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cover of episode GAG491: Die Dreyfus-Affäre

GAG491: Die Dreyfus-Affäre

2025/2/19
logo of podcast Geschichten aus der Geschichte

Geschichten aus der Geschichte

AI Deep Dive Transcript
People
D
Daniel
软件开发专家,专注于编程和技术博客写作。
R
Richard
Topics
Daniel: 德雷福斯事件始于1894年,玛丽·巴斯蒂安在德国大使馆发现了一份被撕碎的文件,这成为德雷福斯被指控为间谍的关键证据。事件不仅仅是一个间谍案,它引发了巨大的司法丑闻,揭示了法国社会中根深蒂固的反犹太主义。德雷福斯被逮捕并审判,尽管缺乏确凿的证据,最终被判处终身流放。 Richard: 我对德雷福斯事件的细节并不熟悉,尽管它广为人知,但通过Daniel的讲述,我意识到事件的复杂性和细节远超我的想象。德雷福斯事件不仅仅是一个历史事件,它对社会和政治的影响至今仍在。

Deep Dive

Shownotes Transcript

Lernt ein bisschen Geschichte, dann werdet ihr sehen, wie der Reporter sich damals entwickelt hat. Hallo und herzlich willkommen bei Geschichten aus der Geschichte. Mein Name ist Richard. Und mein Name ist Daniel. Wir sind zwei Historiker, die sich hier Woche für Woche gegenseitig eine Geschichte aus der Geschichte erzählen.

Immer abwechselnd und auch immer so, dass der eine nie weiß, was der andere ihm erzählen wird. So ist es. Bevor es hier jetzt aber weitergeht, kommt noch eine kleine Werbeeinschaltung. Daniel. Richard. Kennst du das? Du schreibst den ganzen Tag in einer Folge...

Plötzlich ist es Abend und du so, was soll ich jetzt essen? Ich möchte nicht schon wieder nur Grilled Cheese Sandwich essen, sondern vielleicht ein bisschen was Gehaltvolleres und Raffinierteres. Bei mir sind es immer Nudeln mit Pesto. Nudeln mit Pesto. Naja, was macht man in so einer Situation, Dani? Hilf mir.

Daniel, da kommt unser heutiger Werbepartner ins Spiel. Mit HelloFresh. Da habe ich mein Abendessen locker im Griff. HelloFresh liefert mir nämlich nicht nur die frischen Zutaten, sondern auch gleich die Rezepte dazu. Jede Woche kann man daraus über 45 Rezepten wählen. Für all jene, deren präferierte Zubereitungsmethode der Thermomix ist, viele dieser Rezepte, die sind auch auf dieses Wunderwerk der Technik abgestimmt.

Die Zutaten werden grammgenau geliefert. Planen kannst du das Ganze dann innerhalb weniger Minuten mit der HelloFresh-App. Gestern zum Beispiel habe ich ein Linsen-Pilz-Ragout mit Salat genossen. Ich finde Linsen schon vom Prinzip her eine super Zutat, weil sie Stickstoffe aus der Luft binden können. Haben also nicht nur geschmacklich, sondern auch naturwissenschaftlich betrachtet meine volle Unterstützung. Für alle, die es jetzt auch ausprobieren wollen.

Für die haben wir ein Extra mit dem Code FRESHGESCHICHTEN. Alles groß geschrieben, also FRESHGESCHICHTEN sparst du in Deutschland bis zu 120 Euro. Das geht für neue und ehemalige Kunden.

Und nur noch für kurze Zeit. Neukunden erhalten außerdem für ein Jahr ein Gratis-Dessert in jeder bestellten Box. Auch in Österreich warten Rabatte, mehr Infos und die Links zum Einlösen des Codes FRESHGESCHICHTEN. Die gibt es natürlich wie immer direkt in unseren Show Notes. Fantastisch. Ende der Werbung.

Schauend, werter Daniel, angekommen bei einer ungeraden Zahl 491, 491, was zwei Dinge impliziert. Und zwar einerseits, dass es nicht eine Geschichte ist, die ich erzählen würde,

Und andererseits, dass es eine Geschichte sein wird, die du jetzt erzählen wirst. Also das eine schließt dann das andere aus. Das ist eine Sache. Naja, ich meine, die Sache mit der ungeraden Zahl ändert sich dann spätestens in neun Wochen. Richtig. Deswegen haben wir gesagt, jetzt noch erwähnen, damit es dann klar ist, dass es dann nicht mehr so ist nach den 500er. Aber gleich ein guter Hinweis für die 500er. Die kommt nämlich ja bald, also in neun Wochen.

Und dafür hast du was eingerichtet, Richard, wo Leute uns Nachrichten schicken können. Genau, weil wir machen ja wieder quasi Werkstatt-Schau. Und wer Fragen zu allem drumherum hat, kann diese Fragen stellen. Da gibt es ein eigenes Formular. Und dann gibt es auch noch einen Ordner, wo man Dateien hochladen kann. Und da hoffen wir, dass wir viele schöne Audionachrichten erhalten, beziehungsweise Fragen einfach

per Audio gestellt. Und wer sich also vielleicht in diesem Podcast hören will, kann dort eine Nachricht hochladen. Offen ist dieses Formular und diese Upload-Möglichkeit bis Ende März. Also da ist noch ein bisschen Zeit. Ich habe die ganzen Informationen dazu, wo diese beiden Links drin sind, auch in einen Blogpost verpackt.

Auf diesen kommt man, wenn man gadg.fm slash 500 Folgen in den Browser eingibt. Werde ich dann auch nochmal in eine Story packen bei Instagram. Sehr gut. Und die ganzen Links werden wir ja auch in den Shownotes haben. Ja, sehr gut. Also bis Ende März machen wir, oder? Genau. Dann haben wir noch genug Zeit, um das Ganze in Form zu bringen. Und Suse, die uns ja wieder durchführen wird, durch dieses Fragendickicht, wird dafür sorgen, dass das auch in geregelten Bahnen funktioniert. Sehr gut.

Gut, Daniel, erinnerst du dich noch, über was wir in Folge 490 sprachen? Oh ja, du hast über einen Sklavenaufstand erzählt auf Sizilien. Und zwar der, es ist der erste Aufstand. Es ist der erste Sklavenaufstand auf oder in Sizilien, ja. Durch oder von Oinus.

Genau. Sehr gut, dass du es so ein bisschen zögerlicher aussprichst. Denn unsere persönliche Sprachpolizistin Barbara hat sich auf unserer Seite wieder zu Wort gemeldet. Sie nennt sich übrigens selbst sehr aus. Wollte ich jetzt gerade sagen, sie hat sich selbst so genannt. Mehrere Dinge. Ich spreche über eine Stadt und nenne sie Syrakus. Und sie meinte, den Namen Syrakus auf der ersten Seebe zu betonen, ist sowas von daneben.

Stellt sich heraus, man spricht Syrakus aus. Syrakus. Jedenfalls gut. Wer verwirrt war und sich gedacht hat, komisch, ich kenne nur die Stadt Syrakus, muss wohl eine andere sein. Nein, es ist dieselbe. Syrakus. Und zu dem Historiker, den ich einige Male erwähnt habe in dieser Folge.

den ich Diodorus nannte, meint sie Betonung eigentlich auf Diodorus. Diodorus. Und weil du Oinus oder Oinus gesagt hast, auch hier führt sie aus, dass tatsächlich das mit Betonung auf der zweiten Zebe gesagt werden muss. Also Oinus, weil das Nus im Griechischen so viel wie Geist ist.

Oder Verstand bedeutet. Also wörtlich übersetzt heißt es guter Verstand oder guter Geist, wenn man so will. Die Übersetzung, die ich gesehen habe in meiner Literatur, da ist es eben darum gegangen, dass er wohlmeinend beziehungsweise mit guten Absichten oder freundlich und ich denke guter Geist oder guter Verstand, das kann man unter Umständen auch so drehen, dass es das bedeutet. Ja, verstehe.

Aber jetzt abseits von den sprachlichen Dingen, gibt es sonst noch irgendwelches Feedback, dass du loswerden willst? Tatsächlich noch nicht. Das war das Feedback. In diesem Fall, Daniel, es ist Zeit für die Geschichte der Folge 491. Ich gehe davon aus und hoffe auch sehr, dass du was vorbereitet hast. Ja, heute geht es um die Geschichte der Stille. Es geht los.

Nein, natürlich nicht. Weißt du, wie heißt der? John Cage? Der hat doch sowas gemacht, oder? Ja, bin mir ziemlich sicher, dass es ein Kunstprojekt gibt, das genauso funktioniert. Warte mal. Silence.

