Ist die Welt noch zu retten? Das Radio 3 Klimagespräch. Und im Radio 3 Klimagespräch kann ich jetzt über ein ziemlich kostbares Buch sprechen, finde ich nämlich. Das ist nämlich ein Buch mit ganz vielen tollen Farbfotografien, mit teurem Papier und es ist ein Buch mit kostbarem Wissen von zwei Naturforscher, die hier quasi in diesem Buch in Gesprächsform befragt werden.
Das Parlament der Natur, so heißt dieses Buch, das übermorgen erscheint. Darin gibt es Gespräche mit den beiden Naturforschern Sarah Darwin und Johannes Vogel und zwar mit dem Journalisten Boris Herrmann. Und es geht um nichts Geringes, finde ich, als die Schönheit der Natur und um die Notwendigkeit, sie zu retten. Und es geht um Antworten auf die Frage, wie diese Rettung gelingen könnte.
Darüber darf ich jetzt mit Johannes Vogel sprechen, dem Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums, uns als solcher natürlich schon länger auch mit den Klimaschutzfragen beschäftigt. Schönen guten Abend, Herr Vogel, ich grüße Sie. Hallo, schönen guten Abend, Herr Schmidt. Das Parlament der Natur, das erinnert von der Idee her natürlich schon so ein bisschen an ein Parlament der Tiere oder an eine Konferenz der Tiere. Ist das die Anspielung?
Nein, das ist eine Hommage an dieses wunderbare Museum und die tollen Möglichkeiten, die wir hier in Berlin haben. Sie wissen ja vielleicht, vor wenigen Jahren hat sowohl der Bundestag wie auch das Abgeordnetenhaus uns mit dem Zukunftsplan und den damit verbundenen Mitteln die Möglichkeit gegeben, diese altehrwürdige Organisation, Institution, die so geliebt ist bei den Berlinerinnen und Berlinern, aber auch bei den
Menschen aus aller Welt nochmal neu zu denken und neu zu konzipieren. Und was unserer Ansicht nach eben halt fehlt, ist ein Ort, an dem das Mensch-Natur-Verhältnis besprochen wird und vielleicht auch neu geordnet wird. Da kann ich mir keinen schöneren Ort vorstellen als das Museum für Naturkultur.
Sieh, sieh, und ich habe mir gedacht, es geht darum, dass wir die Natur befragen sollten oder zumindest auf sie hören sollten, wie in einer Art Parlament. Wir alle vereint in einem Parlamentssaal reden miteinander, sprechen miteinander. Ja, das ist
Nee, das ist auch nicht falsch. Also die Begrifflichkeit ist so gewählt, dass verschiedene Sachen angesprochen werden können. Und wir wollen ja auch aus den Sammlungen und der Forschung des Museums und auch der anderen Naturkundemuseen weltweit eine Weltrettungsmaschine bauen. Und da ist genau...
Da ist genau das Befragen der Natur der Schlüssel. Aber da kommen wir vielleicht gleich zu. Ja, da kommen wir sofort zu. Denn im Untertitel heißt es, was uns Farne, Finken und ihre Verwandten zu sagen haben. Ich glaube, da sind wir bei dem entscheidenden Punkt. Naja, was haben sie uns denn zu sagen? Darum geht es doch. Ja, also ganz platt würde ich mal sagen, lasst uns als Menschen doch mal in den Kontext stellen. Also wir, lasst uns mal in den Spiegel schauen. Und was wir da sehen, ist,
Jeder Einzelne, der von uns in den Spiegel guckt, sieht wenigstens 3,8 Milliarden Jahre Evolution. Soweit wir das heute wissen, gibt es einen Ursprung des Lebens, der vielleicht vor 3,8, vielleicht vor 4,3, keiner weiß es ganz genau, entstanden ist. Und alles Leben auf der gesamten Welt hat diesen einen Ursprung. Das heißt, wir sind mit allem verwandt und verbunden.
