Ist die Welt noch zu retten? Das Radio 3 Klimagespräch. Ich bin mir nicht sicher, ob damit die Welt zu retten ist, aber in meiner Straße Neukölln haben am Wochenende Nachbarinnen und Nachbarn kleine Holzzäune gebaut um die großen Straßenbäume in unserer Straße, haben die Erde ausgetauscht und haben Blumen und Pflanzen gepflanzt.
Jetzt muss natürlich fleißig gegossen werden, sonst gehen die Blumen und Stauden ja schnell ein. Eine Nachbarschaftsinitiative, die vielleicht ganz im Sinne ist von Gieß den Kiez. Das ist eine Plattform und App, die offensichtlich dabei helfen soll, die Straßenbäume zu pflegen und vor allem zu gießen. Gerade bei diesen Temperaturen heute und bei der anhaltenden Trockenheit ist es ja ein Muss. Bei mir im Studio ist die Projektleiterin Anna Mehrländer. Hallo Frau Mehrländer, schön, dass Sie da sind. Hallo. Wie ist diese Idee entstanden zu Gieß den Kiez?
Gießding-Kiez ist 2020 entstanden und zwar gab es da einen Datensatz von den Straßen- und Grünflächenämtern von Berlin, den wir einfach mal zugänglich machen wollten. Und zwar, es gibt einen Datensatz, wo alle Bäume Berlins aufgelistet sind und
Bei CityLab hatten wir einfach die Idee, okay, wir wollen jetzt das visualisieren und dadurch ist Geeks in Keys entstanden. Okay, und die Idee dahinter ist, dass diese Informationen eine weitere Verbreitung finden, oder was ist die Idee? Genau, die Idee ist tatsächlich...
den Straßenbäumen Berlins zu helfen und die Stadt bei der Bewässerung der Bäume durch ehrenamtliche Arbeit der Zivilgesellschaft auch zu unterstützen. Aber auch gleichzeitig Bildungsarbeit. Man kann zum Beispiel erkennen, welcher Baumart steht vor meiner Haustür, wie alt ist der Baum. Aber auch Community-Building mit der Nachbarschaft. Man kann sich miteinander vernetzen, gemeinsam zum Gießen verabreden.
Und man kann tatsächlich für jeden einzelnen Straßenbaum in Berlin, wie viele sind denn das? 2 Millionen, 5 Millionen, 300 Millionen? Es sind tatsächlich 967.365. Okay, wäre ich auch nicht drauf gekommen. Und für jeden einzelnen Baum kann man diese Informationen bekommen? Genau.
Genau, für jeden öffentlichen Baum. Der Baum, der zum Beispiel im Innenhof ist, der ist nicht gelistet, aber der Baum, der quasi auf der Straße steht, der ist gelistet. Und Gieß den Kiez, wie funktioniert das jetzt? Man kann sich da anmelden und dann? Genau, es ist eine webbasierte Plattform. Du gehst auf gießdenkiez.de, dann kannst du dich da registrieren und dann kannst du dich auch einloggen. Und jedes Mal, wenn du den Baum vor deiner Haustür gegossen hast, kannst du sagen, ich habe gegossen. Aha, okay.
Da macht man so ein grünes Häkchen. Genau. Und du kannst auch eine Baumpatenschaft übernehmen. Wie funktioniert das? Du kannst sagen in der App, ich adoptiere diesen Baum und dann bist du quasi dafür verantwortlich, den Baum regelmäßig zu gießen. Und wie wird das überprüft?
Es ist im guten Glauben und in der App wird dann quasi angezeigt, dieser Baum wurde adoptiert. Aber es können sich schon mehrere Menschen zusammenschließen, weil da hat man ja ordentlich zu tun, wenn man so einen Straßenbaum, wie viel Liter Wasser braucht so ein Straßenbaum? Er braucht ungefähr 200 Liter im Monat. Ui, Gott, wie viel Gießkannen sind denn das?
Eine Menge jedenfalls. Und die täglich, also abendlich am Abend gießen? Am besten morgens oder abends. Wie erfolgreich ist die App mittlerweile?
