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Migration steuern, aber wie? - Der Migrationsrechtler Daniel Thym

2025/3/30
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Kulturfragen

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D
Daniel Thüm
Topics
我批评了德国和欧洲现行的难民和移民政策。我认为德国尚未真正理解成为移民国家的含义,这既不是指完全开放边界,也不是指简单地排斥移民并要求其适应德国文化,而是指积极塑造移民政策。德国在技术移民方面做得相对较好,但在难民移民的管理方面仍需改进。 德国目前的难民政策已经相当严格,只是方式不当,导致许多人选择危险的偷渡方式。即使是左翼和进步人士也应该承认,德国的移民政策已经相当严格,需要在维护人道主义原则的同时,改进政策的组织方式。 大多数西方国家都积极地控制移民,即使拥有相对宽松的难民制度,也会选择性地执行。这是一种在国家控制和人道主义关切之间的平衡。福利国家在面对全球经济不平等的情况下,无法无限开放边界,尤其考虑到难民移民通常在初期会带来经济成本。 有效的难民政策需要短期内利用现有系统提升控制能力,长期内则需建立新的难民政策体系。为了避免与法院冲突,需要重新审视并调整人权在难民政策中的应用方式,例如,在提供合法途径的同时,可以对边境管控采取更严格的措施。 德国目前的难民政策存在虚伪性,既宣称人道主义,又采取实际的限制措施;需要坦诚承认自身利益考量,同时不放弃人道主义原则。单纯的边境管控措施只是权宜之计,长期有效的移民政策必须建立在欧洲层面的合作基础上。 严格的难民政策与积极引进技术移民并不矛盾,许多国家都同时采取这两种政策。社民党在移民问题上态度摇摆不定,目前主要扮演着在联盟政府中促使欧盟层面合作的角色。欧盟共同欧洲庇护体系(GEAS)虽然朝着正确方向迈进,但在难民的内部欧洲分配问题上仍存在不足,这需要其他欧洲国家承担更多责任。 目前欧洲各国在难民问题上缺乏合作,意大利与突尼斯达成的协议是现实政治的体现,我的建议虽然严厉,但旨在通过合法途径和良好的管理来维护人道主义原则。虽然在第三国设立难民中心存在法律和实践上的挑战,但如果将其纳入整体方案中,并与合法途径相结合,则可以成为有效的控制措施。 与邻国达成协议,既可以控制难民数量,也可以通过合法途径引进劳动力,但需避免合法途径沦为驱逐政策的掩护。虽然引进劳动力可能导致某些行业出现剥削现象,但这可以通过健全的社会保障体系和监管措施来解决,欧盟内部的劳动力流动就是一个成功的例子。

Deep Dive

Chapters
This chapter explores the fundamental problems with Germany's asylum and migration system, highlighting the nation's struggle to define itself as a country of immigration. It discusses the differing viewpoints on immigration and the difficulties in managing asylum effectively.
  • Germany's struggle to define itself as a country of immigration.
  • Differing viewpoints on immigration.
  • Difficulties in managing asylum effectively.

Shownotes Transcript

Mit einem Gespräch von der Leipziger Buchmesse. Bisher sieht es ganz so aus, als kämen die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD ganz gut voran. 256 Experten haben in 16 Arbeitsgruppen verhandelt. Jetzt sind die Parteichefs dran und die müssen die strittigen Themen ausräumen.

Wenig überraschend ist man sich bisher uneinig beim Thema Migration. Wir haben es auch kurz vor der Bundestagswahl gesehen. Das Thema ist noch immer und vielleicht zurzeit ganz besonders dazu fähig, politische Koalitionen zu sprengen und bisher ungewollte Koalitionen herbeizuführen. Wie also macht man weiter bei diesem Thema, ohne dass einem das gesamte politische System um die Ohren fliegt?

Bei mir auf der Bühne ist jetzt jemand, der von sich behauptet, eine Lösung gefunden zu haben. Eine Lösung, so sagt er, wie die demokratische Mitte mit der Migration umgehen kann. Aufgeschrieben hat er sie in einem Buch mit dem Titel Migration steuern, eine Anleitung für das Hier und Jetzt. Und geschrieben hat es der Jurist und Professor an der Universität Konstanz, Daniel Thüm. Herzlich willkommen. Guten Morgen.

