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cover of episode Corona - CDU-Politikerin Monika Grütters über die Systemrelevanz der Kultur

Corona - CDU-Politikerin Monika Grütters über die Systemrelevanz der Kultur

2025/1/26
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Kulturfragen

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People
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Monika Grütters
Topics
Monika Grütters: 我回忆起最初关于文化系统重要性的辩论始于第一次封锁。德国实施封锁令令人震惊,我们立即思考这对文化产业的影响。文化产业脆弱,依赖于多种生活模式和行为,封锁对文化产业的冲击巨大。将文化归类为“休闲活动”,这是一个错误的分类,源于政府部门内部的沟通和分类失误。将文化归类为“休闲活动”引发的争议促进了人们对文化在社会中的地位的讨论,最终是有益的。文化并非锦上添花,而是基本需求,如同“生存必需品”。疫情期间,独立艺术家和创意产业受到的冲击最大,需要紧急援助。我需要说服政府部门,文化产业的多样性和特殊性需要专门的援助计划,而不是简单的套用通用的经济援助措施。默克尔总理的支持对文化援助计划的实施至关重要。文化援助资金的分配是通过与各个文化协会合作完成的,这确保了资金的有效分配。在紧急情况下,援助计划中存在一些“搭便车”现象是不可避免的,但我们也对资金的使用进行了严格的监控。我不太认同将艺术作品以流媒体形式呈现给观众的做法,尽管数字技术推动了文化领域的变革。尽管我不喜欢流媒体,但疫情期间,在线观看苏黎世歌剧院的《沃策克》演出是一次积极的体验。我们需要改进艺术家的社会保障体系,但目前面临着财政压力。国家应该支持艺术家的社会保障体系,因为艺术对整个社会有益。我支持在德国宪法中增加“国家保护和促进文化”的目标,但这并不意味着必须强制性地拨款。德国在文化方面的投入虽然相对较少,但其文化成就显著,并得到公众的支持。文化面临着来自财政紧缩和政治极端主义的压力。极端主义势力对文化的干预非常危险,因为它会狭隘地定义文化,并威胁到文化的多样性和创新性。 Karin Fischer: 作为主持人,Karin Fischer 主要负责引导访谈,提出问题,并对 Monika Grütters 的回答进行总结和引导,没有表达个人观点。

Deep Dive

Chapters
This chapter explores the concept of 'systemrelevanz' (system relevance) in the context of the cultural sector during the pandemic. It examines the initial prioritization of essential services and the subsequent debate surrounding the inclusion of culture within this framework. The discussion touches on the cultural sector's vulnerability and the importance of maintaining essential societal functions.
  • Initial prioritization of essential services like healthcare and logistics during the pandemic.
  • Debate on whether culture is essential.
  • The concept of system relevance in the cultural sector and its implications for financial assistance.

Shownotes Transcript

Translations:
中文

Am Mikrofon ist Karin Fischer.

Im strengen Lockdown und vor allem danach gab es ein Zauberwort, das klang wie ein Versprechen auf Zukunft ohne Geldsorgen. Systemrelevanz. Ein Begriff, der was wert war. Wer Systemrelevanz erfolgreich für sich reklamierte, durfte arbeiten oder wurde durch finanzielle Hilfen vor dem Ruin errettet. Als der Begriff in der Kultur landete, diente er auch hier der Rechtfertigung für staatliche Hilfen.

Sie hören, wir sind am Ende unseres Deutschlandfunk-Schwerpunkts zu fünf Jahren Corona und wollen heute fragen, was macht eine systemrelevante Kultur eigentlich aus? War die Wortkombination produktiv? Welche Folgen hatten die massiven Unterstützungsleistungen für Künstlerinnen, Musiker, die Veranstaltungsbranche, Galerien etc.?

Und wie würden wir die Frage nach der Systemrelevanz der Kultur heute beantworten? Im Zeichen nochmal anderer gesellschaftlicher Debatten, auch einer zunehmenden Infragestellung vieler Kultureinrichtungen durch Populisten.