Und wir haben auch lange, glaube ich, uns emotional, nicht nur konzeptionell, evolutionsbiologisch mit der Natur verbunden gefühlt, weil wir auch die Abhängigkeit von der Natur noch deutlicher gespürt haben. Heute glauben wir,
dass der Mensch der Natur entrückt ist, dass wir wirklich jetzt die Herrschaft übernommen haben und wenn das mit der Herrschaft nicht klappt, hauen wir ab zum Mars. Das sind so Überlegungen, die mir sehr fremd sind, die mich auch ein bisschen ärgern, weil die Natur
wir sind Teil der Natur, wir sind eben mal Teil dieses einen Ursprungs des Lebens und das Sondervermögen, was wir als Menschheit bekommen haben, besteht für mich aus zwei Teilen. Sondervermögen hören Sie ja in aller Munde. Das eine Sondervermögen ist die Natur, die uns Wasser zum Trinken, Nahrung zum Essen, Luft zum Atmen, Kleidung zum Anziehen und Medikamente, um gesund zu bleiben, gibt. Und
Und die treten wir mit Füßen, als wenn es davon vier oder fünf gäbe. Und die gibt es nicht. Es gibt nur eine. Und diese Erde zu diesem Zeitpunkt würde genug für uns alle zur Verfügung stellen, wenn wir uns nicht so schäbig ihr gegenüber verhalten würden. Ja.
Im ersten Teil des Buches, um darauf wieder zurückzukommen, im ersten Teil dieses Buches befinden wir uns ja als Leser im Drinnen. Nämlich im Berliner Naturkundemuseum und mit seinen rund 30 Millionen Objekten, von denen ja im Prinzip nur Pi mal Daumen 10.000 überhaupt ausgestellt sind. Dieser erste Teil des Buches, ist es zu verstehen als eine Art Blick auch auf das, was war, was verloren gegangen ist? Also zum Beispiel auf ausgestorbene Arten, auf die Schönheit dessen, was wir verloren haben?
Also, das Leben... Oh, wenn Sie also sagen, dann heißt das jetzt aber. Nein, nein, nein, so schlimm ist es nicht. Wir können das Leben gar nicht ohne den Tod denken. Das gilt für uns individuell, aber auch kollektiv. Und
99 Prozent allen Lebens, was es je auf der Erde gegeben hat in dieser ununterbrochenen Kette des Lebens in diesen 3,8 Milliarden Jahren, was eine unvorstellbare Zahl ist, ist ausgestorben. Der größte Teil unserer Sammlung beschäftigt sich aber mit dem Leben, mit dem wir jetzt diesen Planeten teilen. Und von dem können wir so viel lernen. Was denn zum Beispiel? Also...
Welche Meinung man jetzt zum Fliegen oder zu U-Booten hat, möchte ich jetzt nicht unbedingt bewerten. Aber sowohl die Außenhäute von U-Booten wie auch die Außenhäute von
wie auch Speedo Swimsuits, also die Dinger, die man zum Schwimmen trägt. Schwimmanzüge, aber nur die Profi-Schwimmer. Ja, sind an Haihaut modelliert worden, weil bei Haien der Wasserwiderstand runtergesetzt werden muss, damit sie energetischer, effizienter schwimmen können. Das ist nur das eine. Das andere ist, dass wir
zum Beispiel lernen können, welche Medizin für uns hilfreich und nutzbar ist. Also ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen und aufhören sollte.
Und viele unserer künstlichen Intuitionen, zum Beispiel Musik, sind durch Vogelgesang inspiriert. Also alles, was den Menschen durchdringt und was uns, glaube ich, auch Kraft und Wert gibt, ist von der Natur abzuleiten und abzuleiten.
Da weiß ich gar nicht, wo das Lernen anfängt und aufhört. Und damit sind wir im Prinzip schon im zweiten Teil des Buches, nämlich beim Draußen. So ist jetzt der zweite Teil des Buches überschrieben. Wo sind Sie dann da unterwegs, Sie und Sarah Darwin? Ja, wir sind ja, ich habe ja 25 Jahre in Großbritannien gelebt und wir leben da...
im Osten Englands, also an der Küste, die nach Holland zeigt. Und wir leben da auf Meereshöhe. Und wir erleben eben halt in unserer eigenen Lebenszeit, wie sich um dieses Haus herum das Wattenmeer verändert und wie das Wasser praktisch steigt und wie auch der Klimawandel sich auf die Natur einwirkt. Wir sind jetzt beide, Sarah und ich,
leider dazu verdammt, Natur die ganze Zeit über zu beobachten. Das heißt, uns fallen diese Veränderungen auf, die vielleicht viele, die nicht diese Passion oder auch dieses Training, was wir hatten, haben, vielleicht ein bisschen im Verborgenen bleiben.