Ja, Silent 433. Das ist einfach ein stilles Stück. Ja, verstehe. Du wandelst auf den Faden von Menschen, die sich diese Gedanken auch schon gebracht haben. Ja, ich meine... Was passiert, wenn alles still ist? Oder ich meine, es haben sicher auch schon Künstler oder Künstlerinnen einfach leere Leinwände aufgehängt, oder? Ja. Das ist leider nicht so innovativ. Wir sind halt kein Avantgarde-Podcast, sondern ein Geschichtspodcast, also...

Außer du kannst dir jetzt tatsächlich eine Geschichte der Stille erzählen, würde ich sagen, such da ein anderes Thema. Fantastisch. Richard, die Geschichte, die ich dir heute erzähle, ist alles andere als still. Alles andere als still. Da ist sehr viel passiert. Richard, Ende September 1894 nimmt Marie Bastien beim Putzen in der Deutschen Botschaft in Paris im Palais Boernet

Ein zerrissenes Schriftstück aus dem Papierkorb des deutschen Militärattachés Oberstleutnant Maximilian von Schwarzkoppen und gibt ihn an den französischen Nachrichtendienst, für den sie spioniert. Dieser Brief, der als das Bordereau, das Begleitschreiben, bekannt geworden ist, ist der Beweis, dass ein Spion aus der französischen Armee vertrauliche Informationen nach außen trägt.

Es ist der Beginn einer Affäre, die viel mehr ist als ein Spionagefall. Es wird einen unerhörten Justizskandal nach sich ziehen, Frankreich in zwei Lagerspalten und im Grunde bis heute nachwirken. Und Richard, du weißt natürlich längst, um was es in dieser Folge gehen wird. Ähm, nein. Nicht? Ich glaube nicht. In meinen Notizen steht jetzt, richtig, wir sprechen heute über die Dreyfus-Affäre. Achso, ist das der Beginn der Dreyfus-Affäre? Ja. Okay.

Habe ich so nicht im Kopf gehabt. Wenn ich so nachdenke, weiß ich gar nicht genau. Ich weiß nur, dass es eben eine riesige Affäre war und die Auswirkungen, aber mir war nicht im Kopf, wie das Ganze startet. Sehr gut. Also es startet mit dem Papierkorb des deutschen Militärattachés. Der größte Skandal, der Frankreich um 1900 erschüttert, voller Intrigen, Fälschungen, Rücktritten und skandalösen Urteilen,

Und ich fange vielleicht gleich an zum Thema Aussprache. Ich denke, es geht sowohl Dreyfus, also die französische Aussprache, als auch Dreyfus. Das ist, glaube ich, auch verbreitet. Dreyfus, also Alfred Dreyfus oder Alfred Dreyfus, um den es geht, stammt aus dem Elsass, ist auch mit der deutschen Sprache aufgewachsen. Also ich denke, Dreyfus oder Dreyfus geht beides. Ich versuche bei Dreyfus zu bleiben, aber je nachdem, vielleicht springe ich auch ab und zu mal, wenn ich so ins Reden komme, dann auch in die Dreyfus-Variante.

Gut, ich meine mittlerweile wissen alle, von wem ich rede, ist egal wie du es aussprichst und ich glaube das ist ja der springende Punkt. Ich denke auch.

Und es ist eines dieser Themen, bei denen ich mir immer denke, irgendjemand muss es mal machen. Ja, ja. Und du hast jetzt lange genug Zeit gehabt. Ja, ich habe es tatsächlich nur einmal erwähnt in diesem gesamten Podcast, in einer Folge. Weißt du noch in welcher? Ja, über das härteste Radrennen der Welt. Ah, ja. Weil da geht es ja darum, dass die organisiert wurden ursprünglich von Zeitungen. Und eine dieser Zeitungen war Le Petit Journal. Ja, genau.

Und die haben im Grunde, weil sie auf der falschen Seite gestanden sind im Zuge der Dreifüß-Affäre, haben sie wahnsinnig viele Leserinnen und Leser verloren. Und das war so ein bisschen auch ein Impetus, hier in diese Radreihengeschichten einzusteigen. Sehr gut. Ich nehme an, du weißt auch so einiges über die Dreifüß-Affäre und weißt zumindest in groben Zügen, was passiert ist. Und hast vielleicht ja schon den einen oder anderen Film über das Thema gesehen.

Ja, zu Punkt 1. Nein, zu Punkt 2 tatsächlich. Ich habe noch nie einen Film gesehen.

Aber in der Vorbereitung habe ich wieder festgestellt, wie so oft, das ist ein Thema, wo ich so mit den Eckdaten und einigen Schlagwörtern vertraut bin, aber im Detail und von den Ausmaßen mal wieder völlig überrascht worden bin. Ja, wie du gehört hast von meiner Reaktion auf deine Einleitung, geht mir genauso. Sehr gut. Das ist so ein Ding, das hat man irgendwie, ja, ja, da war das und das war ungefähr so, aber die Details, die hat man eigentlich seit dem Kopf. Genau. Man weiß, es war groß, aber man weiß gar nicht so, warum eigentlich. Ja, ja.

Also bei den vielen Wendungen und Täuschungen und Lügen, die immer wieder zu neuen Verwickelungen geführt haben, denke ich mal, wäre es auch ein gutes Thema für eine Plus-Ultra-Staffel. Aber... Jan, hörst du zu? Und im Gegensatz zu deiner Geschichte letzte Woche, wo es um die Antike und den Sklavenaufstand ging, gibt es hier jetzt Unmengen an Quellen. Mhm.

Während die Ereignisse im 2. Jahrhundert vor der Zeitenwende auf Sizilien kaum dokumentiert sind, gibt es zur Trefus-Affäre nicht nur Bücher, die die Beteiligten veröffentlicht haben, unter anderem Trefus selber. Es gibt unüberschaubar viele Zeitungsartikel, nicht zuletzt riesige Aktenberge durch die Gerichtsverfahren und dazu kommt, dass seither immer wieder darüber geschrieben worden ist.

Also es ist viel, viel mehr überliefert worden, als man berücksichtigen kann. Und es gibt auch viel mehr Wendungen in dieser Geschichte, als ich hier erzählen kann. Marie Bastien findet also im Papierkorb des Militärattachés Maximilian von Schwarzkoppen ein zerrissenes Schriftstück, Le Bordereau, das Begleitschreiben. Der Brief ist nicht unterschrieben, nicht datiert und in sechs Teile zerrissen, also liegt da in diesem Papierkorb.

Und dieses Begleitschreiben war deshalb so brisant, weil darin von fünf geheimen militärischen Dokumenten die Rede ist. Und damit war klar, es gibt im französischen Generalstab ein Spion. Und das Begleitschreiben beginnt mit den Worten, mein Herr, obwohl ich ohne Nachricht von Ihnen bin, dass Sie mich zu sehen wünschen, sende ich Ihnen einige interessante Auskünfte. Und dann folgt eine kurze Nennung der fünf Dokumente und darunter ist zum Beispiel der Entwurf der Schießvorrichtung der Feldartillerie.

Und er schreibt dazu, ist sehr schwer zu beschaffen, weil die Offiziere ihre Exemplare wieder zurückgeben müssen. Deshalb soll er sagen, wenn er es haben will, weil dann kann er es auch kopieren lassen. Das Bordereau endet mit den Worten, ich bin im Begriff zu den Manövern abzureißen.

Der Kriegsminister Auguste Mercier ordnet dann Ermittlungen an und Artilleriehauptmann Alfred Dreyfus, der zählt recht bald zum Kreis der Verdächtigen. Er hat zwar an keinem Manöver teilgenommen und eigentlich hat er auch gar nicht auf alle der genannten Dokumente Zugriff, trotzdem ist er für den französischen Generalstab der ideale Schuldige. Er ist nämlich Elsässer, er spricht Deutsch und er ist Jure.

Nach der Niederlage im deutsch-französischen Krieg 1871 muss Frankreich nämlich Elsass Lothringen an das neu gegründete Deutsche Reich abtreten, was für Frankreich eine große Demütigung war und dort den Nationalismus massiv verstärkt hat. Gleichzeitig ist es eine Phase, in der sich der Antisemitismus immer stärker verbreitet. Und bei der Tréfus-Affäre wird jetzt offenkundig, wie tief der Antisemitismus in der französischen Gesellschaft verankert ist, auch in den Ministerien und im Militär.