Herr Thiem, Sie lassen in Ihrem Buch kein besonders gutes Haar an der deutschen und europäischen Asyl- und Migrationspolitik.

Die tagespolitischen Debatten wurden ja in den letzten Monaten vor allem dann sehr laut und sehr aufgeregt, wenn es zu Gewalttaten durch Migranten kam. Lassen Sie uns aber vielleicht jetzt zunächst mal einen Schritt zurückgehen von diesen Debatten, die sich oft ja dann im Klein-Klein verlieren. Was würden Sie sagen, was ist überhaupt das grundlegende Problem mit unserem Asyl- und Migrationssystem?

Deutschland hat noch nicht verstanden, was es heißt, Einwanderungsland zu sein. Die einen denken, Einwanderungsländer, die haben letztlich faktisch offene Grenzen und jeder, der da ist, der darf dann automatisch bleiben. Und die anderen ist dann eher die konservative Seite, die hat immer noch so ein Grundproblem mit Migration. Die wollen, dass möglichst wenig kommen und die, die dann kommen, sollen sich am besten an die deutsche Leitkultur anpassen. Aber...

Einwanderungsland zu sein, heißt eben, dass man auch darüber streitet, darum ringt, wie man Migration gestaltet. Da gehört dann die Fachkräfteeinwanderung dazu. Da gelingt es bereits relativ gut. Da ist Deutschland, wenn man so will, fortgeschrittenes Einwanderungsland. Aber bei der Asylmigration, da gelingt es uns einfach nicht, die notwendige Gestaltung hinzubekommen. Da müssen wir deutlich besser werden.

Das ist ja auch kein Wunder, könnte man jetzt sagen, dass es gerade bei dieser Frage schwierig ist, es zu steuern, weil es oft eben ausgeht von Konfliktherden, von Problemen in den Ländern, die wir nur zum Teil beeinflussen können. Wie kann man denn gerade die Asylfrage politisch gestalten, politisch steuern?

Sie haben völlig recht. Asylpolitik ist faktisch schwer zu steuern, weil die Bewegungen einfach sehr dynamisch sind. Und ein Land in der Mitte Europas das natürlich auch nur im begrenzten Umfang beeinflussen kann, ist aber möglich. Und es ist natürlich auch politisch schwierig, weil es geht um das Schicksal von Menschen. Es geht um sehr hohe moralische Werte. Gerade das Asylrecht ist ja in Deutschland auch zu Recht von vielen moralisch sehr hoch gehalten. Und das macht es

dann auf einer politischen Ebene schwierig, da drüber zu ringen. Und deswegen beginne ich auch mein Asylkapitel ganz bewusst mit einem Beispiel, der einfach der Bevölkerung deutlich machen soll. Wir sind schon jetzt relativ hart in der Asylpolitik. Haben Sie sich schon mal gefragt,

warum eigentlich Iraker oder Syrer oder Afghanen für viel Geld eine Schlepperfahrt im Mittelmeer, für eine lebensgefährliche Überfahrt im Schlaufboot bezahlen, obwohl sie im Internet, gerade jetzt in der Nebensaison, für teilweise unter 100 Euro von der Türkei, von Istanbul nach Deutschland oder von Nordafrika, Tunis etwa, nach Deutschland ein Flugticket buchen können. Ganz einfach, wir verbieten ihnen die Einreise ohne ein Visum und dieses Visum bekommst du,

kommen sie nicht, wenn sie nicht glaubhaft machen, dass sie zurückkehren wollen. Und ein Asylantrag ändert daran nichts. Und das stelle ich ganz bewusst an den Anfang des Asylkapitels, um eben deutlich zu machen, wir steuern schon jetzt.

Das hat dann viele Schattenseiten und Dysfunktionalitäten. Und meine Hoffnung ist, gerade auch bei den eher sozusagen Linken und Progressiven, wenn die sich eingestehen, wir sind schon jetzt in der Migrationspolitik durchaus hart, dann kann es uns vielleicht gelingen, die Asylpolitik so aufzubauen, dass wir einerseits den humanitären Anspruch aufrechterhalten, aber andererseits das anders organisieren wie bisher. Und da gehört dann eine gewisse Portion Härte durchaus auch dazu.

