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Und trotzdem! - Eine "Lange Nacht" über Zuversicht

2025/5/23
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Lange Nacht

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Chapters
The episode starts by questioning the sources of optimism, whether it stems from self-belief or faith in a positive future. It introduces the concept that optimism is linked to fundamental beliefs about oneself, the world, and our role within it. The show will explore different perspectives on optimism and how to cultivate it.
  • Optimism is linked to fundamental beliefs about oneself, the world and our role in it.
  • The show will explore different perspectives on optimism and how to cultivate it.
  • There are reasons why people may lose optimism, and the show will discuss how to increase optimism among people.

Shownotes Transcript

Sind Sie ein zuversichtlicher Mensch? Das ist gut. So denke ich. Für die Menschen, die mit Ihnen zu tun haben und hoffentlich auch für Sie selbst. Worauf gründet sich Ihre Zuversicht? Eher darauf, dass Sie sich selbst und Ihren Fähigkeiten vertrauen und denken, dass die gestellten Herausforderungen damit schon gerecht werden können? Oder eher darauf, dass Sie im Grunde alle Hürden für überwindbar halten und davon ausgehen, dass es schon gut werden wird?

Dass, um aufs große Ganze zu gucken, die Menschheit schon einen Weg finden wird, den Planeten zu schützen und Tieren und Menschen lebenswerte Umstände zu erhalten. Sie merken es schon, die Frage nach den Quellen der Zuversicht führt schnell zu Fragen nach Grundüberzeugung. Nach dem eigenen Bild von sich, von der Welt und von unserer möglichen Rolle darin. Die lange Nacht von Gesine Schmidt stellt diese Fragen.

lässt Menschen zu Wort kommen, die zuversichtlich sind oder neue Zuversicht gefunden haben. Denn es gibt ja durchaus Gründe, warum Menschen Zuversicht abhandengekommen sein kann. Und schließlich stellt sie die Frage, wie wir die Menge der Zuversicht unter uns Menschen erhöhen können, wodurch das geschieht und wo gute Ansätze für so ein Training der Zuversicht gepflegt werden.

Seien Sie gespannt. Auf und trotzdem. Die Lange Nacht über Zuversicht von Gesine Schmidt. Mein Name ist Hans-Dieter Heimendahl. Ich bin der Redakteur der Langen Nacht. Sie erreichen mich wie immer unter langenacht.de. Nächste Woche erwartet Sie an dieser Stelle eine Lange Nacht über die Radioreden, die Thomas Mann in der BBC während des Zweiten Weltkriegs an die Deutschen gerichtet hat.

Wir haben einige dieser Reden neu aufgenommen. Unser Thomas Mann ist Sandra Hüller. Und dann haben wir Schriftstellerinnen und Publizisten, Aktivisten und Wissenschaftler von Alice Hastes bis Michael Friedmann, von Annett Kröschner bis Navid Kermani gebeten, diese Reden auf sich wirken zu lassen und zu sagen, was sich heute von diesen Appellen halten. Seien Sie gespannt.

Sie können alle langen Nächte der letzten Monate auch in der Deutschlandfunk-App nachhören. Und wenn Sie uns abonnieren, können Sie keine Sendung mehr verpassen. Bis nächste Woche. Die Hoffnung ist ein Federding, das in der Seele hockt.

Und Lieder ohne Worte singt, sich niemals unterbricht. Im Sturm klingt es am lieblichsten. Und der muss heftig wehen, den kleinen Vogel zu beschämen. So viele hielt er warm. Ich hörte ihm im Eisland zu und auf dem fernsten Meer. Doch wollte er selbst im Notfall nie. Ein Krümelchen von mir. Emily Dickinson, 1891. Musik

Liebe Enkel, man könnte verzweifeln an der Welt, wie sie ist, sich die Ohren zuhalten, die Augen, den Mund und still erleiden, was die Nachrichten uns Tag für Tag in den Kopf und ins Herz spülen. Könnte versinken in Hoffnungslosigkeit angesichts von Terror und Hass, von Hunger und Brutalität, angesichts von entsetzlichen Menschenrechtsverletzungen, von Menschenverletzungen.

Was für ein schräger Anfang, liebe Großmutter, denkt ihr jetzt vielleicht. Was für ha-ha-mutmachende erste Worte du findest in einem Brief, in dem du uns doch etwas erzählen willst über Zuversicht. Aber, liebste Enkel und liebe andere, vielleicht ist es gar nicht so falsch, die dunkle Seite der Gegenwart zu skizzieren, bevor wir uns dem Ringen, dem Glauben an die Möglichkeit einer besseren Zukunft zuwenden.

Denn Zuversicht ist nicht weltausblendender Optimismus, der dem Schein mehr Wirklichkeit zubilligt als dem Sein. Zuversicht heißt nicht, in eine Nussschale zu steigen und in See zu stechen. Denn Zuversicht hat viel mit Mut, aber nichts mit Übermut zu tun. Auch nichts mit Naivität.

Ein Mensch mit Zuversicht sieht und erkennt die Wirklichkeit, wie sie ist und ist trotzdem oder gerade entschlossen, die Welt oder jedenfalls den kleinen Ausschnitt von ihr, in der er oder sie lebt, so mitzugestalten, dass sie wird, wie sie sein sollte und sein könnte. Zuversicht heißt, die Zustände erkennen und sich nicht überwältigen lassen. Zuversicht will das scheinbar Unmögliche möglich machen.

Du, liebster E., hast gesagt, dass du immer wieder entmutigt bist, loszulegen im Leben. Wer weiß, ob es sich lohnt, fragst du dich. Aber dann kommt zum Glück die Kraft, die Lust, das berstende Wollen in dir hoch. Und, hast du gesagt, verzeih, liebe Großmutter, ihr Alten müsst weg. Ich fürchte, du hast recht. Wir hinterlassen euch eine in vieler Hinsicht desolate Welt.

in der aber eben auch viel Platz ist für großartige Menschen mit großen Ideen und Erfindungen, die leben und handeln mit Mitgefühl und Fürsorge. Menschen mit Zuversicht und Mut. Und darüber möchte ich mit euch reden. Gabriele von Arnim, promovierte Literaturkritikerin und Journalistin über ihr Sachbuch Liebe Enkel oder die Kunst der Zuversicht. Seit Jahren schreibe ich Menschen Wünsche.

In E-Mails zum Beispiel am Ende, hoffentlich geht es euch gut in dieser unguten Zeit. Und diese ungute Zeit wurde irgendwie immer schlimmer. Und der Verlag hatte mich ja gefragt, ob ich mitmachen wollte bei einem Projekt, das heißen sollte Briefe an die nächsten Generationen. Und dann habe ich irgendwann gesagt, wir machen Zuversicht, weil ich das Gefühl hatte, das brauchen wir so dringend. Wir brauchen so dringend so dieses Gefühl, es gibt eine Zukunft. Es ist wirklich etwas, was jedenfalls bei mir nicht,

Genetisch sozusagen da ist die Zuversicht. Wobei das auch wieder nur bedingt stimmt, weil wir ja alle auf Zuversicht ausgelegt sind. Also wir würden ja nicht morgens aufstehen und das Haus verlassen und den Bus steigen und wir würden uns nicht verlieben, keine Kinder kriegen, würden nicht in die Uni gehen oder eine Bar aufmachen, wenn wir nicht dachten, es gäbe eine Zukunft, also irgendwie zuversichtlich wären. Aber es gibt so politische Situationen, in denen wirklich die

die Kunst gefragt ist und das Üben gefragt ist und die Notwendigkeit einfach dringlicher wird. Greta Thunberg auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.

* Musik *

Also die Forschungsgruppe nennt sich Democratic Hope, demokratisch hoffen, wenn man so will, oder demokratische Hoffnung. Dr. Jakob Huber, Philosoph an der Freien Universität Berlin, über die Nachwuchsforschergruppe, die er leitet. Der Ausgangspunkt war die Beobachtung,

dass es in einer gewissen Weise eine Krise der Hoffnung gibt in den gegenwärtigen Demokratien des Westens. Einerseits gibt es so etwas wie eine Hoffnungslosigkeit. Es gibt einen weit verbreiteten Eindruck, dass uns Gründe zu hoffen fehlen angesichts der Klimakrise, auch demokratischer Regressionen.

globaler Konflikte in der Ukraine, im Nahen Osten und so weiter. Und gleichzeitig gibt es aber auch eine zweite Facette dieser Krise, nämlich eine zunehmende Ablehnung auch der Hoffnung. Gerade eben in diesen eher aktivistischen Kreisen, beispielsweise unter Klimaaktivistinnen, die eben sagen, selbst wenn die Hoffnung verfügbar wäre, sollten wir sie gar nicht kultivieren und schöpfen, weil die Hoffnung eben eine Einstellung ist, die uns eher passiv macht, zu Wunschdenken verleitet.

Also es gibt sozusagen diese zweidimensionale Krise der Hoffnung. Und das hat mich und uns dazu verleitet, einfach nochmal systematischer darauf zu schauen, warum die Hoffnung in der Demokratie wichtig ist, welche Form der Hoffnung, worauf sollten wir eigentlich hoffen und was sind auch eben die Gefahren der Hoffnung. Es gibt verschiedene Versuche, die Hoffnung zu fassen im Laufe der Philosophiegeschichte als Tugend, als Emotion, als irgendwie...

kombinierter, zusammengesetzter mentaler Zustand. Ich glaube, worüber es Einigkeit gibt, dass die Hoffnung grob zwei Elemente hat. Einerseits ein Element eines Wunsches. Wir wünschen uns etwas, wenn wir etwas erhoffen.

Wir hoffen nie auf etwas, was wir befürchten. Und andererseits ein Moment der Möglichkeit. Also wir wünschen uns etwas und halten es gleichzeitig für möglich. Das sind sozusagen die beiden Elemente der Hoffnung. Und ich glaube, die Abgrenzung von der Zuversicht besteht dann eben in dieser zweiten Komponente, weil die Zuversicht eben nicht davon ausgeht, dass Erwünschte möglich ist, sondern, so würde ich sagen, davon ausgeht, dass es wahrscheinlich ist. Also wir haben eine höhere Wahrscheinlichkeitsannahme bei der Zuversicht,

als bei der Hoffnung. Und dementsprechend können wir in vielen Situationen hoffen, wo wir keinen Grund zur Zuversicht haben. Das heißt, so etwas wie pessimistische Hoffnung ist in gewisser Weise angemessen und angebracht.

Eine Figur ist Václav Havel, der ehemalige tschechoslowakische Ministerpräsident, der angesichts der scheinbar aussichtslosen Lage auch im Kalten Krieg immer sowas wie pessimistische Hoffnungen bewahren konnte oder daran appelliert hat. Wir müssen die Hoffnung bewahren und auch handeln, als ob unsere Hoffnung realistisch wäre. Also die Hoffnung ist ja auch eine Einstellung, die uns dann zu bestimmten Formen des Handelns motiviert.

Und selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, die Erfolgsaussichten relativ gering erscheinen, erhöhen wir vielleicht die Erfolgsaussichten auch durch die Hoffnung an sich. Er ist einer der wenigen Politiker, glaube ich, im 20. Jahrhundert, die auch eine philosophisch inspirierte und informierte Sichtweise hatten und diese Bedeutung des Hoffnungsbegriffs erkannt haben. Watzlaw Havel, 1987.

Zuerst sollte ich wohl sagen, dass ich die Hoffnung, über die ich ziemlich häufig nachdenke, besonders in besonders hoffnungslosen Situationen, wie zum Beispiel im Gefängnis, vor allem ursprünglich und hauptsächlich als einen Zustand des Geistes, nicht einen Zustand der Welt begreife. Hoffnung haben wir entweder in uns oder wir haben sie nicht. Sie ist eine Dimension unserer Seele und ist in ihrem Wesen nicht abhängig von irgendwelchem Beobachten der Welt oder Abschätzen von Situationen. Hoffnung ist keine Prognostik.

Sie ist Orientierung des Geistes, Orientierung des Herzens, die die unmittelbar gelebte Welt übersteigt und irgendwo in der Ferne verankert ist, hinter ihren Grenzen. Als bloßes Derivat von etwas Hiesigem, irgendwelcher Bewegungen in der Welt oder deren günstiger Signale, scheint sie mir einfach nicht erklärlich zu sein.

Ihre tiefsten Wurzeln spüre ich also irgendwo im Transzendenten, ebenso wie die Wurzeln der menschlichen Verantwortung, ohne dass ich fähig wäre, im Unterschied zum Beispiel zu den Christen, über dieses Transzendente etwas Konkreteres zu sagen.

Das Maß der Hoffnung in diesem tiefen und starken Sinne ist nicht das Maß unserer Freude am guten Lauf der Dinge und unseres Willens, in Unternehmen zu investieren, die sichtbar zu baldigem Erfolg führen, sondern eher das Maß unserer Fähigkeit, uns um etwas zu bemühen, weil es gut ist und nicht nur, weil es garantiert Erfolg hat. Je ungünstiger die Situation ist, in der wir unsere Hoffnung bewähren, desto tiefer ist diese Hoffnung. Hoffnung ist eben nicht Optimismus.

Es ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht. Da muss ich vorweg schicken.

dass für mich Zuversicht in keiner Weise etwas zu tun hat mit der Möglichkeit, sie rational zu begründen, sondern sie hat etwas zu tun mit dem Geheimnis von Erfahrungen, die mir schon in frühen Jahren geschenkt worden sind.

Schwester Eucharist Gysi, Theologin, Benediktinerin seit 1976 in der Benediktinerinnenabtei vom Heiligen Kreuz in Herstelle. Das erste Beispiel wird für Sie eine große Überraschung sein und werden Sie sich fragen, was hat das jetzt mit Zuversicht zu tun? Ich erinnere mich nämlich ganz genau an den Moment,

wo mir in meinem Leben mein Wortschatz erweitert worden ist um den Begriff der Dimension. Ich war Teenager und plötzlich begegnete mir, ich weiß nicht mehr wie, der Begriff der Dimension. Und der ist für mich zu einem Schlüsselwort geworden für innere Erfahrungen, die so disparat waren.

Das hatte damals noch überhaupt nichts mit Spiritualität zu tun. Aber das Wort war für mich eine unglaubliche Befreiung. Also es gibt offenbar verschiedene Dimensionen. Ein zweites Beispiel, was auch noch so ungefähr in diese Zeit hineingehört, ist eine Begegnung mit einer orthodoxen Nonne. Ich bin in der Schweiz aufgewachsen, in einer reformierten Familie.

die sehr bewusst christlich orientiert ist und wo Beten und Bibellesen und sonntäglicher Kirchenbesuch eine Selbstverständlichkeit waren. Aber jetzt begegnete mir in dieser Nonne eine völlig andere Frömmigkeit als die, in der ich aufgewachsen war. Und es zeigte sich für mich damals daran, dass sie vor dem Bösen und vor Schicksalen

nicht einmal vor Sünde, keine Angst hatte, weil für sie Gott so groß und allumfassend war, dass ihm nicht einmal das Böse und all das Unheimliche in der Welt entstand,

etwas antun konnte und sie fühlte sich in dieser Größe Gottes geborgen. Das war für mich etwas, dem ich nie begegnet war in meiner Umgebung und was mich unglaublich beeindruckt hat. Und jetzt gibt es einen riesengroßen Sprung von ganz, ganz vielen Jahren bis zu einer dritten entscheidenden Begegnung im Zusammenhang mit einer Israelreise

Der Höhepunkt für mich bei dieser Israelreise waren drei Tage im Katharinenkloster auf der Sinai-Halbinsel. Dort bin ich zum ersten Mal der Macht der Stille begegnet. Ich erinnere mich, dass ich in der ersten Nacht gar nicht schlafen konnte, weil die Stille so dröhnte. Da ich vertraut war und bin mit der Bibel, erlebte ich in dieser Stille

Und in diesem Kloster, das der Überlieferung nach an der Stelle steht, wo die Geschichte von Mose und seiner Begegnung mit Gott am fremden Dornbusch stattgefunden haben soll, war die Geschichte in dieser Stelle total lebendig. Ich kannte sie von Jugend auf, aber die Lebendigkeit, die sie hier hatte, sie war präsent. In der Stelle war eine Präsenz.

Und das hat mich nicht mehr losgelassen. Von da an bin ich dann eigentlich immer auf der Suche gewesen, diesem Geheimnis noch tiefer zu begegnen, auch in meiner anderen Welt. Ich konnte damals ja noch nicht ahnen, was diese Begegnung für Konsequenzen haben könnte in meinem Leben. Aber jetzt im Rückblick sehe

Meine Liebste Maria,

Es werden sehr stille Tage in unseren Häusern sein, aber ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, je stiller es um mich herum geworden ist, desto deutlicher habe ich die Verbindung mit euch gespürt. Es ist, als ob die Seele in der Einsamkeit Organe ausbildet, die wir im Alltag kaum kennen. So habe ich mich noch keinen Augenblick allein und verlassen gefühlt.

Seinen letzten Brief an seine junge Verlobte schrieb Dietrich Bonhoeffer am 19. Dezember 1944 aus der Berliner Gestapo-Haft.

