Am Mikrofon ist Karin Fischer. In unserer Deutschlandfunk-Denkfabrik-Reihe Machen statt Meckern geht es heute um die Frage, wie man bürgerschaftliches Engagement stärkt. Es geht um den ländlichen Raum in Ostdeutschland und darum, Orte zu schaffen, an denen Menschen sich wohlfühlen, ins Machen kommen, sich engagieren können für den eigenen Ort oder die eigene Stadt von unten. Aber mit Hilfe, mit Unterstützung, aber auch mit Hilfe,
Und von wem und wie die funktioniert, das hören wir heute von Steffen Präger. Er ist Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Vereins Plattform e.V., der grob gesagt gemeinwohlorientierte Kulturorte zu entwickeln, zu etablieren und zu fördern versucht und einen Kulturwandel vor Ort entwickelt.
so organisieren will, dass mehr Menschen selbst und miteinander anpacken, was sie gemeinsam betrifft. Hallo Herr Präger und danke, dass Sie heute Ihr Wissen und Ihr Engagement mit uns teilen. Hallo, sehr gerne. Das Gespräch zeichnen wir in der Woche vor Pfingsten auf. Herr Präger, ein Projekt innerhalb Ihrer Plattform ist die Kulturhanse und um die soll es heute eigentlich gehen. Was ist denn die Kulturhanse?
Also die Kulturhansi ist ein Verbund von Organisationen, wie Sie das schon gesagt haben, die sich vor Ort aufgemacht haben, Menschen dabei zu unterstützen, eigene Ideen umzusetzen, Projekte zu entwickeln, aber auch Unternehmen zu gründen und sich auf diese Art und Weise in die Entwicklung ihrer Ortschaften einzubringen, sich zu engagieren. Und was uns ganz wichtig ist, Selbstwirksamkeitserfahrungen zu machen, also zu sehen, dass wenn man selber sozusagen Dinge voranbringt, dass dann auch etwas passiert.
Vielleicht aber auch tatsächlich Gründe zu finden, zu bleiben oder zu kommen. Also wir reden ja vom ländlichen Raum Ostdeutschlands und da reden wir ja auch von demografischen Wandel und Transformationsveränderungen. Und das ist das wahrscheinlich Sichtbarste, die sich eben auch darin niederschlagen, dass immer weniger Menschen dort leben.
Mir ist aufgefallen der Ausdruck gemeinwohlorientiertes Ökosystem und ich habe mir gedacht, das hat wahrscheinlich mehr mit sozialen Gruppen zu tun als mit Natur. Also genau das, was Sie gerade angesprochen haben. Genau oder eben auch wirtschaftlichen Interessen, die dabei eine Rolle spielen. Also die Kulturhanse setzen wir um als Gründungslabore. Das sind Orte, offene Orte, kreative Orte, an denen Austausch stattfindet.
wo sich kompetentes Personal wiederfindet, das Impulse gibt, diese Ideen zu strukturieren, besser aufzustellen, nachhaltige Konzepte quasi daraus zu entwickeln und damit natürlich auch Knotenpunkte zu entwickeln, wo Zivilgesellschaft, lokale Politik, Verwaltung und auch lokale Unternehmen zusammenkommen. Und das in seiner Summe könnte man auch als ein Ökosystem bezeichnen.
Also wenn die verschiedenen Engagierten mit ihren konkreten Ideen auf die Stakeholder treffen, auf die Prozessbegleiter sozusagen treffen, dann entwickelt sich da häufig mehr, als wenn jeder das in seinem stillen Kämmerlein allein macht. Dann schildern Sie vielleicht an einem Beispiel mal, wie das genau vor Ort abgeht, wer da mit wem zusammenkommt und was auch daraus entstehen kann. Ja.
Also wir können da auch direkt sozusagen auf die Landkarte gucken. Wir haben ja sehr verschiedene Gründungslabore in Ostdeutschland. Eines davon ist in Altenburg und das ist dort ein Open Lab, ein großer offener Veranstaltungsbereich, eine große offene Fläche, die, ich sag mal, kreativ gestaltet in einem ehemaligen leerstehenden Ladendokal direkt in der Innenstadt näher ist.