Das ist ja tatsächlich eine der zentralen Thesen in Ihrem Buch, dass Sie sagen, es ist eigentlich schon immer und in den meisten westlichen Ländern der Normalfall, dass man Migration sehr aktiv steuert und dass man das auch tut, wenn man ein relativ großzügiges Asylsystem hochhält, indem man es dann zum Beispiel sehr selektiv anwendet. Also Sie führen da die USA als Beispiel an, die das auch historisch immer gemacht haben, auch Australien, Kanada. Sie sagen jetzt,

Das ist aber auch gar kein Problem. Also man könnte das ja kritisieren. Ich glaube sozusagen viele Linke und Progressive sehen das ja auch so, dass wir ein sehr hartes Migrationssystem haben. Die sagen aber, das ist eben unmenschlich. Wir brauchen legale Einreisemöglichkeiten, legale Fluchtrouten und so weiter.

Das ist völlig richtig. Das ist auch eine legitime moralische und politische Argumentation. Auf die Feststellung, dass wir sehr restriktive Zugangswege haben, ist ja eine mögliche politische Antwort. Wir eröffnen noch so sehr viel mehr. Nur dann gehört halt zu einer ehrlichen politischen Debatte auch dazu, dass es eigentlich nicht das, wie die westlichen Länder das Asylrecht und auch die Menschenrechte seit Jahrzehnten gebaut haben,

Da gehört von Anfang an dabei eine gewisse Spannung zwischen staatlichen Kontrollansprüchen und humanitären Anliegen. Und es ist auch nicht das, was in Deutschland und Europa die Mehrheiten der Bevölkerung aktuell wahrscheinlich zu akzeptieren hat.

Und nehmen wir gerade die Linken und Progressiven, die in der Tat bei der Asylpolitik deutlich mehr schlucken müssen, als in meinem Buch jedenfalls, als die Konservativen und Bürgerlichen. Die müssen sich halt auch eingestehen, wir sind ein Sozialstaat, der hat relativ hohe Sozialstandards, auch zu Recht.

Aber so ein Sozialstaat kann eben in einer Welt mit extrem globalen ökonomischen Ungleichheiten nicht grenzenlos geöffnet werden, weil eben Asylmigration bei all den Erfolgsgeschichten, die es gibt und die man auch hervorheben muss, in den Vordergrund stellen muss, eben auch vielfach eine Migration ist, die häufig gering qualifiziert ist und die in den ersten Jahren erstmal ökonomische Kosten verursacht. Das heißt, wenn man einen hohen Sozialstaat hat wie Deutschland, passt es mit Offenheit,

offenen Grenzen in der Welt mit großen ökonomischen Ungleichheiten einfach nicht zusammen.

Und jetzt versuche ich mal, Ihre These zusammenzufassen, wie es sich besser machen lässt. Sie sagen, es braucht einerseits Kontrollsignale, damit der Staat zeigt, schaut, wir machen was, also zum Beispiel Grenzkontrollen, Bezahlkarten für Flüchtlinge. Die bringen aber eigentlich gar nicht so viel, die bringen eher wenig. Und dann sagen Sie, das, was fehlt, ist, dass im Windschatten dieser Maßnahmen dann Dinge durchgesetzt werden, die wirklich etwas bringen.

Was wären das für Sachen, die wirklich etwas verändern würden und nicht nur symbolpolitisch? Ich bleibe vielleicht erst einmal kurz bei den Kontrollsignalen, weil das ist mir persönlich jedenfalls relativ wichtig. Und es reagiert auch auf das, was wir aktuell in den Koalitionsverhandlungen sehen. Die Politik hat in der Asylpolitik immer das Dilemma und die Schwierigkeit, dass es die eine einfache Lösung nicht gibt und nicht...