Und Dreyfus, der leugnet und beteuert, dass er mit der Spionage nichts zu tun hat, aber das hilft nichts. Er wird angeklagt, obwohl sie kein glaubwürdiges Motiv für einen Landesverrat vorlegen können. Also er war immer loyal, er hat keine Geldprobleme, also die Familie ist sogar ziemlich wohlhabend und man kann ihm eigentlich kein Motiv anhängen. Trotzdem wird Dreyfus am 15. Oktober verhaftet.

Kriegsminister August Mercier unterzeichnet den Haftbefehl. Er wird eingesperrt und wegen Spionage angeklagt. Der wichtigste Beweis ist natürlich dieses Begleitschreiben. Und es wird jetzt eine Handschriftenanalyse gemacht. Also es wird nicht nur eine gemacht. Das Schriftstück wird einigen Experten vorgelegt.

Und die kommen auch tatsächlich zu unterschiedlichen Schlüssen. Also es gibt manche, die sagen, die Schriften ähneln sich, manche sagen, sie tun es nicht. Das wichtigste Urteil fällt dabei ein Mann, über den wir schon mal gesprochen haben, nämlich Alphonse Bertillon. Das ist der, der die Kriminaltechnik modernisiert in Frankreich und dort den Erkennungsdienst in Paris einführt, zusammen mit einer nach ihm benannten Identifizierungstechnik, der Bertillonnage, wo es um das Vermessen der Verdächtigen ging.

Das ist ja genau dein Feld, oder? Ganz genau. Ich habe mir quasi sein Leben angeschaut, was so diese Identifizierungstechniken angeht. Und das Ding ist, er war halt nicht wirklich ein Experte, wenn es um Handschriften geht. Sein Wort hatte aber trotzdem großes Gewicht, weil er halt eine wichtige Person war innerhalb der Polizei. Aber als kompetenter Schriftsachverständiger ist er bislang nicht aufgefallen.

Hat es zu jener Zeit überhaupt schon kompetente Fachleute in dem Bereich gegeben? Ja, es war tatsächlich schon so, dass es so Graphologen gegeben hat, prinzipiell. Aber das Interessante bei Bertillon ist, er macht jetzt einen unglaublichen Kniff. Er kommt nämlich zu dem Schluss, dass sich die Schrift von Dreyfus und die Schrift auf dem Begleitschreiben unterscheiden. Und jetzt würde man erwarten, okay, er kommt dazu, dass die Schriften nicht gleich sind,

Aber er entlastet jetzt den Dreyfus trotzdem nicht, weil Bertillon erfindet die Selbstfälschung, die Autoforgerie. Er sagt nämlich, Dreyfus hat seine eigene Handschrift gefälscht. Und das ist so genial wie perfide, weil so kann er den Dreyfus auch dann schwer belasten, wenn er eigentlich zu dem Schluss kommt, dass die Handschriften nicht übereinstimmen.

Ja gut, aber das ist ja offensichtlicher Unsinn, oder? Genau. So kann der Refuse dadurch gar nicht entlastet werden, weil wenn sie gleich sind, dann sagt er ja gut, er hat es gefälscht und sind sie nicht gleich, sagt er ja gut, er hat seine eigene Handschrift gefälscht. Ja, ja.

Das ist wie der Hexentest. Du kannst nur verlieren. Genau. Aber es ist ja komplett absurd auch, weil damit kann ja niemand gewinnen. Also damit wird ja im Grunde auch das gesamte Gebiet der Schriftenuntersuchung ad absurdum geführt, weil du immer behaupten kannst, sehr gut, aber es ist so gut gefälscht, aber es ist eindeutig von ihm gut gefälscht. Genau. Und das ist schon ein Teil des Skandals, denn dieses Gutachten hat jetzt tatsächlich großes Gewicht. Und was jetzt auch passiert, Ende Oktober,

kommt der Fall jetzt in die Öffentlichkeit. Bis dahin weiß eigentlich niemand davon, dass Trefus verhaftet wurde. Seine Frau Lucie, die durfte in der Öffentlichkeit auch gar nicht sagen, dass ihr Mann verhaftet wurde. Und dieser Fall schlägt jetzt, nachdem er in die Öffentlichkeit kommt, sofort hohe Wellen. Es ist nämlich die antisemitische Zeitung La Libre Parole, die mit der Enthüllung zuerst rauskommt und damit auch den Ton setzt für die nächste Zeit.

Sie schreiben nämlich sofort, es geht um Hochverrat durch einen jüdischen Offizier. Also es beginnt eine antisemitische Hetzwelle und Trefus wird öffentlich vorverurteilt. In der öffentlichen Meinung gilt Trefus als schuldig. Du hast es vorhin auch schon angesprochen, die Sache mit der Zeitung. Es ist nämlich so, die Presse spielt bei dieser Affäre eine entscheidende Rolle. Es beginnt jetzt ein harter Kampf um die Deutungshoheit, der über die Medien geführt wird.

Also es ist eine Stimmung, die sich immer mehr hochschaukelt. Und andererseits sind es auch zahlreiche Enthüllungen, die durch die Zeitungen an die Öffentlichkeit kommen. Es geht sogar so weit, dass manche sagen, dass in dieser Zeit deutlich weniger Bücher verkauft wurden, weil alle die ganze Zeit die Zeitschriften haben wollten.

Mathieu Dreyfus, der eigentlich in Mühlhausen im Elsass lebt, kommt nach der Verhaftung seines Bruders nach Paris, also er zieht jetzt mit seiner Familie dahin und versucht ihn jetzt gemeinsam mit der Frau von Dreyfus, der Lucie, zu verteidigen. Sie engagieren Anwälte und versuchen jetzt Leute zu überzeugen, dass Dreyfus unschuldig ist. Am 19. Dezember beginnt der Prozess gegen Dreyfus vor dem Militärgericht

Die Beweislage ist aber äußerst dünn. Also im Grunde stützt dich alles auf das Begleitschreiben. Und jetzt kommt das nächste Ungeheuerliche. Die Richter zögern nämlich, den Dreyfus auf dieser Grundlage zu verurteilen. Und da taucht jetzt plötzlich eine Geheimakte auf. Und der Clou dieser Geheimakte ist, der Inhalt muss geheim bleiben, aber, so die Behauptung, die Schriftstücke dieses Geheimdossiers beweisen eindeutig, dass Dreyfus schuldig ist. Hm.

Und da haben sie im Grunde so alle Akten rein, die irgendeinen Bezug hatten zu dem Fall. Und es ist natürlich unmöglich, sich dagegen zu verteidigen, weil die Verteidiger die Akte auch gar nicht einsehen durften. Später wird sich auch herausstellen, dass die Akte ausschließlich Schriftstücke enthalten hat, die den Treffüss überhaupt nicht belastet haben. Also zum Beispiel die Übersetzung eines Memorandums von Schwarzkoppen.

Trotzdem, Dreyfus wird verurteilt und zwar zu lebenslanger Verbannung und öffentlicher Degradierung. Es ist eine außerordentliche Demütigung, die Dreyfus da erfährt, weil das Urteil des Militärgerichts ist auch die höchstmögliche Strafe. Also die Todesstrafe für Landesverrat ist nämlich seit 1848 abgeschafft worden. Und Verbannung bedeutet aus Frankreich?

Genau, Verbannung bedeutet aus Frankreich. Wir werden gleich sehen, wohin er verbannt wird. Das ist nämlich auch außergewöhnlich.

Am 5. Januar 1895 wird Dreyfus auf dem Ehrenhof der Militärakademie vor 4000 Soldaten und 20.000 Zuschauern degradiert. Das heißt, seine Abzeichen werden ihm abgerissen und sein Säbel wird zerbrochen. Es gibt davon ein sehr berühmtes gezeichnetes Bild. Da steht Dreyfus vor diesem Offizier, der gerade seinen Säbel zerbricht über seinem Oberschenkel.

Dreyfus wird aber nicht einfach nur in eine französische Kolonie verbannt. Er wird auf die Teufelsinsel verbannt, vor der Küste französisch-guineas in Südamerika. Und es ist die unwirtlichste der drei Inseln des Heils. Die wurde seit 1852 als Strafkolonie genutzt. Bis zur Schließung 1953 wurden auf den Inseln übrigens 80.000 Gefangene untergebracht.

Bei Trefus ist es aber nochmal besonders. Er wurde nämlich rund um die Uhr bewacht. Er durfte mit seinen Wärtern kein Wort sprechen. Es waren unerträgliche Haftbedingungen. Es war isolationshaft in einer 16 Quadratmeter großen Steinhütte mit Wellblechdach und einem Palisadenzaun drumherum, sodass er auch nicht nach außen sehen konnte.