Kurz darauf, wenige Wochen vor Kriegsende, wurde er im Konzentrationslager Flossenbürg erhängt. »Es ist ein großes, unsichtbares Reich, in dem man lebt und an dessen Realität man keinen Zweifel hat. Wenn es im alten Kinderlied von den Engeln heißt »Zwei, die mich decken, zwei, die mich wecken«, so ist diese Bewahrung am Abend und am Morgen durch gute, unsichtbare Mächte etwas, was wir Erwachsenen heute nicht weniger brauchen als die Kinder.«

Du darfst also nicht denken, ich sei unglücklich. Was heißt denn glücklich und unglücklich? Es hängt ja so wenig von den Umständen ab, sondern eigentlich nur von dem, was im Menschen vorgeht. Ich bin jeden Tag froh, dass ich dich, euch habe, und das macht mich glücklich froh. Hier noch ein paar Verse, die mir in den letzten Abenden einfielen. Sie sind der Weihnachtsgruß für dich und die Eltern und Geschwister.

Von guten Mächten treu und still umgeben, Behütet und getröstet wunderbar. So will ich diese Tage mit euch leben Und mit euch gehen in ein neues Jahr. Noch will das Alte unsere Herzen quälen, Noch drückt uns böser Tage schwere Last. Ach Herr, gib unseren aufgeschreckten Seelen Das Heil, für das du uns geschaffen hast. Doch willst du uns noch einmal Freude schenken,

Gott ist bei uns am Alt und am Wort.

Wie viele Menschen kommen zu uns mit der Bitte, wir möchten für sie beten, in einer ganz konkreten Not. Und es ist so, als wollten sie sich die Zuversicht, die sie bei Nonnen voraussetzen, ausleihen. Wir sollen für sie beten und sie beten.

dann sage ich gerne, aber Sie müssen auch mitmachen. Und es gibt sogar die Situation, dass ich mal einem Menschen, der sich von unserem Gebet nichts anderes erhofft, als dass Gott die Not von ihr nimmt, die Krankheit von ihr nimmt, dass ich ihr zusage, dass ich für sie beten werde. Aber dann sage ich ihr immer zugleich auch,

Aber vor allem bete ich dafür, dass ihnen der innere Frieden geschenkt wird, weil sie mit dem inneren Frieden, mit ihrer Situation ganz anders zurechtkommen könnten. Was habe ich neulich gehört? Das schöne Wort Selbstaufrichtung. Dass man anderen hilft bei der Selbstaufrichtung. Dass man gar nicht den ganzen Weg mit ihnen mitgehen muss, aber ihnen Hilfe leisten kann, Hilfe geben kann zur Selbstaufrichtung. Das fand ich sehr schön.

Das hat mir sehr gut gefallen. Also ich finde sowieso, dass es immer gut ist, im Kleinen anzufangen. Weil ich kann mich ja jetzt nicht hinstellen mit meinen 78 Jahren und sagen, ich verändere jetzt die Welt. Dann wäre ich auch mir gegenüber sehr misstrauisch, weil ich die Weltretter irgendwie auch mit Misstrauen betrachte. Weil die immer gleich so ideologisch werden und so absolut werden und so apodiktisch werden. Nein, ich will die kleinen Kreise, ich will das Reden im kleinen Kreis und das Zuhören natürlich.

Das muss ich noch ein bisschen üben. Das ist wirklich erstaunlich. Ich habe neulich gerade gedacht, wie oft ich im engagierten Gespräch jemanden unterbreche. Also zuhören heißt ja wirklich nicht zu unterbrechen. Also darin übe ich, das übe ich noch. Dr. Ilka Hoffmann-Biesinger, Diplom-Psychologin, Gründerin des Instituts für Systemische Kurztherapie ISCA Berlin.

Die Leute, die zu mir kommen, die haben die unterschiedlichsten Probleme. Und wenn man ein Problem hat und Hilfe aufsucht, bedeutet das ja, dass man erstmal nicht die Zuversicht hat, dass man es alleine lösen kann. Man hat aber die Hoffnung, dass es sich lösen lässt.

Und ich bin einfach der tiefen Überzeugung, dass es auch innere Ressourcen bei Menschen gibt, wo Kontakt zu Zuversicht und auch Hoffnung da ist. Also ich nenne das implizites Wissen. Ein Ort sozusagen, wo die selber wesentlich mehr über die Situation...

die Lösung der Situation wissen, als ich ihnen das sagen kann. Und das versuche ich durch diese Arbeit mit den Bildern zu erreichen, diese ungenutzte Ressource für Lösungen zu nutzen, aber eben auch für Zuversicht und für positive Entwicklung. Also im Prinzip können wir davon ausgehen, dass Zuversicht ja auf dem inneren Bild basiert. Die Brille, die ich aufsetze, mit der ich auf Situationen gucke, mit der ich auf mich gucke, mit der ich auf die Welt gucke. Und je nachdem, wie diese Brille ist, sehe ich die Dinge unterschiedlich.

Zum Beispiel die Person denkt, ich bin sowieso nicht wichtig, dann fühlt sie sich vielleicht traurig, niedergeschlagen, dann denkt sie innerlich vielleicht, ach, dann sollte ich mich davor schützen, vor dieser Erfahrung und mich zurückziehen und zieht sich dann im Leben zurück. Das wäre so dieses Muster. Dann könnte man zum Beispiel mit der Person besprechen, das, was sie da tun, dieses Denken, ich bin nicht wichtig und diesen Rückzug. Stellen Sie mir das doch mal in einer Zeichnung dar, skizzieren Sie das mal für mich mit einem visuellen Memo.

Und dann skizziert die Person dieses visuelle Memo von diesem Rückzug. Und dann ist dieses Bild da. Dann frage ich die Person, ist dieses Bild angenehm oder unangenehm? Und meistens ist dieses Bild unangenehm. Und dann frage ich, was muss ich denn an dem Bild verändern, damit es angenehmer wird? Und bleiben Sie bitte ganz im Bild auf der gefühlten Ebene. Und sie kriegt ein neues Blatt Papier und zeichnet dieses neue Bild. Und da verändert sich dann was. Und dann frage ich, ist das Bild angenehm? Ja, ach ja, und nicht ganz. Und dann frage ich, was fehlt da noch?

Zeichnen Sie das doch bitte ein. Dann zeichne ich es ein, bis es ein angenehmes Bild ist. Dann gibt es jetzt zwei Bilder und oft lasse ich dann noch zwischen dem ersten und dem neuen Bild ein Übergangsbild zeichnen. Wie geht denn diese negative Situation in die positive Situation über, die Sie gerade gezeichnet haben? Und dann haben wir so einen kleinen Film sozusagen.

Und dann bitte ich die Person, diese Bilder auf den Boden zu legen, so wie Bodenanker, und sich auf diesen ersten Zustand stellen, diesen negativen. Keiner mag mich, ich bin nicht wichtig, muss mich zurückziehen. Die Körperhaltung dazu einnehmen, die Gefühle fühlen, auch diesen Satz auch wirklich denken. Einfach mal wahrnehmen, wie fühlt sich das an, hier an dieser Stelle so zu sein? Was macht der Körper, was sagen die Gefühle, was ist der Satz im Kopf?

Jetzt bewegen Sie sich mal langsam auf das zweite Bild zu. Wie fühlen Sie sich da? Dann ist schon wirklich häufig im Gesicht, aber auch im Körper eine Veränderung zu sehen und wahrzunehmen. Und dann lasse ich mir das beschreiben. Wie fühlen Sie sich hier? Körper, Gedanken. Und dann zum Endbild zu gehen. Wie ist es da? Und dann kommen die Personen wirklich ins Fühlen. Das heißt, etwas, was denen vom Kopf vorher klar ist,

spüren sie tatsächlich durch diese Bilder. Erstens mal wird etwas hervorgeholt, eine Ressource, die oft vom Kopf abgeschnitten ist. Da kommen dann auch starke Emotionen oft hoch.

Und damit kann man dann gut weiterarbeiten. Zum Beispiel die Person, die dann in diesem positiven Endzustand ist, die kann sich umdrehen und der Person aus dem Jetzt Ratschläge und Tipps geben, was sie denn anders machen könnte. Man kann hin und her spazieren zwischen den verschiedenen Positionen. Und wenn die das erleben, dass sie tatsächlich in einen neuen Zustand kommen können, gefühlt und auch von der Körperhaltung her, dann kommt natürlich so ein erster Stück von Zuversicht. Aha, es gibt was anderes, sie lernen was anderes kennen, sie kriegen eine Idee daraus.

Und es ist natürlich auch völlig klar, dass das ihre eigene Idee war und nicht irgendwas, was ich mir ausgedacht habe. Musik

Ich habe meine Zuversicht auf den getreuen Gott gerichtet. Darum wird eine Hoffnung feste. Ich habe meine Zuversicht auf den getreuen Gott gerichtet. Darum wird eine Hoffnung feste. Darum.

Wenn ich jetzt versuche zu konkretisieren, was für mich Zuversicht bedeutet, möchte ich am liebsten zuerst mal damit anfangen, Zuversicht zwei anderen Begriffen gegenüberzustellen, nämlich der Hoffnung und dem Vertrauen.

Was ich jetzt dazu sage, hat natürlich nichts mit Wissenschaft zu tun, sondern es ist meine ganz persönliche Begegnung mit diesen Begriffen. In der Hoffnung begegnet mir etwas auch Zupackendes. Hoffnung weiß genau, was sie will, was sie sich erhofft und eigentlich auch von Gott erwartet. Also bitte tu das und tu das ja nicht. Im Vertrauen begegnet mir etwas,

Etwas ganz anderes. Also meine erste Assoziation beim Begriff Vertrauen ist ein kleines Kind, das Papa und Mama vertraut. Ich denke an meine Großnächten und Neffen.

die in einer geschiedenen Familie aufgewachsen sind und wie sie einmal beim Besuch bei ihrem Vater, der ausgeschlossen worden ist zunächst von dem Betreuungsrecht für die Kinder, hat der Junge zu seinem Vater gesagt, aber du weißt doch auch, was für uns gut ist. Diese Antwort des Jungen verbinde ich mit dem Begriff Vertrauen. Und in der Zuversicht

kommen auf eine unerklärliche Weise für mich Vertrauen und ein gewisses Zögern zusammen. Also es ist vielleicht ein bisschen weit hergeholt, aber es könnte auch schon in den verschiedenen Silben des Wortes sein. Zu, ver, eine Hinwendung, eine Rückweisung und dann Sicht, Vertrauen.

Es ist so ein Hin und Her zwischen sich hingezogen fühlen und doch nicht ganz getrauen. Und genau deswegen ist mir dieser Begriff der Zuversicht so unglaublich sympathisch, weil er so realistisch ist. So ist es eben mit unseren Menschen, auch im Blick auf das Vertrauen. Es ist nicht einfach ein...

fragloses Vertrauen, sondern es ist immer auch noch gekoppelt an unsere kreatürliche Angst vor allem, was sich nicht erklären lässt. Und das ist für mich das, was mich an dem Begriff Zuversicht jetzt so unglaublich anzieht. Vielleicht können Sie auch von daher jetzt verstehen,

Warum ich am Anfang mit drei Erfahrungen beginnen musste, die dann eben im Verlauf meines Lebens zum Fundament meiner Zuversicht geworden sind, aber eben einer Zuversicht, mit deren Vertrauen auch immer wieder, und das gerade in schwierigen Situationen, so etwas wie ein kreatürlicher Wackelkontakt gekoppelt war.

Ein Vertrauen mit Wackelkontakt, das finde ich so realistisch. Musik

Es gibt eine Vielzahl von KlimaaktivistInnen, die Hoffnung abschwören und andere Einstellungen verteidigen. Es gibt KlimaaktivistInnen, die von Klimaverzweiflung sprechen und Klimawut. Also es gibt beispielsweise im Klimakontext empirische Untersuchungen,

die ganz klar zeigen, dass Wut halt die Emotion ist, die am stärksten motiviert. Was eben schon unterstreicht, dass diese eher negativen Emotionen schon einen stark mobilisierenden Charakter haben. Aber dieser mobilisierende Charakter...

fällt eben auch stark wieder auseinander, wenn er nicht dann letztlich ergänzt wird durch irgendwie eine hoffnungsvolle Vision dessen, wofür man überhaupt kämpft. Und wenn es eben diese geteilten Hoffnungen nicht gibt, dann lassen sich auch diese einmal mobilisierten kollektive oder sozialen Bewegungen nicht aufrechterhalten. Ich glaube, die Hoffnung, die Klimakrise abzuwenden, ist enttäuscht.

Wir müssen unsere Hoffnungen auf andere Szenarien richten. Wenn, dann kann es darum gehen, die Klimakrise einzuregen oder abzumildern oder zumindest die Klimakatastrophe vielleicht abzuwenden. Und da gibt es natürlich...

Gerade auch in der Literatur, glaube ich, interessante Beispiele, also teilweise in der Science-Fiction-Literatur oder auch in der politischen Philosophie verschiedene Modelle, welche Formen von Institutionen uns da helfen könnten, die Klimakrise zu bewältigen. Dann gibt es natürlich viele Ideen, welche technologischen Innovationen uns weiterhelfen könnten. Es gibt natürlich auch viele Ideen dafür, welche Konzeptionen des guten Lebens vielleicht auch

unsere gegenwärtigen, ja stark auch konsumbasierten Konzeptionen des guten Lebens ersetzen könnten. Dann geht es vielleicht eher darum, sich demokratietheoretisch Gedanken zu machen, wie wir unsere Demokratie ergänzen könnten durch bestimmte Elemente, die uns

beispielsweise Foren geben, in denen wir verschiedene Zukunftsvisionen aushandeln könnten. Und ein konkretes Beispiel wären eben die sogenannten Bürgerräte, die in vielen Ländern jetzt auch schon erprobt wurden, gerade in Bezug auf den Klimawandel.

Aber letztlich, glaube ich, brauchen wir neben diesen warnenden Bedrohungsszenarien eben auch diese positiveren, handlungsanleitenderen und hoffnungsvolleren Visionen, die uns dann eben auch positive Bilder davon geben, von einer Welt, für die es sich lohnt, eben zu handeln und zu kämpfen und nicht nur eine Katastrophe, die es zu verhindern gilt, sozusagen. Musik

Ich habe vor kurzem einen wundervollen Film gesehen. Von David Lynch. Vermutlich kennt ihr diesen großen Regisseur nicht mehr. Egal, ich will euch nur die Geschichte erzählen, die mich so bewegt hat. Ein alter Mann hört, dass sein Bruder, mit dem er im Streit auseinanderging und seit zehn Jahren nicht geredet hat, einen Schlaganfall hatte. Auf einmal weiß er, er muss zu ihm, muss ihn sehen. Nur wie? Er kann kaum noch laufen und nur noch schlecht sehen.

Autofahren kommt nicht in Frage. Ein Bus gibt es nicht. Es sind fast 400 Kilometer bis zu der Stadt, in dem der Bruder wohnt. In seiner dringlichen Ratlosigkeit nimmt der alte Mann schließlich sein Rasenmäher, koppelt einen Anhänger dran, in dem er schlafen kann, stapelt darin Kissen und eine Matratze, packt viele Würste in eine Kiste, von denen er sich ernähren wird und bricht auf.

Tag für Tag zockelt er mit seinem absurden Gefährt über die Straßen, durchquert endlose Weizenfelder, kleine Städte, trifft die unterschiedlichsten Menschen, redet mit ihnen. Und das ist kein Smalltalk. Das sind Gespräche so lebensweise und menschenklug, dass mir manchmal die Tränen gekommen sind. Mal muss er abgeschleppt werden, mal fliegt ihm nur der Hut vom Kopf im Windkanal eines Riesenlasters, der vorbei donnert.

Einmal bietet ein Mann ihm an, ihn mit seinem Auto in die Stadt zu bringen, in die er will. Er lächelt und lehnt ab. Er will und wird seine Reise so beenden, wie er sie begonnen hat, auf seinem Rasenmäher. Ich kann ihn gut verstehen. Es ist gut zu wissen, was man will, den Weg zu kennen und welchen Kompass man braucht. Und manchmal muss man eben Hunderte von Kilometern im Kriechtempo zurücklegen, um an sein Ziel zu kommen. Musik

Für mich haben Erfahrungen, wie ich vorhin ein bisschen erzählt habe, nicht die Bedeutung eines Privilegs, sondern die sind für mich verbunden mit einem Sendungsauftrag. Wir erleben doch eigentlich alle, was es für eine Bedeutung hat, einem freundlichen Gesicht zu begegnen. Oder wenn uns jemand wahrnimmt, wo man merkt, der sieht mich, der versteht mich. Oder wenn man

wie einer aufmerksam merkt, wo man jetzt etwas nötig hat und darauf eingeht. Und so all die kleinen Dinge des Alltags, von denen ich denke, dass sie gerade in unserer heutigen Zeit und Welt noch zusätzlich eine große Bedeutung bekommen. Wir sind ja nicht in der Lage, wir so als Menschen,

Normalverbraucher sind ja kaum in der Lage, konkret etwas zu verbessern an der Situation unserer Welt. Aber wir können beitragen zum Klima in unserem Miteinander. Ich würde gerne einmal von einer Kindheitserinnerung erzählen, die vielleicht veranschaulichen kann, dass auch die kleinen Dinge ein Sendungsauftrag sein könnten.

Unsere Familie hat in der Schweiz auf einer Alb, die damals, als wir noch Kinder waren, nicht ein attraktiver Touristenort war. Wir hatten also an einem abgelegenen Waldrand ein Ferienhäuschen. Es war für uns das Paradies. Und ich erinnere mich genau, wie wir als Kinder am Abend...

auf der Laube dieses Häuschens am Tisch saßen und ganz gespannt warteten, wer von uns den ersten Stern entdeckt, der am langsam eindunkelnden Himmel sichtbar wird. Und dann blieben wir da draußen sitzen, es wurde immer dunkler und je dunkler es wurde, je mehr Sterne blitzten am Himmel auf.