Ja, und in einer womöglich noch krisenhafteren Welt. Ich freue mich sehr, dass Monika Grütters zugesagt hat, diesen Begriff mit uns gemeinsam zu durchdenken und mit Blick auf die Pandemie hin und her zu wenden. Die CDU-Politikerin und ehemalige Kulturstaatsministerin des Landes bis 2021. Herzlich willkommen, Frau Grütters. Ja, ich freue mich, dass ich hier mit Ihnen diskutieren kann.

Wir zeichnen das Interview in der Woche vor dem Sendetermin auf. Und zuerst natürlich die Frage an Sie, Frau Grütters. Wie erinnern Sie sich an diese aufkommende Debatte damals? Wann hatten Sie zum ersten Mal mit dem Begriff Systemrelevanz und Kultur zu tun? Ziemlich von Anfang an, als die ersten Lockdowns beschlossen worden waren. Die waren ja für uns alle ein Schock, also extrem.

Dass wir Deutschen das auch machen würden, was wir über die Fernsehbilder aus dem Ausland gesehen haben, war in dem Augenblick, das war im März 2020 für uns wirklich schockierend, weil jeder hat für sich persönlich gedacht, was bedeutet das?

Aber wir in der Politik Verantwortlichen haben natürlich auch darüber sofort nachgedacht, was heißt das für unsere Branche, für die ich Verantwortung trage. Und die Kulturbranche ist halt vulnerable und lebt ja von sehr unterschiedlichen Lebensmodellen und Verhaltensweisen und auch von, ich sage mal, unkonventionellen Typologien und das alles jetzt,

sich vorzustellen, was heißt das, wenn wir die alle daran hindern, ihren Job zu machen und ihren Leidenschaften nachzugehen, das war fast eine Überforderung. Und da ist sehr schnell der Begriff gekommen, wir müssen das Infektionsgeschehen eindämmen, damit das System Deutschland, also unsere Art des

primären Zusammenlebens, also die öffentliche Ordnung, damit das aufrecht erhalten werden kann. Und dafür müssen andere zurückstehen und sich mit dieser Lockdown-Situation abfinden. Und da war sofort natürlich die Konkurrenz der Branchen in Bezug auf diesen Begriff lag sozusagen in der Luft. Ja genau, und da gab es natürlich auch sowas wie eine Timeline. Also wenn man die Presse nochmal durchschaut auf diesen Begriff hin,

dann fällt es schon auf, dass systemrelevant zu Beginn im Grunde die Medizin-, Heil- und Pflegeberufe genannt wurden. Die Lastwagenfahrer, die Logistikbranche, also Stichwort Lebensmittel und Toilettenpapier im Supermarkt. Es ging darum, dass das Lebensnotwendige bereitgestellt wurde. Und dann eben die Frage, ist die Kultur lebensnotwendig?

Oder nicht? Wir würden sagen, natürlich. Die Energieversorgung gehörte noch mit dazu, muss man auch mal ganz deutlich sagen. Und Sicherheit, also Polizei, Feuerwehr. Man wollte sich gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn dort so viele Infektionen sichtbar geworden wären, dass...

dass diese Ordnung nicht hätte aufrechterhalten werden können. Und das war das primäre Ziel. Und deshalb muss man so ein bisschen fragen, es gibt sowas wie den Minimalkonsens Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

Und dann natürlich sozusagen das Sekundäre, nämlich die Grundbedingungen einer offenen Gesellschaft, unseres Gemeinwesens, wie wir es eingeübt haben zu akzeptieren. Und da spielt spätestens dann die Kultur natürlich auch eine wichtige Rolle mit.

Genau und in dieser sozusagen Konkurrenz, die damals auch spürbar war, war der Aufschrei in der Kultur zum ersten Mal deutlich hörbar, als Theater, Opern oder Kinos eben zu Freizeitveranstaltungen deklariert wurden, also mit Spielhallen oder Bordellen gleichgestellt. Wie haben Sie diese Debatte erlebt?