Anfangs durfte er regelmäßig spazieren gehen, später wurden dann seine Haftbedingungen auch noch verschärft. Da durfte er dann keine Spaziergänge mehr machen und für mehrere Wochen wurde er sogar nachts ans Bett gefesselt. Das haben sie gemacht, nachdem sein Bruder über die Medien hat verbreiten lassen, dass Trefus von der Insel geflohen ist.

Der wollte auf diese Weise wieder Aufmerksamkeit auf den Fall lenken, weil seine Familie kämpft jetzt um die Revision dieses Urteils. Und anfangs sind die meisten auch von seiner Schuld überzeugt, weil die skandalösen Umstände wie das Gutachten von Bertillon oder dieses Geheimdossier, davon wissen ja die wenigsten. Das hat ja die Öffentlichkeit an sich nicht mitbekommen.

Und das dauert jetzt einige Zeit. Zunächst mal gibt es halt vor allem Zuspruch aus dem Familien- und Bekanntenkreis. Aber um das zu erweitern, dauert es jetzt erstmal eine Weile, weil sie laufen auch immer gegen den Widerstand der nationalistischen und antisemitischen Presse. Und der Drehfüß, der kriegt jetzt von dem Ganzen im Grunde gar nichts mit. Der schreibt sich zwar mit seiner Frau Lucie Briefe, aber die sind natürlich zensiert. Und erst ganz langsam wendet sich dann das Blatt.

Also Lucie, seine Frau und Mathieu, sein Bruder, die können immer mehr von der Unschuld von Dreyfus überzeugen. Allerdings ist die Stimmung so aufgeheizt, dass es zu einer Polarisierung kommt. Also jetzt entstehen jetzt zwei Gruppen, die Dreifussaden und die Antitreifussaden.

Und man kann sagen, so diese Affäre, die wird jetzt zum beherrschenden medialen und politischen Thema in diesen Jahren. Der Bernard Lazar, ein anarchistischer Journalist und Literaturkritiker, ist einer der ersten Drei Fussaden und er veröffentlicht auch die ersten Texte dann zur Verteidigung von Dreyfus. Einer der wichtigsten wird die Kampfschrift Dreyfus.

Une erreur judiciaire, la vérité sur l'affaire Tréfus, also ein Justizirrtum, die Wahrheit über die Dreifuß-Affäre. Das ist auch eine Kampfschrift oder ein Text, den der Mathieu später an tausende Persönlichkeiten Frankreichs verschickt. Und sie decken jetzt im Laufe der Zeit immer mehr Unregelmäßigkeiten auf und verlangen halt dann die Wiederaufnahme des Verfahrens.

Im Juli 1895 wird Oberstleutnant Georges Piccard zum neuen Leiter der Spionageabwehr, also zu dem Nachrichtendienst, für den Marie Bastien in der Deutschen Botschaft spioniert. Und er kennt den Fall Dreyfus auch ganz gut, weil er ist seit 1890 im Generalstab, war auch an der Untersuchung des Bordereaux beteiligt und hat auch den Prozess gegen Dreyfus beobachtet. Mhm.

Kurz nachdem er ins Amt kommt, fallen ihm schon die ersten Unregelmäßigkeiten auf. Im März 1896 findet Marie Bastien wieder was im Papierkorb von Schwarzkoppen und das führt jetzt den Picard auf die richtige Fährte. Ihm gelingt es nämlich jetzt, den wahren Schuldigen zu entlarven.

Also den Mann, der dem Schwarzkoppen die geheimen Dokumente beschafft hat. Es ist nämlich ein Eilbrief, also ein Rohrpostbrief. Das waren so blaue Telegrammkarten. Deshalb wird dieser Brief auch als Le Petit Bleu bezeichnet. Stammt von Schwarzkoppen selber und da erbittet er sich genauere Erklärungen von Monsieur le Commandant Ferdinand Esterhazy. Esterhazy. Ich habe auch mal in der Esterhazy-Gasse gewohnt. I know.

Es geht um Ferdinand Avalzá Esterhazy. Und der hat Spielschulden und der bietet im Juli 1894, also ein halbes Jahr bevor die Sache auffliegt, Schwarzkoppen seine Dienste an. Picard, der vergleicht jetzt die Handschriften von Esterhazy mit dem Begleitschreiben und stellt fest, naja, die sind identisch. Dann lässt er sich die Geheimakte schicken und er stellt fest, naja, diese Geheimakte, die enthält ja nichts, was die Schuld von Dreyfus beweisen würde.

Und da würde man sagen, okay, alles klar, die Sache hat sich aufgeklärt. Dreyfus kann zurückkehren, wird rehabilitiert und Esterhazy wird verurteilt, aber weit gefehlt. Es folgt nämlich die nächste skandalöse Wendung in dem Fall. Als Picard nämlich intern bei seinen Vorgesetzten, also beim Chef des Generalstabs und dem Kriegsminister, eine Revision des Urteils gegen Dreyfus einfordert, da gehen die dann gegen ihn vor, um zu verhindern, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Hm.

Und als nächstes wird der PK also seines Postens enthoben, wird nach Tunesien geschickt und später dann auch mit der Hilfe von gefälschten Dokumenten angeklagt. Statt dass sich der Fall jetzt also auflöst, wird er noch komplizierter und noch verwickelter, weil im Generalstab folgt jetzt nämlich eine Täuschung auf die nächste, um die ganzen Täuschungen zu verdecken.

Weil, wie reagiert der Generalstab und die nationalistische Presse? Heute würde man sagen, flooding the zone with shit. Also die haben ja vermehrt Fälschungen und Lügen verbreitet. Ja, was damals natürlich noch einfacher war, weil da hat es nicht so viele Möglichkeiten gegeben, sowas zu verbreiten. Genau, und zu überprüfen. Ja, das heißt, mit entsprechendem Einsatz ganz gut flooden können. Und das ist vor allem über die Zeitungen passiert.

Leon Blum, der spätere französische Premierminister, den hat die Dreyfus-Affäre politisiert und er hat sich auch auf Seiten der Dreyfusaden engagiert. Der macht mal die Bemerkung, dass er erstaunt ist über die außergewöhnliche Fähigkeit der Antidreyfusaden, die Beweise zu leugnen. Es wurde zum Beispiel behauptet, und das ist ein typisch antisemitisches Motiv, dass es ein jüdisches Syndikat geben würde, das all die Fürsprecher von Dreyfus gekauft hätte.

Einer der bedeutendsten Antitreifussaden ist Edouard Drumond. Und durch seine politische Agitation verbreitet sich der Antisemitismus massiv in Frankreich. Also er gründet nicht nur die Nationale Antisemitische Liga in Frankreich, sondern er ist der Herausgeber der La Libre Parole. Also das ist diese nationalistische und antisemitische Zeitung, in der massiv gegen Trifus gehetzt wird. Und Drumond ist im Grunde auch so der Wortführer der Antitreifussaden.

Es gibt zum Beispiel ein Bildmotiv, das zeigt den Drehfüß auf der Teufelsinsel wie im Urlaub. Reiner Hohn, wenn man von den Haftbedingungen dort weiß. Aber solche Dinge haben die halt in Umlauf gebracht. Auf der anderen Seite werden halt jetzt inzwischen Details aus dem Verfahren veröffentlicht, die eigentlich zeigen, dass da ganz klar ein Justizskandal vorliegt. Also zum Beispiel wird auch dieses Bordereau veröffentlicht.

Der Mathieu Trefus, der schickt nicht nur diesen Text von Lazar zur Verteidigung seines Bruders an mehrere tausend Persönlichkeiten Frankreichs, sondern der lässt auch Plakate drucken, auf denen das Begleitschreiben neben der Handschrift seines Bruders abgebildet ist. Und langsam formiert sich jetzt auch der Widerstand gegen die Beurteilung von Trefus, nachdem eben jetzt Stück für Stück die Umstände dieses Prozesses bekannt werden.

Der erste hohe Politiker, der sich öffentlich für Dreyfus einsetzt, ist Auguste Scheurer-Kestner. Also auf Deutsch, er kommt auch aus dem Elsass, könnte man sagen Scheurer-Kestner. Der war Vizepräsident des französischen Senats. Und wie viele ist er anfangs eigentlich auch überzeugt von der Schuld von Dreyfus. Aber je mehr er jetzt über die internen Abläufe und das Gerichtsverfahren erfährt, desto mehr ist er jetzt von seiner Unschuld überzeugt.