Da kommen Interessierte sozusagen zusammen, die konkrete Gründungsinteressen haben in ihren Bereichen. Aber gleichermaßen auch Menschen, die ein Interesse an Veranstaltungsformaten haben, die dort stattfinden. Vor kurzem ist ein Projekt aufgesetzt worden, wo es auch für Kinder und Jugendliche darum ging, Selbsterfahrung zu machen, einmal hinter der Kasse zu stehen.
Und konkrete Produkte, die dort in einem offenen Regal angeboten worden sind, die aus den konkreten Gründungen auch entwachsen sind, verkaufen. Jetzt haben Sie schon sozusagen vom Ende her erzählt, was alles entstanden ist. Mich hat interessiert auch der Anfang dieser Idee in Altenburg. Ich weiß gar nicht, ob alle unsere Hörerinnen und Hörer wissen, dass aus Altenburg die Spielkarten kommen. Sie wurden sogar dort erfunden.
Und man hat es ja als Symbol genommen, wenn ich es richtig verstanden habe, und mit Dartpfeilen auf den Stadtplan geschossen, um sozusagen diesen Auswahlprozess für die Gründerinnen und Gründer erstmal zu installieren. Was war das denn für eine Idee? Wenn ich den Rahmen ein bisschen weiter aufmachen darf, also nachdem das Gründungslabor in Altenburg quasi zu dem Gründungslabor geworden ist,
Das geht ja auch ein bisschen einher damit, dass personelle Kapazitäten aufgebaut sind, dass dann Menschen dort arbeiten können, die sich auch hauptberuflich mit solchen Fragen beschäftigen. Es konnte ein größeres Projekt zur Stadtentwicklung gewonnen werden, ein Forschungsprojekt mit Bundesmitteln. Und eines der Maßnahmen, die dort durchgeführt worden sind, war halt tatsächlich...
Mikroprojektfinanzierung vor Ort zu bringen. Und dazu hat man sich dann Dartpfeile genommen und die auf eine, also im Rahmen einer kleinen Veranstaltung, und die auf eine Karte geschossen. Und überall dort, wo die Dartpfeile gelandet sind, ist man dann sozusagen hingegangen an die nächste Adresse und hatte einen Umschlag mit 1.000 Euro dabei.
Ohne zu wissen, was die Menschen damit machen werden. Absolut. Und hat dann zu den Leuten gesagt, wo man geklingelt hat, hier ist der Umschlag mit 1000 Euro, die kannst du verwenden, aber du musst etwas für deine Stadt machen. Du musst dir etwas ausdenken, das nicht nur für dich sozusagen relevant und wichtig und gut ist, sondern du musst dir etwas ausdenken, von dem auch andere etwas haben. Und es hat wirklich sehr gut funktioniert. Ich nenne das niedrigschwellige Impulsfinanzierung. Da sind die großartigsten Ideen daraus entstanden. Und wenn man solche Bewegungen weiterdenkt,
dann ist einer von zehn tatsächlich dabei, der das nächste Projekt machen möchte oder der dann tatsächlich auch über die Gründung eines Vereins oder einer konkreten Initiative nachdenken möchte. Ist dieser unkomplizierte, ja auch tatsächlich spielerisch wirkende Anfang wichtig, um Leute zu begeistern von der Idee des Selbermachens, um sie ins Tun zu bringen? Absolut. Eine der wichtigsten Grundlagen, um Menschen dort abzuholen, ist halt tatsächlich, das so niedrigschwellig wie möglich zu gestalten.
Also eher nicht für die nächsten 20 Jahre zu unterschreiben, einen großen Kredit aufzunehmen und dann die Veränderung strategisch sozusagen anzugehen, sondern im Kleinen erst einmal Kontakt zu bekommen, einfache Sachen auf die Beine zu stellen und von dort aus dann selber zu sehen, wie wirksam man doch eigentlich werden kann.
Und das absolut Relevante ist, dass das so unkompliziert, so unbürokratisch wie möglich passieren kann. In Altenburg hat man dieses Unbürokratische und Unkomplizierte tatsächlich ja auch für die Webseiten beibehalten. Die heißen stadtmenschaltenburg.org oder das Gründungslabor, das vielleicht ja selbst ein bisschen technisch klingt, heißt dann erlebe-was-geht.org.