Ja, das war bitter. Ich habe von dieser Begrifflichkeit und der Einordnung in diese Kategorie, ich glaube, im Vorfeld der Kabinettssitzung oder erst in der Kabinettssitzung erfahren. Das geht womöglich zurück auf die Arbeitsebene im Gesundheitsministerium, die so, ich weiß es nicht mehr genau, wie es damals war, zehn Kategorien hatten, wo man Firmen und die Praxis des öffentlichen Lebens einordnen konnte. Also die Transportwirtschaft, die Gastronomie,

Krankenhäuser. Und da hat wahrscheinlich irgendjemand nicht gewusst, wo man die Kultur jetzt in dieses Netz einbaut. Und dann blieb am Ende das Kästchen Freizeitveranstaltungen und Bordelle übrig. Also ein kategorialer Fehler sozusagen. Ja, weil die Arbeitsebene...

Ich versuche die ja jetzt zu entschuldigen, mutmaßlich nicht den Mumm hatte, eine neue Kategorie Kultur einfach anzufügen. Das hätte aber spätestens dann oben im Kanzleramt, bevor das das Licht der Kabinettsmitglieder sieht, hätte das natürlich korrigiert werden müssen.

Und dann ist die Debatte richtig entflammt. Aber das hat der Sache nicht geschadet. Also man hat deshalb über die Kultur nochmal explizit und deutlich gesprochen, wo gehört die eigentlich in unserem Gemeinwesen, in der Praxis des Zusammenlebens, aber natürlich auch in unseren Herzen. Was ist es uns wert, ist ja eine andere Kategorie.

als eine materielle. Diese Debatte ist daraufhin dann auch richtig geführt worden und das hat letzten Endes gut getan.

Ich erinnere mich, dass Hito Steyerl das Bundesverdienstkreuz abgelehnt hat, weil sie ist sozusagen stellvertretend für viele andere Künstlerinnen und Künstler, die so verletzt waren durch diese Debatte und die es ja wirklich schwer hatten. Wir können ja mal in die Praxis springen. Also es war das Ostergeschäft, es war das Weihnachtsgeschäft, es war die Zeit, wo Musikerinnen und Musiker, Künstlerinnen und Künstler wirklich

wirklich ihre Lebensgrundlage sozusagen überhaupt erwirtschaften konnten, fiel mehrfach aus. Und in dem Zusammenhang ist es ja tatsächlich so,

nicht falsch von der Kultur als Überlebensmittel, gerade für die Künstlerinnen und Künstler zu sprechen? Ja, das ist ein Begriff, der ist in der Zeit entwickelt worden, Überlebensmittel. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Die Kultur ist nicht ein Sahnehäubchen, sondern ein Grundnahrungsmittel. Also wir haben viele Bilder erfunden. Wir haben auch immer gesagt,

Kein Bildschirm-Erlebnis ersetzt das Live-Erlebnis, weil wir dann ja tatsächlich ins digitale Performen umgeswitcht haben. Und was viele, glaube ich, als es um die Corona-Hilfen dann für diese Szene ging,

verstanden haben ist, dass die großen Institutionen, die wir haben, nicht so sehr betroffen waren, weil denen haben wir ja ihre staatlichen Zuschüsse nicht entzogen. Aber die vielen Soloselbstständigen Künstler, die kreativ-wirtschaftlichen Unternehmen, was ja ein erheblicher Anteil ist, viel mehr als das, was institutionell betrifft,

gesichert ist. Die waren wirklich existenziell in einer Notlage und denen musste geholfen werden. Ja, vielleicht erzählen Sie mal kurz aus dem Maschinenraum der Kulturstaatsministerin von damals, was dann in Ihren Augen getan werden musste und wie Sie das große Hilfspaket für die Kultur dann geschnürt haben.

Erstmal musste ich Überzeugungsarbeit leisten, dass die Kulturbranche, die so vielfältig ist und aus Facetten besteht, die natürlich nicht jeder kennt, hinter einem popkulturellen Live-Erlebnis beispielsweise, sind ganz viele Backstage-Branchen. Von der Technik über die Maskenbildnerei bis zum Künstler.