Aber Herr Vogel, ich habe ja schon den Eindruck, dass Ihr Buch eigentlich eine Feier der Schönheit ist, nämlich der Schönheit der Natur und auch der Schönheit des Lebens. Es gibt fantastische, tolle Fotografien, habe ich ja am Eingang schon so ein bisschen geschwärmt. Es gibt wunderschöne Tierfotografien, aber es gibt auch so Naturfotografien, also Blumen, Wälder, sogar Sonnenuntergänge oder Aufgang, weiß ich gar nicht. Ein bisschen kitschig, sieht aber total schön aus. Also geht's...
Geht es in dem Buch eigentlich um ein, ist dieses Buch ein Fest der Schönheit? Natürlich. Also unsere ganzen Sinne, unsere Ästhetik ist doch an der Natur geprägt. Wir haben doch
erst seit 120 oder 130 Jahren die Möglichkeit, mit Fotografie zu reproduzieren. Vorher konnten wir malen, das war also eine Abstraktion von dem, was wir sehen, oder wir konnten es mit eigenen Augen erleben. Und die menschliche Evolution jetzt als Homo sapiens, der wir sind, ist vielleicht 350.000 Jahre alt. Da haben wir uns doch an nichts anderem als an der Natur ergötzt. Und das zu feiern, und danke, dass Sie das so lobend erwähnen, also
Die ästhetische Hinwendung zur Natur, das machen wir ja auch hier im Naturkundemuseum, sind ja auch viele Objekte aus dem Naturkundemuseum abgebildet im Buch. Deswegen lieben uns doch auch die Menschen, weil wir emotional an die Sache rangehen. Aber das Öffnen der Herzen ist meiner Ansicht nach wichtig.
die Vorstufe zum Öffnen der Köpfe. Und in dieser Richtung ist doch auch dieses Buch angelegt, dass wir ästhetisch arbeiten, dass wir auch mit Humor arbeiten, aber gleichzeitig doch auch versuchen, ernste Inhalte so zu erklären, dass jeder
auch versteht. Also ja, ich schreibe hier kein wissenschaftliches Buch, sondern ich möchte, dass die Passion, die Sarah und ich haben und die auch viele andere Menschen haben, hier geteilt werden kann. Und da sind wir wieder bei diesem Gedankenparlament der Natur. Gleichberechtigtes Miteinander sprechen, wenn es denn ging oder zumindest zuhören, zumindest auf die Natur einlassen. Das wäre ja schon mal ein erster Schritt, um sie zu retten und auch um das Klima zu schützen.
Johannes Vogel, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch, für den kleinen Einblick in Ihre Arbeit am Naturkundemuseum Berlin und natürlich auch in Ihre Arbeit an diesem Buch. Dankeschön. Ja, ich bedanke mich für das nette Gespräch und ich hoffe, dass viele der Zuhörerinnen und Zuhörer uns dann auch mal wieder im Museum besuchen. Unter Garantie. Ja, tschüss. Danke, tschüss.
Das war Johannes Vogel, Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums. Gemeinsam mit Sarah Darwin und dem Journalisten Boris Herrmann ist er Herausgeber des Buches, das übermorgen erst erscheinen wird. Das Parlament der Natur, Untertitel »Was uns Farne, Finken und ihre Verwandten zu sagen haben«, ist im Propyläen Verlag erschienen. Sehr kostbare Ausgabe, finde ich. Macht echt Spaß. Ist allein schon ein haptisches Vergnügen und ein visuelles sowieso.
Kostet allerdings auch ein bisschen, weil es kostet dann eben leider 36 Euro. Aber ein schönes Buch, das Parlament der Natur.