Ist die Welt noch zu retten? Das Radio 3 Klimagespräch.
Da werfen wir heute einen Blick auf die Anfänge der Umweltbewegung. Jetzt sind es ja gerade eher so junge Menschen, die sich selbst zur letzten Generation ernannt haben, die auch mit zum Teil umstrittenen Methoden auf die Klimakatastrophe hinweisen. Und vor der letzten muss es ja mindestens eine erste gegeben haben. Und der hat der Journalist Markus Braugmann ein Buch gewidmet, die erste Generation, wie der Kampf für die Umwelt begann. Und darüber wollen wir jetzt sprechen. Herzlich willkommen, Markus Braugmann.
Vielen, vielen Dank für die nette Einladung. Ja, also erste Generation, letzte Generation ist ja alles eine Definitionssache. Wann setzen Sie eigentlich an mit dem Beginn der Umweltbewegung? Ist das so Ende des 19. Jahrhunderts bei den Naturfreunden?
Also ich glaube, an der Stelle lohnt es sich, eine kleine Anekdote zu erzählen, nämlich wie dieses Buch überhaupt zustande kam. Also als die letzte Generation große Schlagzeilen machte, saß ich in Berlin in einem Café mit einer langjährigen Freundin und die sagte dann, naja, also mein Opa hat schon Anfang der 70er sich für die Umwelt eingesetzt.
Und dann meinte ich, oh, also praktisch die erste Generation. Und so war irgendwie der Titel in der Welt und dann habe ich mich auf die Suche gemacht,
und habe dann als Punkt gesetzt, so Anfang der 70er, also die Zeit Club of Rome, Gründung von Greenpeace, International, Europäisches Naturschutzjahr. Also da gibt es relativ viele Anlässe, Momente, bei denen man ansetzen kann. Und das habe ich mal so als Startpunkt genommen für die
Erste Generation und habe sie beobachtet über die 70er und 80er hinweg bis zum Mauerfall. Und die unterscheiden sich ja wahrscheinlich in ihrem Anliegen nicht, aber in der Art und Weise sehr. Oder würden Sie sagen, dass der Aktionismus von damals eigentlich vergleichsweise genauso ist wie das, was die letzte Generation heute macht?
Naja, also ich habe ja 45 oder 50 Menschen in ganz Deutschland besucht, habe bei denen meist in der Küche gesessen, häufig bei Apfelkuchen und schwarzem Kaffee. Das scheint in dieser Generation so hinterlegt zu sein. Naja, und habe Menschen erlebt, die damals, als sie selber jung waren, über Zäune geklettert sind, Schornsteine hochgegangen sind.
Schiffe blockiert haben, sich festgekettet haben an Bäumen.
Und das, finde ich, ist jetzt nicht so weit weg von den Aktionsformen der sogenannten letzten Generation. Sie haben jetzt gerade schon so schön erzählt von Kaffee und Apfelkuchen. Die Kapitel des Buches hören sich auch sehr persönlich an, nämlich Marie-Luise, Horst oder Erdmann und Karl. Wie kam diese Idee, dass Sie das über Personen erzählen wollen? Also...
Ich glaube, ich habe jetzt gar kein wissenschaftliches Buch geschrieben oder keine wissenschaftliche Abhandlung darüber, sondern ich habe Geschichten erzählt. Und diese Geschichten, die haben mich berührt, die haben mich gepackt, die haben mich fasziniert und das habe ich versucht für die Leserinnen und den Leser aufzubereiten.
Wir haben ja gerade übergesprochen, Sie haben Geschichten erzählt und irgendwann waren Sie dann raus. Diese Geschichten habe ich ja versucht für die Leserinnen und den Leser möglichst interessant aufzubereiten, weil ich glaube, man muss die Menschen kennenlernen, die damals diese erste Generation gebildet haben. Was waren das überhaupt für Frauen und Männer? Und Sie haben ja gerade die Kapitelanordnung erwähnt.
Ich habe immer versucht, aus der Perspektive einer Frau und eines Mannes ein bestimmtes Kapitel, zum Beispiel Smog im Ruhrgebiet, zum Beispiel den Kampf gegen das Kernkraftwerk und den Bau in Wiel zu erzählen. Weil ich finde, in 2025 muss ich doch selbstverständlich die Rolle der Frauen in dieser Bewegung entsprechend 50 Prozent darstellen. Gab es eigentlich sowas, Sie erzählen ja Geschichten von Menschen in Ost und West.