Catering, die waren ja alle, alle, alle mit betroffen. Und dann die vielen Solo-Selbstständigen, freiberuflichen Künstler, die wir in Deutschland einfach konsumieren und über deren Lebensumstände man sich natürlich nicht zwingend immer Gedanken macht. Und da musste ich wirklich Überzeugungsarbeit im politischen Raum leisten, dass wir diese vielfältige, unkonventionelle Szene, die sich auch so nah an

formalen Antwort entzieht, dass die ein eigenes Programm brauchte und sich nicht nur beim Wirtschaftsministerium bei diesen Plattformen generierten Überbrückungshilfen und dem Kurzarbeitergeld anstellen konnte. Dies konnten alle Branchen

über Steuerberater oder Rechtsanwälte beziehen und beantragen und haben das auch bekommen. Aber für die Kultur konnte dieses Muster einfach nicht gelten. Es wurde schon im Kabinett von Kollegen angezweifelt, ja wieso, die haben doch auch einen Steuerberater. Und wenn ich dann immer gesagt habe, nein, die meisten haben keinen, die verdienen gar nicht genug, die machen ihre Steuererklärung, wenn überhaupt, dann selbst.

Also diese vollkommen anderen Lebensumstände als die, die man so landläufig kennt, die mussten erstmal kommuniziert werden, um ein Verständnis dafür zu erwirken, dass ich eigenes Geld für die Kultur brauchte, was wir dann spezifisch verteilt haben. Ja, bis in dieses Klein-Klein von, die haben auch kein Arbeitszimmer, die haben möglicherweise auch kein Auto, das sie von der Steuer absetzen. Die haben ihre Stimme und einen Notenständer vor sich und sowas machen wir jetzt damit. Genau.

Ja, ganz genau. Und dafür braucht es eben eine Kulturstaatsministerin. Also spätestens in der Situation hat sich ja bewährt, dass da eine sitzt, die sich wirklich dann auch auskannte und für diese Branche eine Lanze gebrochen hat. Und ich muss sagen, im Kabinett, wo es wirklich Widerstände anfangs gab, hat am Ende Angela Merkel entscheidend mitgeholfen, als sie gesagt hat, ihr hört doch, was sie sagt.

Jetzt macht das mal und entwickelt Programme, die dann auch für die Kulturbranche spezifisch sind. Und dieses Geld zu haben war ja nicht alles. Das musste dann in sehr kurzer Frist an die wirklich notleidenden Künstler verteilt werden. Und das war natürlich eine Herausforderung.

Ich musste rechtfertigen, dass es wirklich dieses Geld gab und dass wir damit umgehen konnten. Aber vor allen Dingen musste ich die Erwartung der Branche erfüllen. Sie haben sich bei der Verteilung auf die vielen, vielen Institutionen gestützt und Verbände, die wir hier in Deutschland für die Kultur haben. Das war dann der Not geschuldet am Ende das Beste an dem ganzen Manöver, muss ich sagen. Und etwas, was hoffentlich stilprägend ist und in die Zukunft auch gerettet wird.

Wir haben erst eine Milliarde, dann noch eine zweite bekommen. Wir haben uns dann überlegt, dass wir mit den einschlägigen Verbänden, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Initiative Musik für die Popkultur, natürlich auch dem Bundesverband der Galeristen oder dem Kunstfonds für bildende Künstler usw.,

Mit dem Bundesverband der Archäologie, die haben dann Heimatmuseen betreut und so weiter. Und vor allen Dingen auch mit dem Deutschen Kulturrat, bei dem diese meisten Verbände ja organisiert sind, haben wir einen engen Schulterschluss gesucht und gesagt, was ist zum Beispiel beim Bühnenverein, wie sieht die Situation der privat geführten Theater aus? Wie viele gibt es? Wie leben die? Von welchen Zuschüssen haben die bisher ihr Dasein ausüben können? Wo liegt der Bedarf?

Und wie kriegen wir das dorthin gebracht, das Geld, was bei uns auf dem Konto lag? Und dann haben wir mit am Ende 40 Verbänden

diese Gespräche geführt, Verträge abgeschlossen und dann 88 Programmbausteine entwickelt, die wirklich so ausgefeilt waren, dass sie auch spezielle künstlerische Existenzen erreichten. Und am Ende sind 417.286 Anträge bearbeitet worden. Und das, finde ich, ist eine enorme Leistung, wenn man bedenkt, unter welcher Notsituation auf allen Seiten die entstanden ist.