Und im Juli 1897 lässt er Lucie Dreyfus dann mitteilen, dass er sich für die Wiederaufnahme des Falles einsetzen wird. Aber wir sind im Juli 1897. Also da ist Dreyfus jetzt schon seit über zwei Jahren auf der Teufelsinsel. Und jetzt werden sie im Generalstab natürlich langsam nervös.

Weil auch der Esterhazy merkt, dass es wohl nicht mehr lang dauern wird, bis seine Verbindung zu Schwarzkoppen öffentlich wird. Weil der Picard erhält tatsächlich die Füße still. Also der veröffentlicht jetzt auch nicht das, was er herausgefunden hat intern. Und daher geht der Esterhazy zu dem Schwarzkoppen im Oktober 1897 und er bittet ihn zu behaupten, dass Trefus der Spion wäre. Und der Schwarzkoppen lehnt das aber ab und sagt, nee, er hat mit Trefus nie Kontakt gehabt und das wird er auch nie behaupten.

Der Schwarzkoppen wird dann auch kurz darauf nach Deutschland versetzt. Eserhazy kommt dann aber Anfang 1898 vor Gericht. Wie fällt das Urteil aus? Unschuldig. Natürlich, er wird freigesprochen, wandert über Belgien nach England aus und gibt zwischendurch auch Interviews, in denen er zugibt, dass das Begleitschreiben von ihm ist. Aber auch das ändert für den Dreyfus erstmal nichts. Aha.

Und dann überschlagen sich die Ereignisse. Also es ist unglaublich, weil es ist jetzt schon so viel passiert. Aber jetzt passieren erst die Ereignisse, die wirklich zu einem Umdenken führen. Und das ja, obwohl ja der wahre Schuldige inzwischen feststeht. Also wir sind Anfang 1898. Dreyfus ist jetzt seit drei Jahren auf der Teufelsinsel.

Am 13. Januar wird Picard, also der Leiter des Nachrichtendienstes, der den wahren Schuldigen herausfindet, der wird zu 60 Tagen festungshaft verurteilt. Seine Geschichte ist insgesamt noch deutlich komplizierter, er wird dann später auch aus der Armee ausgeschlossen und so. Wichtig ist, er wird vom Generalstab aus dem Weg geräumt und ein zweiter wichtiger Dreifussat muss auch gehen, nämlich Schreurer Kästner wird als Vizepräsident des Senats abgewählt.

Ist also an sich kein guter Tag für die Dreifussaden. Aber dann passiert noch was. Und es ist ein echter Paukenschlag. Der bekannteste Fürsprecher, der Schriftsteller Emile Solard, meldet sich zu Wort. Der war nämlich auch anfangs skeptisch, aber vor allem das Engagement von Scheuder-Kästen hat ihn dann schließlich überzeugt. Und nachdem er erst einige Texte zur Verteidigung von Treffus in der Zeitschrift Le Figaro veröffentlicht, beenden die die Zusammenarbeit mit ihm, weil die Anti-Dreifussaden zum Boykott aufrufen.

Und so wendet sich Solard an die neu gegründete Literaturzeitschrift L'Aurore, die der spätere französische Ministerpräsident Georges Clemenceau ins Leben gerufen hat. Und dort wird jetzt am 13. Januar 1898 sein Brief an den Staatspräsidenten Félix Faure veröffentlicht.

Ist das diese berühmte Jacques-Huys-Schrift? Richtig, genau. Diese Ausgabe hat wirklich Geschichte geschrieben, zählt nämlich auf jeden Fall zu den berühmtesten Titelblättern der Zeitungsgeschichte. Jacques-Huys steht da in großen Buchstaben. Also, ich klage an. Der Lettre au Président de la République. Und er schreibt, die Wahrheit ist auf dem Vormarsch und nichts kann sie aufhalten. Und der Beitrag ist letztlich ein Bericht über alles, was in der Tréfus-Affäre zu dem Zeitpunkt bekannt ist.

Also diese Ausgabe verkauft sich mehrere hunderttausend Mal, schlägt extrem hohe Wellen. Es kommt zu massiven Ausschreitungen und es zeigt sich jetzt, Frankreich ist wirklich tief gespalten in zwei Lager. Aber durch Solar erfährt die Öffentlichkeit jetzt erstmals ausführlich, was hinter dem Skandal steckt. Also er nennt die Drahtzieher beim Namen im Generalstab. Er beschuldigt den Esterhazy, er prangert das Gericht an und er zeigt, dass die Verurteilung auf ein geheimes Dokument gestützt wird und das eigentlich nicht rechtens sein kann.

Und im Laufe der Treffus-Affäre etabliert sich übrigens der Begriff des Intellektuellen. Also die Idee, dass also Schriftsteller, Künstler, Akademiker, Gelehrte öffentlich Stellung beziehen. Und ich meine, Solade ist ja zu jener Zeit auch nicht irgendjemand. Da ist er ja schon, glaube ich, recht alt, oder? Genau, da ist er im Grunde auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Er hat diesen massiven Romanzyklus veröffentlicht. Also das ist schon jemand, auf den die Leute hören. Genau. Er geht aber trotzdem ins Risiko.

Weil am Ende des Textes heißt es, ich habe nur eine Leidenschaft, die der Wahrheit. Im Namen der Menschheit, die so sehr leiden musste und die ein Recht darauf hat, glücklich zu sein. Mein flammender Protest ist nur der Schrei meiner Seele. Sie sollen es wagen, mich vor Gericht zu stellen und das Verfahren öffentlich stattfinden zu lassen. Ich warte. Es war so ein Stück weit auch ein Kalkül von Solar angeklagt zu werden. Und es dauert tatsächlich nicht lang, da wird Solar angeklagt und wegen Verleumdung der Armee verurteilt.

Und zwar Ende Februar zu einem Jahr Gefängnis und einer Geldstrafe von 3000 Fr. Das Verfahren muss dann aber wiederholt werden, ich glaube wegen einem Verfahrensfehler. Es bleibt aber beim Schuldspruch und so begibt er sich ab Juli ins Exil nach London. Inzwischen ist die Dreyfus-Affäre zu einer echten Staatsaffäre geworden. Also es ist nämlich jetzt klar, es geht gar nicht mehr um die Person Dreyfus. Es geht um das politische System. Es geht darum, dass dieses politische System einfach eine massive Ungerechtigkeit stützt.

Und das kommt da jetzt auch raus, der Justizirrtum, das wäre das eine, aber die Weigerung, den Fehler einzugestehen und stattdessen immer weiter zu vertuschen und zu lügen und alles dafür zu tun, um es weiterhin unter den Teppich zu kehren, diese hartnäckige Weigerung der militärischen und politischen Behörden, das treibt jetzt die drei Fussaden an.

Das ist ja auch so bezeichnend, weil oft bei solchen Dingen, wenn quasi sowas stattkommt, zum Beispiel eine falsche Anklage oder Verbrechen, die Leute werden selten für das angeklagt, sondern für die Versuche, das Ganze dann zu vertuschen. Genau, ja. Weil es meistens bei der Vertuschung nicht bleibt, weil eine Maßnahme die nächste dann hinterherzieht, um das erste Vertuschen wieder zu vertuschen. Und tatsächlich beginnt sich jetzt auch das Blatt für die drei Fussaden zu wenden. Und das hat unter anderem mit dem Major Hubert Henry zu tun.

und seinen Fälschungen. Der ist nämlich maßgeblich an der Zusammenstellung des Geheimdossiers beteiligt. Es kommt nämlich jetzt ein neuer Kriegsminister ins Amt, der Godefroy Kavinjak. Der ist nämlich eigentlich, wie so viele, von der Schuld von Dreyfus überzeugt und hält eine entsprechende Rede.

Und es gibt den Dreifussaden Jean Jauré. Und er hält jetzt dagegen, nämlich in einigen Artikeln in La Petite République. Und daher lässt der Kriegsminister die Beweise von seinen Mitarbeitern nochmal prüfen. Und bei der Durchsicht dieses Geheimdossiers, da fällt jemandem auf, dass ein Brief, der später als Le Fonds Henri, also die Henri-Fälschung bekannt geworden ist, dass dieser Brief aus zwei unterschiedlichen Papiersorten besteht.

Kavaniak, der befragt deshalb den Henri, was es mit diesem Schriftstück auf sich hat, weil der ja auch für dieses Geheimdossier ein Stück weit zuständig war. Und am 30. August sieht sich dann der Henri gezwungen, dem Kriegsminister zu gestehen, dass das eine Fälschung ist und er die Fälschung angefertigt hat, um den Dreyfus zu belasten.