Der aktuelle Koalitionsvertrag hat natürlich eine einfache Message, die natürlich speziell CDU und CSU jetzt eingesetzt haben, diese Zurückweisung an der deutschen Grenze. Das ist so ein typisches Kontrollsignal, kann man jetzt lange diskutieren, muss man jetzt hier vielleicht gar nicht machen. Aber das Entscheidende ist, dass dann auch CDU und CSU verstehen müssen, damit kaufen sie sich eigentlich nur Zeit. Und diese Zeit müssen sie dann nutzen, um im Hintergrund zu sein,

all die kleinen und großen Maßnahmen zu ergreifen, wie man das Asylsystem neu aufstellt. Und meine Vorstellung ist dann, und auch mein Vorschlag, da muss man letztlich zweigleisig fahren. Wir müssen kurzfristig natürlich innerhalb des bestehenden Systems die Steuerungspotenziale, die vorhanden sind, heben. Und man muss dann, so meine Vorstellung, langfristig daran arbeiten, dass man sich auch eine andere Asylpolitik vorstellt.

Und das ist letztlich die eigentliche Message meines Buches. Wir haben nicht nur die aktuelle Asylpolitik als eine Möglichkeit. Es gibt eine andere Welt, wenn man so will. Es gibt eine andere Möglichkeit, wie man Asyl organisiert. Und wenn man sich das bewusst macht, dann ist im Idealfall die Politik hat die Vorstellung, dass sie auch in eine Richtung gestalten kann.

Ich finde das grundsätzlich auch sehr sympathisch, dass Sie sagen, auch dass Sie gerade als Jurist sagen, wir müssen nicht immer einfach verweisen auf die Menschenrechte, das Europarecht und sagen, nee, das können wir alles nicht machen. In einem Interview mit dem Spiegel haben Sie auch vor zwei Wochen gesagt, wir sollten die Menschenrechte weniger streng handhaben. Und auch in Ihrem Buch sagen Sie...

dass es zwar schön ist, die Menschenrechte zu haben, dass sie aber wenig praktikabel sind, wenn die Zahlen so deutlich ansteigen, wie sie in den letzten Jahren angestiegen sind. Da habe ich mich dann aber doch gefragt, was bringen uns denn dann überhaupt die Menschenrechte, wenn sie nicht genau dann der Politik Einhalt gebieten, wenn es für sie eigentlich unpraktikabel wäre, die weiterhin hochzuhalten?

Ich will die Menschenrechte auch weiter hochhalten und deswegen gerade vielleicht auch, weil ich Jurist bin und weil ich nicht will, dass irgendwann die Debatte sich gegen die Gerichte wendet, dass wir in Deutschland genauso eine Entwicklung haben wie in den USA, dass die Gerichte sagen, nee, ihr dürft das aber alles nicht machen und dann sagt die Politik, das ist uns aber egal, wir machen es trotzdem, gerade weil ich Jurist bin, sage ich, dann müssen wir uns auch ehrlich machen und sagen, wir müssen diejenigen, die

die in den letzten 10, 20, 30 Jahren in die Menschenrechte hineingelesen wurden, ändern. Das ist teilweise ein Rückbau, es ist teilweise aber auch ein

eine einfach andere Handhabung. Und das Beispiel, was ich dann im Spiegelinterview auch gleich gebe, ist ein ganz konkretes Urteil, will ich jetzt gar nicht im Einzelnen ausführen. Das sagt letztlich, dass wenn Spanien Leute in den spanischen Exklaven, die es in Nordafrika gibt, da gibt es so zwei Städte, die offiziell zu Spanien gehören, sind aber in Nordafrika, da kann man dann über den Zaun faktisch rüberklettern und Spanien lässt dort die Menschen keinen Asyl beantragen.

Und der Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat dann gesagt, das darf Spanien auch machen, wenn es dafür als Ausgleich legale Zugangswege bereitstellt. Und das ist eine Möglichkeit, wie man Menschenrechte für die Betroffenen, die über den Zaun klettern, in der Tat strenger handhabt. Aber umgekehrt stellt man natürlich legale Möglichkeiten bereit, die dann den Gedanken der Menschenrechte für andere Menschen erst eröffnen, die davor gar nicht davon profitierten.