Über 100 Millionen Euro aus dem Corona-Hilfsprogramm Neustart Kultur sind in die bildende Kunst geflossen. Und darauf müssen wir kurz eingehen. Es gab eine Recherche von Deutschlandfunk Kultur, das war im November 2022, die dann gezeigt hat, mit der Kulturmilliarde wurden auch Galerien und Kunstmessen gefördert.

wo der Bedarf nicht geprüft wurde. Und es gab einige darunter, die das Geld gar nicht gebraucht hätten. Ich weiß, dass...

viele, die damals Verantwortung für diese Verteilung trugen, über diese Recherche verärgert waren. Ich möchte aber trotzdem die Frage stellen, was dagegen zu sagen ist, dass Journalisten ihren Job machen, was sie ja gemacht haben. Ja, das ist in Ordnung. Und wie man sich bei einem solchen Hilfsprogramm Neustart Kultur ist übrigens der Name dafür genannt,

von am Ende 2 Milliarden Euro, was über eine knappe halbe Million Anträge dann verteilt wird, dass es da auch Mitnahmeeffekte gibt.

von Leuten, die dazu rechtlich berechtigt sind, aber es nicht gebraucht hätten. Das war, glaube ich, in der Notsituation und angesichts der Fülle des unterschiedlichen Bedarfs nicht auszuschließen. Ich finde, das ist ja auch in Ordnung, dass Journalisten und auch der Rechnungshof und im Übrigen auch der Haushaltsausschuss

ein ganz enges Monitoring von uns erwartet haben. Und es ist in der BKM jedenfalls ein großer Aufwand für dieses Monitoring und für den Abrechnungsmodus betrieben worden. Wissen Sie, ich habe am Ende für die Milliarden auch politisch den Kopf hingehalten. Deshalb hatten wir ja ein eigenes Interesse daran, dass da kein Missbrauch getrieben wurde.

Und das zum Beispiel sehr wohlhabende Galerien, das Geld, was wir an jeden, der mit der Berufsbezeichnung Galerie im Gewerberegister vertreten war, haben wir 20.000 bis 70.000 Euro zur Verfügung gestellt. Die mussten übrigens alle etwas dafür leisten. Das waren keine Sozialleistungen, diese Neustartmilliarden, sondern das Prinzip war, es muss dafür eine künstlerische Leistung erbracht werden. Egal, ob die in einem Atelier ein Bild malten, zu Hause angetan,

an ihren Büchern weiterschrieben oder die Verlage auch eine Publikation herausgebracht haben. Aber es musste gegen das Geld eine Leistung erbracht werden. Und dass man bei diesen Leistungen nicht auch noch vorher eine Wirtschaftlichkeitsprüfung von einer der 700 in Deutschland gemeldeten Galerien machen konnte, das leuchtet wahrscheinlich auch den Hörern ein.

Fünf Jahre Corona, was von der Pandemie noch in uns steckt, lautet der Themenschwerpunkt im Deutschlandfunk in dieser Woche. Zu Gast in den Kulturfragen ist die ehemalige Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters.

Ich selbst habe mich nicht wirklich anfreunden können mit den vielen Versuchen, hauptsächlich in der Theaterwelt, die Kunst nun als Stream an die Leute zu bringen. Obwohl es auf mehreren Ebenen natürlich auch Neues hervorgebracht hat, Ungewöhnliches auch. Es gab natürlich diesen Digitalisierungsschub in der Kultur. Das Ticketing hat sich verändert. Wir gehen heute anders um mit Digitalisierung.

Konzert, Theater und Museumsbesuchen. Aber jetzt die Frage an Sie, gab es eigentlich eine Sache, ein Stück oder etwas, das Sie besonders fasziniert hat in dieser Zeit? Erinnern Sie sich daran, wie Sie dann doch irgendwie auch bei der Kultur waren? Ja,

Interessant, dass Sie mir gerade diese Frage stellen, weil ich mich gerade da an wirklich etwas Tolles erinnere. Aber ich möchte vorausschicken, auch ich gehöre nicht zu den großen Streamern. Ich finde, ein Bildschirmerlebnis ersetzt eben nicht das Live-Erlebnis, aber es ist gut.

dass man die Alternative hat. Die Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker wird ja weltweit genutzt, was ja zusätzliche Einnahmequellen und auch eine Bestätigung der künstlerischen Leistung sind.