Und für uns begegnete uns dann im Blick in diesen sternenfunkelnden Himmel das Geheimnis einer anderen Welt. Und das hatte eine unglaubliche Anziehungskraft für uns. Und genau so meine ich, dass ein zuversichtausstrahlender Mensch für andere so etwas sein kann wie ein Stern am dunklen Himmel.

Nickenblümlein auf dem Feld

Sternein glimmen langsam schon, Wind nach unserem Fenster zieht und der Abendengel schwebt. Mit dem blassen Mondballon, leise, leise rauscht der Baum, Bäuglein sinken, wirst du brav, segne dich ein guter Schlaf, segne dich ein schöner Traum. Segne dich ein guter Schlaf, segne dich ein schöner Traum.

Wie ihr wisst, lebe ich täglich mit Schmerzen, die in der Tat nagen an meiner privaten Zuversicht. Aber es könnte ja auch sein, dass sie mal weniger werden. Und bis dahin lebt es sich fraglos besser mit ihnen, wenn ich davon ausgehe, eines Tages aufzuwachen und sie sind im Dickicht des Ungewissen verschwunden. Allerdings klappt das wohl nur, wenn ich ächzend die Übungen mache, die die Therapeuten mir verschrieben haben.

Die Zukunft kommt von allein. Die gute Zukunft aber braucht die gute Tatenlust. So nun bist du nicht allein. So nun bist du nicht allein. Kind, du sollst nicht einsam sein. Leise, leise rausch der Baum. Euglein sing, Euglein sing, du wirst du brav. Segne dich, segne dich, ein guter Schlaf.

Ich bin im Kloster mit eingesetzt in der Kursarbeit und meine Schwerpunkte sind Glaubensfragen und Lebensfragen und zunehmend jetzt Fragen der Spiritualität. Wenn ich in der Vorbereitung meiner Kurse

am Schreibtisch meines Kopfes mich abmühte, lockte mich etwas von diesem Schreibtisch weg in mein Inneres, weil ich dort empfänglich wurde für Intuitionen und nicht angewiesen auf das, was mir einfiel. Aber das war unglaublich schwer, weil es brauchte Mut, vom Kopf wegzugehen und zu vertrauen,

dass mir Intuitionen zufallen könnten, ohne dass ich sie mir erobere. Ich erinnere mich an Situationen, wo dann in einem Kurs plötzlich einmal sich zeigte, meine Planung kann ich so nicht weitermachen. Es geht nicht. Und dann am Abend wusste ich, aber morgen um zehn geht es weiter. Was mache ich jetzt? Und dann konnte ich stundenlang bis in alle Nacht an meinem Schreibtisch sitzen und es gab keine Lösung.

Und plötzlich ereignete sich einmal, dass ich, nachdem ich in der Nacht aufgeben musste, mir am Morgen unter der Dusche der zündende Einfall zufiel, der sich nachher hinterher im Kurs als der Höhepunkt des ganzen Kurses erwiesen hat. Und dieses Ereignis hat sich rätselhaft oft wiederholt, sodass ich mit der Zeit anfing,

darauf zu vertrauen. Und den Mut gewann, wenn ich nicht mehr weiter wusste, mal am Amt sagen, zur höheren Regie, morgen um zehn muss ich es wissen. Es kam, die Idee kam. Und die Befreiung bestand auch darin, dass es mich von meinem Anspruch an mich selber befreite. Ich konnte wirklich vertrauen, dass

mir etwas zufallen konnte, nachdem ich selber nicht greifen konnte. Das ist für mich ein unglaubliches Geschenk. Vielleicht auch ein Stückchen Altersgeschenk. Wenn jemand eine Vorstellung von Zukunft hat, ist dir immer durch ein inneres Bild geprägt. Sei es eine positive Vorstellung oder eine negative Vorstellung.

Und wenn ich mit vielen negativen Bildern gefüttert werde durch Medien oder eben auch durch meine Umwelt, dann ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass ich ein negatives Bild von der Zukunft entwickle. Es ist wichtig zu gucken, okay, was für ein Bild habe ich denn eigentlich?

Und wieso habe ich ausgerechnet dieses Bild, wenn es ein negatives Bild ist? Ich könnte genauso gut ein positives Bild haben. Was ist der Grund dafür, dass ich ein negatives Bild habe? Wie wahrscheinlich ist das? Ist das positive Bild nicht ähnlich wahrscheinlich oder unwahrscheinlich? Und ich denke, wenn man sich klarmacht, dass dieses negative oder dystopische Bild, was man von der Zukunft hat, auch nur ein inneres Bild ist, aber in dem Sinne jetzt keine Gewissheit birgt,

Dann kann man sich fragen, möchte ich mich nicht lieber mit einem anderen Bild befassen und gucken, was kann ich dazu beitragen, dass sich die Dinge in diese Richtung entwickeln? Wo liegt meine Macht sozusagen oder meine Fähigkeiten? Wo kann ich meine Ressourcen einsetzen, um ein bisschen in diese Richtung zu kommen? Es geht nicht darum, um einfach so einen Wunschdenken zu haben oder es geht auch nicht darum, sich irgendwie die Welt rosa zu malen und immer nur positiv zu denken.

Das ist nicht der Punkt, aber der Punkt ist, wenn ich ein Bild von der Zukunft habe, ist es immer nur ein Bild. Und wenn ich mir ein negatives kreiere, ist die Frage, wozu, wofür soll das gut sein? Es ist auch nicht realer als ein positiveres Bild. Und der andere Punkt ist auch rund um Zweifelsfalle, wenn es Dinge gibt, die sich tatsächlich so negativ entwickeln und sich nicht verändern lassen, da sind wir wieder bei der Akzeptanz.

Das finde ich auch einen ganz, ganz wichtigen Punkt, was das Thema Zuversicht betrifft, im Alltag immer wieder zu üben, zu akzeptieren. Wenn ich im Stau stehe und es geht gerade nicht weiter und ich kann nichts tun,

zu üben, loszulassen und zu akzeptieren, dass die Dinge gerade so sind, wie sie sind. Wenn ich das bei den kleinen Sachen übe, kann ich das bei den größeren Sachen leichter. Und ich glaube, das sind einfach zwei Muskeln, die es sich lohnt zu trainieren. Den Muskel der Akzeptanz und des Loslassens und den Muskel des Das-Tun-Was-in-meiner-Macht-Steht, um die Dinge in eine Richtung zu bewegen, wie ich sie gerne sehen möchte. Musik

Jetzt muss ich zum Schluss aber auch noch eine Frage ansprechen, mit der ich mich selber konfrontieren muss. Was würde wohl aus meiner Zuversicht, wenn mich plötzlich eines Tages eine Krankheit einholen sollte, die mit so viel Schmerzen verbunden ist, dass ich Tag und Nacht an nichts anderes als an diese Schmerzen denken könnte und nicht mehr an eine andere Dimension, eine andere Wirklichkeit.

Oder was würde mit meiner Zuversicht passieren im Krieg, unter dem jetzt so viele Menschen in der Welt zu leiden haben? Das Grauen, was würde das Grauen, was ich erlebe, mit meiner Zuversicht machen? Ich könnte ja die Zuversicht gar nicht aus eigener Kraft darunter holen. Ich kann nicht selber nach ihr greifen. Sie kann ja nur ein Geschenk sein.

Ich bete nie darum, dass ich verschont bleibe von Leiden, sondern ich bete nur darum, dass nichts die Möglichkeit hat, meine Verbindung mit Gott zu rühren. Und empfinde, wenn mir das Geschenk erhalten bleibt, dann kann mir letztlich nichts passieren. Es passiert ganz viel, aber das Entscheidende wäre für mich,

in dieser Beziehung bleiben zu dürfen. Und wichtig wäre mir dann, dass mir geschenkt würde, mich an der Erinnerung an einmal lebendig gewesenen Erfahrungen, mich daran zu sichern, mich daran festzuhalten. Denn auch die Erinnerung an etwas, das einmal lebendig zu meinem Leben gehört hat, erhält ja ein Stück der Verbindung.

Wir können keine Kriege beenden, aber wir können im Kleinen helle Gedanken stiften, helles Tun unterstützen. Und jetzt erzähle ich euch eine wundervolle Geschichte über Fantasie und Rettung, die ich am 29. August 2023 in der Süddeutschen Zeitung gelesen habe. Titus Arnoux hat sie geschrieben.

Es gibt einen Vogel, der fast ausgestorben ist. Waltrapp heißt er und ist offenbar ziemlich hässlich. Wird auch glatzköpfiger Ibis genannt oder greisenhafter Einsiedler. Und es gibt einen Verhaltensbiologen, Johannes Fritz, der diese Spezies retten möchte. Und nun jeden Herbst den Vögeln hilft, in den Süden zu fliegen, nach Andalusien, weil sie allein den Weg nicht mehr finden. Die genetische Programmierung ist verloren gegangen.

Mit einem sehr merkwürdig aussehenden Flugobjekt, das an einem großen Gleitschirm hängt, fliegt er über 2000 Kilometer vor ihnen her. Und sie folgen ihm. Kilometer für Kilometer. Meist acht Stunden am Tag. Jeden Abend machen sie Pause. Und die Vögel werden versorgt. Am nächsten Morgen fliegen sie alle gemeinsam wieder los.

Menschen geführte Migration nett fritt sein Projekt, das er ohne Zuversicht sicher nie begonnen hätte. Und nicht ohne die vom Aussterben bedrohten Vögel. Hoffnung ist nicht das Federding, das nach Hause kommt zum Schlafen, wenn du es am meisten brauchst. Hoffnung ist ein hässliches Ding mit Zähnen und Klauen und flickenhaftem Fell, das so manche Scheiße gesehen hat. Es ist das, was in Abfallbergen gedeiht und überlebt in den hässlichsten Teilen unserer Welt.

Imstande, einen Weg weiterzufinden, wenn sonst nichts mehr auch nur einen Weg hineinfinden kann. Hoffnung ist nicht ein graziler schöner Vogel Emily. Es ist eine niedere kleine Kanalratte, die Pestizide schnupft, als ob sie Linien von Kokain wären und dennoch rechtzeitig bei der Arbeit erscheint am nächsten Tag, ohne mitgenommen auszusehen. Kathleen Seider, 2018. Ich war immer eher ein sehr wenig zuversichtlicher Mensch.

Aber im Laufe meines Lebens haben sich viele Dinge ereignet, die mich gezwungen haben, an mir zu arbeiten. Und deshalb würde ich heute sagen, ich bin ein zuversichtlicher Mensch. In Wuppertal-Oberbarmen erzählt Martina Steinberg ihre persönliche Geschichte über den mühsamen Schrittweisenweg zur Zuversicht. Ich bin mit extremen Ängsten geboren worden. Ich glaube, heute würde man sagen, ich hatte eine ausgeprägte soziale Phobie.

Aber in meinem Alter, ich bin jetzt 62, da wurde sowas nicht thematisiert. Das Kind war so fertig. Ich konnte nicht mit fremden Menschen sprechen. Wenn ich in der Schule was sagen musste, dann wurde ich rot, kriegte Atemnot, musste mich übergeben. Also es war ganz schlimm. Wenn ich rausgehen musste, habe ich sehr gelitten.

Und das hat sich auch viele, viele, viele Jahre gehalten. Ich war ängstlich und mein Leben war eigentlich schlimm. Allerdings nicht innerhalb meiner Kernfamilie. Solange meine Eltern bei mir waren, war meine Welt in Ordnung. Meine Eltern hielten mich für völlig normal, weil ich in meiner Kernfamilie einfach ein ganz normales Kind war und auch Freude hatte.

Ich glaube auch, dass ein Grund, warum ich heute auch Zuversicht im Leben empfinden kann, ist, dass ich von meinen Eltern bedingungslos geliebt wurde. Das ist wirklich ein Geschenk, was man mitkriegt. Da kommen mir die Tränen, wenn ich daran denke. Und das empfinde ich auch für meine Kinder. Also ich glaube, dass ich keinen Menschen auf der Erde außer meinen Kindern bedingungslos liebe.

Die können halt tun und machen, was sie wollen. Egal wie schlecht es sind, meine Kinder und ich werde immer für sie da sein. Und so waren meine Eltern auch. Und das ist wirklich etwas, was durchs Leben trägt, glaube ich. Also meine Erfahrung ist...

Menschen, die dieses Getragensein von Eltern nicht erleben, haben mit Problemen noch schlimmer zu kämpfen als ich. Ich habe über meine Kinder unglaublich viel gelernt. Als Mutter muss man Verantwortung übernehmen. Und ich glaube, man kann nur Verantwortung übernehmen für andere, wenn man lernt, auch für sich selbst Verantwortung zu übernehmen.

Das ist nichts, was auf einmal da war, dass ich das auf einmal konnte. Sondern ich glaube, ich bin sowieso ein Fan von der Prozesshaftigkeit des Lebens. Es ist immer alles im Fluss und alles verändert sich. Wenn Kinder klein sind, die müssen darauf vertrauen, dass ich die richtigen Entscheidungen für sie treffe. Wenn man lernt, auch für sich selbst verantwortlich zu sein, was heißt, ich lasse andere nicht verletzen,

was ich eigentlich entscheiden sollte. Und ich entscheide auch nichts für andere, was die eigentlich entscheiden sollten. Ich glaube, das ist ein langer Lernweg. Mit jedem meiner Kinder habe ich andere gute Dinge gelernt und bin sicherer im Leben geworden. Wiederaufbau. In Stücke zerfallen und trotzdem leben. Wie geht das?

Der Kave war ein ganz sensibles Kind.

Ein ganz verschmustes Kind. Als er starb, war er 13. Auch da war das noch so. Und der war auch ein...

Sehr, sehr intelligentes Kind, im mathematischen Denken hochbegabt. Und er hat immer unter Schule gelitten, so wie ich auch. Schule war langweilig und jeden Tag war Mama, muss ich in die Schule? Mama, ich will nicht in die Schule. Mama, kann ich nicht zu Hause bleiben? Sein erster Satz, als er hörte, dass er Leukämie hat, war, muss ich nicht mehr zur Schule gehen? Ja, und dann...

Wurde es noch schlimmer, dann haben wir ihn eben in das System der Medizin gesteckt. Und er hat Krankenhaus wirklich als Gefängnis erlebt. Und hat da gelitten und wollte da nicht bleiben und wollte da nicht sein. Und das, muss ich ehrlich sagen, hat mir große Schuldgefühle gemacht, dass wir ihn da rein gezwungen haben. Aber ich habe damals keine andere Möglichkeit gesehen, als ihn eben mit Chemotherapie behandeln zu lassen.

Und wir waren fast neun Monate ununterbrochen am Stück im Krankenhaus. Wenn die Chemogabe vorbei war und er nach Hause konnte, dann haben die Nachwirkungen der Chemo ihm so zugesetzt, dass er trotzdem im Krankenhaus bleiben musste. Das war einfach schlimm. Und ich habe da wirklich drunter gelitten und gedacht, ich hätte ihn auch früher aus der Therapie nehmen können. Aber bei einem Kind ...

Da wird halt versucht, auf Teufel komm raus. Und der Teufel kam raus. Die erste Zeit nach dem Tod meines Sohnes Kave, da war Leben unaushaltbar. Also es war alles ein einziger Schmerz. Es war eine einzige offene Wunde von Kopf bis Fuß. Ich wusste nicht, wie ich verletze.

überleben sollte. Ich wäre auch am liebsten mit ihm gestorben, wenn ich nicht noch drei wundervolle Kinder gehabt hätte. Die waren diejenigen, die mich haben einen Weg suchen lassen, damit klarzukommen. Aber am Anfang war alles wie ein Urknall. Alles war Chaos. Alles war zerborsten. Es gab nichts, woran man sich halten konnte. Die ganze Welt war einfach

Kaputt, zerstört. Im ersten halben Jahr habe ich jede Sekunde im Bett gelegen und hatte Stillstand. Es war so, wenn ich im Bett lag, mich nicht bewegte, mein einziger Gedanke war: "Mein Kind ist tot, mein Kind ist tot, mein Kind ist tot." Es war alles nur Schmerz. Dann war ich irgendwann an einem Punkt, wo ich gesagt habe: "Ich kann so nicht mehr."

Und dann habe ich gedacht, was konnte ich denn gut, wann ging es mir denn gut im Leben und es ging mir richtig gut im Leben, als ich studiert habe und da habe ich morgens Zeitung ausgetragen und musste jeden Tag zwei Stunden durch die Gegend laufen. Und deshalb habe ich da wieder angefangen, morgens Zeitung auszutragen, weil ich den Druck hatte. Ich musste das machen, die Leute warteten auf die Zeitung und ich musste mich bewegen.

Mein Mann fand das furchtbar. Er hat gesagt, die pädagogische Leitung einer Schule geht morgens Zeitung austragen. Aber es hatte einfach einen therapeutischen Zweck für mich. Die Gedanken und Gefühle werden einfach anders, wenn ich meinen Körper bewege. Und wenn ich nur im Bett liege, nur weine, dann bleiben die Gedanken eben auch gleich.