Aber ist das nicht ein bisschen zynisch zu sagen, naja, die einen schicken wir dann an der Grenze zurück und Sie sagen, handhaben das ein bisschen strenger dann die Menschenrechte bei Ihnen, aber dafür gibt es jemand anderen aus deinem Land, der dann legal einreisen darf?

Das ist im gewissen Umfang zynisch, es ist auch hart, nur unsere aktuelle Asylpolitik ist eben auch scheinheilig, ist der Begriff, den ich verwenden würde. Wir sagen, Angela Merkel, nehmen Sie Angela Merkel ganz konkret, Angela Merkel hat vor ungefähr acht, neun Jahren gesagt, humanitärer Imperativ, keine Obergrenze. Gleichzeitig ist sie in der Türkei und auch in die Zentralsahara in Niger.

gefahren, um dort mit dem dortigen Herrscherpräsidenten zu erreichen, dass weniger Menschen nach Europa kommen. Das heißt, die Kanzlerin hat nach innen ihre sehr humanitäre Seite gezeigt, war gleichzeitig nach außen durchaus hart. Von daher, wir haben die Scheinheiligkeit schon jetzt. Und vielleicht müssen wir uns das auch eingestehen, dass wir durchaus egoistisch sind. Und mein Wunsch und meine Hoffnung ist, dass wir dabei auch den humanitären Anspruch nicht verlieren. Aber wir gestehen uns ein, wir sind egoistisch, wir sind auch hart. Wir lassen...

Wir haben eine große Anzahl von Einwanderern.

zu generieren in der Gesellschaft. Weil das ist ja eine weitere Schattenseite. All diese Asyldebatten führen ja dazu, dass in Teilen der Bevölkerung bestehende Ressentiments, auch rassistische Vorurteile, gestärkt werden. Und darunter leiden dann ja auch Fachkräfte. Also damit stellt sich das Einwanderungsland in gewisser Weise selbst ein Bein. Und jetzt schauen wir vielleicht mal auf die aktuellen Koalitionsverhandlungen. Sie sind ja relativ nah dran in der Politik, saßen oft in Kommissionen, auch schon unter der Kanzlerin Merkel beteiligt.

Wie blicken Sie auf die aktuellen Koalitionsverhandlungen? Da scheint sich ja durchaus ein härterer Kurs durchzusetzen und sich die CDU durchzusetzen. Ist das in etwa, was Sie sich auch vorstellen?

Ich habe die Unionsfraktionen mal beraten, das ist richtig. Die Sorge, die ich mir mache, auch konkret bei CDU, CSU, da sind wir wieder bei den Kontrollsignalen, dass sie jetzt sozusagen auf die eigene kommunikative Logik hereinfallen. Dass sie denken, wir haben mit den Zurückweisungen an der deutschen Grenze eine sichtbare Maßnahme gewonnen, die die Bürgerinnen und Bürger, die skeptisch sind, vielleicht auch intuitiv verstehen, mit denen man...

die man damit abholen kann. Aber sie dürfen jetzt nicht den Fehler machen, zu glauben, dass nationale Maßnahmen an den deutschen Grenzen langfristig die Lösung sind, sondern jede nachhaltige Migrationspolitik, die in der Sache funktioniert, auch durchaus den Steuerungsinteressen, die CDU und CSU haben, gerecht wird, die muss europäisch eingebettet sein. Und das kann dann von mir aus eine andere Möglichkeit

Asylpolitik sein, als sie bisher in Brüssel betrieben wird. Aber die Vorstellung, dass man das jetzt rein national macht, die halte ich für illusorisch und die halte ich auch für gefährlich, weil dann droht natürlich das, was keinesfalls passieren sollte. Es kann ja sehr gut passieren, dass die Gerichte früher oder später auch sagen, das geht nicht mit den Zurückweisungen. Dann wird eine Rechtsstaatspartei wie die CDU, CSU und erst recht mit der SPD die beenden. Und

Was sagen sie dann? Dann sagen die Bürgerinnen und Bürger, ihr habt uns versprochen, ihr habt die Lösung und liefern tut ihr nicht. Das ist gefährlich, das kann nach hinten losgehen. Und das ist jetzt aber eher mit dem Fokus auf die CDU. Ich frage mich auch so ein bisschen, was die Rolle der SPD ist, weil die ist ja unter Scholz durchaus auch mit großen Signalen aufgetreten. Es gab das Spiegelcover, bei dem Scholz gesagt hat, wir müssen im Großen Stile abschieben. Realpolitisch scheint sich das nicht so wirklich umgesetzt zu haben.