Sie haben das Ladenlokal erwähnt. Was ist inzwischen daraus geworden? Was passiert dort? Was sind die Erfahrungen der Organisatoren vor Ort oder den Projektmacherinnen? Also in Altenburg geht das Ganze ja mittlerweile, glaube ich, schon in das sechste Jahr vor Ort. Und es sind eine ganze Menge sehr interessanter Gründungen und Initiativen entstanden, die einen Beitrag dazu leisten, quasi auch auf die Lebensqualität vor Ort einzahlen und
Um mal drei Beispiele zu nennen, aus dem Gründungslabor in Altenburg ist der Kulturspäti entstanden. Das ist so eine Art Mischung aus Regionalladen, Velo-Café, Second-Hand-Skateboard-Shop und ein Ort für feste und urbane Soziokultur. Sie müssen immer das vor dem Hintergrund sehen, dass wir in Altenburg eine Stadt mit 35.000 Einwohnern haben, die einmal 55.000 Einwohner hatte.
Also das sieht man quasi auch innerhalb der Stadt, dass da erheblicher Bevölkerungsrückgang sozusagen passiert ist. Da ist dann immer Leerstand, da ist dann nichts mehr los. Exakt. Das geht immer miteinander einher, dass sie dann die leeren Häuser sozusagen, dass ihnen die gleich als erstes in den Blick fallen. Aber auch, dass das Veranstaltungsangebot, was quasi Gesellschaft zusammenhält, eher geschrumpft ist. Und dass das, was es noch gibt, auf wenigen Schultern lastet und von vielen ehrenamtlich sozusagen gestemmt werden muss.
Und da setzt der Kulturspäti zum Beispiel an und versucht halt quasi auf eine andere Art und Weise den wirtschaftlichen Mehrwert, den sie durch den Verkauf von konkreten Produkten quasi erzielen, auch in eine gesellschaftliche Rendite umzuwandeln. Nämlich tatsächlich dann auch Veranstaltungsoutput und Kulturangebote zu organisieren.
Das ist sozusagen der beste Weg, in dem so ein Projekt läuft. Aber die Kultur Hanse wird, das haben wir schon erwähnt, natürlich auch gefördert. Unter anderem von der Europäischen Union, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das es so heute in der neuen Regierung, glaube ich, gar nicht mehr gibt. Aber die Schweizer Drosos-Stiftung ist vor allem mit im Boot. Deshalb die Frage, warum kümmert sich eine Schweizer Stiftung um den ländlichen Raum in Ostdeutschland? Ja, das haben wir uns auch ein bisschen gefragt.
Tatsächlich ist es so, dass die Drosus-Stiftung sich in verschiedenen Teilbereichen organisiert und aufstellt. Und einer davon hat etwas damit zu tun, vor allen Dingen jungen Menschen wirtschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Die sind da sehr stark in den Ländern des nördlichen Afrikas organisiert. Aber aufgrund der Tatsache, dass die Stiftung selber quasi das Stiftungskapital aus dem Verkauf eines deutschen Pharmaunternehmens generiert worden ist, eben auch in Ostdeutschland unterwegs ist.
Und in Ostdeutschland geht es dann halt quasi anders als in Nordafrika, wo vielleicht auch Landwirtschaft eine größere Rolle spielt, zumindest bei einigen Projekten in Ägypten habe ich das gesehen. In Ostdeutschland geht es da vor allen Dingen darum, entlang des demografischen Wandels, so wie er passiert, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, für sich selber aktiv teilzuhaben und eben auch die Entscheidung zu treffen, ob sie ihre Region wirklich verlassen wollen oder ob es nicht eben auch Bleibeperspektiven gibt.