Morgens beim Zeitung austragen habe ich mir ein Sternbild erkoren, wo ich Kave drin gesehen habe. Ich bin auch ein sehr erdverbundener Mensch. Ich habe einfach auch die liebende Erde durch die Füße gespürt, die Erde, in der mein Kind lag.

Am Anfang, also in der Zeit meines Unversöhntseins, nachdem mein Sohn gestorben war, habe ich immer ein Lied am Grab gesungen von Kalle Waldinger. Das heißt Guanahani. Guanahani, Land hinter der Sonne. Guanahani, im endlosen Meer. Du bist für immer.

Was gar nichts geholfen hat, ist Alkohol zu trinken. Ich habe schon bevor Kave starb Alkohol konsumiert, auch zu therapeutischen Zwecken, nämlich um mich zu beruhigen.

Und nachdem Kave gestorben war, habe ich Alkohol in immer höheren Dosen getrunken. Und ich war Ende 2016, also auch körperlich, durch den Alkohol wirklich zerstört, kann man sagen. Also ich war wirklich kurz vorm Ende und gesagt, also entweder gehe ich auch eine Etage tiefer oder ich suche mir Hilfe.

Und da kann man auch sehen, dass das Leben sich eben so in so Wellen entwickelt. Also ich hatte schon ein halbes Jahr, nachdem Carvo gestorben war, gute Ansätze und habe die aber auch übers Trinken wieder verloren und dann irgendwann doch wieder gewonnen. Leben ist halt nicht linearer Prozess, sondern läuft halt in Wellen und Rückwärtslinien und Vorwärtslinien.

Und dieses Hilfe holen war etwas, was ich auch überhaupt nicht konnte. Weil ich diese Ängste hatte, mit Fremden zu reden, war eigentlich mit Fremden zu sprechen überhaupt nicht meine Sache. Aber Ende 2016 habe ich gemerkt, dass ich alleine nicht mehr rauskomme aus diesem Alkoholkonsum. Und ich habe eine Langzeittherapie gemacht.

Und bin seitdem, Gott sei Dank, ich sage immer, zufrieden trocken. Ich besuche übrigens heute immer noch einmal in der Woche eine Selbsthilfegruppe für Alkoholiker. Und ich empfinde das als ein großes Glück. Einfach weil ich gelernt habe, auf mich zu schauen und zu gucken, was belastet mich. Weil ich habe verstanden, wenn ich Dinge anhäufe, die mich belasten, dann rückt die Flasche wieder nahe.

Und in der Selbsthilfegruppe kann ich die Dinge, die mich belasten, ansprechen und teilen, bekomme gute Ratschläge und geteiltes Leid weiß man ja als halbes Leid. Und dieses Hilfe holen hatte ich auch schon für mich entdeckt. Und zwar habe ich auf verwaiste Eltern in Deutschland, das ist eine Internetseite, andere verwaiste Eltern kennengelernt, die auch ein Kind verloren haben.

Und zwei von denen haben mich mit in eine Facebook-Gruppe genommen. Und das hat mich wirklich gerettet. Und das war auch deshalb für mich super, weil ich nicht mit denen sprechen musste, sondern mit denen Leuten schreiben konnte. Das war wie eine Selbsthilfegruppe. Also wir haben jeden Tag geschrieben zu den Ängsten und Schmerzen, die wir haben. Und irgendwann hat auch ein Vater begonnen, Treffen zu organisieren.

Und wir haben uns persönlich kennengelernt, das war auch noch einmal super. Menschen zu haben, wo man erzählen kann, wie man sich fühlt und keiner guckt doof, weil in aller Regel hat ein normales Umfeld nicht die Kapazität, diesen Schmerz über mehrere Jahre auszuhalten, den verwaiste Eltern in aller Regel so aussenden. Normalerweise reagieren die Leute, ja, hast ja noch drei Kinder, ist ja nicht so schlimm.

Ist ja jetzt schon ein Jahr her, ist ja alles nicht mehr so schlimm. Aber doch, es ist schlimm. Und da habe ich langsam gelernt, dass Sprechen helfen kann. Als Mutter, die ein Kind verloren hat oder auch als Vater, braucht man sowas wie eine Klagemauer. Man braucht einen Ort, wo man hingehen kann und jeden Tag seinen Schmerz an die Mauer schreien kann.

Und meine Erfahrung ist einfach, dass es Menschen gibt, die so eine Mauer sein können. Also die einfach das aushalten, ohne viele Ratschläge zu geben, zuhören und spiegeln, was man da so von sich gibt. Und dann habe ich begonnen...

meine Gedanken zu regulieren. Jedes Mal, wenn Schmerzwelle kam mit KW ist tot, habe ich gesagt Stopp und habe versucht, mich an schöne Tage mit ihm zu erinnern. Z.B. wie er in Liner fahrend, halsbrecherisch die Feldstraße runterdonnerte und dabei seinen Spaß hatte und lachte. Der fuhr unheimlich gern in Liner und konnte das auch wirklich super gut machen.

Oder andere schöne Szenen. Wir haben an einem Bach gelebt und da haben die mal Flusskrebs rausgezogen. Die sind auf die höchsten Tannen auf dem Grundstück geklettert und fast abgestürzt. Er hatte einfach auch Spaß im Leben, aber das war, ich würde sagen, die ersten zwei Jahre völlig verschüttet bei mir. Und als ich angefangen habe, meine Gedanken zu steuern und die guten Situationen auch wieder in Erinnerung zu bringen...

Da fing es an, mir besser zu gehen. Ich habe versucht zu meditieren, mich auf meinen Atem zu konzentrieren, mich in die Gegenwart zu holen, die Vergangenheit nicht zu groß werden zu lassen. Die Zukunft war nicht so mein Thema, sondern es war eben dieses immer in der Vergangenheit hängen. Und über Meditation, also über Atemmeditation, ist das auch zum guten Stück gelungen.

Das Sterben meines Bruders und meiner Eltern hat mir insofern geholfen, als dass ich gesehen habe, man kann auch gut sterben. Mein Bruder zum Beispiel, der war zwar erst 52 Jahre alt, der hatte einen Lungenkrebs, der ins Gehirn metastisiert hatte.

Aber er war fein damit. Für ihn war es okay. Er hat gesagt, es ist nicht schlimm, dass ich sterben muss. Das Schlimme ist eigentlich, euch zurücklassen zu müssen. Und das zu sehen, das war wirklich beruhigend. Ja, mein Bruder hat einfach, der hat das auch noch mit Humor genommen und hat auch noch viele Witze gemacht.

Ja, und hat uns immer meine Mutter, mich vor allen Dingen in den Arm genommen und gesagt, du musst nicht so viel leiden, ist alles okay, ich hatte ein gutes Leben. Und meine Mutter war genauso, als sie starb. Für sie war es total okay, dass sie sterben muss. Ihr letztes Jahr war unser bestes Jahr, was wir zusammen hatten, würde ich sagen. Wir hatten immer gute Zeiten miteinander, aber wir waren uns einfach sehr, sehr nahe.

Wir haben über alles gesprochen, was ich ihr anziehen soll. Sie hat sich ein Kostüm ausgesucht, was ich ihr anziehen soll, wenn sie gestorben ist. Wie ich sie schminken soll, welche Schuhe sie tragen soll. Wir haben ihre Beerdigung organisiert, welche Lieder gespielt werden und alles Mögliche. Und das war einfach für mich als Begleiterin versöhnlich. Das war versöhnend. Das hat mir einen Teil von dem Unversöhntsein über den Tod meines Kindes genommen.

Ja, ich habe dann gedacht, ja, Sterbe begleiten kann man lernen. Und ich habe deshalb eine Sterbebegleiter-Ausbildung gemacht. Es war, als hätte Him die Erde still geküsst, dass sie im Blütenschimmer von ihm nun träumen müsste. Die Luft ging durch die Felder, die Erden wogten satt.

Nachdem ich versöhnter war und akzeptieren konnte, dass mein Kind gestorben ist und meine Mutter auch gestorben war und sie sich von Josef von Eichendorff Mondnacht als Kind verliebt hat,

in ihre Sterbeanzeige gewünscht hatte, habe ich am Grab oft eben dieses Mondnacht gesungen. So sternklar war die Nacht, um meine Seele spannte, weit ihre Flügel hoch, floh die stillen Lande, als Flügel sie nach Haus. Es rauschten leis die Wälder, so sternklar war die Nacht,

Was mir sehr geholfen hat, ist, dass ich irgendwann akzeptieren konnte, dass mein Kind gestorben ist. Akzeptanz ist, glaube ich, deshalb so wichtig, weil man dann aufhört, dagegen zu kämpfen. Das ist auch wie mit dem Alkohol.

Solange ich gegen den Alkohol kämpfe und nicht akzeptiere, dass ich Alkoholikerin bin, komme ich nicht raus aus dieser Schleife des Trinkens und des Leids. Und genauso ist es auch mit dem Tod. Also solange ich nicht akzeptiert hatte, dass mein Kind gestorben ist oder auch so gestorben ist, kam ich nicht aus dieser Leidensnummer raus.

Irgendwann habe ich verstanden, die Dinge, die ich nicht ändern kann, dass ich die akzeptieren muss. Und das hat mir wirklich sehr geholfen. Und die Dinge, die ich ändern kann, versuche ich eben auch zu ändern. Ich glaube, meine Zuversicht gründet eben auch darauf, dass ich einfach handlungsfähiger geworden bin. Ich habe mich früher sehr oft in einer Opferrolle gesehen. Das ist heute nicht mehr so.

Es gibt ein Buch, ich weiß nicht mehr von wem es ist, da heißt es, das Loch, in das ich fiel, wurde zur Quelle, aus der ich schöpfe. Und so empfinde ich das auch. Heute würde ich wirklich sagen, ist mein Leben... Also ich bin einfach zufrieden. Ich bin zufrieden, weil ich gelernt habe, auf mich selbst zu achten. Und ich bin zuversichtlich, dass ich Probleme, die das Leben mir stellt, lösen kann.

Das hatte ich früher nicht. Früher war ich einfach immer hoffnungslos verloren, wenn ich ein Problem sah. Unverlierbarer Kave, mein unverlierbarer Toter, Kave. In meinem Innern lebst du jeden Tag bei mir. Obwohl du seit 14 Jahren tot bist, sehe ich dich vor meinem inneren Bild. Rede ich mit dir wie mit meinen verlierbaren Lebenden.

In meiner Realität lebst du fort, komisch, dass ich die Diskrepanz zwischen innerem Erleben und äußerem Erleben nicht mehr wahrnehme. Meine Liebe sucht dich stündlich, wie sie meine verlierbaren Lebenden sucht. Selber sterben, nicht suchen, hilft nicht. Es muss gesehnt werden.

Ich nahm eine Kerze in die Hand und ging durch die schwarze Nacht viele Jahre. Und ja, ich erreichte den Tag wieder. Und du unverlierbarer Kave und meine verlierbaren Lebenden brachen mir das Brot und reichten mir den Wein. Mein Licht atmet wieder und ich höre deine Stimme ganz nahe bei meinem Herzen. Mama sagen, Kave, mein Kind.

Ja, es gibt ein Buch, das ich wirklich besonders liebe. Das heißt "Das Geräusch der Schnecke beim Essen". Also das Buch war für mich ganz wichtig in der Zeit der Krankheit meines Mannes, weil die Langsamkeit so wichtig ist für Kranke. Die brauchen Zeit und wir sind immer so eilig. Und ich habe immer gesagt: "Ich saue es mal eben zum Bäcker." Dann hat er gesagt: "Langsam." Und deswegen war es für mich so wichtig, das Buch zu lesen in der Zeit.

Gabriele von Arnim hat über zehn Jahre ihren schwerkranken Mann bis zu dessen Tod zu Hause begleitet und gepflegt. Und es ist die Geschichte einer Journalistin, die sehr, sehr krank wird. Und irgendwann liegt sie im Bett und sie kann sich nicht mehr hochziehen, um aus dem Fenster zu gucken. Sie liegt wirklich nur noch flach auf dem Rücken. Und eines Tages kommt eine Freundin und bringt ihr ein kleines Pfeilchen mit, das sie am Waldrand ausgegraben hat.

Dann war da gerade eine Schnecke und dann hat sie die gleich auch mitgenommen und in das Pfeilchen gesetzt. Und die Kranke denkt, was soll ich mit einer Schnecke? Ich kann mich ja hier nicht mehr bewegen. Und ich kann sie ja auch eigentlich gar nicht sehen. Und bis sie dann irgendwann an einem Morgen sieht, dass auf ihrem Nachttisch, da liegen die Rezepte für die Medikamente, die sie nehmen soll, ein ganz sauberes Viereck ausgeschnitten ist. Und irgendwann begreift sie, das hat die Schnecke gemacht. Die Schnecke hat da gegessen.

Und da sie sehr schlecht schläft, fängt sie an, in die Nacht zu horchen und hört eines Tages, wie die Schnecke isst. Und dann fängt sie an, der Schnecke irgendwie Blätter hinzulegen und auf sie zu horchen, zu wissen, sie ist nicht alleine, ihr Blutdruck geht runter, es geht ihr besser, weil die nachtaktive Schnecke nun ihre Gefährtin ist. Und irgendwann schreibt sie dann, das hört sich so wunderbar an,

Also man kann es jetzt nicht mehr leugnen, die Schnecke und ich haben ein Verhältnis. Und dann erzählt sie einem alles über Schnecken, was man nie wissen wollte und wirklich fasziniert liest. Und man begreift so viel über Langsamkeit, über Wahrnehmung, über Aufmerksamkeit.

Denn in dem Moment, in dem es ihr irgendwann besser geht und sie sich wieder aufrichten kann im Bett und aus dem Fenster gucken kann und da sind Bäume im Wind und da ist der Himmel und da sind Wolken und da guckt sie immer hin und vernachlässigt ein bisschen ihre Schnecke. Ich muss das wieder üben, die Langsamkeit und dieses sich Zeit lassen und in der Zeit sein. Hilft auch, um eigene Kraft dann zu entwickeln.

Und nicht immer nur vom einen zum nächsten zu hetzen und die Wahrnehmung dabei irgendwo verlieren auf dem Wege. Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond. Mascha Kalecko.

* Er singt. *

* Er singt. *

In Berlin-Rudo erzählt Elif Ay, wie sie vor 56 Jahren mit ihren Eltern aus einem Dorf in Ost-Anatolien nach Deutschland kam und sich als Kind der ersten Generation der Gastarbeiter durchs Leben gekämpft hat.

Und in Bielefeld, nach ein paar Monaten, konnte ich schon richtig Deutsch sprechen. Weil 1969 waren sehr wenige Ausländer im Ort und ich war sehr beliebt durch meinen Lockenkopf. Ich habe schöne Locken und die älteren Leute, also meine Omis und Opas, die haben mich wirklich geliebt. Durch die habe ich wirklich die Sprache so schnell beherrschen können.

Und meine Eltern konnten natürlich kein Deutsch und auch die Nachbarn und Verwandte von uns nicht. Ich musste mit sechs Jahren Dolmetschen. Ich bin mit dem zusammen zur Gynäkologie gegangen, Frauenarzt. Also ich musste Dolmetscherin spielen, ja, mit sechs Jahren. Und

Durch diese Dolmetschen und Koordinieren, Organisieren bin ich selbstbewusster geworden. Ich bin schnell erwachsen geworden, auf Deutsch gesagt. Wir waren sieben Geschwister und die kamen nach und nach. Und dann ging das Leben hier in Berlin los. Seit 1974 leben wir in Berlin. Mein Vater hat auch im Großmarkt gearbeitet und meine Mutter hat als Reinigungskraft gearbeitet.

Zum Schluss war sie dann in so einer Fabrik. Und ich musste auf meine Geschwister aufpassen und die Mutterrolle schon ziemlich früh übernehmen. Ich durfte nicht schwimmen gehen, ich durfte nicht in Freibäder gehen, ich durfte nicht tanzen gehen, ich durfte keinen Freund haben, um Gottes Willen. Ich durfte nicht rauchen, ich durfte, durfte, durfte nicht. Die Eltern, die selber nicht integriert waren und nicht gebildet waren, haben auf die Bildung der Kinder natürlich nicht geachtet.

Dass die Mädels brav sind, dass die verheiratet werden, da haben sie drauf geachtet. Und die haben natürlich nicht geachtet, wie meine Schule ist. Die waren noch nie beim Elternamt, kannten sowas nicht. Also das heißt, wir waren auf uns selbst angewiesen. Also ich war in der Schule nicht so besonders gut, muss ich ehrlich sagen. Aber ich habe immer durchgekämpft.

Und wo ich dann die Schule beendet habe, wollte ich eine Ausbildung machen und da waren meine Eltern gegen meine Ausbildung. Ich wollte Arzthelferin werden, aber die haben gesagt, was willst du mit Arzthelfer und meine Freundin hat in Produktion gearbeitet und...

Und da hat sie gesagt, Mensch, du verdienst hier super Geld, komm hierher. Und dann habe ich mit ihr zusammen in dieser Produktionsfirma gearbeitet. Und dann habe ich gemerkt, das ist nichts für mich. Ich kann doch nicht lebenlang hier in dieser scheiß Fabrik arbeiten. Und somit habe ich mich nochmal beworben im Krankenhaus als Krankenschwester. Und ich musste damals einen Aufnahmetest machen. Und diesen Aufnahmetest habe ich aber leider nicht bestanden. Und dann habe ich drei Jahre im Krankenhaus Neukölln als Stationshilfe gearbeitet.