Es gibt mehrere Fälschungen, die auf sein Konto gehen in der Geheimakte, die dann später aufgedeckt werden. Aber dieser Brief Le Fond Henri, das ist der Brief, der ihn jetzt zu Fall bringt. Das ist ein Schriftstück der Geheimakte, das er Ende Oktober 1896 anfertigt. Also er liegt schon eine Weile dazwischen jetzt, bis es aufgedeckt wurde. Und es ist eine Notiz des italienischen Militärattachés Alessandro Panisardi an den Schwarzkoppen.

Und diesen Zettel, den nimmt der Henri, schneidet ihn auseinander und ergänzt selber einen Teil, in dem er den Dreyfus erwähnt. Und das ist halt eine ziemlich schlechte und plumpe Fälschung, weil die unterschiedlichen Papiersorten sofort aufgefallen sind. Also jemand, der es sich genauer anschaut, hat gemerkt, okay, da ist einfach noch ein Papier reingeklebt worden. Und auf diesem reingeklebten Papier ist auch noch eine andere Schrift, die nur versucht, die andere Schrift zu kopieren. Mhm.

Und du musst dir diese Geheimakte so vorstellen, dass die immer weiter ergänzt worden ist. Also die legen die bei dem ersten Prozess von Trefus vor. Da sind am Anfang nur wenige Dokumente drin, die mit dem Fall zu tun haben. Und mit der Zeit werden die ergänzt. Mit solchen Dingen zum Beispiel wie dieser Henri-Fälschung. Am Ende hat diese Akte, die am Anfang nur recht dünn war, mehrere hundert Dokumente enthalten.

Der Henri wird am 30. August verhaftet und beginnt am nächsten Tag Selbstmord in seiner Zelle der Festungsanlage Mont Valerian. Auch nach Henri's Selbstmords wurde er in der antisemitischen Presse weiterhin als Held gefeiert und der Picard als der eigentliche Fälscher dargestellt. Obwohl der ja eigentlich derjenige war, der den Fall intern aufklären wollte. Ja.

Der Kavaniak tritt aber jetzt als Kriegsminister zurück und man kann sagen, es ist nur einer von vielen Rücktritten. Im Rahmen dieser Affäre treten viele Leute zurück. Aber das ist so ein typisches Beispiel. Und jetzt ist es so, das Berufungsgericht entscheidet Ende 1898, dass der Revisionsantrag zulässig ist. Also…

Vier Jahre später. Vier Jahre später. Aber zu einem neuen Verfahren kommt es erstmal nicht, weil es findet sich keine politische Mehrheit, die diesen Revisionsantrag einbringt. Das Blatt wendet sich auch, weil im Februar 1899 der Staatspräsident, der Félix Faure, der stirbt. Im Salon d'Argent, dem silbernen Salon des Élysée-Palastes,

Es ist ein klein wenig brisant, weil es passiert, während er mit seiner Geliebten zusammen ist. Tja, ist halt Frankreich, gell? Aber jetzt ist endlich der Weg frei für eine Wiederaufnahme, weil der neue Staatspräsident, der Émile Loubet, der wollte jetzt einen Kompromiss finden. Zuvor kommt es allerdings noch zu einem Putschversuch, der niederschlagen wird. Naja, auch noch ein kleiner Putschversuch. Das soll heißen, es sind unglaublich unruhige Zeiten während der sogenannten Dritten Französischen Republik in dieser Zeit. Aha.

Aber im Juni 1899 wird der Revisionsprozess angeordnet. Dreyfus wird von der Teufelsinsel nach Paris gebracht. Der Prozess beginnt am 7. August 1899 in Rennes. Man macht es absichtlich nicht in Paris, um da eigentlich noch Aufruhr zu erzeugen. Was glaubst du, wie endet dieser Prozess? Mit keinem Schuldspruch. Es gibt immer noch keine weiteren Beweise, die jetzt gegen den Dreyfus sprechen würden.

Aber am 9. September wird Trefus erneut verurteilt. Mit 5 zu 2 Stimmen. Zwar unter mildenden Umständen, nur zu 10 Jahren Gefängnis, aber es ist wieder ein Schuldspruch. Es wird ihm dann eine Begnadigung angeboten, die er auch annimmt. Aber das ist jetzt für beide Seiten eine schwierige Situation. Einerseits will es der Staatspräsident, der Emile Loubet, erstmal nicht machen, um die Autorität des Militärgerichts nicht zu diskreditieren.

Die Dreifussaden werden dadurch aber jetzt auch gespalten, weil die ja eigentlich für die Rehabilitierung gekämpft haben. Also dafür, dass der Schuldspruch zurückgenommen wird. Und wenn Dreifuss jetzt die Begnadigung annimmt, dann bleibt der Schuldspruch ja erhalten. Und es ist interessant, weil die ganze Dreifussaffäre, die koppelt sich irgendwann ab von der Person Dreifuss.

Also in seiner Zeit auf der Teufelsinsel bekommt er ja das meiste gar nicht mit. Er kommt dann nach fünf Jahren Isolationshaft völlig geschwächt und abgemagert wieder nach Frankreich. Und das ist übrigens auch der Grund, warum sein Bruder auch die Begnadigung fordert, weil er sagt, er weiß gar nicht, wie lang oder ob sein Bruder eben das überleben würde, wenn es nochmal zu einem Prozess kommen würde. Und wenn eingesperrt werden würde. Und als er jetzt wieder zurückkommt, stellt Trefus sich halt nicht an die Spitze der drei Fussaden.

Die meisten Dreyfussaden, muss man sagen, haben ihn ja auch noch nie persönlich gesehen. Diese Sache nimmt er erst Fahrt auf, als er auf der Teufelsinsel schon ist. Die führen im Grunde halt einen Kampf für die Wahrheit gegen das politische System. So eine Prinzipgeschichte. Genau. Hat mit ihm halt tatsächlich recht wenig zu tun. Der Leon Blum, von dem ich vorhin schon erzählt habe, der schreibt...

Er hatte keine Affinität zu seiner Affäre, keine Berufung für die Rolle, die ihm eine Laune der Geschichte auferlegte. Wäre er nicht Dreyfus gewesen, wäre er überhaupt ein Dreyfusat gewesen? Naja. Er nimmt jedenfalls die Begnadigung an und am 21. September 1899 wird er freigelassen. Und kurz darauf, im Dezember 1900, wird ein Amnestiegesetz verabschiedet,

Und das garantiert Straffreiheit für alle mit der Affäre Dreifuss in Zusammenhang stehenden Rechtsbrüchen. Ausgenommen ist nur das Urteil gegen Dreifuss selber, damit er dagegen noch vorgehen kann. Aber das stellt die Dreifussaden natürlich nicht zufrieden, weil damit entgehen jetzt auch die Täter im Generalstab einer möglichen Strafe. Jetzt nimmt so das öffentliche Interesse langsam ab.

Aber die drei Fussaden kämpfen weiter für die Rehabilitierung. Und es kommt dann tatsächlich zu einem neuen Prozess. Es ist jetzt inzwischen der dritte. Den Beginn dieses Prozesses, den erlebt Solar, der ja eigentlich mit dem Jacuzzi ja so wichtig dazu beigetragen hat, dass Dreyfus überhaupt einen Revisionsprozess bekommt. Der stirbt nämlich im September 1902 und die Umstände, also die Frage, ob es ein Mord war, die sind bis heute nicht ganz geklärt.

Er stirbt nämlich an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung, weil der Kamin in seinem Schlafzimmer verstopft ist. Weil ich ja vorhin gesagt habe, er war schon alt, aber natürlich relativ alt im Vergleich zu seinem Tod, der einige Jahre später kommt. Was war er so, Anfang 60? Ja, genau. Irgendwann viel später gibt es nämlich jemanden, der behauptet, dass der Kamin absichtlich verstopft wurde. Naja, nach dem, was ich alles gehört habe bisher. Ja, hey, das klingt absolut unwahrscheinlich. Das stimmt allerdings nicht.

1904 beginnt also jetzt der nächste Revisionsprozess. Nochmal zur Erinnerung, das Ganze beginnt im September 1894, also vor zehn Jahren. Jetzt also der nächste Prozess, es ist inzwischen der dritte und der wird deshalb ins Laufen gebracht, weil weitere gefälschte Beweise im Geheimdokument identifiziert worden sind. Ich habe schon gesagt, Henri hat nicht nur ein Dokument gefälscht, das sind mehrere und die werden jetzt auch aufgedeckt. Mhm.

