Deutschlandfunk, Büchermarkt. 28 Jahre lang hat die jüdische Juwelen- und Perlenhändlerin Glückel von Hameln Begebenheiten aus ihrem Leben aufgezeichnet. Glickl-Bars-Juda Leib, wie sie eigentlich hieß, lebte im 17. Jahrhundert in Hamburg. Und ihre Erinnerungen sind ein berührendes Dokument der deutsch-jüdischen Geschichte.
Der Hamburger Kinderbuchillustrator Jens Kornils greift in seinem ersten Comic nun einen historischen Kriminalfall auf, von dem Glückel von Hameln in ihren Erinnerungen erzählt. Zeta und Mordio heißt der daraus entstandene Comic. Judith Leister hat mit Jens Kornils darüber gesprochen.
Im Jahr 1691 begann in Hamburg eine Juwelen- und Perlenhändlerin namens Glickl Basjuder Leib, ihre Erinnerungen zu verfassen. Die Witwe musste nach dem Tod ihres Mannes die Geschäfte übernehmen. Sie hat ja angefangen, die Memoiren zu schreiben, nachdem ihr geliebter Mann gestorben ist. Sie schreibt, um nicht dem Trübseil zu verfallen, habe ich mich entschieden, mein Leben aufzuschreiben.
Es kommen immer wieder so jüdische Lebensweisheiten und religiöse Geschichten. Manchmal auch nur so Klatsch und Tratsch aus der Nachbarschaft, aus der Verwandtschaft. Erzählt der Hamburger Zeichner Jens Kornels, der in seinem ersten Comic CETA und Mordio eine Episode aus Glickls Tagebuch als Krimi in Szene setzt. Darin berichtet die Händlerin von einer großen Geschichte. Nämlich vom Verschwinden zweier jüdischer Männer in Hamburg.
Einer davon ist ein Verwandter. Glickl steht in diesem Comic aber nicht im Mittelpunkt. Sie ist eher eine Randfigur, die der eigentlichen Heldin Rebecca hilft. Die schlaue Detektivin Rebecca findet nämlich schnell heraus, wer der Mörder der beiden Vermissten ist und heftet sich an seine Fersen.
Einmal schleicht sie sich dabei von Hamburg nach Altona. Altona, heute ein Stadtteil von Hamburg, war damals ein Dörfchen in Dänemark, in dem jüdisches Leben sich relativ frei entfalten konnte. Die Dänen haben diese sehr liberale Judenpolitik eingeführt. Die Juden durften da Synagogen bauen und hatten jüdische Friedhöfe und eben bestimmte Rechte, die sie in Hamburg nicht hatten. Die
Die Dänen waren vor allem an den Handelsbeziehungen der jüdischen Gemeinden interessiert, denen man in Hamburg das Leben schwer machte und die man teils als vogelfrei ansah.
Ein Thema, das Corniels beschäftigt hat. Es ging auch darum zu erzählen, in welcher Angst die Juden damals die ganze Zeit lebten in Hamburg, dass sie zu jeder Zeit aus der Stadt geworfen werden konnten. Obrigkeit und Kirche hatten daran großen Anteil. Besonders schlimm hetzten in Hamburg lutherische Geistliche, die den Juden Gotteslästerei vorwarfen.
Im Comic sieht man den Pastor Johann Friedrich Mayer, eine historische Figur, mit zornrotem Kopf auf der Kirchenkanzel toben. Juden dagegen müssen sich zu jedem Zeitpunkt klug und vernünftig verhalten. In einer Szene in der Synagoge etwa überlegen sie genau, wie man den Mörder vor Gericht bringen könnte.
Gefährlich wird es, als Rebecca sich traut, den christlichen Mörder der beiden Juden öffentlich zu beschuldigen und damit ein großes Zeta und Mordio auslöst. Trotz des ernsten Themas gelingt es Corniels mit hellen, leicht zurückgenommenen Farben, das Hamburg um 1700 in eine insgesamt freundliche Atmosphäre zu tauchen. Mir war es wichtig...
Obwohl Cornels sich Rat von Experten holte, musste er gelegentlich improvisieren. Egal ob es die Kleidung war, die Architektur, die Bräuche, etc.,
Man kam immer wieder an den Punkt, wo auch die Experten aus dem Museum für Hamburgische Geschichte oder vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden gesagt haben,
Wir wissen es einfach nicht. Vertreter der jüdischen Gemeinschaft erkennt man im Comic an den Schabbesdeckeln, großen Barretts, die die Männer an Feiertagen trugen. Und an Bräuchen und Gegenständen, die teilweise für die Handlung eine Rolle spielen. Zum Beispiel führt ein gestohlener silberner Dreidel, ein Kinderspielzeug für das Lichterfest Chanukka, Rebekka auf die Spur des Mörders.
Jens Corniels fängt die für jüdische Menschen so gefährlichen Lebensumstände in seinem Comic überzeugend ein, ohne didaktisch zu werden. Zugleich gelingt es ihm, Humor ins Spiel zu bringen. Zum Beispiel sind Männer im Vergleich zu den tatkräftigen und geschäftstüchtigen Frauen hier eindeutig das schwächere Geschlecht. Corniels Figuren erinnern ein bisschen an die Asterix-Comics –
Ein stinkender, von Fliegen umsurter Käse spielt eine Rolle und alle Charaktere sind mit dicken Knobelnasen ausgestattet. Das macht sie von vornherein sympathisch, ja fast schon vertraut und betont ihre Gemeinsamkeiten. Denn angesichts der aktuellen Ereignisse in Deutschland ist dieser Comic auch eine Warnung davor, Menschen auszugrenzen, damit sich die dunkle Vergangenheit nicht mehr wiederholt.
Judith Leister über den Comic Zeta und Mordio, frei nach den Memoiren der Glöckel von Hameln von Jens Kornils, erschienen im Avant-Verlag ab 13 Jahren.