Ich hatte leider keine modernen Eltern. Ich hatte konservative Eltern gehabt. Nein, nein, ich war nicht frei. Also im Gegenteil. Also mit meinen Kindern habe ich meine Kindheit ausgeübt und mit meinem Mann habe ich mein Jugendleben ausgeübt. Ich konnte mit ihm tanzen gehen, ich konnte mit ihm in Disco gehen. Wo ich junges Mädchen war, war ich nicht einmal in der Disco. Ich wusste nicht mal, wie Disco ist. Aber mit meinem Mann bin ich wirklich...

tanzen gegangen, verreist, ich konnte anziehen, was ich wollte. Obwohl es eine Zwangsverheiratung war, habe ich Glück gehabt, dass er modern eingestellt war und mich auch frei gelassen hat. Er hat gemerkt, dass ich eine anständige Person bin, hat ein volles Vertrauen gehabt.

Dann habe ich mich bei der Berliner Verkehrsbetrieben beworben. Ich habe die Prüfung da gestanden und habe als Fahrdienstleiterin auf dem Bahnsteig gearbeitet. Das heißt, ich habe die Züge abgefertigt und wenn ein Zug liegen geblieben ist, musste ich als Blockwärter dann tätig werden, musste die Signale bedienen. Es war schon ein interessanter Job.

Wie gesagt, ich habe bei der BVG mit Schicht, aber auch, ich habe ausschließlich allein meine Kinder gezogen. Und mein Mann hat immer gearbeitet. Ich habe gearbeitet und habe meine Kinder gezogen. Wenn ich Nachtdienst habe, ist immer eine Schwester bei mir gewesen, die hat auf meine Kinder dann aufgepasst.

Neun Jahre habe ich bei der BVG gearbeitet. Ich hatte sehr, sehr nette Arbeitskollegen gehabt, bis die Mauer gefallen ist. Nach der Mauer hatten wir auf einmal andere Verkehrsmeister gehabt, die leider ein bisschen anders eingestellt waren als die im Westteil.

Und meine ganzen Kollegen, die haben sich alle weg beworben und da dachte ich, oh Gott, die gehen alle, ich kann auch nicht hier bleiben. Und somit bin ich zum Arbeitsamt gegangen. Da haben sie mich aber nicht gut beraten und die haben mir gesagt, ich sollte so einen Aufnahmetest machen und dann müssen sie mit mir Training durchführen und so weiter und so weiter. Und dann musste ich einen Aufhebungsvertrag bei der Berliner Verkehrsbetriebe machen, die

Die hätten sagen können: "Frau Ai, Sie sind in einem öffentlichen Dienst tätig, Sie können sich beurlauben lassen." Ich hätte mein Abitur machen können, ich hätte sogar studieren können. Ich hätte so viel gemacht und hätte noch meinen Arbeitsplatz gehabt. Und somit haben sie mir leider nur Fortbildung gegeben als Buchhalterin. Dann habe ich ein Jahr Fortbildung als Buchhalterin gemacht.

Und danach habe ich im Steuerbüro ein Jahr gearbeitet und dann habe ich gemerkt, nein Elif, dieser Job ist auch nicht für dich geeinigt, weil ich bin zu aktiv und als Buchhalterin, da musst du Ruhe haben. Also mein Wunschberuf war eigentlich Bankkauffrau, weil man da immer so schick anziehen kann.

Dann hat der Berater gesagt, ja Frau Ei, stellen Sie vor, die Banken schließen, ich würde Ihnen Immobilien, also damals hieß es Kauffrau der Grundsitz- und Wohnungswirtschaft, hieß dieser Beruf, machen Sie lieber, dass es Häuser gibt, immer.

Aber dazu müssen Sie einen realen Abschluss aufweisen oder eine Abitur. Und somit habe ich mich wieder auf Schulbank gesetzt, auf zweiten Bildungsweg und habe wirklich fleißig gearbeitet. Und fleißig nebenbei bin ich zur Schule gegangen, auf Armschule und habe mit 1,7 meinen Abschluss geschafft. Musik

So weit jetzt beim Arbeitsamt. Die haben mir natürlich diesen Beruf dann gegeben und dann mussten wir da drei Monate Kurs absolvieren. Mein Durchschnitt war vollkommen in Ordnung, aber ich hatte Probleme mit einem Dozenten gehabt. Der hatte beim Unterricht den Leuten versucht zu unterrichten, meinte...

dass die Hinterhöfe für Ausländer gebaut waren. Eigentlich wollten nur die Gastarbeiter fünf Jahre hier bleiben, aber wollten gehen. Aber es ist nichts geschehen. Und da bin ich aufgestanden und habe gesagt, Sie als Deutscher wissen nicht mal Ihre Geschichte. Das ist aber oberpeinlich, dass die Hinterhöfe für Proletariaten gebaut ist. Davon wussten Sie angeblich nicht? Nein.

Also habe ich mich schon mit denen angelegt und ich war schon abgestempelt. Und somit haben sie mich nicht in die Ausbildung reingelassen und haben gesagt, sie würden die Prüfung nicht bestehen. Und ich bin dann wirklich in diese Ostschule gegangen und die hat mich dann aufgenommen. Meine ganzen Dozenten, die waren so toll. Im Osten sind die Leute viel, viel netter, viel, viel sozialer, habe ich erlebt.

Und somit war ich in der Klasse und habe dann aber gemerkt, in der Klasse waren so viele, die gar nicht interessiert waren an der Ausbildung. Ich habe mich gereist um diese Ausbildung, wirklich gekämpft. Und die sind, 10 Tage kamen sie, 20 Tage kamen sie nicht, 5 Tage kamen sie, dann kamen sie nächsten Tag nicht. Und 2013

6. Januar habe ich um 8 Uhr die Prüfung bestanden. Ach, ich war die glücklichste Person.

Nebenbei habe ich noch zwei Kinder, zwei super Töchter habe ich. Also ich habe nie meine Kindheit ausüben können, noch wieder als Jugendliche, noch wieder als Kind. Meine Kindheit habe ich mit meinen Kindern ausgeübt, indem ich mit denen auf den Spielplatz, dann habe ich auch geschaukelt, gerutscht, dann war ich mit denen im Sparbereich. Früher gab es ja diesen Blubb hier in Neukölln, der war so Hammer, dieser Blubb.

Und mit den Kindern war ich im Wellness. Also Schlittu fahren, Schlitten fahren. Ach, das hat so Spaß gemacht. Ich habe richtig wie ein Kind mit denen zusammen alles gemacht. Und auf die Integration, auf die Schulbildung habe ich so drauf geachtet.

weil meine Eltern das nicht gemacht haben. Ich habe darauf geachtet, dass ich nicht in Kreuzberg wohne, weil in Kreuzberg waren leider mehr ausländische Kinder in der Klasse als deutsche Kinder. Und somit können die Lehrer nicht mit ihrem Stoff fortkommen. Und somit habe ich versucht, aus Kreuzberg raus. Und meine Kinder haben gute Schulen absolviert und beide haben studiert. Und ich bin froh darüber. Musik

Es wurden Arbeiter gerufen, doch es kamen Menschen an. Es wurden Arbeiter gerufen, doch es kamen Menschen an. Solange es viel Arbeit gab, gab man die Drecksarbeit uns ab. Doch dann als die große Krise kam, sagte man, wir sind Schuld daran. Amal, Amal, Amal, Amal, Gast.

Amman, Amman, Amman, Amman, Gastarbeiter. Urganarbeiter gerufen, doch es kamen Menschen an.

Es wurden Arbeiter gerufen, doch es kamen Menschen an. Ihr wollt nicht unsere Kultur, nicht mit uns sein. Ihr wollt uns nur als Fremde sehen, so bleiben wir unbekannte dort.

Ich heiße Basak Ay, bin 35 und ich sehe meine Kindheit als total wunderschön. Also meine Mama war wirklich sehr bemüht mit uns viele Sachen zu unternehmen. Also die hat immer sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir Hobbys hatten, dass wir regelmäßig zum Schwimmen gefahren sind, dass wir Schlitten fahren waren oder irgendwie Spaziergänge gemacht haben.

Geld hat schon eine Rolle gespielt damals, als ich zehn, zwölf war und irgendwie in der Schule dann manchmal Unterschiede gemerkt habe zu meinen Freundinnen. Also wir hatten 50 Euro pro Woche, mit der wir ausgekommen sind. Und über 50 Euro konnten wir nicht für eine vierköpfige Familie einkaufen gehen. Also wir haben das Geld gezählt an der Kasse. Die Artikel, die wir gekauft haben, passt es oder passt es nicht?

Aber natürlich, also die haben uns nie das Gefühl gegeben, dass es so ist. Aber ich meinte dann auch irgendwann mal, ich glaube so mit 13, 14 zu meiner Mama. Mama, wir haben zwar nicht viel Geld, aber uns geht es trotzdem gut und das ist sehr schön. Also die ersten 21 Jahre meines Lebens haben wir in einer

Ja, zweieinhalb Zimmer Wohnung gewohnt. Meine Schwester und ich, wir haben uns 20 Jahre lang Zimmer geteilt. Meine Eltern hatten ein ganz kleines Schlafzimmer und dann hatten wir halt noch ein Wohnzimmer. Also es war sehr eng, aber das ist wiederum dieses mit der Kultur, die Familie als Wert zu sehen. Und meine Eltern haben uns wirklich verliebt.

auch im Vergleich zu Freunden mit Migrationshintergrund, haben die schon Wert darauf gelegt, dass wir jetzt nicht von morgens bis abends zu Hause sind und nicht rausgehen dürfen, keine Freunde sehen dürfen oder so. Also meine Eltern haben uns schon viel ermöglicht und viel vertraut und viel erlaubt. Und zu Hause natürlich hatten wir die alevitische Kultur,

Das türkische Leben, so ein bisschen dieses sehr familiäre und dieses sehr respektvolle und wertschätzende in der Familie mit den Eltern. Und trotzdem war es meinen Eltern sehr wichtig, dass wir...

in Deutschland auch Deutsche sind und in Berlin uns nicht separieren von den Deutschen, sondern wirklich auch Teil davon sind. Ich bin sehr diszipliniert, sehr organisiert und sehr pünktlich. Und in der Türkei, also ich habe drüben eine Wohnung und da habe ich auf einen Monteur gewartet, der sagt, er kommt um 8 Uhr und kam um 12 Uhr. Und da habe ich mit denen so gemeckert, hallo, sie haben gesagt 8 Uhr, es ist 12 Uhr. Aber das ist wohl bei denen ganz üblich,

Und das kennen wir als Deutsche nicht oder als in Deutschland Lebende. Wir sind hier ganz anders aufgewachsen. Wir sind pünktlich, wir halten uns an die Zeit. Wir sind hier sehr stressiger. Wir leben sehr viel im Stress.

Ich habe immer nebenbei noch Geschäfte gehabt. Wir hatten in Köpenick eine Pizzeria im Imbiss gehabt und dann haben wir da noch einen Laden gefunden und da haben wir eine Pizzeria gegründet. Dann hat mein Göttergatte alle seine Geschwister hierher gebracht und jeder hat da gearbeitet. Wir hatten Miete von 1500 Euro gehabt und auf einmal haben sie 10.500 gemacht.

Und dann haben wir uns übernommen. Dann hat mein Mann noch ein Geschäft angemietet. Es war ein Spätkauf. Und das haben wir nicht mehr geschafft. Wir sind pleite gegangen. Mein Mann musste Insolvenz anmelden. Und ich habe privaten Insolvenz anmelden müssen, weil ich mit unterschrieben habe in drei Objekten. Und dann ging wie ein kaputtes CD rückwärts.

Und dann haben wir alles verloren, alles verloren, was wir hatten. Aber nach fünf Jahren oder nach drei Jahren war ich erlöst und somit konnte ich wieder ganz normal als Bürger arbeiten. Ich habe wieder mit null angefangen, habe Kredit aufgenommen, habe eine Bäckerei aufgemacht und dann abhöhe, abhöhe hat es Gott sei Dank geklappt. Und das, was ich alles verloren habe, habe ich

Mehr als die Hälfte, Gott sei Dank, wieder erwirtschaftet und fleißig. Ich habe von frühmorgens um sieben bis abends 22 Uhr tagtäglich gearbeitet. Also 2006 haben wir nochmal uns selbstständig gemacht.

Und Gott sei Dank ging unser Geschäft nicht so jetzt, dass wir da Millionen oder Tausende gewohnt haben, aber so, dass wir über die Runden kamen. Und nach vier Jahren konnte ich mir dann meinen Wunsch erfüllen. Wir haben zu viert in 63 Quadratmeter Wohnung gewohnt. 23 Jahre habe ich in dieser Wohnung gewohnt. Es war eine Dienstwohnung damals von Berliner Verkehrsbetriebe. Aber nachdem die Kinder größer geworden sind,

habe ich gemerkt, es wird immer enger. Und somit habe ich dann eine Vierzimmerwohnung gesucht. Und unter 1200 damals schon gab es keine Wohnung. Und dann habe ich gesagt, anstatt ich 1200 Euro Miete bezahle, ich gucke jetzt nach einem Haus. Mein Mann hat nie daran geglaubt, dass es wirklich...

klappen wird, aber ich habe darum gekämpft. Ich habe jeden Tag ein anderes Haus gesehen. Ich dachte, das wird nie klappen und die Banken machen Schwierigkeiten. Ich würde die Finanzierung nicht bekommen, weil mein Einkapital nicht so viel war. Ich hatte ganz wenig Einkapital, sodass ich gerade mal die Grundsteuer und die Notar bezahlen konnte. Aber unsere super Commerzbank, die haben mir meine Finanzierung gegeben und da war ich die glücklichste Person der Welt. Wirklich.

Und somit haben wir uns unser Wunschhaus gekauft. Und dann sind wir 2011 in diesem Haus eingezogen. Ich konnte kaum glauben, dass es geklappt hat. Ein schönes Haus in Rodo, wirklich mit einem super Garten. Und super Nachbar, muss man dazu sagen. Musik

Was ich schon merke, dass ich auch jemand bin, der sehr positiv denken durchs Leben geht.

Und dass ich, egal mit welchen Problemen ich konfrontiert werde, eine Sekunde darüber erschüttert enttäuscht bin und in der zweiten dann aber gleich über eine Lösung nachdenke. Also ich lasse mich nicht unterkriegen oder ich bin auch nicht jemand, der ganz lange rumweint und sich beschwert, sondern ich versuche gleich zu gucken, okay, was mache ich als nächstes, wie komme ich da hin? Und ich versuche...

schon meine Ziele vor Augen zu haben. Ich weiß, was ich will. Das habe ich von Mama. Ich weiß, was ich will und ich gebe alles dafür, bis ich das erreicht habe. Und bisher hat es geklappt. Und jetzt arbeite ich in einer Schule in Kreuzberg.

Und wirke dort als Vorbild für alle anderen Kinder mit Migrationshintergrund. Und auch für die Eltern zu sehen, dass ich als Frau, als Aleviten dort eben auch bin. Und nicht nur mit meinen ganzen deutschen Kolleginnen, sondern eben auch ich. Ich sehe...

Viele Familien aus ähnlichen Verhältnissen. Und ich sehe leider, dass viele Eltern es nicht schaffen, aus diesen Strukturen von sich heraus zu kommen. Es ist oft so, dass die Mütter, also nicht alle natürlich, aber viele sprechen kein Deutsch oder sehr wenig. Das sind so klassische Rollen, wo dann der Papa arbeiten geht und Deutsch spricht und Mama nicht so viel. Mama ist dann im Deutschkurs unterwegs.

Und es ist natürlich schön, dass ich denn da bin, in dieser Rolle der Lehrerin und Perspektiven gebe. Und ich glaube schon, dass es wichtig ist für die Kleinen, das zu sehen. Ich habe jahrelang als Immobilienkauffrau dann gearbeitet.

Und hatte auch super einen Chef gehabt. Und es hat sich 2020 dann ergeben, fragen Sie nicht, wie eine Hausverwaltung Insolvenz anmelden kann, aber leider hat unsere Firma Insolvenz angemeldet. Und meine Eigentümer haben mich darauf gebracht, Mensch, Frau Ayi, machen Sie selbstständig, wir kommen alle zu Ihnen.

Und die sind tatsächlich zu mir gekommen. Mit 24 Objekten habe ich mich selbstständig gemacht und habe noch meine Kollegin, die in einer unzufriedenen Arbeitsstelle war, die auch noch mit ins Brot geholt. Somit waren wir zu zweit und seit ein paar Monaten sind wir zu dritt. Die Kollegen, mit denen ich auch wirklich jahrelang zusammengearbeitet habe,

sind wir wieder zusammen und bin jetzt seit 2020 selbstständig als Immobilienkauffrau und habe eigene Firma. So ist meine Lebensgeschichte. Ich bin ein kämpferischer Mensch. Ich bin so, ich kämpfe gerne. Ich gebe nicht auf. Ich probiere alles aus. Und wenn es nicht klappt, dann kannst du sagen, ich habe es probiert. Und deswegen darf man niemals sagen, nie. Man muss immer probieren. Musik

Das klingt jetzt total bescheuert, aber ich glaube, wenn du in deinem Leben nichts hast, dann kann es nicht schlimmer werden. Und wenn du aus der Scheiße kommst, dann kann es nur besser werden. Und ich glaube, Menschen, die mit sowas groß werden, die wissen, es kann einem immer schlechter gehen und es geht nur voran, wenn ich was dafür tue.