Und mir scheint das fast die genaue Umkehr zu sein von dem, was Sie fordern, weil da gibt es die sehr großen Kontrollsignale. Aber realpolitisch wird sozusagen wenig gemacht, vielleicht sogar, so sagen es zumindest, sagt es die AfD, das Gegenteil gemacht. Es werden immer mehr Fachkräfte noch ins Land geholt und die Grenzen sozusagen geöffnet. Was ist die Rolle der SPD? Was ist die Taktik der SPD? Wie sehen Sie das aus?

Vielleicht ganz kurz vorweg zu dem anderen Punkt, den Sie gerade am Rande angesprochen haben. Es ist kein Widerspruch in der Asylpolitik, unter Umständen auch strikter oder eine andere Politik verfolgen zu wollen und gleichzeitig Fachkräfte anzuwerben. Ich werde häufig gesagt, Einwanderungsländer können doch sowas nicht machen. Das ist

schlichtweg falsch. Schauen Sie, was Australien, was Kanada machen. Die haben alle eine sehr restriktive Asylpolitik und sind gleichzeitig extrem großzügig gegenüber Fachkräften. Also beides kann durchaus zusammenpassen. Aber die Rolle der SPD, ich bin der SPD gerade extrem dankbar, dass sie die Union in den Koalitionsverhandlungen zwingt, auch auf einen europäischen Kurs zu setzen. Und ansonsten stelle ich mir dieselbe Frage wie Sie. Ich glaube, die SPD

Und die Antwort lautet nach meiner Wahrnehmung, die SPD weiß es selber nicht so genau. Die SPD ist eben auch zwischen all den Empfindungen hin und her gerissen, die wahrscheinlich die meisten auch Hörerinnen und Hörer, die meisten Bürgerinnen und Bürger haben. Man will einerseits human sein, man will nicht zu streng sein, man will andersrum.

andererseits aber auch eine gewisse Ordnung, Steuerung und Kontrolle haben. Und die SPD sucht insoweit vielleicht repräsentativ für die gesamte Gesellschaft danach einen neuen Konzept. Und sie hat ihre Rolle wahrscheinlich noch nicht gefunden. Aktuell besteht sie wahrscheinlich darin, einfach als moderierende Kraft die Union auf einer europäischen Ebene, wenn wir jetzt erstmal über Zurückweisungen reden, zurückzubringen. Und weil Sie Herrn

Herrn Scholz und sein Spiegelinterview mit dem großen Stil Abschieben angesprochen haben. Ich habe häufig gehört, dass er im Hintergrund das durchaus auch ernst meint. Also wenn er ins Ausland fährt, hat er durchaus die Staats- und Regierungschefs anderer Länder darauf angesprochen, dass das ein deutsches Interesse ist. Auch die Innenministerin, die ist jetzt gerade in dieser Woche mit ihrem österreichischen Amtskollegen nach Jordanien gefahren. Die wollten nach Syrien weiter fahren.

fliegen, was dann ausgrund von einer Terrorwarnung nicht geklappt hat, um dort über freiwillige Rückkehr, potenziell wahrscheinlich auch über die Abschiebung von Syrern zu sprechen. Also die SPD ist wahrscheinlich in der Tat auf der Suche auch nach einer eigenen Rolle und gerade ist sie primär moderierende Kraft für die Union. Und Sie kritisieren jetzt die CDU dafür, dass sie vielleicht ein bisschen zu nationalstaatlich denkt, loben, dass die SPD an die EU und die Rolle der EU erinnert.

Wir haben ja die EU-Reform des Asylsystems eigentlich gehabt. Sie muss nur noch in nationales Recht umgesetzt werden. Das GEAS, das Gemeinsame Europäische Asylsystem, löst sich das Problem dann nicht, wenn wir diese Reform endlich umgesetzt haben?