So, und wenn man sich das jetzt im Netz anschaut, Steffen Präger, dann sieht das alles toll aus. Und natürlich liest man viel auch über die hehren Ziele. Sie haben das Wort Selbstwirksamkeit erwähnt. Dazu kommen wir später noch. Die Frage, die sich mir immer stellt dabei ist, sieht das eventuell auch ein bisschen zu gut aus im Vergleich zur Realität? Also will sagen, können Sie das, was in den Gründungslaboren passiert, was ja auch ein bisschen graswurzelmäßig klingt,
am Ende tatsächlich evaluieren und als gelungene, nachhaltige Initiative, die eben weiter wächst, kennzeichnen? Oder gibt es da auch Misserfolge und steckt man sozusagen sehr, sehr viel Geld rein, nicht nur in Webseiten, auch in die Realität für geringen Output? Vielleicht können wir quasi erstmal die Output-Seite betrachten. Das macht es vielleicht auch klarer zu fassen,
Also was dieses Programm sozusagen generiert hat. Wir operieren momentan in sechs Gründungslaboren in vier Bundesländern in Ostdeutschland, in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg und haben bisher über 7.290 Kinder und Jugendliche erreicht mit konkreten Angeboten, die unternehmerisches Denken und Handeln zum Ziel haben.
Wir haben über 5000 Menschen erreicht, die sich in Veranstaltungen gesetzt haben, um sich selber darüber zu informieren, wie ihre Gründungen funktionieren können. Und wir haben über 537 Gründungen erfolgreich begleitet. Nicht alle von diesen Gründungen sind am Ende so erfolgreich, dass sie sich am Markt etablieren können. Die blühenden Landschaften werden auch mit diesem Projekt nicht entstehen. Also das ist kein in die Fläche gehender Jobmotor. Aber er soll ja
ganz im Gegenteil quasi auch einen anderen Ansatz vermitteln, nämlich dass die Innovation auch vor Ort auf der lokalen Ebene verhandelt werden kann. Er soll dazu beitragen, dass die humanen Ressourcen, wenn ich das mal so sagen darf, die wir in den ländlichen Regionen haben, dass die dort mit einbezogen werden. Selbstverständlich gibt es da auch Schatten. Wir haben sehr viele gute Geschichten, wo viel Wirksamkeit auf der lokalen Ebene mit vielen Initiativen auch erfahren werden kann. Aber es gibt natürlich auch Schatten. Es gibt
Ich sage mal, ein immer kleiner werdendes Feld für Möglichkeiten. Das hat was damit zu tun, dass es politische Veränderungen gibt. Also insgesamt wird der politische Ton rauer. Wir nehmen einen deutlichen Rechtsruck wahr und damit reduzieren sich natürlich auch die Gelegenheiten, offene Räume zu besetzen. Damit wird die Unterstützung auf kommunaler Ebene infrage gestellt, was die Projekte quasi in der soziokulturellen Nische anbetrifft.
Und insgesamt wird die Stimmung, die uns vor Ort sozusagen in den Gründungslaboren auch geschildert wird, nicht unbedingt besser. In den Kulturfragen hören Sie aus der Deutschlandfunk-Reihe Machen statt Meckern heute Steffen Präger über die Kulturhanse. Herr Präger, dann lassen Sie uns vielleicht wieder ein bisschen ranzoomen auf die regionalen Gründungslabore. Es gibt sowas ja auch noch in Salzwedel, Görlitz, Zeitz oder Lauscha.
Greifen Sie sich eins raus, was machen die? Also wir haben sechs feste Gründungslabore und solche Organisationen, die sich noch auf dem Weg dorthin befinden. Eine davon ist die Kulturnische bzw. der Bürgermeisterhof in Salzwede. Das ist ein mitgliedergetragener Verein, der vor einiger Zeit die leergefallene Kneipe im historischen Altbaubestand in der Mitte der Stadt gekauft hat. Historisch bedeutet hier, dass es Gebäudeteile gibt, die nach 1250 oder so zurückdatiert sind.
Das war im privaten Besitz. Die Stadt konnte sich selber nicht darum kümmern, unterstützt diese Initiative aber durch Mitte der Städtebauförderung. Und die sanieren jetzt gerade mit ganz viel Muskelhypothek, also mit ganz viel eigener freiwilliger Leistung Stück für Stück ihr Haus. Da sind über 300 Menschen daran beteiligt und eine ganze Menge Handwerker aus der Region, die in ihrer freien Zeit quasi mithelfen, diesen Ort quasi ins Leben zurückzubringen.