Wohingegen ich Leute in meinem Umfeld habe, die Angst vor Risiko haben, die Angst haben, nach vorne zu brechen, die Angst haben, sich zu wagen. Das sind Menschen, die nicht oft Verlust erlebt haben. Das sind oft Leute, denen es recht gut ging, die sowas nicht nötig haben. Es klingt bescheuert, aber das ist meine Analyse. Dass meine Eltern nichts hatten, wirklich, und nur die Möglichkeit haben, entweder leben wir mit nichts,

Oder wir haben einen Anspruch an ein besseres Leben und wagen es. Und das ging halt positiv aus. Also meine Mama ist exponentiell wie eine Bombe eingeschlagen ins Leben. Liebe Enkel, wie wird die Welt aussehen, die eure sein wird? Wie wollt ihr sein in ihr, die sie euch vermutlich mehr Unsicherheit als Gewissheit bieten wird? Vielleicht braucht ihr ein anderes Selbstbild, mehr Courage, mehr Geschmeidigkeit.

Ja, kann ich mir schon vorstellen, dass meine Generation eher als pessimistisch angesehen wird. Was vielleicht auch ein bisschen daher kommt, dass jetzt die Generation von meinen Eltern eher gesehen haben,

dass es deren Eltern schlechter ging. Und bei meiner Generation ist es halt eher nicht so. Also meine Eltern haben dann schon in einem sehr sicheren Land gelebt. Dann irgendwann, als meine Eltern jugendlich waren, ist die Mauer gefallen und so.

Seitdem ging es eigentlich immer nur voran, immer nur voran und deswegen kann ich mir schon auf jeden Fall vorstellen, dass halt meine Generation eher pessimistisch ist, aber trotzdem müssen wir natürlich unsere Wege finden und vielleicht helfen.

nochmal einen anderen Weg finden als jetzt meine Eltern oder meine Großeltern. Müssen wir uns vielleicht einfach ganz neu strukturieren und irgendwie gucken, wie wir uns nochmal sammeln können, wie wir uns verbünden können, um Zuversicht zu schaffen und auch Sachen zu verändern. Ich bin Leni, ich bin 16 Jahre alt und ich gehe ans Beethoven-Gymnasium. Hier bin ich gerade im 11. Jahrgang und mache gerade mein Abitur.

Gerade ist so ein bisschen der Plan, dass ich auf jeden Fall ein Auslandsjahr machen will oder mehrere. Auf jeden Fall erstmal weg und erstmal irgendwie die Welt entdecken. Ich bin Ella, ich bin 16 Jahre alt und ich gehe in die 11. Klasse. Ich glaube, dass ich in 20 Jahren nicht mehr in Deutschland leben werde, weil...

Ich finde Sweatshirt hier ein bisschen zu schlecht. Ich könnte mir schon vorstellen, so Frankreich oder Spanien. Und ich möchte halt aber gerne irgendwie für eine NGO arbeiten oder so online. Aber auf jeden Fall irgendwas machen, was...

mir die Motivation gibt, jeden Tag zu arbeiten und was mich wirklich bewegt. Also ich möchte auf jeden Fall auch was mit Klimaschutz machen, aber da weiß ich noch nicht, inwiefern ich das in mein Studium mit einbinden werde. Es wurde ja jetzt auch im letzten Jahr 2024 das erste Mal das 1,5-Grad-Ziel überschritten und damit ist halt quasi klar, dass das Pariser Klimaabkommen nicht eingehalten werden kann und das heißt, dass die Folgen vom Klimawandel, die jetzt quasi entstehen,

für immer da sein werden. Aber ich hoffe einfach, dass wir es in 20 Jahren noch besser verstanden haben und auch mehr verstehen, wie wichtig es ist, in den Klimaschutz zu investieren. Klimaschutz ist nicht mal für das Klima, sondern es ist eigentlich einfach für uns Menschen, auch in den Klimaschutz zu investieren, weil wir unser eigenes Leben gefährden, wenn wir es nicht tun. Bei allen Problemen, die wir haben,

Migration, Wirtschaft, es hat alles was mit Klimawandel zu tun. Und es funktioniert nicht zu sagen, Klimawandel ist gerade nicht das wichtigste Thema, wir haben wichtigere Themen. So funktioniert es halt einfach nicht, weil alles das miteinander zu tun hat. Und ich würde mir wünschen, dass das mehr verstanden wird und dass wirklich auch mal auf die Wissenschaft gehört wird.

und nicht immer nur Politik gemacht wird, um den Menschen zu gefallen, sondern um den Menschen wirklich zu helfen. Ich weiß, es ist nicht so leicht, aber... Manche bedauern, dass es keine große Zukunftserzählung gibt. Eine machtvolle Vision, Bilder von der Welt, wie sie werden und sein soll. Lauert da womöglich wieder die Hoffnung auf eine Zukunftsgewissheit, die es nicht geben kann? Aber vielleicht müssen wir erst einmal die Gegenwart begreifen, unsere Verletzlichkeit wahrnehmen.

Vielleicht haben wir zu lange gedacht, es gehe immer so weiter wie bisher und unsere Rücksichtslosigkeit wie auch unsere Zerbrechlichkeit übersehen. Vielleicht haben manche von uns das Empfindsame auf euch abgewälzt, weil wir zu bräsig die Gegenwart genossen haben. Ich bin Tuana, ich bin 17 Jahre alt und ich bin Deutsch-Türkin mit Doppelstaatsbürgerschaft und junge Musima mit Kopftuch.

Ich würde sehr gerne Medizin studieren, weil es ein Kindheitstraum ist. Ich finde den Bereich der Chirurgie super faszinierend, sei es von Organtransplantation bis zu Amputation. Also ich möchte Leben retten, wie ich es mir von zum Beispiel Ärzten früher gewünscht hätte, dass sie meinem Opa mehr helfen könnten. Aber ich habe auch generell ein bisschen Angst, dass jetzt nicht nur der Schnitt was daran machen wird, sondern auch mein Aussehen vielleicht.

Dass ich aufgrund meines Kopftuchs zum Beispiel nicht so ernst genommen werde oder von vielen einfach nicht so respektiert werde. Also ich finde unsere Schule ist schon echt tolerant, was das angeht.

Aber draußen, wenn man in den Bus einsteigt, dass dann jemand einen anrempelt oder böse anguckt oder wenn der ganze Bus voll ist, sich niemand neben dich setzt. Also ich würde sagen, dass mir die politische Lage auch Sorge macht, vor allen Dingen jetzt durch die Bundestagswahlen und den immer mehr wachsenden Rechtsruck.

und den Anstieg der rechten Ideologie gegenüber Ausländern, obwohl ich zum Beispiel hier geboren bin.

Ich weiß nicht, ob ich dann in 20 Jahren hier noch so frei leben könnte, wie ich es jetzt tue zum Beispiel. Meine größten Ängste wären es, dass ich nicht mehr akzeptiert werde und aus der Gesellschaft ausgeschlossen werde und sozusagen nicht freiwillig woanders hingehen kann oder auswandern kann, sondern dazu gezwungen werde und das einfach verliere.

die Welt sich zu einem noch schlimmeren Ort verwandelt, als sie es jetzt schon ist, mit all den Kriegen und Hungersnöten etc. Die meisten Nachrichten, die man...

Hört sind schon eher schlechte Nachrichten und gute Nachrichten gehen super schnell unter, bleiben auch nicht so im Kopf hängen und wird auch einfach von den Medien viel zu wenig davon berichtet. Und dadurch, dass ich immer Zugang zu allem habe, ist es halt schon so, dass es einfach auch manchmal zu viel wird und manchmal zu viele Nachrichten an einem Tag und alles gibt.

Dass halt vielmehr nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt einfach vielmehr rechts gewählt wird und Rechtsextremismus viel populärer wird und so, beschäftigt mich auf jeden Fall schon. Dass Donald Trump gewählt wurde, das beschäftigt mich auch und bereitet mir auch Sorgen. Mir gibt es super viel Zuversicht, mich mit Leuten zu verbünden.

Und einfach darüber zu reden. Also generell in meiner Familie jetzt reden wir relativ viel über Politik. Wir haben viele politische Gespräche beim Abendessen. Ich gehe auch auf viele Demos und so. Und jedes Mal, wenn ich von einer Demo nach Hause komme, bin ich voller Zuversicht und irgendwie überströmt mit diesem Gefühl. Deswegen, das gibt mir auf jeden Fall super viel Energie und Hoffnung in die Zukunft.

Und sonst bin ich auch selber bei Fridays for Future politisch aktiv und sich da regelmäßig mit den Leuten zu treffen, zu verbünden, gucken, was man machen kann. Musik

Wenn man von Hoffnungslosigkeit redet, allgemein, muss man natürlich aufpassen, dass man nicht zu pauschal wird. Denn einige Menschen haben ja viel mehr Grund zu hoffen als andere. Also ich glaube, es ist nicht so, dass es irgendwie eine allgemein zu diagnostizierende Hoffnungslosigkeit gibt, die alle gleichermaßen betrifft. Sondern einige haben die Zukunft viel mehr in die Hand als andere. Und zwar sowohl in ihrer eigenen Zukunft, weil sie eben das Gefühl haben, ihr Leben unter Kontrolle zu haben und

selbst zu bestimmen, wie ihre Zukunft aussieht, aber eben auch politisch. Deswegen

verbirgt sich hinter dieser Hoffnungslosigkeitsdiagnose letztlich eigentlich die etwas komplexere These, dass immer mehr Leute das Gefühl haben, die Hoffnung nicht mehr zu gestalten können und immer weniger Leute tatsächlich die Zukunft in der Hand haben. Weil irgendjemand gestaltet die Zukunft ja immer. Also selbst wenn man sagt, der Markt gestaltet die Zukunft, sind das natürlich Leute, die dann irgendwie den Markt gestalten und strukturieren. Und die Zukunft ist nichts, was einfach...

auf uns zukommt, ohne dass wir irgendwie in einer Weise die Möglichkeit hätten, es zu gestalten, sondern die Frage, und das ist dann letztlich eine zutiefst politische Frage, ist, wer hat die Macht, die Zukunft zu gestalten und dementsprechend auch Gründe zu hoffen. Die Finsternis heißt Finsternis, weißt du immer, Finster ist. Und wenn man da liegt, da ist ja gar nichts wichtig.

Dann klammerst doch mein Burschein gescheit, du siehst nicht weit in der Dunkelheit. Und wer dann seinen Mund so macht, sicht um sich nur schwarze Nacht. Und wenn's Nacht ist, herrscht die Finsternis. So klammerst doch mein Burschein gescheit, du siehst nicht weit

Ich bin Paul Kühn, ständ und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung hier in Koblenz. Und mich treiben eben auch schon seit meiner Jugendzeit sehr viele politische Fragenstellungen um. Deswegen habe ich ja auch irgendwie Philosophie, also Wertfragen und Wirtschaftsfragen auf gesellschaftlicher Ebene studiert in Bonn. Habe eben gemerkt, das Studium, das gibt mir nicht die Antworten,

die ich suche. Es ist auch realitätsfern auf beiden Ebenen gewesen, in Form von das, was ich an akuten Problemen in der Welt gesehen habe und wo ich mich politisch für eingesetzt habe, dass es eben anders wird. Das habe ich nicht irgendwie als Raum im Studium wiedergefunden. Und diese Dissonanz, die wollte ich irgendwie nicht aushalten. Und bin dann zum Wintersemester 2020 hier in den Bachelorstudiengang eingestiegen, also Ökonomie, Nachhaltigkeit und Transformation.

Für mich war es mit eine der besten Entscheidungen meines Lebens, weil nach zwei Studienabbrüchen habe ich hier tatsächlich genau den Ort gefunden, wo das in einer Art und Weise möglich war, die für mich auch am Anfang noch gar nicht so begreifbar war. Diese Form von Bildung, anders leben, anders denken, in diesem lernenden Dialog hier im Seminar gemeinsam auf Augenhöhe mit Dozierenden.

Am Anfang gesagt, es ist ein Traum und ich muss jetzt mir das Schnupper-Seminar anschauen und wenn das wirklich so ist, wie Sie das hier auf Ihrer Webseite sagen, dann will ich das unbedingt ausprobieren.

Ich wollte mit offenen Armen in diesen Raum empfangen. Und das war eben das, wo ich gemerkt habe, oh wow, und die anderen sind genauso hier. Und dieses intrinsische Interesse fürs Gemeinwohl, für die Gemeinschaft, für eine Form von Gesellschaft, die auch gerade kritisiert, aber auch das Neue lebt und schafft, das habe ich eben sehr stark hier leben dürfen. Aber die Finsternis ist eigentlich doch nicht unerinnerlich. Man macht sie einfach selber nicht.

Das Wichtigste an uns ist, dass wir die Hochschule selbst gegründet haben als Akademiker. Akademiker in der festen Überzeugung, dass junge Menschen so selten einen Platz haben,

wo sie ihr Engagement für Gesellschaft, ihr Weltrettungsgen, wie ich das immer nenne, also etwas, was ganz tief in ihnen sitzt und dass sie sich engagieren wollen, dass sie Lösungen finden wollen, dass sie beitragen wollen, dass sie...

in sich und andere finden wollen, dass es dafür so wenig Bildungsorte gibt in Deutschland und darüber hinaus. Silja Graupe ist die Gründerin und Präsidentin der ersten Hochschule für Gesellschaftsgestaltung in Deutschland mit Sitz in Koblenz.

Die Professorin für Ökonomie und Philosophie gilt als Vorreiterin im Bereich der Imaginations- und Zukunftsforschung der Ökonomie. Dafür haben wir gesagt, dann ist doch das Beste, wir gründen für diese Gesellschaftsgestaltung eine Hochschule, dass wir auch den formalen Rahmen haben. Und den Entschluss haben wir so ungefähr vor zwölf Jahren gefasst.

zu sagen, diese Art von neuem Wein, diese neue Art von Könnens- und Wissensvermittlung auch in neue Schläuche zu gießen. Weil Hochschulen sehr behäbig sein können, sie können sehr starr sein, sie können sehr autoritär sein. Wir denken, es braucht auch ganz neue Formen, also an dieser Hochschule zu

Das haben wir zu unserem Projekt gemacht.

Und haben damit vor genau zehn Jahren, in 2015, die staatliche Anerkennung, also nach drei Jahren Kampf um diese Anerkennung, sie erzielt, sodass wir heute eine Hochschule innovativen Typs sind. Wir stehen zwischen Universität und Fachhochschule.

Das heißt nicht erst das hehre Wissen vermitteln und dann anwenden und aber auch nicht irgendwie gleich anwenden, sondern wirklich in Praxis und in diesen Krisen in der Gesellschaft stehen und da drinnen und daraus lernen. Das ist für uns so dieser neue Typ von Wissenschaft und Bildung. Und das ist mit das Schönste an meiner Arbeit, dass so viele Menschen mitmachen wollen.

Und die Anfänge 2012 bis 2015 bis zur Anerkennung war viel, darf man das überhaupt? Es war die hauptsächliche Frage, darf man eine deutsche Hochschule gründen? Ist das nicht verboten? Gerade von KollegInnen. Dann natürlich die Frage, das ist nicht möglich, das kann man nicht finanzieren.

Und dann die klassischen Widerstände auch aus der Standardökonomik, der Standardwissenschaft, kann das wissenschaftlich sein? Also wir haben so ein enges Wissenschaftsverständnis, dass ich tatsächlich sagen musste, nein, in eurem ganz, ganz engen mathematisch abstrakten, weltfremden Elfenbeinturmverständnis sind wir nicht wissenschaftlich und Wissenschaft ist mehr. Und die Wissenschaftsfreiheit ist größer.

Das hat heftige Auseinandersetzungen gegeben mit dem Deutschen Wissenschaftsrat, mit dem zuständigen Ministerium. Damals hat man uns gesagt, okay, wenn ihr diese Nische einer alternativen ökonomischen Bildung in gesellschaftlich-ökologischem Kontext machen wollt und das fünf Leute wollen und sechs Leute fördern, dann macht doch.

Das hat sich innerhalb von zehn Jahren komplett gedreht. Wir gelten als das Vorbild einer neuen, transformativen und interdisziplinären Bildung. Es gibt überhaupt keine Zweifel mehr in Wissenschaftlichkeit. Das ist alles verschwunden. Die Schweizer Psychoanalytikerin Verena Karst in Nostalgie und Aufbruch.

Würde Pragmatisches hoffen zu einem Charakterzug, dann strebte man beharrlich miteinander Möglichkeiten an. Und daraus könnte Zuversicht als Haltung entstehen. Zuversichtlich steht man dann im Leben, setzt Vertrauen in die Fähigkeiten der Einzelnen in der jeweiligen Gruppe, etwas zum Gelingen des Ganzen beizutragen. Dadurch wächst auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. So vertrauen wir darauf, dass alle miteinander tragen, aber auch tragen können.

Menschen sind grundsätzlich auf andere Menschen angewiesen. Das führt aber nicht einfach zu Abhängigkeit, sondern auch zu einem gemeinsamen Tun und damit zu zuversichtes Probleme gelöst werden können. Die Schwierigkeiten bestehen natürlich ohne Frage, aber das Leben hat trotz allem genug Ressourcen, taugt durchaus als tragfähige Basis für Verbesserungen.

Das jeweils Beste, nicht das Ideale, wird immer wieder angepeilt angesichts einer schwierigen, unübersichtlichen Situation. Und dies miteinander.