Und im Juli 1906 wird Dreyfus tatsächlich rehabilitiert. Das Urteil von Rennes wird annulliert. Das Gericht bestätigt, dass das Urteil gegen Dreyfus irrtümlich und zu Unrecht verhängt worden ist. In der Folge werden Dreyfus und Picard wieder in die Armee aufgenommen. Picard wird sogar noch im Jahr 1906 ins Kabinett des Dreyfusaden Georges Clemenceau berufen und dort Kriegsminister. Mhm.

Dreyfus wird dann im Juli 1906 der Orden der Ehrenlegion verliehen. Aber die Spaltung der Gesellschaft, die vorhin so deutlich geworden ist, die ist natürlich dadurch jetzt nicht überwunden. Man sieht es dann zum Beispiel, als Emile Solars sterbliche Überreste in das Pantheon überführt werden sollen, im Juni 1908. Da kommt es zu einem Attentat auf den Dreyfus. Es fallen Schüsse und er wird am Arm und an der Schulter verwundet, überlebt aber.

Der Täter, ein Journalist, der wird sofort festgenommen und später freigesprochen. Dreyfus, der lässt sich erst in den Ruhestand versetzen. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs lässt er sich aber reaktivieren und kämpft dann während des Ersten Weltkriegs für die französische Armee, lebt dann aber später ein sehr zurückgezogenes Leben und stirbt dann 1935 in Paris. Ich habe mir das Bild angeschaut vom Säbel zerbrechen. Wenn ich es richtig identifiziert habe, dann war er leichter Kavallerie, kann das sein?

Na, eigentlich glaube ich Artillerie. Ha, weil der Säbel, der zerbrochen wird, ist eigentlich ein leichter Kavallerie-Modell. Verstehe. Man muss ja nicht unbedingt dasselbe tragen. Man kann ja auch aussuchen, was man tatsächlich tragen will. Also nur standardmäßig wäre das Kavallerie. Verstehe. Ich muss nochmal gucken, aber ich bin mir relativ sicher, dass es Artillerie war. Aha.

Ich habe gesagt, die Affäre wirkt im Grunde bis heute nach und es gibt einige direkte Folgen. Eine davon ist die Gründung der Französischen Liga zur Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte. Die ist nämlich 1898 ins Leben gerufen worden, mit dem Ziel, den Dreyfus-Prozess da eine Wiederaufnahme zu erzwingen. Mhm.

Außerdem prägt dieser Skandal und vor allem die antisemitische Hetze den Theodor Herzl. Der ist nämlich ab Oktober 1891 als Korrespondent in Paris tätig für die Wiener Freie Presse. Und geprägt von dieser Aufgeheizungsstimmung veröffentlicht er dann im Jahr 1896 das Buch Der Judenstaat und er ist damit ja einer der Begründer des politischen Zionismus. Haben wir gemeinsam diese Veranstaltung besucht? Ja.

An der Uni? Ne, da war ich nicht dabei. Ah, okay, gut. Okay, ich habe gedacht, wir haben das gemeinsam gesucht, als ich das Seminar gemacht habe. Und worum ging es dann? Anfangen des Zionismus, also Herzlfall. Aber ist dir da die Drehfüß-Affäre auch noch in Ordnung? Kann ich tatsächlich nicht sagen. Das ist jetzt mittlerweile, glaube ich, schon so 22 Jahre her.

Jedenfalls, Herzl war eben eine Zeit lang in Paris während des Höhepunkts der André-Füß-Affäre, was ihn wohl stark geprägt hat. Es ist auch deshalb ein Thema, das bis heute nachwirkt, weil die Themen ja weiterhin aktuell geblieben sind. Also es geht um Antisemitismus, es geht um die Rolle von Intellektuellen und am Ende natürlich auch um Wahrheit und Gerechtigkeit. Und André-Füß wurde ja auch ein zweites Mal verurteilt, obwohl der wahre Spion Esterhazy längst überführt war.

Also man kann einerseits sagen, es hat sich halt schlussendlich doch noch die Wahrheit durchgesetzt. Gleichzeitig aber Dreyfus, der ist nie entschädigt worden für das Leid, das ihm zugefügt wurde. Und außerdem...

blieb die Gesellschaft ja weiterhin gespalten. Also die Wunden, die dieses Ereignis gerissen hat, die waren halt tief. Und die Affäre hat erst öffentlich gemacht oder gezeigt, wie stark der Antisemitismus verankert war in der Gesellschaft, in der Politik und auch im Militär. Ich könnte noch sehr, sehr viel sagen, Richard, aber das war meine Geschichte über die Dreyfus-Affäre, ein unglaublicher Justizskandal, der Frankreich bis heute prägt mit Intrigen, Fälschungen, Ministerrücktritten,

Also insgesamt eine Affäre, die Frankreich in eine schwere politische und moralische Krise geführt hat. Sehr gut. Ich bin sehr froh, dass du es gemacht hast jetzt, damit wir das tatsächlich auch einmal im Detail besprochen haben. Weil es ist ja tatsächlich auch so ein Problem, dass wenn sowas so eine gewisse Bekanntheit hat, dass man denkt, man weiß eh wie und was und warum. Aber nachdem ich jetzt an den Ausführungen hier gelauscht habe,

kann ich behaupten, dass ich nicht gewusst habe, wie, warum und weshalb. Deswegen, sehr gut. Vor allem, weil es ist auch so spannend, dass du hast jetzt hier wirklich eine sehr komplexe Geschichte erzählt und hast aber Komplexitäten noch auslassen müssen, damit es nicht zu kompliziert wird. Was zeigt, wie weit eigentlich gegangen wurde, ja,

damit dieses Ding kein Ende findet. Ja, genau. Das finde ich auch das Absurde hier, wie weit gegangen wurde auf dem Rücken dieses zu Unrecht beschuldigten Offiziers, um im Grund Gesicht zu wahren. Ja, genau. Weil darum geht es in erster Linie. Genau. Und gleichzeitig aber auch so viel losgestoßen hat. Und das dann wieder so diese Auswirkungen hat. Also was du vom Herzog gesagt hast zum Beispiel und all diese Dinge, von denen man

gar nicht ausgeht, dass es das eigentlich bewirken könnte und schlussendlich dann massiven Einfluss eigentlich gehabt auf diese Entwicklungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Und es gibt so viele Stellen an dieser Geschichte, wo man denkt, okay, eigentlich muss doch auch in der Öffentlichkeit allen klar sein, was hier passiert ist. Und was man da eben dann sehen kann, ist, dass einfach die Wahrheit immer komplett nochmal umgedreht wurde. Also der Henri gibt diese Fälschung zu, nimmt sich das Leben und trotzdem wird er als Opfer dargestellt der Geschichte. Und der Picard, der das Ganze aufklären will, dem wird sozusagen die Schuld zugewiesen. Mhm.

Und diese Täter-Opfer-Umkehr, die bestimmt dann auch ein Stück weit diesen ganzen politischen Diskurs. Ja.

Interessant finde ich, dass du jetzt unser Spionage-Affären-Experte bist. Ja, deshalb habe ich es auch gemacht. Weil absolutes Frühwerk, K.A.G. 13, hast du ja auch einen Spionagefall gemacht über die Habsburger Monarchie. Der Oberst Riedl. Ja, genau. Die Affäre Riedl. In seinem Fall tatsächlich schuldig. Was ich auch so interessant finde, es gibt so viele Assoziationen, wenn man diese Geschichte lauscht, die du jetzt gerade hier

Ja, ausgeführt hast. Zum Beispiel hast du gesagt, dass er aus dem Elsass ist und deswegen hat er schon eine Ausnahmestellung bzw. ist schon mal ein bisschen negativ verhaftet. Und es ist ja auch dann nicht lange nachdem er rehabilitiert wird, ist ja auch die Zabern-Affäre, die er mal macht. Erinnerst du dich noch, wo es dann um quasi die Deutschen im Elsass geht?

Was auch wieder zeigt, Elsa ist einfach ziemlich übel mitgespielt eigentlich. Also du giltst als Außenseiter und dann eigentlich sind sie immer so in diesem Spannungsfeld zwischen Frankreich und Deutschland und gehören eigentlich nirgendwo wirklich dazu.