Und dort entsteht aber nicht der gleiche Ort wieder. Also es ist nicht einfach nur die Kneipe, sondern es ist eben der Ort für Gemeinschaften, der auch im Zweifelsfall den Platz für die Nischen abbildet und so Projekte zum Beispiel mit queeren Themen möglich macht. Ein Ort, in dem die Bevölkerung quasi sich auch so wieder treffen kann, um Diskursräume stehen zu lassen und natürlich auch ein Bier zu trinken. Logisch. Ich habe gelesen von...
Eine Keramikerin, die den Brennofen fürs Töpfern hat. Ich habe gelesen von einer Tauschbibliothek, die es dort geben soll, von einer Filzkünstlerin, die einer Gruppe des Filzen beibringt und so weiter. Das heißt, das ist tatsächlich genau diese Mischung zwischen Kultur, Kunst, Handwerk, Kunst.
selber machen und Publikum finden, die damit ja genau gemeint ist. Absolut. Und die große Herausforderung für die Organisationen, die wir im Rahmen der Kulturhanse unterstützen, ist es quasi daraus auch ein tragfähiges, ein nachhaltiges Betreibermodell zu machen. Also nicht nur die Häuser quasi zu sanieren und dann zu schauen, welche speziellen Interessengruppen man hier einen Raum bieten kann, sondern das Ganze dann nämlich auch finanziell abzubilden.
Denn es sind ja nicht Orte, die in der Trägerschaft einer Kommune, also einer Stadt oder Gemeinde stehen und damit auf öffentliche Mittel quasi bauen können, sondern die müssen sich das alles selbst organisieren.
Dann kommen wir vielleicht jetzt mal zum Begriff der Selbstwirksamkeit, den Sie ja schon erwähnt haben und der natürlich auch in aller Munde ist. Es geht darum, dass Menschen sehen, aber auch vor allem emotional begreifen, dass sie den Unterschied machen. Also dass ihre Meinung zählt, dass sie vor Ort auch mit ganz wenigen Mitteln viel erreichen können. Was bedeutet das Wort Selbstwirksamkeit im Zusammenhang der Kulturhanse für Sie, Steffen Präger?
Also für mich und für mein Team war es immer sehr wichtig, dass sie auf der kleinsten Ebene, also auf der Ebene, auf der Menschen zusammenkommen und für sich selber eine Idee entwickeln, dass sie tatsächlich diese Idee auch ausprobieren können und zum Erfolg bringen können oder damit scheitern auch. Das ist vollkommen in Ordnung.
Aber dass es möglich ist, quasi bei dem Problem, was ich habe, also es gibt jetzt in meinem kleinen Ort kein Kino mehr, dass es möglich sein muss, einmal auszuprobieren, ob man nicht doch ein Freilichtkino auf die Beine stellen kann und was es dafür braucht. Und unsere Gründungslabore sind quasi einfach nur die Strukturen, in denen man die notwendigen Fragen dafür bestellt bekommt, die man braucht, um diese Ideen sozusagen auch konzeptuell gut auf die Beine zu stellen.
Und wenn es gut läuft, ist die Betreiberin des Freiluftkinos am Ende diejenige, die etwas Geld bekommt oder einnimmt? Das kommt ein bisschen auf das Konzept vor Ort an, aber im Prinzip sollte der finanzielle Aspekt dabei immer eine Rolle spielen. Manchmal sind das Förderungen, die quasi vor Ort generiert werden können. Manchmal gibt es unternehmerische Partner vor Ort, die sagen, sie geben einen Fonds, der halt quasi die Startfinanzierung auf die Beine stellt. Manchmal gibt es staatliche Programme.
die da weiterhelfen. Aber tatsächlich ist der Ausgangspunkt, um gute Selbstwirksamkeit zu haben, sollte ich mich eigentlich nicht nochmal mit der Frage beschäftigen, wo die 400 oder 1000 Euro herbekommen, um die erste Engagementidee sozusagen umzusetzen. Das sind Mikrofinanzierungen, die wünschen wir uns im lokalen Baukasten. Aber was passiert, wenn die Finanzierung ausläuft? Tja,
Die Gründungslabore sind so konzipiert, dass sie das eigentlich für länger gestalten sollen. Und das ist auch eine der Sachen, über die wir in Chemnitz auf unserer Konferenz diskutiert haben. Am Ende geht es ein bisschen darum, die Finanzierung unserer Gründungslabore auszudiversifizieren. Also das so zu machen, dass man nicht nur von einem finanziellen Programm abhängig ist.