Ich weiß, wie sich wirtschaftlicher Erfolg anfühlt. Ich weiß es, in einem Jahrgang gewesen zu sein, wo die Besten alle in die Unternehmensberatung gegangen sind. Ich hatte diese Plätze, ich hatte die Verlockung von Geld und Macht. Und es geht immer darum, mich selber auch über mich selbst aufzuklären. Das macht mich auch oft dialogbereiter, ohne die Kritik aufzugeben.

Und ich hatte damals das Glück, während des Studiums nach Japan zu reisen, für ein Jahr dort als Austauschstudentin zu sein, an einer Universität in Tokio. Und das hat mir die ganze Begeisterung für andere Denkweisen, für...

für, wie wir es manchmal nennen, die Gehirnerweichung. Also man merkt, es kann so anders sein. Das heißt nicht, dass es besser sein muss, sondern es ist so, das, was mir als Sachzwang verkauft wird, ist gar keiner. Man kann damit anders leben. Ich bin heute ausgebildete Ökonomin und Philosophin, um eben diese ganze Frage von neuen Denkweisen, von neuen Möglichkeiten, Zuversichten zu gewinnen, von Imaginationsmöglichkeiten zu entwickeln. Musik

Ich würde mir auf jeden Fall auch wünschen oder hoffe, dass sich das Bildungssystem noch mal verändert. Ich würde auf jeden Fall als erstes auch die Chancengleichheit kritisieren, dass einfach nicht alle Personen die gleichen Chancen haben, dass Leute, die aus Akademikerhaushalten kommen, viel höhere Chancen haben, auch zu studieren.

Ich glaube auf jeden Fall, dass das Verhältnis zwischen Lehrkräften und SchülerInnen verändern werden muss, weil dieses autoritäre Verhältnis von den Lehrkräften spielt eine sehr große Rolle, dass man sich dadurch nicht ernst genommen fühlt. Man steht immer unter den Lehrkräften. Man hat...

mehr oder weniger nicht wirklich ein Mitspracherecht. Natürlich gibt es eine SV. Natürlich kann man irgendwie da mal was mitbestimmen, da mal was mitbestimmen. Aber am Ende des Tages ist es immer noch so, wenn eine Lehrkraft sagt, dass es so ist, musst du es so machen. Und andererseits der Leistungsdruck, der Notendruck ist sehr stark, auch schon in der Grundschule.

Und einfach, wenn der weniger wäre, wenn wir nicht so einen Fokus auf Leistung hätten, was man auch auf die gesamte Gesellschaft beziehen kann, weil einfach die deutsche Gesellschaft sehr, sehr stark auf Leistung fokussiert ist, nicht nur in der Schule. Wenn das nicht mehr so stark wäre, würde es, glaube ich, vielen Leuten besser gehen in der Schule.

Wir müssen ja erstmal sehen, was bekommen wir in Anführungszeichen von den Schulen. Für mich sind das alles ganz wunderbare Menschen und Individuen, die aber in vielen Bereichen und auch unsere Studierenden Probleme haben, dass das System sie eher verbildet hat. Das heißt nicht als Menschen in ihrer Gestaltungskraft, in ihrem Willen, in ihrem Engagement, sondern es ist eher noch die Idee, wir als ältere Generation wissen noch,

was erfolgreiche PISA-Punkte sind, was ein erfolgreiches Wissen ist, was Arbeitsmarktfähigkeit, Berufsfähigkeit bedeuten kann und das immer noch mit einer Art von Nürnberger Trichter in die jungen Menschen reinstopfen. Und zugleich können wir gesellschaftlich die Erkenntnisse,

Hoffnung nicht erfüllen, dass sie damit mal in der Gesellschaft in 10, 20 Jahren wirklich was werden. Die jungen Menschen sind ja nicht blöd. Die merken, das Berufsbild gibt es gar nicht. Das kann die KI viel besser. Und sie haben keine Zeit, wegen diesem unendlichen Druck von Noten

sich über die nächste Klausur hinaus, über das Abitur hinaus Gedanken zu machen. Und das halte ich für eine extrem explosive Mischung. Zu wissen, ich möchte, ich soll, ich muss 50, 60 Jahre noch gestalten. Ich habe keine Ahnung, was da passiert. Ich habe Angst, aber eher eine diffuse Angst. Ich muss mich gleichzeitig um ein Überleben kämpfen, mit Kopfschmerzen zehn Stunden am Tag zu lernen für irgendwelche Klausuren, deren Sinn ich nicht verstehe.

Also was muten wir diesen jungen Menschen zu? Und in diesem Moment ist das Allerwichtigste bei uns erstmal zu sagen, du bist Mensch. Es wird doch irgendwas in dir geben, was du machen möchtest. Irgendwas, was du gestalten möchtest. Irgendwas, was dir wichtig ist. Was ist die Zukunft, die dir wünscht? Für was willst du überhaupt eintreten? Was willst du mal werden? Was willst du sein? Wie soll die Gesellschaft aussehen? Was könnte dich überhaupt motivieren, hier mal irgendwie einen Finger zu rühren?

Und wir erst mal Studierende haben, die das gar nicht glauben, dass uns das wichtig ist, dass sie sagen, ja, wir wollen irgendwas von Ihnen, dass Sie in der Zukunft aufsagen oder vorhersehen können. Wir so, nein, nein, es ging uns um deine Zukunft, um eure Zukunft.

Und das hat jetzt mit einer sehr, sehr starken Form von Persönlichkeitsbildung zu tun, aber nicht im Sinne eines neuen Optimierungskonzeptes. Jetzt lernst du auch noch meditieren, damit du dann besser wieder für die Klausuren lernen kannst, was leider sehr häufig ist. Oder du lernst dir Ziele zu setzen, damit du erfolgreich in der Wirtschaft wirst. Wirklich zu sagen, was ist dein Wozu? Was hat dich bis jetzt in deiner Entwicklung gehindert?

Bei mir persönlich geht es noch voll und ich gehe auch eigentlich gerne in die Schule, aber ich kenne auch viele Leute, die sich sehr, sehr stark unwohl fühlen in der Schule, nicht gesehen fühlen, nicht ernst genommen und unter diesem Druck einfach sehr stark leiden. Und die Schule, wo wir halt wirklich zwölf oder 13 Jahre vielleicht hingehen,

sollte ja ein Ort sein, wo wir uns wohlfühlen. Viele Leute in meinem Umfeld hatten eine Geschichte, wo sie viel mit Mental Health gestruggelt haben. Depressionen oder Angststörungen.

Essstörungen gibt es auch viele Fälle. Viele haben auch Unterstützung bekommen, aber dann eher von den Eltern oder von außerschulischen Institutionen. Viele haben aber auch einfach keine Hilfe bekommen und dann hätte ich mir gewünscht, dass die Schule da mehr abgefangen hätte. Hier an meiner Schule ist es auf jeden Fall ein großes Ding.

Es sind immer relativ viele Leute, 8., 9. Klasse oder so, die halt sehr stark mit mentalen Problemen zu kämpfen haben. Viele kommen dann auch in Kliniken für mehrere Wochen oder so oder können nicht in die Schule gehen für Monate. Das, was wir in die Schulen bringen und wo wir am erfolgreichsten sind, ist diese Frage der Zukunft der Bildung. Also den Imaginationsmuskel zu trainieren und zu sagen, in welcher Welt wir sind.

meinst du im Moment zu leben, in welcher Welt möchtest du leben und wenn du weißt, in welcher Welt du leben möchtest, was ist heute dein erster Schritt, was du in die Richtung tun kannst. Und es geht hier nicht um individuelle Optimierung, sondern um die Frage der Gesellschaft, in der ich leben möchte. Eines unserer konkreten Projekte sind die 4FutureLabs, also ein innovatives Bildungsformat, was so ein bisschen, ja,

einen Workshop-Charakter hat, was aber eigentlich ein freier Ergebnis auf einem Lernraum, also ein Lernangebot ist für Schülerinnen und Schüler. Und in diesen Lernräumen haben wir halt verschiedene methodische Zugänge zur Zukunft und befassen uns eben mit verschiedenen Zukunftstrends und Zukunftsfragen und vor allem das unter dem Gesichtspunkt von Nachhaltigkeit und Transformation oder eben auch Demokratiebildung. Was total interessant ist, dass wir eigentlich ja ganz viele Zukunftsversprechen haben,

Es wird eine Gesellschaft geben, wo alles gut ist, wo alles besser ist, wo es immer mehr gibt. Also jetzt von Wachstum, von Geldwachstum und eben das große Versprechen des Utilitarismus, dass wir den Schmerz überwinden können. Und der Hauptschlüssel gerade in Schulen ist für uns dieses, ich sehe dich in deinem Schmerz. Du lebst in einer Gesellschaft, wo du nicht sagen kannst, dass du Angst hast, wo du nicht sagen kannst, dass du krank bist, wo du nicht sagen kannst, dass du krank vor Sorgen bist.

Das heißt, wir brechen erstmal mit diesem scheinbaren Versprechen, was aber nicht mehr eingehalten werden kann und sagen, wir nehmen dich ernst. Du darfst sagen, vor was du Angst hast. Und indem das ausgesprochen ist und teilweise zum ersten Mal in Klassenverbänden das auch jemand sagen kann und dafür auch notfalls ein Rap oder ein Gedicht oder wie auch immer man das zur Aufführung bringen kann,

Es dann nicht eben bei so einer Weinerlichkeit bleibt, zu sagen, ja auf dieser Basis, wenn ich gesehen werde, dann kann ich auch die Schönheit und die Kraft nach vorne entfalten. Die französische Philosophin Corinne Pelluchon formuliert in ihrem Essay die Durchquerung des Unmöglichen. Das größte Missverständnis in Bezug auf die Hoffnung besteht darin, sie mit Optimismus zu verwechseln.

Hoffnung ist keine besänftigende Rede, kein Trostpflaster für den Schmerz oder eine Strategie, die darauf abzielt, den guten Willen nicht zu entmutigen und den Schwächsten, die folgen, allzu großer Klarheit zu ersparen. Sie ist ein drittes Auge und das komplette Gegenteil von Verleugnung. Ihre Klarheit rührt daher, dass man das Unmögliche durchquert und das Leid erfahren hat, was Kennzeichnen für die Hoffnung ist.

Wir sehen das, was man so Imaginationsmuskeln nennt, das ist erstmal gar nicht da und es gibt dann sofort Muskelkater nach irgendwie zehn Minuten. Aber es ja auch viele Techniken gibt, künstlerische Art, kreative Art, von dem Wissen, von den verschiedenen Fächern. Diese Möglichkeiten sehen und diese Möglichkeiten sind nichts da drüben, also nicht eine Zuversicht auf den lieben Gott oder auf den Staat oder den Markt.

Sondern ich zu sehen, in meiner jetzigen Situation sind ganz, ganz, ganz viele Keimlinge. Und ich habe es gar nicht gesehen. Es verweben sich in meiner Biografie ganz viele Stränge aus der Vergangenheit. Und ich kann davon was abschneiden, wie so ein Gärtner. So ist es noch im Untergrund, aber ich kann das säen und ich kann das bewässern. Oder auch zu sagen, ja, das ist wie eine Welle, die kommt, aber sie stürzt nicht über mich, sondern ich kann die surfen. Das ist eigentlich eine Gelegenheit. Ist was Schwieriges.

Ja, aber ich kann das lernen, ich kann darauf stehen, ich kann die Bewegung aufnehmen, ich kann mich darauf wohlfühlen, was ich vorher gar nicht dachte. Die For Future Labs sind hoffnungsgebende Räume. Wir hatten mal so eine schöne Methode, wo es so um Aufstellungsarbeit geht und da meinten alle, die Zukunft wird eher nicht so schön. Wir sind da nicht so hoffnungsvoll, wir glauben ja auch nicht so viel Einfluss auf die Zukunft.

Bis eine Person meinte, ja gut, wenn ich das für mich alleine denke schon, aber wenn ich das für uns alle hier denke und vielleicht eine Person von uns sagt, hey, kommt mal mit rüber, lass uns mal gemeinsam was bewegen, dann schon. Dann haben wir eine Wirkmacht, dann haben wir eine Handlungsfähigkeit und dann können wir gemeinsam Dinge anpacken und Verantwortung tragen und dann verändert sich auch was und dann haben sich wirklich alle im Raum umgestellt.

Weil diese eine Person es angesprochen hat. Und vielleicht braucht es auch einfach häufiger diese eine Person, die es ansprechen kann, damit dann alle gemeinsam in eine bestimmte Richtung gehen. Flüchtlingswellen, Migrationsgesetze, das sind alles, was das erschlägt mich. Das macht mich kaputt. Davon muss ich weglaufen. Ich habe Angst. Aber das sind ja nicht die einzigen Möglichkeiten, wie wir Zukunft denken können. Sondern eben zum Beispiel sagen, meine Gemeinschaft, mit der ich was gestalten kann, wird größer, weil die Vielfalt größer wird. Also es ist eine Möglichkeit, die entsteht.

Und das ist das, was wir meinen, mit Imaginationsmuskeln zu trainieren, die Vielfalt zu sehen und gleichzeitig den Menschen zuzutrauen. Ja, und es ist schlimm. Ja, und es tut weh. Ja, und wir müssen uns verabschieden. Und ja, wir trauern.

Und das sehe ich wie einen neuen Nährboden, den ich mir auch für die Gesellschaft wünschen würde. Nicht zu sagen, wir haben keine Probleme, wir können die Probleme an den Grenzen wegmachen oder wir gucken einfach nicht hin, Klimakrise. Und zu sagen, ja, das wird hier wirklich ungemütlich. Und in dem können wir was machen. Wir haben mal mit Fridays for Future auf deren großen Sommerkongress mit diesen For-Future-Labs gearbeitet.

Und es kam relativ schnell raus, dass sie einen relativ stabilen demokratischen Umraum brauchen, um aktiv zu werden. Dann war die Frage, und was passiert, wenn der Umraum bricht, wenn wir Klimaschutz in stark autoritären Kontexten oder stark extremistischen Kontexten machen müssten? Und zum Schluss sagte uns einer, egal wie die Welt wird, wir werden einen Unterschied für uns und fürs Klima machen.

Und das fand ich irgendwie so das beste Lob, was ich je erhalten hatte. Es ging nicht um Rosarot, es ging nicht um diese uralten und eben falschen Versprechen von Fortschritt. Und es geht immer weiter, sondern zu sagen, ja, wir können uns stellen und Sinn stiften. Elisabeth Bishop, eine Kunst. Verlieren, diese Kunst zu lernen, ist nicht schwer. So viele Dinge scheinend sind geradezu bereit für das Verloren gehen.

Sie fehlen dir nicht sehr. Verlier was jeden Tag. Das Durcheinander verlorener Türschlüssel nimm hin. Die vertane Zeit. Verlieren? Diese Kunst zu lernen ist nicht schwer. Dann üb verlieren weiter. Und verliere schneller. Orte und Namen und wohin deine Reise gehen sollte. Nichts davon schmerzt dich sehr. Ich verlor Mutters Uhr. Und sie, das letzte oder vorletzte Dreier geliebter Häuser, gab ich preis.

Verlieren, diese Kunst zu lernen, ist nicht schwer. Verlore zwei Städte, hübsche und größer einige meiner Reiche, zwei Flüsse, einen Erdteil. Ich misse sie aber nicht wirklich sehr. Selbst dich verlieren, scherzende Stimme, Geste, die ich lieb, ändert nichts daran. Kein Zweifel. Verlieren, diese Kunst zu lernen, ist nicht zu schwer. Auch wenn es so aussieht, schreib es wie Desaster.

Zuversicht ist für mich kein Versprechen mehr von das wird besser, kein Versprechen mehr oder trügerische Gewissheit, es wird immer mehr werden, sondern Zuversicht ist für mich ein Zutrauen, eine Gewissheit haben zu dürfen, dass egal was passiert, dass ich darin einen Sinn finden werde.

dass ich in jeder Situation einen Unterschied machen kann im Sinne von, ich kann was gestalten und es ändert sich etwas zum Guten. Und das Zutrauen ist für mich oder Zuversicht, dass ich die Standards dessen, was ich als gut und als sinnhaft empfinden kann, mitgestalten kann. Dass ich mich nicht an dem Konsum ausrichten muss oder auch nicht an der einen Verzichtsweise, sondern dass wir...

Wesen sind, die in Umstände kommen können, die wir uns nicht gewünscht haben, die wir nicht erwartet haben. Und so viele individuelle und gemeinschaftliche Kräfte und Ressourcen haben sagen, ja, ich kann das annehmen, ich kann darin neuen Sinn finden und ich kann weiter gestalten. Das erlebe ich für mich auch und das ist für mich eine wunderschöne

Erfahrung von Angstfreiheit. Ja, hier wird es Trauer geben. Ja, hier werden Schmerzen sein. Und wir werden das zusammen und ich werde das für mich in eine Richtung bringen, die für mich zu weniger Leid und zu mehr Sinnhaftigkeit geht. Es verändert sich vieles. Vieles auch sehr schnell.

Wir müssen uns auf Veränderungen einlassen, aber so, dass wir das Beste aus der Vergangenheit mitnehmen und uns auf Möglichkeiten der Zukunft ausrichten. Abschiedlich leben. Bereit sein, immer wieder Vertrautes loszulassen, auch wenn es schmerzt. Das Hilfreiche an der Vergangenheit mitnehmen, auf Neues hin. Das nährt die Zuversicht.