Und dann habe ich mich natürlich erinnert, ich finde auch, als du beschrieben hast, die Verbandung auf dieser Teufelsinsel, da habe ich gleich an Ovid denken müssen und an die Schwarzmeerküste. Und dann natürlich auch gleich an Ransmeier und sein Buch drüber. Aber ja, das sind so die Dinge, die einem einfallen. Und was ich eben auch so, nicht verblüffend, aber was halt auch so ausgewöhnlich ist, das, was du gegen Ende noch gesagt hast mit der Tatsache, dass er

der vier oder fünf Jahre in Verbannung war und eigentlich überhaupt nichts mitgekriegt hat. Also was im Hintergrund abgelaufen ist, also wirklich...

die massivste Staatsaffäre überhaupt sein kann. Und er ist einfach in Isolation und kriegt nichts mit. Und was das mit ihm gemacht haben muss, dass er dann irgendwann heißt, du kommst jetzt mit und jetzt gibt es diese neue Verhandlung und du wirst nochmal vor Gericht gestellt und er weiß gar nicht, warum jetzt schon wieder. Und wird dann nochmal verurteilt. Ja. Also haben wir das nicht schon hinter uns? Ja. Ich bin jetzt schon fünf Jahre hier in Isolationshaft. Ja.

Ja, echt grauenhafte Geschichte eigentlich das Ganze. Absolut, ja. Normalerweise habe ich das gar nicht so sehr, aber bei der Geschichte, da drängen sich einfach auch so ein Stück weit diese Parallelen zur Gegenwart so auf. Also einfach auch dieses Aufheizen der Stimmung und dann dieses Festhalten an den Lügen. Also Aufheizen der Stimmung und dann auch diese beiden Lager. Und die aber auch in den...

Und ich glaube, das ist auch so dieses Absurde. Du hast jemanden, von dem man weiß, dass er es eigentlich war. Trotzdem hast du noch dieses Lager des so Anti-Drei-Füßes. Und das ist, glaube ich, auch was, was so ein bisschen diese Assoziationen zu heute bringt. Dass selbst im Angesicht absoluten Unrechts trotzdem drauf beharren. Ja, ja.

Das ist außergewöhnlich. Und natürlich auch das einfach ständig versuchen, alles abzustreiten und alles zu tun, um nicht selber Verantwortung übernehmen zu müssen. Es gibt diesen Moment auch, wo Picard dann zu seinen Vorgesetzten geht und sagt, also ich habe jetzt den wahren Schuldigen gefunden. Und dann sagen die aber relativ offen zu ihm, hey, wir lassen lieber einen Unschuldigen quasi über die Klinge springen und wahren dafür das Gesicht des Militärs. Ja.

Das ist ja auch so ein Ding, dieser Unterschied zwischen Militärgericht und dann am zivilen Gericht. Das zieht sich ja auch immer durch, diese Spannungen und was dann für wen wichtiger ist. Und was wichtiger ist, ist es wichtiger hier die Integrität des Militärs zu schützen oder ist es wichtiger, dass tatsächlich ziviles Recht eingehalten wird? Ja, ja, ja.

Und was ich wirklich interessant fand auch, ist diese Geschichte, dass es ja lange dauert, bis die Öffentlichkeit auch, also bis es so eine größere Gruppe an drei Poussaden auch gibt, die an die Unschuld auch glauben. Weil das ist ja auch so was, wenn man diesen Fall so erstmal mitbekommen hat, da waren ja ganz viele erstmal überzeugt von seiner Schuld, weil er eben medial, klar, du hast gehört, er ist verurteilt worden. Ja, es gibt dieses Gutachten von einem Bertillon, ist eine bekannte Persönlichkeit und man dachte sich wahrscheinlich dann erstmal so, ja klar, dann ist er halt schuldig. Ja.

Man erinnert mich auch wieder an den Titel meiner Folge über Barbara von Zilli. Eine Lüge, die tausendmal erzählt wird, wird dann halt irgendwann zur Wahrheit. Und es ist dann dieser jahrelangen Überzeugungsarbeit der Familie zu verdanken, dass sich das dann doch umgekehrt hat.

Immer wenn ich solche Sachen höre, bin ich so beeindruckt von Menschen. Weil ich weiß nicht, ob ich so ein Durchhaltevermögen hätte. Also ich glaube, bei mir wäre da irgendwo der Punkt, wo ich sage, okay, es ergibt einfach keinen Sinn mehr, hier weiterzumachen. Und es braucht halt genau solche Leute, die das nicht denken.

Ich stelle mir vor, sie hätten es nicht gemacht. Und dann muss ich auch wieder daran denken, wie oft im Laufe der Geschichte es so war, dass die Leute einfach aufgeben haben. Genau, ja. Und was wir heutzutage für ein verzerrtes Bild von Dingen haben, weil es einfach nicht weitergegangen ist. Genau, weil niemand nochmal weiter... Es ist dann ein bisschen Zweifeln. Absolut, ja.

Und oft ist es ja auch ein Stück weit einfach persönliche Überzeugung, wie der Emile Solard dieses Jacuzzi, das muss er nicht machen. Der ist am Höhepunkt seiner Macht. Der könnte auch sagen, ich will mit der Sache, ich stelle mich da jetzt nicht ins Zentrum dieser Geschichte. Braucht es aber halt auch. Genau, ja. So was. Und ich finde gut, dass sich das so entwickelt hat. Ja, voll. Ja gut, Daniel, ich denke...

Du hast alles Wichtige für diese Folge gesagt. Gibt es vielleicht noch Literatur, die du empfehlen kannst diesbezüglich? Ich nehme an, es ist viel geschrieben worden. Oh ja. Vielleicht noch so, im Laufe der Jahre habe ich einige Hinweise zur Drehfüß-Apropos bekommen. Ja, ich auch. Also ich sage mal von Dimo, Martin, Björn, Dominik, Lukas, Dave und Marike. Und

Was Literatur angeht, gibt es, wie ich schon angedeutet habe, sehr, sehr viel. Also irgendwo habe ich gelesen, es gibt wahrscheinlich zu keinem Thema in Frankreich mehr Bücher außer Französische Revolution und Napoleon. Dann kommt schon die Dreifüß-Affäre. Und das große Forschungsinteresse hat auch damit zu tun, dass halt auch die Archive vielleicht zugänglich sind. Also es gibt einfach diese Fülle an Material, die zugänglich ist. Und weil halt auch immer viel dazu geschrieben worden ist. Vielleicht auch ja

An der Stelle nur so ein, zwei besondere Bücher. Zum einen fand ich sehr interessant die Bücher von George White. Das war ein ungarisch-britischer Schriftsteller, aber auch Komponist. Und er hat unter anderem auch eine Dreifuß-Oper inszeniert. Von ihm gibt es zum Beispiel das Buch The Dreifuss Affair Chronological History. Das ist nicht wirklich gut zu lesen, aber es ist ein super Referenz- und Nachschlagewerk.

Also wirklich sehr detailliertes und ich habe auch gelesen, es ist so auch eines der besten Referenzwerke, weil er einfach wirklich viele Dokumente auch mit drin hat und so. Und das ist ein sehr gutes Buch. Das Aktuellste, das ich gefunden habe, ist von Maurice Samuels von der Yale University. Das heißt Alfred Treifuss, The Man at the Center of the Affair.

Ja, ansonsten werde ich noch ein paar mehr Sachen in die Shownotes packen. Ich habe ja jetzt auch kurz nachgeschaut, wie viele Hinweise ich kriege davon. Es sind einige. Ich habe aber auch gesehen, dass 2019, als der Film von Polanski rausgekommen ist, basierend auf dem Buch von Robert Harris, sind wir zu Pressevorführungen eingeladen worden. Ah, sehr gut. Aber wir haben halt keine Zeit dafür gehabt, leider. Aber ja, den gibt es ja auch, den Film.

Also du hast schon gesagt, der basiert auf dem Roman von Harris. Und da wird die Geschichte erzählt aus der Perspektive von Picard. Ah ja. Hast du ihn angeschaut? Nein. Das Buch gelesen? Nein. Okay. Gut. Ja, dann würde ich sagen, Richard. Sollen wir übergehen zum Feedback-Hinweis-Blog? Machen wir das. Gut.

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Marius, Daniel, Matthias, Christopher, Marianne, Michael, Sebastian, Thomas, Oliver, Christine, Judith, Maximilian, Dominik, Urs und Laura. Vielen, vielen Dank für eure Unterstützung. Ja, vielen herzlichen Dank und danke an Lene Kieberl fürs Schneiden dieser Folge. Tja Richard, dann würde ich sagen, machen wir das, was wir immer machen.

Ganz genau, geben wir dem einen das letzte Wort, das er immer hat, nämlich Bruno Kreisky. Lernt ein bisschen Geschichte, dann werdet ihr sehen, wie der Reporter sich damals entwickelt hat. Clemenceau, Clemenceau. Ja, macht Clemenceau. Clemenceau, Clemenceau, so ist es.

Und so wendet sich Solar an die von Georges Clemenceau, der spätere französische Ministerpräsident.