als zehn Sprachen. Das Problem
Könnte jeder von uns Polyglot oder sogar Hyperpolyglot sein? Haben die Mehrsprachler ein besonderes Gehirn, das das Sprachenlernen begünstigt oder sind sie einfach nur fleißig? Was wir schon wissen Zunächst mal müssen wir über unseren deutschen Tellerrand hinausschauen.
Weltweit ist Mehrsprachigkeit keine exotische Ausnahme, sondern eher die Regel. In Indien zum Beispiel sprechen die meisten Menschen ihren lokalen Dialekt, dann die Sprache der Region und schließlich noch Hindi und Englisch, die offiziellen Sprachen des Landes. Und weltweit sind 43% der Menschheit bilingual, 13% sogar trilingual. Eine Sprache ist auch nicht unbedingt eine gute Einheit, um das Sprachvermögen zu beziffern.
was ist besser vier sprachen akzent und fehlerfrei zu sprechen oder sechs sprachen so daß man sich gerade so durchmogeln kann aber weil es keine andere zellweise gibt wird doch immer mit dieser zahl der sprachen operiert die frappierendsten beispiele waren internationale diplomaten im neunzehnten und frühen zwanzigsten jahrhundert der italienische kardinal giuseppe mezzofanti der etwa vierzig sprachen beherrschte und der deutsche gesandte emil krebs mit fünfundsechzig sprachen
Michael Erard, ein Journalist, der ein Buch über Hyperpolyglotte geschrieben hat, zieht die Grenze bei 10 Sprachen. Jenseits davon fällt die Zahl der Sprechenden steil ab. Mit diesen wenigen Individuen kann man auch nicht wirklich Statistik betreiben. Unter denen, die man kennt, gibt es überdurchschnittlich viele Männer, Linkshänder, Schwule und Autisten. Offenbar scheint den Hyperpolyglotten das Lernen der nächsten Sprache immer leichter zu fallen.
Der amerikanische Linguist Ken Hale soll sich das ihm völlig unbekannte Finnisch auf einem Transatlantik-Flug angeeignet haben. Der Hyperpolyglotte Emil Krebs starb 1930. Sein Gehirn wurde aufbewahrt und 2004 eingehend untersucht. Man entdeckte Besonderheiten im Broca-Areal, das für die Sprache zuständig ist.
Andere Polyglotte wurden in den Hirnscanner gelegt und zeigten eine geringere Aktivität im Sprachzentrum als Normalsterbliche. Ein Zeichen dafür, dass sie Sprache besonders effizient verarbeiten. Aber all diese Hirnuntersuchungen können nicht sagen, was Ursache ist und was Wirkung. Unser Gehirn ist sehr plastisch, jede Aktivität bildet neue Nervenbahnen, so wie beim Bodybuilder die Muskeln wachsen. Die Besonderheiten könnten sich also erst durchs Sprachenlernen herausgebildet haben.
Kinder von Polyglotten sprechen oft ebenfalls viele Sprachen, aber auch da ist die Frage, ob das der kulturelle Einfluss der Eltern ist oder eine angeborene Fähigkeit. Eine unabdingbare Voraussetzung für Hyperpolyglotte ist die teilweise fanatische Begeisterung fürs Sprachenlernen. Jeder und jede entwickelt auch eine eigene Lernstrategie.
Während Sie im Bus oder in der Bahn diesen Podcast hören, lernt Ihr Gegenüber vielleicht gerade mit einer App die nächste Sprache. Ganz zweckfrei, weil es Spaß macht, nicht weil er oder sie es muss. Jeder Mensch kann auch im Erwachsenenalter noch Fremdsprachen lernen. Wie es kommt, dass sich manche fünf, zehn oder mehr Sprachen aneignen können, kann die Wissenschaft noch nicht vollständig erklären.
Aus dem aktuellen Zeitwissen-Magazin möchte ich Ihnen den Artikel über die Selbstdiagnose mithilfe von Smartwatches empfehlen. Viele Smartwatches können ja inzwischen den Herzschlag und den Schlaf überwachen und es gibt Studien, die sich angeschaut haben, wie zuverlässig die Geräte unterschiedlicher Hersteller sind. Unsere Autorin Insa Schiffmann ist Ärztin und fasst die Studienlage zusammen.
Der Zeitwissen-Podcast wird in diesen Tagen 15 Jahre alt und das Zeitwissen-Magazin feiert seinen 20-jährigen Geburtstag. Aus diesem Anlass haben wir ein Notizbuch gestaltet, das Sie auf gute Gedanken bringt. Es liegt der aktuellen Ausgabe bei und kommt auch mit der kostenlosen Probeausgabe, die man bestellen kann unter zeit.de slash wissen-podcast. Wir freuen uns über Feedback und Kritik. Am besten erreichen Sie uns unter podcast at zeit-wissen.de. Ich bin Max Rauner. Bis bald.