Aber ich habe, als wir auf das Streaming angewiesen waren, eine ganz tolle Wozzeck-Inszenierung am Züricher Opernhaus mit Gerha in der Rolle und ich glaube von Homoki gemacht gesehen, die hätte ich sonst niemals erlebt.

Und die fand ich so toll, dass ich sie mir zweimal angeguckt habe. Also das war der Not geschuldet, dann aber auch ein Plus, muss ich sagen. Und so kann man seinen Habitus ja jetzt auch selbstbestimmt ein bisschen mischen. Zurück zur Systemrelevanz der Kultur. Damit ist ja landläufig gemeint, das haben Sie ganz am Anfang gesagt, welchen Stellenwert eine Gesellschaft dieser Kultur zuschreibt.

Sie haben im September 2021 genau darüber zusammen mit Joe Cialo in der Zeit geschrieben. Sie haben gesprochen von einem neuen Gesellschaftsvertrag für die Kultur. Damit war ganz konkret gemeint, dass eben auch die sozialen Sicherungssysteme für Künstler und Kreative zukünftig verbessert werden müssen, auf eine andere Grundlage gestellt werden sollen.

Da ist auch einiges tatsächlich passiert. Jetzt steht es aber auf der Kippe, weil so viel von Spardruck vor allem bei den Kommunen die Rede ist. Ja, das stimmt. Vielleicht sollten wir ganz kurz erinnern, es gibt nur eine einzige Branche in Deutschland.

für die der Staat sich auch in den sozialen Sicherungssystemen einsetzt. Es gibt die Künstlersozialkasse. Und es ist schon bemerkenswert, dass eben nur die Branche Kunst davon profitiert, dass der Staat sich an ihren Sozialleistungen beteiligt. Warum? Das müssen wir jedes Jahr im Haushalt verteidigen.

weil wir der Überzeugung sind, dass die gesamte Gesellschaft von diesen künstlerischen Leistungen profitiert und deshalb sich auch engagiert für das soziale Sicherungssystem Kultur. Und das wiederum ist eine Erkenntnis, die haben wir natürlich aus den zwei Zusammenbrüchen, zwei Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts,

mit in unsere heutige Verfassung genommen. Im Artikel 5 heißt es ja, Kunst und Wissenschaft sind frei. Das können sie aber nur, wenn der Staat ihre Freiheiten schützt. Und das tut er, indem er vernünftige rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen sicherstellt. Denn sonst wären die Künste nicht frei, sondern abhängig von ihren teilweise kommerziellen Geldgebern beispielsweise. Mehr das amerikanische System.

Also diese Freiheit zu schützen bedeutet, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen ordentlich zu gestalten. Aber eben keinen Muss, weil die Kultur es ja bislang nicht ins Grundgesetz geschafft hat. Was bedeuten würde, dass der Staat sie fördern müsste? Ja, ich bin eine große Verfechterin eines Staatsziels Kultur im Grundgesetz, das dann lauten würde, der Staat schützt und fördert seine Kultur.

Das würde aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass dann mit einer bestimmten Summe Geldes sozusagen verpflichtend vom Staat abgerufen werden kann. Sondern das sind natürlich politische Übereinkünfte, die wir in den Länderparlamenten, die Länder sind ja hoheitlich für Kultur zuständig und des Bundes, immer wieder neu verhandeln müssen. Zurzeit gibt Deutschland ungefähr 1,6 Prozent seines Steueraufkommens für die Kultur aus.

Das ist wenig im Vergleich dazu, was es für das Gemeinwesen leistet und mehr als die meisten anderen Länder dafür tun. Aber wir sind damit eben auch das Land mit der höchsten Theaterdichte der Welt. In die 6.800 Museen, davon ungefähr ein Drittel privat geführt, gehen 114 Millionen Besucher im Jahr, zehnmal so viel wie die Bundesligaspiele.

verzeichnen im Fußball. Jedes dritte Opernhaus der Welt steht auf deutschem Boden. Die haben wir über zwei Weltkriege gerettet. Und 91 Prozent der deutschen Bevölkerung haben laut einem jüngst erhobenen Kulturmonitor der Bertelsmann Stiftung gesagt, auch wenn sie nicht zu den regelmäßigen Nutzern der Kultur gehören, finden sie es doch richtig, dass der Staat dieses kulturelle Engagement an den Tag legt.