Nee, das geht alles in die richtige Richtung, bleibt aber auf halbem Wege stehen. Und vor allem ein Problem wird durch GERs überhaupt nicht gelöst, weil sich da nämlich wirklich rein gar nichts ändert, außer so ein paar juristische Details. Und das ist das, worüber jetzt in den letzten Monaten und erst recht, wenn Deutschland Zurückweisungen machen sollte, sehr viel gesprochen wird, nämlich über die innereuropäische Verteilung von Asylbewerbern.

Da gibt es ja dieses Dublin-System, finden Sie hoffentlich allgemeinverständlich im Buch beschrieben. Will ich jetzt gar nicht weiter ausführen. Das funktioniert nicht, kann auch nicht funktionieren, weil es einfach strukturell falsch gebaut ist. Und ich glaube, das verweist uns auf ein Grundproblem. Wenn Deutschland jetzt sagt, mit Zurückweisung an den Grenzen, wir wollen weniger aufnehmen als bisher, dann impliziert das ja gleichzeitig, die anderen europäischen Länder sollen mehr machen.

Die sollen die Arbeit machen, die Deutschland nicht machen will, die Verantwortung übernehmen, die Deutschland nicht machen will. Nur, die anderen europäischen Länder wollen das nicht.

Und was machen wir dann? Das ist wahrscheinlich realpolitisch gesprochen die ehrliche Analyse des Status Quo. Es gibt in Europa relativ wenig Länder, die bereit sind, mehr Menschen aufzunehmen als bisher. Und das führt dann dazu, dass das passiert, was man seit zwei, drei Jahren beobachten kann, dass etwa vor anderthalb Jahren,

Giorgia Meloni, die italienische Ministerpräsidentin, mit Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin, nach Tunis fährt, Tunesien, also Land in Nordafrika, von wo aus sehr viele Menschen nach Italien übersetzt. Und dann hat man mit dem dortigen Präsidenten, so ein halber Diktator, einen Deal geschlossen, dass der die Menschen abhält, dass die gar nicht mehr in die Boote steigen. Das ist aus der Logik von Meloni und von der Leyen erfolgreich. Die Zahlen sind um über 50 Prozent zurückgegangen.

Und das ist dann das, was realpolitisch gerade die Alternative ist. Deswegen, meine Vorschläge sind hart, die beinhalten Härten, aber sie beinhalten immer auch den Anspruch, überlegale Wege und anders Zuwanderung ordentlich zu organisieren und damit den humanitären Anspruch aufrechtzuerhalten.

Aber es sind nicht nur die Deals mit Drittstaaten, die wir dann im Ausland sehen oder die wir auch von anderen europäischen Ländern sehen, die kein Interesse daran haben, selbst mehr Migranten aufzunehmen. Es sind ja sozusagen auch die Verfahren in Drittstaaten. Meloni hat zum Beispiel in Albanien versucht, so ein Zentrum zu errichten. Sie sind ja diesen Transitzentren in Drittstaaten nicht ganz abgeneigt, wenn ich das richtig gelesen habe.

Obwohl das von vielen Gerichten abgeschmettert wurde. Auch der Ruanda-Plan der britischen Regierung hat es am Ende nicht ganz bis zum Gericht geschafft. Aber auch da standen die Chancen ja nicht besonders gut. Genau. Und die ganzen Gerichtsurteile zeigen, dass es unheimlich anspruchsvoll ist, das zu machen. Das heißt nicht, dass es nicht geht. Auch in den Gerichtsurteilen steht überall drin, theoretisch könnt ihr das machen. Ihr müsst halt nur sicherstellen, dass in dem Drittstaatort

Drittstaatsprojekte sind das, was wir in der EU tun, das ist das, was wir in der EU tun.