dass man nicht nur quasi staatliche Fördermittel braucht, um konkrete Aktivitäten umzusetzen. In Altenburg gibt es einen wirtschaftlichen Zweckbetrieb, wo durch den Verkauf von kreativen Mitteln, so wie Graffiti-Dosen oder so, ein Geld generiert wird, um den sogenannten und wichtigen Eigenanteil abzubilden. Also wir müssen uns überlegen, wie wir mit den Orten, in denen wir diese Gründungslabore umsetzen, quasi die so auf feste Füße stellen können,
dass sich diese Frage so nicht stellt. Und wenn wir jetzt nochmal unser Motto machen statt meckern, uns auf der Zunge zergehen lassen und fragen, was genau dafür nötig ist, für dieses nachhaltige Aufstellen, was sind denn dann in Ihren Augen die wichtigsten Zutaten, die die Menschen vor Ort auch brauchen? Also erstmal grundsätzlich braucht man, und das habe ich jetzt schon sehr oft gesagt, tatsächlich physische Orte, an denen man zusammenkommen kann.
Man kann diese Form von Partizipation, von gelebter Teilhabe, von Gemeinschaft und von Diskurs nicht ausschließlich im virtuellen Raum stattfinden lassen. Und gerade in den ländlichen Räumen gibt es eine ganze Menge leergefallene Orte, die einstige Identifikationsorte einfach auch waren. Denken Sie da an den Konsum vor Ort. Denken Sie da an die Kirche, die leergefallen ist. Denken Sie da an die Bibliothek, die es nicht mehr gibt, weil sie nicht mehr betrieben werden konnte.
Das sind die Orte, mit denen man Leute auch motivieren kann, quasi zusammenzukommen, sich zu organisieren, neues Leben in diese Orte zu bringen und dann die nächste Idee quasi anzupacken. Und Sie vernetzen sich ja auch tatsächlich großräumiger. Sie haben vorher die Kultur Hanse Konferenz schon erwähnt. Die war im Mai in der Kulturhauptstadt Chemnitz zu Gast.
hat alle Macherinnen dieser Projekte miteinander vernetzt, um Erfahrungen auszutauschen, hat aber auch Vertreterinnen aus Politikverwaltung, von Stiftungen, aus der Zivilgesellschaft, aus der Forschung zusammengebracht und dann auch noch an einem hochinteressanten Ort, der eben genau auch zu einem dieser Gründungslabore gehört oder ein Kulturhanse-Projekt ist, nämlich die Gründungsgarage in Chemnitz. Können Sie den Ort erstmal ein bisschen erklären?
Das ist die alte Stadtwirtschaft der Stadt Chemnitz. Also da waren früher quasi die Entsorgungsfahrzeuge des städtischen Betriebs, die wurden dort gewartet. Und im Zuge des Bewerbungsprozesses zur Kulturhauptstadt 2025 in Chemnitz
hat man das als eine der Interventionsflächen avisiert. Das heißt, man hat dieses dann leergefallene Areal versucht umzubauen und diesen Garagenkomplex weitestgehend in seiner Struktur zu erhalten und dort Werkstätten, Treffpunkte,
Und Sie haben sich da jetzt also getroffen und ein Positionspapier veröffentlicht, das auf der Konferenz diskutiert wurde. Was sind dessen Forderungen?