Also in den letzten fünf Jahren wurden über 2,1 Millionen Liter gegossen. 55.000 Gießungen wurden eingetragen. Ich bin ganz schlecht an Zahlen. Also wie viele Mitglieder hat Ihre App mittlerweile? 3.900 GießerInnen. Okay. Ja. Die alle angemeldet sind und tatsächlich schuften und arbeiten und Wasser schleppen und die Bäume gießen. Genau. Und das ist nur die Person, die sich wirklich auch registriert haben. Es gibt bestimmt auch noch eine große Dunkelziffer an Menschen, die einfach...
Das gesehen haben und dann trotzdem regelmäßig gießen. Zum Beispiel einer meiner Nachbarn, der macht das die ganze Zeit immer. Ein anderer Nachbar übrigens mit dem Schlauch vom Balkon runter. Das ist für keine so gute Methode, aber okay. Das macht er, wenn es ganz heiß ist. Wie gut funktioniert das insgesamt? Reicht das für die Straßenbäume, die ja sehr gestresst sind in Berlin? Durch die Hitze, durch den Autoverkehr, durch die Trockenheit, reicht das alles?
Ich würde sagen, dass Gieß den Kiez eine Initiative ist für die Zivilgesellschaft, aber dass es am Ende, glaube ich, nicht reichen wird. Weil es muss auch noch auf jeden Fall von den Straßen- und Grünflächenämtern gegossen werden und auch auf jeden Fall von der Stadt. Vor allem jetzt in einer Dürreperiode wie jetzt auch noch mehr getan werden, weil wir als Bürgerinnen und Bürger können auch unseren Teil dazu beitragen. Aber ob es wirklich reicht,
Weiß ich nicht, würde ich jetzt erstmal nicht so sagen. Aber ist ein interessanter Punkt, den Sie da ansprechen, weil eigentlich übernehmen ja dann wir Bürgerinnen und Bürger die Verantwortung, die eigentlich bei der Stadt liegen sollte oder beim Bezirk oder bei der Verwaltung. Ist das ein Konfliktfeld? Ich würde sagen, es ist kein Konfliktfeld, sondern es ist eher quasi so ein bisschen unterstützen und gleichzeitig auch unterstützen.
Wenn man zum Beispiel so noch mit Kindern macht, dann macht man ja auch noch so eine gewisse Bildungsarbeit dabei und das hilft auch noch beim Community-Building. Und es gibt ganz viele öffentliche Pumpen, die man auch auf Gieß den Kiez einsehen kann. Und am besten ist es natürlich von diesen Pumpen das Wasser zu nehmen und nicht irgendwie aus dem Wasserhahn von zu Hause direkt oder aus Regentonnen.
Weil Sie gerade Kinder angesprochen haben, sind Kooperationen geplant mit Kitas oder mit Schulen, mit Grundschülern? Ich könnte mir vorstellen, dass das für solche Schulen irgendwie ein total interessantes Projekt ist und dass sie da mit ihren Kindern hingehen. Ich glaube auch, dass es ein super interessantes Projekt ist, aber wir haben aktuell keine Kooperationen geplant. Weil? Weil...
Weil wir als CityLab, als Innovationslabor an Prototypen arbeiten. Und das heißt, wir haben an Gies den Kiez gearbeitet und verbessern Gies den Kiez auch regelmäßig, aber wir arbeiten auch weiter an neuen Prototypen. Und der Fokus ist quasi keine langjährige Produktentwicklung, sondern eher an kurzen Prototypen zu arbeiten. Und woran arbeiten Sie jetzt gerade?
Jetzt arbeiten wir gerade an einem KI-Assistent für die Berliner Verwaltung. Aha, ganz anderes Thema. Genau, es kommt etwas anderes. Okay, ein bisschen trocken, um im Wortspiel zu bleiben. Sind Sie selbst Patin? Baumpatin? Noch nicht, aber ich habe gestern auch einen Spaziergang gemacht bei mir im Kiez, auch in Neukölln. Und da habe ich auch so einen Baum gesehen und dachte so, der sieht schon irgendwie traurig aus.
Und ich glaube, der hat ein bisschen mein Herz erobert. Deswegen werde ich da, glaube ich, bald Patin von werden. Okay. Heute Abend schon vielleicht ein bisschen was draufgießen, damit es ihm besser geht? Ja, vor allem bei dem Wetter. Morgen wird es ja noch heißer. Gieß den Kiez, die Plattform und App. Das war die Projektleiterin und diejenige, die das auf den Weg gebracht hat, Anna Mehrländer. Ich danke Ihnen für den Besuch im Studio und für die Erklärung.