Ein perfektes Kontrollsignal. Man kann dadurch der eigenen Bevölkerung, aber auch Menschen, die potenziell nach Europa kommen wollen, signalisieren. Wir wollen eine andere Asylpolitik. Die werden aber nur funktionieren, wenn man im Hintergrund dann auch sehr viel mehr macht. Und für die politische Bewertung ist natürlich ganz entscheidend, wie man die einsetzt. Sind es sozusagen Asylbewerber?

mit denen man die Asylpolitik auf Null runterfährt und dann ist Schluss? Oder sind es Instrumente, die eingebettet sind in einen ganzheitlichen Ansatz, in Arrangements, von mir aus Deals, Deals muss ja nicht nur negativ sein,

Deals mit Nachbarländern, wo man sagt, wir erhöhen dort die Schutzkapazitäten, wir schicken dann vielleicht einige zurück. Im Gegenzug organisieren wir legale Zugangswege für Flüchtlinge, aber auch für Arbeitskräfte. Dann kann man eine Gesamtlösung finden, die human ist. Das Risiko ist immer groß, dass dann legale Zugangswege nur humanitäre Feigenblätter sind.

für eine Abschiebungspolitik, dass man sagt, wir nehmen tausend verfolgte Jesidinnen aus dem Irak aus, aber in Wirklichkeit machen wir dann die Grenzen dicht und die tausend sind dann das humanitäre Feigenblatt. Aber das muss nicht zwangsläufig so sein. Man kann das durchaus auch vernünftig organisieren, zumal wir jetzt

Überall in Europa, in Deutschland vorneweg. Die Möglichkeit haben, angesichts des demografischen Wandels, des Arbeits- und Fachkräftemangels, dabei auch legale Wirtschaftsmigration in so Arrangements mit den Nachbarländern strategisch einzusetzen. So was macht sogar selbst Frau Miloni. Die hat Tunesien angeboten, das Land,

einige tausend tunesische Arbeitskräfte, gerade im Bausektor und in der Landwirtschaft, ganz legal nach Italien kommen können. Das ist Teil dieses Deals, welches man mit Tunesien geschlossen hat. Das muss man wahrscheinlich noch viel größer hochskalieren. Aber gerade da gibt es doch dann schon eine sehr große Gefahr, dass so eine Form der Migration

in schlecht bezahlte Sektoren geht, in denen zum Beispiel im Bau stirbt in Deutschland jeden dritten Tag ein Bauarbeiter. Wenn man mit Menschen beim Zoll spricht, sagen die, dass es keine Baustelle gibt, wo nicht illegal Migranten beschäftigt werden, die unter Mindestlohn bezahlt werden. Warum braucht es denn dann trotzdem noch mehr Anwerbung solcher Arbeitskräfte, die dann hier in inhumanen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten?

Ich bin jetzt kein Spezialist für die Bauwirtschaft, aber Bauwirtschaft ist ganz spannend, weil ein Großteil der Bauwirtschaft ist eine innereuropäische Migration. Das sind meistens Baufirmen aus Ungarn, aus Rumänien, aus Polen, die super Arbeit machen. Also unsere Häuser stehen ja, die funktionieren ja ganz gut und die dann die Arbeitskräfte gleich mitbringen, nennt man Arbeitnehmer-Migration.

Das ist so, wie wir in den letzten 15 Jahren Arbeitsmigration organisiert haben. Deutschland hatte zwischen 2010 und 2019 eine Nettozuwanderung, also mehr Einreisen als Ausreisen von über zwei Millionen Arbeitskräften aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Redet beinahe niemand drüber.

weil es auch weniger Probleme gibt, weil die Leute natürlich von Anfang an Geld verdienen, von Anfang an irgendwo in einer Wohnung leben. Und da gibt es in der Tat auch Sektoren, partiell die Bauwirtschaft, aber auch im Pflegebereich. Also es gibt ja diese 24-Stunden-Pflegekräfte, auch meistens nicht-Deutsche, oft Osteuropäerinnen, sind ja meistens Frauen. Da finden in privaten Haushalten durchaus auch Ausbeutungssituationen statt. Das ist richtig, es gibt es.

Aber das ist natürlich dann die Aufgabe der Sozialpolitik, sicherzustellen, dass das nicht passiert. Aber das lässt sich durch eine ordentliche Sozialpolitik und auch Kontrollmaßnahmen sicherlich in den Griff bekommen. Sagt der Migrationsexperte Daniel Thüm von der Universität Konstanz. Sein Buch Migration steuern, eine Anleitung für das Hier und Jetzt ist bei CH Beck erschienen. Vielen Dank. Danke sehr.