Die sind natürlich sehr vielfältig, aber wenn ich das runterbrechen sollte auf drei zentrale Punkte, dann geht es uns darum, Orte für soziale Innovationen aufzubauen und zu stärken. Also tatsächlich in die Fläche in Ostdeutschland zu gehen und an vielen unterschiedlichen Orten zu schauen, dass eine ausreichende Unterstützung zur Verfügung gestellt wird, damit, wenn sich Leute dafür entscheiden, konkrete Ideen in die Tat umzusetzen, an ihrer persönlichen und lokalen Daseinsvorsorge zu arbeiten.
dass sie dort die notwendige Unterstützung erhalten. Der zweite Punkt, der für uns auch sehr wichtig ist, ich hatte es schon gesagt, Leerstand als Ausgangspunkt und Anlass für die Aktivierung zu denken. Häufig ist Leerstand, vor allen Dingen im Osten von Deutschland, kenne ich das so, ist das ein Nimbus. Es wird das negativ konnotiert. Da sind wesentliche Orte, wo Identifikation und Geschichte dran hängt, verloren gegangen worden.
und stehen nun schon seit 10, 20 oder 30 Jahren leer und werden als eine Art Wunde innerhalb der lokalen Gemeinschaft verstanden. Wir haben es aber auch andersherum gesehen. Der Leerstand hat auch in manchen Fällen dazu geführt, dass sich Menschen zusammengeschlossen haben, um an diesem Leerstand zu arbeiten. Nicht unbedingt, um das Alte wiederzubeleben, sondern sich auf diese Art und Weise einfach auch mit neuen Ideen zur Belebung dieser Orte auseinanderzusetzen.
Und das hat großes Potenzial aufgeschlossen, mindestens an den Orten, in denen wir bisher mit unserem Programm waren.
Sie haben vorher schon kurz die politische Situation bzw. die sich politisch wandelnde Gesellschaft auch im Osten Deutschlands angesprochen. Ich möchte nochmal einen Blick in die Geschichte werfen. Man liest ja immer, dass aufgrund der unterschiedlichen Sozialisation und Geschichte die Menschen im Osten sich nicht wahnsinnig häufig oder wahnsinnig gerne in Vereinen engagieren mögen und schon gar nicht in den etablierten Parteien. Ist dieses Erbe in Anführungszeichen für Projekte wie die Iren ein Problem?
Zumindest lässt sich feststellen, dass es nicht sofort und immer auf der politischen Ebene kommuniziert werden sollte, was man dort macht. Aber auf der anderen Seite muss ich sagen, dass sich über die Fläche uns auch ein anderes Bild bietet. Also wir haben teilweise Orte, da sind Menschen in fünf verschiedenen Vereinen unterwegs und engagieren sich dort und halten quasi das zivilgesellschaftliche Leben auf diese Art und Weise am Leben fest.
Ich denke, das kann man sehr viel differenzierter angucken. Fakt ist aber auch, auf der anderen Seite, durch die allgemeine Rechtsverschiebung, so wie sie gerade stattfindet, sind viele von den Aktivitäten, von denen ich gesprochen habe, stehen schon auch ein bisschen unter Beobachtung und es macht sich so ein allgemeiner Druck dar.
Weil hier immer wieder in Frage gestellt wird, warum man denn eigentlich für die Minderheiten Aktivitäten umsetzen sollte, warum man dann Projekte für die Minderheiten unterstützt. Was raten Sie Ihren Leuten, wie sie diesen Druck aushalten könnten oder ihm begegnen? Ja, wir müssen insgesamt sehr viel resilienter werden und uns vor Ort und insgesamt darüber hinaus einfach besser organisieren.
Wir müssen die Finanzierung ausdifferenzieren. Wir brauchen gemeinschaftliche Investments, die an der Stelle mitgedacht werden müssen. Und ein ganz wichtiger Schritt, und das darf man nicht unterschätzen, wir brauchen kontinuierlich einen starken Erfahrungsaustausch über die kleinen Tellerränder hinweg.
Denn es macht sehr viel Mut zu sehen, dass man nicht alleine ist und dass man auch nicht alleine in dieser Situation ist. Dass dieser Druck quasi in Angermünde im Nordosten von Brandenburg genauso geführt wird wie in Lauscha im Süden von Thüringen.
Sagt Steffen Präger, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Vereins Plattform e.V. über die Kulturhanse zur Förderung gemeinwohlorientierter Orte gemeinsamen Machens im ländlichen Raum in Ostdeutschland. Danke, Herr Präger, für die vielen interessanten Projekte und Beispiele. Danke. Hier geht es jetzt weiter mit Kultur heute und am Mikrofon der Kulturfragen war Karin Fischer.