Der nüchterne Blick aus guter Fachkenntnis zusammen mit eher inneren Variablen wie Intelligenz, Intuition, Imagination, Kreativität und Kooperation kann zu diesem Ziel führen, verbunden mit dem Wunsch zu wachsen und Freude zu erleben. Das sind Fähigkeiten, die wir Menschen alle mitbringen.

Pragmatische Hoffnung verlangt Klarheit und Fantasie, Mut und Risikobereitschaft, Tatkraft und Menschen, die einander vertrauen und immer wieder ermutigen, neue Möglichkeiten zu schaffen. Auch für das menschliche Miteinander anzupeilen und sich daran zu erfreuen. Zukunft natürlich ist möglich. Mir ist selbst aus eigener Erfahrung herausgekommen,

Diese Frage von Verletzlichkeit ist sehr wichtig geworden durch eine eigene Erkrankung, die familiär genetisch bedingt ist. Eine Erkrankung, die mit starken Schmerzen einhergeht, seit Kindheit an und mit einer zunehmenden Schwäche, weil die Nerven und das Gehirn nicht mehr mit den Muskeln kommuniziert oder zunehmend weniger kommuniziert.

Und was zu anfallsartigen Ausfällen, also Lähmungs- und Krampfanfällen führen kann, was mein Leben unberechenbar macht. Und für mich ist klar, dass mein Leben nicht besser werden kann, also von den körperlichen Voraussetzungen schon mal gar nicht, eine sehr schlechte Prognose hat und radikal unberechenbar ist, weil ich immer einen Umraum um mich herum rollen, dass wenn ich plötzlich gelähmt bin, dass ich dann zumindest noch atmen kann und ich damit ein Leben führe,

wo ich als Ökonomin und Philosophin sehr genau weiß, dass es nicht in unsere Gesellschaft gehört. Weil es für alle eigentlich klar ist, dass wir Schmerz vermeiden können und auch zu vermeiden haben. Du musst immer zur Freude streben. Und wenn du das nicht kannst, bist du irgendwie komisch. Und habe gemerkt, in dem Moment, wo ich darüber spreche, wie es mir geht, welche Erfahrung ich mache, dass es keine individuelle Erfahrung ist, sondern eine massive kollektive Erfahrung. Das heißt, dass durch meine Krankheit

Und durch das Sprechen darüber ganz andere Dialogräume, und zwar gesellschaftlicher Natur. Es ist jetzt nicht ich und mein Mann nur noch, sondern es ist eben mehr. Und gerade die Studierenden bei uns, zu meinem Erstaunen, ich konnte ja auch nicht wissen, was ich damit auslöse, sehr genau auf mich gucken, weil sie merken ja, dass ich mich engagiere. Sie merken, dass ich immer wieder auch über meine Kräfte gehe. Sie merken, dass es mir immer schlechter geht.

und ich bei ihnen bin und weitermache

Und das ist die Mischung, die die jungen Menschen interessiert. Hier ist nicht alles in Ordnung und jemand kann sich darüber kaputt lachen und jemand kann daraus was machen, aber die Problematik geht nicht weg und man wartet auch nicht mit seinem Engagement, bis es besser ist oder bis ich wieder ein Fortschrittsversprechen habe, sondern eben in dieser ja doch sehr prekären Lage Vertrauen, Zuversicht zu gewinnen, dort kann sich ein Sinn ergeben.

Und für mich ist das die schönsten Erfahrungen dabei, jetzt wo ich dieses gesellschaftlich auferlegte Schweigen selbst gebrochen habe, dass unglaublich viele Menschen helfen wollen. Und an der Hochschule und darüber hinaus unglaubliche schöne Szenen der Hilfe auch von Unbekannten entstehen, die aber nur dadurch zustande kommen, dass ich verletzlich bin.

Also beispielsweise hatte ich letzte Wochenende überraschend in der Öffentlichkeit auch zum ersten Mal in so einer Situation einen Lähmungsanfall, mitten im Restaurant am Sonntag.

Der Besitzer hat so wahnsinnig schön darauf reagiert. Sie haben meinem Mann geholfen, das Auto. Gäste haben mich dahin gebracht. Und es war so eine Stimmung von, wir können hier was tun, wir können was machen. Es hat auch niemand rumgestanden oder nur geguckt, sondern auch dadurch, dass wir gelernt haben zu sagen, so ist es, das ist jetzt vorgefallen und wir können jetzt alle damit zusammen umgehen, dass sofort eine Gemeinschaft entstanden ist, die das auch vermocht hat.

Und das finde ich eine sehr, sehr wichtige Erfahrung, die ich auch weitergeben möchte. Den Mut zu haben, sich auch verletzlich, aber nicht ohnmächtig darin zu zeigen und dass daraus viel entstehen kann. Es ist auch meine Verantwortung, mit diesem bisschen merkwürdigen Leben, was ich habe, es auch weiter in die Öffentlichkeit zu stellen. Und für mich überwiegen die Elemente von neuer Gemeinschaft, von neuer Sinnstiftung, von neuer Zuversicht im Moment noch

gegen die Erfahrung absoluter Härte und Intoleranz dieser Gesellschaft. Wenn die Hoffnung erscheint, verleiht sie eine einzigartige Kraft. Diese beruht nicht auf technischen Fähigkeiten oder Charisma. Sie entsteht aus der Machtlosigkeit und ähnelt der Demut.

Mit einer wertschätzenden, losgelösten Haltung gehen höchste Gewissenhaftigkeit, höchste Hingabe, der Blick fürs Ganze und die Aufmerksamkeit für Details einher. Die Hoffnung hilft, das zu sehen, was durch die Zeit beeinflusst wird. Sie ermöglicht, langfristig zu planen, das Künftige zu verkünden und dabei den gegenwärtigen Kontext und die aktuellen Sorgen mit einzubeziehen. Sie ist tiefgreifend und leichtfüßig zugleich.

Corinne Pelluchon

Es kommen viele zu uns, die einen Erfahrungshintergrund haben. Beispielsweise ausgebildete Ärzte, die sagen, in einem solchen ökonomisierten Krankenhaus, ich kann so nicht arbeiten, ich liebe absolut meinen Beruf. Ich habe aber keine Ahnung von Ökonomie. Also die Ökonomie kommt mir überall entgegen, aber ich kann damit nicht umgehen. Und es wird mir als Sachzwang verkauft, dass ich mein ärztliches Ethos nicht mehr leben kann. Aber so kann es nicht weitergehen, für mich individuell nicht und für die Krankenhäuser nicht.

Wir haben Lehrkräfte, beide Staatsexamen würden unmittelbar in Schulen händeringend genommen werden und sagen, nein, so in der Form, wie eine Bildung unter PISA funktioniert, geht es nicht.

dann eben auch wieder ihren Weg finden. Wir haben Leute aus Kulturbetrieben, wir haben viele aus der sozialen Arbeit, wir haben Ingenieure, Ingenieurinnen und alle zusammen wollen sie dann eben in ein solches vernetztes Denken einsteigen, um dann Handlungsmöglichkeiten zu entdecken, die sie entwickeln wollen. Das heißt, die meisten gehen zurück.

zurück nach vorne in ihren Bereichen. Und so sind Menschen von uns in der Lehrkräftebildung an Universitäten, bilden also heute den Nachwuchs aus. Viele machen sich damit selbstständig, dass sie sagen, ja, es braucht neue Institutionen, wir haben große Erfolge in Bildungsneugründungen, aber auch unternehmerischen Institutionen.

Im Bereich Bekleidungsindustrie beispielsweise, mit Fairtrade-Konzepten, mit anderen Konzepten von Bezahlungen. Was mich berührt und bewegt und zum Weitermachen motiviert, ist diese absolute Begeisterung.

in eigenen Bereichen einen Unterschied machen zu können und auch ziemlich genau abschätzen zu können, wo der Unterschied liegt. Also was ist der Gesamtkontext, den ich bewegen kann? Und es werden welche zur Deutschen Bahn, es werden welche zur Deutschen Telekom gehen und andere sagen, nein, das ist mir zu eng, da kann ich nichts bewirken und ich mache mich selbstständig. Wir haben aber auch Beispiele, dass welche zu Großunternehmen gehen und sagen, da ändert sich nichts. Aber durch meine Hilfe ändert sich eine Verpackung

Einer Maschine, die im Baumarkt liegt, um 200 Gramm und das hunderttausendfach. Und da ist eine Motivation von einem Menschen, der sagt so, okay, sonst hat sich hier nichts bewegt, aber es wird skaliert. Also wenn ich einen Unterschied mache, einen ganz kleinen, dann wird der halt hunderttausendfach wirksam.

Und andere sagen, nein, ich möchte 100 Pullis im Jahr herstellen. Da stimmt dann aber auch alles, wie wir mit unseren Mitarbeitenden umgehen, wo wir die Garne herholen. Also es ist ein Gesamtkomplex, aber er betrifft erstmal 100 oder 1000 Pullover. Musik

Wir wären viel bereiter, auf etwas zu verzichten, wenn wir wüssten, wofür. Also wenn jemand sagte, ich zeige euch mal, wie die Welt sein könnte, wenn wir das und das machen, wären bestimmt viel mehr Leute bereit, den Weg mitzugehen. Als wenn man sagt, du musst verzichten, damit dies und das passiert, ohne eine Vision zu malen, ohne mehr ein Zukunftsbild zu malen. Es hat mal eine, ich glaube, es war eine Psychologin,

eine Untersuchung gemacht und hat Leute gefragt, wie sie die Zukunft sehen. Und da haben alle gesagt, düster, düster, düster. Und dann hat sie gefragt, wie könnte denn die Welt aussehen, in der sie gerne leben würden? Und dann sollten sie alle ein Bild zeichnen. Und die hat sie dann irgendwie durch die KI geschickt und hat dann ein Resümee gezogen.

Und da waren die grünen Straßen, da waren die Parks, da war die Ruhe, da war das freundliche Spielen und Reden miteinander, da gab es Bänke in der Stadt. Und deswegen glaube ich, wir müssen anders fragen. Wir müssen nicht sagen, du musst verzichten, sondern wir sollten vielleicht mal fragen, wie möchtest du leben? Wir können den Status Quo nicht ewig fortschreiben, einfach aufgrund der ökologischen Begrenztheit unseres Planeten.

Und dann sich zu fragen, was heißt es jetzt in diesen Krisenzeiten, die dadurch hervorgerufen werden, Verantwortung zu übernehmen. Das ist somit auch die Aufgabe, die ich bei mir sehe und bei ganz vielen anderen, vor allem auch jungen Menschen, zu sagen, in welcher Welt wollen wir leben, in welcher Welt leben wir aber auch gerade. Und was ist daran problematisch, was können wir weiter fortschreiben und wo müssen wir anfangen, diese Veränderungsprozesse so in Gang zu setzen, dass sie auch mit unseren Werten wieder vereinbar sind.

Wir leben in einer Abhängigkeit global, die mit Ausbeutungsverhältnissen etc. so festgeschrieben ist, teilweise bis in die juristische, rechtliche Ebene, dass man da sich jetzt fragen muss, ist das wirklich...

wie wir im Miteinander koexistieren wollen auf dieser Welt oder braucht es da andere Formen und wer profitiert eigentlich davon? Ich habe das Gefühl, die meisten Menschen profitieren gar nicht davon, sondern ganz wenige und das hat eben auch mit Formen von sozialer Ungleichheit zu tun und das eben anzugehen und zu sagen, das muss nicht so sein. Ich glaube, erst mal dieses auch zu sagen, das muss nicht so sein, ist schon ein super wichtiger Schritt,

für eine gerechtere, für eine nachhaltigere Welt, weil das wiederum Gestaltungsräume eröffnet. Und diese nutzen zu können und diese auch öffnen zu wollen, weil die sind auch manchmal überraschend da, das ist Teil von Bildung und das muss Bildung leisten können. Und dafür will ich mich einsetzen. Ich würde auf jeden Fall nicht sagen, man soll nicht träumen oder sich keine Utopien vorstellen, weil das ist ja auch ein bisschen, womit die Hoffnung und Zuversicht lebt.

dass man halt jetzt nicht super naiv sein soll und nicht in 20 Jahren leben wir in der schönsten Welt. Natürlich wird es auch noch Probleme geben und nicht alles wird so funktionieren. Aber trotzdem müssen wir uns natürlich die Welt ausmalen, die wir haben wollen, um sie erreichen zu können.

Ich hoffe natürlich sehr stark oder ich glaube auf jeden Fall, dass Gleichberechtigung gefördert wird und dass halt viel mehr in jedem Sinne Chancengleichheit da ist für alle. Und auch jetzt auf so Klimaneutralität hoffe ich natürlich auch, dass in 20 Jahren Deutschland auf jeden Fall klimaneutral ist. Ich denke schon, dass Transformation...

immer auch mit einer Aufgabe eines Stücks von uns selbst zu tun haben. Und das meine ich nicht esoterisch, sondern ziemlich knallhart praktisch. Ich habe selber mal Leistungssport gemacht, bin mehrfach Hamburger Meisterin im Mittelstreckenlaufen. Und heute komme ich ja kaum mehr so ein paar Meter weit. Und zu sehen, dass ich aufgeben kann ein Stück von mir, ich bin nicht mehr die Läuferin, ich bin nicht mehr diejenige, die ich mir gewünscht habe.

Und damit mir aber ein Feld eröffnet, deswegen kann ich auch im Moment sein. Also weil ich nicht immer noch irgendein Ideal habe von Unversehrtheit, kann ich und alle anderen um mich herum den Moment auch ganz anders nutzen. Selbst in einem Moment, wo ich meinen gesamten Körper über Stunden nicht bewegen kann, kann ein anderer Sinn, eine Geste eines anderen, der für mich sorgt, eine Vogelstimme, die ich noch höre, es gibt eine andere Sinnstiftung in diesem Moment.

Aber all dieses weniger werden, verletzlich werden, ist im Moment belegt gesellschaftlich mit mir nimmt jemand anderes was weg, mir verbietet jemand was, ich darf keinen Spaß mehr haben, ich muss auf was verzichten. Und auf diese Weise können wir nicht in neue Entdeckungen kommen, von was uns doch gut tut. Und ich meine jetzt nicht eine Selbstkasteiung in dem Sinne, also wieder eine Selbstoptimierung daraus zu machen, sondern zu sagen, diese wahnsinnig vielen Möglichkeiten zuzunehmen,

des Moments zu entdecken, an die wir gar nicht gedacht haben und daraus dann eben auch wieder neue Wertungen entstehen zu lassen. Wenn wir ehrlich sind, welche Probleme auf uns zukommen und schon da sind, ob das jetzt Fluten sind, ob das andere Naturkatastrophen sind, ob das individuelle Erkrankungen sind, ob das Wirtschaftskrisen sind, werden wir ein bedingungsloses Netzwerk an Sicherheit schaffen müssen, damit Menschen zur Transformation bereit sind.

Ich finde, sehr oft kann die Situation sehr, sehr erdrückend sein mit all den Problemen, die es gibt auf der gesamten Welt. Aber was ich so erfahren habe, ist dadurch, dass man eben aktiv ist, dass man eben zu Demonstrationen geht oder eine AG gründet und Projekte macht und Menschen trifft, die dasselbe Ziel haben wie man selbst, dass man dadurch auch total viel Hoffnung bekommt.

Also was so meine Erfahrung ist, ist, dass wenn man zu Hause sitzt und nichts macht und die ganze Zeit nur meckert, dass alles schlecht ist, dass sich dann erstens nichts ändern wird und zweitens man immer deprimierter wird. Und deswegen dadurch, dass ich eben relativ viel mache und versuche aktiv zu sein, eben für eine bessere Zukunft für mich und alle anderen Menschen, habe ich sehr viel Hoffnung und auch Hoffnung.

Zuversicht, ja, Zuversicht hat ja immer ein bisschen was mit Vertrauen zu tun, aber Hoffnung auf jeden Fall, würde ich schon sagen. Ich habe neulich geträumt von einem Land, in dem für immer Frühling ist. Hier gibt es Kaviar und Hummer im Überfluss. Keiner hier, der hungert und niemandem ist kalt. Vanille-Eis zum Nachtisch, alle sterben alt in das Land, in dem für immer Frühling ist.

Und trotzdem. Eine lange Nacht über Zuversicht. Von Gesine Schmidt. Es sprachen Simone Kapst und Richard Barenberg.

Ton und Technik Lukas Fehling, Jan Morgenstern und Lukas Wilke. Regie Gesine Schmidt. Redaktion Hans-Dieter Heimendahl. Nächste Woche erwartet Sie an dieser Stelle eine lange Nacht über die Radioreden, die Thomas Mann in der BBC während des Zweiten Weltkriegs an die Deutschen gerichtet hat. Wir haben einige dieser Reden neu aufgenommen. Unser Thomas Mann ist Sandra Hüller.

Und dann haben wir Schriftstellerinnen und Publizisten, Aktivisten und Wissenschaftler von Alice Hasters bis Michael Friedmann, von Annette Gröschner bis Navid Kermani gebeten, diese Reden auf sich wirken zu lassen und uns zu sagen, was sie heute von diesen Appellen halten. Seien Sie gespannt auf Deutschland höre, gestern und heute, eine lange Nacht über Thomas Manns Radioreden.

Sie können alle Lange Nächte der letzten Monate auch in der Deutschlandfunk-App nachhören. Und wenn Sie uns abonnieren, können Sie keine Sendung mehr verpassen. Bis nächste Woche.