Waren die Naturschützer über die Mauer hinweg eigentlich vernetzt? Also die Naturschützer, die Umweltschützer Ost, also praktisch die erste Generation Ost, wie ich sie genannt habe, hat sehr wohl nach Westen geguckt. Hat geguckt, was macht die Grüne Partei, was macht Greenpeace und fühlte sich eigentlich über die Mauer hinweg damit verbunden, nach dem Motto, wir sind ja mit unserem Anliegen nicht alleine.
Ich weiß nicht, das soll sich jetzt gar nicht irgendwie abschätzig anhören, aber inwiefern war eigentlich Umweltschutz damals, vielleicht ist es das auch heute manchmal noch, auch so eine Lifestyle-Sache? Also ich kann mich noch erinnern, irgendwann kam der Jutebeutel in unser Leben oder man hat im Reformhaus Sachen gekauft, kleine Bio-Läden gab es auch schon und so. War das damals auch schon so ein bisschen lifestyle-ig? Richtig.
Also ich habe mich bemüht, in meinem Buch ja nicht nur die Geschichten von Demonstrationen zu erzählen, das wäre ja viel zu eindimensional gewesen, sondern ich habe auch die Geschichte erzählt von Smog, also einem TV-Thriller Anfang der 70er Jahre, der eine Smog-Katastrophe im Ruhrgebiet erzählt hat.
Ich habe Konzerte angeguckt, wie in Wackersdorf das Anti-Wahnsinns-Festival und habe zum Beispiel auch den Komponisten gesucht und gefunden von Karl der Käfer, also dem ersten Öko-Hit Anfang der 80er Jahre, der es ja sogar in die Hitparade geschafft hat. Insofern, um Ihre Frage zu beantworten, ja, es gab diesen Lifestyle. Ich glaube, in den 80ern mehr als in den 70ern. Und Umwelt als Thema musste ja erst mal von der Peripherie entgegenkommen.
in den Mainstream vorstoßen. Und das hat schon die 70er und Teile der 80er gedauert. Übrigens sehr schön, dieses Gespräch mit Ihnen zu führen. Im Hintergrund hören wir ein bisschen Vogelgezwitscher. Das ist passender, geht es gar nicht. Also ganz kurz noch dazu, es passt auch gut zur Bundesrepublik Deutschland an und 2025. Das WLAN, aus dem ich gerade mit Ihnen telefoniert habe, ist zusammengebrochen.
Und deshalb stehe ich jetzt praktisch vor diesem Gebäude im Schatten von Bäumen. Ich bin das zu entschuldigen. Wunderbar, das ist sehr schön. Ich würde gerne zum Schluss vielleicht noch wissen, Sie sind jetzt ja nicht mehr ganz Babyboomer. Sie sind Jahrgang 68, ich habe mich gerade informiert, geht nur bis 64. Aber die Engagierten, die Sie beschreiben, die müssen sich ja oft ausrechnen.
heute auch als ignorante Boomer beschimpfen lassen. Also jetzt vielleicht nicht genau die, aber die Generation. Wo ordnen Sie sich da eigentlich ein?
Ich ordne mich als Brückenbauer ein und ich weiß, das klingt jetzt wie ein Klischee, aber ich meine das ernst. Also ich möchte gerne der ersten Generation, also den Babyboomern erzählen, dass sie auch mal jung waren und wild und auch nicht immer das Gesetzbuch unterm Arm getragen haben. Und ich möchte gerne den Jungen, den Aktivistinnen und Aktivisten von heute erzählen, dass
dass diese Generation sich nicht nur versündigt hat, sondern einige in dieser Generation sich unglaublich engagiert haben, ihre Freizeit geopfert haben, teilweise sogar ihren Ruf, sehr viel ihres Lebens investiert haben, damit dieser Kampf überhaupt beginnt. Also insofern glaube ich, täte beiden Seiten vielleicht ein Brückenbau ganz gut. Und das habe ich zumindest bescheiden versucht. Ja.
Ja, vielen Dank dafür. Markus Brauckmann, die erste Generation, wie der Kampf für die Umwelt begann, heißt sein Buch über die erste Generation der Umweltschützer, erschienen in der Deutschen Verlagsanstalt. Vielen Dank für das Gespräch. Vielen, vielen Dank für die Einladung.