Also da steht Deutschland gut da. Wir sollten das nicht auf dem Altar der ökonomischen Verwertbarkeit des Marktes opfern. Aber die Kultur steht massiv unter Druck. Es gibt den Spardruck in den Kommunen.

Es gibt aber auch tatsächlich gesellschaftspolitische Verhältnisse, die sich gerade ändern. Also PolitikerInnen der AfD mit ihren zum Teil rechtsextremen Ansichten mischen zunehmend auch in der Kulturpolitik mit. In Sachsen-Anhalt, gerade diese Woche haben wir das Beispiel gehört, will die Partei nicht nur das Bauhaus politisch einnorden, sondern auch die Kulturpolitik.

sondern auch die Landeszentrale für politische Bildung abschaffen und einen Kaspar-David-Friedrich-Preis für deutsche Malerei einführen, die es ihrer Ansicht nach offenbar zu wenig gibt. Also da passiert viel. Für wie gefährlich halten Sie das? Für sehr gefährlich halte ich das, weil es eine populistische Engführung des Kulturbegriffes auf das ist, was man vermeintlich als eigenes zu kennen glaubt.

Deutschlands Kulturpolitik beruht in ihrem ganzen Erfolg, den sie wirklich seit dem Krieg ja hat, auf zwei Säulen. Das eine ist das Bewahren des kulturellen Erbes, weil es uns anvertraut wurde und weil es tatsächlich identitätsstiftend ist. Wenn man fragt, wer sind wir als Deutsche, als Europäer, als Menschen, dann ist das, was wir hier tun, das ist das, was wir hier tun.

hierzulande, dann beantwortet man das nicht mit einem dichten Autobahnnetz oder mit dem Bruttoinlandsprodukt, sondern verweist auf das Land der Dichter und Denker, auf die Denkmäler und auf die Musik. Beethoven ist der meistgespielte Komponist der Welt. Aber es gibt eben noch die zweite Säule und das ist das Ermöglichen der Avantgarde des zeitgenössischen künstlerischen Schaffens. Und

Und das folgt einer nicht von allen immer gemochten Logik, nämlich...

Das zeitgenössische Kulturschaffen ist aufs Experiment angewiesen, um immer wieder Neues hervorzubringen aus der Fantasie, aus dem kreativen Impuls heraus. Und Experimente können auch scheitern. Um sie aber möglich zu machen, muss man dieses Scheitern mit einbeziehen und damit auch manchmal sperrige Positionen, unbekanntes Land betreten, was nicht immer bequem ist.

Und die Zumutungen, die dieses Verhalten einfach auch oft mit sich bringt, sind am Ende das, was eine Gesellschaft fortschrittlich macht. Und diese Zumutungen, diese Spannung auszuhalten zwischen dem, was wir schon kennen und dem, was uns fremd erscheint, was uns unbequem ist, das ist der eigentliche Wert der Kultur in einer Demokratie.

Das ist auch ein kritisches Korrektiv. Die halten uns auch mal den Spiegel vor. Und nur weil es diese unruhigen, kreativen, auch manchmal verstörenden Geister gibt und ihrer Produktion kann eine Demokratie davor bewahrt werden, phlegmatisch und bequem zu werden und neuerliche totalitäre Anwandlungen hervorzubringen.

Deshalb sind Künstler und Kreative und die Kultur existenziell für das Überleben unseres demokratischen Gemeinwesens.

Ich nehme das jetzt als sehr überzeugendes Schlusswort. Herzlichen Dank, Monika Grütters. Ich freue mich, dass wir diese Debatte geführt haben. Danke ebenfalls. Monika Grütters für die CDU im Bundestag und hier im Gespräch als ehemalige Staatsministerin für Kultur und Medien zum Schwerpunkt 5 Jahre Corona, wie die Pandemie noch in uns steckt. Wir haben über die Systemrelevanz von Kultur gesprochen.

Nach uns empfehle ich sehr die Sendung Kultur heute. Und am Mikrofon der Kulturfragen war Karin Fischer.